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Blutgefäß.txt | Blutgefäße des Menschen
Als Blutgefäß (lateinisch Vas sanguineum) oder Ader bezeichnet man im menschlichen oder tierischen Körper eine röhrenförmige Struktur, ein Gefäß, in der Blut transportiert wird. Alle Blutgefäße zusammengenommen mit dem Herz als Pumporgan bilden den Blutkreislauf. Intakte Blutgefäße sind eine Bedingung für den effektiven Transport des Blutes bis in die Peripherie des Körpers und für den ungestörten Blutfluss zurück zum Herzen.
Vaskulär ist der Fachbegriff für „die Blutgefäße betreffend“, endovaskulär steht für „innerhalb der Blutgefäße“ (altgriechisch ἔνδον éndon, deutsch ‚innen, innerhalb‘). Die Bildung von Blutgefäßen wird als Vaskulogenese bezeichnet, die Bildung aus bereits bestehenden Blutgefäßen als Angiogenese.
Mit Blutgefäßen und ihren Erkrankungen befasst sich das medizinische Gebiet der Angiologie.
Einteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Lichtmikroskopisches Schnittbild kleiner Blutgefäße, 1 Arteriole, 2 Venole mit einmündender Kapillare 3
Blutgefäße werden unterteilt in:
Aorta (Hauptschlagader)
Arterien (Schlagadern)
Arteriolen (kleine Schlagadern)
Kapillaren (Haargefäße)
Venolen (kleine Venen)
Venen (Blutadern)
Hohlvenen: obere/untere (Vena cava superior/inferior)
Funktionell werden Vasa publica und Vasa privata unterschieden.
Zudem unterscheidet man zentrale und periphere Blutgefäße.
Anatomischer Aufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Aufbau der Gefäßwand am Beispiel der Aorta 1 Adventitia – 2 Media – 3 Intima
Darstellung der Blutgefäße im Bereich des Kopfes nach Albrecht von Haller
Die Wand eines größeren Blutgefäßes besteht prinzipiell aus drei verschiedenen Schichten:
der Tunica interna oder Tunica intima, kurz: Intima
der Tunica media, kurz: Media
der Tunica externa oder Tunica adventitia, kurz: Adventitia
Kapillaren bestehen nur aus einem Endothel, in das Perizyten eingeschaltet sind.
Intima[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Tunica intima
Die Intima ist die innerste Schicht der Gefäßwand der Arterien, Venen und Lymphgefäße. Sie besteht aus einer einzelnen Lage von in der Längsachse des Gefäßes ausgerichteten Endothelzellen, welche dem Gas-, Flüssigkeits- und Stoffaustausch zwischen Blut und umliegendem Gewebe dienen. Sie besteht aus einer Basalmembran, einer subendothelialen Schicht von Bindegewebszellen und häufig einer Membrana elastica interna, die die Intima von der Media trennt.
Media[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Tunica media
Die Media besteht, je nach Gefäßtyp, aus einer mehr oder weniger ausgeprägten Muskelschicht, die beiderseits von einer Faserlamelle aus elastischem Bindegewebe begrenzt wird. Man unterscheidet die herznahen Arterien vom elastischen Typ (siehe Windkesselfunktion) und die eher distalen Arterien vom muskulären Typ. Über ihr liegt die Membrana elastica externa, die sie von der Adventitia trennt.
Adventitia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Tunica adventitia
Die Adventitia ist das umgebende lockere Bindegewebe zur Verankerung und Einbettung des Blutgefäßes in seiner Umgebung. Bei größeren Gefäßen enthält es Vasa vasorum, also feine Blutgefäße zur Versorgung der Gefäßwand. Bei kleineren Blutgefäßen erfolgt die Versorgung aus dem Lumen des Gefäßes selbst.
Fehlinformation über die Kapillarlänge im menschlichen Körper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine weit verbreitete Fehlinformation besagt, dass sich alle Gefäße im menschlichen Körper aneinandergereiht über 100.000 km erstrecken würden, was dem zweieinhalbfachen Erdumfang entspricht.[1] Die Macher des populärwissenschaftlichen YouTube-Kanals Kurzgesagt fanden als Quelle für diese Behauptung, die sie auch selbst zuvor verbreitet hatten, ein Buch des dänischen Physiologen und Nobelpreisträgers August Krogh aus dem Jahr 1922 mit dem Titel „The Anatomy and Physiology of Capillaries“.[2] Hierin überschlägt er anhand von Annahmen über die Dichte der Kapillaren beim Menschen und Muskelproben verschiedener Tiere, dass deren Länge bei einem Menschen (mit weit überdurchschnittlichen 50 kg an Muskulatur) 100.000 km beträgt. Dabei überschätzte er die Kapillardichte menschlicher Muskeln um ein Vielfaches. In einem 2021 erschienen Paper wird die tatsächliche Kapillarlänge auf 9.000 bis 19.000 km geschätzt.[3]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Aderlass
Bluthochdruck
Lymphgefäß
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Blutgefäß – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Blutgefäß – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Ader – Zitate
Histologie, Uni Basel (PDF; 320 kB)
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Sources - 100K Blood Vessels. Abgerufen am 30. Oktober 2024.
↑ Dinge Erklärt – Kurzgesagt: Wir sind auf die älteste Lüge im Internet reingefallen! In: YouTube. In a nutshell – kurzgesagt GmbH, 30. April 2025, abgerufen am 3. Mai 2025.
↑ Poole, David C.; Kano, Yutaka; Koga, Shunsaku; Musch, Timothy I.: Comparative Biochemistry and Physiology Part A: Molecular & Integrative Physiology. 1. März 2021, abgerufen am 30. Oktober 2024 (englisch).
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4069549-9 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
| Blutgefäße des Menschen Als Blutgefäß (lateinisch Vas sanguineum) oder Ader bezeichnet man im menschlichen oder tierischen Körper eine röhrenförmige Struktur, ein Gefäß, in der Blut transportiert wird. Alle Blutgefäße zusammengenommen mit dem Herz als Pumporgan bilden den Blutkreislauf. Intakte Blutgefäße sind eine Bedingung für den effektiven Transport des Blutes bis in die Peripherie des Körpers und für den ungestörten Blutfluss zurück zum Herzen. Vaskulär ist der Fachbegriff für die Blutgefäße betreffend , endovaskulär steht für innerhalb der Blutgefäße (altgriechisch ndon, deutsch innen, innerhalb ). Die Bildung von Blutgefäßen wird als Vaskulogenese bezeichnet, die Bildung aus bereits bestehenden Blutgefäßen als Angiogenese. Mit Blutgefäßen und ihren Erkrankungen befasst sich das medizinische Gebiet der Angiologie. Einteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Lichtmikroskopisches Schnittbild kleiner Blutgefäße, 1 Arteriole, 2 Venole mit einmündender Kapillare 3 Blutgefäße werden unterteilt in: Aorta (Hauptschlagader) Arterien (Schlagadern) Arteriolen (kleine Schlagadern) Kapillaren (Haargefäße) Venolen (kleine Venen) Venen (Blutadern) Hohlvenen: obere/untere (Vena cava superior/inferior) Funktionell werden Vasa publica und Vasa privata unterschieden. Zudem unterscheidet man zentrale und periphere Blutgefäße. Anatomischer Aufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Aufbau der Gefäßwand am Beispiel der Aorta 1 Adventitia 2 Media 3 Intima Darstellung der Blutgefäße im Bereich des Kopfes nach Albrecht von Haller Die Wand eines größeren Blutgefäßes besteht prinzipiell aus drei verschiedenen Schichten: der Tunica interna oder Tunica intima, kurz: Intima der Tunica media, kurz: Media der Tunica externa oder Tunica adventitia, kurz: Adventitia Kapillaren bestehen nur aus einem Endothel, in das Perizyten eingeschaltet sind. Intima[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Tunica intima Die Intima ist die innerste Schicht der Gefäßwand der Arterien, Venen und Lymphgefäße. Sie besteht aus einer einzelnen Lage von in der Längsachse des Gefäßes ausgerichteten Endothel zellen, welche dem Gas-, Flüssigkeits- und Stoffaustausch zwischen Blut und umliegendem Gewebe dienen. Sie besteht aus einer Basalmembran, einer subendothelialen Schicht von Bindegewebszellen und häufig einer Membrana elastica interna, die die Intima von der Media trennt. Media[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Tunica media Die Media besteht, je nach Gefäßtyp, aus einer mehr oder weniger ausgeprägten Muskelschicht, die beiderseits von einer Faserlamelle aus elastischem Bindegewebe begrenzt wird. Man unterscheidet die herznahen Arterien vom elastischen Typ (siehe Windkesselfunktion) und die eher distalen Arterien vom muskulären Typ. Über ihr liegt die Membrana elastica externa, die sie von der Adventitia trennt. Adventitia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Tunica adventitia Die Adventitia ist das umgebende lockere Bindegewebe zur Verankerung und Einbettung des Blutgefäßes in seiner Umgebung. Bei größeren Gefäßen enthält es Vasa vasorum, also feine Blutgefäße zur Versorgung der Gefäßwand. Bei kleineren Blutgefäßen erfolgt die Versorgung aus dem Lumen des Gefäßes selbst. Fehlinformation über die Kapillarlänge im menschlichen Körper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine weit verbreitete Fehlinformation besagt, dass sich alle Gefäße im menschlichen Körper aneinandergereiht über 100.000 km erstrecken würden, was dem zweieinhalbfachen Erdumfang entspricht.[1] Die Macher des populärwissenschaftlichen YouTube-Kanals Kurzgesagt fanden als Quelle für diese Behauptung, die sie auch selbst zuvor verbreitet hatten, ein Buch des dänischen Physiologen und Nobelpreisträgers August Krogh aus dem Jahr 1922 mit dem Titel The Anatomy and Physiology of Capillaries .[2] Hierin überschlägt er anhand von Annahmen über die Dichte der Kapillaren beim Menschen und Muskelproben verschiedener Tiere, dass deren Länge bei einem Menschen (mit weit überdurchschnittlichen 50 kg an Muskulatur) 100.000 km beträgt. Dabei überschätzte er die Kapillardichte menschlicher Muskeln um ein Vielfaches. In einem 2021 erschienen Paper wird die tatsächliche Kapillarlänge auf 9.000 bis 19.000 km geschätzt.[3] Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Aderlass Bluthochdruck Lymphgefäß Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Blutgefäß Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wiktionary: Blutgefäß Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Wikiquote: Ader Zitate Histologie, Uni Basel (PDF; 320 kB) Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Sources - 100K Blood Vessels. Abgerufen am 30. Oktober 2024. Dinge Erklärt Kurzgesagt: Wir sind auf die älteste Lüge im Internet reingefallen! In: YouTube. In a nutshell kurzgesagt GmbH, 30. April 2025, abgerufen am 3. Mai 2025. Poole, David C.; Kano, Yutaka; Koga, Shunsaku; Musch, Timothy I.: Comparative Biochemistry and Physiology Part A: Molecular & Integrative Physiology. 1. März 2021, abgerufen am 30. Oktober 2024 (englisch). Normdaten (Sachbegriff): GND: 4069549-9 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Blutkreislauf.txt | ||
COVID-19.txt |
Klassifikation nach ICD-10
U07.1
COVID-19, Corona-Verdacht, Virus nachgewiesen
U07.2
COVID-19, Corona-Verdacht, Virus nicht nachgewiesen
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
COVID-19 (Akronym von englisch coronavirus disease 2019, deutsch Coronavirus-Krankheit-2019),[1][2][3][4] in den deutschsprachigen Ländern umgangssprachlich meist nur als Corona oder Covid bezeichnet, ist eine Infektionskrankheit (nach dem Recht bestimmter Länder meldepflichtig) mit einem breiten aber unspezifischen Symptomspektrum, die durch eine Infektion (Ansteckung) mit dem Betacoronavirus SARS-CoV-2 verursacht wird.[5] Das Virus wurde erstmals im Dezember 2019 in Wuhan (Volksrepublik China) beschrieben. Es verbreitete sich sehr schnell weltweit und ist Ursache der COVID-19-Pandemie. Bis zum 3. März 2024 wurden weltweit rund 774 Millionen COVID-Infizierte registriert, es wird aber in vielen Ländern eine hohe Dunkelziffer vermutet.[6] Laut einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab es zwischen Anfang 2020 und Ende 2021 eine weltweite, durch COVID-19 verursachte Übersterblichkeit von 14,83 Millionen Toten.[7]
Die Ansteckung erfolgt durch Tröpfcheninfektion sowie durch das Einatmen von Bioaerosolen, insbesondere bei längerer Aufenthaltsdauer in geschlossenen und ungenügend gelüfteten Räumen und hinreichender Konzentration der Viren. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat die Möglichkeit einer Schmierinfektion an Schleimhäuten (Mund, Nase, Auge etc.) durch Kontakt mit kontaminierten Oberflächen nicht ausgeschlossen.[8][9] Zur Vermeidung einer Infektion werden räumliche Distanzierung („social distancing“), Kontaktbeschränkung, das Tragen einer medizinischen Schutzmaske und Hygienemaßnahmen empfohlen.
Vieles deutet darauf hin, dass die Ausbreitung von COVID-19 zur weltweiten Pandemie insbesondere durch „Superspreading“ begünstigt wurde.[10]
Die Inkubationszeit von SARS-CoV-2 beträgt durchschnittlich fünf bis sechs Tage; zwischen Ansteckung und dem Auftreten erster Symptome können aber auch bis zu zwei Wochen vergehen. Vereinzelt treten erste Symptome schon innerhalb von 24 Stunden nach der Ansteckung auf. Ein Infizierter kann jedoch bereits Tage vor dem Auftreten erster Symptome und auch noch nach deren Abklingen infektiös (ansteckend) sein.[11]
Der Krankheitsverlauf ist unspezifisch und kann stark variieren. Laut Schätzung des RKI haben 55 bis 85 % der Infizierten spürbare Beschwerden und/oder zeigen erkennbare Anzeichen einer Erkrankung (Symptome) oder typische Symptomkombinationen (Syndrom) einer COVID-19-Erkrankung (Manifestationsindex). Die übrigen Infizierten sind beschwerdefrei und zeigen keine Symptome; sie sind asymptomatisch erkrankt, können aber dennoch das Virus weiterverbreiten.[11][12] Bei rund 81 % der registrierten Erkrankungen ist ein leichter Verlauf mit Fieber oder einer leichten Lungenentzündung, trockenem Husten und Müdigkeit zu beobachten. Weniger häufig sind eine verstopfte Nase, Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Gliederschmerzen, Bindehautentzündungen, Durchfall, Erbrechen, Geschmacks- und Geruchsverlust, Hautausschlag oder Verfärbung von Fingern oder Zehen.[13] Bei etwa 14 % der Krankheitsfälle ist der Verlauf schwerer, und in etwa 5 % so schwer, dass eine Beatmung der Patienten auf einer Intensivstation erfolgen muss.[14] Die höchste Gefährdung schwer zu erkranken besteht für ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen oder unzureichendem Immunschutz.[15] Bei einem schweren Verlauf von COVID-19 tritt eine beidseitige Lungenentzündung und akutes Lungenversagen auf; die Betroffenen können sterben.[11] Beobachtet wurden außerdem krankhafte Veränderungen der Leber,[16] des zentralen Nervensystems,[17] der Nieren,[18] der Blutgefäße[19] und des Herzens.[20][21]
Anhaltende Beschwerden nach der Erkrankung, auch „Long COVID“ genannt, kommen relativ häufig vor, sowohl bei anfänglich schwer Erkrankten[22] als auch bei jungen, gesunden,[23] anfänglich nur leicht Erkrankten. Sie können zu langanhaltenden chronischen Beschwerden in vielen Organsystemen führen.[24] Bei über 100.000 Teilnehmern von COVID-Impfstudien dagegen wurden (Stand Dezember 2020) keine Hinweise auf Long Covid beobachtet.[25][26][27] Long Covid ist Thema laufender Forschung.[28][29][30][31]
COVID-19 wird seit Beginn der Pandemie intensiv erforscht und die Ergebnisse werden international geteilt. Um andere Fachwissenschaftler umgehend über neueste Forschungsergebnisse zu informieren, ist es üblich, aktuelle Studien als Preprints im Internet auf speziellen Servern zu veröffentlichen.[32] Veröffentlichungen in den Sozialen Medien, aber auch in Presse, Rundfunk und Fernsehen sollten nicht nur auf diesen ungeprüften Studien, sondern auf Veröffentlichungen reputabler und fachlich zuständiger Institutionen basieren, so z. B. des Robert Koch-Instituts, der Weltgesundheitsorganisation, des National Health Service (NHS) oder Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Diesen liegen zum Teil Peer-Reviews der betreffenden Studien zu Grunde, auf die dort auch verwiesen wird.
Bereits Ende des Jahres 2020 wurden in der Europäischen Union und in einigen Nicht-EU-Ländern COVID-Impfstoffe zugelassen und Impfkampagnen gestartet. Das Wissenschaftsmagazin Science erklärte die Entwicklung von Impfstoffen gegen das SARS-CoV-2 in nie dagewesener Geschwindigkeit zum wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres (Breakthrough of the Year).[33]
Bezeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die WHO legte am 11. Februar 2020 das Akronym »COVID-19« als offizielle Bezeichnung fest. Es stammt aus dem Englischen: CO für Corona, VI für Virus, D für Disease (Krankheit) und 19 für das Jahr der Erstbeschreibung 2019.
Übertragungsweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Übertragung und Lebenszyklus des COVID-19 verursachenden Erregers SARS-CoV-2
Ursache der Erkrankung ist das Betacoronavirus SARS-CoV-2, das erstmals im Januar 2020 aufgrund von Isolaten aus Pneumoniepatienten identifiziert wurde.[34] Das Virus wurde bisher im Sekret des Nasen- und Rachenraumes, im Sputum, im Stuhl, der Tränenflüssigkeit, im Blut, in Aerosolen und auf Oberflächen nachgewiesen.[11][35][36][37] Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2 ist die respiratorische Aufnahme virushaltiger Flüssigkeitspartikel (Atmen, Husten, Sprechen, Niesen). Weitere Ansteckungswege (Stuhl, Tränenflüssigkeit, Blut) sind nicht abschließend geklärt.
Am 20. Januar 2020 gab die chinesische Gesundheitskommission bekannt, dass eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung möglich sei,[38][39] insbesondere wenn zwei Personen engen Kontakt zueinander haben (weniger als 1,8 m Abstand[40] bzw. weniger als 1,5 m Abstand[11]).
Aerosol- und Tröpfcheninfektion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ein Mann beim Niesen – ausgedehnte Schwaden aus Speicheltröpfchen werden kegelförmig ausgestoßen
Es wird angenommen, dass sich das Virus wie andere Erreger von Atemwegserkrankungen hauptsächlich durch virushaltige Partikel verbreitet. Diese werden von Infizierten beim Atmen, Husten, Niesen, Sprechen und Singen freigesetzt und dann von gesunden Personen aufgenommen. Der Übergang zwischen Aerosol- und Tröpfcheninfektion ist fließend.[11] Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Tröpfchen als Partikel mit einem Durchmesser von 5 bis 10 Mikrometer (μm).[41] Auf Grund ihrer Größe sinken Tröpfchen anders als die viel kleineren Aerosolpartikel relativ schnell zu Boden. Diese sind nur ca. 0,001 bis 5 μm groß und verteilen sich mit den Luftströmungen in Räumen und Gebäuden auch über größere Distanzen; abhängig von ihrer Größe und Dichte können sie dort sehr lange in der Luft verbleiben. Das Risiko für eine Übertragung durch Aerosole ist bei Tätigkeiten mit hohem Partikelausstoß wie lautem Sprechen oder Singen in kleinen, schlecht gelüfteten Räumen wesentlich höher als im Freien.[11] Deshalb müssen insbesondere für Wohnungen, Büros, Klassenräume, Wohnanlagen und Betreuungseinrichtungen wirkungsvolle Maßnahmen zur Vorbeugung einer Infektion festgelegt und auch umgesetzt werden.[42][43]
In klimatisierten Innenräumen, z. B. in Krankenhäusern, können Tröpfchen im Größenbereich von 5 bis 40 μm – bedingt durch ihr aerodynamisches Verhalten als „jet riders“ (Transport mit Luft-Jet und Air Conditioning-induzierter Luftbewegung, Ausfallen in größerer Distanz, schlechte Elimination mit Ventilation) – ganz besonders gut Krankheitserreger übertragen.[44]
Im Freien finden so gut wie keine Infektionen durch Aerosolpartikel statt. Allerdings können Tröpfcheninfektionen auftreten, insbesondere in Menschenansammlungen, wenn Mindestabstände nicht eingehalten oder keine Masken getragen werden, oder beides.[43]
Die Forschungsgruppe um Lidia Morawska und Donald K. Milton wies 2019 nach, dass bei kurzen oder mittleren Entfernungen in Innenräumen ein erhebliches Infektionsrisiko durch Mikrotröpfchen besteht, und empfahl Schutzmaßnahmen, um die Übertragung durch die Luft zu mindern.[45] Im Juli 2020 publizierten sie zusammen mit 239 internationalen Forschern einen entsprechenden Appell.[46] Regelmäßiges Lüften vor allem in Krankenhäusern, Altenheimen und Schulen, Luftreinigung und das Vermeiden von überfüllten Verkehrsmitteln und anderen Innenräumen wurde dringend angeraten.
Eine biophysikalische Studie des MIT stellte Anfang 2020 experimentell fest, dass Flüssigkeitspartikel beim Husten oder Niesen ohne mechanische Barriere bis zu acht Meter weit verbreitet werden können. Dies stellt das aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert stammende Tröpfcheninfektionsparadigma in Frage.[47] Anhand einer Auswertung von Virusgenomen bei Superspreaderevents schätzen Forscher, dass die meisten Infektionen ab einer Übertragung von rund 1.000 Viruspartikeln erfolgen. Es seien aber auch Infektionen durch geringere Virusdosen möglich.[48]
Chinesische Forscher schrieben im Februar 2020 aufgrund von quantitativen Analysen von RT-PCR-Untersuchungen des Nasopharynx, das Virus sei wie Influenza auch durch Aerosole übertragbar.[49][50] Eine Studie des US-amerikanischen NIAID stützt diese Ansicht anhand quantitativer Viruslastbestimmung in Aerosolen. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Viren in Aerosolen, die durch einen maschinellen Vernebler erzeugt wurden, wenigstens drei Stunden lang entwicklungsfähig und damit infektiös blieben. Es dauerte etwa 66 Minuten, bis die Hälfte der Viren ihre Ansteckungsfähigkeit in Aerosolen verloren.[51] Eine Metastudie von 24 Studien zeigte, dass von 473 untersuchten Luftproben aus Krankenhäusern mit COVID-Patienten 17 % Erbmaterial des Virus enthielten und in 9 % der untersuchten Proben das Virus in Kultur angezüchtet werden konnte. Dabei wiesen sowohl Luftproben aus Patientennähe als auch entfernt vom Patienten genommene Luftproben virushaltige Aerosole auf.[52]
Bei 3 von 63 Patienten mit COVID-19-Pneumonie waren Abstriche von den Augenbindehäuten PCR-positiv. Die Studienautoren bemerkten jedoch, dass keine klinischen Daten auf den Verbreitungsweg hindeuten würden.[53] Das Robert Koch-Institut schreibt (Stand 17. August 2021) dazu: In drei (von 63 untersuchten) Patienten mit COVID-19-Pneumonie waren Konjunktivalproben PCR-positiv […]. Dies ist jedoch kein Beleg [dafür], dass Konjunktiven als Eintrittspforte fungieren können.[11] In einer Tierstudie (März 2020) konnte ein Rhesusaffe über die Augenbindehäute mit SARS-CoV-2 infiziert werden und zeigte einen milden Krankheitsverlauf.[54]
Bei manchen untersuchten Patienten mit Krankheitssymptomen war die Virenmenge in der Nase höher als im Rachen; das Auftreten gerade in den oberen Atemwegen unterscheidet SARS-CoV-2 damit von dem SARS-verursachenden SARS-CoV-1.[49] Probenuntersuchungen der dem Münchener Cluster zugehörigen Patienten zeigen, dass die vorhandene Viruslast im Nasen-Rachen-Raum um den Faktor 1000 höher war als bei zuvor bekannten Coronavirus-Erkrankungen wie SARS und MERS.[55] Eine Studie konnte keinen Unterschied der Viruslast unter den verschiedenen Altersgruppen feststellen.[56]
Kontaktübertragung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Teile dieses Artikels scheinen seit 2020 nicht mehr aktuell zu sein. Bitte hilf uns dabei, die fehlenden Informationen zu recherchieren und einzufügen.
Wikipedia:WikiProjekt Ereignisse/Vergangenheit/fehlend
[57]
Vorläufige Laboruntersuchungen an SARS-CoV-2 zeigten 2020, dass das Virus auf Kunststoff und rostfreiem Stahl bis zu drei Tage infektiös bleiben kann, jedoch nicht länger als einen Tag auf Pappe oder länger als vier Stunden auf Kupfer.[51] UV-Licht tötet die Viren in kurzer Zeit. Laut Robert Koch-Institut sei eine Infektion durch kontaminierte Oberflächen „insbesondere in der unmittelbaren Umgebung des Infizierten nicht auszuschließen“.[11] Das ECDC schrieb im März 2020, das Virus könnte durch von Tröpfchen bedeckte Oberflächen übertragen werden.[58] Die US-amerikanischen National Institutes of Health schrieben im März 2020 nach quantitativen Untersuchungen der Viruslast in verschiedenen Szenarien, eine Übertragung durch kontaminierte Gegenstände und Oberflächen könne stattfinden, da das Virus mehrere Stunden (in speziellen Fällen sogar bis zu drei Tage) nach der Kontamination außerhalb des menschlichen Körpers nachweisbar ist.[51][59]
Untersuchungen mittels Viruskultur zeigten, dass, abhängig von den Umweltbedingungen, auch nach dem Aufenthalt des Virus auf Gegenständen eine Infektiosität besteht.[60]
Die prinzipielle Möglichkeit einer Übertragung wurde inzwischen (2022) dahingehend bewertet, dass die Wahrscheinlichkeit einer Kontaktinfektion etwa 1000-mal geringer ist als durch Aerosole und Tröpfcheninfektion. Damit sind Kontaktübertragungen für das Pandemiegeschehen von COVID-19 bedeutungslos.[57]
Stillen und Muttermilch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das SARS-CoV-2 wird bei infizierten Müttern nicht in der Muttermilch nachgewiesen.[61] Dagegen werden in der Muttermilch der infizierten Frauen spezifische Antikörper gegen SARS-CoV-2 gefunden, die das Baby oder Kleinkind bei einer eventuellen Infektion schützen können.[61] Die Empfehlung der WHO seit Anfang der Pandemie lautet: Auch bei SARS-CoV-2 Infektion soll das Stillen weiter gefördert und unterstützt werden.[62] Obwohl das Virus nicht durch Muttermilch übertragen wird, ist das Infektionsrisiko durch Aerosole zu minimieren, deswegen wird bei einer COVID-19-Erkrankung der Mutter auch beim Stillen das Tragen einer Maske, häufiges Händewaschen und häufiges Desinfizieren von Oberflächen empfohlen.[63]
Die WHO betonte, es sei besonders wichtig, dass Neugeborene nicht systematisch von ihren Müttern getrennt werden, wenn ein Verdacht auf COVID-19 besteht.[64]
Andere Übertragungswege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Forscher aus Singapur empfehlen aufgrund des Virusnachweises im Stuhl und des Nachweises von infektionsfähigen Coronaviren im Abwasser von zwei chinesischen Krankenhäusern während der SARS-Pandemie 2002/2003, den Stuhl der Patienten als infektiös zu behandeln. Um die Möglichkeit eines fäkal-oralen Infektionswegs neben Tröpfchen- und Aerosol-Infektionen auszuschließen, seien weitere Untersuchungen sowohl der Virusausscheidung der Patienten als auch der potentiell kontaminierten Umwelt notwendig.[65] Probenuntersuchungen mittels Viruskultur der dem Münchener Cluster zugehörigen 16 Patienten zeigen hingegen, dass deren Stuhl nicht virulent war, obschon sich Virus-RNA nachweisen ließ.[55] Dahingegen berichten chinesische Forscher von zwei Fällen ohne Durchfallbeschwerden, bei denen mittels Viruskultur und Elektronenmikroskopie vermehrungsfähiges Virus im Stuhl nachgewiesen werden konnte.[66] Dies konnte von einer anderen Forschungsgruppe bestätigt werden.[67] Ein Zellkulturmodell mit Virus-RNA-haltigen Abwasserproben konnte kein vermehrungsfähiges Virus nachweisen.[68]
Eine Übertragung im Mutterleib ist in mehreren Einzelfällen nachgewiesen.[69][70]
Basisreproduktionszahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Auswertung der Daten der ersten 425 Fälle in Wuhan ergab eine Basisreproduktionszahl
R
0
{\displaystyle R_{0}}
von 2,2[71] – was bedeutet, dass jeder Infizierte im Durchschnitt 2,2 andere Personen angesteckt hatte. Eine Modellrechnung mit chinesischen und ausländischen Patientendaten vom 31. Dezember 2019 bis zum 28. Januar 2020 ergab einen Wert von 2,68.[72] Eine Auswertung des frühen Stadiums des Ausbruchs auf dem Kreuzfahrtschiff Diamond Princess kam auf einen Wert von 2,28.[73] Im Vergleich hierzu wurde für SARS eine Basisreproduktionszahl von 2,3 bis 2,6 berechnet.[74] Eine vergleichende Auswertung von 12 Studien, die bis zum 7. Februar 2020 veröffentlicht wurden, kommt zu dem Ergebnis, dass die Basisreproduktionszahl höher liegt, als bisher von der WHO angenommen, deren Schätzung bei 1,4 bis 2,5 liegt.[39] Die Wissenschaftler aus Schweden, China und Deutschland schätzten, dass die Basisreproduktionszahl im Mittel bei 3,28, im Median bei 2,79 (bei einem Interquartilabstand von 1,16) liegt – und somit über dem Wert bei SARS, den sie mit 2 bis 5 angeben. Aufgrund der unzureichenden Datenlage sind die aktuellen Schätzungen der mittleren Basisreproduktionszahl möglicherweise verzerrt.[75]
In einem am 7. April 2020 veröffentlichten Artikel schätzen die Centers for Disease Control and Prevention die Basisreproduktionszahl ohne eindämmende Maßnahmen auf 5,7 bei einem 95 %-Konfidenzintervall von 3,8 bis 8,9.[76][77]
Eine internationale Studie, die 539 Sozialkontakte eines Patienten untersuchte, stellte fest, dass dieser eine Patient 2 von 7 engen Sozialkontakten, und 3 von 473 flüchtigen Sozialkontakten angesteckt hatte.[78]
In einem von Christophe Fraser, Luca Ferretti und Kollegen entwickelten mathematischen Infektionsmodell[79] kann die Basisreproduktionszahl (nach den Autoren beim Wert 2,0) aufgeteilt werden nach der Art der Übertragung: präsymptomatisch, asymptomatisch, symptomatisch und über Umweltkontakt (z. B. Schmierinfektion). Danach ist der Wert von
R
0
{\displaystyle R_{0}}
allein aus präsymptomatischer Übertragung 0,9 (entsprechend 46 Prozent an dem Gesamtwert von
R
0
{\displaystyle R_{0}}
), also fast ausreichend, um eine Epidemie am Laufen zu halten. Der Beitrag der symptomatischen Überträger ist nach den Autoren 0,8, der asymptomatischen 0,1 und der Umwelt 0,2. Die Generationszeit ist nach der Studie im Mittel 5,0 Tage. Die Studie untersuchte mit ihrer mathematischen Simulation auch die Erfolgsaussichten der Isolation symptomatischer Individuen und der manuellen Kontaktverfolgung und kam zu dem Schluss, dass sie nicht schnell genug sind, um die Epidemie zu stoppen. (Sie empfehlen die Verwendung von Apps auf Mobiltelefonen.)
Superspreading[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Neigung von COVID-19 zum Superspreading wird durch Überdispersion angezeigt. Überdispersion beschreibt das Phänomen einer hohen individuen-spezifischen Variation in der Verteilung der Anzahl der Sekundärübertragungen, die zu „Superverbreitungsereignissen“ führen kann. Der Grad an Überdispersion lässt sich durch ein statistisches Modell schätzen, bei dem die Verteilung der Sekundärübertragungen durch den Überdispersionsparameter
κ
{\displaystyle \kappa }
und die Basisreproduktionszahl
R
0
{\displaystyle R_{0}}
charakterisiert wird.[80] Der Überdispersionsparameter quantifiziert die Variabilität in der Anzahl der Sekundärfälle und kann als Maß für die Wirkung von Superspreading interpretiert werden. Je kleiner der geschätzte Überdispersionsparameter, desto stärker ist die Wirkung von Superspreading.[81] Die Interpretation des geschätzten Überdispersionsparameters wird vereinfacht, indem sich auf den Anteil der Individuen konzentriert wird, der für 80 % der Sekundärübertragungen verantwortlich ist (ein empirisches Muster, bekannt als 80/20-Regel). Wenn der Überdispersionsparameter klein ist (
κ
≪
1
{\displaystyle \kappa \ll 1}
), approximiert er den Anteil infizierter Personen, die 80 % der Infektionen verursachen. Beispielsweise würde ein geschätzter Überdispersionsparameter von 0,1 bedeuten, dass die infektiösesten 10 % der Personen etwa 80 % der Infektionen verursachen.[82]
Julien Riou und Christian Althaus kamen durch Simulationen zu dem Schluss, dass der geschätzte Überdispersionsparameter bei COVID-19 etwas höher sei als der bei SARS-CoV und MERS-CoV.[83] In einem Preprint von Gabriel Leung und Kollegen, in dem Kontaktpersonennachverfolgungsdaten verwendet wurden, um SARS-CoV-2-Cluster in Hongkong zu identifizieren und zu charakterisieren, wurde der Überdispersionsparameter auf 0,45 geschätzt (95 %-Konfidenzintervall: [0,31–0,76]). Dies stelle eine beträchtliche individuelle Heterogenität in der Übertragbarkeit von SARS-CoV-2 dar und ist damit mit einem hohen Potenzial für zukünftiges Superspreading verbunden, allerdings nach ihren Resultaten weniger stark als bei SARS-CoV und MERS-CoV.[84] Spätere Studien gehen von einem geschätzten Überdispersionsparameter von etwa 0,1 aus.[82] Es gibt empirische Belege dafür, dass die Verteilung der Anzahl der Sekundärübertragungen „fette Verteilungsenden“ aufweist. Außergewöhnliche Übertragungsereignisse sind daher zwar extreme, aber dennoch wahrscheinliche Ereignisse, die einen beträchtlichen Beitrag zur Gesamtübertragung leisten (siehe dazu ausführlich in Überdispersion#Anwendung in der Epidemiologie).
Inkubationszeit, Serielles Intervall und Zeitspanne der Infektiosität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Krankheitsverlauf
Inkubationszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Inkubationszeit (also der Zeitraum zwischen Ansteckung und Beginn der Erkrankung) kann laut Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI) bis zu 14 Tage betragen.[11] Das RKI und auch eine statistische Auswertung mehrerer Berichte von Infektionen in einem Haushalt oder in anderer enger räumlicher Begrenzung (sogenannte Cluster) haben die Inkubationszeit auf 5–6 Tage im Median beziffert.[85] In Korea wurde anhand der Daten von 303 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren der Zeitraum zwischen erstem Positivtest und Krankheitssymptomen zu 15 Tagen (Ø) ermittelt. Die Abklingzeit bis zum Negativtest betrug bei symptomatischen 19,5 und bei asymptomatischen Patienten 17 Tage.[86] Eine Analyse der ersten 425 in Wuhan gemeldeten Fälle ergab eine Inkubationszeit von im Mittel 5,2 Tagen und ein Durchschnittsalter von 59 Jahren. Die Autoren vermuteten, dass bereits Mitte Dezember 2019 im Umfeld des Fischmarktes Übertragungen von Mensch zu Mensch stattfanden.[71]
Infektiosität während der Inkubationszeit und im Verlauf mit oder ohne Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine Ansteckung anderer Menschen während der Inkubationszeit ist trotz beschwerdefreien Gesundheitszustands möglich. Tests auf die Viruslast im Sputum von Patienten legen außerdem den Verdacht nahe, dass manche Patienten auch während der Ausheilung bei klinischer Besserung weiterhin vorübergehend infektiös sein können.[87] In einer Gruppe von 126 aus Wuhan nach Deutschland Evakuierten zeigten sich zwei Patienten in der RT-PCR des Rachenabstrichs positiv, die keine oder nur sehr unspezifische Beschwerden aufwiesen.[88] Ebenso ist ein Fall eines subjektiv asymptomatischen zehnjährigen Jungen in Shenzhen beschrieben, dessen Blutbild und Entzündungszeichen im Labor unauffällig waren. In der weiteren Untersuchung zeigten sich jedoch radiologische Befunde vereinbar mit einer Pneumonie, und im Rachenabstrich ließ sich Virus-RNA nachweisen.[35]
In einer Untersuchung einer dreiköpfigen Familie aus Guangzhou im Februar 2020 waren alle Familienmitglieder PCR-positiv, aber nur der Vater zeigte Symptome. Die Autoren hielten es hypothetisch für möglich, dass nicht der Vater der Patient 1 gewesen sein könnte, sondern ebenso auch die anderen beiden asymptomatischen Personen hierfür in Frage kommen, und warnten aufgrund dessen vor einer Verbreitungsgefahr des Virus durch beschwerdefreie Patienten in frühen Infektionsstadien.[89] Messungen der Viruslast im Sekret des Nasenrachenraums von 14 mit COVID-19 diagnostizierten Patienten ergaben eine ähnlich hohe Viruslast bei symptomfreien Patienten (einer von 14 Untersuchten) und solchen mit Symptomen (13 von 14 Untersuchten, von denen zehn leicht bis mittelschwer erkrankten und drei so schwer, dass sie intensivmedizinisch behandelt werden mussten).[49] Aufgrund von quantitativen Virusuntersuchungen im Sekret des Nasenrachenraums bei Patienten mit sehr leichten Symptomen schlossen die Forscher der Virologie der Charité und des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr, dass auch bereits bei sehr milden Erkrankungssymptomen eine hohe Infektionsfähigkeit besteht.[90][91] Auch das Robert Koch-Institut hat über einzelne Fälle berichtet, bei denen sich Betroffene möglicherweise bei infizierten Personen angesteckt haben, die noch keine oder keine spezifischen Symptome hatten.[92] Zum gleichen Ergebnis kamen chinesische Fallbeobachtungen, bei denen asymptomatische Patienten im häuslichen Umfeld andere Menschen ansteckten.[93][94]
Eine weitere Studie aus China kam anhand von Kontaktpersonennachverfolgung und der Analyse des Virusgenoms zu der Vermutung, dass die Bildung eines Infektionsclusters auf eine asymptomatische Person zurückging. Die vermutete asymptomatische Patientin 1 kehrte am 19. März 2020 aus den USA zurück und wurde aufgefordert, sich in häusliche Quarantäne zu begeben. Sie wohnte im selben Haus, befand sich jedoch nie in körperlicher Nähe mit den später Infizierten und wurde selbst nie PCR-positiv getestet. Etwa 20 Tage nach der vermuteten Ansteckung des Clusters war ihr IgG-Wert positiv, für die Autoren ein Hinweis („indicating“), dass sie früher mit SARS-CoV-2 infiziert war. Die Autoren glaubten („we believe“) deshalb, dass sie die asymptomatisch Infizierte war und dass Patient 2 durch Kontakt mit Oberflächen im Aufzug des Gebäudes, in dem beide wohnten, infiziert wurde. Außerdem zeigte eine Analyse des Virusgenoms, dass es sich vom bisher in China zirkulierenden Genom unterschied – für die Autoren ein Hinweis („indicating“), dass es aus dem Ausland stammte und vermutlich („suggesting“) Patient 1 der Ursprung des Infektionsbaums war.[95]
In einer Studie an 191 Krankenhauspatienten zeigten chinesische Forscher bei den 137 Überlebenden ein positives Testergebnis der RT-PCR für im Mittel zwanzig Tage mit einer Streuung zwischen acht und 37 Tagen.[96] Eine Analyse von Infektionen in Singapur und Tianjin ergab, dass 48 % bis 62 % der Infektionen von Menschen übertragen wurden, die COVID-19-infiziert waren, aber noch keine Symptome zeigten.[97]
Ein wesentlicher Unterschied zum SARS-Coronavirus ist, dass Patienten schon einige Tage vor Einsetzen der Krankheitssymptome infektiös sein können (beim SARS-Coronavirus waren die Patienten hingegen erst nach Auftreten der Symptome infektiös). Die Infektion lässt sich daher schwerer erkennen und schwieriger eindämmen. Bei Quarantänemaßnahmen reicht es deswegen nicht aus, nur die klinisch auffälligen Personen zu isolieren.[98] Eine im April 2020 veröffentlichte chinesische Untersuchung[99] bestätigte die große Rolle von präsymptomatischer Übertragung bei COVID-19. Aus den Daten berechneten sie (wie sich später zeigte, mit einem Rechenfehler, siehe unten), dass bei den untersuchten Fällen die Infektiosität 2 bis 3 Tage vor Ausbildung von Symptomen begann. Untersucht wurden 94 Fälle aus einem Krankenhaus in Guangzhou, bei denen der zeitliche Verlauf der Viruslast im Rachen ermittelt wurde. Sie war bei Symptombeginn schon ausgeprägt und zeigte danach einen Abfall. Außerdem wurden 77 Fälle von Paaren aus einer Infektionskette innerhalb und außerhalb von China untersucht. Diese zeigte, dass die Infektion bei 44 Prozent vor Ausbildung von Symptomen beim Infizierenden stattfand. Die Infektionsperiode begann im Mittel 2,3 Tage vor Symptombeginn und hatte einen Höhepunkt 0,7 Tage vor Symptombeginn. Innerhalb einer Woche nahm die Infektiosität rasch ab. Das serielle Intervall betrug im Mittel 5,8 Tage. Bei einer Nachuntersuchung der Daten von Leung und Kollegen fand ein Team um Sebastian Bonhoeffer von der ETH Zürich einen Fehler im Computerprogramm, durch den zwei Datenpunkte versehentlich wegfielen. Tatsächlich begann die infektiöse Periode etwa 5 Tage vor Beginn der Symptome. Der Anteil präsymptomatischer Ansteckungsfälle von rund 45 Prozent bleibt aber gleich.[100][101] Leung und Kollegen haben den Fehler eingeräumt. Die Korrektur hat auch Auswirkung auf das Kontakt-Tracing, das auf 5 bis 6 Tage vor Symptombeginn (statt wie bisher 2 bis 3 Tage) ausgedehnt werden müsste.
Infektiosität von Genesenen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ärzte der Sun-Yat-sen-Universität in Guangzhou berichten von einem Fall, der nach einem milden Verlauf und zwei negativen RT-PCR-Ergebnissen aus Abstrichmaterial erneut ohne Beschwerden einen positiven Virusnachweis ergeben habe. Die Studienautoren empfehlen routinemäßige Tests und eine zweiwöchige Quarantäne auch bei beschwerdefreien Ausgeheilten, um potenzielle Neuinfektionen zu verhindern.[102] Eine Studie aus Peking stellte im März 2020 bei 22 von 133 entlassenen Patienten bei negativem Rachenabstrich weiterhin nachweisbare Virus-RNA im Stuhl oder im Sputum fest. Die Autoren empfahlen zum Ausschluss einer Infektionsgefahr durch entlassene Patienten über den Rachenabstrich hinausgehende RT-PCR-Testung.[103]
Die Weltgesundheitsorganisation gab in ihrem wöchentlichen „Epidemiological Update“ im August 2021 zum Risiko einer erneuten Infektion an, bei der in Deutschland vorherrschenden Delta-Variante werde eine Reduzierung der Immunität berichtet.[104]
Serielles Intervall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das serielle Intervall, das heißt der zeitliche Abstand vom Beginn der Erkrankung einer Person zum Beginn der Erkrankung einer von ihr infizierten Person in einer Infektionskette, betrug nach einer im Januar 2020 veröffentlichten chinesischen Studie mit 425 Patienten im Mittel 7,5 Tage (Standardabweichung 3,4 Tage),[71] nach einer anderen Studie mit 28 Fällen 4 Tage.[11][105] Auch eine Studie mit 468 bestätigten Infektionspaaren aus ganz China im Januar/Februar 2020 kam auf ein serielles Intervall von im Mittel 3,96 Tagen (95 %-Konfidenzintervall 3,53 bis 4,39 Tage, Standardabweichung 4,75 Tage).[106] Darunter waren auch 59 Fälle (12,6 Prozent der Fälle), in denen die Symptome beim Infizierten früher auftraten als bei der infizierenden Person.
In einer Studie zu 312 Übertragungen wurde als Mittelwert des seriellen Intervalles 4,46 Tage angegeben. Darin wurden Übertragungen bereits am ersten Tag nach der Ansteckung festgestellt. Am dritten Tag war das Übertragungsrisiko am höchsten. Nach 10 Tagen sank das Übertragungsrisiko deutlich ab, war aber immer noch vorhanden.[107]
Krankheitsentstehung bei COVID-19[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das COVID-19 auslösende Virus SARS-CoV-2 dringt wie SARS-CoV-1 bei SARS über eine Bindung an das in der Zellmembran verankerte Enzym ACE2 in die menschliche Zelle ein.[108] Dabei interagiert das virale Spike-Glykoprotein mit ACE2. Für diesen Prozess ist die Mitwirkung der Serinprotease TMPRSS2 notwendig.[109] Im Versuch mit HeLa-Zellen, die ACE2 des Menschen, der Chinesischen Hufeisennase (Rhinolophus sinicus), einer Schleichkatzenart, des Hausschweins und der Maus exprimieren, konnte SARS-CoV-2 das jeweilige ACE2-Protein als Rezeptor nutzen, um in die Zelle einzudringen, nur bei dem Maus-ACE2 gelang dies nicht, ebenso wenig bei HeLa-Zellen, die kein ACE2 bildeten. An Rezeptoren, die von anderen Coronaviren genutzt werden, findet keine Bindung von SARS-CoV-2 statt.[108] Das Protein LRRC15 ist vermutlich ein Resistenzfaktor gegen SARS-CoV-2 und hemmt dessen Vermehrung.
Eine reverse Suche in einer humanen Zelltypen- und Genexpressions-Datenbank (Human Cell Atlas, kurz: HCA) nach Zelltypen und Geweben, bei denen neben ACE2 auch TMPRSS2 auf Membranoberflächen vorhanden ist, zeigte, dass in der Nasenschleimhaut vor allem den Becherzellen, aber auch den Flimmerepithelen die höchsten Konzentrationen dieser beiden Proteine auftreten. Daher werden diese Zellen als Eintrittspforte für SARS-CoV-2 angesehen und auch als Reservoir vermutet.[110][111] Die Proteine werden ebenso in den Hornhaut-Zellen des Auges, in der Darmschleimhaut sowie im Herz in Perizyten der Blutkapillaren, Herzmuskelzellen und Fibroblasten gebildet. Dabei bleibt die erste Phase des Befalls im Nasenrachen nahezu symptomfrei, während bei Übergang in eine schwere Verlaufsform überwiegend die Lunge angegriffen wird, da ein Großteil der ACE-2 exprimierenden Zellen des Menschen in den Typ-II-Pneumozyten der Lunge vorkommt.[112][113] Als weitere Gründe für die besondere Anfälligkeit der Lunge wird ihre große Oberfläche angegeben,[113] außerdem exprimieren die Pneumozyt-Typ-II-Zellen diverse Gene, die die Replikation und Transmission von SARS-CoV-2 begünstigen.[112] Bei Untersuchungen an kryokonservierten Lungengewebsproben von Nichtinfizierten konnte auch gezeigt werden, dass Lungengewebe kaum ACE2 sowie die Transmembranprotease TMPRSS2 ausbildet, die Pneumozyten Typ II in der Lunge hingegen vermehrt. Diese Vorläuferzellen waren bei Männern und in fortgeschrittenem Alter tendenziell vermehrt nachzuweisen. Neben unterschiedlichen ACE2-Werten bei Männern und Frauen wird eine Ursache für die unterschiedliche Schwere der Erkrankung im geschlechtsspezifischen Hormonhaushalt vermutet: „Östrogen fördert eine Immunantwort, Testosteron dagegen unterdrückt sie“.[114] Eine Rolle der im Lungenepithel und benachbarten Gewebezellen gebildeten Proprotease Furin, die bei anderen Coronaviren dem Virus den Zellzutritt vereinfacht, wird diskutiert, da es am Spike-Protein von SARS-CoV-2 eine Furin-spezifische Trennstelle gibt. Außer in der Lunge wurde ACE-2 auch im Dünn- und Dickdarm, in den Atemwegen und in den Nieren nachgewiesen.[115] Eine Vermehrung des Virus in Darmzellen[116] und Inselzellen der Bauchspeicheldrüse wurde bestätigt.[117]
Durch Untersuchung von Lungengewebe mittels Biopsien oder Autopsien konnte ein diffuser Schaden an den Lungenbläschen nachgewiesen werden. Dieser zeigte sich in der Bildung hyaliner Membranen, der Verdickung der Alveolarwände und der Einwanderung von einkernigen Immunzellen und Makrophagen. Elektronenmikroskopisch ließen sich Viruspartikel in den Pneumozyten Typ 2 und den Zellen der Bronchien nachweisen. Neben den Veränderungen in der Lunge wurden auch Nekrosen der Lymphknoten am Lungenhilus, Lebervergrößerungen mit Entzündungszellinfiltrat, Atrophien der Milz und bei einzelnen Patienten vereinzelte degenerierte Nervenzellen des Gehirns beobachtet. Ob die Schäden außerhalb der Lunge direkt dem Virus oder der allgemeinen Belastung des Organismus durch die Erkrankung zuzuschreiben sind bleibt unklar.[118] In einer anderen Obduktionensserie zeigten sich herdförmige kleinste Thromben in den Lungenkapillaren auch in Abwesenheit von größeren Thrombosen im Organismus. Darüber hinaus zeigte sich bei fortgeschrittener Erkrankung auch ein fibrotischer Umbau der Lungenareale. Eine diffuse alveoläre Schädigung wie beim klassischen ARDS zeigte sich nur bei Patienten, die auch invasiv beatmet worden waren. Die Autoren schlossen daraus, dass die Bildung der Blutgerinnsel in den kleinsten Blutgefäßen den führenden Mechanismus der COVID-assoziierten Lungenschädigung darstellte.[119]
Das Eindringen des Virus in die Riechsinneszellen über die Nasenschleimhaut ist nachgewiesen. Eine Ausbreitung des Virus über diese Nervenzellen in das zentrale Nervensystem wird vermutet.[120] In einigen wenigen Fällen wurde das Auftreten eines Guillain-Barré-Syndroms diagnostiziert, das oft mit Virusinfektionen assoziiert ist. Die Patienten waren PCR-positiv – ein Liquornachweis gelang nicht. In der Bildgebung waren die Cauda equina sowie der Nervus facialis auffällig darstellbar. Symptomatisch zeigten sich Parästhesien und Paresen (motorische Ausfälle).[121] In einem weiteren Fallbericht wurde eine virusinduzierte Encephalitis auch durch positiven PCR-Nachweis in der Cerebrospinalflüssigkeit bestätigt.[122] Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) empfiehlt in einer eigens für die COVID-Erkrankung herausgegebenen Leitlinie eine fortlaufende Kontrolle besonders stationär, aber auch ambulant versorgter Patienten auf Frühzeichen neurologischer Mitbeteiligung.[123]
Röntgenaufnahme einer COVID-19-Viruspneumonie
Italienische Intensivmediziner haben im April 2020 aufgrund ihrer klinischen Beobachtungen für das Vorhandensein zweier Erscheinungsformen der COVID-19-Viruspneumonie plädiert. Die Pneumonie beginne meist mit dem L-Typ, der sich durch ein geringes Vorhandensein eines Ödems im Gewebe auszeichne. Bei einem Teil der Patienten erfolge der Übergang in einen H-Typ, der sich durch ein Ödem im Gewebe auszeichne. Die Forscher plädieren für eine unterschiedliche Vorgehensweise bei der Beatmung dieser zwei Typen.[124] Bei Vorliegen extrem erniedrigter Sauerstoffsättigung, die auf eine massive Gasaustauschstörung schließen lässt und in Verbindung mit einer Bildgebung eindeutig auf ein akutes Lungenversagen (ARDS) deutet, weichen deutsche Pneumologen mittlerweile auch von bisherigen Leitlinien ab und empfehlen zunächst eine lungenschonendere nichtinvasive Beatmung (NIV) mit O2-Anreicherung.[125] Weitere führende Pneumologen regten ebenfalls aufgrund der vermehrten Endothelschäden befallener Lungengefäße an, nicht die klassische Beatmungsstrategie für ein entzündliches Pneumonitis-ARDS, sondern bei noch gegebener Elastizität mit an das von ihnen zur Unterscheidung als CARDS benannte klinische Bild bei COVID durch adaptierte Tidalvolumina und Expirationsdrucke (PEEP) anzupassen.[126]
Eine feingewebliche Untersuchung an sechs verstorbenen Patienten zeigte bei den fortgeschrittenen Lungenerkrankungen, die klinisch dem H-Typ zuzuordnen sind, die Ausbildung von Fibrinballen in den Lungenbläschen mit einem Infiltrat aus T-Lymphozyten und Plasmazellen sowie einer Hyperplasie der Typ-II-Pneumozyten. In den Blutgefäßen fanden sich Zeichen einer Endothelschädigung mit Ausbildung von Vakuolen im Zellplasma sowie der Unterbrechung der Verbindungen zwischen den Endothelzellen. Die Autoren stellten die Hypothese auf, dass der H-Typ als spätere Verlaufsform der COVID-Lungenkrankheit feingeweblich das Bild einer akut-fibrinösen organisierenden Pneumonie zeige.[127] Eine Untersuchung der Lungen von sieben Verstorbenen zeigte eine deutlich erhöhte Gefäßneubildung durch Lumenteilung in den befallenen Lungengefäßabschnitten. Die Autoren stellten die Hypothese auf, dass die krankhaft gesteigerte Gefäßneubildung zum Lungenschaden beitrage.[128]
Beim Übergang von milden zu schweren Verläufen wird mittlerweile ein virusinduzierter septischer Schock angenommen, der auf einem immunologischen Mechanismus basiert. Bei milden Fällen gelinge es dem Immunsystem, die Virusvermehrung in der Lunge rasch aufzuhalten. Bei schweren Fällen gelänge dies aber durch die virusbedingte Dysfunktion der direkt infizierten T-Zellen nicht. Die Virusvermehrung in den Lungenepithelzellen und auch den Innenschichtzellen der Lungenkapillaren führe zu einem Kapillarleck, das zur Einlagerung von Flüssigkeit in den Lungenbläschen führe. Durch die unkontrollierte Virusvermehrung komme es zu einer weiteren Einwanderung von Monozyten und Granulozyten. Dabei waren entzündungsverstärkende Zytokine und Chemokine einschließlich TNF-α, Interleukin-1β, IL-6, CXCL10, CCL2 und MIP-1α signifikant erhöht, wodurch sich Immunzellen am Ort einer Entzündung ansammeln und die Immunantwort verstärkt wird. Die Entzündungsreaktion in der Lunge führe zusammen mit dem Übergreifen des Virus auf andere Organe zu einer überschießenden Immunreaktion im Sinne des Zytokinsturms, der wiederum lokal zu weiterer Zellschädigung führt und im Anschluss die Lymphozytenzahl – besonders CD4+- und CD8+-T-Zellen – reduziert (Lymphopenie).[129] Bei milden Verläufen wurde kein signifikanter Abfall von Effektor-T-Zellen beobachtet. Bei schweren Verläufen korreliert deren Wiederanstieg mit der Heilung der Erkrankung.[130] Ebenso fand sich in einer kleinen Studie, dass überlebende Patienten vor allem IgG-Antikörper gegen das Spike-Protein bilden und an der Erkrankung Verstorbene vor allem IgG-Antikörper gegen das Nucleocapsid ausbilden.[131]
Als weiterer Mechanismus wird eine direkte Freisetzung des spezifischen Transkriptionsfaktors NF-κB angesehen, die wiederum IL-6 hochreguliert. Zusätzlich ist durch die infektionsbedingte Reduktion von ACE2 ein Anstieg von Serum-AngII beobachtbar, was wiederum über die AngII-AT1R-Achse auch NF-κB, Disintegrin und die Sekretase ADAM17 (englisch ADAM metallopeptidase domain 17) aktiviert, die die reife Form der Liganden des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR) und TNFα, sowie zwei NF-κB-Stimulatoren erzeugt.[132] Die ADAM17-Induzierung verarbeitet auch die Membranform von IL-6Rα zur löslichen Form (sIL-6Rα), gefolgt von der gp130-vermittelten Aktivierung von STAT3 über den IL-6/sIL-6Rα-Komplex in IL-6Rα-negativen Zellen, wie Fibroblasten, Endothel- und Epithelzellen.[133] So kann eine SARS-CoV-2-Infektion im Atemtrakt sowohl NF-κB als auch STAT3 aktivieren, was wiederum den IL-6-Verstärker (englisch IL-6 amplifier, kurz IL-6 Amp) in Gang setzt, einem Mechanismus für die weitere Überaktivierung von NF-κB durch STAT3, was zu unterschiedlichen Entzündungs- und Autoimmunkrankheiten führt.[133] Dabei wird der IL-6-Verstärker in einer positiven Rückkopplungsschleife durch die Induzierung verschiedener entzündungsfördernder Zytokine und Chemokine, einschließlich Interleukin-6, und die Rekrutierung von lymphoiden und myeloischen Zellen, wie zum Beispiel aktivierte T-Zellen und Makrophagen, verstärkt. Dieser Prozess wird als Zytokinsturm bezeichnet und ist die Ursache für das akute Lungenversagen bei einer SARS-CoV-2-Infektion. Da IL-6 als wichtiger Marker für Seneszenz gilt, könnte der IL-6-Verstärker auch für die höhere Mortalität unter Älteren angesehen werden.[134]
Vergleichende Untersuchungen mit anderen Formen des akuten Lungenversagens und Entzündungssyndromen kommen jedoch zu dem Schluss, dass die Menge der freigesetzten Entzündungsmediatoren bei einer schweren COVID-19-Erkrankung deutlich niedriger ist als bei anderen mit einem Zytokinsturm vergesellschafteten Erkrankungen. Dies wird als Hinweis gewertet, dass auch andere Mechanismen der Krankheitsentstehung wie Gefäßentzündung, direkte virale Schädigung oder durch das Virus induzierte Immunschwäche stark zur Schwere der Erkrankung beitragen.[135]
Interferon-1 ist ein zentraler Regler der zellulären Immunantwort gegen Viren. Im Gegensatz zu anderen respiratorischen Viren zeichnet sich COVID durch eine Verminderung von Interferon-1 und Interferon-3 aus.[136] Ebenso wurde eine Verminderung der Produktion von Interferon-1 durch das Virusprotein Orf9b im Zellmodell nachgewiesen.[137] In einer Studie wurden bei 3,5 % Prozent untersuchter COVID-Patienten mit schwerem Verlauf angeborene Defekte der Interferon-1-Bildung festgestellt.[138]
Interferon alpha spielt eine komplexe, janus-artige Rolle für die Pathogenese von COVID-19. Obwohl es die Elimination virusbefallener Zellen fördert, reguliert es auch die Expression von ACE-2 hoch, so dass es zugleich den Eintritt von SARS-Cov2-Viren in Zellen und deren Replikation erleichtert[111][139]. Ein Wettbewerb negativer (über den protektiven Effekt von Interferon Alpha) und positiver Rückkoppelungen (über Hochregulation von ACE-2) ist daher entscheidend für den Verlauf der Erkrankung[140].
Forscher aus Wuhan haben im März 2020 in einer Studie auch von Herzmuskelschäden berichtet. Bei rund einem Fünftel der 416 untersuchten hospitalisierten Patienten zeigte sich neben der Lungenschädigung auch eine Schädigung des Herzmuskels. Die Ursache der Herzschädigung sei noch nicht klar. Sie vermuteten eine negative Wirkung der im Rahmen der Pneumonie ausgelösten Entzündungsreaktion[141] sowie eine direkte Infektion und erhöhter Stress des Herzens durch die mangelnde Sauerstoffversorgung und die höhere Kreislaufbelastung. Bei Autopsien zeigten sich Entzündungsinfiltrate, die mit Regionen von Zelluntergang korrelierten. Das Bild der Herzmuskelschädigung war in diesen Fällen vereinbar mit einer Myokarditis.[28] Deren Ausbildung ohne bekannte koronare Vorerkrankung wurde auch ohne Beteiligung der üblichen Pneumonitis beobachtet.[142] Mit dem Alter steigt die Expression von ACE2 und TMPRSS2 in Herzmuskelzellen an, über die der Zellzutritt erfolgt. Die Schädigung der Kardiomyozyten ist korreliert mit dem Anstieg von Troponin, einem typischen Marker für Herzinfarkt. Resultiert eine Pumpschwäche des linken Ventrikels, könne das die verminderten Überlebenschancen Älterer erklären. Diese Zusammenhänge, sowie eine höhere Expression eines IL-6 Rezeptors auf Kardiomyozyten im Alter, der für den Zytokinsturm verantwortlich ist, wurde bei postmortem Untersuchungen des Herzens von Patienten gefunden, die nicht an kardialen Erkrankungen, aber auch nicht durch SARS-CoV-2 verstarben.[143] Im Fall zweier relativ junger und nicht vorerkrankter Patienten, die aufgrund geschilderter Symptome einen grippeähnlichen Infekt durchgemacht hatten, zeigte sich 4 Wochen später Atemnot, die den Verdacht einer Herzmuskelfunktionsstörung nahelegte. PCR-Tests der zur Verdachtsabklärung entnommenen Biopsate waren positiv, sodass die Herzerkrankung als Folge einer SARS-CoV-2-Infektion vermutet wird.[144] In einer weiteren Fallserie wurde in Gewebeproben von 104 Patienten, die wegen des Verdachts einer Myokarditis oder anderer entzündlicher Herzkrankheiten untersucht wurden, bei 5 von ihnen das Virusgenom von SARS-CoV-2 nachgewiesen. Bei allen – zwischen 36 und 62 Jahre alt – war es zu einer deutlichen Pumpschwäche gekommen und Troponin bei 4 der 5 Patienten erhöht. Die Studie legt nahe, dass nach einer COVID-19-Erkrankung mit einer Herzbeteiligung zu rechnen ist, obwohl der direkte Nachweis, dass das Virus den Herzmuskel angreift, noch nicht erbracht sei.[145]
Ebenso konnte eine Virusvermehrung in den Nierenkanälchen mit akuter Schädigung des Tubulus durch die nachfolgende Entzündungsreaktion an einzelnen Obduktionsfällen nachgewiesen werden.[18]
In seltenen Einzelfällen tritt bei Kleinkindern vermehrt das Kawasaki-Syndrom auf, eine Gefäßentzündung bei der als Begleitsymptom z. B. Hautausschläge auftreten. Ein direkter Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2 Infektion wird vermutet.[146][147]
Von der WHO wurde dieses Krankheitsbild multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) benannt.[148] Mit Stand 1. Juli sind weltweit mehr als 1000 Kinder mit diesem eher seltenen Syndrom erkrankt. In einer Studie wurden 186 Fälle diagnostiziert, wobei das Durchschnittsalter bei 8,3 Jahren lag. Die Inzidenz beträgt 2 auf 100.000. Die ersten Anzeichen etwa 2 bis 4 Wochen nach Infektion bestehen in hohem Fieber, Tachykardie, gastrointestinalen Symptomen, Hautausschlag sowie konjunktivalen Injektionen. CRP war bei allen, außerdem D-Dimer-Werte und Troponin bei den meisten erhöht. Etwa die Hälfte zeigte Zeichen einer Myokarditis, 80 % mussten intensiv behandelt werden. Zwei Kinder verstarben.[149]
Klinische Symptome und laborchemische Krankheitszeichen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Kategorie
Symptome COVID-19
Asymptomatisch[150]
ohne Symptome
Häufige Symptome[151]
FieberHustenMüdigkeit
Weitere Symptome[150]
Verlust von Geruchs- & GeschmacksinnDurchfallKopfschmerzenHalsschmerzenGliederschmerzenBindehautentzündungHautausschlag
Bei Variante Omikronauch berichtet[152]
SchnupfenNiesen
Mittlere Verläufe[151]
Atembeschwerdenleichte Lungenentzündung
Schwere Verläufe[151]
Schwere LungenentzündungOrganversagenTod
Quelle: WHO, Herbst 2021[151][150]
Nach einer Inkubationszeit (siehe oben) von durchschnittlich 5 bis 6 Tagen (in seltenen Fällen bis zu 14 Tagen) treten als häufigste Symptome Husten, Fieber, Schnupfen sowie Geruchs- und Geschmacksverlust auf. Häufig leiden die Erkrankten zudem an Apathie sowie Hals-, Muskel-, Rücken-, Kopf- und Gliederschmerzen.[11] Allgemein manifestiert sich die Krankheit oft in einem schweren Krankheitsgefühl.[153] Weitere Symptome können dabei Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall sowie Bindehautentzündungen, Hautausschläge und Lymphknotenschwellungen sein.[154]
Es gibt aber auch Fälle von asymptomatischen Verläufen, insbesondere bei Geimpften. Deren Anteil ist jedoch nicht abschließend geklärt.[155]
Schwere Verläufe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im weiteren Verlauf entwickelt sich, meist ab der zweiten Krankheitswoche, bei etwa 14 Prozent der Patienten[155] eine schwere Atemnot aufgrund einer Infektion der unteren Atemwege bis zur Lungenentzündung.[156] Diese kann mit Brustschmerzen im Sinne einer Pleuritis einhergehen und „bis zum Versagen der Atem- und Kreislauffunktion fortschreiten“ (ARDS),[154] welche unter Umständen eine intensivmedizinische künstliche Beatmung und externe Sauerstoffaufsättigung des Blutes erforderlich macht[157] (ca. 5 % aller Fälle).[158] Die längste dokumentierte Beatmung fand bei einem über 70-jährigen Patienten aus New York City über einen Zeitraum von 850 Tagen statt.[159] „Einige schwer Erkrankte entwickeln acht bis 15 Tage nach Erkrankungsbeginn eine Verschlechterung ihres Krankheitszustandes infolge schwerer Entzündungsreaktionen (Hyperinflammationssyndrom). In der Folge können mehrere Organe versagen. Viele der [davon] Betroffenen versterben.“[154]
Im Bericht des Chinesischen Zentrums für Krankheitskontrolle und -prävention (englisch Chinese Center for Disease Control and Prevention, kurz: CCDC) über 44.415 Fälle aus Wuhan erfolgt die Klassifizierung als leichter Krankheitsverlauf, wenn keine oder nur eine leichte Lungenentzündung vorliegt, für einen schweren Krankheitsverlauf sind Pneumonie (Lungenentzündung), Dyspnoe (Atemnot), eine Atemfrequenz von ≥ 30 Atemzüge pro Minute, eine Sauerstoffsättigung des Blutes ≤ 93 % und weitere klinische Anzeichen typisch, bei einem kritischen Krankheitsverlauf ist mit Atemversagen, septischem Schock und/oder Multiorganversagen zu rechnen. Der Fallbericht stellte 81 % leichte Krankheitsverläufe, 14 % schwere Krankheitsverläufe und bei 5 % einen kritischen Krankheitsverlauf fest.[14] Bei einem leichten Verlauf bestehen laut RKI häufig keine Symptome,[11] oder sie klingen laut WHO innerhalb von zwei Wochen ab.[160] Bei Menschen mit einem schweren Krankheitsverlauf dauere es zwischen drei und sechs Wochen, bis sie sich von der Krankheit erholen.[160]
Die Mehrheit der Krankenhauseinweisungen der ersten Patienten erfolgte nach rund einwöchiger symptomatischer Krankheit aufgrund einer Verschlechterung des Zustandes. In den Fällen, in denen eine intensivmedizinische Behandlung notwendig wurde, ergab sich deren Notwendigkeit nach rund zehn Tagen nach Symptombeginn.[156] In einer epidemiologischen Studie von 99 hospitalisierten Fällen fanden bei 13 Patienten eine nicht-invasive Beatmung, bei vier Patienten eine invasive Beatmung, bei neun Patienten eine Dialyse aufgrund eines Nierenversagens und bei drei Patienten eine extrakorporale Lungenunterstützung (ECLA) Anwendung.[161] Klinische Beobachtungen schildern häufig geringe Beschwerden trotz apparativ messbarer Ateminsuffizienz. So zeigten sich Patienten, die aufgrund einer geringen Sauerstoffsättigung eigentlich beatmungspflichtig waren, oft erst noch relativ beschwerdefrei,[162] ehe sich ihr Befinden aufgrund der Sauerstoffschuld im Organismus rapide verschlechterte.[163]
Etwa 85 % der schwer erkrankten COVID-19-Patienten entwickeln eine Lymphopenie, das heißt einen Mangel an Lymphozyten im Blut.[164] Bei tödlich verlaufenden Erkrankungen kam es zu einer anhaltenden Lymphopenie. Die schwer erkrankten Patienten entwickeln häufig zudem eine Hyperzytokinämie (Zytokinsturm).[165] Ein Zytokinsturm entsteht durch eine Überreaktion des Immunsystems. Diese Überreaktion ist durch einen deutlichen Anstieg von entzündungsrelevanten Zytokinen wie beispielsweise Interleukin-6, Interleukin-8, Interleukin-1β und TNF-α gekennzeichnet. Die verstärkte Freisetzung dieser Zytokine führt zu einer Überproduktion von Immunzellen, vor allem im Lungengewebe. Dort werden von den Immunzellen weitere Zytokine ausgeschüttet (Mitkopplung). Diese unkontrollierte Immunantwort führt zu schweren entzündlichen Erkrankungen wie beispielsweise Lungenentzündung, Atemnot und Entzündungen der Atemwege.[166][167] Zytokinsturm und Lymphopenie werden als „lymphopenische ambulant erworbene Pneumonie“ (englisch lymphopenic community acquired pneumonia, L-CAP) zusammengefasst. L-CAP ist mit schwerem Krankheitsverlauf, erhöhter Sterblichkeit und fehlgesteuerter Immunantwort verbunden. Man geht davon aus, dass eine frühzeitige Erkennung dieses immunologischen Phänotyps nützlich sein könnte, um Patienten mit schweren Verläufen rechtzeitig identifizieren zu können.[168] Laborchemisch erwiesen sich sehr hohe Ferritinwerte sowie stark erhöhtes Interleukin-6[96] oder auch erhöhte Werte der LDH, des D-Dimers und eine andauernde Verminderung der Lymphozyten als Faktoren für eine ungünstige Prognose.[169] Die Mehrheit der Patienten zeigte dabei die für schwere Virusinfekte typische Kombination aus einer Verminderung der Anzahl der gesamten weißen Blutzellen, einer Verminderung der Lymphozyten-Anzahl und einer Erhöhung laborchemischer Entzündungsparameter (wie CRP und BSG).
Einfluss auf Vorerkrankungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine akute Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann auch bestehende Vorerkrankungen wie Herz- und Lungenleiden, Bluthochdruck und Diabetes verschlimmern. Hinweise deuten darauf hin, dass bei Ansteckung mit SARS-CoV-2 – wie durch andere Infektionen und Erkrankungen auch – Autoimmunerkrankungen verursacht oder ausgelöst werden können.[170] So überprüfen Experten derzeit, ob die Infektion sogar die Entstehung eines Typ-1-Diabetes begünstigen kann.[171]
Weitere Ausprägungen und Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
SARS-CoV-2 befällt regelmäßig auch das neurologische System. Neben den häufigen Symptomen des Geruchs- und Geschmacksverlustes kann dies auch zu Schwindel, Verwirrtheit, Somnolenz und anderen neuropsychiatrischen Symptome, wie die SARS-CoV-2 assoziierte (Meningo-)Enzephalopathien, führen. Auch „Schlaganfälle, Fälle von Guillain-Barré- und Miller-Fisher-Syndrom sind beschrieben“.[157] An der Johns-Hopkins-Universität wurde an Gewebeproben von 23 COVID-19-freien Patienten die höchste Expression des Enzyms ACE2 in dem Areal der Nase nachgewiesen, das für das Riechen verantwortlich ist, und so den Geruchsverlust bei Infektion erklärt.[172]
Oft ist das Herz-Kreislauf-System betroffen. So konnten auch bei Kindern und „Patienten mit mildem oder moderatem Verlauf“ erhöhte Herzenzyme bzw. Troponin nachgewiesen werden. „Insbesondere bei schweren Infektionen der Atemwege erleidet eine Reihe von Patienten kardiovaskuläre Erkrankungen, einschließlich Herzmuskelschädigungen, Myokarditis, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und venösen thromboembolischen Ereignissen. Die pathologisch erhöhte Blutgerinnung geht bei schweren COVID-19-Verläufen mit einem erhöhten Risiko für Thromboembolien, u. a. in den unteren Extremitäten, sowie Lungenarterien- und zerebrovaskulären Embolien und möglichen Folgeschäden einher.“[157]
Berichtet wird außerdem über Fälle von Leberfunktionsstörungen und (insbesondere bei beatmungspflichtigen Patienten) akutem, teils dialysepflichtigem, Nierenversagen. Hinzu kommen zahlreiche dermatologische Manifestationen, wie juckende, morbilliforme Ausschläge, Papeln, Rötungen, Nesselsucht und Frostbeulen-ähnliche Hautläsionen. „In seltenen Fällen sind schwere Durchblutungsstörungen in den Akren bis hin zum Gangrän beschrieben.“[157]
„Bei Kindern und Jugendlichen wurden seltene Fälle eines Pädiatrischen Inflammatorischen Multisystemischen Syndroms (PIMS) beobachtet.“[154]
Siehe auch: Long COVID
Phasen und Dauer des Krankheitsverlaufs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Aufgrund klinischer Beobachtungen und laborchemischer Untersuchungen wird ein dreiphasiges Krankheitsbild postuliert: Auf eine frühe Infektionsphase folge nach rund fünf Tagen eine Phase, in der die Lungenerkrankung vorherrscht. In milden Verläufen (ca. 81 % der Fälle) klingen die Symptome meist nach rund zwei Wochen wieder ab.[155] Bei einem weiteren Fortschreiten der Erkrankung kann es jedoch um den zehnten Tag nach Symptombeginn zu einer Phase kommen, die durch eine überschießende Immunantwort mit weiterer zunehmender Schädigung der Lunge sowie auch des Herzmuskels gekennzeichnet sei. In der letzten Phase kann es auch zur Erhöhung von Troponin und BNP als Ausdruck der Herzmuskelschädigung und des Funktionsverlusts des Organs kommen.[28] Zu nahezu identischer Einschätzung dieses Drei-Phasen-Verlaufs, der frühen Infektion, der pulmonalen Manifestation und der schweren hyperinflammatorischen Phase mit jeweils differenzierten Therapieempfehlungen zur maschinellen Beatmung während der einzelnen Stadien kommt ein diagnostisch-therapeutischer Leitfaden deutscher Lungenärzte.[125] Schwere Fälle dauern oft mehrere Monate an, teilweise kommt es auch zu sogenannten Long-COVID-Symptomen.[155]
Bekannte Risikogruppen für schwere Verläufe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Risikogruppen für schwere Krankheitsverläufe sind nach Aussage des Robert Koch-Instituts insbesondere ältere Menschen, Männer, Raucher, Übergewichtige,[173] Menschen mit Trisomie 21 sowie „Personen mit bestimmten Vorerkrankungen:
Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, z. B. koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck
chronischen Lungenerkrankungen, z. B. COPD
chronischen Nieren- und Lebererkrankungen
neurologisch-psychiatrischen Erkrankungen, z. B. Demenz
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
Krebserkrankungen
Schwächung des Immunsystems, z. B. aufgrund einer Erkrankung oder durch Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr schwächen, wie Cortison.“[154]
Eine Mitte Februar 2020 veröffentlichte Auswertung der englischsprachigen und chinesischen Fachartikel kommt zu dem Ergebnis, dass alle Bevölkerungsgruppen infiziert werden können. Von den Infizierten waren 72 % über 40 Jahre alt, 64 % waren männlich. 40 % der Patienten hatten chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus und Bluthochdruck.[174] Dies bestätigt der Bericht der von der WHO in China durchgeführten „gemeinschaftlichen Mission“ (englisch WHO-China joint mission), der weiterhin noch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen und Krebs nennt.[175] Laut Epidemiologischem Bulletin 19/2021 des RKI steigt nach Auswertung von rund 94.000 Krankheitsfällen das Risiko für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung beim Vorliegen bestimmter Risikofaktoren:[176] Demnach sind die fünf größten Risikofaktoren hämatoonkologische Erkrankungen (31,5 %), metastasierte solide Tumorerkrankungen mit Therapie (28,2 %), Demenz (24,3 %), metastasierte solide Tumorerkrankungen ohne Therapie (23,3 %) und Herzinsuffizienz (21,7 %).
Zusätzlich legen die Ergebnisse der Global Burden of Disease (GBD)-Studie 2019 einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem bereits vor der COVID-19-Pandemie bestehenden Gesundheitsprofil der Weltbevölkerung und der Schwere gesundheitlicher Komplikationen in deren weiteren Verlauf nahe.[177][178] Zudem werden Mangel- bzw. Fehlernährung und Luftverschmutzung hinsichtlich höherer Sterblichkeitsraten in Indien diskutiert.[179] Luftverschmutzung durch z. B. Stickoxide oder Feinstpartikel PM2.5 (Feinstaub) korreliert als Risikofaktor nicht nur mit Lungenkrankheiten, Herzinfarkt, Schlaganfall, sondern auch sehr deutlich mit schweren Verläufen von COVID-19.[180][181]
Schwere Krankheitsverläufe treten aber auch bei Jüngeren und bei Patienten ohne Vorerkrankung auf. Ein Bericht der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) zur Altersverteilung in den USA kam zu dem Schluss, dass schwere Verläufe, die eine Hospitalisierung oder intensivmedizinische Versorgung erfordern, bei Erwachsenen jeden Alters auftreten können. Zwar seien besonders Ältere betroffen, allerdings waren 20 % der Hospitalisierten und 12 % der intensivmedizinisch Behandelten des untersuchten Kollektivs 20–44 Jahre alt. Menschen unter 20 zeigten hingegen so gut wie keine schweren Verläufe.[182]
Laut einer Metastudie vom Dezember 2020 erkrankten zwar Männer und Frauen etwa gleich häufig an COVID-19; bei Männern war ein schwerer Krankheitsverlauf aber dreimal häufiger als bei Frauen.[183][184]
Soziale Faktoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das CDC berichtete, dass Schwarze oder Afroamerikaner in den USA überdurchschnittlich betroffen sind. In einer Auswertung der Daten bis Anfang August 2020 hatte die Gruppe der „Black or African American People“ demnach eine 4,7-fache Hospitalisierungs- und eine 2,1-fache Todesrate.[185] Laut einer in The Lancet am 30. April 2021 publizierten Beobachtungskohortenstudie[186] hat COVID-19 ethnische Minderheiten in Großbritannien überproportional betroffen. Laut Public Health England starb eine zwei- bis viermal so hohe Rate von Angehörigen ethnischer Minderheiten wie in der weißen Bevölkerung. Mögliche Gründe waren eine höhere Prävalenz von Komorbiditäten im Zusammenhang mit schlechten COVID-19-Ergebnissen (z. B. Typ-2-Diabetes bei britischen Südasiaten), eine größere soziale Benachteiligung, große Haushalte mit mehreren Generationen und beengte Wohnverhältnisse, Unterschiede beim beruflichen Expositionsrisiko sowie der verzögerte Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Kinder und Jugendliche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
„Bei Kindern verläuft eine Erkrankung meist ohne Krankheitszeichen oder mild.“[154] Eine Studie an Kindern aus Wuhan stellte eine bestätigte Infektion bei 171 von 1.391 untersuchten Kindern fest. Nur eine Minderheit der Kinder zeigte Fieber oder andere Symptome. Von den infizierten Kindern verstarb ein 10 Monate alter Säugling, der auch an einer Invagination litt. Die Studienautoren werteten die Ergebnisse als einen Hinweis auf einen milderen Verlauf bei Kindern und wiesen auf die Möglichkeit der Übertragung der Erkrankung durch Kinder mit wenig Krankheitszeichen hin.[187] Auch in einer Studie in Island, bei der insgesamt 19.996 Personen auf eine aktive Infektion getestet wurden, zeigten sich Kinder deutlich unterrepräsentiert.[188] Eine Analyse von 2.135 Patienten im Kindesalter in China, die aufgrund eines positiven Tests oder der klinischen Beschwerden als COVID-19 klassifiziert wurden, ergab eine Rate von schweren und kritischen Verläufen von rund sechs Prozent. Gehäuft traten diese bei Säuglingen und Kindern im Vorschulalter auf.[189]
Eine südkoreanische Studie, welche die Kontaktverfolgung von rund 60.000 Kontaktpersonen nachvollzog, kam zu dem Schluss, dass das Risiko, von einem Haushaltsmitglied im Alter von 10 bis 19 Jahren angesteckt zu werden, hoch sei. Die niedrigere Rate der Infektionen in Haushalten mit Klein- und Grundschulkindern wurde auf die im Studienzeitraum herrschenden Schulschließungen zurückgeführt. Im Ergebnis zeigte die großangelegte Studie, dass das Übertragungsmuster von SARS-CoV-2 dem anderer Atemwegsviren ähnelt.[190]
Genetik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im September 2020 veröffentlichten Forscher des Max-Planck-Instituts Leipzig eine Studie, die neben Alter und Vorerkrankungen einen genetischen Faktor als Determinante für einen schweren Krankheitsverlauf postulierte. Eine gewisse Gruppe von Genen auf Chromosom 3 sorge laut den Autoren Zeberg und Pääbo für ein dreimal höheres Risiko, dass im Verlauf der Krankheit eine künstliche Beatmung nötig wird. Es handle sich dabei um eine von den Neandertalern ererbte Genvariante. Über den Grund der Korrelation zwischen diesen Genen und dem Krankheitsverlauf ist noch nichts bekannt.[191][192] Ende Februar 2021 wurde in diesem Kontext eine russische Studie veröffentlicht, die die Beschaffenheit der T-Lymphozyten auf den Zelloberflächen für den Krankheitsverlauf in Teilen verantwortlich macht. Die individuelle genetische Zusammensetzung des HLA-Systems spiele bei der Immunantwort auf das Virus eine fundamentale Rolle. Gewisse Allele des HLA-I scheinen das Virus besser detektieren zu können und das Immunsystem könne schneller reagieren.[193] Eine Studie an 323 COVID-19-Patienten ergab, dass eine erhöhte Konzentration von Perfluorbutansäure im Körper mit einem gesteigerten Risiko eines schwereren Verlaufs einer COVID-19-Infektion korreliert ist.[194][195]
Schwangere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit der Ausbreitung neuer COVID-Varianten hat der Anteil der Schwangeren mit schweren Covid-Verläufen deutlich zugenommen. Die meisten Schwangeren mit schweren COVID-Verläufen waren übergewichtig.[196] Die Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin hat bis zum 29. Juli 2021 2686 Schwangere registriert, die mit Covid-19 in einem deutschen Krankenhaus aufgenommen wurden. 106 von ihnen mussten auf einer Intensivstation behandelt werden oder starben.[197] In Großbritannien wird daher die Corona-Impfung seit Mitte April 2021 allen schwangeren Frauen empfohlen.[197][198] Am 11. August 2021 hat die US-Behörde CDC Schwangeren empfohlen, sich impfen zu lassen.[199][200] Das Nationale Impfgremium (NIG) der Republik Österreich hat am 27. April 2021 die COVID-Impfung für Schwangere (mit MRNA-Impfstoffen) empfohlen.[201]
Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Falldefinition und Vorgehensweise bei der Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Bitte hilf uns dabei, die Situation in anderen Staaten zu schildern.
Die Falldefinitionen des Robert Koch-Instituts wurden am 24. März 2020 geändert,[202] auf der Website des Robert Koch-Instituts ist ein Flussschema zu finden, wie im medizinischen Bereich mit COVID-19-Verdachtsfällen umzugehen ist:[203] Ebenso wurde dort ein Flussschema für Bürger bereitgestellt, mit Hinweisen zum Verhalten bei Erkrankungssymptomen.[204]
Begründete Verdachtsfälle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Personen
mit akuten respiratorischen Symptomen (Symptome, die den Atemtrakt betreffen; z. B. Husten) jeder Schwere und Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall bis maximal 14 Tage vor Erkrankungsbeginn,
bei denen klinische oder radiologische Hinweise auf eine durch Viren verursachte Lungenentzündung (Pneumonie) vorliegen und ein epidemischer Zusammenhang (mehrere Fälle von Pneumonien) in einer Pflegeeinrichtung oder einem Krankenhaus wahrscheinlich ist oder vermutet wird,
werden vom Robert Koch-Institut als begründeter Verdachtsfall eingestuft und den zuständigen Gesundheitsämtern gemeldet.[203]
Fälle unter differenzialdiagnostischer Abklärung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Personen
mit akuten respiratorischen Symptomen jeder Schwere ohne Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall bis maximal 14 Tage vor Erkrankungsbeginn, dafür Tätigkeit in Pflege, Arztpraxis oder Krankenhaus, oder Zugehörigkeit zu Risikogruppe, oder ohne bekannte Risikofaktoren,
bei denen klinische oder radiologische Hinweise auf eine durch Viren verursachte Pneumonie (ohne Alternativdiagnose) vorliegen ohne Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall,
werden vom Robert Koch-Institut als Fall unter differenzialdiagnostischer Abklärung eingestuft und sollen zunächst nicht gemeldet werden.[203]
In beiden Fällen wird nach Schwere der Erkrankung, Risikofaktoren und Umfeld entschieden, ob eine ambulante oder eine stationäre Versorgung notwendig ist. Bei einer stationären Einweisung wird in jedem Fall eine labortechnische Diagnose durchgeführt, bei der ambulanten Versorgung ist sie Bestandteil der Differentialdiagnose, bei Personen ohne bekannte Risikofaktoren jedoch nur, sofern die Testkapazitäten dies erlauben.[203]
Ohne labortechnische Verfahren (also nur anhand der Symptome) ist eine Abgrenzung von anderen Viruserkrankungen wie Influenza „schwierig bis unmöglich“.[205] Auch andere Erreger und Diagnosen können das Krankheitsbild beeinflussen (siehe Syndrome, Komorbidität und Multimorbidität), beispielsweise Erkältungsviren wie Rhino-, Entero- und Mastadenoviren, Paramyxoviridae oder andere Coronaviren. Sie können durch eine Differentialdiagnose mit mikrobiologischem Befund ein- oder ausgeschlossen werden.
Definition: »COVID-19-Fall«[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ein COVID-19-Fall liegt nach Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor, wenn durch Labortests bei einer Person eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde – ungeachtet klinischer Anzeichen und Symptome – und demzufolge auch wenn eine Corona-Infektion asymptomatisch (ohne erkennbare Symptome) verläuft.[206] Darüber hinaus definiert die WHO auch noch den Verdachtsfall und den wahrscheinlichen Fall. Sie weist darauf hin, dass sich diese Definitionen angesichts neuer Erkenntnisse ändern können und dass die Mitgliedsstaaten die Definitionen an ihre besondere epidemische Lage anpassen können.[206]
In Deutschland werden COVID-19-Fälle von den Gesundheitsämtern entsprechend den folgenden Falldefinitionen an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt:[202]
mittlerweile entfallen: (Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: zeigt das spezifische oder unspezifische klinische Bild einer COVID-19-Erkrankung ohne labordiagnostischen Nachweis),[207]
Klinisch-labordiagnostisch bestätigte Erkrankung: zeigt das spezifische oder unspezifische klinische Bild einer COVID-19-Erkrankung und wurde labordiagnostisch nachgewiesen,
Labordiagnostisch nachgewiesene Infektion bei nicht erfülltem klinischen Bild: wurde labordiagnostisch nachgewiesen und das klinische Bild ist bekannt, entspricht aber nicht dem spezifischen oder unspezifischen klinischen Bild einer COVID-19-Erkrankung, z. B. asymptomatische Infektionen,
Labordiagnostisch nachgewiesene Infektion bei unbekanntem oder nicht erfülltem klinischen Bild: wurde labordiagnostisch nachgewiesen, das klinische Bild wurde jedoch nicht erfasst, war nicht zu ermitteln oder es zeigten sich keine Symptome.
Fälle der Kategorie 1 sind begründete Verdachtsfälle, Fälle der Kategorien 2 bis 4 sind laborbestätigte COVID-19-Fälle und werden vom Robert Koch-Institut gemeinsam als Fallzahlen veröffentlicht,[202] zur Meldepflicht siehe Abschnitt Meldepflicht, ICD-10-Einordnung, Berufskrankheit. Diese Referenzdefinition des RKI entspricht der WHO-Falldefinition.
Zu den COVID-19-Todesfällen werden sowohl Personen gezählt, die unmittelbar an einer COVID-19-Erkrankung verstarben, als auch Corona-Infizierte mit Vorerkrankungen, bei denen sich die genaue Todesursache nicht abschließend nachweisen lässt.[208]
Labordiagnostischer Nachweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Corona-Test
PCR-Befundbericht der TU München (Oktober 2020)
Laut RKI erfolgt der labordiagnostische, direkte Erregernachweis durch Nukleinsäurenachweis (z. B. RT-PCR, real-time quantitative Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion).[202][209] Auch die Erregerisolierung in einer Zellkultur ist möglich,[202] wird aber von der WHO nicht für die Routinediagnostik empfohlen.[210] (Siehe auch: → Abschnitt: Labordiagnostischer Nachweis)
Das Virus ist im Sputum, im Trachealsekret, in der bronchoalveolären Spülflüssigkeit und im Nasenrachen-Abstrich sowie im Stuhl direkt nachzuweisen.[211] Die Laboruntersuchung führte in Deutschland erstmals das Konsiliarlabor für Coronaviren an der Charité in Berlin durch, mittlerweile sind zahlreiche andere Labore in Deutschland dazu in der Lage.[212]
Bei positivem Befund liegt nun ein laborbestätigter COVID-19-Fall vor.[203] Ist der Befund zwar negativ, besteht aber ein anhaltend hoher Verdacht auf eine Infektion mit SARS-CoV-2, wird empfohlen, die Diagnostik zu wiederholen. Erste Erfahrungen mit COVID-19 aus China zeigten, dass gerade zu Beginn der Infektion nur etwa 70 % der Patienten positiv in der RT-PCR-Testung waren, während es insgesamt 94 % nach der zweiten Testung waren.[213]
Für einen indirekten Nachweis (Antikörpernachweis)[98] soll das Blutserum betroffener Personen aufbewahrt werden.[203][210] (Stand: 13. April 2020)
RT-PCR-Test[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Funktionsweise des PCR-Tests
→ Hauptartikel: SARS-CoV-2 Abschnitt RT-PCR
Die Nachweismethode ist die real-time quantitative Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion, abgekürzt auch als qRT-PCR, RT-qPCR oder nur als PCR-Test bezeichnet. Sie basiert auf der Detektion von zwei Nukleotidsequenzen, bezeichnet als E Gen und RdRp Gen. Ein positiver PCR-Test ist nicht gleichbedeutend mit Infektiosität: Der PCR-Test ist bei der empfohlenen Abstrich-Technik stets, in einigen Fällen mehrere Wochen, länger positiv als vermehrungsfähige Viren nachweisbar sind.[11][214][215] Ein unter anderem in diesem Fall hoher Ct-Wert (> 30) deutet auf eine geringe Viruslast und somit geringe Ansteckungsfähigkeit hin, die ein Argument für die Entlassung aus einer Quarantäne sein kann.[216] Beachtet werden muss jedoch auch, dass zu Beginn der Infektion die Viruslast ebenfalls gering und der Ct-Wert hoch ist, sodass der Patient in wenigen Tagen hochansteckend werden kann.[217]
Lage von Nasopharynx (Nasenrachen) und Oropharynx (Mundrachen)
Die Wahrscheinlichkeit, mit Hilfe des RT-PCR-Tests einen Kranken auch korrekt als infiziert zu erkennen, hängt maßgeblich von der Entnahmeart des Materials ab (zum Unterschied zwischen „infiziert“ und „Infektion“ siehe dort). Der wegen seiner einfachen Durchführbarkeit meist praktizierte nasale Abstrich zeigte in einer kleinen chinesischen Studie bei 205 Patienten eine Sensitivität von 63 %. Der Nachweis aus der bronchoalveolären Spülflüssigkeit (bronchoalveoläre Lavage, BAL) erkannte das Virus in 93 % der Krankheitsfälle. Ebenso konnte bei wenigen Patienten auch ein Nachweis im Blut als Zeichen einer systemischen Infektion, einer Infektion bei der sich die Krankheitserreger durch Einschwemmung per Blutbahn über ein gesamtes Organsystem oder den ganzen Organismus ausbreiten, erbracht werden.[218]
Eine chinesische Studie an 1014 Patienten mit Lungenerkrankung während des Ausbruchs der Epidemie in Wuhan zeigte, dass positive (mit COVID-19 vereinbare) Computertomogramme (CTs) bei rund 88 % der Patienten nachgewiesen wurden und lediglich 59 % mittels PCR-Test. Bei den 413 mit RT-PCR negativ getesteten Personen wiesen sodann 75 % positive CT-Ergebnisse auf. Studienergebnis war, dass CTs als primäres Werkzeug zum sicheren Nachweis von COVID-19 taugen und eine höhere Diagnose-Sensitivität dafür aufweisen als ein RT-PCR-Test.[219]
Es ist daher wichtig, bei Proben der oberen Atemwege einen Abstrich des Nasenrachens (Nasopharynx) oder des Mundrachens Oropharynx (siehe Abbildung) zu nehmen. Nach Möglichkeit sollte dies durch eine Probe der unteren Atemwege (bronchoalveoläre Lavage, Sputum, Trachealsekret) ergänzt werden.[210][220] Der mit Rachenabstrichen vorgenommene PCR-Test ist nur in der ersten Woche zuverlässig. Anschließend kann das Virus im Rachen verschwinden, während es sich in der Lunge weiter vermehrt (entgegen der landläufigen Meinung „wandert“ das Virus nicht in die Lunge, sondern wird mit jedem Atemzug mit den inhalierten erregerbehafteten Tröpfchen in den gesamten Atemtrakt befördert, wo selbige an jeder Schleimhaut haften bleiben können, das Virus oder Bruchstücke davon sind bloß im Rachen nicht mehr nachweisbar, weil der lymphatische Rachenring als Teil des lymphatischen Systems seiner Aufgabe als Abwehrbarriere der oberen Atemwege nachgekommen ist). Bei Infizierten, die in der zweiten Krankheitswoche getestet werden, ist der PCR-Test anhand des Rachenabstrichs nicht zuverlässig positiv respektive auf den Gesamtstatus bezogen nicht zuverlässig negativ. Hilfsweise kann dann Probenmaterial per Absaugkatheter aus den tiefen Atemwegen entnommen oder ausgehustetes Material (Sputum) herangezogen werden.[221] Neben Fehlern bei der Probenahme können falsch-negative Ergebnisse durch eine zu geringe Viruslast im Probenmaterial, das Testkit oder bei dessen Verwendung auftreten.[213] Die Sensitivität der Abstrichuntersuchung ist dabei abhängig vom Zeitpunkt nach der Exposition mit dem Erreger. Am Tag des Symptombeginns testen rund 40 % der Patienten. Am achten Tag nach Exposition zeigte sich die beste Sensitivität mit rund 80 %.[222]
Antikörpertest[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Lateral-Flow-Test für Antikörpernachweis IgG und IgM; linkes Test-Kit: negativer Befund; rechtes Test-Kit: positiver Befund
→ Hauptartikel: Corona-Test#Antikörper-Tests
Das Virus kann auch durch eine Genomanalyse (RNA-Sequenzierung des Genoms) identifiziert werden.[210] Die NAAT-Methode (Nucleic Acid Amplification Technology) beruht ebenfalls auf der RT-PCR; das fertig zusammengestellte Assay ist jedoch einfacher in der Handhabung und lässt sich von entsprechend ausgestatteten Routine-Laboratorien verwenden.[210] Seit Februar 2020 gibt es ein derartiges Assay (Testkit) mit der Bezeichnung Centers for Disease Control and Prevention (CDC) 2019-Novel Coronavirus (2019-nCoV) Real-Time Reverse Transcriptase (RT)-PCR Diagnostic Panel.[223]
Der Antikörpernachweis als serologische Untersuchung wurde nach Angabe der WHO seit Mitte Januar 2020 entwickelt. In einer bisher nur als Preprint im April 2020 veröffentlichten Studie wurden drei kommerzielle ELISA-Tests und sechs kommerzielle Lateral-Flow-Tests evaluiert. Für die drei ELISA-Tests wurde die diagnostische Sensitivität (Richtig-positiv-Rate) zwischen 67 % und 93 % ermittelt, die Spezifität (Richtig-negativ-Rate) lag zwischen 93 % und 100 %. Falsch positive Ergebnisse gab es durch Kreuzreaktivität mit Serumproben, die Antikörper gegen andere Coronaviren (z. B. Humanes Coronavirus HKU1) sowie weitere Viren enthielten.[224] Weitere Details sind im Abschnitt Antikörpernachweis im Artikel zum Virus beschrieben.
Antigen-Schnelltests[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Positiver Antigen-Schnelltest: Links nach 15 Minuten sehr schwache Linie (damit dennoch positiv), derselbe Test nach 30 Minuten klar erkennbar (rechts).
Seit Herbst 2020 sind Antigen-Schnelltests verfügbar, die auf Proteine des SARS-CoV-2 reagieren. Sie werden in der Regel wie PCR-Tests aus in Nasen-Rachen-Abstrichen gewonnenem Material durchgeführt. Die Sensitivität dieser Tests ist geringer als die von PCR-Tests, die als Referenzmethode gelten.[225] Ihr Vorteil liegt in der geringeren Zeit des Testablaufs von 15 bis 30 Minuten, zudem können einige der Tests vor Ort durchgeführt werden.[226] Eine im November vorveröffentlichte Studie verglich sieben Antigen-Tests mit PCR-Tests und beschrieb, dass die Sensitivität der Tests sich mit Viruskonzentrationen deckte, wie sie typischerweise in der ersten Woche mit Symptomen beobachtet würde, die bei den meisten Patienten der Zeit der Infektiosität entspräche.[226] Laut Robert Koch-Institut bedarf ein positives Testergebnis zur Vermeidung falsch-positiver Befunde einer Nachtestung mittels PCR.[225] Ein negatives Ergebnis im Antigentest schließt eine Infektion nicht aus, insbesondere, wenn eine niedrige Viruslast vorliegt, wie z. B. in der frühen Inkubationsphase oder ab der zweiten Woche nach Symptombeginn bzw. in der späten Phase der Infektion.[225]
Als Alternative werden die gegenüber Antigen-Schnelltests erheblich sensitiveren und bei der Probenentnahme zudem mit einem geringeren Expositionsrisiko verbundenen PCR-Pooltests diskutiert. Hierbei werden die Probentupfer 30 Sekunden gelutscht (ugs.: Lolli-Test). Anschließend werden die Tupfer z. B. aller Schüler einer Schulklasse in einem einzigen Probenbehälter zusammengeführt (Pool) und dann kollektiv einem PCR-Test unterzogen (PCR-Pooltest). Im Falle eines positiven Ergebnisses werden dann alle Schüler der betroffenen Klassen einzeln mittels PCR getestet, um so die infizierten Schüler zu ermitteln.[227]
Bildgebende Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
HRCT eines 38-Jährigen mit typischen Lungenveränderungen
HRCT einer 50-Jährigen bei rasch fortschreitendem Krankheitsverlauf
Ob ein Mensch mit dem Virus infiziert ist, lässt sich durch die Bildgebung nicht feststellen. Jedoch lassen sich bei Patienten, deren Krankheit so schwer ist, dass sie eine Lungenentzündung hervorruft, diese bildgebend nachweisen. In der Bildgebung zeigen sich im CT milchglasartige Verdickungen, wie sie auch bei anderen viralen Lungenentzündungen vorkommen.[228][229] Diese Veränderungen lassen sich aufgrund ihrer oft pleuranahen Lage auch sonographisch darstellen.[230]
Einige Wissenschaftler vertreten die Ansicht, die Diagnostik COVID-19-typischer Lungenschäden mittels Bildgebung sei der Diagnostik per RT-PCR überlegen, da die CT-Bildgebung schneller erfolgen kann und die Veränderungen zuverlässiger entdeckt werden als durch den fehleranfälligeren Abstrichtest.[213] Radiologen aus Changsha berichteten aus einer Fallserie von 167 Patienten über fünf Patienten, bei denen zum Zeitpunkt einer durch Computertomographie gesicherten Lungenentzündung die RT-PCR für das Virus negativ ausfiel und der Virusnachweis erst nach mehrmaligen Tests im Verlauf der Erkrankung gelang.[231] In Zeiten einer Epidemie kann es als Triage-Strategie bei einem gehäuften Auftreten der Patienten sinnvoll sein, Verdachtsfälle mit typischer Bildgebung auch bei negativer RT-PCR wie COVID-19-Fälle zu behandeln, um die Einleitung einer Therapie nicht zu verzögern.[229]
Behandlungsmöglichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Dieser Abschnitt bedarf einer grundsätzlichen Überarbeitung: Diese Übersicht ist aufgrund von neuen Zulassungen und teils reduzierter/fehlender Wirkung bezüglich neuer Varianten nicht aktuell. Aktualisierung mittels aktueller Leitlinie/EMA/WHO nötig. Bitte hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung.
Behandlung von an COVID-19 Erkrankten in Osttimor
Eine echte kausale Therapie für COVID-19 gibt es, wie bei den meisten viralen Infektionen, bis heute nicht. Die meisten Behandlungsmethoden beschränken sich daher auf die Linderung von Symptomen (etwa durch Schmerzmittel und Entzündungshemmer wie Dexamethason), die Zufuhr zusätzlichen Sauerstoffs (non-invasive BIPAP-Beatmung), sowie die Unterstützung der Immunabwehr. Allerdings sind mittlerweile auch einige experimentelle virostatische / antivirale Medikamente sowie Antikörperpräparate zugelassen, die bei rechtzeitiger Gabe einen milderen Verlauf befördern können. Zudem werden Lungen- und Herz-Kreislauf-Medikamente sowie dämpfende Immunmodulatoren zum Schutz der Organe eingesetzt.[232] Im Falle eines schweren Verlaufs mit akutem Lungenversagen erfolgt eine intensivmedizinische, maschinelle Beatmung im künstlichen Koma nach Intubation (ggfs. in Bauchlagerung).
Hierbei gelten die üblichen Prinzipien der Beatmungstherapie bei Viruspneumonie. Es wird eine konservative Volumentherapie empfohlen, um eine Überwässerung des Patienten und die Gefahr eines zusätzlichen Lungenödems zu vermeiden. Im Rahmen des erweiterten hämodynamischen Monitorings sollte der Blutfluss kontinuierlich überwacht sowie nach Möglichkeit das extravaskuläre Lungenwasser bestimmt werden. Eine non-invasive Beatmung über hochvolumigen Sauerstoff birgt die Gefahr einer Aerosolierung des Virus und damit eine erhöhte Ansteckungsgefahr für das am Patienten arbeitende Personal.[233]
Die European Respiratory Society (ERS) empfiehlt die Verabreichung systemischer Corticosteroide bei Patienten, die eine zusätzliche Sauerstoff- oder Beatmungsunterstützung erfordern. Aufgrund des erhöhten Thrombose- und Lungenembolierisikos bei COVID-Patienten[234] wird zudem eine Antikoagulation (Blutgerinnungshemmung) mittels niedermolekularem oder unfraktioniertem Heparin bei allen krankenhauspflichtigen COVID-Patienten über den gesamten Krankheitsverlauf empfohlen. Diese sollte möglichst frühzeitig nach Aufnahme eingeleitet werden. Eine Blutgerinnungshemmung in voller therapeutischer Dosis wird bei allen stationär behandelten Patienten mit Risikofaktoren für ein thrombotisches Ereignis empfohlen. Bei einer Verschlechterung zur Intensivpflichtigkeit soll diese nach Ausschluss einer Thrombose jedoch wieder auf eine prophylaktische Dosis zurückgefahren werden. Eine Empfehlung zur routinemäßigen Antikoagulation ambulant behandelter Patienten besteht nicht.[235]
Am 5. Oktober 2021 erschien eine S3-Leitlinie der AWMF mit Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19,[236] die am 1. März 2022 aktualisiert wurde, u. a. um Empfehlungen zur ambulanten Therapie in der Frühphase.[237][238] Auf der Website der EMA findet sich eine ständig aktualisierte Übersicht über den Zulassungsstand der derzeit untersuchten Arzneimittel.[239]
Übersicht über (experimentelle) Medikamente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Name / Wirkstoff(e)
Beschreibung
Zulassungsstatus[240]
Produzent / Entwickler
Anmerkungen
Remdesivir
intrazellulär wirksames antivirales Medikament, RNA-Polymerase-Hemmer
EU: zugelassen seit 3. Juli 2020;
USA: zugelassen seit 22. Oktober 2020
Gilead, WHO, INSERM, NIAID
Das Nukleosidanalogon Remdesivir zeigte in einer vorläufig veröffentlichten, randomisierten Studie eine Verkürzung der Krankheitsdauer bei hospitalisierten Patienten.[241] Das Medikament ist in der EU für COVID-19-Patienten, die Sauerstoff benötigen, zugelassen[242] Da sich der Nutzen des Medikaments in weiteren Studien nicht bestätigen ließ, wird Remdesivir laut aktueller Leitlinie der European Respiratory Society (ERS) aber nicht empfohlen.[243] Die interdisziplinäre Leitlinie der unter Federführung der DIVI rät aufgrund vom Einsatz bei Patienten ohne Sauerstoffbedarf und invasiv beatmeten Patienten ab. Bei Patienten mit Sauerstoffgabe ohne invasive Beatmung wird aufgrund der Datenlage keine Empfehlung für oder gegen das Medikament gegeben.[244] Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den Nutzen des Medikaments im September 2021 für bestimmte Patientengruppen positiv bewertet.[245]
Casirivimab + Imdevimab
Monoklonale Antikörper
EU: für Covid-19-Prophylaxe und Therapie von Covid-19-Patienten seit dem 12. November 2021 zugelassen;
USA: Notfall-Zulassung seit 21. November 2021
Regeneron, Roche, Oxford
→ Hauptartikel: Casirivimab/Imdevimab
Die Leitlinie der DIVI gibt eine schwache Empfehlung für den frühzeitigen Einsatz des gegen das Virus gerichteten Antikörpermedikaments Casirivimab/Imdevimab bei hospitalisierten Patienten ab, die noch keine messbaren IgG-Antikörper gegen das Virus entwickelt haben.[246] Die Leitlinie des RKI sieht auch ein Potential beim Einsatz von ambulanten Patienten mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf.[247]
Hydroxychloroquin bzw. Chloroquin
Antiparasitikum
[248][249]
CEPI, WHO, INSERM
Chloroquin und Hydroxychloroquin zeigten zunächst erfolgversprechende Ergebnisse bei In-vitro-Studien in Zellkultur.[250] Die weitere Untersuchung von Hydroxychloroquin wurde in der SOLIDARITY-Studie gestoppt, da sich keine Hinweise auf eine Wirksamkeit zeigten.[251] Die US-Arzneimittelbehörde FDA zog ihre notfallmäßige Zulassung des Medikaments für COVID-19 im Juni 2020 zurück.[252] Im Tiermodell zeigte sich mit verschiedenen Behandlungszeitpunkten kein Einfluss auf die Viruslast, die Zeitdauer bis zur Entfernung des Virus aus dem Organismus oder ein schützender Effekt gegen die Infektion.[253] An Lungenepithelzellen in Kultur konnte keine Wirkung nachgewiesen werden. Auch an Verozellen, denen TMPRSS2 gentechnisch eingebaut wurde, konnte keine Verhinderung der Infektion nachgewiesen werden.[254] In zwei vergleichenden Studien mit insgesamt mehr als 5000 hospitalisierten Teilnehmern wurde in mit Hydroxychloroquin behandelten Gruppen eine etwas höhere Sterblichkeit als in Kontrollgruppen beobachtet.[255][256][257] Das RKI rät vom Einsatz von Chloroquin und Hydroxychloroquin außerhalb von klinischen Studien explizit ab.[247] Auch die ERS spricht sich gegen die Verabreichung von Hydroxychloroquin in Kombination mit Lopinavir-Ritonavir aus.
Sotrovimab
Monoklonaler Antikörper
EU: für die Behandlung seit 17. Dezember 2021 zugelassen;[258][259]
USA: Notfall-Zulassung seit 26. Mai 2021
GSK und Vir Biotechnology
Sotrovimab wurde so konzipiert, dass es an das Spike-Protein von SARS-CoV-2 (dem Virus, das COVID-19 verursacht) bindet. Wenn Sotrovimab an das Spike-Protein bindet, kann das Virus nicht in die Körperzellen eindringen.[258]
Regdanvimab
Monoklonaler Antikörper
EU: für die Behandlung seit 12. November 2021 zugelassen;
USA: Notfall-Zulassung seit 21. April 2021
Celltrion
Tixagevimab + Cilgavimab
Monoklonale Antikörper
EU: für Prävention im Rolling Review seit 14. Oktober 2021;
USA: Notfall-Zulassung für Prävention bei Ungeimpften seit 8. Dezember 2021
AstraZeneca
Molnupiravir
intrazellulär wirksames antivirales Medikament, RNA-Polymerase-Hemmer
EU: im Rolling Review ab 25. Oktober 2021;
USA: zugelassen seit 23. Dezember 2021
MSD
Die EMA publizierte ein Advice on Use.[260] Das Medikament wurde und wird unter Mitwirkung deutscher Kliniken erprobt. Das deutsche Bundesgesundheitsministerium hat ein Kontingent des Medikaments bestellt; der Einsatz ist gemäß der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV) genehmigt.[261]
Nirmatrelvir + Ritonavir
intrazellulär wirksames antivirales Medikament, Virus-Protease 3CLpro-Hemmer
EU: zugelassen seit 28. Januar 2022;
USA: Notfall-Zulassung seit 22. Dezember 2021
Pfizer
EMA publizierte schon vor der Zulassung ein Advice on Use.[262] Die deutsche Regierung hat 1 Million Packungen des Medikaments bestellt.[263]
Dexamethason
immundämpfendes Medikament (Glucocorticoid)
EU: zugelassen seit 8. September 2020
Merck KGaA, Winthrop
Mitte Juli 2020 veröffentlichte die britische Studiengruppe RECOVERY[264] vorläufige Studiendaten, denen zufolge Dexamethason die Sterberate bei Patienten an Beatmungsgeräten von 41 % auf 29 %, für Patienten mit Sauerstoffversorgung von 26 % auf 23 % reduziert. Bei Patienten, die keine Sauerstoffgabe benötigten, zeigte eine Behandlung mit Dexamethason keine positive Wirkung.[265] Dexamethason bremst die überschießende Reaktion des Immunsystems, den Zytokinsturm.[266] Das RKI empfiehlt den Einsatz von Dexamethason bei jeder Form der Sauerstoffpflichtigkeit, unabhängig ob eine invasive oder nicht-invasive Beatmungstherapie besteht. Von einem Einsatz im frühen Krankheitsverlauf wird aufgrund der Möglichkeit einer Prognoseverschlechterung abgeraten.[235]
Favipiravir
antivirales Influenza-Medikament
[267]
Fujifilm
[268][269][270]
Lopinavir / Ritonavir mit oder ohne Interferon Beta-1a
antivirales Medikament, Immunsuppressivum
[271]
CEPI, WHO, Oxford, INSERM
[268][272]
Sarilumab
Monoklonaler Antikörper, IL-6-Antagonist
[273]
Regeneron-Sanofi
[268][274]
Tocilizumab
immundämpfendes Medikament, IL-6-Antagonist, Monoklonaler Antikörper
EU: zugelassen seit 7. Dezember 2021;
USA: Notfall-Zulassung 25. Juni 2021
Genentech-Hoffmann-La Roche
Tocilizumab, ein monoklonaler Antikörper, der unter anderem zur Behandlung verschiedener Formen von rheumatoider Arthritis und dem Zytokin-Freisetzungssyndrom[275] zugelassen ist, wurde auf seine Wirksamkeit bezüglich COVID-19 untersucht. Dabei zeigte sich kein Einfluss auf die Sterblichkeit oder den klinischen Zustand. Jedoch zeigten sich Hinweise auf eine Reduktion des Risikos einer Beatmungspflichtigkeit. Aufgrund der Datenlage empfiehlt das RKI den Einsatz möglichst nur im Rahmen klinischer Studien. Eine Off-Label-Use in der hyperinflammatorischen Phase der Erkrankung ist möglich.[247] Die ERS empfiehlt den Einsatz von Tocilizumab und anderen Medikamenten dieser Substanzklasse bei Patienten, deren Atmung durch Sauerstoffgabe oder eine Beatmung unterstützt werden muss.[243]
Anakinra
immundämpfendes Medikament, Interleukin-1-Rezeptorantagonist
EU: zugelassen seit 20. Dezember 2021
Sobi
Baricitinib
immundämpfendes Medikamen, Januskinase-1/2-Inhibitor
EU: im Zulassungsverfahren seit 29. April 2021;
USA: Notfall-Zulassung seit 19. November 2020
Eli Lilly
Bamlanivimab
Monoklonaler Antikörper
Eli Lilly
Im November 2020 erhielt der monoklonale Antikörper Bamlanivimab (Lilly) in den USA die Notfallzulassung für die Behandlung eines leichten bis mittelschweren Erkrankungsverlaufs, wenn aufgrund von Vorerkrankungen oder des Alters ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf vorliegt.[276] Die Leitlinie der DIVI trifft die Aussage, dass der Einsatz bei früh hospitalisierten Patienten ohne Atemwegssymptome mit mindestens einem Risikofaktor für einen schweren Verlauf erfolgen könne. Für Patienten mit einem fortgeschrittenen Verlauf bestehe kein Nachweis eines Nutzens.[277]
Dapagliflozin
SGLT-2-Hemmer
[278]
Saint Luke’s Mid America Heart Institute, AstraZeneca
[268][279]
Tofacitinib
JAK-Hemmer, Zytostatikum
[280]
Pfizer
Ruxolitinib
JAK-Hemmer, Zytostatikum
[281]
Novartis
Sabizabulin
Mitosehemmer, Zytostatikum
[282][283]
Veru Inc.
Bedingt empfohlen wird von der ERS eine monoklonale Antikörperbehandlung mit Interleukin-6-Rezeptor-Antagonisten und die Assistierte Spontanatmung oder CPAP-Beatmung bei Patienten mit Hypoxämie. Unter Vorbehalt spricht sie sich gegen die Verwendung von Azithromycin, Colchicin und Remdesivir aus, insbesondere bei Patienten, die intubiert beatmet werden müssen. Nicht empfohlen wird Remdesivir bei Patienten, die eine ergänzende Sauerstoffgabe benötigen.[284]
Antikörperreiches Plasma genesener Patienten scheint geeignet, Akutfälle zu therapieren, kann aber einen Erfolg nur in der Frühphase der Erkrankung belegen.[285] Bisher gibt es keine Zulassung für den Einsatz von Rekonvaleszentenplasma. Es gibt jedoch Hinweise auf einen möglichen günstigen klinischen Effekt und eine geringere Sterblichkeit bei Patienten mit schwerer Erkrankung. Ebenso wird eine frühere Viruselimination erreicht. Das RKI empfiehlt den Einsatz von Rekonvaleszentenplasma im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien oder individuellen Heilversuchen in Rücksprache mit einem erfahrenen Zentrum.[235] Nach Leitlinie der DIVI soll Rekonvaleszentenplasma bei Krankenhauspatienten nicht eingesetzt werden. Ob einige Patientengruppen davon profitieren könnten, sei aufgrund der Datenlage unklar.[286]
Die frühzeitige inhalatorische Gabe puderförmigem Budesonid in hoher Dosierung konnte in einer Studie eine Verkürzung der Erkrankungsdauer und eine Senkung der Wahrscheinlichkeit einer Krankenhausaufnahme belegen. Dies konnte jedoch bisher nicht reproduziert werden. Aufgrund der Datenlage rät die Fachgruppe COVRIIN beim RKI vom Einsatz des Medikaments bei COVID-19 ab.[247] Die Leitlinie der US-amerikanischen NIH bewertet die Datenlage als nicht ausreichend um eine Empfehlung für oder gegen den Einsatz des Medikaments zu geben.[287]
Verschiedene Studien erforschten, ob Vitamin D zur Behandlung einer akuten COVID-19-Erkrankung geeignet ist. Nach Einschätzung von Gesundheitsbehörden z. B. in USA, England und Deutschland sowie eines Cochrane-Metaanalyse gab es hierfür Anfang 2021 keine ausreichende Evidenz.[288][289][247][290] Auch eine Metastudie über 11 Kohortenstudien und zwei klinische Studien fand Ende 2021 keinen Zusammenhang.[291]
331 Therapeutika sind derzeit noch in der Erprobung (Stand: 20. Juni 2021)[292], wie beispielsweise EXO-CD24, Sotrovimab oder Molnupiravir. Zudem werden mehr als 634 verschiedene Medikamente darauf erprobt, ob sie auf die eine oder andere Weise hilfreich gegen Covid-19 sein können.[232][293]
Heilungsaussicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Infizierten-Verstorbenen-Anteil je Lebensalter (blaue Kurve) – Metastudie Ende 2020auf Basis von 27 Einzelstudien, mit 95 %-Vorhersageintervall (grau)[294]
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Abschätzung des Sterberisikos[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Es gibt drei verschiedene Kennzahlen, um das Sterberisiko der Erkrankung zu beschreiben:
Der Infizierten-Verstorbenen-Anteil (IFR) beschreibt den Anteil der an der Erkrankung Verstorbenen an der Gesamtzahl aller Infizierten. Diesem Anteil kann man sich durch Schätzungen nähern.[295] Je nach Land oder Region variieren die Schätzungen des Infizierten-Verstorbenen-Anteils in Abhängigkeit verschiedener landesspezifischer Parameter, wie z. B. der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems, der Altersstruktur der Bevölkerung oder sich unterscheidender Stichprobenentnahmeverfahren.[296]
Der Infizierten-Verstorbenen-Anteil steigt mit dem Alter exponentiell, von 0,002 % mit 10 Jahren, 0,01 % mit 25 Jahren, 0,4 % mit 55 Jahren, 1,4 % mit 65 Jahren, 4,6 % mit 75 Jahren, 15 % mit 85 Jahren, und mehr als 25 % mit 90 Jahren oder älter, so eine Metaanalyse auf Basis von 27 Einzelstudien vom Dezember 2020 (s. Abb.). Danach sei COVID-19 auch für Menschen mittleren Alters immer noch gefährlicher als das Risiko eines Autounfalls. Gezielte Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen bei Älteren könnten die Anzahl der Todesfälle wesentlich reduzieren.[294]
Das RKI schätzte im Juli 2021 aufgrund der Meldedaten und der durch Studien eruierten Dunkelziffer den Infizierten-Verstorbenen-Anteil für Deutschland auf rund 0,4–0,6 %.[297]
Die Sterblichkeit hängt auch von der Verfügbarkeit von Betten in Krankenhäusern und auf Intensivstationen ab.[298][299]
Eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse vom September 2020 schätzte unter Einbezug von 111 Studien aus Industriestaaten (OECD-Mitglieder) den Infizierten-Verstorbenen-Anteil über verschiedene Bevölkerungen hinweg auf 0,68 % (95 %-Konfidenzintervall [0,53–0,82 %]). Dieser könne nach Alter und zugrundeliegenden Vorerkrankungen in der Population deutlich schwanken; ebenso könne das Sterberisiko durch Nichtmeldung von Todesfällen unterschätzt werden.[300]
Der Fall-Verstorbenen-Anteil (CFR) bezieht sich auf die Zahl verstorbener gemeldeter Fälle durch die Zahl der insgesamt gemeldeten Fälle. Dadurch ist diese Zahl stark von der Effizienz des Diagnostik- und Meldesystems abhängig und kann die tatsächliche Letalität sowohl über- als auch unterschätzen.[11]
Eine Schätzung des ECDC ging Ende April 2020 für ganz Europa noch von einem Fall-Verstorbenen-Anteil von 10,5 % aus.[301] Das RKI gab den Fall-Verstorbenen-Anteil auf Basis der deutschen Meldedaten bis Anfang Juni 2021 mit 2,4 % an, den Anteil der Verstorbenen an den im Meldesystem erfassten symptomatisch Erkrankten gab das RKI mit 6,2 % an.[297]
Der symptomatische Fall-Verstorbenen-Anteil (sCFR) ist der Anteil infizierter Personen, die Symptome zeigen und die im Verlauf ihrer Infektion versterben. Dieser Anteil ist klinisch relevant für die Beurteilung der Prognose der Anforderungen an das Gesundheitswesen.[295] Laut dem Robert Koch-Institut ist zu der tatsächlichen Zahl der Erkrankten keine gesicherte Aussage möglich.[11] Es existieren verschiedene Möglichkeiten zur Schätzung dieses Anteils.
Risiko Krankenhaus-Einweisung ggü. 40–44-Jährigen (dunkelblau),um Vorerkrankungen bereinigt (hellblau), mit 95 %–Vertrauensbereichen (grau)[302]
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Abschätzung des Risikos der Krankenhauseinweisung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Vor allem mit höherem Alter nimmt das Risiko einer Krankenhaus-Einweisung durch COVID-19 zu, gegenüber 40–44-Jährigen auf das Fünffache (s. Abb.). Neben dem Alter erhöhen vorhandene Vorerkrankungen wie Down-Syndrom, geistige Behinderung, Nierentransplantation, Lungentransplantation, Nierenversagen mit Dialyse und Lungenkrebs das Risiko auf das Drei− bis Siebenfache, so eine Studie vom September 2021 auf Basis der 66 Millionen Einwohner Frankreichs.[302]
Forschungsstand zu Spätfolgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Long COVID
Aus den radiologischen Befunden eines Fallberichts haben taiwanische Ärzte geschlossen, dass wie bei SARS Spätfolgen an der Lunge im Sinne von fibrotischen Veränderungen möglich sind.[29][30] Aufgrund eines Falles von durch SARS-CoV-2 ausgelöster viraler Encephalitis und der Erfahrungen mit anderen Coronaviren stellen Forscher aus Peking die Möglichkeit einer Langzeitpersistenz des Virus in Nervenzellen in den Raum, welche zu neurologischen Folgeerkrankungen führen könnte.[31] Ein Review über COVID-19 und die Beteiligung am Herzen von US-amerikanischen Ärzten zieht die Möglichkeit von herzbedingten Spätfolgen in Betracht und beruft sich dabei auf die Erfahrungen mit SARS sowie einen italienischen Fallbericht einer tödlich verlaufenden Herzmuskelentzündung nach Ausheilung der Erkrankung.[28] In einer Studie an 100 Patienten zeigte eine Mehrheit der Patienten in der Magnetresonanztomografie auch nach symptomatischer Ausheilung von COVID-19 eine messbare Entzündung des Herzmuskels. Wegen der kleinen Untersuchungsgruppe und der Art der Auswahl der Untersuchten ist aber unklar, inwieweit diese Patienten für die Gesamtzahl der Erkrankungen repräsentativ sind.[303]
Eine Studie an 384 aus dem Krankenhaus Entlassenen stellte rund zwei Monate nach der Entlassung eine hohe Rate von Patienten fest, die weiterhin Beschwerden hatten. Mehr als die Hälfte klagte über Müdigkeit, rund die Hälfte über Atemnot und etwa ein Drittel über anhaltenden Husten. Bei rund einem Drittel fand man bei einer Blutuntersuchung erhöhte D-Dimer-Werte, eine Folge von Blutgerinnung und darauf folgender Fibrinolyse (Gerinnselauflösung). Bei 38 % zeigten sich abnorme Röntgenbefunde, bei 9 % waren diese schlechter als zum Entlasszeitpunkt.[304]
Wie bei anderen Infektionskrankheiten mit Lungenentzündung kann die Genesung lange dauern. Nach einer akuten Erkrankung können Wochen oder Monate später noch Beschwerden vorhanden sein oder neu auftreten. Neben organspezifischen Langzeitfolgen, die aus der Behandlung einer schweren Erkrankung resultieren, werden längerfristige Müdigkeitserscheinungen, Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen, Schwindel und Übelkeit auch bei milderen Verläufen beobachtet. Daten aus England deuten darauf hin, dass rund 40 % der Krankenhauspatienten längerfristig medizinische Hilfe benötigen und rund 10 % der nicht im Krankenhaus Behandelten mehr als vier Wochen Beschwerden haben.[305] Nach einer Studie von Forschern des University College London hielten die Symptome bei etwa 2 % der an Covid-19 Erkrankten länger als 12 Wochen an.[306]
Immunität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine durchgemachte Infektion mit SARS-CoV-2 induziert eine Immunantwort gegen das Virus. Antikörper verschiedener Klassen sind im Mittel rund zwei Wochen nach Beschwerdebeginn feststellbar. Diese umfassen Antikörper gegen das Spike-Protein und auch das Nukleokapsid des Virus.[307] Rund ein Zehntel der Infizierten bildet keine messbaren Antikörper. Die Höhe der Antikörperspiegel korreliert mit der Krankheitsschwere.[308] Ebenso lassen sich auch gegen das Spike-Protein reaktive T-Zellen und B-Zellen nachweisen. Rund sechs bis acht Monate nach der Erkrankung lassen sich diese Parameter weiterhin nachweisen, wobei die Menge der Antikörper rasch absinkt. Es ist weiterhin unklar, inwieweit diese Parameter einen Schutz gegen eine Infektion oder schwere Erkrankung verleihen. Antikörper, die das Virus im Laborversuch neutralisieren, werden mit einem Schutz gegen eine schwere Erkrankung in Verbindung gebracht. Ein Schwellenwert, ab dem sie vor einer schweren Erkrankung oder Infektion schützen, ist bisher nicht gesichert.[307]
Wiederansteckungen nach durchgemachter Infektion sind möglich. Dies ist abzugrenzen von Personen, bei denen sich nach durchgemachter Erkrankung noch länger Erbmaterial des Virus nachweisen lässt. Das CDC trifft die Aussage, dass die Dauer der Immunität noch unklar sei, empfiehlt aber drei Monate nach gesicherter Infektion keine erneute Testung auf das Erbmaterial des Virus.[309] Das ECDC ordnet die Datenlage dergestalt ein, dass ein vor Infektion schützender Effekt der durchgemachten Infektion von 81–100 % über einen Zeitraum von fünf bis sieben Monaten nachgewiesen ist.[308]
Auf Basis der Daten aus dem deutschen Meldesystem berichtet das RKI, dass gemeldete Wiederansteckungen seltene Ereignisse sind. Aufgrund der Erfahrungen mit anderen Coronaviren sei es jedoch denkbar, dass nicht-diagnostizierte Wiederansteckungen nicht ungewöhnlich sein könnten.[307]
Eine frühe Bildung von virusreaktiven T-Zellen scheint mit einem leichten Krankheitsverlauf zu korrelieren. Dagegen wurden Störungen der B-Zell-Reifung bei schweren Verläufen beobachtet.[307] Im Laborversuch konnten Kreuzreaktivitäten zwischen anderen beim Menschen vorkommenden Coronaviren sowohl auf Ebene der Antikörper als auch der zellulären Immunantwort nachgewiesen werden. Die Studienlage, inwieweit dies die Ansteckungswahrscheinlichkeit oder den Krankheitsverlauf beeinflusst, ist widersprüchlich.[307]
Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Siehe auch: AHA-Formel
Individuelle Hygienemaßnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Maßnahme während der COVID-19-Pandemie
Richtiges und falsches Niesen und Husten
Empfehlungen des deutschen Robert Koch-Instituts (RKI)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichte am 28. Januar 2020 Empfehlungen, wie jeder Einzelne sich und andere vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 schützen kann:
Jeder sollte auf eine gründliche Händehygiene achten. In erster Linie erfordert diese regelmäßiges Händewaschen, mindestens 20 Sekunden lang und mit Seife. Die Hände sollten zumindest beim Nach-Hause-Kommen, vor und nach dem Essen, vor und nach Kontakt mit anderen Personen, nach der Toilettenbenutzung und nach dem Niesen oder Husten gewaschen werden.
Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes oder einer Alltagsmaske in der Öffentlichkeit.
Nach Kontakt mit möglicherweise viral kontaminierten Oberflächen, wie zum Beispiel Griffelementen in öffentlichen Verkehrsmitteln oder von Einkaufswagen in Supermärkten, sollten die Hände mit einem geeigneten Desinfektionsmittel desinfiziert werden.
Zu anderen Personen sollte mindestens 1,5 bis 2 Meter Abstand gehalten werden. Grundsätzlich sind unmittelbare Körperkontakte, wie das Händeschütteln, Küssen oder ähnlich intensive Körperkontakte, sowie größere Menschenmengen zu vermeiden.[310]
Da beim Sport und allgemein beim Bewegen in der Öffentlichkeit ein Abstand von nur zwei Metern meist nicht ausreichend ist, um eine Ansteckung durch Tröpfcheninfektion zu verhindern, sollte darauf geachtet werden, dass der Abstand zu anderen größer ist; das gilt insbesondere, wenn man sich im Windschatten eines anderen befindet.[311]
Beim Singen oder Musizieren mit Blasinstrumenten soll ein Mindestabstand von drei Metern eingehalten werden.
Das Husten oder Niesen sollte möglichst in die Armbeuge erfolgen, keinesfalls in die Hand.
Geschlossene Räume sind bei Anwesenheit von mehreren Personen alle 20 Minuten mittels fünfminutigem Stoßlüften zu lüften.[8] Lüftungsgeräte mit einem HEPA-Filter H14 (Abscheidegrad > 99,995 Prozent) werden empfohlen. Die Raumluftqualität kann hierbei auch mit Hilfe von Kohlenstoffdioxidmessungen überwacht werden. Der durch die ausgeatmete Luft angereicherte mittlere Gehalt an Kohlenstoffdioxid soll im Mittel nicht höher als 1000 parts per million liegen[312] und kann beispielsweise mit Hilfe von CO2-Messgeräten ermittelt und angezeigt werden.
Angesichts einer sich anbahnenden 3. Welle in Deutschland gab das RKI am 31. März 2021 aktualisierte Empfehlungen für den Alltag heraus. In Form von acht „Tipps“ wurde betont[313]:
das Social Distancing auch beim Besuch von Freunden einhalten;
besser im Freien statt in Innenräumen treffen;
im Fall eines Treffens in Innenräumen Abstand halten, Maske tragen und regelmäßig lüften: alle 20 Minuten die Fenster für 5 Minuten weit öffnen;
von Freizeitreisen absehen;
bei Symptomen zuhause bleiben und ärztlichen Rat einholen;
bei positivem PCR-, Schnell- oder Selbsttest allen kürzlich getroffenen Personen Bescheid geben; außerdem einen positiven Schnell- oder Selbsttest mit einem PCR-Test überprüfen lassen;
auch bei negativem Schnell- oder Selbsttest die AHA+L-Regeln (Abstand, Hygiene, im Alltag Maske tragen, Lüften) einhalten;
eine angebotene Impfung annehmen.
Zusätzliche Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt zusätzlich:[314]
Augen, Nase oder Mund nicht mit ungewaschenen Händen zu berühren;
zuhause zu bleiben, wenn man selbst oder ein Mitbewohner sich krank fühlt – auch bei milden Symptomen (wie z. B. leicht laufender Nase oder Kopfschmerzen);
bei Krankheitssymptomen keinesfalls persönlich eine Praxis oder ein Krankenhaus aufzusuchen, sondern vorher dort anzurufen, um weiteren Anweisungen zu folgen.[315]
Hinweise des deutschen Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei Symptomen oder Beschwerden, die auf eine Infektion mit dem Coronavirus hinweisen könnten, sollte zunächst der Hausarzt angerufen werden; außerhalb der Öffnungszeiten der Hausarztpraxis kann in Deutschland der ärztliche Bereitschaftsdienst angerufen werden: »Rufnummer: 116 117«. Außerdem sollte man sich zuhause isolieren, um nicht weitere Menschen anzustecken.[316][317][318] Bei akuten Notfällen soll der Notruf: »Rufnummer: 112« angerufen werden. Das deutsche Bundesministerium für Gesundheit (BMG) warnt, dass niemand aus Angst vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 („Coronavirus“) bei schwerwiegenden Krankheitssymptomen auf ärztliche Behandlung verzichten soll: „In den letzten Wochen haben wir beobachtet, dass sich deutlich weniger Patientinnen und Patienten z. B. mit einem akuten Herzinfarkt vorstellen. Dabei zählt gerade beim Infarkt jede Minute. Die Wahrscheinlichkeit, an einem Herzinfarkt zu sterben ist hoch, wenn man sich nicht rechtzeitig meldet. Die Wahrscheinlichkeit, sich [beim Arzt oder im Krankenhaus] mit dem Coronavirus zu infizieren, ist gering.“[319]
Empfehlungen der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt, sich beim Husten, Niesen oder Naseputzen sofort von anderen Menschen abzuwenden und möglichst in ein Taschentuch zu niesen/husten, das danach sofort entsorgt werden muss, sowie sich anschließend gründlich die Hände zu waschen.[320]
Corona-Apps zur Kontaktverfolgung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Verlauf des Jahres 2020 wurden mehrere Corona-Apps zur Kontaktverfolgung entwickelt, um Infektionsketten nachzuvollziehen. In Deutschland sind dies die Corona-Warn-App und die Luca-App, deren Gebrauch vom RKI dringend empfohlen wird.
Empfehlungen von Virologen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Virologe Christian Drosten hat empfohlen, insbesondere in den Tagen vor einem Familientreffen mit älteren Menschen soziale Kontakte weitgehend zu verringern, indem man zum Beispiel Besprechungen vermeidet oder im Home-Office arbeitet („Vorquarantäne“).[321]
WHO-Studie, Juni 2020[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mit einer Studie, die durch die WHO in Auftrag gegeben wurde, wurde systematisch der optimale Einsatz der genannten Schutzmaßnahmen untersucht. Ein internationales Forscherteam hat erstmals untersucht, wie sich körperliche Distanz, Gesichtsmasken und Augenschutz auf die Verbreitung von COVID-19 auswirken. Die Recherche ergab 172 Beobachtungsstudien in 16 Ländern und sechs Kontinenten ohne randomisierte kontrollierte Studien und 44 relevante Vergleichsstudien im Gesundheitswesen und außerhalb des Gesundheitswesens (n = 25.697 Patienten). Die Übertragung von Viren war bei einer physischen Entfernung von 1 m oder mehr geringer als bei einer Entfernung von weniger als 1 m. Der Schutz erhöhte sich, wenn die Entfernung vergrößert wurde. Die Verwendung von Gesichtsmasken kann zu einer starken Verringerung des Infektionsrisikos führen mit stärkeren Assoziationen zu N95 oder ähnlichen Atemschutzmasken (FFP2) im Vergleich zu chirurgischen Einwegmasken oder ähnlichen, beispielsweise wiederverwendbaren Masken. Die Ergebnisse dieser systematischen Überprüfung und Metaanalyse unterstützen eine physische Distanzierung von 1 m oder mehr und liefern quantitative Schätzungen für Modelle und Kontaktverfolgungen, um die politischen Entscheider zu informieren.
So betrug das Infektionsrisiko bei Personen, die mehr als einen Meter von der infizierten Person entfernt stehen, 3 Prozent gegenüber 13 Prozent bei einer Entfernung von einem Meter. Mit jedem weiteren Meter Distanz (bis 3 Meter Abstand) wurde das Risiko noch einmal halbiert. Eine körperliche Distanz von mehr als 1 Meter sowohl im Gesundheitswesen als auch in der Gesellschaft reduziert das Ansteckungsrisiko um 82 Prozent. Mit Augenschutz betrug das Infektions- oder Übertragungsrisiko 6 Prozent gegenüber 16 Prozent ohne Augenschutz. Für den Augenschutz ermittelten die Forscher insgesamt eine Schutzwirkung von 78 Prozent. Ein Mund-Nasen-Schutz senkt das Infektionsrisiko laut der Studie um 85 Prozent. Teilchen filtrierende Masken wie N95 (etwa „gauze masks“ oder wiederverwendbare Masken mit 12 bis 16 Lagen Baumwollstoff) könnten Beschäftigten in Gesundheitseinrichtungen möglicherweise einen besseren Schutz bieten als OP-Masken. Baumwollstoffmasken seien dabei auch für die Bevölkerung geeignet. Diese erreichten in einer Unteranalyse eine Schutzwirkung von 96 Prozent. Keine dieser Interventionen biete jedoch, selbst wenn sie richtig eingesetzt und kombiniert werden, einen vollständigen Schutz vor einer Infektion.[322]
Flächenreinigung und Desinfektion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Desinfektionen auf einer Straße in Osttimor
Da die in Seife und Reinigungsmittel üblicherweise enthaltenen Tenside die Fetthülle von Coronaviren zerstören, reichen diese Tenside im Alltag aus, um Hände und andere Oberflächen weitgehend von Krankheitserregern zu befreien.[323][324] Eine routinemäßige Flächendesinfektion in häuslichen und öffentlichen Bereichen wird vom RKI nicht empfohlen; eine im Einzelfall nötige Desinfektion sollte als Wisch- und nicht als Sprühdesinfektion durchgeführt werden, da letztere weniger effektiv sei und das Desinfektionsmittel eingeatmet werden könne. Alkoholbasierte Produkte sollten aus Brandschutzgründen nur auf kleinen Flächen angewendet werden.[323]
Schutzmaske als Mittel zur Prävention[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Personen mit Mund-Nasen-Masken in Brasilien
→ Hauptartikel: Alltagsmaske und Mund-Nasen-Schutz
Eine experimentelle Studie von 2008 kommt zu dem Schluss, dass jede Art von Alltagsmaske selbst bei ungenügendem Sitz oder bei improvisiertem Material eine Virusexposition möglicherweise vermindert. Die Autoren schließen daraus, dass das generelle Tragen von Masken durch die Bevölkerung die Übertragung von Atemwegserkrankungen vermindern könne.[325]
In Ostasien gilt die Verwendung von Masken für die Allgemeinbevölkerung als zentrales Element der Prävention. Im März 2020 empfahlen Mediziner aus Hong Kong anderen Ländern, diese Praxis ebenso einzuführen.[326] Die US-amerikanische CDC empfahl unter Berufung auf die aktuelle Studienlage[327] allen Bürgern, in der Öffentlichkeit Mund und Nase zu bedecken.[328][329] Eine Übersicht über den Umgang mit und die Einschätzung von Gesichtsmasken in verschiedenen Ländern hat die Zeitschrift The Lancet erstellt.[330]
Obwohl die Wirksamkeit einer Mund-Nasen-Bedeckung als allgemeine Hygienemaßnahme kaum angezweifelt wird, ist die wissenschaftliche Datenlage mit randomisierten Vergleichsuntersuchungen, die dies statistisch zweifelsfrei für SARS-CoV-2 nachweisen, bisher eher dürftig.[92][331][332]
Eine im April 2020 vorläufig veröffentlichte Metaanalyse einer internationalen Forschergruppe kam zu dem Schluss, dass das Tragen von Mund-Nasen-Masken die Übertragung von Atemwegserkrankungen und die Ausbreitung von Atemwegsinfektionen durch Gesundheitspersonal, aber auch unter der Bevölkerung erheblich reduzieren könne. Die Studienautoren sprachen sich explizit für den Schutz durch Masken aus, um die Übertragung von Atemwegsviren und damit die Ausbreitung von Atemwegserkrankungen zu verhindern oder zumindest zu behindern.[333]
Für die optimale Wirksamkeit ist es wichtig, dass die Mund-Nasen-Bedeckung korrekt sitzt, d. h. enganliegend getragen wird, bei Durchfeuchtung gewechselt wird und dass während des Tragens keine (unbewussten) Manipulationen daran vorgenommen werden.[334] Nach Angaben der WHO kann allerdings das Tragen einer Maske in Situationen, in denen dies nicht empfohlen ist, ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen, durch das zentrale Hygienemaßnahmen wie eine gute Händehygiene vernachlässigt werden können.[335]
Zu unterscheiden ist zwischen dem Schutz des Trägers (Eigenschutz) und dem Schutz der Umgebung (Fremdschutz). Masken mit Ausatemventil schützen den Träger, nicht aber die Umgebung. (Zu diesem Unterschied je nach Maskentyp siehe die Tabelle hier und die Grafik hier.)
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte weist darauf hin, dass Alltagsmasken (im Gegensatz zu medizinischem Mund-Nasen-Schutz und Atemschutzmasken) nicht normiert sind und daher eine ausreichende Schutzwirkung gegen eine Übertragung von SARS-CoV-2 nicht garantiert werden kann. Dementsprechend könnten sich Träger nicht darauf verlassen, dass sie oder andere durch das Tragen solcher Masken vor einer Übertragung des Erregers geschützt seien, und müssen weiter die Abstandsregeln beachten.[336]
Die Gesellschaft für Virologie hat gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie im November 2020 zusammenfassende Handlungsempfehlungen als S1-Leitlinie zum Thema der Infektionsprävention durch das Tragen von Masken im Zusammenhang mit COVID-19 herausgegeben.[337]
Viruzides Gurgeln und viruzider Nasenspray[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene empfiehlt als virenabtötende Maßnahmen viruzides Gurgeln und den präventiven Einsatz von viruziden Nasenspray, um die Viruslast bereits an den „Eintrittspforten“ zum Organismus zu reduzieren, da die Wahrscheinlichkeit einer COVID-19-Erkrankung mit dem Ausgesetztsein gegenüber dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Exposition gegenüber SARS-CoV-2) zunimmt, wenn sich Menschen innerhalb potentieller Risikogebiete („Corona-Hotspots“) aufhalten, da die anfängliche Viruslast Einfluss auf den Schweregrad der Erkrankung hat. Allerdings lässt sich der Einfluss auf Erkrankungshäufigkeit und Krankheitsverlaufs noch nicht anhand von Studien belegen.[338]
Infrastrukturelle Minimierung der Tröpfchen- und Aerosolübertragung („source control“)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Besonders in geschlossenen Räumen kann eine Übertragung und Verbreitung virusbehafteter Aerosole durch Aerosol- und Tröpfcheninfektion vermutet werden. Außerdem können durch Klimatisierung bedingte Luftströme zur Verbreitung von Krankheitserregern beitragen.[339] Durch eine raumbezogene Analyse des Tröpfchen- und Aerosoltransports können geeignete infrastrukturelle Maßnahmen geplant und umgesetzt werden, um die Exposition nichtinfizierter Menschen in Innenräumen zu minimieren.[340]
Abfallentsorgung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wenngleich bisher keine Fälle bekannt sind, bei denen sich Menschen durch die Berührung von kontaminierten Oberflächen mit dem SARS-CoV-2-Virus angesteckt haben, kann dieser Infektionsweg nicht ausgeschlossen werden. Um Hausmeister, Bewohner von Mehrfamilienhäusern und Mitarbeiter der Abfallentsorgung zu schützen, benennt das Bundesumweltministerium deshalb Vorsichtsmaßnahmen: Bei Haushalten mit infizierten Personen oder begründeten Verdachtsfällen entfällt die Pflicht zur Abfalltrennung. Neben Restmüll müssen diese Haushalte auch Verpackungsabfälle, Altpapier und Biomüll über den zur Verbrennung bestimmten Restabfall entsorgen. Die Abfälle dürfen nicht lose in die Tonne eingeworfen werden, sondern sicher verpackt in stabilen, reißfesten Abfallsäcken. Erst nach Genesung und beendeter Quarantäne soll die getrennte Entsorgung von Glasabfällen, Pfandverpackungen, Elektro- und Elektronikabfällen, Batterien und Schadstoffen angegangen werden.[341]
Die am 14. April 2020 von der EU-Kommission veröffentlichten Leitlinien zur Abfallentsorgung in der Coronavirus-Krise enthalten weitere Grundsätze im Falle einer Behandlung von Erkrankten in Privathaushalten: Taschentücher und Atemmasken sollten in einem eigenen Abfallbehälter im Zimmer des Patienten gesammelt werden, Handschuhe und Gesichtsmasken von Betreuern in einem zweiten Behälter in Türnähe. Die Abfallsäcke sind zu verschließen, bevor sie aus dem Patientenzimmer transportiert werden, können dann aber gemeinsam gesammelt und in den Restmüll gegeben werden.[342]
Prophylaktische Steigerung des Vitamin-D-Spiegels[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Literatur wird ein Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel und der Schwere einer COVID-19-Erkrankung diskutiert.[343][344][345] Nach Einschätzung von Gesundheitsbehörden aus den USA,[289] England[288] oder Deutschland[247] bestand Anfang 2021 keine Evidenz für eine Vitamin-D-Gabe zur Vorbeugung von COVID-19. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung bestehe auf Basis der gegenwärtigen Studienlage kein Anlass, der gesunden Allgemeinbevölkerung die generelle Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit Vitamin D zu empfehlen, für Bewohner von Pflegeheimen allerdings könne eine generelle Vitamin-D-Einnahme von bis zu 20 µg (800 IE) pro Tag erwogen werden.[346] Eine Metastudie von Ende 2021 sieht ebenfalls keinen Effekt unterschiedlich hoher Vitamin-D-Spiegel auf das Ansteckungsrisiko oder den Krankheitsverlauf.[291]
Medizinisches Personal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Robert Koch-Institut gab am 24. Januar 2020 erste Hinweise, welche Hygienemaßnahmen zur Vermeidung einer Übertragung des Erregers durch Tröpfchen auf medizinisches Personal notwendig sind: Als Empfehlung wurde die konsequente Einhaltung der Basishygiene, besonders der Händehygiene, genannt.[347] Mit Änderung der Falldefinitionen am 14. Februar 2020 wurden die Hygienemaßnahmen präzisiert und in der Folge an neue Erkenntnisse angepasst (Stand 8. April 2020): So wird aus Gründen des Patientenschutzes während der Pandemie für alle Bereiche des Gesundheitswesens „das generelle Tragen von Mund-Nasen-Schutz (MNS) durch sämtliches Personal mit direktem Kontakt“ zu besonders gefährdeten Personengruppen empfohlen. Bei der Behandlung und Pflege von Patienten mit möglicher oder bestätigter SARS-CoV-2-Infektion sollte persönliche Schutzausrüstung (PSA) in Form von Schutzkittel, Schutzhandschuhen, Schutzbrille und mindestens dicht anliegendem MNS oder einer Atemschutzmaske getragen werden. Dabei sollte bevorzugt eine Maske des Standards FFP2 verwendet werden, die Schutz vor Aerosolen und Tröpfchen bietet. Wenn FFP2-Masken nicht zur Verfügung stehen, soll als Schutz gegen Tröpfchen zumindest ein MNS getragen werden. Für alle Tätigkeiten, die mit Aerosolproduktion einhergehen (z. B. Intubation oder Bronchoskopie), werden FFP2-Masken oder darüber hinausgehender Atemschutz empfohlen. Diese Angaben gelten auch bei der stationären Versorgung.[347]
Stehen keine CE-gekennzeichneten Masken zur Verfügung, können laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) „bis auf Weiteres“ Masken verwendet werden, die mindestens dem NIOSH-Standard N95 entsprechen (Stand 6. April 2020).[348]
Bei Symptomen einer Atemwegserkrankung muss der Patient einen Mund-Nasen-Schutz tragen und wird in der Arztpraxis zur Verdachtsabklärung nach Möglichkeit in einen separaten Raum geführt, wo die weiteren Untersuchungen stattfinden.[203]
Zur chemischen Desinfektion der Hände und Flächen sind Desinfektionsmittel geeignet, die die Wirkungsbereiche „begrenzt viruzid“, „begrenzt viruzid PLUS“ oder „viruzid“ abdecken.[347][349] Eine Auswertung von 22 Studien, die sich mit der Persistenz und Inaktivierung von medizinisch relevanten Coronaviren (wie SARS-CoV und MERS-CoV) unter anderem in Gesundheitseinrichtungen beschäftigen, zeigt, dass für die Oberflächendesinfektion Mittel auf der Basis von Ethanol (mindestens 65 %), Wasserstoffperoxid oder Natriumhypochlorit in entsprechender Konzentration wirksam sind.[350]
Neben den Hygienemaßnahmen durch das medizinische Personal zählen außerdem die Unterbringung des Patienten in einem Isolierzimmer mit Vorraum oder Schleuse[347] und das Abstellen eventuell vorhandener raumlufttechnischer Anlagen, über die ein Luftaustausch mit anderen Räumen möglich ist, zu den Präventionsmaßnahmen.[347]
Zahnärztliche Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei einer zahnärztlichen Behandlung kommen meist Bohrinstrumente mit Wasserkühlung zum Einsatz. Dabei bildet sich Aerosol. Eine mögliche Übertragung durch diese Form von Aerosol ist noch nicht wissenschaftlich erwiesen, da in Zahnarztpraxen, anders als in Laborversuchen, umfassende Absaugungen zum Einsatz kommen. Bisherige Studien zur Virusmenge im Aerosol verwenden nicht den Speichel eines symptomlos infizierten Menschen als Testsubstrat (Real-Szenario), sondern hoch kontaminierte, künstliche Reagenzien, die einem 1-ml-Rachenabstrich eines Patienten mit schwerem Verlauf ähneln.[351] Informationen aus der Zahnklinik der Universität Wuhan widerlegen ein erhöhtes Übertragungsrisiko für zahnmedizinisches Personal bei Einhaltung der bisherigen Hygiene-Maßnahmen (Mund-Nasen-Schutz, Schutzbrille, Untersuchungs-Handschuhe).[352]
Im März 2020 war die notwendige Schutzausrüstung bei der Behandlung von nachgewiesen mit COVID-19 infizierten Patienten (Atemschutzmaske FFP2, Schutzbrille mit Seitenschutz oder Visier, Untersuchungs-Handschuhe, langärmliger Schutzkittel, Kopfhaube) in vielen Zahnarztpraxen – auch wegen Lieferschwierigkeiten – nicht oder nur eingeschränkt vorhanden. Patienten sollten deshalb nur bei Notfällen und dringenden Behandlungen einen Zahnarzt aufsuchen.[353] Im Mai erklärte die Bundeszahnärztekammer, die Situation im Bereich Schutzausrüstung habe sich verbessert und die Hygienestandards seien auf die Pandemie-Situation angepasst worden. Also könnten alle zahnärztlichen Behandlungen wieder durchgeführt werden.[354] Umfangreiche aktuelle Informationen stellt die Bundeszahnärztekammer auf ihrer Webseite zur Verfügung.[355]
Abfälle aus der medizinischen Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die RKI-Empfehlungen zur Abfallentsorgung im Rahmen der Behandlung und Pflege von Patienten mit einer Infektion durch SARS-CoV-2 basieren auf der Mitteilung 18 der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA). Sie werden regelmäßig an neue Erkenntnisse angepasst. Nach derzeitigem Wissen (Stand 24. April 2020) fallen bei der Behandlung von COVID-19-Patienten in der Regel keine gefährlichen Abfälle an. Wenn die üblichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes eingehalten und geeignete persönliche Schutzausrüstungen getragen werden, stellen nicht flüssige Abfälle aus der Behandlung erkrankter Patienten kein besonderes Infektionsrisiko dar.[356] Atemschutzmasken, Verbände oder auch Aufwischtücher können so unter dem Abfallschlüssel 180104 geführt werden. Die Abfälle sind unmittelbar am Entstehungsort in reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnissen zu sammeln und ohne Umfüllen oder Sortieren in sicher verschlossenen Behältern zu transportieren. Spitze und scharfe Gegenstände sollten in bruch- und durchstichsichere Einwegbehältnisse gegeben werden. Abfälle, die bei der mikrobiologischen und virologischen Diagnostik von COVID-19 entstehen und nicht durch ein anerkanntes Verfahren desinfiziert werden können, zählen hingegen regelhaft zu den infektiösen Abfällen des Abfallschlüssels 180103*. Für deren Sammlung und Entsorgung gelten aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen.[357]
Gesellschaftliche Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Siehe auch: Pandemieprävention
Siehe auch: Räumliche Distanzierung
Strategie durch die Verlangsamung der Ausbreitung der Sars-CoV-2-Epidemie mithilfe von schützenden Maßnahmen die medizinische Versorgung von Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf zu gewährleisten. Bei Überschreitung der Kapazität muss die Triage eingeführt werden.
Wie alle Maßnahmen der Pandemiebekämpfung hat die gesellschaftliche Vorbeugung folgende Ziele:
Verringerung der Morbidität und Mortalität der Bevölkerung
Sicherstellung der Versorgung erkrankter Personen
Aufrechterhaltung essentieller, öffentlicher Dienstleistungen[358][359]
Diese übergeordneten Ziele werden je nach epidemiologischer Phase durch unterschiedliche Strategien erreicht. Solange die meisten Fälle isoliert oder in lokalen Clustern austreten, liegt der Schwerpunkt auf Containment. Dazu müssen Erkrankte isoliert und Kontaktpersonen möglichst lückenlos identifiziert und in (häuslicher) Quarantäne untergebracht werden. Damit sollen Infektionsketten so schnell wie möglich unterbrochen werden.[358][360] Bei einer anhaltenden Mensch-zu-Mensch-Übertragung empfiehlt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten zur Eindämmung von COVID-19 eine Reihe weiterer nicht-pharmazeutischer Maßnahmen:
Individuelle Hygienemaßnahmen wie Hand- und Atemhygiene und die Nutzung von Gesichtsmasken, wo immer keine ausreichende räumliche Distanz aufrechterhalten werden kann;
umweltbezogene Maßnahmen wie Reinigung von Oberflächen und Belüftung geschlossener Räume;
bevölkerungsbezogene Maßnahmen wie Räumliche Distanzierung, Einschränkungen von Reisen und Mobilität und Beschränkung des Zusammentreffens unterschiedlicher Personen.[360]
Das ECDC schließt nach Auswertung wissenschaftlicher Studien, dass die nicht-pharmazeutischen Maßnahmen nachweislich eine kritische Rolle bei der Eindämmung der COVID-19-Pandemie in Europa gespielt haben. Sie bleiben demnach notwendig, solange kein Impfstoff zur Verfügung steht. Wegen der schweren negativen gesellschaftlichen Folgen der Maßnahmen sollten sie aber nur dort angewandt werden, wo die lokale epidemische Situation das nötig macht.[360] Drei systematische Übersichtsarbeiten im Rahmen der Cochrane Library zu Reisebeschränkungen, Massentestungen und Quarantäne von Kontaktpersonen stellen fest, dass keine dieser Maßnahmen allein einen großen nachweisbaren Effekt auf die Verbreitung von COVID-19 hat. Für die Wirksamkeit von Reisebeschränkungen gibt es immerhin Hinweise, für die Wirksamkeit von Quarantänen erkennbare Belege. Die Autoren schließen, dass die untersuchten Maßnahmen in Kombination mit anderen nicht-pharmazeutischen Maßnahmen eingesetzt werden sollten. Maßnahmen wie Gesichtsmasken und soziale Distanzierung bleiben demnach weiterhin wichtig zur Kontrolle der COVID-19-Pandemie.[361][362][363]
Eine im Juni 2021 im Journal of Infection veröffentlichte Metastudie kam auf Basis von 34 Studien zum Gesamtergebnis,[364] vor allem eine frühzeitige Umsetzung von Maßnahmen sei entscheidend, nicht die Strenge. Am wirksamsten seien die Schließung von Schulen, Arbeitsplätzen, Geschäften und Veranstaltungsorten sowie das Verbot öffentlicher Veranstaltungen. Auch das Tragen von Masken und öffentliche Informationskampagnen seien wirksam, zudem haben letztere den Vorteil, weniger Eingriffe in das Leben der Menschen zu erfordern. Es gebe hingegen keine Belege für die Wirksamkeit der Schließung öffentlicher Verkehrsmittel, von Test- und Kontaktverfolgungsstrategien und Quarantäne-Maßnahmen. Zu vermeiden seien längere Versammlungen in Innenräumen bei schlechter Belüftung, dies könne zu Superspreadern führen – ein gemeinsames Merkmal von Coronaviren. Eine Aufhebung von Maßnahmen sollte vorsichtig erfolgen, an das Umfeld angepasst, zudem mit angepassten Eindämmungsmaßnahmen, schrittweiser Öffnung und jeweiliger Überwachung ihrer Auswirkungen auf die Bevölkerung.[364]
Die Bürgersteige in Farnham, Surrey, wurden durch Verlust einer Fahrspur verbreitert, um soziale Distanzierung zu ermöglichen.
Besuchsverbotsschild in der München Klinik Bogenhausen
Abstandsregelung in einem Theater in Kavala / Griechenland
Urinale, die während der Pandemie zu Gunsten des Abstandhaltens blockiert wurden
Zutrittsbedingungen am Eingang eines Irish Pub in Hamburg-Harburg, Juli 2021
Transparente Vorhänge als „Raumtrenner“ in der Gastronomie
Management von Kontaktpersonen durch öffentliche Behörden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Drei Methoden zum Check-In für die Kontaktverfolgung
Die Nachverfolgung von Kontaktpersonen erfolgt im Rahmen des Infektionsschutzes im Einklang mit der Einschätzung der Situation des Geschehens durch das lokal zuständige Gesundheitsamt. Das Robert Koch-Institut unterscheidet zwischen Kontaktpersonen mit höherem Infektionsrisiko (Kategorie I), Kontaktpersonen mit geringerem Infektionsrisiko (Kategorie II) und Kontaktpersonen der Kategorie III, dabei handelt es sich um medizinisches Personal mit einem geringen Expositionsrisiko. Ein höheres Infektionsrisiko gemäß Kategorie I kann durch engen Kontakt, Kontakt mit Sekreten des Infizierten oder einer Kontaktsituation mit hohem Übertragungsrisiko durch Aerosole entstehen.[365]
In Deutschland wird Personen der Kategorie I unter Abwägung der Möglichkeiten und nach Risikobewertung des Gesundheitsamtes eine häusliche Absonderung mit regelmäßiger Gesundheitsüberwachung (bis zum 14. Tag nach dem letzten Kontakt mit dem bestätigten Infektionsfall) empfohlen, dabei sollen die Kontaktpersonen ein Tagebuch führen, in dem die Körpertemperatur, Symptome und mögliche weitere Kontaktpersonen notiert werden. Das Gesundheitsamt meldet sich täglich, um sich über den Gesundheitszustand informieren zu lassen. Die Kontaktpersonen werden über das COVID-19-Krankheitsbild informiert und sollen namentlich registriert werden. Falls während der häuslichen Quarantäne Symptome auftreten, die auf eine SARS-CoV-2-Infektion hindeuten, wird die Kontaktperson als Verdachtsfall angesehen und nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt eine diagnostische Abklärung veranlasst.[365]
Personen der Kategorie II wird eine häusliche Absonderung auf freiwilliger Basis nahegelegt, eine namentliche Registrierung ist optional. Auch hier gilt, dass bei Eintreten von Symptomen unverzüglich das Gesundheitsamt zu informieren ist. Bei der häuslichen Absonderung ist u. a. die Kontaktperson zeitlich und räumlich von anderen Haushaltsmitgliedern zu trennen und auf die Hygiene (Händewaschen, Hustenetikette) zu achten.[365]
Das Management von Personen der Kategorie III dient dazu, nosokomiale Übertragungen des Virus zu vermeiden. Dabei gilt, dass das medizinische Personal durch die Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) vor Infektionen geschützt ist, aber darüber hinaus durch Schulungen und organisatorische Maßnahmen verhindert werden soll, dass es zu Virusübertragungen im Arbeitsbereich kommt. Nach Möglichkeit soll das medizinische Personal, das COVID-19-Patienten versorgt, nicht mit der Versorgung anderer Patienten beauftragt werden. Das medizinische Personal soll sensibilisiert werden und sich selbst auf Symptome überwachen, die Ergebnisse wie auch die verwendete PSA sollen in einem Tagebuch notiert werden.[366]
Bei Kontaktpersonen I wird von einer häuslichen Absonderung abgesehen, wenn diese in den letzten drei Monaten selbst als laborbestätigter Fall die Infektion durchgemacht haben.[365]
Gegen das Coronavirus kommen neuartige Impfstoffe zum Einsatz. Dieses Video zeigt, wie die Impfung mit einem mRNA-Impfstoff funktioniert.[367]
Gegen das Coronavirus kommen neuartige Impfstoffe zum Einsatz. Dieses Video zeigt, wie die Impfung mit einem Vektorimpfstoff funktioniert.[368]
Schutzimpfungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
COVID-19 Impfzentrum im World Conference Center Bonn
Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts empfiehlt in ihrem Impfkalender die Impfung gegen COVID-19 für Personen ab 18 Jahren.[369] Die Ziele der Schutzimpfung gegen COVID-19 sind vielfältig: Schutz jeden Individuums vor der Erkrankung, Schutz der besonders Gefährdeten, Stoppen einer pandemischen Welle, Aufrechterhaltung der individuellen Freiheit, Schutz der Wirtschaft, Schutz des wenig Gefährdeten vor Impf-Nebenwirkungen, globale Gerechtigkeit. Diese teils divergenten Ziele implizieren unterschiedliche mögliche Strategien bezüglich Impfstoffverteilung,[370] Impf-Priorisierung,[371] Intervall zwischen Erst- und Zweitimpfung,[372] Anzahl von Booster-Impfungen[373] und Dosiswahl.[374]
Impfstoffe und Impfstoffkandidaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Künftiges Impfzentrum im RuhrCongress Bochum
Im Artikel COVID-19-Impfstoff sind in tabellarischer Form die bisher → zugelassenen COVID-19-Impfstoffe, die →Impfstoffkandidaten in klinischer Prüfung sowie die →Impfstoffkandidaten in präklinischer Prüfung erfasst. Außerdem können dem Artikel Informationen zur Impfstoffentwicklung, der Arzneimittelsicherheit, der Impfstoffwirksamkeit und zur Arzneimittelzulassung entnommen werden.
Weltweit sind laut Weltgesundheitsorganisation (Stand: 1. Juni 2021) 102 Vakzine in der klinischen Prüfung. Weitere 185 sind in der vorklinischen Entwicklung.[375] Die zugelassenen Impfstoffe werden inzwischen weltweit eingesetzt (s. Fortschritt der Impfkampagnen).
Die wissenschaftlich veröffentlichte Datenlage zu den Impfstoffen Tozinameran, AZD1222, mRNA-1273 und Ad26.COV2.S belegt, dass unabhängig vom Impfstoff die Zahl der schweren Erkrankungen deutlich reduziert wird.[376] Seit Durchsetzung der Virus-Variante Delta schützen die Impfstoffe hingegen nicht mehr so gut wie bisher vor Virus-Übertragungen. Laut WHO sind geimpfte Personen ähnlich ansteckend wie ungeimpfte.[377]
Erste Auffrischungsdosis und zusätzliche Impfstoffdosen für Grundimmunisierte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine weltweite Coronawelle, verursacht durch die hochgradig übertragbare Delta-Variante,[378] führte Mitte September 2021 zu Diskussionen über die Notwendigkeit und den optimalen Zeitpunkt für die Verabreichung einer weiteren Impfstoffdosis eines COVID-19-Impfstoffs an Personen, die bereits vollständig gegen schwere Verläufe einer COVID-19-Erkrankung grundimmunisiert sind. Ein Autorenkollektiv wies Mitte September 2021 im medizinischen Fachjournal The Lancet darauf hin, dass jede diesbezügliche Entscheidung evidenzbasiert sein sollte und die Vorteile und Risiken für den Einzelnen und die Gesellschaft berücksichtigen werden müssen.[379]
Es ist zu unterscheiden zwischen einer Dosis zur Auffrischungsimpfung (englisch booster dose)[380] für Personen, die ausreichend auf die Grundimmunisierung gegen COVID-19 angesprochen haben, und einer zusätzlichen Impfstoffdosis (englisch extra dose)[380] eines COVID-19-Impfstoffs für Personen mit geschwächtem Immunsystem, die nach Verabreichung der Grundimmunisierungsserie nicht ausreichend auf diese ansprachen.[381][382][380]
Auffrischungsdosis zur Wiederherstellung des Impfschutzes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine Dosis zur Auffrischungsimpfung sollte vollständig gegen COVID-19 geimpften Personen verabreicht werden, um den Schutz gegen die Erkrankung wiederherzustellen, nachdem der durch Grundimmunisierungsserie erreichte Schutz abgeklungen ist. Die Vorteile und Risiken einer möglichen Auffrischungsdosis müssen zuvor klar umrissen und verglichen werden.[381][382]
Comirnaty (BioNTech/Pfizer)
Der wissenschaftliche Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ist zu dem Schluss gekommen, dass der COVID-19-Impfstoff Comirnaty (BioNTech/Pfizer) für Auffrischungsimpfungen an Personen ab 18 Jahren mindestens 6 Monate nach Verabreichung der zweiten Dosis der Grundimmunisierungsserie in Betracht gezogen werden kann. Die Auswertung der bis dato vorliegenden Daten hat bei Personen im Alter von 18 bis 55 Jahren gezeigt, dass ein Anstieg des Antikörperspiegels zu verzeichnen ist, wenn eine Auffrischungsimpfung etwa sechs Monate nach Verabreichung der zweiten Dosis des Impfstoffs erfolgt. Die nationalen Gesundheitsbehörden können nun offizielle Empfehlungen für Auffrischungsimpfungen mit Comirnaty aussprechen. Neue Daten zur Wirksamkeit und zur begrenzten Sicherheit des mRNA-Impfstoffs sind dabei zu berücksichtigen.[380] Die Informationen über die Auffrischungsimpfung mit Comirnaty sind in der aktualisierten Produktinformation (Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und Packungsbeilage) enthalten.[383]
Spikevax (Moderna)
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) sprach sich am 25. Oktober 2021 für eine Auffrischungsimpfung bereits Grundimmunisierter mit dem COVID-19-Impfstoff Spikevax (Moderna) aus. Für Personen ab 18 Jahren, die bereits eine zweite Dosis dieses mRNA-Impfstoffes erhalten haben, kann nach Auffassung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA die Verabreichung einer dritten Impfstoffdosis nun in Betracht gezogen werden. Grundlage für diese Empfehlung bilden Daten, die zeigen, dass eine dritte Dosis Spikevax, die sechs bis acht Monate nach der Grundimmunisierung an Erwachsene verabreicht wird, deren Antikörpertiter deutlich anheben kann. Für eine Auffrischungsimpfung mit Spikevax soll nach Maßgabe der EMA die Hälfte der für die Erstimpfung verwendeten Dosis eingesetzt werden. Die aktuellen Daten deuten darauf hin, dass das Schema der zu erwartenden Nebenwirkungen nach den Auffrischungsimpfungen demjenigen nach der zweiten Dosis ähnelt. Das mögliche Auftreten entzündlicher Herzerkrankungen oder anderer sehr seltener Nebenwirkungen nach Auffrischungsimpfungen wird sorgfältig überwacht. Wie bei allen Arzneimitteln wird die EMA weiterhin alle Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Spikevax prüfen. Auf nationaler Ebene können die zuständigen Gesundheitsbehörden jetzt offiziell Empfehlungen für Auffrischungsimpfungen mit Spikevax aussprechen. Die lokale epidemiologische Situation sowie neue Daten zur Wirksamkeit des Impfstoffs und die begrenzten sicherheitsrelevanten Daten für die Auffrischungsimpfungen sind dabei zu berücksichtigen.[384][385] Die Informationen zu Auffrischungsimpfungen mit Spikevax sind in der aktualisierten Produktinformation enthalten.[386]
Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson)
Mit Stand vom 15. Oktober 2021 wurde für den COVID-19-Impfstoff Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson) noch keine Zulassung für die Verabreichung von Auffrischungsimpfungen gegen COVID-19 beantragt. Unabhängig davon hat in Deutschland die Ständige Impfkommission (STIKO) die Verabreichung einer Auffrischungsdosis an Personen empfohlen, deren Grundimmunisierung mit Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson) erfolgt ist. Nach Maßgabe der STIKO sollten bereits mit diesem Vektorimpfstoff geimpfte Personen frühestens vier Wochen nach der Grundimmunisierung eine Auffrischungsdosis mit einem mRNA-Impfstoff (Spikevax von Moderna oder Comirnaty von Biontech/Pfizer) zur Aufrechterhaltung ihres Immunschutzes gegen COVID-19 erhalten. Die Empfehlung der STIKO beruht darauf, dass im Verhältnis zur Anzahl der verabreichten Impfstoffdosen in Deutschland die meisten Impfdurchbruchserkrankungen nach COVID-19-Impfungen bei Personen beobachtet wurden, die mit dem Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson) geimpft worden seien. Zudem sei die Wirksamkeit dieses Vektorimpfstoffs gegen die Delta-Variante geringer als bei den anderen COVID-19-Impfstoffen.[387]
Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson): Der Humanarzneimittelausschuss der EMA (CHMP) ist zu dem Schluss gekommen, dass eine Auffrischungsdosis mit Ad26.COV2.S bei Personen ab 18 Jahren mindestens zwei Monate nach der ersten Dosis in Betracht gezogen werden kann. Die Empfehlung folgt Daten, die zeigen, dass nach Verabreichung einer Auffrischungsdosis des COVID-19-Impfstoffs Ad26.COV2.S, die mindestens zwei Monate nach der ersten Dosis bei Erwachsenen verabreicht wird, zu einem Anstieg der Antikörper gegen SARS-CoV-2 (das Virus, das COVID-19 verursacht) führt. Sehr seltenen Nebenwirkungen nach einer Auffrischimpfung mit Ad26.COV2.S seien nicht bekannt. Mögliche Risiken einer Thrombose in Kombination mit Thrombozytopenie (TTS) oder andere sehr seltenen Nebenwirkungen nach einer Auffrischungsbehandlung wird überwacht (Monitoring). Der CHMP kam außerdem zu dem Schluss, dass eine Auffrischungsdosis mit Ad26.COV2.S nach zwei Dosen eines der in der EU zugelassenen mRNA-Impfstoffe, Comirnaty (BioNTech/Pfizer) oder Spikevax (Moderna), verabreicht werden kann. Alle Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Ad26.COV2.S werden weiterhin von der EMA geprüft. Die nationalen Gesundheitsbehörden können unter Berücksichtigung der örtlichen epidemischen Lage, der Verfügbarkeit von Impfstoffen, der sich abzeichnenden Impfstoffwirksamkeit und der begrenzten Daten zur Arzneimittelsicherheit für die Auffrischung der Grundimmunisierung gegen COVID-19 offizielle Empfehlungen für die Verwendung von Auffrischungsdosen entweder nach einer Dosis Ad26.COV2.S oder nach zwei Dosen eines mRNA-Impfstoffs aussprechen. Daten, die die Auffrischungsempfehlung für COVID-19-Impfstoff von Janssen unterstützen, werden in der aktualisierten Produktinformation verfügbar sein.[388] Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA und die Gesundheitsbehörde der Vereinigten Staaten CDC raten jedoch davon ab Erwachsene mit dem COVID-19-Impfstoff Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson) zu impfen. Stattdessen sollten die auf mRNA basierenden COVID-19-Impfstoffe Comirnaty (BioNTech/Pfizer) oder Spikevax (Moderna) verabreicht werden. Begründet sind diese Empfehlungen im Auftreten des Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) in den USA. Nach Verimpfung von Ad26.COV2.S seien nach Mitteilung der CDC 54 Fällen von TTS aufgetreten. Alle 54 Patienten wurden hospitalisiert, 36 davon wurden auf der Intensivstation behandelt, neun seien gestorben. Unter 54 Patienten waren 37 weiblich, das Durchschnittsalter der von TTS-Betroffenen lag bei 44 Jahren. Die CDC wies jedoch darauf hin, dass eine Impfung mit Ad26.COV2.S besser sei als gar keine Impfung gegen COVID-19, insbesondere treffe dies auf Personen zu, die keine Impfung mit mRNA-Impfstoffen wollen oder haben können. Die Impfung mit Ad26.COV2.S war im Frühjahr 2021 nach dem Auftreten der ersten Fälle von TTS nach Verimpfung dieses Vektorimpfstoffs bereits einmal in den USA ausgesetzt worden.[389]
Vaxzevria (AstraZeneca/Oxford)
Für den COVID-19-Impfstoff Vaxzevria (AstraZeneca/Oxford) wurde in Europa mit Stand vom 15. Oktober 2021 noch keine Zulassung für die Verabreichung von Auffrischungsimpfungen gegen COVID-19 beantragt.[387]
Impfstoffdosen zur Ergänzung der Grundimmunisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine Zusätzliche Impfstoffdosis sollte für Personen mit einem stark geschwächten Immunsystem als Ergänzung der Grundimmunisierungsserie in Betracht gezogen werden, da diese Personen möglicherweise keinen ausreichenden Schutz durch die Grundimmunisierungsserie erreichen.[381][382]
Zu den Personen mit einem stark geschwächten Immunsystem gehören Organtransplantationspatienten. Studien haben gezeigt, dass eine zusätzliche Dosis der COVID-19-Impfstoffe Comirnaty (BioNTech/Pfizer) oder Spikevax (Moderna) bei diesen Patienten die Fähigkeit zur Bildung von Antikörpern gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 erhöht. Obwohl noch nicht erwiesen ist, dass die Fähigkeit zur Bildung von Antikörpern diese Patienten vor der COVID-19-Erkrankung schützt, ist zu erwarten, dass eine zusätzliche Impfstoffdosis den Schutz zumindest bei einigen erhöht. Alle Daten, die sich zur Impfstoffwirksamkeit ergeben, werden von der EMA weiter beobachtet und die Produktinformation (d. h. Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und Packungsbeilage) für beide Impfstoffe entsprechend der Empfehlung vom 4. Oktober 2021 aktualisiert.[390]
Comirnaty (BioNTech/Pfizer): Personen, an die eine Impfstoffdosis ‚Comirnaty‘ verimpft wurde, sollten ‚Comirnaty‘ auch als zweite Dosis der primären Impfserie erhalten. Die Verabreichung eine dritten Dosis ‚Comirnaty‘ an Personen mit starker Immunsupprimierung kann mindestens 28 Tage nach der zweiten Dosis des Impfstoffs in Betracht gezogen werden. Die Austauschbarkeit von ‚Comirnaty‘ mit anderen COVID-19-Impfstoffen zur Vervollständigung der primären Impfserie (dritte Dosis) ist nicht erwiesen.[391] Die Empfehlung der EMA bei stark immunsupprimierten Personen eine dritte Dosis des mRNA-Impfstoffes Comirnaty in Betracht zu ziehen, basiert auf begrenzten serologischen Nachweisen aus einer Fallserie in der Literatur zur klinischen Behandlung von Patienten mit iatrogener Immunsuppression nach Transplantation solider Organe, wie z. B. Nieren, Herz, Lunge oder Leber. Die Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs wurde bei immunsupprimierten Personen, einschließlich Personen die Immunsuppressiva erhielten, nicht bewertet.[392]
Spikevax (Moderna): Bei schwerwiegend immungeschwächten Personen (ab 12 Jahren) kann im Rahmen der Grundimmunisierung eine dritte Dosis ‚Spikevax‘ (0,5 ml) frühestens 28 Tage nach der zweiten Dosis in Betracht gezogen werden.[393] Die Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs wurden bei immungeschwächten Personen, einschließlich Personen unter einer Therapie mit Immunsuppressiva, nicht untersucht. Die Empfehlung der EMA, bei stark immungeschwächten Personen eine dritte Dosis in Betracht zu ziehen, basiert auf begrenzten serologischen Nachweisen von Patienten, die nach einer Transplantation eines einzelnen Organs immungeschwächt sind.[394]
Auffrischungsimpfung für Grundimmunisierte mit bivalenten COVID-19-Impfstoffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Um die Menschen zu schützen und eine Überlastung Gesundheitssysteme zu verhindern sind rechtzeitige Auffrischungsimpfungen vor einem möglichen Anstieg von COVID-19-Fällen im Herbst/Winter 2022 unerlässlich. Die Europäische Kommission hat deshalb kürzlich das Repertoire der in der EU zugelassenen COVID-19-Impfstoffen um zwei angepasste, bivalente COVID-19-Impfstoffe erweitert; es handelt sich um die mRNA-Impfstoffe Comirnaty Original/Omicron BA.1 (Biontech/Pfizer) und Spikevax bivalent Original/Omicron BA.1 (Moderna). Da sich das Coronavirus SARS-CoV-2 weiterentwickelt hat, wurden zur Gewährleistung eines optimalen Schutzes der EU-Bürger vor schweren COVID-19-Erkrankungen, die bereits von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassenen Impfstoffe Comirnaty (Biontech/Pfizer) und Spikevax (Moderna) an den Wildtyp von SARS-CoV-2 und dessen Omikron-Subvariante BA.1 angepasst.
Diese ersten beiden angepassten COVID-19-Impfstoffe sind zur Anwendung für Auffrischungsimpfungen („Booster-Impfungen“) bei Personen ab 12 Jahren zugelassen, die mindestens eine Grundimmunisierung gegen COVID-19 erhalten haben. Laut Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) soll das Immunsystem des Menschen durch „Booster-Impfungen“ mit den neuen, angepassten COVID-19-Impfstoffen geschult werden, gegen neu auftretende besorgniserregende Virusvarianten (VoC) eine breitere Immunantwort aufzubauen.[395]
Das ECDC und die EMA empfehlen diese Auffrischungsimpfungen vorrangig Personen, die einem höheren Risiko zu einer schweren Erkrankung aufgrund bestimmter Risikofaktoren ausgesetzt sind als andere. Dazu gehören Personen ab 60 Jahren, immungeschwächte Personen und andere gefährdete Personen (ab 12 Jahren) mit Grunderkrankungen, die sie einem höheren Risiko für schweres COVID-19 aussetzen, sowie schwangere Frauen. Bewohner und Personal in Pflegeheimen soll bei den Auffrischungsimpfungen priorisiert werden. Beschäftigte im Gesundheitswesen können aufgrund ihrer erhöhten Exposition im Falle zukünftiger neuer Infektionswellen von SARS-CoV-2 und ihrer Schlüsselrolle für gut funktionierende Gesundheitssysteme ebenfalls für Auffrischungsimpfungen in Betracht gezogen werden.
Mit den anderen, bereits vormals in der EU zugelassenen COVID-19-Impfstoffen sollten auch weiterhin die Grundimmunisierung gegen COVID-19 erfolgen, da sie nach wie vor gegen schwere COVID-19-Erkrankungen und den daraus resultierenden Folgen schützen. Für Auffrischungsimpfungen sollte diese Impfstoffe nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die angepassten, bivalenten Impfstoffe noch nicht zur Verfügung stehen.[395]
Um bestehende und zukünftig zirkulierende Varianten zu berücksichtigen, ist die weitere Anpassung von COVID-19-Impfstoffen unvermeidlich. Vorläufige Daten zeigen, dass die durch die zugelassenen, an die Omikron-Subvariante BA.1 angepassten Impfstoffe eine Immunantwort ausgelöst wird, die über die Anpassung an die ausgewählten Virusstämme von SARS-CoV-2 hinausgeht und auch andere Omicron-Subvarianten wie BA.2, BA.2.75 und BA.5 abdeckt.[395]
Zusätzlich zu den beiden angepassten, bivalenten COVID-19-Impfstoffen evaluiert die EMA einen angepassten Impfstoff, der auf die Omikron-Subvariante BA.1, den Wildtyp von SARS-CoV-2 und die Omicron Subvarianten BA.4 und BA.5 abgestimmt ist. Zurzeit laufen auch Überprüfungen von COVID-19-Impfstoffen, deren Impfstoffdesign auch den Beta-Stamms von SARS-CoV-2 einschließt.[395]
Siehe auch:
im Artikel „Impfung“ → Abschnitt: „Auffrischung“
im Artikel „COVID-19-Impfstoff“ → Abschnitt: „Auffrischungsimpfung und zusätzliche Impfstoffdosen für Grundimmunisierte“
im Artikel „COVID-19-Impfung in Deutschland“ → Abschnitt: „Auffrischungsimpfung („Booster-Impfung“)“
Allgemeine Impfprophylaxe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Berliner Senatsgesundheitsverwaltung empfahl Ende Februar 2020 allen Menschen über 60 Jahre und chronisch Kranken, ihren Impfstatus zu überprüfen und gegebenenfalls die Impfung gegen Pneumokokken und Keuchhusten (Pertussis) durchführen oder auffrischen zu lassen. Da Menschen über 60 Jahre und chronisch Kranke durch Mehrfachinfektionen besonders gefährdet sind, seien sie vorsorglich zu schützen.[396][397]
Durch die Schutzmaßnahmen gegen eine SARS-CoV-2-Infektion ist die Grippewelle 2020/21 weltweit ausgefallen; auch die Verbreitung von Influenzaviren wurde dadurch im Nebeneffekt erfolgreich eingedämmt. Unser Immunsystem könnte im kommenden Winter 2021/22 jedoch weniger gut auf die dann zirkulierenden Influenzaviren vorbereitet sein. Menschen mit erhöhtem Gesundheitsrisiko, darunter Menschen ab 60 Jahren, Schwangere und chronisch Kranke aller Altersgruppen aber auch medizinisches und pflegerisches Personal, das ein berufliches Ansteckungsrisiko hat, sollten sich daher im Oktober, November oder in der ersten Dezemberhälfte vorbeugend gegen Grippe impfen lassen.[398]
Die Wirksamkeit einer Grippeschutzimpfung kann bei älteren Menschen geringer ausfallen. Um diese Personengruppe besser vor einer Grippe und damit verbundene Komplikationen zu schützen, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) beim RKI für Menschen ab 60 Jahren einen speziell für diese Altersgruppe entwickelten Hochdosis-Grippeimpfstoff.[398] Influenza-Hochdosis-Impfstoffe haben im Vergleich zu inaktivierten, quadrivalenten[399] Influenza-Standard-Impfstoffen eine leicht aber signifikant bessere Wirksamkeit bei Senioren.[400] Zudem ist eine zeitgleiche Impfung gegen Grippe und zum Schutz vor COVID-19 möglich.[398]
Maßnahmen bei Todesfällen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Laut den Empfehlungen des RKI ist beim Umgang mit an COVID-19 Verstorbenen jeglicher Körperkontakt oder die Abgabe von Flüssigkeiten und Aerosolen zu vermeiden. Eine notwendige Leichenschau ist unter Regelungen der Schutzstufe 3 durchzuführen. Auf dem Totenschein ist COVID-19 namentlich anzugeben und Särge sind zu markieren.[401]
Meldepflicht, ICD-10-Einordnung, Berufskrankheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In Deutschland sind Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 seit 23. Mai 2020 gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. t des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) meldepflichtig. Die Meldepflicht wurde bereits zum 1. Februar 2020 durch Verordnung eingeführt. Seit der gesetzlichen Regelung durch das „Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ sind auch der Behandlungszustand zur Krankheit (einschließlich der Genesung[402][403]) und der Serostatus durch Ärzte und Gesundheitsämter anzugeben (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. n, § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. d und j IfSG). Die klinisch-epidemiologischen Kriterien für den Verdacht[404] werden wie nach der vorherigen Verordnung durch das Robert Koch-Institut festgelegt und veröffentlicht (als Falldefinitionen nach § 11 Absatz 2 IfSG).[403]
Zudem besteht in Deutschland für Labore eine Meldepflicht hinsichtlich des Virus SARS-CoV-2 in Bezug auf Menschen. Seit dem 2. Juli 2020 besteht eine Meldepflicht, wenn Haustiere positiv getestet wurden.[405]
In Österreich bestand ebenfalls Anzeigepflicht nach dem Epidemiegesetz von 1950[406] zusammen mit einer Verordnung[407]. Die Pflicht zur Anzeige bestand für Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle aufgrund dieses Virus. Die Meldepflicht wurde am 1. Juli 2023 aufgehoben.[408]
Auch in der Schweiz existiert eine Meldepflicht für den Erreger Sars-CoV-2. Diese folgt aus dem Epidemiengesetz[409] der Schweiz in Verbindung mit der Epidemienverordnung[410] und der Verordnung des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen[411]. Nach Anhang 3 der Verordnung des EDI müssen Labore einen positiven und negativen Befund (also Nachweis) von Sars-CoV-2 melden. Nicht zu melden ist der Nachweis durch einen Antigen-Schnelltest.
Klassifikation nach ICD-10-GM
U08.9
COVID-19 in der Eigenanamnese, nicht näher bezeichnet
U09.9!
Post-COVID-19-Zustand, nicht näher bezeichnet
U10.9
Multisystemisches Entzündungssyndrom in Verbindung mit COVID-19, nicht näher bezeichnet
U99.0!
Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf SARS-CoV-2
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ICD-10 online (GM-Version 2024)
Am 17. Februar 2020 wurde die Krankheit durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD) in der aktuellen, international gültigen Ausgabe ICD-10-WHO (Version 2019) unter Schlüsselnummer »U07.1« aufgenommen. Für die in Deutschland geltende ICD-10-GM (German Modification) wurde als sekundärer Kode die Ausrufezeichenschlüsselnummer »U07.1!« vergeben und die Krankheit als COVID-19 (Coronavirus-Krankheit-2019) bezeichnet.[412] Weiterhin erfolgte eine entsprechende Ergänzung für die Todesursachenkodierung in der ICD-10-GM.[92] Am 23. März 2020 wurde von der WHO eine Anpassung vorgenommen, die darauf abzielt, auch Verdachtsfälle kodieren zu können. Entsprechend werden mit der Schlüsselnummer »U07.1« per Labordiagnostik bestätigte COVID-19-Erkrankungen kodiert, während die »Schlüsselnummer U07.2« für Fälle vorgesehen ist, die zwar klinisch-epidemiologisch, aber nicht per Labordiagnostik bestätigt wurden. Für die ICD-10-GM erfolgt die Kodierung analog in Form der beiden sekundären Kodes »U07.1!« mit der Bezeichnung: COVID-19, Virus nachgewiesen und »U07.2!« mit der Bezeichnung: COVID-19, Virus nicht nachgewiesen.[2] Zweites gilt aber nur, soweit vorher ein Verdacht auf COVID-19 bestand.[413] Sofern kein Verdacht auf eine Erkrankung bestand, ein Test auf SARS-CoV-2 durchgeführt wurde und dieser Test negativ ausfällt, so ist mit »U99.0!« für Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf SARS-CoV-2 zu kodieren zusammen mit »Z11« für Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krankheiten.[414]
Klassifikation nach ICD-10-GM
U11.9
Notwendigkeit der Impfung gegen COVID-19, nicht näher bezeichnet
U12.9!
Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19-Impfstoffen, nicht näher bezeichnet
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ICD-10 online (GM-Version 2024)
Im November 2020 veröffentlicht das BfArM (früher DIMDI) in seinem Newsletter neue Codes, welche von der WHO am 11. November 2020 in die ICD-10 aufgenommen worden waren.[415] Diese Codes sind ab 2021 auch in der Schweiz zu verwenden.[416]
Im März 2021 werden vom BfArM neue Codes veröffentlicht, welche im Kontext zur Covid-19-Impfung stehen. In Deutschland sind diese Codes ab 10. März 2021 zu verwenden.[417]
Nach deutschem Recht kann COVID-19 als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn der Erkrankte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war.[418]
COVID-19, Tiere und Haustiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Abschnitt „Haustiere als mögliche Wirte“ im Artikel SARS-CoV-2
Während innerhalb der Coronavirusfamilie Coronaviridae einzelne Viren, wie das CCoV und das FCoV, auch bei Haustieren Erkrankungen auslösen, wurde in den ersten Monaten der Coronapandemie zunächst kein Fall bekannt, in dem ein Haustier an SARS-CoV-2 erkrankte.[419][420][421][422] Obwohl das Virus bei Hunden in Abstrichen aus Nase und Schnauze nachgewiesen werden konnte, löste es keine Erkrankungen aus.[423][422] Nachdem zunächst nur ein Einzelfall einer Katze mit Krankheitssymptomen in Belgien bekannt geworden war, zeigte eine umfangreichere serologische Studie, dass bei knapp 15 % der untersuchten Tiere Antikörper und somit eine vorherige Infektion nachweisbar war.[424][425]
Es gibt laut WHO noch keine Hinweise, dass Haustiere das Virus als Träger weiterverbreiten.[420][422] Versuche mit Frettchen in Südkorea ergaben indes, dass nicht-infizierte Tiere durch anhaltenden direkten Kontakt mit infizierten Tieren (Haltung im selben Käfig) angesteckt werden können. Erkrankte Frettchen entwickeln mehrtägige Verläufe mit Symptomen wie leichtes Fieber, Husten und reduzierte körperliche Aktivität.[426] Anfang April wies eine weitere Studie diese Anfälligkeit auch bei Katzen nach. Den Autoren zufolge kommt dabei eine Aerosolübertragung in Betracht. In beiden Tierarten war die Viruslast im Nasen-Rachenraum am höchsten. Die Lungen von Frettchen sowie weitere Organe waren nicht befallen, bei Katzen dagegen schon. Hunde zeigten ein geringes Infektionsrisiko; bei Schweinen, Hühnern und Enten war sowohl der PCR-Abstrich als auch der ELISA-Antikörpertest nach 14 Tagen negativ.[427]
Im Januar 2021 wurden im Zoo von San Diego Gorillas positiv auf SARS-CoV-2 getestet; die ersten Menschenaffen, bei denen COVID-19 nachgewiesen wurde.[428]
Im US-Bundesstaat Utah starben einige Tausend Amerikanische Nerze, die sich wahrscheinlich bei Tierpflegern angesteckt hatten.[429]
In den Niederlanden gibt es zahlreiche Nerzfarmen. Niederländische Behörden meldeten Ende Mai 2020, „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ seien zwei Arbeiter durch Kontakt mit Nerzen COVID-19-infiziert worden. Die WHO teilte mit, es könne sich um die „ersten bekannten Fälle“ einer Übertragung des Virus vom Tier auf den Menschen handeln (Näheres und Beleg → COVID-19-Pandemie im Königreich der Niederlande#Wirtschaft und Unternehmen).
In Dänemark untersucht(e) das Fødevarestyrelsen (Nahrungsmittelbehörde)[430] 120 Nerzfarmen. In der Gemeinde Hjørring fand sie unabhängig davon drei Farmen mit SARS-CoV-2-infizierten Nerzen; alle Nerze in diesen Farmen wurden getötet.[431]
Im Juni wurde bei Nerzen, Nerzzüchtern, dem Hund eines Nerzzüchters und 41 Bewohnern eines Pflegeheimes die gleiche Mutation eines SARS-CoV-2-Virus festgestellt. Von den Bewohnern starben drei. Auch bei Schülern an drei verschiedenen Schulen wurden SARS-CoV-2 gefunden.[432]
Im November entschied die dänische Regierung vorsorglich eine Keulung des gesamten nationalen Nerzbestands.[433] Am 5. November 2020 verhängte die dänische Regierung aufgrund zunehmender Verbreitung in Nerzen mutierter SARS-CoV-2-Viren (insbesondere der antikörperresistenteren „Cluster 5“-Variante) in der allgemeinen Öffentlichkeit einen „harten regionalen Lockdown“ über Teile Norddänemarks.[434][435]
Ein experimentelles Vakzin gegen COVID-19 wird an den in ihrem Bestand stark gefährdeten (Endangered, IUCN 3.1) Schwarzfußiltissen erprobt.[436] Finnland entwickelt einen Impfstoff für Marderhunde und Amerikanische Nerze (Minks), um in den Pelztierfarmen keine Massenkeulungen vornehmen zu müssen.[437] Auch Russland entwickelt einen Impfstoff für Nerze, Katzen und Nagetiere. Dieser soll nach Planung Ende Januar 2021 verfügbar sein.[438]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Portal: COVID-19 – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema COVID-19
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Deutschsprachig
Kristin Tolksdorf, Silke Buda, Ekkehard Schuler, Lothar H. Wieler, Walter Haas: Eine höhere Letalität und lange Beatmungsdauer unterscheiden COVID-19 von schwer verlaufenden Atemwegsinfektionen in Grippewellen. In: Epidemiologisches Bulletin. Nr. 41, 2020, S. 3–10, online 28. August 2020, doi:10.25646/7111.
Julia Schilling, Michaela Diercke, Doris Altmann, Walter Haas, Silke Buda: Vorläufige Bewertung der Krankheitsschwere von COVID-19 in Deutschland basierend auf übermittelten Fällen gemäß Infektionsschutzgesetz. In: Epidemiologisches Bulletin. Nr. 17, 2020, S. 3–9, online 15. April 2020, doi:10.25646/6670.2.
Ralf Stahlmann, Hartmut Lode: Therapie von COVID-19 – erste klinische Studien mit verschiedenen Wirkstoffen. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 117, Nr. 13, 27. März 2020, S. 213–219, doi:10.3238/arztebl.2020.0213 (aerzteblatt.de).
Kristin Tolksdorf, Silke Buda, Ekkehard Schuler, Lothar H. Wieler, Walter Haas: Schwereeinschätzung von COVID-19 mit Vergleichsdaten zu Pneumonien aus dem Krankenhaussentinel für schwere akute Atemwegserkrankungen am RKI (ICOSARI). In: Epidemiologisches Bulletin. Nr. 14, 2020, S. 3–9, online 27. März 2020, doi:10.25646/6601.
Englischsprachig
Christian Drosten, Thijs Kuiken u. a.: Newly discovered coronavirus as the primary cause of severe acute respiratory syndrome. In: The Lancet. Band 362, 2003, S. 263–270.
Tingbo Liang (Hrsg.): Handbook of COVID-19 Prevention and Treatment. First Affiliated Hospital, Zhejiang University School of Medicine, Onlineveröffentlichung 2020, abrufbar als PDF vom Cloudservice von Alibaba.com, abgerufen am 8. April 2020.
Kai Kupferschmidt: Evolving threat – New variants have changed the face of the pandemic. What will the virus do next? In: science.org (Hrsg.): Science. Band 373, Nr. 6557, 19. August 2021, S. 844–849, PMID 34413220 (englisch, science.org [abgerufen am 30. August 2021]).
Dokumentationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Ausbruch – War die Pandemie vermeidbar? TV-Dokumentation in HD von Michael Wech, Peter Wolf; D 2022; mitwirkend: Lawren E. Gostin (globales Gesundheitsrecht), Edward Holmes (Virologe), Jason McLellan (Strukturbiologe), Jeremy Farrar (Infektologe), Richard Hatcheti (Epidemiologe), James Lawler (Infektologe) u. a.; gesendet auf ZDF 17. Mai 2022.
Brisante Spurensuche – Woher kam das Coronavirus wirklich? Originaltitel: Did Covid Leak from a Lab in China? GB 2021 für Channel 4- television; deutsche Synchronfassung: auf n-TV, 2022; Mitwirkend: Jane Metzler (Autor und Berater des nationalen Sicherheitsrates der USA und der WHO), Alina Chan (Molekularbiologin − The Broad Institute of MIT und Harvard), Nikolai Petrowsky (Mediziner an der Flinders University), David Relman (Mediziner an der Stanford University), Sir John Bell (Mediziner an der University of Oxford), Milton Leitenberg (Zentrum für sicherheitstechnische Studien, University of Maryland), Richard Ebright (Direktor des Mikrobiologischen Instituts der Rutgers University), Gilles Demaneuf (Datenanalyst), Rossana Segreto (Molekularbiologin – Expertin für Genomanalyse), Monali Rahalkar (Mikrobiologin am Agharkar Research Institute [ARI]), Nicholas Wade (Wissenschaftsjournalist bei New York Times und Nature) (auch verfügbar auf youtube,com).
Corona – Ende in Sicht? »Was die Wissenschaft über SARS-CoV-2 weiß«. In: ZDF – planet e., Video-Dokumentation, 28 Minuten. ZDF, 17. Januar 2021, abgerufen am 15. Februar 2021 (in der ZDF-Mediathek → verfügbar bis 13. Januar 2023).
Leschs Kosmos – Der Corona-Effekt: Freiheit dank Wissenschaft. (Teil der Wissenschaftsreihe Leschs Kosmos.) TV-Dokumentation in HD, ZDF 2022, Mitwirkend: Harald Lesch.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: COVID-19 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Verzeichnis von Wörtern im Zusammenhang mit COVID-19/Corona – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Steckbrief, FAQs, Aktuelles[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19. (Stand: 26. November 2021). In: RKI-Website »Coronavirus SARS-CoV-2«. Robert Koch-Institut (RKI, Deutschland), 26. November 2021, archiviert vom Original am 25. Oktober 2022; abgerufen am 22. Oktober 2022 (Der Steckbrief bildet die Datenlage bis November 2021 ab. Weiterführende Informationsquellen zu den jeweiligen Steckbriefkapiteln, auch mit Blick auf die aktuell vorherrschende Omikron-Variante, sind →hier abrufbar.).
Neuartiges Coronavirus (COVID-19) Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (Österreich) (mit Link zum amtlichen Dashboard zu COVID-19)
Coronavirus: Krankheit, Symptome, Behandlung Bundesamt für Gesundheit (Schweiz)
Questions and answers on COVID-19 Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (englisch)
Q&A: Coronavirus disease (COVID-19) Weltgesundheitsorganisation (englisch)
CORD-19 – COVID-19 Open Research Dataset tausende wissenschaftliche Veröffentlichungen online
Beiträge zum Thema Corona Website der WDR-Sendung Quarks
S1-Leitlinie Infektionsprävention durch das Tragen von Masken der Gesellschaft für Virologie (GfV). In: AWMF online (Stand 11/2020)
COSMO — COVID-19 Snapshot Monitoring Ergebnisse aus dem wiederholten querschnittlichen Monitoring von Wissen, Risikowahrnehmung, Schutzverhalten und Vertrauen während des aktuellen COVID-19 Ausbruchsgeschehens; ein Gemeinschaftsprojekt von Universität Erfurt, Robert Koch Institut, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Leibniz-Institut für Psychologie, Science Media Center, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und Yale Institute for Global Health.
Wie sich Corona in Europa festsetzte (interaktiv) Zeit Online, 8. April 2021
Covid Statistiken und Daten auf: citypopulation.de (interaktiv)
COVID-19 CoV Genetics. Auf: covidcg.org; zuletzt abgerufen am 1. Juli 2024.
Auswirkungen auf den menschlichen Körper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Covid-19: Auswirkungen auf den ganzen Körper. NDR-Video (2:48 Min.), 4. Juni 2020.
Sars-CoV-2: Wie das Virus den Körper verwüstet. Spektrum.de, 26. Juni 2020.
Coronavirus – So arbeitet der Körper dagegen – Antikörper sind nicht die einzige Waffe gegen Corona. AFP/t-online, 23. Dezember 2021.
COVID-19-Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
RKI: COVID-19: Therapiehinweise und Empfehlungen. Auf: rki.de Stand vom 25. August 2022; zuletzt abgerufen am 14. Dezember 2022.
*S3-Leitlinie Empfehlungen zur Therapie von Patienten mit COVID-19 – Living Guideline der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin, Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie. In: AWMF online (Stand 01/2024)
Treatments and vaccines for COVID-19. Übersicht der Europäischen Arzneimittel-Agentur (englisch).
IDSA Guidelines on the Treatment and Management of Patients with COVID-19. Richtlinien der Infectious Diseases Society of America (englisch), Stand: 24. Dezember 2021.
COVID-19 Treatment and Vaccine Tracker. Übersicht über laufende Projekte auf der Website des Milken Institute in Kalifornien (englisch).
A living WHO guideline on drugs for covid-19. – aktuell gehaltene visuelle Übersicht der WHO-Therapieempfehlungen; BMJ 370, 2020, S. m3379, doi:10.1136/bmj.m3379 (englisch)
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. t des Infektionsschutzgesetzes (Deutschland).
↑ a b ICD-10 (WHO und GM): U07.2 kodiert Verdacht auf COVID-19. In: dimdi.de. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, 23. März 2020, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. August 2020; abgerufen am 14. August 2020.
↑ Terminologiesammlung INFEC20 – Terminologie der übertragbaren Krankheiten, Stichwort COVID-19, hrsg. von der Schweiz. Bundeskanzlei.
↑ Schweiz: Alternative Begriffe: Krankheit Covid-19. Covid-19-Erkrankung. Französisch: maladie à coronavirus 2019; italienisch: malattia da coronavirus 2019; rätoromanisch: malsogna da coronavirus 2019.
↑ Pressestelle des RKI: Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19. (Abschnitt 7: Diagnostik). In: RKI-Website zu SARS-CoV-2. Robert Koch-Institut (RKI), 25. Januar 2021, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Januar 2021; abgerufen am 27. Januar 2021 (Stand: 25. Januar 2021).
↑ WHO: WHO Coronavirus Disease (COVID-19) Dashboard. Auf: data.who.int, Stand: 3. März 2024.
↑ William Msemburi et al.: The WHO estimates of excess mortality associated with the COVID-19 pandemic. In: Nature. Online-Veröffentlichung vom 14. Dezember 2022, doi:10.1038/s41586-022-05522-2.CoV-Pandemie: Fast 15 Mio. Menschen in zwei Jahren gestorben. Auf: science.orf.at vom 14. Dezember 2022.
↑ a b Sars-CoV-2-Virus: Luftfeuchtigkeit spielt wichtige Rolle bei Aerosolen. In: Spiegel Online. 18. August 2020, abgerufen am 18. August 2020.
↑ Christian Honey: Coronavirus: Was tun gegen Aerosolübertragung? In: Spektrum.de. 10. Juli 2020, abgerufen am 14. August 2020.
↑ Why do some COVID-19 patients infect many others, whereas most don’t spread the virus at all? Science, 19. Mai 2020, abgerufen am 14. August 2020.
↑ a b c d e f g h i j k l m n o p
Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19. Robert Koch-Institut, 9. Februar 2021, archiviert vom Original am 21. Februar 2021; abgerufen am 21. Februar 2021.
↑ D. Baud, X. Qi, K. Nielsen-Saines et al.: Real estimates of mortality following COVID-19 infection. In: The Lancet. Band 20, 12. März 2020, S. 773, doi:10.1016/S1473-3099(20)30234-6 (englisch, thelancet.com [PDF; 360 kB; abgerufen am 14. August 2020]).
↑ „Q&A on coronaviruses (COVID-19)“. Symptome von COVID-19. Weltgesundheitsorganisation (WHO), 17. April 2020, abgerufen am 14. August 2020 (englisch).
↑ a b Zunyou Wu, Jennifer M. McGoogan, CCDC: Characteristics of and Important Lessons From the Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Outbreak in China. In: Journal of the American Medical Association. 24. Februar 2020, doi:10.1001/jama.2020.2648 (englisch).
↑ Risikobewertung (Memento vom 21. Dezember 2021 im Internet Archive) des Robert Koch-Instituts, abgerufen am 14. August 2022.
↑ Fu-Sheng Wang: Liver injury in COVID-19: management and challenges. In: Lancet Gastroenterology & Hepatology. 4. März 2020, doi:10.1016/S2468-1253(20)30057-1.
↑ Yeshun Wu et al.: Nervous system involvement after infection with COVID-19 and other coronaviruses. In: Brain, Behavior and Immunity. Elsevier, 30. März 2020, doi:10.1016/j.bbi.2020.03.031.
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↑ Nach Massentötungen in Dänemark – Finnland entwickelt Corona-Impfung für Nerze. Auf: n-tv vom 12. Januar 2021.
↑ Entscheidende Testphase läuft – Russland entwickelt Corona-Impfstoff für Tiere. Auf: n-tv vom 13. Dezember 2020.
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| Klassifikation nach ICD-10 U07.1 COVID-19, Corona-Verdacht, Virus nachgewiesen U07.2 COVID-19, Corona-Verdacht, Virus nicht nachgewiesen {{{03-BEZEICHNUNG}}} {{{04-BEZEICHNUNG}}} {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) COVID-19 (Akronym von englisch coronavirus disease 2019, deutsch Coronavirus-Krankheit-2019),[1][2][3][4] in den deutschsprachigen Ländern umgangssprachlich meist nur als Corona oder Covid bezeichnet, ist eine Infektionskrankheit (nach dem Recht bestimmter Länder meldepflichtig) mit einem breiten aber unspezifischen Symptomspektrum, die durch eine Infektion (Ansteckung) mit dem Betacoronavirus SARS-CoV-2 verursacht wird.[5] Das Virus wurde erstmals im Dezember 2019 in Wuhan (Volksrepublik China) beschrieben. Es verbreitete sich sehr schnell weltweit und ist Ursache der COVID-19-Pandemie. Bis zum 3. März 2024 wurden weltweit rund 774 Millionen COVID-Infizierte registriert, es wird aber in vielen Ländern eine hohe Dunkelziffer vermutet.[6] Laut einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab es zwischen Anfang 2020 und Ende 2021 eine weltweite, durch COVID-19 verursachte Übersterblichkeit von 14,83 Millionen Toten.[7] Die Ansteckung erfolgt durch Tröpfcheninfektion sowie durch das Einatmen von Bioaerosolen, insbesondere bei längerer Aufenthaltsdauer in geschlossenen und ungenügend gelüfteten Räumen und hinreichender Konzentration der Viren. Das Robert Koch-Institut (RKI) hat die Möglichkeit einer Schmierinfektion an Schleimhäuten (Mund, Nase, Auge etc.) durch Kontakt mit kontaminierten Oberflächen nicht ausgeschlossen.[8][9] Zur Vermeidung einer Infektion werden räumliche Distanzierung ( social distancing ), Kontaktbeschränkung, das Tragen einer medizinischen Schutzmaske und Hygienemaßnahmen empfohlen. Vieles deutet darauf hin, dass die Ausbreitung von COVID-19 zur weltweiten Pandemie insbesondere durch Superspreading begünstigt wurde.[10] Die Inkubationszeit von SARS-CoV-2 beträgt durchschnittlich fünf bis sechs Tage; zwischen Ansteckung und dem Auftreten erster Symptome können aber auch bis zu zwei Wochen vergehen. Vereinzelt treten erste Symptome schon innerhalb von 24 Stunden nach der Ansteckung auf. Ein Infizierter kann jedoch bereits Tage vor dem Auftreten erster Symptome und auch noch nach deren Abklingen infektiös (ansteckend) sein.[11] Der Krankheitsverlauf ist unspezifisch und kann stark variieren. Laut Schätzung des RKI haben 55 bis 85 % der Infizierten spürbare Beschwerden und/oder zeigen erkennbare Anzeichen einer Erkrankung (Symptome) oder typische Symptomkombinationen (Syndrom) einer COVID-19-Erkrankung (Manifestationsindex). Die übrigen Infizierten sind beschwerdefrei und zeigen keine Symptome; sie sind asymptomatisch erkrankt, können aber dennoch das Virus weiterverbreiten.[11][12] Bei rund 81 % der registrierten Erkrankungen ist ein leichter Verlauf mit Fieber oder einer leichten Lungenentzündung, trockenem Husten und Müdigkeit zu beobachten. Weniger häufig sind eine verstopfte Nase, Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Gliederschmerzen, Bindehautentzündungen, Durchfall, Erbrechen, Geschmacks- und Geruchsverlust, Hautausschlag oder Verfärbung von Fingern oder Zehen.[13] Bei etwa 14 % der Krankheitsfälle ist der Verlauf schwerer, und in etwa 5 % so schwer, dass eine Beatmung der Patienten auf einer Intensivstation erfolgen muss.[14] Die höchste Gefährdung schwer zu erkranken besteht für ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen oder unzureichendem Immunschutz.[15] Bei einem schweren Verlauf von COVID-19 tritt eine beidseitige Lungenentzündung und akutes Lungenversagen auf; die Betroffenen können sterben.[11] Beobachtet wurden außerdem krankhafte Veränderungen der Leber,[16] des zentralen Nervensystems,[17] der Nieren,[18] der Blutgefäße[19] und des Herzens.[20][21] Anhaltende Beschwerden nach der Erkrankung, auch Long COVID genannt, kommen relativ häufig vor, sowohl bei anfänglich schwer Erkrankten[22] als auch bei jungen, gesunden,[23] anfänglich nur leicht Erkrankten. Sie können zu langanhaltenden chronischen Beschwerden in vielen Organsystemen führen.[24] Bei über 100.000 Teilnehmern von COVID-Impfstudien dagegen wurden (Stand Dezember 2020) keine Hinweise auf Long Covid beobachtet.[25][26][27] Long Covid ist Thema laufender Forschung.[28][29][30][31] COVID-19 wird seit Beginn der Pandemie intensiv erforscht und die Ergebnisse werden international geteilt. Um andere Fachwissenschaftler umgehend über neueste Forschungsergebnisse zu informieren, ist es üblich, aktuelle Studien als Preprints im Internet auf speziellen Servern zu veröffentlichen.[32] Veröffentlichungen in den Sozialen Medien, aber auch in Presse, Rundfunk und Fernsehen sollten nicht nur auf diesen ungeprüften Studien, sondern auf Veröffentlichungen reputabler und fachlich zuständiger Institutionen basieren, so z. B. des Robert Koch-Instituts, der Weltgesundheitsorganisation, des National Health Service (NHS) oder Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Diesen liegen zum Teil Peer-Reviews der betreffenden Studien zu Grunde, auf die dort auch verwiesen wird. Bereits Ende des Jahres 2020 wurden in der Europäischen Union und in einigen Nicht-EU-Ländern COVID-Impfstoffe zugelassen und Impfkampagnen gestartet. Das Wissenschaftsmagazin Science erklärte die Entwicklung von Impfstoffen gegen das SARS-CoV-2 in nie dagewesener Geschwindigkeit zum wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres (Breakthrough of the Year).[33] Bezeichnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die WHO legte am 11. Februar 2020 das Akronym COVID-19 als offizielle Bezeichnung fest. Es stammt aus dem Englischen: CO für Corona, VI für Virus, D für Disease (Krankheit) und 19 für das Jahr der Erstbeschreibung 2019. Übertragungsweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Übertragung und Lebenszyklus des COVID-19 verursachenden Erregers SARS-CoV-2 Ursache der Erkrankung ist das Betacoronavirus SARS-CoV-2, das erstmals im Januar 2020 aufgrund von Isolaten aus Pneumoniepatienten identifiziert wurde.[34] Das Virus wurde bisher im Sekret des Nasen- und Rachenraumes, im Sputum, im Stuhl, der Tränenflüssigkeit, im Blut, in Aerosolen und auf Oberflächen nachgewiesen.[11][35][36][37] Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2 ist die respiratorische Aufnahme virushaltiger Flüssigkeitspartikel (Atmen, Husten, Sprechen, Niesen). Weitere Ansteckungswege (Stuhl, Tränenflüssigkeit, Blut) sind nicht abschließend geklärt. Am 20. Januar 2020 gab die chinesische Gesundheitskommission bekannt, dass eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung möglich sei,[38][39] insbesondere wenn zwei Personen engen Kontakt zueinander haben (weniger als 1,8 m Abstand[40] bzw. weniger als 1,5 m Abstand[11]). Aerosol- und Tröpfcheninfektion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ein Mann beim Niesen ausgedehnte Schwaden aus Speicheltröpfchen werden kegelförmig ausgestoßen Es wird angenommen, dass sich das Virus wie andere Erreger von Atemwegserkrankungen hauptsächlich durch virushaltige Partikel verbreitet. Diese werden von Infizierten beim Atmen, Husten, Niesen, Sprechen und Singen freigesetzt und dann von gesunden Personen aufgenommen. Der Übergang zwischen Aerosol- und Tröpfcheninfektion ist fließend.[11] Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Tröpfchen als Partikel mit einem Durchmesser von 5 bis 10 Mikrometer ( m).[41] Auf Grund ihrer Größe sinken Tröpfchen anders als die viel kleineren Aerosolpartikel relativ schnell zu Boden. Diese sind nur ca. 0,001 bis 5 m groß und verteilen sich mit den Luftströmungen in Räumen und Gebäuden auch über größere Distanzen; abhängig von ihrer Größe und Dichte können sie dort sehr lange in der Luft verbleiben. Das Risiko für eine Übertragung durch Aerosole ist bei Tätigkeiten mit hohem Partikelausstoß wie lautem Sprechen oder Singen in kleinen, schlecht gelüfteten Räumen wesentlich höher als im Freien.[11] Deshalb müssen insbesondere für Wohnungen, Büros, Klassenräume, Wohnanlagen und Betreuungseinrichtungen wirkungsvolle Maßnahmen zur Vorbeugung einer Infektion festgelegt und auch umgesetzt werden.[42][43] In klimatisierten Innenräumen, z. B. in Krankenhäusern, können Tröpfchen im Größenbereich von 5 bis 40 m bedingt durch ihr aerodynamisches Verhalten als jet riders (Transport mit Luft-Jet und Air Conditioning-induzierter Luftbewegung, Ausfallen in größerer Distanz, schlechte Elimination mit Ventilation) ganz besonders gut Krankheitserreger übertragen.[44] Im Freien finden so gut wie keine Infektionen durch Aerosolpartikel statt. Allerdings können Tröpfcheninfektionen auftreten, insbesondere in Menschenansammlungen, wenn Mindestabstände nicht eingehalten oder keine Masken getragen werden, oder beides.[43] Die Forschungsgruppe um Lidia Morawska und Donald K. Milton wies 2019 nach, dass bei kurzen oder mittleren Entfernungen in Innenräumen ein erhebliches Infektionsrisiko durch Mikrotröpfchen besteht, und empfahl Schutzmaßnahmen, um die Übertragung durch die Luft zu mindern.[45] Im Juli 2020 publizierten sie zusammen mit 239 internationalen Forschern einen entsprechenden Appell.[46] Regelmäßiges Lüften vor allem in Krankenhäusern, Altenheimen und Schulen, Luftreinigung und das Vermeiden von überfüllten Verkehrsmitteln und anderen Innenräumen wurde dringend angeraten. Eine biophysikalische Studie des MIT stellte Anfang 2020 experimentell fest, dass Flüssigkeitspartikel beim Husten oder Niesen ohne mechanische Barriere bis zu acht Meter weit verbreitet werden können. Dies stellt das aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert stammende Tröpfcheninfektionsparadigma in Frage.[47] Anhand einer Auswertung von Virusgenomen bei Superspreaderevents schätzen Forscher, dass die meisten Infektionen ab einer Übertragung von rund 1.000 Viruspartikeln erfolgen. Es seien aber auch Infektionen durch geringere Virusdosen möglich.[48] Chinesische Forscher schrieben im Februar 2020 aufgrund von quantitativen Analysen von RT-PCR-Untersuchungen des Nasopharynx, das Virus sei wie Influenza auch durch Aerosole übertragbar.[49][50] Eine Studie des US-amerikanischen NIAID stützt diese Ansicht anhand quantitativer Viruslastbestimmung in Aerosolen. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Viren in Aerosolen, die durch einen maschinellen Vernebler erzeugt wurden, wenigstens drei Stunden lang entwicklungsfähig und damit infektiös blieben. Es dauerte etwa 66 Minuten, bis die Hälfte der Viren ihre Ansteckungsfähigkeit in Aerosolen verloren.[51] Eine Metastudie von 24 Studien zeigte, dass von 473 untersuchten Luftproben aus Krankenhäusern mit COVID-Patienten 17 % Erbmaterial des Virus enthielten und in 9 % der untersuchten Proben das Virus in Kultur angezüchtet werden konnte. Dabei wiesen sowohl Luftproben aus Patientennähe als auch entfernt vom Patienten genommene Luftproben virushaltige Aerosole auf.[52] Bei 3 von 63 Patienten mit COVID-19-Pneumonie waren Abstriche von den Augenbindehäuten PCR-positiv. Die Studienautoren bemerkten jedoch, dass keine klinischen Daten auf den Verbreitungsweg hindeuten würden.[53] Das Robert Koch-Institut schreibt (Stand 17. August 2021) dazu: In drei (von 63 untersuchten) Patienten mit COVID-19-Pneumonie waren Konjunktivalproben PCR-positiv [ ]. Dies ist jedoch kein Beleg [dafür], dass Konjunktiven als Eintrittspforte fungieren können.[11] In einer Tierstudie (März 2020) konnte ein Rhesusaffe über die Augenbindehäute mit SARS-CoV-2 infiziert werden und zeigte einen milden Krankheitsverlauf.[54] Bei manchen untersuchten Patienten mit Krankheitssymptomen war die Virenmenge in der Nase höher als im Rachen; das Auftreten gerade in den oberen Atemwegen unterscheidet SARS-CoV-2 damit von dem SARS-verursachenden SARS-CoV-1.[49] Probenuntersuchungen der dem Münchener Cluster zugehörigen Patienten zeigen, dass die vorhandene Viruslast im Nasen-Rachen-Raum um den Faktor 1000 höher war als bei zuvor bekannten Coronavirus-Erkrankungen wie SARS und MERS.[55] Eine Studie konnte keinen Unterschied der Viruslast unter den verschiedenen Altersgruppen feststellen.[56] Kontaktübertragung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Teile dieses Artikels scheinen seit 2020 nicht mehr aktuell zu sein. Bitte hilf uns dabei, die fehlenden Informationen zu recherchieren und einzufügen. Wikipedia:WikiProjekt Ereignisse/Vergangenheit/fehlend [57] Vorläufige Laboruntersuchungen an SARS-CoV-2 zeigten 2020, dass das Virus auf Kunststoff und rostfreiem Stahl bis zu drei Tage infektiös bleiben kann, jedoch nicht länger als einen Tag auf Pappe oder länger als vier Stunden auf Kupfer.[51] UV-Licht tötet die Viren in kurzer Zeit. Laut Robert Koch-Institut sei eine Infektion durch kontaminierte Oberflächen insbesondere in der unmittelbaren Umgebung des Infizierten nicht auszuschließen .[11] Das ECDC schrieb im März 2020, das Virus könnte durch von Tröpfchen bedeckte Oberflächen übertragen werden.[58] Die US-amerikanischen National Institutes of Health schrieben im März 2020 nach quantitativen Untersuchungen der Viruslast in verschiedenen Szenarien, eine Übertragung durch kontaminierte Gegenstände und Oberflächen könne stattfinden, da das Virus mehrere Stunden (in speziellen Fällen sogar bis zu drei Tage) nach der Kontamination außerhalb des menschlichen Körpers nachweisbar ist.[51][59] Untersuchungen mittels Viruskultur zeigten, dass, abhängig von den Umweltbedingungen, auch nach dem Aufenthalt des Virus auf Gegenständen eine Infektiosität besteht.[60] Die prinzipielle Möglichkeit einer Übertragung wurde inzwischen (2022) dahingehend bewertet, dass die Wahrscheinlichkeit einer Kontaktinfektion etwa 1000-mal geringer ist als durch Aerosole und Tröpfcheninfektion. Damit sind Kontaktübertragungen für das Pandemiegeschehen von COVID-19 bedeutungslos.[57] Stillen und Muttermilch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das SARS-CoV-2 wird bei infizierten Müttern nicht in der Muttermilch nachgewiesen.[61] Dagegen werden in der Muttermilch der infizierten Frauen spezifische Antikörper gegen SARS-CoV-2 gefunden, die das Baby oder Kleinkind bei einer eventuellen Infektion schützen können.[61] Die Empfehlung der WHO seit Anfang der Pandemie lautet: Auch bei SARS-CoV-2 Infektion soll das Stillen weiter gefördert und unterstützt werden.[62] Obwohl das Virus nicht durch Muttermilch übertragen wird, ist das Infektionsrisiko durch Aerosole zu minimieren, deswegen wird bei einer COVID-19-Erkrankung der Mutter auch beim Stillen das Tragen einer Maske, häufiges Händewaschen und häufiges Desinfizieren von Oberflächen empfohlen.[63] Die WHO betonte, es sei besonders wichtig, dass Neugeborene nicht systematisch von ihren Müttern getrennt werden, wenn ein Verdacht auf COVID-19 besteht.[64] Andere Übertragungswege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Forscher aus Singapur empfehlen aufgrund des Virusnachweises im Stuhl und des Nachweises von infektionsfähigen Coronaviren im Abwasser von zwei chinesischen Krankenhäusern während der SARS-Pandemie 2002/2003, den Stuhl der Patienten als infektiös zu behandeln. Um die Möglichkeit eines fäkal-oralen Infektionswegs neben Tröpfchen- und Aerosol-Infektionen auszuschließen, seien weitere Untersuchungen sowohl der Virusausscheidung der Patienten als auch der potentiell kontaminierten Umwelt notwendig.[65] Probenuntersuchungen mittels Viruskultur der dem Münchener Cluster zugehörigen 16 Patienten zeigen hingegen, dass deren Stuhl nicht virulent war, obschon sich Virus-RNA nachweisen ließ.[55] Dahingegen berichten chinesische Forscher von zwei Fällen ohne Durchfallbeschwerden, bei denen mittels Viruskultur und Elektronenmikroskopie vermehrungsfähiges Virus im Stuhl nachgewiesen werden konnte.[66] Dies konnte von einer anderen Forschungsgruppe bestätigt werden.[67] Ein Zellkulturmodell mit Virus-RNA-haltigen Abwasserproben konnte kein vermehrungsfähiges Virus nachweisen.[68] Eine Übertragung im Mutterleib ist in mehreren Einzelfällen nachgewiesen.[69][70] Basisreproduktionszahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Auswertung der Daten der ersten 425 Fälle in Wuhan ergab eine Basisreproduktionszahl R 0 {\displaystyle R_{0}} von 2,2[71] was bedeutet, dass jeder Infizierte im Durchschnitt 2,2 andere Personen angesteckt hatte. Eine Modellrechnung mit chinesischen und ausländischen Patientendaten vom 31. Dezember 2019 bis zum 28. Januar 2020 ergab einen Wert von 2,68.[72] Eine Auswertung des frühen Stadiums des Ausbruchs auf dem Kreuzfahrtschiff Diamond Princess kam auf einen Wert von 2,28.[73] Im Vergleich hierzu wurde für SARS eine Basisreproduktionszahl von 2,3 bis 2,6 berechnet.[74] Eine vergleichende Auswertung von 12 Studien, die bis zum 7. Februar 2020 veröffentlicht wurden, kommt zu dem Ergebnis, dass die Basisreproduktionszahl höher liegt, als bisher von der WHO angenommen, deren Schätzung bei 1,4 bis 2,5 liegt.[39] Die Wissenschaftler aus Schweden, China und Deutschland schätzten, dass die Basisreproduktionszahl im Mittel bei 3,28, im Median bei 2,79 (bei einem Interquartilabstand von 1,16) liegt und somit über dem Wert bei SARS, den sie mit 2 bis 5 angeben. Aufgrund der unzureichenden Datenlage sind die aktuellen Schätzungen der mittleren Basisreproduktionszahl möglicherweise verzerrt.[75] In einem am 7. April 2020 veröffentlichten Artikel schätzen die Centers for Disease Control and Prevention die Basisreproduktionszahl ohne eindämmende Maßnahmen auf 5,7 bei einem 95 %-Konfidenzintervall von 3,8 bis 8,9.[76][77] Eine internationale Studie, die 539 Sozialkontakte eines Patienten untersuchte, stellte fest, dass dieser eine Patient 2 von 7 engen Sozialkontakten, und 3 von 473 flüchtigen Sozialkontakten angesteckt hatte.[78] In einem von Christophe Fraser, Luca Ferretti und Kollegen entwickelten mathematischen Infektionsmodell[79] kann die Basisreproduktionszahl (nach den Autoren beim Wert 2,0) aufgeteilt werden nach der Art der Übertragung: präsymptomatisch, asymptomatisch, symptomatisch und über Umweltkontakt (z. B. Schmierinfektion). Danach ist der Wert von R 0 {\displaystyle R_{0}} allein aus präsymptomatischer Übertragung 0,9 (entsprechend 46 Prozent an dem Gesamtwert von R 0 {\displaystyle R_{0}} ), also fast ausreichend, um eine Epidemie am Laufen zu halten. Der Beitrag der symptomatischen Überträger ist nach den Autoren 0,8, der asymptomatischen 0,1 und der Umwelt 0,2. Die Generationszeit ist nach der Studie im Mittel 5,0 Tage. Die Studie untersuchte mit ihrer mathematischen Simulation auch die Erfolgsaussichten der Isolation symptomatischer Individuen und der manuellen Kontaktverfolgung und kam zu dem Schluss, dass sie nicht schnell genug sind, um die Epidemie zu stoppen. (Sie empfehlen die Verwendung von Apps auf Mobiltelefonen.) Superspreading[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Neigung von COVID-19 zum Superspreading wird durch Überdispersion angezeigt. Überdispersion beschreibt das Phänomen einer hohen individuen-spezifischen Variation in der Verteilung der Anzahl der Sekundärübertragungen, die zu Superverbreitungsereignissen führen kann. Der Grad an Überdispersion lässt sich durch ein statistisches Modell schätzen, bei dem die Verteilung der Sekundärübertragungen durch den Überdispersionsparameter {\displaystyle \kappa } und die Basisreproduktionszahl R 0 {\displaystyle R_{0}} charakterisiert wird.[80] Der Überdispersionsparameter quantifiziert die Variabilität in der Anzahl der Sekundärfälle und kann als Maß für die Wirkung von Superspreading interpretiert werden. Je kleiner der geschätzte Überdispersionsparameter, desto stärker ist die Wirkung von Superspreading.[81] Die Interpretation des geschätzten Überdispersionsparameters wird vereinfacht, indem sich auf den Anteil der Individuen konzentriert wird, der für 80 % der Sekundärübertragungen verantwortlich ist (ein empirisches Muster, bekannt als 80/20-Regel). Wenn der Überdispersionsparameter klein ist ( 1 {\displaystyle \kappa \ll 1} ), approximiert er den Anteil infizierter Personen, die 80 % der Infektionen verursachen. Beispielsweise würde ein geschätzter Überdispersionsparameter von 0,1 bedeuten, dass die infektiösesten 10 % der Personen etwa 80 % der Infektionen verursachen.[82] Julien Riou und Christian Althaus kamen durch Simulationen zu dem Schluss, dass der geschätzte Überdispersionsparameter bei COVID-19 etwas höher sei als der bei SARS-CoV und MERS-CoV.[83] In einem Preprint von Gabriel Leung und Kollegen, in dem Kontaktpersonennachverfolgung sdaten verwendet wurden, um SARS-CoV-2-Cluster in Hongkong zu identifizieren und zu charakterisieren, wurde der Überdispersionsparameter auf 0,45 geschätzt (95 %-Konfidenzintervall: [0,31 0,76]). Dies stelle eine beträchtliche individuelle Heterogenität in der Übertragbarkeit von SARS-CoV-2 dar und ist damit mit einem hohen Potenzial für zukünftiges Superspreading verbunden, allerdings nach ihren Resultaten weniger stark als bei SARS-CoV und MERS-CoV.[84] Spätere Studien gehen von einem geschätzten Überdispersionsparameter von etwa 0,1 aus.[82] Es gibt empirische Belege dafür, dass die Verteilung der Anzahl der Sekundärübertragungen fette Verteilungsenden aufweist. Außergewöhnliche Übertragungsereignisse sind daher zwar extreme, aber dennoch wahrscheinliche Ereignisse, die einen beträchtlichen Beitrag zur Gesamtübertragung leisten (siehe dazu ausführlich in Überdispersion#Anwendung in der Epidemiologie). Inkubationszeit, Serielles Intervall und Zeitspanne der Infektiosität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Krankheitsverlauf Inkubationszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Inkubationszeit (also der Zeitraum zwischen Ansteckung und Beginn der Erkrankung) kann laut Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI) bis zu 14 Tage betragen.[11] Das RKI und auch eine statistische Auswertung mehrerer Berichte von Infektionen in einem Haushalt oder in anderer enger räumlicher Begrenzung (sogenannte Cluster) haben die Inkubationszeit auf 5 6 Tage im Median beziffert.[85] In Korea wurde anhand der Daten von 303 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren der Zeitraum zwischen erstem Positivtest und Krankheitssymptomen zu 15 Tagen ( ) ermittelt. Die Abklingzeit bis zum Negativtest betrug bei symptomatischen 19,5 und bei asymptomatischen Patienten 17 Tage.[86] Eine Analyse der ersten 425 in Wuhan gemeldeten Fälle ergab eine Inkubationszeit von im Mittel 5,2 Tagen und ein Durchschnittsalter von 59 Jahren. Die Autoren vermuteten, dass bereits Mitte Dezember 2019 im Umfeld des Fischmarktes Übertragungen von Mensch zu Mensch stattfanden.[71] Infektiosität während der Inkubationszeit und im Verlauf mit oder ohne Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine Ansteckung anderer Menschen während der Inkubationszeit ist trotz beschwerdefreien Gesundheitszustands möglich. Tests auf die Viruslast im Sputum von Patienten legen außerdem den Verdacht nahe, dass manche Patienten auch während der Ausheilung bei klinischer Besserung weiterhin vorübergehend infektiös sein können.[87] In einer Gruppe von 126 aus Wuhan nach Deutschland Evakuierten zeigten sich zwei Patienten in der RT-PCR des Rachenabstrichs positiv, die keine oder nur sehr unspezifische Beschwerden aufwiesen.[88] Ebenso ist ein Fall eines subjektiv asymptomatischen zehnjährigen Jungen in Shenzhen beschrieben, dessen Blutbild und Entzündungszeichen im Labor unauffällig waren. In der weiteren Untersuchung zeigten sich jedoch radiologische Befunde vereinbar mit einer Pneumonie, und im Rachenabstrich ließ sich Virus-RNA nachweisen.[35] In einer Untersuchung einer dreiköpfigen Familie aus Guangzhou im Februar 2020 waren alle Familienmitglieder PCR-positiv, aber nur der Vater zeigte Symptome. Die Autoren hielten es hypothetisch für möglich, dass nicht der Vater der Patient 1 gewesen sein könnte, sondern ebenso auch die anderen beiden asymptomatischen Personen hierfür in Frage kommen, und warnten aufgrund dessen vor einer Verbreitungsgefahr des Virus durch beschwerdefreie Patienten in frühen Infektionsstadien.[89] Messungen der Viruslast im Sekret des Nasenrachenraums von 14 mit COVID-19 diagnostizierten Patienten ergaben eine ähnlich hohe Viruslast bei symptomfreien Patienten (einer von 14 Untersuchten) und solchen mit Symptomen (13 von 14 Untersuchten, von denen zehn leicht bis mittelschwer erkrankten und drei so schwer, dass sie intensivmedizinisch behandelt werden mussten).[49] Aufgrund von quantitativen Virusuntersuchungen im Sekret des Nasenrachenraums bei Patienten mit sehr leichten Symptomen schlossen die Forscher der Virologie der Charit und des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr, dass auch bereits bei sehr milden Erkrankungssymptomen eine hohe Infektionsfähigkeit besteht.[90][91] Auch das Robert Koch-Institut hat über einzelne Fälle berichtet, bei denen sich Betroffene möglicherweise bei infizierten Personen angesteckt haben, die noch keine oder keine spezifischen Symptome hatten.[92] Zum gleichen Ergebnis kamen chinesische Fallbeobachtungen, bei denen asymptomatische Patienten im häuslichen Umfeld andere Menschen ansteckten.[93][94] Eine weitere Studie aus China kam anhand von Kontaktpersonennachverfolgung und der Analyse des Virusgenoms zu der Vermutung, dass die Bildung eines Infektionsclusters auf eine asymptomatische Person zurückging. Die vermutete asymptomatische Patientin 1 kehrte am 19. März 2020 aus den USA zurück und wurde aufgefordert, sich in häusliche Quarantäne zu begeben. Sie wohnte im selben Haus, befand sich jedoch nie in körperlicher Nähe mit den später Infizierten und wurde selbst nie PCR-positiv getestet. Etwa 20 Tage nach der vermuteten Ansteckung des Clusters war ihr IgG-Wert positiv, für die Autoren ein Hinweis ( indicating ), dass sie früher mit SARS-CoV-2 infiziert war. Die Autoren glaubten ( we believe ) deshalb, dass sie die asymptomatisch Infizierte war und dass Patient 2 durch Kontakt mit Oberflächen im Aufzug des Gebäudes, in dem beide wohnten, infiziert wurde. Außerdem zeigte eine Analyse des Virusgenoms, dass es sich vom bisher in China zirkulierenden Genom unterschied für die Autoren ein Hinweis ( indicating ), dass es aus dem Ausland stammte und vermutlich ( suggesting ) Patient 1 der Ursprung des Infektionsbaums war.[95] In einer Studie an 191 Krankenhauspatienten zeigten chinesische Forscher bei den 137 Überlebenden ein positives Testergebnis der RT-PCR für im Mittel zwanzig Tage mit einer Streuung zwischen acht und 37 Tagen.[96] Eine Analyse von Infektionen in Singapur und Tianjin ergab, dass 48 % bis 62 % der Infektionen von Menschen übertragen wurden, die COVID-19-infiziert waren, aber noch keine Symptome zeigten.[97] Ein wesentlicher Unterschied zum SARS-Coronavirus ist, dass Patienten schon einige Tage vor Einsetzen der Krankheitssymptome infektiös sein können (beim SARS-Coronavirus waren die Patienten hingegen erst nach Auftreten der Symptome infektiös). Die Infektion lässt sich daher schwerer erkennen und schwieriger eindämmen. Bei Quarantänemaßnahmen reicht es deswegen nicht aus, nur die klinisch auffälligen Personen zu isolieren.[98] Eine im April 2020 veröffentlichte chinesische Untersuchung[99] bestätigte die große Rolle von präsymptomatischer Übertragung bei COVID-19. Aus den Daten berechneten sie (wie sich später zeigte, mit einem Rechenfehler, siehe unten), dass bei den untersuchten Fällen die Infektiosität 2 bis 3 Tage vor Ausbildung von Symptomen begann. Untersucht wurden 94 Fälle aus einem Krankenhaus in Guangzhou, bei denen der zeitliche Verlauf der Viruslast im Rachen ermittelt wurde. Sie war bei Symptombeginn schon ausgeprägt und zeigte danach einen Abfall. Außerdem wurden 77 Fälle von Paaren aus einer Infektionskette innerhalb und außerhalb von China untersucht. Diese zeigte, dass die Infektion bei 44 Prozent vor Ausbildung von Symptomen beim Infizierenden stattfand. Die Infektionsperiode begann im Mittel 2,3 Tage vor Symptombeginn und hatte einen Höhepunkt 0,7 Tage vor Symptombeginn. Innerhalb einer Woche nahm die Infektiosität rasch ab. Das serielle Intervall betrug im Mittel 5,8 Tage. Bei einer Nachuntersuchung der Daten von Leung und Kollegen fand ein Team um Sebastian Bonhoeffer von der ETH Zürich einen Fehler im Computerprogramm, durch den zwei Datenpunkte versehentlich wegfielen. Tatsächlich begann die infektiöse Periode etwa 5 Tage vor Beginn der Symptome. Der Anteil präsymptomatischer Ansteckungsfälle von rund 45 Prozent bleibt aber gleich.[100][101] Leung und Kollegen haben den Fehler eingeräumt. Die Korrektur hat auch Auswirkung auf das Kontakt-Tracing, das auf 5 bis 6 Tage vor Symptombeginn (statt wie bisher 2 bis 3 Tage) ausgedehnt werden müsste. Infektiosität von Genesenen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ärzte der Sun-Yat-sen-Universität in Guangzhou berichten von einem Fall, der nach einem milden Verlauf und zwei negativen RT-PCR-Ergebnissen aus Abstrichmaterial erneut ohne Beschwerden einen positiven Virusnachweis ergeben habe. Die Studienautoren empfehlen routinemäßige Tests und eine zweiwöchige Quarantäne auch bei beschwerdefreien Ausgeheilten, um potenzielle Neuinfektionen zu verhindern.[102] Eine Studie aus Peking stellte im März 2020 bei 22 von 133 entlassenen Patienten bei negativem Rachenabstrich weiterhin nachweisbare Virus-RNA im Stuhl oder im Sputum fest. Die Autoren empfahlen zum Ausschluss einer Infektionsgefahr durch entlassene Patienten über den Rachenabstrich hinausgehende RT-PCR-Testung.[103] Die Weltgesundheitsorganisation gab in ihrem wöchentlichen Epidemiological Update im August 2021 zum Risiko einer erneuten Infektion an, bei der in Deutschland vorherrschenden Delta-Variante werde eine Reduzierung der Immunität berichtet.[104] Serielles Intervall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das serielle Intervall, das heißt der zeitliche Abstand vom Beginn der Erkrankung einer Person zum Beginn der Erkrankung einer von ihr infizierten Person in einer Infektionskette, betrug nach einer im Januar 2020 veröffentlichten chinesischen Studie mit 425 Patienten im Mittel 7,5 Tage (Standardabweichung 3,4 Tage),[71] nach einer anderen Studie mit 28 Fällen 4 Tage.[11][105] Auch eine Studie mit 468 bestätigten Infektionspaaren aus ganz China im Januar/Februar 2020 kam auf ein serielles Intervall von im Mittel 3,96 Tagen (95 %-Konfidenzintervall 3,53 bis 4,39 Tage, Standardabweichung 4,75 Tage).[106] Darunter waren auch 59 Fälle (12,6 Prozent der Fälle), in denen die Symptome beim Infizierten früher auftraten als bei der infizierenden Person. In einer Studie zu 312 Übertragungen wurde als Mittelwert des seriellen Intervalles 4,46 Tage angegeben. Darin wurden Übertragungen bereits am ersten Tag nach der Ansteckung festgestellt. Am dritten Tag war das Übertragungsrisiko am höchsten. Nach 10 Tagen sank das Übertragungsrisiko deutlich ab, war aber immer noch vorhanden.[107] Krankheitsentstehung bei COVID-19[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das COVID-19 auslösende Virus SARS-CoV-2 dringt wie SARS-CoV-1 bei SARS über eine Bindung an das in der Zellmembran verankerte Enzym ACE2 in die menschliche Zelle ein.[108] Dabei interagiert das virale Spike-Glykoprotein mit ACE2. Für diesen Prozess ist die Mitwirkung der Serinprotease TMPRSS2 notwendig.[109] Im Versuch mit HeLa-Zellen, die ACE2 des Menschen, der Chinesischen Hufeisennase (Rhinolophus sinicus), einer Schleichkatzenart, des Hausschweins und der Maus exprimieren, konnte SARS-CoV-2 das jeweilige ACE2-Protein als Rezeptor nutzen, um in die Zelle einzudringen, nur bei dem Maus-ACE2 gelang dies nicht, ebenso wenig bei HeLa-Zellen, die kein ACE2 bildeten. An Rezeptoren, die von anderen Coronaviren genutzt werden, findet keine Bindung von SARS-CoV-2 statt.[108] Das Protein LRRC15 ist vermutlich ein Resistenzfaktor gegen SARS-CoV-2 und hemmt dessen Vermehrung. Eine reverse Suche in einer humanen Zelltypen- und Genexpressions-Datenbank (Human Cell Atlas, kurz: HCA) nach Zelltypen und Geweben, bei denen neben ACE2 auch TMPRSS2 auf Membranoberflächen vorhanden ist, zeigte, dass in der Nasenschleimhaut vor allem den Becherzellen, aber auch den Flimmerepithelen die höchsten Konzentrationen dieser beiden Proteine auftreten. Daher werden diese Zellen als Eintrittspforte für SARS-CoV-2 angesehen und auch als Reservoir vermutet.[110][111] Die Proteine werden ebenso in den Hornhaut-Zellen des Auges, in der Darmschleimhaut sowie im Herz in Perizyten der Blutkapillaren, Herzmuskelzellen und Fibroblasten gebildet. Dabei bleibt die erste Phase des Befalls im Nasenrachen nahezu symptomfrei, während bei Übergang in eine schwere Verlaufsform überwiegend die Lunge angegriffen wird, da ein Großteil der ACE-2 exprimierenden Zellen des Menschen in den Typ-II-Pneumozyten der Lunge vorkommt.[112][113] Als weitere Gründe für die besondere Anfälligkeit der Lunge wird ihre große Oberfläche angegeben,[113] außerdem exprimieren die Pneumozyt-Typ-II-Zellen diverse Gene, die die Replikation und Transmission von SARS-CoV-2 begünstigen.[112] Bei Untersuchungen an kryokonservierten Lungengewebsproben von Nichtinfizierten konnte auch gezeigt werden, dass Lungengewebe kaum ACE2 sowie die Transmembranprotease TMPRSS2 ausbildet, die Pneumozyten Typ II in der Lunge hingegen vermehrt. Diese Vorläuferzellen waren bei Männern und in fortgeschrittenem Alter tendenziell vermehrt nachzuweisen. Neben unterschiedlichen ACE2-Werten bei Männern und Frauen wird eine Ursache für die unterschiedliche Schwere der Erkrankung im geschlechtsspezifischen Hormonhaushalt vermutet: Östrogen fördert eine Immunantwort, Testosteron dagegen unterdrückt sie .[114] Eine Rolle der im Lungenepithel und benachbarten Gewebezellen gebildeten Proprotease Furin, die bei anderen Coronaviren dem Virus den Zellzutritt vereinfacht, wird diskutiert, da es am Spike-Protein von SARS-CoV-2 eine Furin-spezifische Trennstelle gibt. Außer in der Lunge wurde ACE-2 auch im Dünn- und Dickdarm, in den Atemwegen und in den Nieren nachgewiesen.[115] Eine Vermehrung des Virus in Darmzellen[116] und Inselzellen der Bauchspeicheldrüse wurde bestätigt.[117] Durch Untersuchung von Lungengewebe mittels Biopsien oder Autopsien konnte ein diffuser Schaden an den Lungenbläschen nachgewiesen werden. Dieser zeigte sich in der Bildung hyaliner Membranen, der Verdickung der Alveolarwände und der Einwanderung von einkernigen Immunzellen und Makrophagen. Elektronenmikroskopisch ließen sich Viruspartikel in den Pneumozyten Typ 2 und den Zellen der Bronchien nachweisen. Neben den Veränderungen in der Lunge wurden auch Nekrosen der Lymphknoten am Lungenhilus, Lebervergrößerungen mit Entzündungszellinfiltrat, Atrophien der Milz und bei einzelnen Patienten vereinzelte degenerierte Nervenzellen des Gehirns beobachtet. Ob die Schäden außerhalb der Lunge direkt dem Virus oder der allgemeinen Belastung des Organismus durch die Erkrankung zuzuschreiben sind bleibt unklar.[118] In einer anderen Obduktionensserie zeigten sich herdförmige kleinste Thromben in den Lungenkapillaren auch in Abwesenheit von größeren Thrombosen im Organismus. Darüber hinaus zeigte sich bei fortgeschrittener Erkrankung auch ein fibrotischer Umbau der Lungenareale. Eine diffuse alveoläre Schädigung wie beim klassischen ARDS zeigte sich nur bei Patienten, die auch invasiv beatmet worden waren. Die Autoren schlossen daraus, dass die Bildung der Blutgerinnsel in den kleinsten Blutgefäßen den führenden Mechanismus der COVID-assoziierten Lungenschädigung darstellte.[119] Das Eindringen des Virus in die Riechsinneszellen über die Nasenschleimhaut ist nachgewiesen. Eine Ausbreitung des Virus über diese Nervenzellen in das zentrale Nervensystem wird vermutet.[120] In einigen wenigen Fällen wurde das Auftreten eines Guillain-Barr -Syndroms diagnostiziert, das oft mit Virusinfektionen assoziiert ist. Die Patienten waren PCR-positiv ein Liquornachweis gelang nicht. In der Bildgebung waren die Cauda equina sowie der Nervus facialis auffällig darstellbar. Symptomatisch zeigten sich Parästhesien und Paresen (motorische Ausfälle).[121] In einem weiteren Fallbericht wurde eine virusinduzierte Encephalitis auch durch positiven PCR-Nachweis in der Cerebrospinalflüssigkeit bestätigt.[122] Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) empfiehlt in einer eigens für die COVID-Erkrankung herausgegebenen Leitlinie eine fortlaufende Kontrolle besonders stationär, aber auch ambulant versorgter Patienten auf Frühzeichen neurologischer Mitbeteiligung.[123] Röntgenaufnahme einer COVID-19-Viruspneumonie Italienische Intensivmediziner haben im April 2020 aufgrund ihrer klinischen Beobachtungen für das Vorhandensein zweier Erscheinungsformen der COVID-19-Viruspneumonie plädiert. Die Pneumonie beginne meist mit dem L-Typ, der sich durch ein geringes Vorhandensein eines Ödems im Gewebe auszeichne. Bei einem Teil der Patienten erfolge der Übergang in einen H-Typ, der sich durch ein Ödem im Gewebe auszeichne. Die Forscher plädieren für eine unterschiedliche Vorgehensweise bei der Beatmung dieser zwei Typen.[124] Bei Vorliegen extrem erniedrigter Sauerstoffsättigung, die auf eine massive Gasaustauschstörung schließen lässt und in Verbindung mit einer Bildgebung eindeutig auf ein akutes Lungenversagen (ARDS) deutet, weichen deutsche Pneumologen mittlerweile auch von bisherigen Leitlinien ab und empfehlen zunächst eine lungenschonendere nichtinvasive Beatmung (NIV) mit O2-Anreicherung.[125] Weitere führende Pneumologen regten ebenfalls aufgrund der vermehrten Endothelschäden befallener Lungengefäße an, nicht die klassische Beatmungsstrategie für ein entzündliches Pneumonitis-ARDS, sondern bei noch gegebener Elastizität mit an das von ihnen zur Unterscheidung als CARDS benannte klinische Bild bei COVID durch adaptierte Tidalvolumina und Expirationsdrucke (PEEP) anzupassen.[126] Eine feingewebliche Untersuchung an sechs verstorbenen Patienten zeigte bei den fortgeschrittenen Lungenerkrankungen, die klinisch dem H-Typ zuzuordnen sind, die Ausbildung von Fibrinballen in den Lungenbläschen mit einem Infiltrat aus T-Lymphozyten und Plasmazellen sowie einer Hyperplasie der Typ-II-Pneumozyten. In den Blutgefäßen fanden sich Zeichen einer Endothelschädigung mit Ausbildung von Vakuolen im Zellplasma sowie der Unterbrechung der Verbindungen zwischen den Endothelzellen. Die Autoren stellten die Hypothese auf, dass der H-Typ als spätere Verlaufsform der COVID-Lungenkrankheit feingeweblich das Bild einer akut-fibrinösen organisierenden Pneumonie zeige.[127] Eine Untersuchung der Lungen von sieben Verstorbenen zeigte eine deutlich erhöhte Gefäßneubildung durch Lumenteilung in den befallenen Lungengefäßabschnitten. Die Autoren stellten die Hypothese auf, dass die krankhaft gesteigerte Gefäßneubildung zum Lungenschaden beitrage.[128] Beim Übergang von milden zu schweren Verläufen wird mittlerweile ein virusinduzierter septischer Schock angenommen, der auf einem immunologischen Mechanismus basiert. Bei milden Fällen gelinge es dem Immunsystem, die Virusvermehrung in der Lunge rasch aufzuhalten. Bei schweren Fällen gelänge dies aber durch die virusbedingte Dysfunktion der direkt infizierten T-Zellen nicht. Die Virusvermehrung in den Lungenepithelzellen und auch den Innenschichtzellen der Lungenkapillaren führe zu einem Kapillarleck, das zur Einlagerung von Flüssigkeit in den Lungenbläschen führe. Durch die unkontrollierte Virusvermehrung komme es zu einer weiteren Einwanderung von Monozyten und Granulozyten. Dabei waren entzündungsverstärkende Zytokine und Chemokine einschließlich TNF- , Interleukin-1 , IL-6, CXCL10, CCL2 und MIP-1 signifikant erhöht, wodurch sich Immunzellen am Ort einer Entzündung ansammeln und die Immunantwort verstärkt wird. Die Entzündungsreaktion in der Lunge führe zusammen mit dem Übergreifen des Virus auf andere Organe zu einer überschießenden Immunreaktion im Sinne des Zytokinsturms, der wiederum lokal zu weiterer Zellschädigung führt und im Anschluss die Lymphozytenzahl besonders CD4+- und CD8+-T-Zellen reduziert (Lymphopenie).[129] Bei milden Verläufen wurde kein signifikanter Abfall von Effektor-T-Zellen beobachtet. Bei schweren Verläufen korreliert deren Wiederanstieg mit der Heilung der Erkrankung.[130] Ebenso fand sich in einer kleinen Studie, dass überlebende Patienten vor allem IgG-Antikörper gegen das Spike-Protein bilden und an der Erkrankung Verstorbene vor allem IgG-Antikörper gegen das Nucleocapsid ausbilden.[131] Als weiterer Mechanismus wird eine direkte Freisetzung des spezifischen Transkriptionsfaktors NF- B angesehen, die wiederum IL-6 hochreguliert. Zusätzlich ist durch die infektionsbedingte Reduktion von ACE2 ein Anstieg von Serum-AngII beobachtbar, was wiederum über die AngII-AT1R-Achse auch NF- B, Disintegrin und die Sekretase ADAM17 (englisch ADAM metallopeptidase domain 17) aktiviert, die die reife Form der Liganden des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR) und TNF , sowie zwei NF- B-Stimulatoren erzeugt.[132] Die ADAM17-Induzierung verarbeitet auch die Membranform von IL-6R zur löslichen Form (sIL-6R ), gefolgt von der gp130-vermittelten Aktivierung von STAT3 über den IL-6/sIL-6R -Komplex in IL-6R -negativen Zellen, wie Fibroblasten, Endothel- und Epithelzellen.[133] So kann eine SARS-CoV-2-Infektion im Atemtrakt sowohl NF- B als auch STAT3 aktivieren, was wiederum den IL-6-Verstärker (englisch IL-6 amplifier, kurz IL-6 Amp) in Gang setzt, einem Mechanismus für die weitere Überaktivierung von NF- B durch STAT3, was zu unterschiedlichen Entzündungs- und Autoimmunkrankheiten führt.[133] Dabei wird der IL-6-Verstärker in einer positiven Rückkopplungsschleife durch die Induzierung verschiedener entzündungsfördernder Zytokine und Chemokine, einschließlich Interleukin-6, und die Rekrutierung von lymphoiden und myeloischen Zellen, wie zum Beispiel aktivierte T-Zellen und Makrophagen, verstärkt. Dieser Prozess wird als Zytokinsturm bezeichnet und ist die Ursache für das akute Lungenversagen bei einer SARS-CoV-2-Infektion. Da IL-6 als wichtiger Marker für Seneszenz gilt, könnte der IL-6-Verstärker auch für die höhere Mortalität unter Älteren angesehen werden.[134] Vergleichende Untersuchungen mit anderen Formen des akuten Lungenversagens und Entzündungssyndromen kommen jedoch zu dem Schluss, dass die Menge der freigesetzten Entzündungsmediatoren bei einer schweren COVID-19-Erkrankung deutlich niedriger ist als bei anderen mit einem Zytokinsturm vergesellschafteten Erkrankungen. Dies wird als Hinweis gewertet, dass auch andere Mechanismen der Krankheitsentstehung wie Gefäßentzündung, direkte virale Schädigung oder durch das Virus induzierte Immunschwäche stark zur Schwere der Erkrankung beitragen.[135] Interferon-1 ist ein zentraler Regler der zellulären Immunantwort gegen Viren. Im Gegensatz zu anderen respiratorischen Viren zeichnet sich COVID durch eine Verminderung von Interferon-1 und Interferon-3 aus.[136] Ebenso wurde eine Verminderung der Produktion von Interferon-1 durch das Virusprotein Orf9b im Zellmodell nachgewiesen.[137] In einer Studie wurden bei 3,5 % Prozent untersuchter COVID-Patienten mit schwerem Verlauf angeborene Defekte der Interferon-1-Bildung festgestellt.[138] Interferon alpha spielt eine komplexe, janus-artige Rolle für die Pathogenese von COVID-19. Obwohl es die Elimination virusbefallener Zellen fördert, reguliert es auch die Expression von ACE-2 hoch, so dass es zugleich den Eintritt von SARS-Cov2-Viren in Zellen und deren Replikation erleichtert[111][139]. Ein Wettbewerb negativer (über den protektiven Effekt von Interferon Alpha) und positiver Rückkoppelungen (über Hochregulation von ACE-2) ist daher entscheidend für den Verlauf der Erkrankung[140]. Forscher aus Wuhan haben im März 2020 in einer Studie auch von Herzmuskelschäden berichtet. Bei rund einem Fünftel der 416 untersuchten hospitalisierten Patienten zeigte sich neben der Lungenschädigung auch eine Schädigung des Herzmuskels. Die Ursache der Herzschädigung sei noch nicht klar. Sie vermuteten eine negative Wirkung der im Rahmen der Pneumonie ausgelösten Entzündungsreaktion[141] sowie eine direkte Infektion und erhöhter Stress des Herzens durch die mangelnde Sauerstoffversorgung und die höhere Kreislaufbelastung. Bei Autopsien zeigten sich Entzündungsinfiltrate, die mit Regionen von Zelluntergang korrelierten. Das Bild der Herzmuskelschädigung war in diesen Fällen vereinbar mit einer Myokarditis.[28] Deren Ausbildung ohne bekannte koronare Vorerkrankung wurde auch ohne Beteiligung der üblichen Pneumonitis beobachtet.[142] Mit dem Alter steigt die Expression von ACE2 und TMPRSS2 in Herzmuskelzellen an, über die der Zellzutritt erfolgt. Die Schädigung der Kardiomyozyten ist korreliert mit dem Anstieg von Troponin, einem typischen Marker für Herzinfarkt. Resultiert eine Pumpschwäche des linken Ventrikels, könne das die verminderten Überlebenschancen Älterer erklären. Diese Zusammenhänge, sowie eine höhere Expression eines IL-6 Rezeptors auf Kardiomyozyten im Alter, der für den Zytokinsturm verantwortlich ist, wurde bei postmortem Untersuchungen des Herzens von Patienten gefunden, die nicht an kardialen Erkrankungen, aber auch nicht durch SARS-CoV-2 verstarben.[143] Im Fall zweier relativ junger und nicht vorerkrankter Patienten, die aufgrund geschilderter Symptome einen grippeähnlichen Infekt durchgemacht hatten, zeigte sich 4 Wochen später Atemnot, die den Verdacht einer Herzmuskelfunktionsstörung nahelegte. PCR-Tests der zur Verdachtsabklärung entnommenen Biopsate waren positiv, sodass die Herzerkrankung als Folge einer SARS-CoV-2-Infektion vermutet wird.[144] In einer weiteren Fallserie wurde in Gewebeproben von 104 Patienten, die wegen des Verdachts einer Myokarditis oder anderer entzündlicher Herzkrankheiten untersucht wurden, bei 5 von ihnen das Virusgenom von SARS-CoV-2 nachgewiesen. Bei allen zwischen 36 und 62 Jahre alt war es zu einer deutlichen Pumpschwäche gekommen und Troponin bei 4 der 5 Patienten erhöht. Die Studie legt nahe, dass nach einer COVID-19-Erkrankung mit einer Herzbeteiligung zu rechnen ist, obwohl der direkte Nachweis, dass das Virus den Herzmuskel angreift, noch nicht erbracht sei.[145] Ebenso konnte eine Virusvermehrung in den Nierenkanälchen mit akuter Schädigung des Tubulus durch die nachfolgende Entzündungsreaktion an einzelnen Obduktionsfällen nachgewiesen werden.[18] In seltenen Einzelfällen tritt bei Kleinkindern vermehrt das Kawasaki-Syndrom auf, eine Gefäßentzündung bei der als Begleitsymptom z. B. Hautausschläge auftreten. Ein direkter Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2 Infektion wird vermutet.[146][147] Von der WHO wurde dieses Krankheitsbild multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) benannt.[148] Mit Stand 1. Juli sind weltweit mehr als 1000 Kinder mit diesem eher seltenen Syndrom erkrankt. In einer Studie wurden 186 Fälle diagnostiziert, wobei das Durchschnittsalter bei 8,3 Jahren lag. Die Inzidenz beträgt 2 auf 100.000. Die ersten Anzeichen etwa 2 bis 4 Wochen nach Infektion bestehen in hohem Fieber, Tachykardie, gastrointestinalen Symptomen, Hautausschlag sowie konjunktivalen Injektionen. CRP war bei allen, außerdem D-Dimer-Werte und Troponin bei den meisten erhöht. Etwa die Hälfte zeigte Zeichen einer Myokarditis, 80 % mussten intensiv behandelt werden. Zwei Kinder verstarben.[149] Klinische Symptome und laborchemische Krankheitszeichen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Kategorie Symptome COVID-19 Asymptomatisch[150] ohne Symptome Häufige Symptome[151] FieberHustenMüdigkeit Weitere Symptome[150] Verlust von Geruchs- & GeschmacksinnDurchfallKopfschmerzenHalsschmerzenGliederschmerzenBindehautentzündungHautausschlag Bei Variante Omikronauch berichtet[152] SchnupfenNiesen Mittlere Verläufe[151] Atembeschwerdenleichte Lungenentzündung Schwere Verläufe[151] Schwere LungenentzündungOrganversagenTod Quelle: WHO, Herbst 2021[151][150] Nach einer Inkubationszeit (siehe oben) von durchschnittlich 5 bis 6 Tagen (in seltenen Fällen bis zu 14 Tagen) treten als häufigste Symptome Husten, Fieber, Schnupfen sowie Geruchs- und Geschmacksverlust auf. Häufig leiden die Erkrankten zudem an Apathie sowie Hals-, Muskel-, Rücken-, Kopf- und Gliederschmerzen.[11] Allgemein manifestiert sich die Krankheit oft in einem schweren Krankheitsgefühl.[153] Weitere Symptome können dabei Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall sowie Bindehautentzündungen, Hautausschläge und Lymphknotenschwellungen sein.[154] Es gibt aber auch Fälle von asymptomatischen Verläufen, insbesondere bei Geimpften. Deren Anteil ist jedoch nicht abschließend geklärt.[155] Schwere Verläufe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im weiteren Verlauf entwickelt sich, meist ab der zweiten Krankheitswoche, bei etwa 14 Prozent der Patienten[155] eine schwere Atemnot aufgrund einer Infektion der unteren Atemwege bis zur Lungenentzündung.[156] Diese kann mit Brustschmerzen im Sinne einer Pleuritis einhergehen und bis zum Versagen der Atem- und Kreislauffunktion fortschreiten (ARDS),[154] welche unter Umständen eine intensivmedizinische künstliche Beatmung und externe Sauerstoffaufsättigung des Blutes erforderlich macht[157] (ca. 5 % aller Fälle).[158] Die längste dokumentierte Beatmung fand bei einem über 70-jährigen Patienten aus New York City über einen Zeitraum von 850 Tagen statt.[159] Einige schwer Erkrankte entwickeln acht bis 15 Tage nach Erkrankungsbeginn eine Verschlechterung ihres Krankheitszustandes infolge schwerer Entzündungsreaktionen (Hyperinflammationssyndrom). In der Folge können mehrere Organe versagen. Viele der [davon] Betroffenen versterben. [154] Im Bericht des Chinesischen Zentrums für Krankheitskontrolle und -prävention (englisch Chinese Center for Disease Control and Prevention, kurz: CCDC) über 44.415 Fälle aus Wuhan erfolgt die Klassifizierung als leichter Krankheitsverlauf, wenn keine oder nur eine leichte Lungenentzündung vorliegt, für einen schweren Krankheitsverlauf sind Pneumonie (Lungenentzündung), Dyspnoe (Atemnot), eine Atemfrequenz von 30 Atemzüge pro Minute, eine Sauerstoffsättigung des Blutes 93 % und weitere klinische Anzeichen typisch, bei einem kritischen Krankheitsverlauf ist mit Atemversagen, septischem Schock und/oder Multiorganversagen zu rechnen. Der Fallbericht stellte 81 % leichte Krankheitsverläufe, 14 % schwere Krankheitsverläufe und bei 5 % einen kritischen Krankheitsverlauf fest.[14] Bei einem leichten Verlauf bestehen laut RKI häufig keine Symptome,[11] oder sie klingen laut WHO innerhalb von zwei Wochen ab.[160] Bei Menschen mit einem schweren Krankheitsverlauf dauere es zwischen drei und sechs Wochen, bis sie sich von der Krankheit erholen.[160] Die Mehrheit der Krankenhauseinweisungen der ersten Patienten erfolgte nach rund einwöchiger symptomatischer Krankheit aufgrund einer Verschlechterung des Zustandes. In den Fällen, in denen eine intensivmedizinische Behandlung notwendig wurde, ergab sich deren Notwendigkeit nach rund zehn Tagen nach Symptombeginn.[156] In einer epidemiologischen Studie von 99 hospitalisierten Fällen fanden bei 13 Patienten eine nicht-invasive Beatmung, bei vier Patienten eine invasive Beatmung, bei neun Patienten eine Dialyse aufgrund eines Nierenversagens und bei drei Patienten eine extrakorporale Lungenunterstützung (ECLA) Anwendung.[161] Klinische Beobachtungen schildern häufig geringe Beschwerden trotz apparativ messbarer Ateminsuffizienz. So zeigten sich Patienten, die aufgrund einer geringen Sauerstoffsättigung eigentlich beatmungspflichtig waren, oft erst noch relativ beschwerdefrei,[162] ehe sich ihr Befinden aufgrund der Sauerstoffschuld im Organismus rapide verschlechterte.[163] Etwa 85 % der schwer erkrankten COVID-19-Patienten entwickeln eine Lymphopenie, das heißt einen Mangel an Lymphozyten im Blut.[164] Bei tödlich verlaufenden Erkrankungen kam es zu einer anhaltenden Lymphopenie. Die schwer erkrankten Patienten entwickeln häufig zudem eine Hyperzytokinämie (Zytokinsturm).[165] Ein Zytokinsturm entsteht durch eine Überreaktion des Immunsystems. Diese Überreaktion ist durch einen deutlichen Anstieg von entzündungsrelevanten Zytokinen wie beispielsweise Interleukin-6, Interleukin-8, Interleukin-1 und TNF- gekennzeichnet. Die verstärkte Freisetzung dieser Zytokine führt zu einer Überproduktion von Immunzellen, vor allem im Lungengewebe. Dort werden von den Immunzellen weitere Zytokine ausgeschüttet (Mitkopplung). Diese unkontrollierte Immunantwort führt zu schweren entzündlichen Erkrankungen wie beispielsweise Lungenentzündung, Atemnot und Entzündungen der Atemwege.[166][167] Zytokinsturm und Lymphopenie werden als lymphopenische ambulant erworbene Pneumonie (englisch lymphopenic community acquired pneumonia, L-CAP) zusammengefasst. L-CAP ist mit schwerem Krankheitsverlauf, erhöhter Sterblichkeit und fehlgesteuerter Immunantwort verbunden. Man geht davon aus, dass eine frühzeitige Erkennung dieses immunologischen Phänotyps nützlich sein könnte, um Patienten mit schweren Verläufen rechtzeitig identifizieren zu können.[168] Laborchemisch erwiesen sich sehr hohe Ferritinwerte sowie stark erhöhtes Interleukin-6[96] oder auch erhöhte Werte der LDH, des D-Dimers und eine andauernde Verminderung der Lymphozyten als Faktoren für eine ungünstige Prognose.[169] Die Mehrheit der Patienten zeigte dabei die für schwere Virusinfekte typische Kombination aus einer Verminderung der Anzahl der gesamten weißen Blutzellen, einer Verminderung der Lymphozyten-Anzahl und einer Erhöhung laborchemischer Entzündungsparameter (wie CRP und BSG). Einfluss auf Vorerkrankungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine akute Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann auch bestehende Vorerkrankungen wie Herz- und Lungenleiden, Bluthochdruck und Diabetes verschlimmern. Hinweise deuten darauf hin, dass bei Ansteckung mit SARS-CoV-2 wie durch andere Infektionen und Erkrankungen auch Autoimmunerkrankungen verursacht oder ausgelöst werden können.[170] So überprüfen Experten derzeit, ob die Infektion sogar die Entstehung eines Typ-1-Diabetes begünstigen kann.[171] Weitere Ausprägungen und Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] SARS-CoV-2 befällt regelmäßig auch das neurologische System. Neben den häufigen Symptomen des Geruchs- und Geschmacksverlustes kann dies auch zu Schwindel, Verwirrtheit, Somnolenz und anderen neuropsychiatrischen Symptome, wie die SARS-CoV-2 assoziierte (Meningo-)Enzephalopathien, führen. Auch Schlaganfälle, Fälle von Guillain-Barr - und Miller-Fisher-Syndrom sind beschrieben .[157] An der Johns-Hopkins-Universität wurde an Gewebeproben von 23 COVID-19-freien Patienten die höchste Expression des Enzyms ACE2 in dem Areal der Nase nachgewiesen, das für das Riechen verantwortlich ist, und so den Geruchsverlust bei Infektion erklärt.[172] Oft ist das Herz-Kreislauf-System betroffen. So konnten auch bei Kindern und Patienten mit mildem oder moderatem Verlauf erhöhte Herzenzyme bzw. Troponin nachgewiesen werden. Insbesondere bei schweren Infektionen der Atemwege erleidet eine Reihe von Patienten kardiovaskuläre Erkrankungen, einschließlich Herzmuskelschädigungen, Myokarditis, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und venösen thromboembolischen Ereignissen. Die pathologisch erhöhte Blutgerinnung geht bei schweren COVID-19-Verläufen mit einem erhöhten Risiko für Thromboembolien, u. a. in den unteren Extremitäten, sowie Lungenarterien- und zerebrovaskulären Embolien und möglichen Folgeschäden einher. [157] Berichtet wird außerdem über Fälle von Leberfunktionsstörungen und (insbesondere bei beatmungspflichtigen Patienten) akutem, teils dialysepflichtigem, Nierenversagen. Hinzu kommen zahlreiche dermatologische Manifestationen, wie juckende, morbilliforme Ausschläge, Papeln, Rötungen, Nesselsucht und Frostbeulen-ähnliche Hautläsionen. In seltenen Fällen sind schwere Durchblutungsstörungen in den Akren bis hin zum Gangrän beschrieben. [157] Bei Kindern und Jugendlichen wurden seltene Fälle eines Pädiatrischen Inflammatorischen Multisystemischen Syndroms (PIMS) beobachtet. [154] Siehe auch: Long COVID Phasen und Dauer des Krankheitsverlaufs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Aufgrund klinischer Beobachtungen und laborchemischer Untersuchungen wird ein dreiphasiges Krankheitsbild postuliert: Auf eine frühe Infektionsphase folge nach rund fünf Tagen eine Phase, in der die Lungenerkrankung vorherrscht. In milden Verläufen (ca. 81 % der Fälle) klingen die Symptome meist nach rund zwei Wochen wieder ab.[155] Bei einem weiteren Fortschreiten der Erkrankung kann es jedoch um den zehnten Tag nach Symptombeginn zu einer Phase kommen, die durch eine überschießende Immunantwort mit weiterer zunehmender Schädigung der Lunge sowie auch des Herzmuskels gekennzeichnet sei. In der letzten Phase kann es auch zur Erhöhung von Troponin und BNP als Ausdruck der Herzmuskelschädigung und des Funktionsverlusts des Organs kommen.[28] Zu nahezu identischer Einschätzung dieses Drei-Phasen-Verlaufs, der frühen Infektion, der pulmonalen Manifestation und der schweren hyperinflammatorischen Phase mit jeweils differenzierten Therapieempfehlungen zur maschinellen Beatmung während der einzelnen Stadien kommt ein diagnostisch-therapeutischer Leitfaden deutscher Lungenärzte.[125] Schwere Fälle dauern oft mehrere Monate an, teilweise kommt es auch zu sogenannten Long-COVID-Symptomen.[155] Bekannte Risikogruppen für schwere Verläufe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Risikogruppen für schwere Krankheitsverläufe sind nach Aussage des Robert Koch-Instituts insbesondere ältere Menschen, Männer, Raucher, Übergewichtige,[173] Menschen mit Trisomie 21 sowie Personen mit bestimmten Vorerkrankungen: Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, z. B. koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck chronischen Lungenerkrankungen, z. B. COPD chronischen Nieren- und Lebererkrankungen neurologisch-psychiatrischen Erkrankungen, z. B. Demenz Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) Krebserkrankungen Schwächung des Immunsystems, z. B. aufgrund einer Erkrankung oder durch Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr schwächen, wie Cortison. [154] Eine Mitte Februar 2020 veröffentlichte Auswertung der englischsprachigen und chinesischen Fachartikel kommt zu dem Ergebnis, dass alle Bevölkerungsgruppen infiziert werden können. Von den Infizierten waren 72 % über 40 Jahre alt, 64 % waren männlich. 40 % der Patienten hatten chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus und Bluthochdruck.[174] Dies bestätigt der Bericht der von der WHO in China durchgeführten gemeinschaftlichen Mission (englisch WHO-China joint mission), der weiterhin noch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen und Krebs nennt.[175] Laut Epidemiologischem Bulletin 19/2021 des RKI steigt nach Auswertung von rund 94.000 Krankheitsfällen das Risiko für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung beim Vorliegen bestimmter Risikofaktoren:[176] Demnach sind die fünf größten Risikofaktoren hämatoonkologische Erkrankungen (31,5 %), metastasierte solide Tumorerkrankungen mit Therapie (28,2 %), Demenz (24,3 %), metastasierte solide Tumorerkrankungen ohne Therapie (23,3 %) und Herzinsuffizienz (21,7 %). Zusätzlich legen die Ergebnisse der Global Burden of Disease (GBD)-Studie 2019 einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem bereits vor der COVID-19-Pandemie bestehenden Gesundheitsprofil der Weltbevölkerung und der Schwere gesundheitlicher Komplikationen in deren weiteren Verlauf nahe.[177][178] Zudem werden Mangel- bzw. Fehlernährung und Luftverschmutzung hinsichtlich höherer Sterblichkeitsraten in Indien diskutiert.[179] Luftverschmutzung durch z. B. Stickoxide oder Feinstpartikel PM2.5 (Feinstaub) korreliert als Risikofaktor nicht nur mit Lungenkrankheiten, Herzinfarkt, Schlaganfall, sondern auch sehr deutlich mit schweren Verläufen von COVID-19.[180][181] Schwere Krankheitsverläufe treten aber auch bei Jüngeren und bei Patienten ohne Vorerkrankung auf. Ein Bericht der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) zur Altersverteilung in den USA kam zu dem Schluss, dass schwere Verläufe, die eine Hospitalisierung oder intensivmedizinische Versorgung erfordern, bei Erwachsenen jeden Alters auftreten können. Zwar seien besonders Ältere betroffen, allerdings waren 20 % der Hospitalisierten und 12 % der intensivmedizinisch Behandelten des untersuchten Kollektivs 20 44 Jahre alt. Menschen unter 20 zeigten hingegen so gut wie keine schweren Verläufe.[182] Laut einer Metastudie vom Dezember 2020 erkrankten zwar Männer und Frauen etwa gleich häufig an COVID-19; bei Männern war ein schwerer Krankheitsverlauf aber dreimal häufiger als bei Frauen.[183][184] Soziale Faktoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das CDC berichtete, dass Schwarze oder Afroamerikaner in den USA überdurchschnittlich betroffen sind. In einer Auswertung der Daten bis Anfang August 2020 hatte die Gruppe der Black or African American People demnach eine 4,7-fache Hospitalisierungs- und eine 2,1-fache Todesrate.[185] Laut einer in The Lancet am 30. April 2021 publizierten Beobachtungskohortenstudie[186] hat COVID-19 ethnische Minderheiten in Großbritannien überproportional betroffen. Laut Public Health England starb eine zwei- bis viermal so hohe Rate von Angehörigen ethnischer Minderheiten wie in der weißen Bevölkerung. Mögliche Gründe waren eine höhere Prävalenz von Komorbiditäten im Zusammenhang mit schlechten COVID-19-Ergebnissen (z. B. Typ-2-Diabetes bei britischen Südasiaten), eine größere soziale Benachteiligung, große Haushalte mit mehreren Generationen und beengte Wohnverhältnisse, Unterschiede beim beruflichen Expositionsrisiko sowie der verzögerte Zugang zur Gesundheitsversorgung. Kinder und Jugendliche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei Kindern verläuft eine Erkrankung meist ohne Krankheitszeichen oder mild. [154] Eine Studie an Kindern aus Wuhan stellte eine bestätigte Infektion bei 171 von 1.391 untersuchten Kindern fest. Nur eine Minderheit der Kinder zeigte Fieber oder andere Symptome. Von den infizierten Kindern verstarb ein 10 Monate alter Säugling, der auch an einer Invagination litt. Die Studienautoren werteten die Ergebnisse als einen Hinweis auf einen milderen Verlauf bei Kindern und wiesen auf die Möglichkeit der Übertragung der Erkrankung durch Kinder mit wenig Krankheitszeichen hin.[187] Auch in einer Studie in Island, bei der insgesamt 19.996 Personen auf eine aktive Infektion getestet wurden, zeigten sich Kinder deutlich unterrepräsentiert.[188] Eine Analyse von 2.135 Patienten im Kindesalter in China, die aufgrund eines positiven Tests oder der klinischen Beschwerden als COVID-19 klassifiziert wurden, ergab eine Rate von schweren und kritischen Verläufen von rund sechs Prozent. Gehäuft traten diese bei Säuglingen und Kindern im Vorschulalter auf.[189] Eine südkoreanische Studie, welche die Kontaktverfolgung von rund 60.000 Kontaktpersonen nachvollzog, kam zu dem Schluss, dass das Risiko, von einem Haushaltsmitglied im Alter von 10 bis 19 Jahren angesteckt zu werden, hoch sei. Die niedrigere Rate der Infektionen in Haushalten mit Klein- und Grundschulkindern wurde auf die im Studienzeitraum herrschenden Schulschließungen zurückgeführt. Im Ergebnis zeigte die großangelegte Studie, dass das Übertragungsmuster von SARS-CoV-2 dem anderer Atemwegsviren ähnelt.[190] Genetik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im September 2020 veröffentlichten Forscher des Max-Planck-Instituts Leipzig eine Studie, die neben Alter und Vorerkrankungen einen genetischen Faktor als Determinante für einen schweren Krankheitsverlauf postulierte. Eine gewisse Gruppe von Genen auf Chromosom 3 sorge laut den Autoren Zeberg und Pääbo für ein dreimal höheres Risiko, dass im Verlauf der Krankheit eine künstliche Beatmung nötig wird. Es handle sich dabei um eine von den Neandertalern ererbte Genvariante. Über den Grund der Korrelation zwischen diesen Genen und dem Krankheitsverlauf ist noch nichts bekannt.[191][192] Ende Februar 2021 wurde in diesem Kontext eine russische Studie veröffentlicht, die die Beschaffenheit der T-Lymphozyten auf den Zelloberflächen für den Krankheitsverlauf in Teilen verantwortlich macht. Die individuelle genetische Zusammensetzung des HLA-Systems spiele bei der Immunantwort auf das Virus eine fundamentale Rolle. Gewisse Allele des HLA-I scheinen das Virus besser detektieren zu können und das Immunsystem könne schneller reagieren.[193] Eine Studie an 323 COVID-19-Patienten ergab, dass eine erhöhte Konzentration von Perfluorbutansäure im Körper mit einem gesteigerten Risiko eines schwereren Verlaufs einer COVID-19-Infektion korreliert ist.[194][195] Schwangere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Mit der Ausbreitung neuer COVID-Varianten hat der Anteil der Schwangeren mit schweren Covid-Verläufen deutlich zugenommen. Die meisten Schwangeren mit schweren COVID-Verläufen waren übergewichtig.[196] Die Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin hat bis zum 29. Juli 2021 2686 Schwangere registriert, die mit Covid-19 in einem deutschen Krankenhaus aufgenommen wurden. 106 von ihnen mussten auf einer Intensivstation behandelt werden oder starben.[197] In Großbritannien wird daher die Corona-Impfung seit Mitte April 2021 allen schwangeren Frauen empfohlen.[197][198] Am 11. August 2021 hat die US-Behörde CDC Schwangeren empfohlen, sich impfen zu lassen.[199][200] Das Nationale Impfgremium (NIG) der Republik Österreich hat am 27. April 2021 die COVID-Impfung für Schwangere (mit MRNA-Impfstoffen) empfohlen.[201] Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Falldefinition und Vorgehensweise bei der Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Bitte hilf uns dabei, die Situation in anderen Staaten zu schildern. Die Falldefinitionen des Robert Koch-Instituts wurden am 24. März 2020 geändert,[202] auf der Website des Robert Koch-Instituts ist ein Flussschema zu finden, wie im medizinischen Bereich mit COVID-19-Verdachtsfällen umzugehen ist:[203] Ebenso wurde dort ein Flussschema für Bürger bereitgestellt, mit Hinweisen zum Verhalten bei Erkrankungssymptomen.[204] Begründete Verdachtsfälle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Personen mit akuten respiratorischen Symptomen (Symptome, die den Atemtrakt betreffen; z. B. Husten) jeder Schwere und Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall bis maximal 14 Tage vor Erkrankungsbeginn, bei denen klinische oder radiologische Hinweise auf eine durch Viren verursachte Lungenentzündung (Pneumonie) vorliegen und ein epidemischer Zusammenhang (mehrere Fälle von Pneumonien) in einer Pflegeeinrichtung oder einem Krankenhaus wahrscheinlich ist oder vermutet wird, werden vom Robert Koch-Institut als begründeter Verdachtsfall eingestuft und den zuständigen Gesundheitsämtern gemeldet.[203] Fälle unter differenzialdiagnostischer Abklärung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Personen mit akuten respiratorischen Symptomen jeder Schwere ohne Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall bis maximal 14 Tage vor Erkrankungsbeginn, dafür Tätigkeit in Pflege, Arztpraxis oder Krankenhaus, oder Zugehörigkeit zu Risikogruppe, oder ohne bekannte Risikofaktoren, bei denen klinische oder radiologische Hinweise auf eine durch Viren verursachte Pneumonie (ohne Alternativdiagnose) vorliegen ohne Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall, werden vom Robert Koch-Institut als Fall unter differenzialdiagnostischer Abklärung eingestuft und sollen zunächst nicht gemeldet werden.[203] In beiden Fällen wird nach Schwere der Erkrankung, Risikofaktoren und Umfeld entschieden, ob eine ambulante oder eine stationäre Versorgung notwendig ist. Bei einer stationären Einweisung wird in jedem Fall eine labortechnische Diagnose durchgeführt, bei der ambulanten Versorgung ist sie Bestandteil der Differentialdiagnose, bei Personen ohne bekannte Risikofaktoren jedoch nur, sofern die Testkapazitäten dies erlauben.[203] Ohne labortechnische Verfahren (also nur anhand der Symptome) ist eine Abgrenzung von anderen Viruserkrankungen wie Influenza schwierig bis unmöglich .[205] Auch andere Erreger und Diagnosen können das Krankheitsbild beeinflussen (siehe Syndrome, Komorbidität und Multimorbidität), beispielsweise Erkältungsviren wie Rhino-, Entero- und Mastadenoviren, Paramyxoviridae oder andere Coronaviren. Sie können durch eine Differentialdiagnose mit mikrobiologischem Befund ein- oder ausgeschlossen werden. Definition: COVID-19-Fall [Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ein COVID-19-Fall liegt nach Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor, wenn durch Labortests bei einer Person eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde ungeachtet klinischer Anzeichen und Symptome und demzufolge auch wenn eine Corona-Infektion asymptomatisch (ohne erkennbare Symptome) verläuft.[206] Darüber hinaus definiert die WHO auch noch den Verdachtsfall und den wahrscheinlichen Fall. Sie weist darauf hin, dass sich diese Definitionen angesichts neuer Erkenntnisse ändern können und dass die Mitgliedsstaaten die Definitionen an ihre besondere epidemische Lage anpassen können.[206] In Deutschland werden COVID-19-Fälle von den Gesundheitsämtern entsprechend den folgenden Falldefinitionen an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt:[202] mittlerweile entfallen: (Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung: zeigt das spezifische oder unspezifische klinische Bild einer COVID-19-Erkrankung ohne labordiagnostischen Nachweis),[207] Klinisch-labordiagnostisch bestätigte Erkrankung: zeigt das spezifische oder unspezifische klinische Bild einer COVID-19-Erkrankung und wurde labordiagnostisch nachgewiesen, Labordiagnostisch nachgewiesene Infektion bei nicht erfülltem klinischen Bild: wurde labordiagnostisch nachgewiesen und das klinische Bild ist bekannt, entspricht aber nicht dem spezifischen oder unspezifischen klinischen Bild einer COVID-19-Erkrankung, z. B. asymptomatische Infektionen, Labordiagnostisch nachgewiesene Infektion bei unbekanntem oder nicht erfülltem klinischen Bild: wurde labordiagnostisch nachgewiesen, das klinische Bild wurde jedoch nicht erfasst, war nicht zu ermitteln oder es zeigten sich keine Symptome. Fälle der Kategorie 1 sind begründete Verdachtsfälle, Fälle der Kategorien 2 bis 4 sind laborbestätigte COVID-19-Fälle und werden vom Robert Koch-Institut gemeinsam als Fallzahlen veröffentlicht,[202] zur Meldepflicht siehe Abschnitt Meldepflicht, ICD-10-Einordnung, Berufskrankheit. Diese Referenzdefinition des RKI entspricht der WHO-Falldefinition. Zu den COVID-19-Todesfällen werden sowohl Personen gezählt, die unmittelbar an einer COVID-19-Erkrankung verstarben, als auch Corona-Infizierte mit Vorerkrankungen, bei denen sich die genaue Todesursache nicht abschließend nachweisen lässt.[208] Labordiagnostischer Nachweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Corona-Test PCR-Befundbericht der TU München (Oktober 2020) Laut RKI erfolgt der labordiagnostische, direkte Erregernachweis durch Nukleinsäurenachweis (z. B. RT-PCR, real-time quantitative Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion).[202][209] Auch die Erregerisolierung in einer Zellkultur ist möglich,[202] wird aber von der WHO nicht für die Routinediagnostik empfohlen.[210] (Siehe auch: Abschnitt: Labordiagnostischer Nachweis) Das Virus ist im Sputum, im Trachealsekret, in der bronchoalveolären Spülflüssigkeit und im Nasenrachen-Abstrich sowie im Stuhl direkt nachzuweisen.[211] Die Laboruntersuchung führte in Deutschland erstmals das Konsiliarlabor für Coronaviren an der Charit in Berlin durch, mittlerweile sind zahlreiche andere Labore in Deutschland dazu in der Lage.[212] Bei positivem Befund liegt nun ein laborbestätigter COVID-19-Fall vor.[203] Ist der Befund zwar negativ, besteht aber ein anhaltend hoher Verdacht auf eine Infektion mit SARS-CoV-2, wird empfohlen, die Diagnostik zu wiederholen. Erste Erfahrungen mit COVID-19 aus China zeigten, dass gerade zu Beginn der Infektion nur etwa 70 % der Patienten positiv in der RT-PCR-Testung waren, während es insgesamt 94 % nach der zweiten Testung waren.[213] Für einen indirekten Nachweis (Antikörpernachweis)[98] soll das Blutserum betroffener Personen aufbewahrt werden.[203][210] (Stand: 13. April 2020) RT-PCR-Test[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Funktionsweise des PCR-Tests Hauptartikel: SARS-CoV-2 Abschnitt RT-PCR Die Nachweismethode ist die real-time quantitative Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion, abgekürzt auch als qRT-PCR, RT-qPCR oder nur als PCR-Test bezeichnet. Sie basiert auf der Detektion von zwei Nukleotidsequenzen, bezeichnet als E Gen und RdRp Gen. Ein positiver PCR-Test ist nicht gleichbedeutend mit Infektiosität: Der PCR-Test ist bei der empfohlenen Abstrich-Technik stets, in einigen Fällen mehrere Wochen, länger positiv als vermehrungsfähige Viren nachweisbar sind.[11][214][215] Ein unter anderem in diesem Fall hoher Ct-Wert (> 30) deutet auf eine geringe Viruslast und somit geringe Ansteckungsfähigkeit hin, die ein Argument für die Entlassung aus einer Quarantäne sein kann.[216] Beachtet werden muss jedoch auch, dass zu Beginn der Infektion die Viruslast ebenfalls gering und der Ct-Wert hoch ist, sodass der Patient in wenigen Tagen hochansteckend werden kann.[217] Lage von Nasopharynx (Nasenrachen) und Oropharynx (Mundrachen) Die Wahrscheinlichkeit, mit Hilfe des RT-PCR-Tests einen Kranken auch korrekt als infiziert zu erkennen, hängt maßgeblich von der Entnahmeart des Materials ab (zum Unterschied zwischen infiziert und Infektion siehe dort). Der wegen seiner einfachen Durchführbarkeit meist praktizierte nasale Abstrich zeigte in einer kleinen chinesischen Studie bei 205 Patienten eine Sensitivität von 63 %. Der Nachweis aus der bronchoalveolären Spülflüssigkeit (bronchoalveoläre Lavage, BAL) erkannte das Virus in 93 % der Krankheitsfälle. Ebenso konnte bei wenigen Patienten auch ein Nachweis im Blut als Zeichen einer systemischen Infektion, einer Infektion bei der sich die Krankheitserreger durch Einschwemmung per Blutbahn über ein gesamtes Organsystem oder den ganzen Organismus ausbreiten, erbracht werden.[218] Eine chinesische Studie an 1014 Patienten mit Lungenerkrankung während des Ausbruchs der Epidemie in Wuhan zeigte, dass positive (mit COVID-19 vereinbare) Computertomogramme (CTs) bei rund 88 % der Patienten nachgewiesen wurden und lediglich 59 % mittels PCR-Test. Bei den 413 mit RT-PCR negativ getesteten Personen wiesen sodann 75 % positive CT-Ergebnisse auf. Studienergebnis war, dass CTs als primäres Werkzeug zum sicheren Nachweis von COVID-19 taugen und eine höhere Diagnose-Sensitivität dafür aufweisen als ein RT-PCR-Test.[219] Es ist daher wichtig, bei Proben der oberen Atemwege einen Abstrich des Nasenrachens (Nasopharynx) oder des Mundrachens Oropharynx (siehe Abbildung) zu nehmen. Nach Möglichkeit sollte dies durch eine Probe der unteren Atemwege (bronchoalveoläre Lavage, Sputum, Trachealsekret) ergänzt werden.[210][220] Der mit Rachenabstrichen vorgenommene PCR-Test ist nur in der ersten Woche zuverlässig. Anschließend kann das Virus im Rachen verschwinden, während es sich in der Lunge weiter vermehrt (entgegen der landläufigen Meinung wandert das Virus nicht in die Lunge, sondern wird mit jedem Atemzug mit den inhalierten erregerbehafteten Tröpfchen in den gesamten Atemtrakt befördert, wo selbige an jeder Schleimhaut haften bleiben können, das Virus oder Bruchstücke davon sind bloß im Rachen nicht mehr nachweisbar, weil der lymphatische Rachenring als Teil des lymphatischen Systems seiner Aufgabe als Abwehrbarriere der oberen Atemwege nachgekommen ist). Bei Infizierten, die in der zweiten Krankheitswoche getestet werden, ist der PCR-Test anhand des Rachenabstrichs nicht zuverlässig positiv respektive auf den Gesamtstatus bezogen nicht zuverlässig negativ. Hilfsweise kann dann Probenmaterial per Absaugkatheter aus den tiefen Atemwegen entnommen oder ausgehustetes Material (Sputum) herangezogen werden.[221] Neben Fehlern bei der Probenahme können falsch-negative Ergebnisse durch eine zu geringe Viruslast im Probenmaterial, das Testkit oder bei dessen Verwendung auftreten.[213] Die Sensitivität der Abstrichuntersuchung ist dabei abhängig vom Zeitpunkt nach der Exposition mit dem Erreger. Am Tag des Symptombeginns testen rund 40 % der Patienten. Am achten Tag nach Exposition zeigte sich die beste Sensitivität mit rund 80 %.[222] Antikörpertest[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Lateral-Flow-Test für Antikörpernachweis IgG und IgM; linkes Test-Kit: negativer Befund; rechtes Test-Kit: positiver Befund Hauptartikel: Corona-Test#Antikörper-Tests Das Virus kann auch durch eine Genomanalyse (RNA-Sequenzierung des Genoms) identifiziert werden.[210] Die NAAT-Methode (Nucleic Acid Amplification Technology) beruht ebenfalls auf der RT-PCR; das fertig zusammengestellte Assay ist jedoch einfacher in der Handhabung und lässt sich von entsprechend ausgestatteten Routine-Laboratorien verwenden.[210] Seit Februar 2020 gibt es ein derartiges Assay (Testkit) mit der Bezeichnung Centers for Disease Control and Prevention (CDC) 2019-Novel Coronavirus (2019-nCoV) Real-Time Reverse Transcriptase (RT)-PCR Diagnostic Panel.[223] Der Antikörpernachweis als serologische Untersuchung wurde nach Angabe der WHO seit Mitte Januar 2020 entwickelt. In einer bisher nur als Preprint im April 2020 veröffentlichten Studie wurden drei kommerzielle ELISA-Tests und sechs kommerzielle Lateral-Flow-Tests evaluiert. Für die drei ELISA-Tests wurde die diagnostische Sensitivität (Richtig-positiv-Rate) zwischen 67 % und 93 % ermittelt, die Spezifität (Richtig-negativ-Rate) lag zwischen 93 % und 100 %. Falsch positive Ergebnisse gab es durch Kreuzreaktivität mit Serumproben, die Antikörper gegen andere Coronaviren (z. B. Humanes Coronavirus HKU1) sowie weitere Viren enthielten.[224] Weitere Details sind im Abschnitt Antikörpernachweis im Artikel zum Virus beschrieben. Antigen-Schnelltests[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Positiver Antigen-Schnelltest: Links nach 15 Minuten sehr schwache Linie (damit dennoch positiv), derselbe Test nach 30 Minuten klar erkennbar (rechts). Seit Herbst 2020 sind Antigen-Schnelltests verfügbar, die auf Proteine des SARS-CoV-2 reagieren. Sie werden in der Regel wie PCR-Tests aus in Nasen-Rachen-Abstrichen gewonnenem Material durchgeführt. Die Sensitivität dieser Tests ist geringer als die von PCR-Tests, die als Referenzmethode gelten.[225] Ihr Vorteil liegt in der geringeren Zeit des Testablaufs von 15 bis 30 Minuten, zudem können einige der Tests vor Ort durchgeführt werden.[226] Eine im November vorveröffentlichte Studie verglich sieben Antigen-Tests mit PCR-Tests und beschrieb, dass die Sensitivität der Tests sich mit Viruskonzentrationen deckte, wie sie typischerweise in der ersten Woche mit Symptomen beobachtet würde, die bei den meisten Patienten der Zeit der Infektiosität entspräche.[226] Laut Robert Koch-Institut bedarf ein positives Testergebnis zur Vermeidung falsch-positiver Befunde einer Nachtestung mittels PCR.[225] Ein negatives Ergebnis im Antigentest schließt eine Infektion nicht aus, insbesondere, wenn eine niedrige Viruslast vorliegt, wie z. B. in der frühen Inkubationsphase oder ab der zweiten Woche nach Symptombeginn bzw. in der späten Phase der Infektion.[225] Als Alternative werden die gegenüber Antigen-Schnelltests erheblich sensitiveren und bei der Probenentnahme zudem mit einem geringeren Expositionsrisiko verbundenen PCR-Pooltests diskutiert. Hierbei werden die Probentupfer 30 Sekunden gelutscht (ugs.: Lolli-Test). Anschließend werden die Tupfer z. B. aller Schüler einer Schulklasse in einem einzigen Probenbehälter zusammengeführt (Pool) und dann kollektiv einem PCR-Test unterzogen (PCR-Pooltest). Im Falle eines positiven Ergebnisses werden dann alle Schüler der betroffenen Klassen einzeln mittels PCR getestet, um so die infizierten Schüler zu ermitteln.[227] Bildgebende Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] HRCT eines 38-Jährigen mit typischen Lungenveränderungen HRCT einer 50-Jährigen bei rasch fortschreitendem Krankheitsverlauf Ob ein Mensch mit dem Virus infiziert ist, lässt sich durch die Bildgebung nicht feststellen. Jedoch lassen sich bei Patienten, deren Krankheit so schwer ist, dass sie eine Lungenentzündung hervorruft, diese bildgebend nachweisen. In der Bildgebung zeigen sich im CT milchglasartige Verdickungen, wie sie auch bei anderen viralen Lungenentzündungen vorkommen.[228][229] Diese Veränderungen lassen sich aufgrund ihrer oft pleuranahen Lage auch sonographisch darstellen.[230] Einige Wissenschaftler vertreten die Ansicht, die Diagnostik COVID-19-typischer Lungenschäden mittels Bildgebung sei der Diagnostik per RT-PCR überlegen, da die CT-Bildgebung schneller erfolgen kann und die Veränderungen zuverlässiger entdeckt werden als durch den fehleranfälligeren Abstrichtest.[213] Radiologen aus Changsha berichteten aus einer Fallserie von 167 Patienten über fünf Patienten, bei denen zum Zeitpunkt einer durch Computertomographie gesicherten Lungenentzündung die RT-PCR für das Virus negativ ausfiel und der Virusnachweis erst nach mehrmaligen Tests im Verlauf der Erkrankung gelang.[231] In Zeiten einer Epidemie kann es als Triage-Strategie bei einem gehäuften Auftreten der Patienten sinnvoll sein, Verdachtsfälle mit typischer Bildgebung auch bei negativer RT-PCR wie COVID-19-Fälle zu behandeln, um die Einleitung einer Therapie nicht zu verzögern.[229] Behandlungsmöglichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Dieser Abschnitt bedarf einer grundsätzlichen Überarbeitung: Diese Übersicht ist aufgrund von neuen Zulassungen und teils reduzierter/fehlender Wirkung bezüglich neuer Varianten nicht aktuell. Aktualisierung mittels aktueller Leitlinie/EMA/WHO nötig. Bitte hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung. Behandlung von an COVID-19 Erkrankten in Osttimor Eine echte kausale Therapie für COVID-19 gibt es, wie bei den meisten viralen Infektionen, bis heute nicht. Die meisten Behandlungsmethoden beschränken sich daher auf die Linderung von Symptomen (etwa durch Schmerzmittel und Entzündungshemmer wie Dexamethason), die Zufuhr zusätzlichen Sauerstoffs (non-invasive BIPAP-Beatmung), sowie die Unterstützung der Immunabwehr. Allerdings sind mittlerweile auch einige experimentelle virostatische / antivirale Medikamente sowie Antikörperpräparate zugelassen, die bei rechtzeitiger Gabe einen milderen Verlauf befördern können. Zudem werden Lungen- und Herz-Kreislauf-Medikamente sowie dämpfende Immunmodulatoren zum Schutz der Organe eingesetzt.[232] Im Falle eines schweren Verlaufs mit akutem Lungenversagen erfolgt eine intensivmedizinische, maschinelle Beatmung im künstlichen Koma nach Intubation (ggfs. in Bauchlagerung). Hierbei gelten die üblichen Prinzipien der Beatmungstherapie bei Viruspneumonie. Es wird eine konservative Volumentherapie empfohlen, um eine Überwässerung des Patienten und die Gefahr eines zusätzlichen Lungenödems zu vermeiden. Im Rahmen des erweiterten hämodynamischen Monitorings sollte der Blutfluss kontinuierlich überwacht sowie nach Möglichkeit das extravaskuläre Lungenwasser bestimmt werden. Eine non-invasive Beatmung über hochvolumigen Sauerstoff birgt die Gefahr einer Aerosolierung des Virus und damit eine erhöhte Ansteckungsgefahr für das am Patienten arbeitende Personal.[233] Die European Respiratory Society (ERS) empfiehlt die Verabreichung systemischer Corticosteroide bei Patienten, die eine zusätzliche Sauerstoff- oder Beatmungs unterstützung erfordern. Aufgrund des erhöhten Thrombose- und Lungenembolierisikos bei COVID-Patienten[234] wird zudem eine Antikoagulation (Blutgerinnungshemmung) mittels niedermolekularem oder unfraktioniertem Heparin bei allen krankenhauspflichtigen COVID-Patienten über den gesamten Krankheitsverlauf empfohlen. Diese sollte möglichst frühzeitig nach Aufnahme eingeleitet werden. Eine Blutgerinnungshemmung in voller therapeutischer Dosis wird bei allen stationär behandelten Patienten mit Risikofaktoren für ein thrombotisches Ereignis empfohlen. Bei einer Verschlechterung zur Intensivpflichtigkeit soll diese nach Ausschluss einer Thrombose jedoch wieder auf eine prophylaktische Dosis zurückgefahren werden. Eine Empfehlung zur routinemäßigen Antikoagulation ambulant behandelter Patienten besteht nicht.[235] Am 5. Oktober 2021 erschien eine S3-Leitlinie der AWMF mit Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19,[236] die am 1. März 2022 aktualisiert wurde, u. a. um Empfehlungen zur ambulanten Therapie in der Frühphase.[237][238] Auf der Website der EMA findet sich eine ständig aktualisierte Übersicht über den Zulassungsstand der derzeit untersuchten Arzneimittel.[239] Übersicht über (experimentelle) Medikamente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Name / Wirkstoff(e) Beschreibung Zulassungsstatus[240] Produzent / Entwickler Anmerkungen Remdesivir intrazellulär wirksames antivirales Medikament, RNA-Polymerase-Hemmer EU: zugelassen seit 3. Juli 2020; USA: zugelassen seit 22. Oktober 2020 Gilead, WHO, INSERM, NIAID Das Nukleosidanalogon Remdesivir zeigte in einer vorläufig veröffentlichten, randomisierten Studie eine Verkürzung der Krankheitsdauer bei hospitalisierten Patienten.[241] Das Medikament ist in der EU für COVID-19-Patienten, die Sauerstoff benötigen, zugelassen[242] Da sich der Nutzen des Medikaments in weiteren Studien nicht bestätigen ließ, wird Remdesivir laut aktueller Leitlinie der European Respiratory Society (ERS) aber nicht empfohlen.[243] Die interdisziplinäre Leitlinie der unter Federführung der DIVI rät aufgrund vom Einsatz bei Patienten ohne Sauerstoffbedarf und invasiv beatmeten Patienten ab. Bei Patienten mit Sauerstoffgabe ohne invasive Beatmung wird aufgrund der Datenlage keine Empfehlung für oder gegen das Medikament gegeben.[244] Der Gemeinsame Bundesausschuss hat den Nutzen des Medikaments im September 2021 für bestimmte Patientengruppen positiv bewertet.[245] Casirivimab + Imdevimab Monoklonale Antikörper EU: für Covid-19-Prophylaxe und Therapie von Covid-19-Patienten seit dem 12. November 2021 zugelassen; USA: Notfall-Zulassung seit 21. November 2021 Regeneron, Roche, Oxford Hauptartikel: Casirivimab/Imdevimab Die Leitlinie der DIVI gibt eine schwache Empfehlung für den frühzeitigen Einsatz des gegen das Virus gerichteten Antikörpermedikaments Casirivimab/Imdevimab bei hospitalisierten Patienten ab, die noch keine messbaren IgG-Antikörper gegen das Virus entwickelt haben.[246] Die Leitlinie des RKI sieht auch ein Potential beim Einsatz von ambulanten Patienten mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf.[247] Hydroxychloroquin bzw. Chloroquin Antiparasitikum [248][249] CEPI, WHO, INSERM Chloroquin und Hydroxychloroquin zeigten zunächst erfolgversprechende Ergebnisse bei In-vitro-Studien in Zellkultur.[250] Die weitere Untersuchung von Hydroxychloroquin wurde in der SOLIDARITY-Studie gestoppt, da sich keine Hinweise auf eine Wirksamkeit zeigten.[251] Die US-Arzneimittelbehörde FDA zog ihre notfallmäßige Zulassung des Medikaments für COVID-19 im Juni 2020 zurück.[252] Im Tiermodell zeigte sich mit verschiedenen Behandlungszeitpunkten kein Einfluss auf die Viruslast, die Zeitdauer bis zur Entfernung des Virus aus dem Organismus oder ein schützender Effekt gegen die Infektion.[253] An Lungenepithelzellen in Kultur konnte keine Wirkung nachgewiesen werden. Auch an Verozellen, denen TMPRSS2 gentechnisch eingebaut wurde, konnte keine Verhinderung der Infektion nachgewiesen werden.[254] In zwei vergleichenden Studien mit insgesamt mehr als 5000 hospitalisierten Teilnehmern wurde in mit Hydroxychloroquin behandelten Gruppen eine etwas höhere Sterblichkeit als in Kontrollgruppen beobachtet.[255][256][257] Das RKI rät vom Einsatz von Chloroquin und Hydroxychloroquin außerhalb von klinischen Studien explizit ab.[247] Auch die ERS spricht sich gegen die Verabreichung von Hydroxychloroquin in Kombination mit Lopinavir-Ritonavir aus. Sotrovimab Monoklonaler Antikörper EU: für die Behandlung seit 17. Dezember 2021 zugelassen;[258][259] USA: Notfall-Zulassung seit 26. Mai 2021 GSK und Vir Biotechnology Sotrovimab wurde so konzipiert, dass es an das Spike-Protein von SARS-CoV-2 (dem Virus, das COVID-19 verursacht) bindet. Wenn Sotrovimab an das Spike-Protein bindet, kann das Virus nicht in die Körperzellen eindringen.[258] Regdanvimab Monoklonaler Antikörper EU: für die Behandlung seit 12. November 2021 zugelassen; USA: Notfall-Zulassung seit 21. April 2021 Celltrion Tixagevimab + Cilgavimab Monoklonale Antikörper EU: für Prävention im Rolling Review seit 14. Oktober 2021; USA: Notfall-Zulassung für Prävention bei Ungeimpften seit 8. Dezember 2021 AstraZeneca Molnupiravir intrazellulär wirksames antivirales Medikament, RNA-Polymerase-Hemmer EU: im Rolling Review ab 25. Oktober 2021; USA: zugelassen seit 23. Dezember 2021 MSD Die EMA publizierte ein Advice on Use.[260] Das Medikament wurde und wird unter Mitwirkung deutscher Kliniken erprobt. Das deutsche Bundesgesundheitsministerium hat ein Kontingent des Medikaments bestellt; der Einsatz ist gemäß der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV) genehmigt.[261] Nirmatrelvir + Ritonavir intrazellulär wirksames antivirales Medikament, Virus-Protease 3CLpro-Hemmer EU: zugelassen seit 28. Januar 2022; USA: Notfall-Zulassung seit 22. Dezember 2021 Pfizer EMA publizierte schon vor der Zulassung ein Advice on Use.[262] Die deutsche Regierung hat 1 Million Packungen des Medikaments bestellt.[263] Dexamethason immundämpfendes Medikament (Glucocorticoid) EU: zugelassen seit 8. September 2020 Merck KGaA, Winthrop Mitte Juli 2020 veröffentlichte die britische Studiengruppe RECOVERY[264] vorläufige Studiendaten, denen zufolge Dexamethason die Sterberate bei Patienten an Beatmungsgeräten von 41 % auf 29 %, für Patienten mit Sauerstoffversorgung von 26 % auf 23 % reduziert. Bei Patienten, die keine Sauerstoffgabe benötigten, zeigte eine Behandlung mit Dexamethason keine positive Wirkung.[265] Dexamethason bremst die überschießende Reaktion des Immunsystems, den Zytokinsturm.[266] Das RKI empfiehlt den Einsatz von Dexamethason bei jeder Form der Sauerstoffpflichtigkeit, unabhängig ob eine invasive oder nicht-invasive Beatmungstherapie besteht. Von einem Einsatz im frühen Krankheitsverlauf wird aufgrund der Möglichkeit einer Prognoseverschlechterung abgeraten.[235] Favipiravir antivirales Influenza-Medikament [267] Fujifilm [268][269][270] Lopinavir / Ritonavir mit oder ohne Interferon Beta-1a antivirales Medikament, Immunsuppressivum [271] CEPI, WHO, Oxford, INSERM [268][272] Sarilumab Monoklonaler Antikörper, IL-6-Antagonist [273] Regeneron-Sanofi [268][274] Tocilizumab immundämpfendes Medikament, IL-6-Antagonist, Monoklonaler Antikörper EU: zugelassen seit 7. Dezember 2021; USA: Notfall-Zulassung 25. Juni 2021 Genentech-Hoffmann-La Roche Tocilizumab, ein monoklonaler Antikörper, der unter anderem zur Behandlung verschiedener Formen von rheumatoider Arthritis und dem Zytokin-Freisetzungssyndrom[275] zugelassen ist, wurde auf seine Wirksamkeit bezüglich COVID-19 untersucht. Dabei zeigte sich kein Einfluss auf die Sterblichkeit oder den klinischen Zustand. Jedoch zeigten sich Hinweise auf eine Reduktion des Risikos einer Beatmungspflichtigkeit. Aufgrund der Datenlage empfiehlt das RKI den Einsatz möglichst nur im Rahmen klinischer Studien. Eine Off-Label-Use in der hyperinflammatorischen Phase der Erkrankung ist möglich.[247] Die ERS empfiehlt den Einsatz von Tocilizumab und anderen Medikamenten dieser Substanzklasse bei Patienten, deren Atmung durch Sauerstoffgabe oder eine Beatmung unterstützt werden muss.[243] Anakinra immundämpfendes Medikament, Interleukin-1-Rezeptorantagonist EU: zugelassen seit 20. Dezember 2021 Sobi Baricitinib immundämpfendes Medikamen, Januskinase-1/2-Inhibitor EU: im Zulassungsverfahren seit 29. April 2021; USA: Notfall-Zulassung seit 19. November 2020 Eli Lilly Bamlanivimab Monoklonaler Antikörper Eli Lilly Im November 2020 erhielt der monoklonale Antikörper Bamlanivimab (Lilly) in den USA die Notfallzulassung für die Behandlung eines leichten bis mittelschweren Erkrankungsverlaufs, wenn aufgrund von Vorerkrankungen oder des Alters ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf vorliegt.[276] Die Leitlinie der DIVI trifft die Aussage, dass der Einsatz bei früh hospitalisierten Patienten ohne Atemwegssymptome mit mindestens einem Risikofaktor für einen schweren Verlauf erfolgen könne. Für Patienten mit einem fortgeschrittenen Verlauf bestehe kein Nachweis eines Nutzens.[277] Dapagliflozin SGLT-2-Hemmer [278] Saint Luke s Mid America Heart Institute, AstraZeneca [268][279] Tofacitinib JAK-Hemmer, Zytostatikum [280] Pfizer Ruxolitinib JAK-Hemmer, Zytostatikum [281] Novartis Sabizabulin Mitosehemmer, Zytostatikum [282][283] Veru Inc. Bedingt empfohlen wird von der ERS eine monoklonale Antikörper behandlung mit Interleukin-6-Rezeptor-Antagonisten und die Assistierte Spontanatmung oder CPAP-Beatmung bei Patienten mit Hypoxämie. Unter Vorbehalt spricht sie sich gegen die Verwendung von Azithromycin, Colchicin und Remdesivir aus, insbesondere bei Patienten, die intubiert beatmet werden müssen. Nicht empfohlen wird Remdesivir bei Patienten, die eine ergänzende Sauerstoffgabe benötigen.[284] Antikörperreiches Plasma genesener Patienten scheint geeignet, Akutfälle zu therapieren, kann aber einen Erfolg nur in der Frühphase der Erkrankung belegen.[285] Bisher gibt es keine Zulassung für den Einsatz von Rekonvaleszentenplasma. Es gibt jedoch Hinweise auf einen möglichen günstigen klinischen Effekt und eine geringere Sterblichkeit bei Patienten mit schwerer Erkrankung. Ebenso wird eine frühere Viruselimination erreicht. Das RKI empfiehlt den Einsatz von Rekonvaleszentenplasma im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien oder individuellen Heilversuchen in Rücksprache mit einem erfahrenen Zentrum.[235] Nach Leitlinie der DIVI soll Rekonvaleszentenplasma bei Krankenhauspatienten nicht eingesetzt werden. Ob einige Patientengruppen davon profitieren könnten, sei aufgrund der Datenlage unklar.[286] Die frühzeitige inhalatorische Gabe puderförmigem Budesonid in hoher Dosierung konnte in einer Studie eine Verkürzung der Erkrankungsdauer und eine Senkung der Wahrscheinlichkeit einer Krankenhausaufnahme belegen. Dies konnte jedoch bisher nicht reproduziert werden. Aufgrund der Datenlage rät die Fachgruppe COVRIIN beim RKI vom Einsatz des Medikaments bei COVID-19 ab.[247] Die Leitlinie der US-amerikanischen NIH bewertet die Datenlage als nicht ausreichend um eine Empfehlung für oder gegen den Einsatz des Medikaments zu geben.[287] Verschiedene Studien erforschten, ob Vitamin D zur Behandlung einer akuten COVID-19-Erkrankung geeignet ist. Nach Einschätzung von Gesundheitsbehörden z. B. in USA, England und Deutschland sowie eines Cochrane-Metaanalyse gab es hierfür Anfang 2021 keine ausreichende Evidenz.[288][289][247][290] Auch eine Metastudie über 11 Kohortenstudien und zwei klinische Studien fand Ende 2021 keinen Zusammenhang.[291] 331 Therapeutika sind derzeit noch in der Erprobung (Stand: 20. Juni 2021)[292], wie beispielsweise EXO-CD24, Sotrovimab oder Molnupiravir. Zudem werden mehr als 634 verschiedene Medikamente darauf erprobt, ob sie auf die eine oder andere Weise hilfreich gegen Covid-19 sein können.[232][293] Heilungsaussicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Infizierten-Verstorbenen-Anteil je Lebensalter (blaue Kurve) Metastudie Ende 2020auf Basis von 27 Einzelstudien, mit 95 %-Vorhersageintervall (grau)[294] Hier fehlt eine Grafik, die leider im Moment aus technischen Gründen nicht angezeigt werden kann. Wir arbeiten daran! Abschätzung des Sterberisikos[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Es gibt drei verschiedene Kennzahlen, um das Sterberisiko der Erkrankung zu beschreiben: Der Infizierten-Verstorbenen-Anteil (IFR) beschreibt den Anteil der an der Erkrankung Verstorbenen an der Gesamtzahl aller Infizierten. Diesem Anteil kann man sich durch Schätzungen nähern.[295] Je nach Land oder Region variieren die Schätzungen des Infizierten-Verstorbenen-Anteils in Abhängigkeit verschiedener landesspezifischer Parameter, wie z. B. der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems, der Altersstruktur der Bevölkerung oder sich unterscheidender Stichprobenentnahmeverfahren.[296] Der Infizierten-Verstorbenen-Anteil steigt mit dem Alter exponentiell, von 0,002 % mit 10 Jahren, 0,01 % mit 25 Jahren, 0,4 % mit 55 Jahren, 1,4 % mit 65 Jahren, 4,6 % mit 75 Jahren, 15 % mit 85 Jahren, und mehr als 25 % mit 90 Jahren oder älter, so eine Metaanalyse auf Basis von 27 Einzelstudien vom Dezember 2020 (s. Abb.). Danach sei COVID-19 auch für Menschen mittleren Alters immer noch gefährlicher als das Risiko eines Autounfalls. Gezielte Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen bei Älteren könnten die Anzahl der Todesfälle wesentlich reduzieren.[294] Das RKI schätzte im Juli 2021 aufgrund der Meldedaten und der durch Studien eruierten Dunkelziffer den Infizierten-Verstorbenen-Anteil für Deutschland auf rund 0,4 0,6 %.[297] Die Sterblichkeit hängt auch von der Verfügbarkeit von Betten in Krankenhäusern und auf Intensivstationen ab.[298][299] Eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse vom September 2020 schätzte unter Einbezug von 111 Studien aus Industriestaaten (OECD-Mitglieder) den Infizierten-Verstorbenen-Anteil über verschiedene Bevölkerungen hinweg auf 0,68 % (95 %-Konfidenzintervall [0,53 0,82 %]). Dieser könne nach Alter und zugrundeliegenden Vorerkrankungen in der Population deutlich schwanken; ebenso könne das Sterberisiko durch Nichtmeldung von Todesfällen unterschätzt werden.[300] Der Fall-Verstorbenen-Anteil (CFR) bezieht sich auf die Zahl verstorbener gemeldeter Fälle durch die Zahl der insgesamt gemeldeten Fälle. Dadurch ist diese Zahl stark von der Effizienz des Diagnostik- und Meldesystems abhängig und kann die tatsächliche Letalität sowohl über- als auch unterschätzen.[11] Eine Schätzung des ECDC ging Ende April 2020 für ganz Europa noch von einem Fall-Verstorbenen-Anteil von 10,5 % aus.[301] Das RKI gab den Fall-Verstorbenen-Anteil auf Basis der deutschen Meldedaten bis Anfang Juni 2021 mit 2,4 % an, den Anteil der Verstorbenen an den im Meldesystem erfassten symptomatisch Erkrankten gab das RKI mit 6,2 % an.[297] Der symptomatische Fall-Verstorbenen-Anteil (sCFR) ist der Anteil infizierter Personen, die Symptome zeigen und die im Verlauf ihrer Infektion versterben. Dieser Anteil ist klinisch relevant für die Beurteilung der Prognose der Anforderungen an das Gesundheitswesen.[295] Laut dem Robert Koch-Institut ist zu der tatsächlichen Zahl der Erkrankten keine gesicherte Aussage möglich.[11] Es existieren verschiedene Möglichkeiten zur Schätzung dieses Anteils. Risiko Krankenhaus-Einweisung ggü. 40 44-Jährigen (dunkelblau),um Vorerkrankungen bereinigt (hellblau), mit 95 % Vertrauensbereichen (grau)[302] Hier fehlt eine Grafik, die leider im Moment aus technischen Gründen nicht angezeigt werden kann. Wir arbeiten daran! Abschätzung des Risikos der Krankenhauseinweisung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Vor allem mit höherem Alter nimmt das Risiko einer Krankenhaus-Einweisung durch COVID-19 zu, gegenüber 40 44-Jährigen auf das Fünffache (s. Abb.). Neben dem Alter erhöhen vorhandene Vorerkrankungen wie Down-Syndrom, geistige Behinderung, Nierentransplantation, Lungentransplantation, Nierenversagen mit Dialyse und Lungenkrebs das Risiko auf das Drei bis Siebenfache, so eine Studie vom September 2021 auf Basis der 66 Millionen Einwohner Frankreichs.[302] Forschungsstand zu Spätfolgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Long COVID Aus den radiologischen Befunden eines Fallberichts haben taiwanische Ärzte geschlossen, dass wie bei SARS Spätfolgen an der Lunge im Sinne von fibrotischen Veränderungen möglich sind.[29][30] Aufgrund eines Falles von durch SARS-CoV-2 ausgelöster viraler Encephalitis und der Erfahrungen mit anderen Coronaviren stellen Forscher aus Peking die Möglichkeit einer Langzeitpersistenz des Virus in Nervenzellen in den Raum, welche zu neurologischen Folgeerkrankungen führen könnte.[31] Ein Review über COVID-19 und die Beteiligung am Herzen von US-amerikanischen Ärzten zieht die Möglichkeit von herzbedingten Spätfolgen in Betracht und beruft sich dabei auf die Erfahrungen mit SARS sowie einen italienischen Fallbericht einer tödlich verlaufenden Herzmuskelentzündung nach Ausheilung der Erkrankung.[28] In einer Studie an 100 Patienten zeigte eine Mehrheit der Patienten in der Magnetresonanztomografie auch nach symptomatischer Ausheilung von COVID-19 eine messbare Entzündung des Herzmuskels. Wegen der kleinen Untersuchungsgruppe und der Art der Auswahl der Untersuchten ist aber unklar, inwieweit diese Patienten für die Gesamtzahl der Erkrankungen repräsentativ sind.[303] Eine Studie an 384 aus dem Krankenhaus Entlassenen stellte rund zwei Monate nach der Entlassung eine hohe Rate von Patienten fest, die weiterhin Beschwerden hatten. Mehr als die Hälfte klagte über Müdigkeit, rund die Hälfte über Atemnot und etwa ein Drittel über anhaltenden Husten. Bei rund einem Drittel fand man bei einer Blutuntersuchung erhöhte D-Dimer-Werte, eine Folge von Blutgerinnung und darauf folgender Fibrinolyse (Gerinnselauflösung). Bei 38 % zeigten sich abnorme Röntgenbefunde, bei 9 % waren diese schlechter als zum Entlasszeitpunkt.[304] Wie bei anderen Infektionskrankheiten mit Lungenentzündung kann die Genesung lange dauern. Nach einer akuten Erkrankung können Wochen oder Monate später noch Beschwerden vorhanden sein oder neu auftreten. Neben organspezifischen Langzeitfolgen, die aus der Behandlung einer schweren Erkrankung resultieren, werden längerfristige Müdigkeitserscheinungen, Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen, Schwindel und Übelkeit auch bei milderen Verläufen beobachtet. Daten aus England deuten darauf hin, dass rund 40 % der Krankenhauspatienten längerfristig medizinische Hilfe benötigen und rund 10 % der nicht im Krankenhaus Behandelten mehr als vier Wochen Beschwerden haben.[305] Nach einer Studie von Forschern des University College London hielten die Symptome bei etwa 2 % der an Covid-19 Erkrankten länger als 12 Wochen an.[306] Immunität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine durchgemachte Infektion mit SARS-CoV-2 induziert eine Immunantwort gegen das Virus. Antikörper verschiedener Klassen sind im Mittel rund zwei Wochen nach Beschwerdebeginn feststellbar. Diese umfassen Antikörper gegen das Spike-Protein und auch das Nukleokapsid des Virus.[307] Rund ein Zehntel der Infizierten bildet keine messbaren Antikörper. Die Höhe der Antikörperspiegel korreliert mit der Krankheitsschwere.[308] Ebenso lassen sich auch gegen das Spike-Protein reaktive T-Zellen und B-Zellen nachweisen. Rund sechs bis acht Monate nach der Erkrankung lassen sich diese Parameter weiterhin nachweisen, wobei die Menge der Antikörper rasch absinkt. Es ist weiterhin unklar, inwieweit diese Parameter einen Schutz gegen eine Infektion oder schwere Erkrankung verleihen. Antikörper, die das Virus im Laborversuch neutralisieren, werden mit einem Schutz gegen eine schwere Erkrankung in Verbindung gebracht. Ein Schwellenwert, ab dem sie vor einer schweren Erkrankung oder Infektion schützen, ist bisher nicht gesichert.[307] Wiederansteckungen nach durchgemachter Infektion sind möglich. Dies ist abzugrenzen von Personen, bei denen sich nach durchgemachter Erkrankung noch länger Erbmaterial des Virus nachweisen lässt. Das CDC trifft die Aussage, dass die Dauer der Immunität noch unklar sei, empfiehlt aber drei Monate nach gesicherter Infektion keine erneute Testung auf das Erbmaterial des Virus.[309] Das ECDC ordnet die Datenlage dergestalt ein, dass ein vor Infektion schützender Effekt der durchgemachten Infektion von 81 100 % über einen Zeitraum von fünf bis sieben Monaten nachgewiesen ist.[308] Auf Basis der Daten aus dem deutschen Meldesystem berichtet das RKI, dass gemeldete Wiederansteckungen seltene Ereignisse sind. Aufgrund der Erfahrungen mit anderen Coronaviren sei es jedoch denkbar, dass nicht-diagnostizierte Wiederansteckungen nicht ungewöhnlich sein könnten.[307] Eine frühe Bildung von virusreaktiven T-Zellen scheint mit einem leichten Krankheitsverlauf zu korrelieren. Dagegen wurden Störungen der B-Zell-Reifung bei schweren Verläufen beobachtet.[307] Im Laborversuch konnten Kreuzreaktivitäten zwischen anderen beim Menschen vorkommenden Coronaviren sowohl auf Ebene der Antikörper als auch der zellulären Immunantwort nachgewiesen werden. Die Studienlage, inwieweit dies die Ansteckungswahrscheinlichkeit oder den Krankheitsverlauf beeinflusst, ist widersprüchlich.[307] Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Siehe auch: AHA-Formel Individuelle Hygienemaßnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Maßnahme während der COVID-19-Pandemie Richtiges und falsches Niesen und Husten Empfehlungen des deutschen Robert Koch-Instituts (RKI)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichte am 28. Januar 2020 Empfehlungen, wie jeder Einzelne sich und andere vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 schützen kann: Jeder sollte auf eine gründliche Händehygiene achten. In erster Linie erfordert diese regelmäßiges Händewaschen, mindestens 20 Sekunden lang und mit Seife. Die Hände sollten zumindest beim Nach-Hause-Kommen, vor und nach dem Essen, vor und nach Kontakt mit anderen Personen, nach der Toilettenbenutzung und nach dem Niesen oder Husten gewaschen werden. Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes oder einer Alltagsmaske in der Öffentlichkeit. Nach Kontakt mit möglicherweise viral kontaminierten Oberflächen, wie zum Beispiel Griffelementen in öffentlichen Verkehrsmitteln oder von Einkaufswagen in Supermärkten, sollten die Hände mit einem geeigneten Desinfektionsmittel desinfiziert werden. Zu anderen Personen sollte mindestens 1,5 bis 2 Meter Abstand gehalten werden. Grundsätzlich sind unmittelbare Körperkontakte, wie das Händeschütteln, Küssen oder ähnlich intensive Körperkontakte, sowie größere Menschenmengen zu vermeiden.[310] Da beim Sport und allgemein beim Bewegen in der Öffentlichkeit ein Abstand von nur zwei Metern meist nicht ausreichend ist, um eine Ansteckung durch Tröpfcheninfektion zu verhindern, sollte darauf geachtet werden, dass der Abstand zu anderen größer ist; das gilt insbesondere, wenn man sich im Windschatten eines anderen befindet.[311] Beim Singen oder Musizieren mit Blasinstrumenten soll ein Mindestabstand von drei Metern eingehalten werden. Das Husten oder Niesen sollte möglichst in die Armbeuge erfolgen, keinesfalls in die Hand. Geschlossene Räume sind bei Anwesenheit von mehreren Personen alle 20 Minuten mittels fünfminutigem Stoßlüften zu lüften.[8] Lüftungsgeräte mit einem HEPA-Filter H14 (Abscheidegrad > 99,995 Prozent) werden empfohlen. Die Raumluftqualität kann hierbei auch mit Hilfe von Kohlenstoffdioxidmessungen überwacht werden. Der durch die ausgeatmete Luft angereicherte mittlere Gehalt an Kohlenstoffdioxid soll im Mittel nicht höher als 1000 parts per million liegen[312] und kann beispielsweise mit Hilfe von CO2-Messgeräten ermittelt und angezeigt werden. Angesichts einer sich anbahnenden 3. Welle in Deutschland gab das RKI am 31. März 2021 aktualisierte Empfehlungen für den Alltag heraus. In Form von acht Tipps wurde betont[313]: das Social Distancing auch beim Besuch von Freunden einhalten; besser im Freien statt in Innenräumen treffen; im Fall eines Treffens in Innenräumen Abstand halten, Maske tragen und regelmäßig lüften: alle 20 Minuten die Fenster für 5 Minuten weit öffnen; von Freizeitreisen absehen; bei Symptomen zuhause bleiben und ärztlichen Rat einholen; bei positivem PCR-, Schnell- oder Selbsttest allen kürzlich getroffenen Personen Bescheid geben; außerdem einen positiven Schnell- oder Selbsttest mit einem PCR-Test überprüfen lassen; auch bei negativem Schnell- oder Selbsttest die AHA+L-Regeln (Abstand, Hygiene, im Alltag Maske tragen, Lüften) einhalten; eine angebotene Impfung annehmen. Zusätzliche Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt zusätzlich:[314] Augen, Nase oder Mund nicht mit ungewaschenen Händen zu berühren; zuhause zu bleiben, wenn man selbst oder ein Mitbewohner sich krank fühlt auch bei milden Symptomen (wie z. B. leicht laufender Nase oder Kopfschmerzen); bei Krankheitssymptomen keinesfalls persönlich eine Praxis oder ein Krankenhaus aufzusuchen, sondern vorher dort anzurufen, um weiteren Anweisungen zu folgen.[315] Hinweise des deutschen Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei Symptomen oder Beschwerden, die auf eine Infektion mit dem Coronavirus hinweisen könnten, sollte zunächst der Hausarzt angerufen werden; außerhalb der Öffnungszeiten der Hausarztpraxis kann in Deutschland der ärztliche Bereitschaftsdienst angerufen werden: Rufnummer: 116 117 . Außerdem sollte man sich zuhause isolieren, um nicht weitere Menschen anzustecken.[316][317][318] Bei akuten Notfällen soll der Notruf: Rufnummer: 112 angerufen werden. Das deutsche Bundesministerium für Gesundheit (BMG) warnt, dass niemand aus Angst vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 ( Coronavirus ) bei schwerwiegenden Krankheitssymptomen auf ärztliche Behandlung verzichten soll: In den letzten Wochen haben wir beobachtet, dass sich deutlich weniger Patientinnen und Patienten z. B. mit einem akuten Herzinfarkt vorstellen. Dabei zählt gerade beim Infarkt jede Minute. Die Wahrscheinlichkeit, an einem Herzinfarkt zu sterben ist hoch, wenn man sich nicht rechtzeitig meldet. Die Wahrscheinlichkeit, sich [beim Arzt oder im Krankenhaus] mit dem Coronavirus zu infizieren, ist gering. [319] Empfehlungen der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt, sich beim Husten, Niesen oder Naseputzen sofort von anderen Menschen abzuwenden und möglichst in ein Taschentuch zu niesen/husten, das danach sofort entsorgt werden muss, sowie sich anschließend gründlich die Hände zu waschen.[320] Corona-Apps zur Kontaktverfolgung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im Verlauf des Jahres 2020 wurden mehrere Corona-Apps zur Kontaktverfolgung entwickelt, um Infektionsketten nachzuvollziehen. In Deutschland sind dies die Corona-Warn-App und die Luca-App, deren Gebrauch vom RKI dringend empfohlen wird. Empfehlungen von Virologen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Virologe Christian Drosten hat empfohlen, insbesondere in den Tagen vor einem Familientreffen mit älteren Menschen soziale Kontakte weitgehend zu verringern, indem man zum Beispiel Besprechungen vermeidet oder im Home-Office arbeitet ( Vorquarantäne ).[321] WHO-Studie, Juni 2020[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Mit einer Studie, die durch die WHO in Auftrag gegeben wurde, wurde systematisch der optimale Einsatz der genannten Schutzmaßnahmen untersucht. Ein internationales Forscherteam hat erstmals untersucht, wie sich körperliche Distanz, Gesichtsmasken und Augenschutz auf die Verbreitung von COVID-19 auswirken. Die Recherche ergab 172 Beobachtungsstudien in 16 Ländern und sechs Kontinenten ohne randomisierte kontrollierte Studien und 44 relevante Vergleichsstudien im Gesundheitswesen und außerhalb des Gesundheitswesens (n = 25.697 Patienten). Die Übertragung von Viren war bei einer physischen Entfernung von 1 m oder mehr geringer als bei einer Entfernung von weniger als 1 m. Der Schutz erhöhte sich, wenn die Entfernung vergrößert wurde. Die Verwendung von Gesichtsmasken kann zu einer starken Verringerung des Infektionsrisikos führen mit stärkeren Assoziationen zu N95 oder ähnlichen Atemschutzmasken (FFP2) im Vergleich zu chirurgischen Einwegmasken oder ähnlichen, beispielsweise wiederverwendbaren Masken. Die Ergebnisse dieser systematischen Überprüfung und Metaanalyse unterstützen eine physische Distanzierung von 1 m oder mehr und liefern quantitative Schätzungen für Modelle und Kontaktverfolgungen, um die politischen Entscheider zu informieren. So betrug das Infektionsrisiko bei Personen, die mehr als einen Meter von der infizierten Person entfernt stehen, 3 Prozent gegenüber 13 Prozent bei einer Entfernung von einem Meter. Mit jedem weiteren Meter Distanz (bis 3 Meter Abstand) wurde das Risiko noch einmal halbiert. Eine körperliche Distanz von mehr als 1 Meter sowohl im Gesundheitswesen als auch in der Gesellschaft reduziert das Ansteckungsrisiko um 82 Prozent. Mit Augenschutz betrug das Infektions- oder Übertragungsrisiko 6 Prozent gegenüber 16 Prozent ohne Augenschutz. Für den Augenschutz ermittelten die Forscher insgesamt eine Schutzwirkung von 78 Prozent. Ein Mund-Nasen-Schutz senkt das Infektionsrisiko laut der Studie um 85 Prozent. Teilchen filtrierende Masken wie N95 (etwa gauze masks oder wiederverwendbare Masken mit 12 bis 16 Lagen Baumwollstoff) könnten Beschäftigten in Gesundheitseinrichtungen möglicherweise einen besseren Schutz bieten als OP-Masken. Baumwollstoffmasken seien dabei auch für die Bevölkerung geeignet. Diese erreichten in einer Unteranalyse eine Schutzwirkung von 96 Prozent. Keine dieser Interventionen biete jedoch, selbst wenn sie richtig eingesetzt und kombiniert werden, einen vollständigen Schutz vor einer Infektion.[322] Flächenreinigung und Desinfektion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Desinfektionen auf einer Straße in Osttimor Da die in Seife und Reinigungsmittel üblicherweise enthaltenen Tenside die Fetthülle von Coronaviren zerstören, reichen diese Tenside im Alltag aus, um Hände und andere Oberflächen weitgehend von Krankheitserregern zu befreien.[323][324] Eine routinemäßige Flächendesinfektion in häuslichen und öffentlichen Bereichen wird vom RKI nicht empfohlen; eine im Einzelfall nötige Desinfektion sollte als Wisch- und nicht als Sprühdesinfektion durchgeführt werden, da letztere weniger effektiv sei und das Desinfektionsmittel eingeatmet werden könne. Alkoholbasierte Produkte sollten aus Brandschutzgründen nur auf kleinen Flächen angewendet werden.[323] Schutzmaske als Mittel zur Prävention[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Personen mit Mund-Nasen-Masken in Brasilien Hauptartikel: Alltagsmaske und Mund-Nasen-Schutz Eine experimentelle Studie von 2008 kommt zu dem Schluss, dass jede Art von Alltagsmaske selbst bei ungenügendem Sitz oder bei improvisiertem Material eine Virusexposition möglicherweise vermindert. Die Autoren schließen daraus, dass das generelle Tragen von Masken durch die Bevölkerung die Übertragung von Atemwegserkrankungen vermindern könne.[325] In Ostasien gilt die Verwendung von Masken für die Allgemeinbevölkerung als zentrales Element der Prävention. Im März 2020 empfahlen Mediziner aus Hong Kong anderen Ländern, diese Praxis ebenso einzuführen.[326] Die US-amerikanische CDC empfahl unter Berufung auf die aktuelle Studienlage[327] allen Bürgern, in der Öffentlichkeit Mund und Nase zu bedecken.[328][329] Eine Übersicht über den Umgang mit und die Einschätzung von Gesichtsmasken in verschiedenen Ländern hat die Zeitschrift The Lancet erstellt.[330] Obwohl die Wirksamkeit einer Mund-Nasen-Bedeckung als allgemeine Hygienemaßnahme kaum angezweifelt wird, ist die wissenschaftliche Datenlage mit randomisierten Vergleichsuntersuchungen, die dies statistisch zweifelsfrei für SARS-CoV-2 nachweisen, bisher eher dürftig.[92][331][332] Eine im April 2020 vorläufig veröffentlichte Metaanalyse einer internationalen Forschergruppe kam zu dem Schluss, dass das Tragen von Mund-Nasen-Masken die Übertragung von Atemwegserkrankungen und die Ausbreitung von Atemwegsinfektionen durch Gesundheitspersonal, aber auch unter der Bevölkerung erheblich reduzieren könne. Die Studienautoren sprachen sich explizit für den Schutz durch Masken aus, um die Übertragung von Atemwegsviren und damit die Ausbreitung von Atemwegserkrankungen zu verhindern oder zumindest zu behindern.[333] Für die optimale Wirksamkeit ist es wichtig, dass die Mund-Nasen-Bedeckung korrekt sitzt, d. h. enganliegend getragen wird, bei Durchfeuchtung gewechselt wird und dass während des Tragens keine (unbewussten) Manipulationen daran vorgenommen werden.[334] Nach Angaben der WHO kann allerdings das Tragen einer Maske in Situationen, in denen dies nicht empfohlen ist, ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen, durch das zentrale Hygienemaßnahmen wie eine gute Händehygiene vernachlässigt werden können.[335] Zu unterscheiden ist zwischen dem Schutz des Trägers (Eigenschutz) und dem Schutz der Umgebung (Fremdschutz). Masken mit Ausatemventil schützen den Träger, nicht aber die Umgebung. (Zu diesem Unterschied je nach Maskentyp siehe die Tabelle hier und die Grafik hier.) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte weist darauf hin, dass Alltagsmasken (im Gegensatz zu medizinischem Mund-Nasen-Schutz und Atemschutzmasken) nicht normiert sind und daher eine ausreichende Schutzwirkung gegen eine Übertragung von SARS-CoV-2 nicht garantiert werden kann. Dementsprechend könnten sich Träger nicht darauf verlassen, dass sie oder andere durch das Tragen solcher Masken vor einer Übertragung des Erregers geschützt seien, und müssen weiter die Abstandsregeln beachten.[336] Die Gesellschaft für Virologie hat gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie im November 2020 zusammenfassende Handlungsempfehlungen als S1-Leitlinie zum Thema der Infektionsprävention durch das Tragen von Masken im Zusammenhang mit COVID-19 herausgegeben.[337] Viruzides Gurgeln und viruzider Nasenspray[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene empfiehlt als virenabtötende Maßnahmen viruzides Gurgeln und den präventiven Einsatz von viruziden Nasenspray, um die Viruslast bereits an den Eintrittspforten zum Organismus zu reduzieren, da die Wahrscheinlichkeit einer COVID-19-Erkrankung mit dem Ausgesetztsein gegenüber dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Exposition gegenüber SARS-CoV-2) zunimmt, wenn sich Menschen innerhalb potentieller Risikogebiete ( Corona-Hotspots ) aufhalten, da die anfängliche Viruslast Einfluss auf den Schweregrad der Erkrankung hat. Allerdings lässt sich der Einfluss auf Erkrankungshäufigkeit und Krankheitsverlaufs noch nicht anhand von Studien belegen.[338] Infrastrukturelle Minimierung der Tröpfchen- und Aerosolübertragung ( source control )[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Besonders in geschlossenen Räumen kann eine Übertragung und Verbreitung virusbehafteter Aerosole durch Aerosol- und Tröpfcheninfektion vermutet werden. Außerdem können durch Klimatisierung bedingte Luftströme zur Verbreitung von Krankheitserregern beitragen.[339] Durch eine raumbezogene Analyse des Tröpfchen- und Aerosoltransports können geeignete infrastrukturelle Maßnahmen geplant und umgesetzt werden, um die Exposition nichtinfizierter Menschen in Innenräumen zu minimieren.[340] Abfallentsorgung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wenngleich bisher keine Fälle bekannt sind, bei denen sich Menschen durch die Berührung von kontaminierten Oberflächen mit dem SARS-CoV-2-Virus angesteckt haben, kann dieser Infektionsweg nicht ausgeschlossen werden. Um Hausmeister, Bewohner von Mehrfamilienhäusern und Mitarbeiter der Abfallentsorgung zu schützen, benennt das Bundesumweltministerium deshalb Vorsichtsmaßnahmen: Bei Haushalten mit infizierten Personen oder begründeten Verdachtsfällen entfällt die Pflicht zur Abfalltrennung. Neben Restmüll müssen diese Haushalte auch Verpackungsabfälle, Altpapier und Biomüll über den zur Verbrennung bestimmten Restabfall entsorgen. Die Abfälle dürfen nicht lose in die Tonne eingeworfen werden, sondern sicher verpackt in stabilen, reißfesten Abfallsäcken. Erst nach Genesung und beendeter Quarantäne soll die getrennte Entsorgung von Glasabfällen, Pfandverpackungen, Elektro- und Elektronikabfällen, Batterien und Schadstoffen angegangen werden.[341] Die am 14. April 2020 von der EU-Kommission veröffentlichten Leitlinien zur Abfallentsorgung in der Coronavirus-Krise enthalten weitere Grundsätze im Falle einer Behandlung von Erkrankten in Privathaushalten: Taschentücher und Atemmasken sollten in einem eigenen Abfallbehälter im Zimmer des Patienten gesammelt werden, Handschuhe und Gesichtsmasken von Betreuern in einem zweiten Behälter in Türnähe. Die Abfallsäcke sind zu verschließen, bevor sie aus dem Patientenzimmer transportiert werden, können dann aber gemeinsam gesammelt und in den Restmüll gegeben werden.[342] Prophylaktische Steigerung des Vitamin-D-Spiegels[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In der Literatur wird ein Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel und der Schwere einer COVID-19-Erkrankung diskutiert.[343][344][345] Nach Einschätzung von Gesundheitsbehörden aus den USA,[289] England[288] oder Deutschland[247] bestand Anfang 2021 keine Evidenz für eine Vitamin-D-Gabe zur Vorbeugung von COVID-19. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung bestehe auf Basis der gegenwärtigen Studienlage kein Anlass, der gesunden Allgemeinbevölkerung die generelle Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit Vitamin D zu empfehlen, für Bewohner von Pflegeheimen allerdings könne eine generelle Vitamin-D-Einnahme von bis zu 20 g (800 IE) pro Tag erwogen werden.[346] Eine Metastudie von Ende 2021 sieht ebenfalls keinen Effekt unterschiedlich hoher Vitamin-D-Spiegel auf das Ansteckungsrisiko oder den Krankheitsverlauf.[291] Medizinisches Personal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Robert Koch-Institut gab am 24. Januar 2020 erste Hinweise, welche Hygienemaßnahmen zur Vermeidung einer Übertragung des Erregers durch Tröpfchen auf medizinisches Personal notwendig sind: Als Empfehlung wurde die konsequente Einhaltung der Basishygiene, besonders der Händehygiene, genannt.[347] Mit Änderung der Falldefinitionen am 14. Februar 2020 wurden die Hygienemaßnahmen präzisiert und in der Folge an neue Erkenntnisse angepasst (Stand 8. April 2020): So wird aus Gründen des Patientenschutzes während der Pandemie für alle Bereiche des Gesundheitswesens das generelle Tragen von Mund-Nasen-Schutz (MNS) durch sämtliches Personal mit direktem Kontakt zu besonders gefährdeten Personengruppen empfohlen. Bei der Behandlung und Pflege von Patienten mit möglicher oder bestätigter SARS-CoV-2-Infektion sollte persönliche Schutzausrüstung (PSA) in Form von Schutzkittel, Schutzhandschuhen, Schutzbrille und mindestens dicht anliegendem MNS oder einer Atemschutzmaske getragen werden. Dabei sollte bevorzugt eine Maske des Standards FFP2 verwendet werden, die Schutz vor Aerosolen und Tröpfchen bietet. Wenn FFP2-Masken nicht zur Verfügung stehen, soll als Schutz gegen Tröpfchen zumindest ein MNS getragen werden. Für alle Tätigkeiten, die mit Aerosolproduktion einhergehen (z. B. Intubation oder Bronchoskopie), werden FFP2-Masken oder darüber hinausgehender Atemschutz empfohlen. Diese Angaben gelten auch bei der stationären Versorgung.[347] Stehen keine CE-gekennzeichneten Masken zur Verfügung, können laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) bis auf Weiteres Masken verwendet werden, die mindestens dem NIOSH-Standard N95 entsprechen (Stand 6. April 2020).[348] Bei Symptomen einer Atemwegserkrankung muss der Patient einen Mund-Nasen-Schutz tragen und wird in der Arztpraxis zur Verdachtsabklärung nach Möglichkeit in einen separaten Raum geführt, wo die weiteren Untersuchungen stattfinden.[203] Zur chemischen Desinfektion der Hände und Flächen sind Desinfektionsmittel geeignet, die die Wirkungsbereiche begrenzt viruzid , begrenzt viruzid PLUS oder viruzid abdecken.[347][349] Eine Auswertung von 22 Studien, die sich mit der Persistenz und Inaktivierung von medizinisch relevanten Coronaviren (wie SARS-CoV und MERS-CoV) unter anderem in Gesundheitseinrichtungen beschäftigen, zeigt, dass für die Oberflächendesinfektion Mittel auf der Basis von Ethanol (mindestens 65 %), Wasserstoffperoxid oder Natriumhypochlorit in entsprechender Konzentration wirksam sind.[350] Neben den Hygienemaßnahmen durch das medizinische Personal zählen außerdem die Unterbringung des Patienten in einem Isolierzimmer mit Vorraum oder Schleuse[347] und das Abstellen eventuell vorhandener raumlufttechnischer Anlagen, über die ein Luftaustausch mit anderen Räumen möglich ist, zu den Präventionsmaßnahmen.[347] Zahnärztliche Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei einer zahnärztlichen Behandlung kommen meist Bohrinstrumente mit Wasserkühlung zum Einsatz. Dabei bildet sich Aerosol. Eine mögliche Übertragung durch diese Form von Aerosol ist noch nicht wissenschaftlich erwiesen, da in Zahnarztpraxen, anders als in Laborversuchen, umfassende Absaugungen zum Einsatz kommen. Bisherige Studien zur Virusmenge im Aerosol verwenden nicht den Speichel eines symptomlos infizierten Menschen als Testsubstrat (Real-Szenario), sondern hoch kontaminierte, künstliche Reagenzien, die einem 1-ml-Rachenabstrich eines Patienten mit schwerem Verlauf ähneln.[351] Informationen aus der Zahnklinik der Universität Wuhan widerlegen ein erhöhtes Übertragungsrisiko für zahnmedizinisches Personal bei Einhaltung der bisherigen Hygiene-Maßnahmen (Mund-Nasen-Schutz, Schutzbrille, Untersuchungs-Handschuhe).[352] Im März 2020 war die notwendige Schutzausrüstung bei der Behandlung von nachgewiesen mit COVID-19 infizierten Patienten (Atemschutzmaske FFP2, Schutzbrille mit Seitenschutz oder Visier, Untersuchungs-Handschuhe, langärmliger Schutzkittel, Kopfhaube) in vielen Zahnarztpraxen auch wegen Lieferschwierigkeiten nicht oder nur eingeschränkt vorhanden. Patienten sollten deshalb nur bei Notfällen und dringenden Behandlungen einen Zahnarzt aufsuchen.[353] Im Mai erklärte die Bundeszahnärztekammer, die Situation im Bereich Schutzausrüstung habe sich verbessert und die Hygienestandards seien auf die Pandemie-Situation angepasst worden. Also könnten alle zahnärztlichen Behandlungen wieder durchgeführt werden.[354] Umfangreiche aktuelle Informationen stellt die Bundeszahnärztekammer auf ihrer Webseite zur Verfügung.[355] Abfälle aus der medizinischen Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die RKI-Empfehlungen zur Abfallentsorgung im Rahmen der Behandlung und Pflege von Patienten mit einer Infektion durch SARS-CoV-2 basieren auf der Mitteilung 18 der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA). Sie werden regelmäßig an neue Erkenntnisse angepasst. Nach derzeitigem Wissen (Stand 24. April 2020) fallen bei der Behandlung von COVID-19-Patienten in der Regel keine gefährlichen Abfälle an. Wenn die üblichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes eingehalten und geeignete persönliche Schutzausrüstungen getragen werden, stellen nicht flüssige Abfälle aus der Behandlung erkrankter Patienten kein besonderes Infektionsrisiko dar.[356] Atemschutzmasken, Verbände oder auch Aufwischtücher können so unter dem Abfallschlüssel 180104 geführt werden. Die Abfälle sind unmittelbar am Entstehungsort in reißfesten, feuchtigkeitsbeständigen und dichten Behältnissen zu sammeln und ohne Umfüllen oder Sortieren in sicher verschlossenen Behältern zu transportieren. Spitze und scharfe Gegenstände sollten in bruch- und durchstichsichere Einwegbehältnisse gegeben werden. Abfälle, die bei der mikrobiologischen und virologischen Diagnostik von COVID-19 entstehen und nicht durch ein anerkanntes Verfahren desinfiziert werden können, zählen hingegen regelhaft zu den infektiösen Abfällen des Abfallschlüssels 180103*. Für deren Sammlung und Entsorgung gelten aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen.[357] Gesellschaftliche Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Siehe auch: Pandemieprävention Siehe auch: Räumliche Distanzierung Strategie durch die Verlangsamung der Ausbreitung der Sars-CoV-2-Epidemie mithilfe von schützenden Maßnahmen die medizinische Versorgung von Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf zu gewährleisten. Bei Überschreitung der Kapazität muss die Triage eingeführt werden. Wie alle Maßnahmen der Pandemiebekämpfung hat die gesellschaftliche Vorbeugung folgende Ziele: Verringerung der Morbidität und Mortalität der Bevölkerung Sicherstellung der Versorgung erkrankter Personen Aufrechterhaltung essentieller, öffentlicher Dienstleistungen[358][359] Diese übergeordneten Ziele werden je nach epidemiologischer Phase durch unterschiedliche Strategien erreicht. Solange die meisten Fälle isoliert oder in lokalen Clustern austreten, liegt der Schwerpunkt auf Containment. Dazu müssen Erkrankte isoliert und Kontaktpersonen möglichst lückenlos identifiziert und in (häuslicher) Quarantäne untergebracht werden. Damit sollen Infektionsketten so schnell wie möglich unterbrochen werden.[358][360] Bei einer anhaltenden Mensch-zu-Mensch-Übertragung empfiehlt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten zur Eindämmung von COVID-19 eine Reihe weiterer nicht-pharmazeutischer Maßnahmen: Individuelle Hygienemaßnahmen wie Hand- und Atemhygiene und die Nutzung von Gesichtsmasken, wo immer keine ausreichende räumliche Distanz aufrechterhalten werden kann; umweltbezogene Maßnahmen wie Reinigung von Oberflächen und Belüftung geschlossener Räume; bevölkerungsbezogene Maßnahmen wie Räumliche Distanzierung, Einschränkungen von Reisen und Mobilität und Beschränkung des Zusammentreffens unterschiedlicher Personen.[360] Das ECDC schließt nach Auswertung wissenschaftlicher Studien, dass die nicht-pharmazeutischen Maßnahmen nachweislich eine kritische Rolle bei der Eindämmung der COVID-19-Pandemie in Europa gespielt haben. Sie bleiben demnach notwendig, solange kein Impfstoff zur Verfügung steht. Wegen der schweren negativen gesellschaftlichen Folgen der Maßnahmen sollten sie aber nur dort angewandt werden, wo die lokale epidemische Situation das nötig macht.[360] Drei systematische Übersichtsarbeiten im Rahmen der Cochrane Library zu Reisebeschränkungen, Massentestungen und Quarantäne von Kontaktpersonen stellen fest, dass keine dieser Maßnahmen allein einen großen nachweisbaren Effekt auf die Verbreitung von COVID-19 hat. Für die Wirksamkeit von Reisebeschränkungen gibt es immerhin Hinweise, für die Wirksamkeit von Quarantänen erkennbare Belege. Die Autoren schließen, dass die untersuchten Maßnahmen in Kombination mit anderen nicht-pharmazeutischen Maßnahmen eingesetzt werden sollten. Maßnahmen wie Gesichtsmasken und soziale Distanzierung bleiben demnach weiterhin wichtig zur Kontrolle der COVID-19-Pandemie.[361][362][363] Eine im Juni 2021 im Journal of Infection veröffentlichte Metastudie kam auf Basis von 34 Studien zum Gesamtergebnis,[364] vor allem eine frühzeitige Umsetzung von Maßnahmen sei entscheidend, nicht die Strenge. Am wirksamsten seien die Schließung von Schulen, Arbeitsplätzen, Geschäften und Veranstaltungsorten sowie das Verbot öffentlicher Veranstaltungen. Auch das Tragen von Masken und öffentliche Informationskampagnen seien wirksam, zudem haben letztere den Vorteil, weniger Eingriffe in das Leben der Menschen zu erfordern. Es gebe hingegen keine Belege für die Wirksamkeit der Schließung öffentlicher Verkehrsmittel, von Test- und Kontaktverfolgungsstrategien und Quarantäne-Maßnahmen. Zu vermeiden seien längere Versammlungen in Innenräumen bei schlechter Belüftung, dies könne zu Superspreadern führen ein gemeinsames Merkmal von Coronaviren. Eine Aufhebung von Maßnahmen sollte vorsichtig erfolgen, an das Umfeld angepasst, zudem mit angepassten Eindämmungsmaßnahmen, schrittweiser Öffnung und jeweiliger Überwachung ihrer Auswirkungen auf die Bevölkerung.[364] Die Bürgersteige in Farnham, Surrey, wurden durch Verlust einer Fahrspur verbreitert, um soziale Distanzierung zu ermöglichen. Besuchsverbotsschild in der München Klinik Bogenhausen Abstandsregelung in einem Theater in Kavala / Griechenland Urinale, die während der Pandemie zu Gunsten des Abstandhaltens blockiert wurden Zutrittsbedingungen am Eingang eines Irish Pub in Hamburg-Harburg, Juli 2021 Transparente Vorhänge als Raumtrenner in der Gastronomie Management von Kontaktpersonen durch öffentliche Behörden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Drei Methoden zum Check-In für die Kontaktverfolgung Die Nachverfolgung von Kontaktpersonen erfolgt im Rahmen des Infektionsschutzes im Einklang mit der Einschätzung der Situation des Geschehens durch das lokal zuständige Gesundheitsamt. Das Robert Koch-Institut unterscheidet zwischen Kontaktpersonen mit höherem Infektionsrisiko (Kategorie I), Kontaktpersonen mit geringerem Infektionsrisiko (Kategorie II) und Kontaktpersonen der Kategorie III, dabei handelt es sich um medizinisches Personal mit einem geringen Expositionsrisiko. Ein höheres Infektionsrisiko gemäß Kategorie I kann durch engen Kontakt, Kontakt mit Sekreten des Infizierten oder einer Kontaktsituation mit hohem Übertragungsrisiko durch Aerosole entstehen.[365] In Deutschland wird Personen der Kategorie I unter Abwägung der Möglich keiten und nach Risiko bewertung des Gesundheitsamtes eine häus liche Ab son derung mit regelmäßiger Gesundheitsüberwachung (bis zum 14. Tag nach dem letzten Kontakt mit dem bestätigten Infektionsfall) empfohlen, dabei sollen die Kontaktpersonen ein Tagebuch führen, in dem die Körpertemperatur, Symptome und mögliche weitere Kontaktpersonen notiert werden. Das Gesundheitsamt meldet sich täglich, um sich über den Gesundheitszustand informieren zu lassen. Die Kontaktpersonen werden über das COVID-19-Krankheitsbild informiert und sollen namentlich registriert werden. Falls während der häuslichen Quarantäne Symptome auftreten, die auf eine SARS-CoV-2-Infektion hindeuten, wird die Kontaktperson als Verdachtsfall angesehen und nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt eine diagnostische Abklärung veranlasst.[365] Personen der Kategorie II wird eine häus liche Ab son derung auf freiwilliger Basis nahegelegt, eine namentliche Registrierung ist optional. Auch hier gilt, dass bei Eintreten von Symptomen unverzüglich das Gesundheitsamt zu informieren ist. Bei der häuslichen Absonderung ist u. a. die Kontaktperson zeitlich und räumlich von anderen Haushaltsmitgliedern zu trennen und auf die Hygiene (Händewaschen, Hustenetikette) zu achten.[365] Das Management von Personen der Kategorie III dient dazu, nosokomiale Übertragungen des Virus zu vermeiden. Dabei gilt, dass das medizinische Personal durch die Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) vor Infektionen geschützt ist, aber darüber hinaus durch Schulungen und organisatorische Maßnahmen verhindert werden soll, dass es zu Virusübertragungen im Arbeitsbereich kommt. Nach Möglichkeit soll das medizinische Personal, das COVID-19-Patienten versorgt, nicht mit der Versorgung anderer Patienten beauftragt werden. Das medizinische Personal soll sensibilisiert werden und sich selbst auf Symptome überwachen, die Ergebnisse wie auch die verwendete PSA sollen in einem Tagebuch notiert werden.[366] Bei Kontaktpersonen I wird von einer häuslichen Absonderung abgesehen, wenn diese in den letzten drei Monaten selbst als laborbestätigter Fall die Infektion durchgemacht haben.[365] Gegen das Coronavirus kommen neuartige Impfstoffe zum Einsatz. Dieses Video zeigt, wie die Impfung mit einem mRNA-Impfstoff funktioniert.[367] Gegen das Coronavirus kommen neuartige Impfstoffe zum Einsatz. Dieses Video zeigt, wie die Impfung mit einem Vektorimpfstoff funktioniert.[368] Schutzimpfungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] COVID-19 Impfzentrum im World Conference Center Bonn Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts empfiehlt in ihrem Impfkalender die Impfung gegen COVID-19 für Personen ab 18 Jahren.[369] Die Ziele der Schutzimpfung gegen COVID-19 sind vielfältig: Schutz jeden Individuums vor der Erkrankung, Schutz der besonders Gefährdeten, Stoppen einer pandemischen Welle, Aufrechterhaltung der individuellen Freiheit, Schutz der Wirtschaft, Schutz des wenig Gefährdeten vor Impf-Nebenwirkungen, globale Gerechtigkeit. Diese teils divergenten Ziele implizieren unterschiedliche mögliche Strategien bezüglich Impfstoffverteilung,[370] Impf-Priorisierung,[371] Intervall zwischen Erst- und Zweitimpfung,[372] Anzahl von Booster-Impfungen[373] und Dosiswahl.[374] Impfstoffe und Impfstoffkandidaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Künftiges Impfzentrum im RuhrCongress Bochum Im Artikel COVID-19-Impfstoff sind in tabellarischer Form die bisher zugelassenen COVID-19-Impfstoffe, die Impfstoffkandidaten in klinischer Prüfung sowie die Impfstoffkandidaten in präklinischer Prüfung erfasst. Außerdem können dem Artikel Informationen zur Impfstoffentwicklung, der Arzneimittelsicherheit, der Impfstoffwirksamkeit und zur Arzneimittelzulassung entnommen werden. Weltweit sind laut Weltgesundheitsorganisation (Stand: 1. Juni 2021) 102 Vakzine in der klinischen Prüfung. Weitere 185 sind in der vorklinischen Entwicklung.[375] Die zugelassenen Impfstoffe werden inzwischen weltweit eingesetzt (s. Fortschritt der Impfkampagnen). Die wissenschaftlich veröffentlichte Datenlage zu den Impfstoffen Tozinameran, AZD1222, mRNA-1273 und Ad26.COV2.S belegt, dass unabhängig vom Impfstoff die Zahl der schweren Erkrankungen deutlich reduziert wird.[376] Seit Durchsetzung der Virus-Variante Delta schützen die Impfstoffe hingegen nicht mehr so gut wie bisher vor Virus-Übertragungen. Laut WHO sind geimpfte Personen ähnlich ansteckend wie ungeimpfte.[377] Erste Auffrischungsdosis und zusätzliche Impfstoffdosen für Grundimmunisierte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine weltweite Coronawelle, verursacht durch die hochgradig übertragbare Delta-Variante,[378] führte Mitte September 2021 zu Diskussionen über die Notwendigkeit und den optimalen Zeitpunkt für die Verabreichung einer weiteren Impfstoffdosis eines COVID-19-Impfstoffs an Personen, die bereits vollständig gegen schwere Verläufe einer COVID-19-Erkrankung grundimmunisiert sind. Ein Autorenkollektiv wies Mitte September 2021 im medizinischen Fachjournal The Lancet darauf hin, dass jede diesbezügliche Entscheidung evidenzbasiert sein sollte und die Vorteile und Risiken für den Einzelnen und die Gesellschaft berücksichtigen werden müssen.[379] Es ist zu unterscheiden zwischen einer Dosis zur Auffrischungsimpfung (englisch booster dose)[380] für Personen, die ausreichend auf die Grundimmunisierung gegen COVID-19 angesprochen haben, und einer zusätzlichen Impfstoffdosis (englisch extra dose)[380] eines COVID-19-Impfstoffs für Personen mit geschwächtem Immunsystem, die nach Verabreichung der Grundimmunisierungsserie nicht ausreichend auf diese ansprachen.[381][382][380] Auffrischungsdosis zur Wiederherstellung des Impfschutzes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine Dosis zur Auffrischungsimpfung sollte vollständig gegen COVID-19 geimpften Personen verabreicht werden, um den Schutz gegen die Erkrankung wiederherzustellen, nachdem der durch Grundimmunisierungsserie erreichte Schutz abgeklungen ist. Die Vorteile und Risiken einer möglichen Auffrischungsdosis müssen zuvor klar umrissen und verglichen werden.[381][382] Comirnaty (BioNTech/Pfizer) Der wissenschaftliche Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ist zu dem Schluss gekommen, dass der COVID-19-Impfstoff Comirnaty (BioNTech/Pfizer) für Auffrischungsimpfungen an Personen ab 18 Jahren mindestens 6 Monate nach Verabreichung der zweiten Dosis der Grundimmunisierungsserie in Betracht gezogen werden kann. Die Auswertung der bis dato vorliegenden Daten hat bei Personen im Alter von 18 bis 55 Jahren gezeigt, dass ein Anstieg des Antikörperspiegels zu verzeichnen ist, wenn eine Auffrischungsimpfung etwa sechs Monate nach Verabreichung der zweiten Dosis des Impfstoffs erfolgt. Die nationalen Gesundheitsbehörden können nun offizielle Empfehlungen für Auffrischungsimpfungen mit Comirnaty aussprechen. Neue Daten zur Wirksamkeit und zur begrenzten Sicherheit des mRNA-Impfstoffs sind dabei zu berücksichtigen.[380] Die Informationen über die Auffrischungsimpfung mit Comirnaty sind in der aktualisierten Produktinformation (Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und Packungsbeilage) enthalten.[383] Spikevax (Moderna) Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) sprach sich am 25. Oktober 2021 für eine Auffrischungsimpfung bereits Grundimmunisierter mit dem COVID-19-Impfstoff Spikevax (Moderna) aus. Für Personen ab 18 Jahren, die bereits eine zweite Dosis dieses mRNA-Impfstoffes erhalten haben, kann nach Auffassung des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA die Verabreichung einer dritten Impfstoffdosis nun in Betracht gezogen werden. Grundlage für diese Empfehlung bilden Daten, die zeigen, dass eine dritte Dosis Spikevax, die sechs bis acht Monate nach der Grundimmunisierung an Erwachsene verabreicht wird, deren Antikörper titer deutlich anheben kann. Für eine Auffrischungsimpfung mit Spikevax soll nach Maßgabe der EMA die Hälfte der für die Erstimpfung verwendeten Dosis eingesetzt werden. Die aktuellen Daten deuten darauf hin, dass das Schema der zu erwartenden Nebenwirkungen nach den Auffrischungsimpfungen demjenigen nach der zweiten Dosis ähnelt. Das mögliche Auftreten entzündlicher Herzerkrankungen oder anderer sehr seltener Nebenwirkungen nach Auffrischungsimpfungen wird sorgfältig überwacht. Wie bei allen Arzneimitteln wird die EMA weiterhin alle Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Spikevax prüfen. Auf nationaler Ebene können die zuständigen Gesundheitsbehörden jetzt offiziell Empfehlungen für Auffrischungsimpfungen mit Spikevax aussprechen. Die lokale epidemiologische Situation sowie neue Daten zur Wirksamkeit des Impfstoffs und die begrenzten sicherheitsrelevanten Daten für die Auffrischungsimpfungen sind dabei zu berücksichtigen.[384][385] Die Informationen zu Auffrischungsimpfungen mit Spikevax sind in der aktualisierten Produktinformation enthalten.[386] Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson) Mit Stand vom 15. Oktober 2021 wurde für den COVID-19-Impfstoff Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson) noch keine Zulassung für die Verabreichung von Auffrischungsimpfungen gegen COVID-19 beantragt. Unabhängig davon hat in Deutschland die Ständige Impfkommission (STIKO) die Verabreichung einer Auffrischungsdosis an Personen empfohlen, deren Grundimmunisierung mit Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson) erfolgt ist. Nach Maßgabe der STIKO sollten bereits mit diesem Vektorimpfstoff geimpfte Personen frühestens vier Wochen nach der Grundimmunisierung eine Auffrischungsdosis mit einem mRNA-Impfstoff (Spikevax von Moderna oder Comirnaty von Biontech/Pfizer) zur Aufrechterhaltung ihres Immunschutzes gegen COVID-19 erhalten. Die Empfehlung der STIKO beruht darauf, dass im Verhältnis zur Anzahl der verabreichten Impfstoffdosen in Deutschland die meisten Impf durchbruchs erkrankungen nach COVID-19-Impfungen bei Personen beobachtet wurden, die mit dem Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson) geimpft worden seien. Zudem sei die Wirksamkeit dieses Vektorimpfstoffs gegen die Delta-Variante geringer als bei den anderen COVID-19-Impfstoffen.[387] Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson): Der Humanarzneimittelausschuss der EMA (CHMP) ist zu dem Schluss gekommen, dass eine Auffrischungsdosis mit Ad26.COV2.S bei Personen ab 18 Jahren mindestens zwei Monate nach der ersten Dosis in Betracht gezogen werden kann. Die Empfehlung folgt Daten, die zeigen, dass nach Verabreichung einer Auffrischungsdosis des COVID-19-Impfstoffs Ad26.COV2.S, die mindestens zwei Monate nach der ersten Dosis bei Erwachsenen verabreicht wird, zu einem Anstieg der Antikörper gegen SARS-CoV-2 (das Virus, das COVID-19 verursacht) führt. Sehr seltenen Nebenwirkungen nach einer Auffrischimpfung mit Ad26.COV2.S seien nicht bekannt. Mögliche Risiken einer Thrombose in Kombination mit Thrombozytopenie (TTS) oder andere sehr seltenen Nebenwirkungen nach einer Auffrischungsbehandlung wird überwacht (Monitoring). Der CHMP kam außerdem zu dem Schluss, dass eine Auffrischungsdosis mit Ad26.COV2.S nach zwei Dosen eines der in der EU zugelassenen mRNA-Impfstoffe, Comirnaty (BioNTech/Pfizer) oder Spikevax (Moderna), verabreicht werden kann. Alle Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Ad26.COV2.S werden weiterhin von der EMA geprüft. Die nationalen Gesundheitsbehörden können unter Berücksichtigung der örtlichen epidemischen Lage, der Verfügbarkeit von Impfstoffen, der sich abzeichnenden Impfstoffwirksamkeit und der begrenzten Daten zur Arzneimittelsicherheit für die Auffrischung der Grundimmunisierung gegen COVID-19 offizielle Empfehlungen für die Verwendung von Auffrischungsdosen entweder nach einer Dosis Ad26.COV2.S oder nach zwei Dosen eines mRNA-Impfstoffs aussprechen. Daten, die die Auffrischungsempfehlung für COVID-19-Impfstoff von Janssen unterstützen, werden in der aktualisierten Produktinformation verfügbar sein.[388] Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA und die Gesundheitsbehörde der Vereinigten Staaten CDC raten jedoch davon ab Erwachsene mit dem COVID-19-Impfstoff Ad26.COV2.S (Janssen / Johnson & Johnson) zu impfen. Stattdessen sollten die auf mRNA basierenden COVID-19-Impfstoffe Comirnaty (BioNTech/Pfizer) oder Spikevax (Moderna) verabreicht werden. Begründet sind diese Empfehlungen im Auftreten des Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) in den USA. Nach Verimpfung von Ad26.COV2.S seien nach Mitteilung der CDC 54 Fällen von TTS aufgetreten. Alle 54 Patienten wurden hospitalisiert, 36 davon wurden auf der Intensivstation behandelt, neun seien gestorben. Unter 54 Patienten waren 37 weiblich, das Durchschnittsalter der von TTS-Betroffenen lag bei 44 Jahren. Die CDC wies jedoch darauf hin, dass eine Impfung mit Ad26.COV2.S besser sei als gar keine Impfung gegen COVID-19, insbesondere treffe dies auf Personen zu, die keine Impfung mit mRNA-Impfstoffen wollen oder haben können. Die Impfung mit Ad26.COV2.S war im Frühjahr 2021 nach dem Auftreten der ersten Fälle von TTS nach Verimpfung dieses Vektorimpfstoffs bereits einmal in den USA ausgesetzt worden.[389] Vaxzevria (AstraZeneca/Oxford) Für den COVID-19-Impfstoff Vaxzevria (AstraZeneca/Oxford) wurde in Europa mit Stand vom 15. Oktober 2021 noch keine Zulassung für die Verabreichung von Auffrischungsimpfungen gegen COVID-19 beantragt.[387] Impfstoffdosen zur Ergänzung der Grundimmunisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine Zusätzliche Impfstoffdosis sollte für Personen mit einem stark geschwächten Immunsystem als Ergänzung der Grundimmunisierungsserie in Betracht gezogen werden, da diese Personen möglicherweise keinen ausreichenden Schutz durch die Grundimmunisierungsserie erreichen.[381][382] Zu den Personen mit einem stark geschwächten Immunsystem gehören Organtransplantationspatienten. Studien haben gezeigt, dass eine zusätzliche Dosis der COVID-19-Impfstoffe Comirnaty (BioNTech/Pfizer) oder Spikevax (Moderna) bei diesen Patienten die Fähigkeit zur Bildung von Antikörpern gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 erhöht. Obwohl noch nicht erwiesen ist, dass die Fähigkeit zur Bildung von Antikörpern diese Patienten vor der COVID-19-Erkrankung schützt, ist zu erwarten, dass eine zusätzliche Impfstoffdosis den Schutz zumindest bei einigen erhöht. Alle Daten, die sich zur Impfstoffwirksamkeit ergeben, werden von der EMA weiter beobachtet und die Produktinformation (d. h. Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und Packungsbeilage) für beide Impfstoffe entsprechend der Empfehlung vom 4. Oktober 2021 aktualisiert.[390] Comirnaty (BioNTech/Pfizer): Personen, an die eine Impfstoffdosis Comirnaty verimpft wurde, sollten Comirnaty auch als zweite Dosis der primären Impfserie erhalten. Die Verabreichung eine dritten Dosis Comirnaty an Personen mit starker Immunsupprimierung kann mindestens 28 Tage nach der zweiten Dosis des Impfstoffs in Betracht gezogen werden. Die Austauschbarkeit von Comirnaty mit anderen COVID-19-Impfstoffen zur Vervollständigung der primären Impfserie (dritte Dosis) ist nicht erwiesen.[391] Die Empfehlung der EMA bei stark immunsupprimierten Personen eine dritte Dosis des mRNA-Impfstoffes Comirnaty in Betracht zu ziehen, basiert auf begrenzten serologischen Nachweisen aus einer Fallserie in der Literatur zur klinischen Behandlung von Patienten mit iatrogener Immunsuppression nach Transplantation solider Organe, wie z. B. Nieren, Herz, Lunge oder Leber. Die Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs wurde bei immunsupprimierten Personen, einschließlich Personen die Immunsuppressiva erhielten, nicht bewertet.[392] Spikevax (Moderna): Bei schwerwiegend immungeschwächten Personen (ab 12 Jahren) kann im Rahmen der Grundimmunisierung eine dritte Dosis Spikevax (0,5 ml) frühestens 28 Tage nach der zweiten Dosis in Betracht gezogen werden.[393] Die Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs wurden bei immungeschwächten Personen, einschließlich Personen unter einer Therapie mit Immunsuppressiva, nicht untersucht. Die Empfehlung der EMA, bei stark immungeschwächten Personen eine dritte Dosis in Betracht zu ziehen, basiert auf begrenzten serologischen Nachweisen von Patienten, die nach einer Transplantation eines einzelnen Organs immungeschwächt sind.[394] Auffrischungsimpfung für Grundimmunisierte mit bivalenten COVID-19-Impfstoffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Um die Menschen zu schützen und eine Überlastung Gesundheitssysteme zu verhindern sind rechtzeitige Auffrischungsimpfungen vor einem möglichen Anstieg von COVID-19-Fällen im Herbst/Winter 2022 unerlässlich. Die Europäische Kommission hat deshalb kürzlich das Repertoire der in der EU zugelassenen COVID-19-Impfstoffen um zwei angepasste, bivalente COVID-19-Impfstoffe erweitert; es handelt sich um die mRNA-Impfstoffe Comirnaty Original/Omicron BA.1 (Biontech/Pfizer) und Spikevax bivalent Original/Omicron BA.1 (Moderna). Da sich das Coronavirus SARS-CoV-2 weiterentwickelt hat, wurden zur Gewährleistung eines optimalen Schutzes der EU-Bürger vor schweren COVID-19-Erkrankungen, die bereits von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassenen Impfstoffe Comirnaty (Biontech/Pfizer) und Spikevax (Moderna) an den Wildtyp von SARS-CoV-2 und dessen Omikron-Subvariante BA.1 angepasst. Diese ersten beiden angepassten COVID-19-Impfstoffe sind zur Anwendung für Auffrischungsimpfungen ( Booster-Impfungen ) bei Personen ab 12 Jahren zugelassen, die mindestens eine Grundimmunisierung gegen COVID-19 erhalten haben. Laut Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) soll das Immunsystem des Menschen durch Booster-Impfungen mit den neuen, angepassten COVID-19-Impfstoffen geschult werden, gegen neu auftretende besorgniserregende Virusvarianten (VoC) eine breitere Immunantwort aufzubauen.[395] Das ECDC und die EMA empfehlen diese Auffrischungsimpfungen vorrangig Personen, die einem höheren Risiko zu einer schweren Erkrankung aufgrund bestimmter Risikofaktoren ausgesetzt sind als andere. Dazu gehören Personen ab 60 Jahren, immungeschwächte Personen und andere gefährdete Personen (ab 12 Jahren) mit Grunderkrankungen, die sie einem höheren Risiko für schweres COVID-19 aussetzen, sowie schwangere Frauen. Bewohner und Personal in Pflegeheimen soll bei den Auffrischungsimpfungen priorisiert werden. Beschäftigte im Gesundheitswesen können aufgrund ihrer erhöhten Exposition im Falle zukünftiger neuer Infektionswellen von SARS-CoV-2 und ihrer Schlüsselrolle für gut funktionierende Gesundheitssysteme ebenfalls für Auffrischungsimpfungen in Betracht gezogen werden. Mit den anderen, bereits vormals in der EU zugelassenen COVID-19-Impfstoffen sollten auch weiterhin die Grundimmunisierung gegen COVID-19 erfolgen, da sie nach wie vor gegen schwere COVID-19-Erkrankungen und den daraus resultierenden Folgen schützen. Für Auffrischungsimpfungen sollte diese Impfstoffe nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die angepassten, bivalenten Impfstoffe noch nicht zur Verfügung stehen.[395] Um bestehende und zukünftig zirkulierende Varianten zu berücksichtigen, ist die weitere Anpassung von COVID-19-Impfstoffen unvermeidlich. Vorläufige Daten zeigen, dass die durch die zugelassenen, an die Omikron-Subvariante BA.1 angepassten Impfstoffe eine Immunantwort ausgelöst wird, die über die Anpassung an die ausgewählten Virusstämme von SARS-CoV-2 hinausgeht und auch andere Omicron-Subvarianten wie BA.2, BA.2.75 und BA.5 abdeckt.[395] Zusätzlich zu den beiden angepassten, bivalenten COVID-19-Impfstoffen evaluiert die EMA einen angepassten Impfstoff, der auf die Omikron-Subvariante BA.1, den Wildtyp von SARS-CoV-2 und die Omicron Subvarianten BA.4 und BA.5 abgestimmt ist. Zurzeit laufen auch Überprüfungen von COVID-19-Impfstoffen, deren Impfstoffdesign auch den Beta-Stamms von SARS-CoV-2 einschließt.[395] Siehe auch: im Artikel Impfung Abschnitt: Auffrischung im Artikel COVID-19-Impfstoff Abschnitt: Auffrischungsimpfung und zusätzliche Impfstoffdosen für Grundimmunisierte im Artikel COVID-19-Impfung in Deutschland Abschnitt: Auffrischungsimpfung ( Booster-Impfung ) Allgemeine Impfprophylaxe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Berliner Senatsgesundheitsverwaltung empfahl Ende Februar 2020 allen Menschen über 60 Jahre und chronisch Kranken, ihren Impfstatus zu überprüfen und gegebenenfalls die Impfung gegen Pneumokokken und Keuchhusten (Pertussis) durchführen oder auffrischen zu lassen. Da Menschen über 60 Jahre und chronisch Kranke durch Mehrfachinfektionen besonders gefährdet sind, seien sie vorsorglich zu schützen.[396][397] Durch die Schutzmaßnahmen gegen eine SARS-CoV-2-Infektion ist die Grippewelle 2020/21 weltweit ausgefallen; auch die Verbreitung von Influenzaviren wurde dadurch im Nebeneffekt erfolgreich eingedämmt. Unser Immunsystem könnte im kommenden Winter 2021/22 jedoch weniger gut auf die dann zirkulierenden Influenzaviren vorbereitet sein. Menschen mit erhöhtem Gesundheitsrisiko, darunter Menschen ab 60 Jahren, Schwangere und chronisch Kranke aller Altersgruppen aber auch medizinisches und pflegerisches Personal, das ein berufliches Ansteckungsrisiko hat, sollten sich daher im Oktober, November oder in der ersten Dezemberhälfte vorbeugend gegen Grippe impfen lassen.[398] Die Wirksamkeit einer Grippeschutzimpfung kann bei älteren Menschen geringer ausfallen. Um diese Personengruppe besser vor einer Grippe und damit verbundene Komplikationen zu schützen, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) beim RKI für Menschen ab 60 Jahren einen speziell für diese Altersgruppe entwickelten Hochdosis-Grippeimpfstoff.[398] Influenza-Hochdosis-Impfstoffe haben im Vergleich zu inaktivierten, quadrivalenten[399] Influenza-Standard-Impfstoffen eine leicht aber signifikant bessere Wirksamkeit bei Senioren.[400] Zudem ist eine zeitgleiche Impfung gegen Grippe und zum Schutz vor COVID-19 möglich.[398] Maßnahmen bei Todesfällen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Laut den Empfehlungen des RKI ist beim Umgang mit an COVID-19 Verstorbenen jeglicher Körperkontakt oder die Abgabe von Flüssigkeiten und Aerosolen zu vermeiden. Eine notwendige Leichenschau ist unter Regelungen der Schutzstufe 3 durchzuführen. Auf dem Totenschein ist COVID-19 namentlich anzugeben und Särge sind zu markieren.[401] Meldepflicht, ICD-10-Einordnung, Berufskrankheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In Deutschland sind Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie der Tod in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 seit 23. Mai 2020 gemäß 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. t des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) meldepflichtig. Die Meldepflicht wurde bereits zum 1. Februar 2020 durch Verordnung eingeführt. Seit der gesetzlichen Regelung durch das Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite sind auch der Behandlungszustand zur Krankheit (einschließlich der Genesung[402][403]) und der Serostatus durch Ärzte und Gesundheitsämter anzugeben ( 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. n, 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. d und j IfSG). Die klinisch-epidemiologischen Kriterien für den Verdacht[404] werden wie nach der vorherigen Verordnung durch das Robert Koch-Institut festgelegt und veröffentlicht (als Falldefinitionen nach 11 Absatz 2 IfSG).[403] Zudem besteht in Deutschland für Labore eine Meldepflicht hinsichtlich des Virus SARS-CoV-2 in Bezug auf Menschen. Seit dem 2. Juli 2020 besteht eine Meldepflicht, wenn Haustiere positiv getestet wurden.[405] In Österreich bestand ebenfalls Anzeigepflicht nach dem Epidemiegesetz von 1950[406] zusammen mit einer Verordnung[407]. Die Pflicht zur Anzeige bestand für Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle aufgrund dieses Virus. Die Meldepflicht wurde am 1. Juli 2023 aufgehoben.[408] Auch in der Schweiz existiert eine Meldepflicht für den Erreger Sars-CoV-2. Diese folgt aus dem Epidemiengesetz[409] der Schweiz in Verbindung mit der Epidemienverordnung[410] und der Verordnung des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen[411]. Nach Anhang 3 der Verordnung des EDI müssen Labore einen positiven und negativen Befund (also Nachweis) von Sars-CoV-2 melden. Nicht zu melden ist der Nachweis durch einen Antigen-Schnelltest. Klassifikation nach ICD-10-GM U08.9 COVID-19 in der Eigenanamnese, nicht näher bezeichnet U09.9! Post-COVID-19-Zustand, nicht näher bezeichnet U10.9 Multisystemisches Entzündungssyndrom in Verbindung mit COVID-19, nicht näher bezeichnet U99.0! Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf SARS-CoV-2 {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (GM-Version 2024) Am 17. Februar 2020 wurde die Krankheit durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD) in der aktuellen, international gültigen Ausgabe ICD-10-WHO (Version 2019) unter Schlüsselnummer U07.1 aufgenommen. Für die in Deutschland geltende ICD-10-GM (German Modification) wurde als sekundärer Kode die Ausrufezeichenschlüsselnummer U07.1! vergeben und die Krankheit als COVID-19 (Coronavirus-Krankheit-2019) bezeichnet.[412] Weiterhin erfolgte eine entsprechende Ergänzung für die Todesursachenkodierung in der ICD-10-GM.[92] Am 23. März 2020 wurde von der WHO eine Anpassung vorgenommen, die darauf abzielt, auch Verdachtsfälle kodieren zu können. Entsprechend werden mit der Schlüsselnummer U07.1 per Labordiagnostik bestätigte COVID-19-Erkrankungen kodiert, während die Schlüsselnummer U07.2 für Fälle vorgesehen ist, die zwar klinisch-epidemiologisch, aber nicht per Labordiagnostik bestätigt wurden. Für die ICD-10-GM erfolgt die Kodierung analog in Form der beiden sekundären Kodes U07.1! mit der Bezeichnung: COVID-19, Virus nachgewiesen und U07.2! mit der Bezeichnung: COVID-19, Virus nicht nachgewiesen.[2] Zweites gilt aber nur, soweit vorher ein Verdacht auf COVID-19 bestand.[413] Sofern kein Verdacht auf eine Erkrankung bestand, ein Test auf SARS-CoV-2 durchgeführt wurde und dieser Test negativ ausfällt, so ist mit U99.0! für Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf SARS-CoV-2 zu kodieren zusammen mit Z11 für Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf infektiöse und parasitäre Krankheiten.[414] Klassifikation nach ICD-10-GM U11.9 Notwendigkeit der Impfung gegen COVID-19, nicht näher bezeichnet U12.9! Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19-Impfstoffen, nicht näher bezeichnet {{{03-BEZEICHNUNG}}} {{{04-BEZEICHNUNG}}} {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (GM-Version 2024) Im November 2020 veröffentlicht das BfArM (früher DIMDI) in seinem Newsletter neue Codes, welche von der WHO am 11. November 2020 in die ICD-10 aufgenommen worden waren.[415] Diese Codes sind ab 2021 auch in der Schweiz zu verwenden.[416] Im März 2021 werden vom BfArM neue Codes veröffentlicht, welche im Kontext zur Covid-19-Impfung stehen. In Deutschland sind diese Codes ab 10. März 2021 zu verwenden.[417] Nach deutschem Recht kann COVID-19 als Berufskrankheit anerkannt werden, wenn der Erkrankte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war.[418] COVID-19, Tiere und Haustiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Abschnitt Haustiere als mögliche Wirte im Artikel SARS-CoV-2 Während innerhalb der Coronavirusfamilie Coronaviridae einzelne Viren, wie das CCoV und das FCoV, auch bei Haustieren Erkrankungen auslösen, wurde in den ersten Monaten der Coronapandemie zunächst kein Fall bekannt, in dem ein Haustier an SARS-CoV-2 erkrankte.[419][420][421][422] Obwohl das Virus bei Hunden in Abstrichen aus Nase und Schnauze nachgewiesen werden konnte, löste es keine Erkrankungen aus.[423][422] Nachdem zunächst nur ein Einzelfall einer Katze mit Krankheitssymptomen in Belgien bekannt geworden war, zeigte eine umfangreichere serologische Studie, dass bei knapp 15 % der untersuchten Tiere Antikörper und somit eine vorherige Infektion nachweisbar war.[424][425] Es gibt laut WHO noch keine Hinweise, dass Haustiere das Virus als Träger weiterverbreiten.[420][422] Versuche mit Frettchen in Südkorea ergaben indes, dass nicht-infizierte Tiere durch anhaltenden direkten Kontakt mit infizierten Tieren (Haltung im selben Käfig) angesteckt werden können. Erkrankte Frettchen entwickeln mehrtägige Verläufe mit Symptomen wie leichtes Fieber, Husten und reduzierte körperliche Aktivität.[426] Anfang April wies eine weitere Studie diese Anfälligkeit auch bei Katzen nach. Den Autoren zufolge kommt dabei eine Aerosolübertragung in Betracht. In beiden Tierarten war die Viruslast im Nasen-Rachenraum am höchsten. Die Lungen von Frettchen sowie weitere Organe waren nicht befallen, bei Katzen dagegen schon. Hunde zeigten ein geringes Infektionsrisiko; bei Schweinen, Hühnern und Enten war sowohl der PCR-Abstrich als auch der ELISA-Antikörpertest nach 14 Tagen negativ.[427] Im Januar 2021 wurden im Zoo von San Diego Gorillas positiv auf SARS-CoV-2 getestet; die ersten Menschenaffen, bei denen COVID-19 nachgewiesen wurde.[428] Im US-Bundesstaat Utah starben einige Tausend Amerikanische Nerze, die sich wahrscheinlich bei Tierpflegern angesteckt hatten.[429] In den Niederlanden gibt es zahlreiche Nerzfarmen. Niederländische Behörden meldeten Ende Mai 2020, mit hoher Wahrscheinlichkeit seien zwei Arbeiter durch Kontakt mit Nerzen COVID-19-infiziert worden. Die WHO teilte mit, es könne sich um die ersten bekannten Fälle einer Übertragung des Virus vom Tier auf den Menschen handeln (Näheres und Beleg COVID-19-Pandemie im Königreich der Niederlande#Wirtschaft und Unternehmen). In Dänemark untersucht(e) das F devarestyrelsen (Nahrungsmittelbehörde)[430] 120 Nerzfarmen. In der Gemeinde Hj rring fand sie unabhängig davon drei Farmen mit SARS-CoV-2-infizierten Nerzen; alle Nerze in diesen Farmen wurden getötet.[431] Im Juni wurde bei Nerzen, Nerzzüchtern, dem Hund eines Nerzzüchters und 41 Bewohnern eines Pflegeheimes die gleiche Mutation eines SARS-CoV-2-Virus festgestellt. Von den Bewohnern starben drei. Auch bei Schülern an drei verschiedenen Schulen wurden SARS-CoV-2 gefunden.[432] Im November entschied die dänische Regierung vorsorglich eine Keulung des gesamten nationalen Nerzbestands.[433] Am 5. November 2020 verhängte die dänische Regierung aufgrund zunehmender Verbreitung in Nerzen mutierter SARS-CoV-2-Viren (insbesondere der antikörperresistenteren Cluster 5 -Variante) in der allgemeinen Öffentlichkeit einen harten regionalen Lockdown über Teile Norddänemarks.[434][435] Ein experimentelles Vakzin gegen COVID-19 wird an den in ihrem Bestand stark gefährdeten (Endangered, IUCN 3.1) Schwarzfußiltissen erprobt.[436] Finnland entwickelt einen Impfstoff für Marderhunde und Amerikanische Nerze (Minks), um in den Pelztierfarmen keine Massenkeulungen vornehmen zu müssen.[437] Auch Russland entwickelt einen Impfstoff für Nerze, Katzen und Nagetiere. Dieser soll nach Planung Ende Januar 2021 verfügbar sein.[438] Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Portal: COVID-19 Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema COVID-19 Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Deutschsprachig Kristin Tolksdorf, Silke Buda, Ekkehard Schuler, Lothar H. Wieler, Walter Haas: Eine höhere Letalität und lange Beatmungsdauer unterscheiden COVID-19 von schwer verlaufenden Atemwegsinfektionen in Grippewellen. In: Epidemiologisches Bulletin. Nr. 41, 2020, S. 3 10, online 28. August 2020, doi:10.25646/7111. Julia Schilling, Michaela Diercke, Doris Altmann, Walter Haas, Silke Buda: Vorläufige Bewertung der Krankheitsschwere von COVID-19 in Deutschland basierend auf übermittelten Fällen gemäß Infektionsschutzgesetz. In: Epidemiologisches Bulletin. Nr. 17, 2020, S. 3 9, online 15. April 2020, doi:10.25646/6670.2. Ralf Stahlmann, Hartmut Lode: Therapie von COVID-19 erste klinische Studien mit verschiedenen Wirkstoffen. In: Deutsches Ärzteblatt. 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GB 2021 für Channel 4- television; deutsche Synchronfassung: auf n-TV, 2022; Mitwirkend: Jane Metzler (Autor und Berater des nationalen Sicherheitsrates der USA und der WHO), Alina Chan (Molekularbiologin The Broad Institute of MIT und Harvard), Nikolai Petrowsky (Mediziner an der Flinders University), David Relman (Mediziner an der Stanford University), Sir John Bell (Mediziner an der University of Oxford), Milton Leitenberg (Zentrum für sicherheitstechnische Studien, University of Maryland), Richard Ebright (Direktor des Mikrobiologischen Instituts der Rutgers University), Gilles Demaneuf (Datenanalyst), Rossana Segreto (Molekularbiologin Expertin für Genomanalyse), Monali Rahalkar (Mikrobiologin am Agharkar Research Institute [ARI]), Nicholas Wade (Wissenschaftsjournalist bei New York Times und Nature) (auch verfügbar auf youtube,com). Corona Ende in Sicht? Was die Wissenschaft über SARS-CoV-2 weiß . In: ZDF planet e., Video-Dokumentation, 28 Minuten. ZDF, 17. Januar 2021, abgerufen am 15. Februar 2021 (in der ZDF-Mediathek verfügbar bis 13. Januar 2023). Leschs Kosmos Der Corona-Effekt: Freiheit dank Wissenschaft. (Teil der Wissenschaftsreihe Leschs Kosmos.) TV-Dokumentation in HD, ZDF 2022, Mitwirkend: Harald Lesch. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: COVID-19 Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wiktionary: Verzeichnis von Wörtern im Zusammenhang mit COVID-19/Corona Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Steckbrief, FAQs, Aktuelles[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19. (Stand: 26. November 2021). In: RKI-Website Coronavirus SARS-CoV-2 . Robert Koch-Institut (RKI, Deutschland), 26. November 2021, archiviert vom Original am 25. Oktober 2022; abgerufen am 22. Oktober 2022 (Der Steckbrief bildet die Datenlage bis November 2021 ab. 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In: AWMF online (Stand 11/2020) COSMO COVID-19 Snapshot Monitoring Ergebnisse aus dem wiederholten querschnittlichen Monitoring von Wissen, Risikowahrnehmung, Schutzverhalten und Vertrauen während des aktuellen COVID-19 Ausbruchsgeschehens; ein Gemeinschaftsprojekt von Universität Erfurt, Robert Koch Institut, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Leibniz-Institut für Psychologie, Science Media Center, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und Yale Institute for Global Health. Wie sich Corona in Europa festsetzte (interaktiv) Zeit Online, 8. April 2021 Covid Statistiken und Daten auf: citypopulation.de (interaktiv) COVID-19 CoV Genetics. Auf: covidcg.org; zuletzt abgerufen am 1. Juli 2024. Auswirkungen auf den menschlichen Körper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Covid-19: Auswirkungen auf den ganzen Körper. NDR-Video (2:48 Min.), 4. Juni 2020. Sars-CoV-2: Wie das Virus den Körper verwüstet. Spektrum.de, 26. Juni 2020. 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[ ] We obtain the following metaregression results: log10(IFR)= 3.27+0.0524 age [ ] These results indicate that COVID-19 is hazardous not only for the elderly but also for middle-aged adults, for whom the infection fatality rate is two orders of magnitude greater than the annualized risk of a fatal automobile accident and far more dangerous than seasonal influenza. [ ] Consequently, public health measures to mitigate infections in older adults could substantially decrease total deaths. a b Julien Rio et al.: Estimation of SARS-CoV-2 mortality during the early stages of an epidemic: A modeling study in Hubei, China, and six regions in Europe. In: PLOS Medicine. 28. Juli 2020, doi:10.1371/journal.pmed.1003189. Richard E. Grewelle, Giulio A. De Leo: Estimating the Global Infection Fatality Rate of COVID-19. In: medRxiv. 18. Mai 2020. a b Pressestelle des RKI: Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19. 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[ ] In conclusion, a cautious approach for reopening should be adapted to each context, with specific mitigation measures, stepwise opening and monitoring the effects of reopening for in-school and community transmission. [ ] The existence of super spreaders is considered to be a common characteristic of coronaviruses, and it is related with several factors, like prolonged indoor gatherings with poor ventilation. [ ] Regarding vaccine rollout, they considered that vaccination was increasingly contributing to the pandemic control, despite its effect having a significantly lower impact than the NPIs by the time of the study. a b c d Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen. RKI, Stand 5. Februar 2021, abgerufen am 7. Februar 2021. Kontaktpersonennachverfolgung bei respiratorischen Erkrankungen durch das Coronavirus SARS-CoV-2. In: Website des Robert Koch-Instituts. 19. Oktober 2020, abgerufen am 14. November 2020. 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Chlamydiose.txt |
Klassifikation nach ICD-10
A55
Lymphogranuloma inguinale (venereum) durch Chlamydien
A56
Sonstige durch Geschlechtsverkehr übertragene Chlamydienkrankheiten
A70
Infektionen durch Chlamydia psittaci
A71
Trachom
A74
Sonstige Krankheiten durch Chlamydien
J16.0
Pneumonie durch Chlamydien
P23.1
Angeborene Pneumonie durch Chlamydien
P39.1
Konjunktivitis durch Chlamydien beim Neugeborenen
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
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Chlamydiosen sind durch verschiedene Chlamydien (bestimmte Bakterienarten) verursachte Infektionskrankheiten. Sie betreffen das Auge (als Trachom), die Atemwege und die Lunge (als Pneumonie) und den Urogenitaltrakt (Harn- und Geschlechtsorgane) als sexuell übertragene Krankheit.
Von genitalen Chlamydien-Infektionen sind überwiegend Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 24 Jahren betroffen. Urogenitale Chlamydien-Infektionen verlaufen häufig ohne Symptome. Unbehandelt können sie bei 10–40 % der Frauen eine aus dem Genitalbereich aufsteigende Infektion verursachen. Die Folge können chronische Schmerzen und eine Verklebung der Eileiter sein, die zu Unfruchtbarkeit oder Eileiterschwangerschaften führen kann.
Krankheitserreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Chlamydiosen werden durch Infektion mit Chlamydien verursacht. Darunter versteht man eine Gruppe von gramnegativen Bakterien aus der Familie Chlamydiaceae, die entweder der Gattung Chlamydia oder Chlamydophila angehören. Typisch für diese Bakterien ist, dass sie sich nur in der Zelle vermehren können, da sie auf den Energiestoffwechsel (die ATP-Synthese) der Wirtszelle angewiesen sind. Für den Menschen pathogen (krankmachend) sind vor allem diese Arten: Chlamydia trachomatis, Chlamydophila psittaci und Chlamydophila pneumoniae.
Durch Chlamydia trachomatis verursachte Krankheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Serotypen A bis C von Chlamydia trachomatis sind die Krankheitserreger des Trachoms, die Serotypen D bis K rufen Infektionen der Harn- und Geschlechtsorgane hervor,[1] aber auch eine als Paratrachom bezeichnete Konjunktivitis (Bindehautentzündung), auch Schwimmbadkonjunktivitis genannt.[2] Die Serotypen L1 bis L3 von C. trachomatis verursachen das Lymphogranuloma venereum.[1]
Trachom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Trachom
Das Trachom ist eine chronische Infektion der Bindehaut und der Hornhaut des Auges und eine häufige Ursache für Erblindung weltweit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass etwa 21,4 Millionen Menschen am Trachom erkrankt sind, von denen 1,2 Millionen bereits erblindet und 2,2 Millionen sehbehindert sind.[3] Das Trachom tritt fast ausschließlich in tropischen Ländern unter mangelhaften hygienischen Verhältnissen auf.[4] Die Serotypen A bis C von C. trachomatis sind die Erreger dieser Krankheit.
Urogenitalinfektionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach Angaben der WHO ist eine Infektionen des Urogenitaltrakts durch C. trachomatis weltweit die zweithäufigste sexuell übertragbare Krankheit (nach Infektionen durch Trichomonas vaginalis).[5] Nach durch das Robert Koch-Institut (RKI) ausgewerteten Studien wird die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) in Deutschland auf 4,4 % bei sexuell aktiven 17-jährigen Frauen, 4,5 % bei 18- bis 19-jährigen Frauen und 4,9 % bei 25- bis 29-jährigen Männern geschätzt.[1] Bei Mädchen und jungen Frauen besteht ein Informationsdefizit bezüglich der Übertragung von Geschlechtskrankheiten, eine Reihenuntersuchung in Berlin ergab bei 10 % der 17-Jährigen eine Chlamydien-Infektion.[6] Jährlich treten rund 100.000 Fälle auf. Damit ist in Deutschland eine Infektionen des Urogenitaltrakts durch C. trachomatis die häufigste sexuell übertragbare Infektion.[7] 2010 wurden in Österreich 1.085 Fälle gemeldet.[8]
In der Europäischen Union sind Chlamydien die häufigsten Verursacher sexuell übertragbarer Erkrankungen, 2010 gab es 344.491 gemeldete Fälle (in 22 EU-Mitgliedsstaaten plus Island und Norwegen). Allerdings gibt es nicht aus allen Mitgliedsstaaten bestätigte Daten, da zum Teil keine Meldepflicht für die Krankheit besteht. Dies trifft auf Deutschland, Frankreich, Italien, Portugal und Tschechien zu. Die Erkrankungsrate in Europa liegt bei 186 Fällen pro 100.000 Einwohner. In Island gab es die höchste Erkrankungsrate mit 691 Fällen pro 100.000 Einwohner, gefolgt von Dänemark und Norwegen mit 505 bzw. 464 Fällen pro 100.000 Einwohner.[8]
Die gemeldeten Fälle betreffen zum großen Teil (ungefähr 75 %) Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 24 Jahren, bei ihnen beträgt die Erkrankungsrate 821 Fälle pro 100.000 Einwohner. Junge Frauen sind stärker betroffen als junge Männer, dieses Ergebnis lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass die eingeführten Überwachungsprogramme bevorzugt junge Frauen – insbesondere Schwangere – ansprechen. Sofern Daten zum Übertragungsweg erhoben wurden, bestätigt deren Auswertung, dass es sich um eine sexuell übertragbare Krankheit handelt. In 94,9 % erfolgte die Übertragung zwischen Heterosexuellen, bei 4,96 % der Fälle zwischen homosexuellen Männern.[8]
Chlamydien-Schnelltest mit Abstrich vom Cervix uteri. Der sehr schwach ausgeprägte Teststreifen T zeigt die Antigen-Antikörper-Reaktion.
Die frühzeitige Erkennung und Behandlung der Chlamydien-Infektionen sind wichtig zur Prävention der möglichen schwerwiegenden Folgeerscheinungen. Seit 1995 können in Deutschland Frauen im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge (auch vor einem geplanten Schwangerschaftsabbruch) einen kostenlosen Chlamydien-Test im Rahmen eines Screenings durchführen lassen, um ggf. eine Antibiotika-Behandlung zu ermöglichen und damit eine Übertragung auf das Kind bzw. eine Ausbreitung im Körper der Mutter zu verhindern. Seit 2008 können sich alle Frauen unter 25 Jahren freiwillig und kostenlos auf Chlamydien untersuchen lassen.[1] Seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes 2001 sind von den sexuell übertragbaren Krankheiten (auch als STD oder STI abgekürzt) nur noch Syphilis und HIV meldepflichtig (für Chlamydien bestand allerdings auch nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten keine Meldepflicht). Um in Deutschland dennoch einen Überblick über die epidemiologische Situation der STIs zu behalten, wurde 2002 mit der Einrichtung eines Sentinel-Surveillance-Systems begonnen. Dazu wurden in allen Regionen Deutschlands Gesundheitseinrichtungen ausgewählt, die Daten zu STIs erfassen. Dazu gehören Gesundheitsämter, Fachambulanzen und niedergelassene Ärzte.[9] Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses hat das Robert Koch-Institut im Jahr 2010 das Chlamydia-trachomatis-Laborsentinel etabliert, um die Prävalenz der Chlamydien-Infektionen in Deutschland sowie die Abdeckung des Screenings für Frauen unter 25 Jahren besser abschätzen zu können. Bis Ende 2013 wurden Informationen zu fast 2,5 Millionen Chlamydien-Tests aus dem Zeitraum 1. Januar 2008 bis 31. März 2013 ausgewertet.[1]
Ursachen und klinische Erscheinungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Erreger (die Serotypen D bis K von C. trachomatis) können hauptsächlich beim Geschlechtsverkehr übertragen werden. Die Infektion verläuft bei etwa 80 % der Frauen und bei etwa 50 % der Männer ohne Symptome.[1]
Unbehandelt können Chlamydien bei 10–40 % der Frauen eine aus dem Genitalbereich aufsteigende Infektion verursachen.[1] Bei der Frau kann eine Entzündung der Harnröhre (Urethritis) und der Bartholinschen Drüsen erfolgen. Daneben befällt der Erreger die Schleimhaut des Gebärmutterhalses und wandert dann die weiblichen Geschlechtsorgane hoch über die Gebärmutter bis zu den Eileitern. Dabei können Entzündungen des Gebärmutterhalses (Zervizitis), der Gebärmutterschleimhaut (Endometritis) und der Eileiter (Salpingitis) auftreten.[2] Bei einer Zervizitis tritt häufig vaginaler Ausfluss auf.
Durch die Infektionen sind weitere Komplikationen möglich, durch die Salpingitis können die Eileiter verkleben und so zur Sterilität (Unfruchtbarkeit) der Frau führen. Außerdem können verklebte Eileiter verhindern, dass ein befruchtetes Ei die Gebärmutter erreicht. Dies begünstigt sogenannte Extrauteringraviditäten (Schwangerschaften außerhalb der Gebärmutter), z. B. Eileiterschwangerschaften.[1] Die Ausbreitung der Entzündung im kleinen Becken (PID, pelvic inflammatory disease) führt zusätzlich zu chronischen Schmerzen im Unterbauch.[8] Eine breit angelegte Studie in Uppsala (Schweden) zeigt, dass das Risiko der Unfruchtbarkeit nach einer genitalen Chlamydieninfektion bei etwa 7 % liegt, das Risiko für PID bei etwa 6 % und das einer Eileiterschwangerschaft bei etwa 3 %.[10]
Infektionen in der Schwangerschaft fördern Frühgeburten. Wenn eine mit C. trachomatis Serovar D bis K genital infizierte Mutter ein Kind zur Welt bringt, kann sie ihr Neugeborenes unter der Geburt infizieren: Bindehautentzündung (vergleiche Paratrachom) und Pneumonie (Lungenentzündung) sind die Folge.[2] Eine Lungenentzündung ist möglich, falls das Neugeborene während der Geburt erregerhaltiges Vaginalsekret aspiriert.[4]
Beim Mann treten Entzündungen der Harnröhre (Urethritis), Entzündungen der Prostata (Prostatitis) und der Nebenhoden (Epididymitis) mit der möglichen Folge einer Sterilität auf.[2] Infizierte Männer haben in der Regel Schmerzen beim Urinieren[4] sowie einen eitrigen Ausfluss. Als Folge der akuten Infektion kann es zur Arthritis in verschiedenen Gelenken, zur Tendovaginitis (Sehnenscheidenentzündung) und in seltenen Fällen auch zum Reiter-Syndrom kommen.[4]
Es gibt auch Hinweise darauf, dass eine bestehende Chlamydieninfektion die Ansteckung mit anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, einschließlich der Infektion mit HIV, bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr erleichtern kann.[1]
Bei ungeschütztem oralem oder analem Verkehr kann es auch zu einer Chlamydieninfektion des Rachens (Pharyngitis) bzw. des Rektums (Proktitis) kommen.[4] Diese Infektionen verlaufen meistens ohne Beschwerden und werden daher nur sehr selten entdeckt. Die Infektionen heilen zwar meistens nach einigen Wochen komplikationslos aus, stellen bis dahin aber ein Infektionsrisiko dar.[11]
Untersuchungsmethoden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Diagnose erfolgt meist durch Nachweis spezifischer DNA in Abstrichen oder Urinproben mittels Polymerasekettenreaktion (PCR). Gegebenenfalls müssen Abstriche der Rektum- und Rachenschleimhaut untersucht werden. Die direkte Kultivierung der Erreger ist sehr aufwändig.[2] Eine gleichzeitige Infektion mit anderen sexuell übertragbaren Krankheiten (beispielsweise mit Neisseria gonorrhoeae) ist nicht selten,[4] so dass auch auf diese untersucht werden sollte.
Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Chlamydien-Infektionen sind mit Antibiotika gut behandelbar.[1] Für die Therapie geeignet sind Tetracycline (Doxycyclin) und Makrolide wie Erythromycin und Azithromycin, eingeschränkt auch Chinolon-Antibiotika. β-Lactam-Antibiotika wie Penicillin sind aufgrund der fehlenden Zellwand völlig unwirksam. Der oder die Partner müssen mitbehandelt werden, ggf. auch auf Verdacht, sonst ist eine Reinfektion aufgrund des Ping-Pong-Effekts unvermeidlich. Einige Wochen nach Abschluss der Therapie sollte noch einmal untersucht werden, da häufig Rezidive auftreten.[4]
Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Kondome schützen auch vor der Infektion mit Chlamydien, regelmäßiges Screening der Schwangeren auf Chlamydiose schützt vor vermeidbaren Frühgeburten und Infektion des Neugeborenen.
Die frühzeitige Erkennung und Behandlung der Chlamydien-Infektionen sind wichtig zur Prävention der möglichen schwerwiegenden Folgeerscheinungen. Seit 1995 können schwangere Frauen sowie Frauen vor einem geplanten Schwangerschaftsabbruch einen kostenlosen Chlamydien-Test als Screening durchführen lassen. Seit 2008 können sich alle Frauen unter 25 Jahren freiwillig und kostenlos auf Chlamydien untersuchen lassen.[1] Auch Schnelltests für eine Untersuchung zu Hause sind erhältlich.[12]
Paratrachom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Siehe auch Paratrachom (Einschlusskörperchenkonjunktivitis)
Ebenfalls von den Serotypen D bis K von C. trachomatis kann eine Konjunktivitis (Bindehautentzündung) verursacht werden, die auch als Einschlusskonjunktivitis bezeichnet wird. Es kommt zu Eiterbildung in der Bindehaut, die aber meist komplikationslos ausheilt. In Deutschland verursachten in einigen Fällen C. trachomatis dieser Serotypen durch Übertragung im Badewasser eine akute Bindehautentzündung. Dafür ist der Name Schwimmbadkonjunktivitis geprägt worden. Durch unzureichende Chlorung des Wassers können Chlamydien aus dem Genitalbereich der Badegäste überleben.[2] Auch sexuelle Gewohnheiten der Patienten werden als Infektionsursache vermutet.[4]
Auch die bei Neugeborenen auftretende Bindehautentzündung (Ophthalmia neonatorum) zählt hierzu, wenn die infizierte Mutter ihr Kind durch die Geburt im Geburtskanal ansteckt. Für die Behandlung einer Einschlusskonjunktivitis werden Antibiotika – meist Tetracycline – lokal angewendet.[2]
Lymphogranuloma venereum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Lymphogranuloma venereum
Auch hierbei handelt es sich um eine sexuell übertragbare Erkrankung. Verursacht wird sie durch die Serotypen L1 bis L3 von C. trachomatis. Am Infektionsort entwickelt sich zunächst ein oberflächliches Geschwür (Primärläsion), nach 10 bis 30 Tagen kommt es zu schmerzhaften Schwellungen der Lymphknoten (Bubo) in der Leistengegend, die aufbrechen können.[4] Durch Narbenbildung kann es zu Lymphknoteneinschmelzungen kommen. Wenn keine Behandlung erfolgt, kann es als Spätfolge zu Verschluss der Lymphbahnen mit Stauungszeichen bis hin zur Elephantiasis kommen.[2] Diese Erkrankung ist in Mitteleuropa sehr selten und hauptsächlich in Asien, Afrika, Südamerika und der Karibik verbreitet.[4] Wie bei den Genitalinfektionen erfolgt eine systemische Therapie mit Antibiotika.[2]
Durch Chlamydophila psittaci verursachte Krankheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Ornithose
Erkrankungen durch Chlamydophila psittaci sind weltweit verbreitet, sie treten in Deutschland nur selten auf (2007: 72 Erkrankungen, 2008: 86 Erkrankungen).[13] Es handelt sich um eine Zoonose, die Infektion des Menschen erfolgt durch Tiere, in diesem Fall vor allem durch Vögel. Wenn die Infektion über Papageienvögel (Psittaciformes) erfolgt, spricht man auch von Psittakose (Psittacose, Papageienkrankheit).[2]
Eine Übertragung von Mensch zu Mensch wurde bisher nicht nachgewiesen. Die Vögel scheiden den Erreger mit dem Kot aus, infizierte Vögel können schwer krank sein, aber auch völlig gesund wirken.[13] Die Infektion des Menschen erfolgt durch Einatmen von erregerhaltigem Staub, wie er beispielsweise beim Entfernen von Vogelkot entsteht. Der Infektionsort ist dann der Atmungsapparat (Respirationstrakt) und führt zu einer atypischen Pneumonie (Lungenentzündung), durch Ausbreitung können aber auch andere Organe betroffen sein.[2] Die Schwere der Erkrankung reicht von sehr leichten bis hin zu tödlichen Verläufen.
Nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes besteht eine Meldepflicht für den positiven Erregernachweis durch das nachweisende Labor mit namentlicher Meldung des Patienten.[14] Erkrankungen bei Rindern, Schafen, Ziegen und Geflügel (einschließlich Tauben) sind nach der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten ebenfalls meldepflichtig[15] (siehe Tierseuche).
In der Schweiz ist die Chlamydiose der Vögel eine zu bekämpfende und somit meldepflichtige Tierseuche.[16]
Durch Chlamydophila pneumoniae verursachte Krankheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Pneumonie durch Chlamydien
Chlamydophila pneumoniae ist eine häufige Ursache respiratorischer Infektionen (Atemwegserkrankungen) des Menschen. Der Erreger ist weltweit verbreitet, das Erregerreservoir ist der Mensch. 5 bis 15 % aller außerhalb des Krankenhauses (ambulant) erworbenen Pneumonien werden durch C. pneumoniae verursacht. Bei etwa 60 % der 51- bis 60-jährigen sind Antikörper gegen C. pneumoniae nachweisbar. Es ist davon auszugehen, dass jeder Mensch mindestens einmal in seinem Leben Kontakt mit dem Erreger hat.[13]
C. pneumoniae wird durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Die Folge ist in der Regel eine eher milde verlaufene Pneumonie.[2] Es kann auch zu Entzündungen der Nebenhöhlen (Sinusitis), des Rachens (Pharyngitis) und der Bronchien (Bronchitis) kommen. Prinzipiell können alle Symptome auftreten, die auch durch eine Infektionen mit C. psittaci verursacht werden. Die Infektion führt zu einer Antikörperbildung, die lange nachgewiesen werden kann. Eine länger andauernde Immunität entsteht dadurch nicht.[13]
Weitere durch Chlamydien verursachte Krankheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei Schafen und Ziegen verursacht der Erreger Chlamydophila abortus den Chlamydienabort. Es handelt sich um eine Zoonose, die Infektion des Menschen durch Tiere ist möglich.[17]
Chlamydophila felis ist der bakterielle Erreger des Katzenschnupfens, genauer gesagt der Felinen Chlamydiose, die in Einzelfällen auch auf den Menschen übertragen wird.[18]
Simkania negevensis ist eine 1999 in Israel entdeckte Bakterienart, die zwar nicht zur Familie der Chlamydiaceae, aber zur Ordnung der Chlamydiales gehört und daher aus medizinischer Sicht auch zu den Chlamydien gezählt wird. Der Krankheitserreger tritt ebenfalls bei respiratorischen Infektionen bei Kindern auf und verursacht ambulant erworbene Pneumonie bei Erwachsenen. Auch in Deutschland konnte der Erreger schon nachgewiesen werden.[13]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Herbert Hof, Rüdiger Dörries: Duale Reihe: Medizinische Mikrobiologie. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-125313-4.
Helmut Hahn, Stefan H. E. Kaufmann, Thomas F. Schulz, Sebastian Suerbaum (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 6. Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-46359-7.
David M. Ojcius, Toni Darville, Patrik M. Bavoil: Die heimliche Seuche. In: Spektrum der Wissenschaft. Nr. 2, Februar 2006, S. 28–35.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Chlamydiose – Informationen des Robert Koch-Instituts (Chlamydia trachomatis)
Chlamydiose – Informationen des Robert Koch-Instituts (Chlamydophila pneumoniae, Chlamydophila psittaci und Simkania negevensis)
sex’n'tipps Körper und Gesundheit. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), 2010, abgerufen am 24. November 2013.
Health topics: Trachoma. Weltgesundheitsorganisation (WHO), abgerufen am 23. November 2013 (englisch).
Sexually Transmitted Diseases (STDs): Chlamydia - CDC Fact Sheet. Centers for Disease Control and Prevention (Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention – CDC), abgerufen am 23. November 2013 (englisch).
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ a b c d e f g h i j k
Chlamydien-Infektionen in Deutschland (Epidemiologisches Bulletin. 46/2013). In: Website Epidemiologisches Bulletin. 18. November 2013, abgerufen am 23. November 2013.
↑ a b c d e f g h i j k l
Herbert Hof, Rüdiger Dörries: Duale Reihe: Medizinische Mikrobiologie. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-125313-4, S. 447–451.
↑
Priority eye diseases: Trachoma. In: Website der WHO. Abgerufen am 23. November 2013.
↑ a b c d e f g h i j
RKI: Chlamydiosen (Teil 1): Erkrankungen durch Chlamydia trachomatis – RKI-Ratgeber für Ärzte. In: rki.de. 21. Dezember 2010, archiviert vom Original am 6. Dezember 2013; abgerufen am 23. November 2023.
↑
Prevalence and incidence of selected sexually transmitted infections. In: Website der Weltgesundheitsorganisation (WHO). WHO, Department of Reproductive Health and Research, 2011, abgerufen am 23. November 2013.
↑
Die heimliche Epidemie: Chlamydien breiten sich unter Teenagern aus. In: Welt Online. 22. Januar 2007, abgerufen am 23. November 2013.
↑
Geschlechtskrankheiten: Deutschlands Dermatologen schlagen Alarm. In: kma-online. 29. April 2013, archiviert vom Original am 1. Juli 2013; abgerufen am 23. November 2023.
↑ a b c d
ECDC: Epidemiologischer Jahresreport 2012 mit Daten für 2010 und 2011 (in Englisch). (PDF; 10,0 MB) In: Website des ECDC. Abgerufen am 20. November 2013.
↑
Sechs Jahre STD-Sentinel-Surveillance in Deutschland – Zahlen und Fakten (Epidemiologisches Bulletin. 03/2010). In: Website Epidemiologisches Bulletin. 25. Januar 2010, abgerufen am 23. November 2013.
↑
N. Low, M. Egger u. a.: Incidence of severe reproductive tract complications associated with diagnosed genital chlamydial infection: the Uppsala Women’s Cohort Study. In: Sexually Transmitted Infections. Band 82, Nummer 3, Juni 2006, S. 212–218, ISSN 1368-4973, doi:10.1136/sti.2005.017186, PMID 16731670, PMC 2576723 (freier Volltext).
↑
Sexuell übertragbare Krankheiten: Gonorrhö und Chlamydien bei Männern, die Sex mit Männern haben – fehlendes Screening verhindert Entdeckung (Epidemiologisches Bulletin. 09/2006). In: Website Epidemiologisches Bulletin. 3. März 2006, abgerufen am 23. November 2013.
↑ Chlamydien – Geschlechtskrankheit ohne Symptome. In: chlamydien-info.de. Archiviert vom Original am 24. April 2021; abgerufen am 23. November 2023.
↑ a b c d e
RKI: Chlamydiosen (Teil 2): Erkrankungen durch Chlamydophila psittaci, Chlamydophila pneumoniae und Simkania negevensis - RKI-Ratgeber für Ärzte. In: rki.de. 8. März 2010, archiviert vom Original am 15. November 2013; abgerufen am 23. November 2023.
↑
Text des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) bei juris. Abgerufen am 19. November 2013.
↑
Text der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten (TKrMeldpflV) 1983 bei juris. Abgerufen am 24. November 2013.
↑ blv.admin.ch
↑
TRBA (Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe) 466: Einstufung von Prokaryonten (Bacteria und Archaea) in Risikogruppen. In: Website der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). 25. April 2012, abgerufen am 17. November 2013.
↑
J. C. Hartley, S. Stevenson u. a.: Conjunctivitis due to Chlamydophila felis (Chlamydia psittaci feline pneumonitis agent) acquired from a cat: case report with molecular characterization of isolates from the patient and cat. In: Journal of Infection. Band 43, Nummer 1, Juli 2001, S. 7–11, ISSN 0163-4453. doi:10.1053/jinf.2001.0845. PMID 11597148.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
| Klassifikation nach ICD-10 A55 Lymphogranuloma inguinale (venereum) durch Chlamydien A56 Sonstige durch Geschlechtsverkehr übertragene Chlamydienkrankheiten A70 Infektionen durch Chlamydia psittaci A71 Trachom A74 Sonstige Krankheiten durch Chlamydien J16.0 Pneumonie durch Chlamydien P23.1 Angeborene Pneumonie durch Chlamydien P39.1 Konjunktivitis durch Chlamydien beim Neugeborenen {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Vorlage:Infobox ICD/Wartung/Para 05 Chlamydiosen sind durch verschiedene Chlamydien (bestimmte Bakterienarten) verursachte Infektionskrankheiten. Sie betreffen das Auge (als Trachom), die Atemwege und die Lunge (als Pneumonie) und den Urogenitaltrakt (Harn- und Geschlechtsorgane) als sexuell übertragene Krankheit. Von genitalen Chlamydien-Infektionen sind überwiegend Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 24 Jahren betroffen. Urogenitale Chlamydien-Infektionen verlaufen häufig ohne Symptome. Unbehandelt können sie bei 10 40 % der Frauen eine aus dem Genitalbereich aufsteigende Infektion verursachen. Die Folge können chronische Schmerzen und eine Verklebung der Eileiter sein, die zu Unfruchtbarkeit oder Eileiterschwangerschaften führen kann. Krankheitserreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Chlamydiosen werden durch Infektion mit Chlamydien verursacht. Darunter versteht man eine Gruppe von gramnegativen Bakterien aus der Familie Chlamydiaceae, die entweder der Gattung Chlamydia oder Chlamydophila angehören. Typisch für diese Bakterien ist, dass sie sich nur in der Zelle vermehren können, da sie auf den Energiestoffwechsel (die ATP-Synthese) der Wirtszelle angewiesen sind. Für den Menschen pathogen (krankmachend) sind vor allem diese Arten: Chlamydia trachomatis, Chlamydophila psittaci und Chlamydophila pneumoniae. Durch Chlamydia trachomatis verursachte Krankheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Serotypen A bis C von Chlamydia trachomatis sind die Krankheitserreger des Trachoms, die Serotypen D bis K rufen Infektionen der Harn- und Geschlechtsorgane hervor,[1] aber auch eine als Paratrachom bezeichnete Konjunktivitis (Bindehautentzündung), auch Schwimmbadkonjunktivitis genannt.[2] Die Serotypen L1 bis L3 von C. trachomatis verursachen das Lymphogranuloma venereum.[1] Trachom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Trachom Das Trachom ist eine chronische Infektion der Bindehaut und der Hornhaut des Auges und eine häufige Ursache für Erblindung weltweit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass etwa 21,4 Millionen Menschen am Trachom erkrankt sind, von denen 1,2 Millionen bereits erblindet und 2,2 Millionen sehbehindert sind.[3] Das Trachom tritt fast ausschließlich in tropischen Ländern unter mangelhaften hygienischen Verhältnissen auf.[4] Die Serotypen A bis C von C. trachomatis sind die Erreger dieser Krankheit. Urogenitalinfektionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Nach Angaben der WHO ist eine Infektionen des Urogenitaltrakts durch C. trachomatis weltweit die zweithäufigste sexuell übertragbare Krankheit (nach Infektionen durch Trichomonas vaginalis).[5] Nach durch das Robert Koch-Institut (RKI) ausgewerteten Studien wird die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) in Deutschland auf 4,4 % bei sexuell aktiven 17-jährigen Frauen, 4,5 % bei 18- bis 19-jährigen Frauen und 4,9 % bei 25- bis 29-jährigen Männern geschätzt.[1] Bei Mädchen und jungen Frauen besteht ein Informationsdefizit bezüglich der Übertragung von Geschlechtskrankheiten, eine Reihenuntersuchung in Berlin ergab bei 10 % der 17-Jährigen eine Chlamydien-Infektion.[6] Jährlich treten rund 100.000 Fälle auf. Damit ist in Deutschland eine Infektionen des Urogenitaltrakts durch C. trachomatis die häufigste sexuell übertragbare Infektion.[7] 2010 wurden in Österreich 1.085 Fälle gemeldet.[8] In der Europäischen Union sind Chlamydien die häufigsten Verursacher sexuell übertragbarer Erkrankungen, 2010 gab es 344.491 gemeldete Fälle (in 22 EU-Mitgliedsstaaten plus Island und Norwegen). Allerdings gibt es nicht aus allen Mitgliedsstaaten bestätigte Daten, da zum Teil keine Meldepflicht für die Krankheit besteht. Dies trifft auf Deutschland, Frankreich, Italien, Portugal und Tschechien zu. Die Erkrankungsrate in Europa liegt bei 186 Fällen pro 100.000 Einwohner. In Island gab es die höchste Erkrankungsrate mit 691 Fällen pro 100.000 Einwohner, gefolgt von Dänemark und Norwegen mit 505 bzw. 464 Fällen pro 100.000 Einwohner.[8] Die gemeldeten Fälle betreffen zum großen Teil (ungefähr 75 %) Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 24 Jahren, bei ihnen beträgt die Erkrankungsrate 821 Fälle pro 100.000 Einwohner. Junge Frauen sind stärker betroffen als junge Männer, dieses Ergebnis lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass die eingeführten Überwachungsprogramme bevorzugt junge Frauen insbesondere Schwangere ansprechen. Sofern Daten zum Übertragungsweg erhoben wurden, bestätigt deren Auswertung, dass es sich um eine sexuell übertragbare Krankheit handelt. In 94,9 % erfolgte die Übertragung zwischen Heterosexuellen, bei 4,96 % der Fälle zwischen homosexuellen Männern.[8] Chlamydien-Schnelltest mit Abstrich vom Cervix uteri. Der sehr schwach ausgeprägte Teststreifen T zeigt die Antigen-Antikörper-Reaktion. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung der Chlamydien-Infektionen sind wichtig zur Prävention der möglichen schwerwiegenden Folgeerscheinungen. Seit 1995 können in Deutschland Frauen im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge (auch vor einem geplanten Schwangerschaftsabbruch) einen kostenlosen Chlamydien-Test im Rahmen eines Screenings durchführen lassen, um ggf. eine Antibiotika-Behandlung zu ermöglichen und damit eine Übertragung auf das Kind bzw. eine Ausbreitung im Körper der Mutter zu verhindern. Seit 2008 können sich alle Frauen unter 25 Jahren freiwillig und kostenlos auf Chlamydien untersuchen lassen.[1] Seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes 2001 sind von den sexuell übertragbaren Krankheiten (auch als STD oder STI abgekürzt) nur noch Syphilis und HIV meldepflichtig (für Chlamydien bestand allerdings auch nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten keine Meldepflicht). Um in Deutschland dennoch einen Überblick über die epidemiologische Situation der STIs zu behalten, wurde 2002 mit der Einrichtung eines Sentinel-Surveillance-Systems begonnen. Dazu wurden in allen Regionen Deutschlands Gesundheitseinrichtungen ausgewählt, die Daten zu STIs erfassen. Dazu gehören Gesundheitsämter, Fachambulanzen und niedergelassene Ärzte.[9] Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses hat das Robert Koch-Institut im Jahr 2010 das Chlamydia-trachomatis-Laborsentinel etabliert, um die Prävalenz der Chlamydien-Infektionen in Deutschland sowie die Abdeckung des Screenings für Frauen unter 25 Jahren besser abschätzen zu können. Bis Ende 2013 wurden Informationen zu fast 2,5 Millionen Chlamydien-Tests aus dem Zeitraum 1. Januar 2008 bis 31. März 2013 ausgewertet.[1] Ursachen und klinische Erscheinungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Erreger (die Serotypen D bis K von C. trachomatis) können hauptsächlich beim Geschlechtsverkehr übertragen werden. Die Infektion verläuft bei etwa 80 % der Frauen und bei etwa 50 % der Männer ohne Symptome.[1] Unbehandelt können Chlamydien bei 10 40 % der Frauen eine aus dem Genitalbereich aufsteigende Infektion verursachen.[1] Bei der Frau kann eine Entzündung der Harnröhre (Urethritis) und der Bartholinschen Drüsen erfolgen. Daneben befällt der Erreger die Schleimhaut des Gebärmutterhalses und wandert dann die weiblichen Geschlechtsorgane hoch über die Gebärmutter bis zu den Eileitern. Dabei können Entzündungen des Gebärmutterhalses (Zervizitis), der Gebärmutterschleimhaut (Endometritis) und der Eileiter (Salpingitis) auftreten.[2] Bei einer Zervizitis tritt häufig vaginaler Ausfluss auf. Durch die Infektionen sind weitere Komplikationen möglich, durch die Salpingitis können die Eileiter verkleben und so zur Sterilität (Unfruchtbarkeit) der Frau führen. Außerdem können verklebte Eileiter verhindern, dass ein befruchtetes Ei die Gebärmutter erreicht. Dies begünstigt sogenannte Extrauteringraviditäten (Schwangerschaften außerhalb der Gebärmutter), z. B. Eileiterschwangerschaften.[1] Die Ausbreitung der Entzündung im kleinen Becken (PID, pelvic inflammatory disease) führt zusätzlich zu chronischen Schmerzen im Unterbauch.[8] Eine breit angelegte Studie in Uppsala (Schweden) zeigt, dass das Risiko der Unfruchtbarkeit nach einer genitalen Chlamydieninfektion bei etwa 7 % liegt, das Risiko für PID bei etwa 6 % und das einer Eileiterschwangerschaft bei etwa 3 %.[10] Infektionen in der Schwangerschaft fördern Frühgeburten. Wenn eine mit C. trachomatis Serovar D bis K genital infizierte Mutter ein Kind zur Welt bringt, kann sie ihr Neugeborenes unter der Geburt infizieren: Bindehautentzündung (vergleiche Paratrachom) und Pneumonie (Lungenentzündung) sind die Folge.[2] Eine Lungenentzündung ist möglich, falls das Neugeborene während der Geburt erregerhaltiges Vaginalsekret aspiriert.[4] Beim Mann treten Entzündungen der Harnröhre (Urethritis), Entzündungen der Prostata (Prostatitis) und der Nebenhoden (Epididymitis) mit der möglichen Folge einer Sterilität auf.[2] Infizierte Männer haben in der Regel Schmerzen beim Urinieren[4] sowie einen eitrigen Ausfluss. Als Folge der akuten Infektion kann es zur Arthritis in verschiedenen Gelenken, zur Tendovaginitis (Sehnenscheidenentzündung) und in seltenen Fällen auch zum Reiter-Syndrom kommen.[4] Es gibt auch Hinweise darauf, dass eine bestehende Chlamydieninfektion die Ansteckung mit anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, einschließlich der Infektion mit HIV, bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr erleichtern kann.[1] Bei ungeschütztem oralem oder analem Verkehr kann es auch zu einer Chlamydieninfektion des Rachens (Pharyngitis) bzw. des Rektums (Proktitis) kommen.[4] Diese Infektionen verlaufen meistens ohne Beschwerden und werden daher nur sehr selten entdeckt. Die Infektionen heilen zwar meistens nach einigen Wochen komplikationslos aus, stellen bis dahin aber ein Infektionsrisiko dar.[11] Untersuchungsmethoden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Diagnose erfolgt meist durch Nachweis spezifischer DNA in Abstrichen oder Urinproben mittels Polymerasekettenreaktion (PCR). Gegebenenfalls müssen Abstriche der Rektum- und Rachenschleimhaut untersucht werden. Die direkte Kultivierung der Erreger ist sehr aufwändig.[2] Eine gleichzeitige Infektion mit anderen sexuell übertragbaren Krankheiten (beispielsweise mit Neisseria gonorrhoeae) ist nicht selten,[4] so dass auch auf diese untersucht werden sollte. Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Chlamydien-Infektionen sind mit Antibiotika gut behandelbar.[1] Für die Therapie geeignet sind Tetracycline (Doxycyclin) und Makrolide wie Erythromycin und Azithromycin, eingeschränkt auch Chinolon-Antibiotika. -Lactam-Antibiotika wie Penicillin sind aufgrund der fehlenden Zellwand völlig unwirksam. Der oder die Partner müssen mitbehandelt werden, ggf. auch auf Verdacht, sonst ist eine Reinfektion aufgrund des Ping-Pong-Effekts unvermeidlich. Einige Wochen nach Abschluss der Therapie sollte noch einmal untersucht werden, da häufig Rezidive auftreten.[4] Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Kondome schützen auch vor der Infektion mit Chlamydien, regelmäßiges Screening der Schwangeren auf Chlamydiose schützt vor vermeidbaren Frühgeburten und Infektion des Neugeborenen. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung der Chlamydien-Infektionen sind wichtig zur Prävention der möglichen schwerwiegenden Folgeerscheinungen. Seit 1995 können schwangere Frauen sowie Frauen vor einem geplanten Schwangerschaftsabbruch einen kostenlosen Chlamydien-Test als Screening durchführen lassen. Seit 2008 können sich alle Frauen unter 25 Jahren freiwillig und kostenlos auf Chlamydien untersuchen lassen.[1] Auch Schnelltests für eine Untersuchung zu Hause sind erhältlich.[12] Paratrachom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Siehe auch Paratrachom (Einschlusskörperchenkonjunktivitis) Ebenfalls von den Serotypen D bis K von C. trachomatis kann eine Konjunktivitis (Bindehautentzündung) verursacht werden, die auch als Einschlusskonjunktivitis bezeichnet wird. Es kommt zu Eiterbildung in der Bindehaut, die aber meist komplikationslos ausheilt. In Deutschland verursachten in einigen Fällen C. trachomatis dieser Serotypen durch Übertragung im Badewasser eine akute Bindehautentzündung. Dafür ist der Name Schwimmbadkonjunktivitis geprägt worden. Durch unzureichende Chlorung des Wassers können Chlamydien aus dem Genitalbereich der Badegäste überleben.[2] Auch sexuelle Gewohnheiten der Patienten werden als Infektionsursache vermutet.[4] Auch die bei Neugeborenen auftretende Bindehautentzündung (Ophthalmia neonatorum) zählt hierzu, wenn die infizierte Mutter ihr Kind durch die Geburt im Geburtskanal ansteckt. Für die Behandlung einer Einschlusskonjunktivitis werden Antibiotika meist Tetracycline lokal angewendet.[2] Lymphogranuloma venereum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Lymphogranuloma venereum Auch hierbei handelt es sich um eine sexuell übertragbare Erkrankung. Verursacht wird sie durch die Serotypen L1 bis L3 von C. trachomatis. Am Infektionsort entwickelt sich zunächst ein oberflächliches Geschwür (Primärläsion), nach 10 bis 30 Tagen kommt es zu schmerzhaften Schwellungen der Lymphknoten (Bubo) in der Leistengegend, die aufbrechen können.[4] Durch Narbenbildung kann es zu Lymphknoteneinschmelzungen kommen. Wenn keine Behandlung erfolgt, kann es als Spätfolge zu Verschluss der Lymphbahnen mit Stauungszeichen bis hin zur Elephantiasis kommen.[2] Diese Erkrankung ist in Mitteleuropa sehr selten und hauptsächlich in Asien, Afrika, Südamerika und der Karibik verbreitet.[4] Wie bei den Genitalinfektionen erfolgt eine systemische Therapie mit Antibiotika.[2] Durch Chlamydophila psittaci verursachte Krankheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Ornithose Erkrankungen durch Chlamydophila psittaci sind weltweit verbreitet, sie treten in Deutschland nur selten auf (2007: 72 Erkrankungen, 2008: 86 Erkrankungen).[13] Es handelt sich um eine Zoonose, die Infektion des Menschen erfolgt durch Tiere, in diesem Fall vor allem durch Vögel. Wenn die Infektion über Papageienvögel (Psittaciformes) erfolgt, spricht man auch von Psittakose (Psittacose, Papageienkrankheit).[2] Eine Übertragung von Mensch zu Mensch wurde bisher nicht nachgewiesen. Die Vögel scheiden den Erreger mit dem Kot aus, infizierte Vögel können schwer krank sein, aber auch völlig gesund wirken.[13] Die Infektion des Menschen erfolgt durch Einatmen von erregerhaltigem Staub, wie er beispielsweise beim Entfernen von Vogelkot entsteht. Der Infektionsort ist dann der Atmungsapparat (Respirationstrakt) und führt zu einer atypischen Pneumonie (Lungenentzündung), durch Ausbreitung können aber auch andere Organe betroffen sein.[2] Die Schwere der Erkrankung reicht von sehr leichten bis hin zu tödlichen Verläufen. Nach 7 des Infektionsschutzgesetzes besteht eine Meldepflicht für den positiven Erregernachweis durch das nachweisende Labor mit namentlicher Meldung des Patienten.[14] Erkrankungen bei Rindern, Schafen, Ziegen und Geflügel (einschließlich Tauben) sind nach der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten ebenfalls meldepflichtig[15] (siehe Tierseuche). In der Schweiz ist die Chlamydiose der Vögel eine zu bekämpfende und somit meldepflichtige Tierseuche.[16] Durch Chlamydophila pneumoniae verursachte Krankheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Pneumonie durch Chlamydien Chlamydophila pneumoniae ist eine häufige Ursache respiratorischer Infektionen (Atemwegserkrankungen) des Menschen. Der Erreger ist weltweit verbreitet, das Erregerreservoir ist der Mensch. 5 bis 15 % aller außerhalb des Krankenhauses (ambulant) erworbenen Pneumonien werden durch C. pneumoniae verursacht. Bei etwa 60 % der 51- bis 60-jährigen sind Antikörper gegen C. pneumoniae nachweisbar. Es ist davon auszugehen, dass jeder Mensch mindestens einmal in seinem Leben Kontakt mit dem Erreger hat.[13] C. pneumoniae wird durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Die Folge ist in der Regel eine eher milde verlaufene Pneumonie.[2] Es kann auch zu Entzündungen der Nebenhöhlen (Sinusitis), des Rachens (Pharyngitis) und der Bronchien (Bronchitis) kommen. Prinzipiell können alle Symptome auftreten, die auch durch eine Infektionen mit C. psittaci verursacht werden. Die Infektion führt zu einer Antikörperbildung, die lange nachgewiesen werden kann. Eine länger andauernde Immunität entsteht dadurch nicht.[13] Weitere durch Chlamydien verursachte Krankheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei Schafen und Ziegen verursacht der Erreger Chlamydophila abortus den Chlamydienabort. Es handelt sich um eine Zoonose, die Infektion des Menschen durch Tiere ist möglich.[17] Chlamydophila felis ist der bakterielle Erreger des Katzenschnupfens, genauer gesagt der Felinen Chlamydiose, die in Einzelfällen auch auf den Menschen übertragen wird.[18] Simkania negevensis ist eine 1999 in Israel entdeckte Bakterienart, die zwar nicht zur Familie der Chlamydiaceae, aber zur Ordnung der Chlamydiales gehört und daher aus medizinischer Sicht auch zu den Chlamydien gezählt wird. Der Krankheitserreger tritt ebenfalls bei respiratorischen Infektionen bei Kindern auf und verursacht ambulant erworbene Pneumonie bei Erwachsenen. Auch in Deutschland konnte der Erreger schon nachgewiesen werden.[13] Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Herbert Hof, Rüdiger Dörries: Duale Reihe: Medizinische Mikrobiologie. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-125313-4. Helmut Hahn, Stefan H. E. Kaufmann, Thomas F. Schulz, Sebastian Suerbaum (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 6. Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-46359-7. David M. Ojcius, Toni Darville, Patrik M. Bavoil: Die heimliche Seuche. In: Spektrum der Wissenschaft. Nr. 2, Februar 2006, S. 28 35. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Chlamydiose Informationen des Robert Koch-Instituts (Chlamydia trachomatis) Chlamydiose Informationen des Robert Koch-Instituts (Chlamydophila pneumoniae, Chlamydophila psittaci und Simkania negevensis) sex n'tipps Körper und Gesundheit. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), 2010, abgerufen am 24. November 2013. Health topics: Trachoma. Weltgesundheitsorganisation (WHO), abgerufen am 23. November 2013 (englisch). Sexually Transmitted Diseases (STDs): Chlamydia - CDC Fact Sheet. Centers for Disease Control and Prevention (Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention CDC), abgerufen am 23. November 2013 (englisch). Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] a b c d e f g h i j k Chlamydien-Infektionen in Deutschland (Epidemiologisches Bulletin. 46/2013). In: Website Epidemiologisches Bulletin. 18. November 2013, abgerufen am 23. November 2013. a b c d e f g h i j k l Herbert Hof, Rüdiger Dörries: Duale Reihe: Medizinische Mikrobiologie. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-125313-4, S. 447 451. Priority eye diseases: Trachoma. In: Website der WHO. Abgerufen am 23. November 2013. a b c d e f g h i j RKI: Chlamydiosen (Teil 1): Erkrankungen durch Chlamydia trachomatis RKI-Ratgeber für Ärzte. In: rki.de. 21. Dezember 2010, archiviert vom Original am 6. Dezember 2013; abgerufen am 23. November 2023. Prevalence and incidence of selected sexually transmitted infections. In: Website der Weltgesundheitsorganisation (WHO). WHO, Department of Reproductive Health and Research, 2011, abgerufen am 23. November 2013. Die heimliche Epidemie: Chlamydien breiten sich unter Teenagern aus. In: Welt Online. 22. Januar 2007, abgerufen am 23. November 2013. Geschlechtskrankheiten: Deutschlands Dermatologen schlagen Alarm. In: kma-online. 29. April 2013, archiviert vom Original am 1. Juli 2013; abgerufen am 23. November 2023. a b c d ECDC: Epidemiologischer Jahresreport 2012 mit Daten für 2010 und 2011 (in Englisch). (PDF; 10,0 MB) In: Website des ECDC. Abgerufen am 20. November 2013. Sechs Jahre STD-Sentinel-Surveillance in Deutschland Zahlen und Fakten (Epidemiologisches Bulletin. 03/2010). In: Website Epidemiologisches Bulletin. 25. Januar 2010, abgerufen am 23. November 2013. N. Low, M. Egger u. a.: Incidence of severe reproductive tract complications associated with diagnosed genital chlamydial infection: the Uppsala Women s Cohort Study. In: Sexually Transmitted Infections. Band 82, Nummer 3, Juni 2006, S. 212 218, ISSN 1368-4973, doi:10.1136/sti.2005.017186, PMID 16731670, PMC 2576723 (freier Volltext). Sexuell übertragbare Krankheiten: Gonorrhö und Chlamydien bei Männern, die Sex mit Männern haben fehlendes Screening verhindert Entdeckung (Epidemiologisches Bulletin. 09/2006). In: Website Epidemiologisches Bulletin. 3. März 2006, abgerufen am 23. November 2013. Chlamydien Geschlechtskrankheit ohne Symptome. In: chlamydien-info.de. Archiviert vom Original am 24. April 2021; abgerufen am 23. November 2023. a b c d e RKI: Chlamydiosen (Teil 2): Erkrankungen durch Chlamydophila psittaci, Chlamydophila pneumoniae und Simkania negevensis - RKI-Ratgeber für Ärzte. In: rki.de. 8. März 2010, archiviert vom Original am 15. November 2013; abgerufen am 23. November 2023. Text des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) bei juris. Abgerufen am 19. November 2013. Text der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten (TKrMeldpflV) 1983 bei juris. Abgerufen am 24. November 2013. blv.admin.ch TRBA (Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe) 466: Einstufung von Prokaryonten (Bacteria und Archaea) in Risikogruppen. In: Website der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). 25. April 2012, abgerufen am 17. November 2013. J. C. Hartley, S. Stevenson u. a.: Conjunctivitis due to Chlamydophila felis (Chlamydia psittaci feline pneumonitis agent) acquired from a cat: case report with molecular characterization of isolates from the patient and cat. In: Journal of Infection. Band 43, Nummer 1, Juli 2001, S. 7 11, ISSN 0163-4453. doi:10.1053/jinf.2001.0845. PMID 11597148. Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! |
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Dieser Artikel behandelt den Darm als Teil des Verdauungstraktes. Zu weiteren Bedeutungen siehe Darm (Begriffsklärung).
Der Darm (lateinisch Intestinum, altgriechisch ἔντερον enteron; auch Gedärm genannt) ist der wichtigste Teil des Verdauungstraktes von höheren vielzelligen Tieren einschließlich des Menschen. Er erstreckt sich vom Magenpförtner bis zum After, davor liegen der Magen, die Speiseröhre und die Mundhöhle. Der Darm ist beim erwachsenen Menschen etwa 5½ bis 7½ Meter lang und besitzt wegen der feinen Darmzotten eine Oberfläche von etwa 32 m².[1] Die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm ist die Darmflora.
Relative Darmlänge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Darmlänge im Verhältnis zur Körperlänge einer Tierart ist von mehreren Faktoren abhängig. Von Bedeutung sind unter anderem gruppenspezifische und phylogenetische Faktoren, wie weit die Nahrung im Magen aufbereitet wird, der Nahrungsbedarf, die absolute Körpergröße sowie Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung der Verdauungssäfte und in der Resorptionsfähigkeit. Dabei ist die Darmlänge gruppenspezifisch in relativ engen Grenzen vorgegeben und weist nur eine geringe Modifizierbarkeit auf.[2]
Zwar bestehen Zusammenhänge zwischen Ernährungsart und Morphologie des Darmkanals; die weitverbreitete Meinung, dass es auch einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Ernährungsart und Darmlänge gäbe, ist jedoch unhaltbar, ebenso wie die Faustregel, nach der Fleischfresser kurze und Pflanzenfresser lange Därme besäßen. Diese Faustregel trifft nur zu, wenn Haustiere wie Hund, Katze, Schaf, Rind oder Kaninchen betrachtet werden; sie trifft jedoch bereits nicht mehr zu, wenn weitere Säugetiere miteinander verglichen werden. So besitzen beispielsweise die Fleisch fressenden Robben außerordentlich lange Därme, die ausschließlich Blätter fressenden Faultiere dagegen sehr kurze Därme, und auch der sich im Wesentlichen von Bambusschösslingen ernährende Große Panda weist einen deutlich kürzeren Darm auf als andere Bären.[2]
Unterteilung des Darmes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
1 = Magen2 = Dünndarm3 = absteigender Teil des Dickdarms4 = aufsteigender Teil des Dickdarms5 = Wurmfortsatz6 = Mastdarm7 = After
Der Darm ist unterteilt in den
Dünndarm (lateinisch Intestinum tenue), bestehend aus
Zwölffingerdarm (Duodenum) und
Gekrösedarm, bestehend aus
Leerdarm (Jejunum) und
Krummdarm (Ileum),
sowie den Dickdarm (Intestinum crassum), bestehend aus
Blinddarm (Caecum) mit dem Wurmfortsatz (lat. Appendix vermiformis, umgangssprachlich fälschlich als „Blinddarm“ bezeichnet), und
Grimmdarm (griechisch-lateinisch Colon) mit aufsteigendem (Colon ascendens), querverlaufendem (Colon transversum), absteigendem (Colon descendens) und S-förmig verlaufendem (Colon sigmoideum, genannt auch Sigma) Teil,
und den Mastdarm (Rectum), auch als Enddarm bezeichnet, bestehend aus
Pars ampullaris und Analkanal (Canalis analis).[3]
Auf den Mastdarm folgt der After (lateinisch Anus), der aber feingeweblich kein Darmbestandteil im engeren Sinne ist, da er von äußerer Haut und nicht von Schleimhaut ausgekleidet ist. Der After bildet mit dem endständigen Venengeflecht des Mastdarmes und dem inneren und äußeren Schließmuskel zusammen das Kontinenzorgan.
Funktionen des Darms[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Übersicht zu den Interaktionen im Darm[4]
Verdauung und Nährstoffresorption
Regulation des Wasserhaushaltes
Ausbildung eines Großteils der Abwehrzellen des Immunsystems
Produktion von Hormonen und Botenstoffen
Darmwand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Darmwand zeigt den typischen dreischichtigen Aufbau eines häutig-muskulösen Schlauches. Der Innenraum wird durch eine Schleimhaut (Mukosa) ausgekleidet. Ihr liegt außen eine zweischichtige Tunica muscularis (viszerale Muskulatur) an, die aus einer inneren Ring- und äußeren Längsmuskelschicht besteht. Zwischen Mukosa und Muskelschicht befindet sich der Plexus submucosus, zwischen den beiden Muskelschichten der Plexus myentericus – beides Anteile des darmeigenen Nervensystems. Außen grenzt – je nach Lage des Darmabschnitts – entweder eine Tunica serosa oder eine Tunica adventitia das Organ ab.
Untersuchungsmöglichkeiten des Darmes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Darm ist zum Teil abtastbar und abhörbar. Weitergehende diagnostische Möglichkeiten bieten die Ultraschalluntersuchung (Sonografie), Kontrastmitteluntersuchungen, Darmspiegelung (Koloskopie) und Computertomografie (CT) bzw. Magnetresonanztomografie (MRT). Zusätzlich kann durch eine zu schluckende Endokapsel mit Funk-Minikamera(s) der Dünndarm und auch der Dickdarm untersucht werden.
Weitere diagnostische Hinweise bietet die Untersuchung des Stuhlgangs, Gewebeprobenentnahme und Blutuntersuchung.
Trivialnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Jägersprache werden Weiddarm (insbesondere der Mastdarm), Harnblase und innere Geschlechtsorgane als kleines Gescheide bezeichnet.[5]
Darmkrankheiten und -störungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die allgemeine Bezeichnung für eine Krankheit des Darmes ist Enteropathie.
Fehlbesiedelung des Dünn- oder Dickdarms
Reizdarm
Befall mit Darmparasiten
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
Morbus Crohn
Colitis ulcerosa
Nahrungsmittel-Intoleranzen
Laktoseintoleranz
Fruktosemalabsorption
Nahrungsmittel-Intoleranz
Zöliakie
Blähungen (Flatulenz)
Verstopfung (Obstipation) und Darmträgheit
Durchfall (Diarrhoe)
Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP)
Hermansky-Pudlak-Syndrom
Darmtumoren wie Polypen (zum Beispiel Familiäre adenomatöse Polyposis), bösartige Tumoren wie kolorektales Karzinom
Diese Liste versteht sich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Darmverengung bis zum Darmverschluss
Darmverletzungen wie die Darmperforation
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ausdärmen – Eine qualvolle Hinrichtungsmethode
Wursthülle aus Naturdarm
Viszeralchirurgie
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Giulia Enders: Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ. Ullstein, Berlin 2014, ISBN 978-3-550-08041-8.
Hans Adolf Kühn: Krankheiten des Darmes. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 804–841.
Nikolaus Papastavrou: Darm. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 107–131.
Mary Roach: Schluck. Auf Entdeckungsreise durch unseren Verdauungstrakt. Aus dem amerikanischen Englisch von Katrin Behringer. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2014, ISBN 978-3-421-04640-6 (Originaltitel: Gulp.).
Franz-Viktor Salomon: Darm, Intestinum (Enteron). In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 293–311.
Julia Seiderer-Nack: Was passiert im Darm? Neues Wissen für mehr Darmgesundheit. Darmbarriere, Bauchhirn, Immunsystem und die richtige Ernährung. Südwest, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-517-08959-1.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wiktionary: Darm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Intestines – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Ältestes Gedärm der Welt entdeckt
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Herbert F. Helander, Lars Fändriks: Surface area of the digestive tract – revisited. In: Scandinavian Journal of Gastroenterology. Bd. 49, Nr. 6, 2014, S. 681–689, doi:10.3109/00365521.2014.898326.
↑ a b Dietrich Starck: Lehrbuch der Speziellen Zoologie. Band II: Wirbeltiere. 5. Teil: Säugetiere. Gustav Fischer, Jena 1995, ISBN 3-334-60453-5 (S. 185–186).
↑ Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch. De Gruyter, 255. Aufl., Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-007916-X, S. 323.
↑ B. Waclawiková, A. Codutti, K. Alim, S. El Aidy: Gut microbiota-motility interregulation: insights from in vivo, ex vivo and in silico studies. Gut Microbes. 2022 Jan-Dec;14(1):1997296, PMID 34978524.
↑ Deutsches Jagd-Lexikon: Gescheide.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4011061-8 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
| Dieser Artikel behandelt den Darm als Teil des Verdauungstraktes. Zu weiteren Bedeutungen siehe Darm (Begriffsklärung). Der Darm (lateinisch Intestinum, altgriechisch enteron; auch Gedärm genannt) ist der wichtigste Teil des Verdauungstraktes von höheren vielzelligen Tieren einschließlich des Menschen. Er erstreckt sich vom Magenpförtner bis zum After, davor liegen der Magen, die Speiseröhre und die Mundhöhle. Der Darm ist beim erwachsenen Menschen etwa 5 bis 7 Meter lang und besitzt wegen der feinen Darmzotten eine Oberfläche von etwa 32 m .[1] Die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm ist die Darmflora. Relative Darmlänge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Darmlänge im Verhältnis zur Körperlänge einer Tierart ist von mehreren Faktoren abhängig. Von Bedeutung sind unter anderem gruppenspezifische und phylogenetische Faktoren, wie weit die Nahrung im Magen aufbereitet wird, der Nahrungsbedarf, die absolute Körpergröße sowie Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung der Verdauungssäfte und in der Resorptionsfähigkeit. Dabei ist die Darmlänge gruppenspezifisch in relativ engen Grenzen vorgegeben und weist nur eine geringe Modifizierbarkeit auf.[2] Zwar bestehen Zusammenhänge zwischen Ernährungsart und Morphologie des Darmkanals; die weitverbreitete Meinung, dass es auch einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Ernährungsart und Darmlänge gäbe, ist jedoch unhaltbar, ebenso wie die Faustregel, nach der Fleischfresser kurze und Pflanzenfresser lange Därme besäßen. Diese Faustregel trifft nur zu, wenn Haustiere wie Hund, Katze, Schaf, Rind oder Kaninchen betrachtet werden; sie trifft jedoch bereits nicht mehr zu, wenn weitere Säugetiere miteinander verglichen werden. So besitzen beispielsweise die Fleisch fressenden Robben außerordentlich lange Därme, die ausschließlich Blätter fressenden Faultiere dagegen sehr kurze Därme, und auch der sich im Wesentlichen von Bambusschösslingen ernährende Große Panda weist einen deutlich kürzeren Darm auf als andere Bären.[2] Unterteilung des Darmes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] 1 = Magen2 = Dünndarm3 = absteigender Teil des Dickdarms4 = aufsteigender Teil des Dickdarms5 = Wurmfortsatz6 = Mastdarm7 = After Der Darm ist unterteilt in den Dünndarm (lateinisch Intestinum tenue), bestehend aus Zwölffingerdarm (Duodenum) und Gekrösedarm, bestehend aus Leerdarm (Jejunum) und Krummdarm (Ileum), sowie den Dickdarm (Intestinum crassum), bestehend aus Blinddarm (Caecum) mit dem Wurmfortsatz (lat. Appendix vermiformis, umgangssprachlich fälschlich als Blinddarm bezeichnet), und Grimmdarm (griechisch-lateinisch Colon) mit aufsteigendem (Colon ascendens), querverlaufendem (Colon transversum), absteigendem (Colon descendens) und S-förmig verlaufendem (Colon sigmoideum, genannt auch Sigma) Teil, und den Mastdarm (Rectum), auch als Enddarm bezeichnet, bestehend aus Pars ampullaris und Analkanal (Canalis analis).[3] Auf den Mastdarm folgt der After (lateinisch Anus), der aber feingeweblich kein Darmbestandteil im engeren Sinne ist, da er von äußerer Haut und nicht von Schleimhaut ausgekleidet ist. Der After bildet mit dem endständigen Venengeflecht des Mastdarmes und dem inneren und äußeren Schließmuskel zusammen das Kontinenzorgan. Funktionen des Darms[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Übersicht zu den Interaktionen im Darm[4] Verdauung und Nährstoffresorption Regulation des Wasserhaushaltes Ausbildung eines Großteils der Abwehrzellen des Immunsystems Produktion von Hormonen und Botenstoffen Darmwand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Darmwand zeigt den typischen dreischichtigen Aufbau eines häutig-muskulösen Schlauches. Der Innenraum wird durch eine Schleimhaut (Mukosa) ausgekleidet. Ihr liegt außen eine zweischichtige Tunica muscularis (viszerale Muskulatur) an, die aus einer inneren Ring- und äußeren Längsmuskelschicht besteht. Zwischen Mukosa und Muskelschicht befindet sich der Plexus submucosus, zwischen den beiden Muskelschichten der Plexus myentericus beides Anteile des darmeigenen Nervensystems. Außen grenzt je nach Lage des Darmabschnitts entweder eine Tunica serosa oder eine Tunica adventitia das Organ ab. Untersuchungsmöglichkeiten des Darmes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Darm ist zum Teil abtastbar und abhörbar. Weitergehende diagnostische Möglichkeiten bieten die Ultraschalluntersuchung (Sonografie), Kontrastmitteluntersuchungen, Darmspiegelung (Koloskopie) und Computertomografie (CT) bzw. Magnetresonanztomografie (MRT). Zusätzlich kann durch eine zu schluckende Endokapsel mit Funk-Minikamera(s) der Dünndarm und auch der Dickdarm untersucht werden. Weitere diagnostische Hinweise bietet die Untersuchung des Stuhlgangs, Gewebeprobenentnahme und Blutuntersuchung. Trivialnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In der Jägersprache werden Weiddarm (insbesondere der Mastdarm), Harnblase und innere Geschlechtsorgane als kleines Gescheide bezeichnet.[5] Darmkrankheiten und -störungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die allgemeine Bezeichnung für eine Krankheit des Darmes ist Enteropathie. Fehlbesiedelung des Dünn- oder Dickdarms Reizdarm Befall mit Darmparasiten Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Morbus Crohn Colitis ulcerosa Nahrungsmittel-Intoleranzen Laktoseintoleranz Fruktosemalabsorption Nahrungsmittel-Intoleranz Zöliakie Blähungen (Flatulenz) Verstopfung (Obstipation) und Darmträgheit Durchfall (Diarrhoe) Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) Hermansky-Pudlak-Syndrom Darmtumoren wie Polypen (zum Beispiel Familiäre adenomatöse Polyposis), bösartige Tumoren wie kolorektales Karzinom Diese Liste versteht sich ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Darmverengung bis zum Darmverschluss Darmverletzungen wie die Darmperforation Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ausdärmen Eine qualvolle Hinrichtungsmethode Wursthülle aus Naturdarm Viszeralchirurgie Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Giulia Enders: Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ. Ullstein, Berlin 2014, ISBN 978-3-550-08041-8. Hans Adolf Kühn: Krankheiten des Darmes. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 804 841. Nikolaus Papastavrou: Darm. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang Entwicklung Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 107 131. Mary Roach: Schluck. Auf Entdeckungsreise durch unseren Verdauungstrakt. Aus dem amerikanischen Englisch von Katrin Behringer. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2014, ISBN 978-3-421-04640-6 (Originaltitel: Gulp.). Franz-Viktor Salomon: Darm, Intestinum (Enteron). In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 293 311. Julia Seiderer-Nack: Was passiert im Darm? Neues Wissen für mehr Darmgesundheit. Darmbarriere, Bauchhirn, Immunsystem und die richtige Ernährung. Südwest, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-517-08959-1. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wiktionary: Darm Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Commons: Intestines Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Ältestes Gedärm der Welt entdeckt Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Herbert F. Helander, Lars Fändriks: Surface area of the digestive tract revisited. In: Scandinavian Journal of Gastroenterology. Bd. 49, Nr. 6, 2014, S. 681 689, doi:10.3109/00365521.2014.898326. a b Dietrich Starck: Lehrbuch der Speziellen Zoologie. Band II: Wirbeltiere. 5. Teil: Säugetiere. Gustav Fischer, Jena 1995, ISBN 3-334-60453-5 (S. 185 186). Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch. De Gruyter, 255. Aufl., Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-007916-X, S. 323. B. Waclawikov , A. Codutti, K. Alim, S. El Aidy: Gut microbiota-motility interregulation: insights from in vivo, ex vivo and in silico studies. Gut Microbes. 2022 Jan-Dec;14(1):1997296, PMID 34978524. Deutsches Jagd-Lexikon: Gescheide. Normdaten (Sachbegriff): GND: 4011061-8 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Durchfall.txt |
Dieser Artikel behandelt das medizinische Symptom. Zum Begriff als „außergewöhnlicher Misserfolg“ siehe Durchfallen.
Klassifikation nach ICD-10
A09
Diarrhoe und Gastroenteritis
K52.9
Nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis
K59.1
Funktionelle Diarrhoe
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Als Durchfall oder Diarrhoe (auch Diarrhö; von griechisch διάρροια diárrhoia ‚Durchfall‘, ‚Bauchfluss‘, aus διά diá ‚durch‘ und ῥέω rhéō ‚fließen‘; vgl. Ruhr) wird die mehrfache Ausscheidung von zu flüssigem Stuhl bezeichnet. Durchfall kann ein Symptom vieler Erkrankungen (z. B. Infektionen, Nahrungsmittelvergiftungen, Tumoren, Reizdarm, exokrine Pankreasinsuffizienz) sein. Weltweit leiden pro Jahr schätzungsweise rund vier Milliarden Menschen unter Durchfall, 7,5 Millionen Menschen (vor allem Kinder) sterben an den Folgen.[1]
Die normale Frequenz (dreimal am Tag bis dreimal in der Woche) und Konsistenz (kaum geformt bis hart) des Stuhlgangs unterscheiden sich von Mensch zu Mensch.[1] Auch die subjektive Einschätzung, was „normaler“ Stuhlgang sei, unterscheidet sich stark.[1] Als medizinische Definition von Durchfall bei Erwachsenen gilt eine Stuhlmasse von über 200–250 g bei mehr als drei Stuhlgängen pro Tag und hohem Wasseranteil (über 75 Prozent).[2]
Ein akuter Durchfall verläuft meist leicht und heilt ohne weitere Maßnahmen (z. B. Medikamente) ab. Schwerer und länger andauernder Durchfall dagegen kann aufgrund des Wasser-/Elektrolytverlustes gefährlich sein und einer (medikamentösen) Therapie bedürfen.
Von der Diarrhoe abzugrenzen ist die Pseudodiarrhö, z. B. im Rahmen eines Reizdarmsyndroms. Dabei sind zwar Stuhlfrequenz und Wassergehalt gesteigert, das Stuhlgewicht aber nicht krankhaft erhöht. Ebenfalls kein Durchfall im eigentlichen Sinne ist die paradoxe Diarrhö mit eher vermindertem Stuhlgewicht, die Symptom eines Darmkrebses sein kann.[3]
Einteilung des Durchfalls
Einteilung nach der Dauer
Nach der Dauer des Durchfalls kann – etwas unscharf – eine akute von einer chronischen Diarrhö unterschieden werden. Die akute Diarrhö dauert maximal zwei bis drei Wochen[1] und hat meist infektiöse oder toxische Ursachen. Länger andauernde Durchfälle werden als chronische Diarrhöen bezeichnet, für die viele Ursachen wie Nahrungsmittelintoleranzen, chronische Darmerkrankungen oder Tumoren in Frage kommen.
Einteilung nach der Krankheitsentstehung
Durchfall kann weiter nach dem Pathomechanismus, also danach, wie die Krankheit entsteht, unterschieden werden. Die Krankheiten und Mechanismen werden im Detail unter „Ursachen“ erklärt.
Formen der Diarrhö nach Krankheitsentstehung[3][4]
Diarrhö-Form
Pathomechanismus
Mögliche Ursachen (Beispiele)
Osmotische Diarrhö
Nicht aufgenommene Nahrungsbestandteile, Medikamente oder andere Stoffe ziehen Wasser osmotisch in das Darmlumen
Laktoseintoleranz, Zöliakie, Einnahme von Abführmitteln, übermäßiger Sorbitol-Konsum
Sekretorische Diarrhö
Die Darmschleimhaut gibt aktiv Wasser ab oder Elektrolyte, denen Wasser folgt
Nahrungsmittelvergiftungen, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Einnahme von Abführmitteln
Exsudative Diarrhö
Durch Entzündungen der Darmschleimhaut werden dem Stuhl Schleim und Blut beigemengt
Invasive Bakterien, Parasiten, Kolonkarzinom, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
Hypermotile Diarrhö
Durch eine Steigerung der Darmbewegungen und eine dadurch kürzere Verweildauer des Stuhls im Darm kann nicht genug Flüssigkeit aufgenommen werden.
Hyperthyreose, Reizdarmsyndrom, diabetische Polyneuropathie
Steatorrhoe (Fettstuhl)
Mangel an Verdauungsenzymen (vor allem Lipasen) für eine ausreichende Nährstoffspaltung und Aufnahme oder es sind nicht genug Gallensäuren im Darm, um alle aufgenommenen Fette für eine effektive Fettspaltung zu emulgieren
Exokrine Pankreasinsuffizienz, Gallenblasenentfernung
Ursachen
Diarrhö-Formen lassen sich auch sinnvoll nach der Ursache einteilen. Infektionen und Nahrungsmittelunverträglichkeiten führen meist zu akuter Diarrhö, während chronische Darmerkrankungen, Erkrankungen des exokrinen Pankreas und Karzinome Beispiele für die Ursachen einer chronischen Diarrhö sind.
Infektionen
Der häufigste Auslöser einer Diarrhö sind Bakterien und Viren, die zu einer Gastroenteritis führen. Der weltweit bedeutendste Keim ist der Erreger der Cholera, Vibrio cholerae, an der weltweit rund sechs Millionen Menschen erkranken und über 100.000 sterben.[5] In Deutschland ist die Cholera allerdings extrem selten, hier werden Infektionen häufig verursacht durch Humane Noroviren und Humane Rotaviren oder Salmonellen. Oft werden auch Durchfälle durch verdorbene Lebensmittel verursacht: Auslöser sind hier von Bakterien produzierte Toxine (siehe unten: „Lebensmittelvergiftung“).
In Deutschland besteht eine Meldepflicht für viele Durchfallerreger. Bei 30 bis 50 %[5] aller Reisenden in (sub)tropische Länder kommt es zur Ausbildung einer Reisediarrhö von unterschiedlicher Schwere. Die wichtigste Schutzmaßnahme vor allen Formen infektiöser Diarrhö ist die persönliche Hygiene und der Konsum von nicht belastetem Wasser und Lebensmitteln.
Bei Durchfallerkrankungen, die von Bakterien ausgelöst werden, unterscheidet man drei Mechanismen:
Erreger vom Sekretionstyp sind beispielsweise Vibrio cholerae oder ETEC (Enterotoxische E. coli, der Haupterreger der Reisediarrhö). Sie wirken auf die Darmschleimhaut ein und veranlassen diese, Elektrolyte und Wasser in den Darm abzugeben.
Vertreter des Invasionstyps sind zum Beispiel Shigellen, Campylobacter, Clostridioides difficile (antibiotikaassoziierte Kolitis, siehe auch unter Medikamente) oder EIEC/EHEC (enteroinvasive bzw. enterohämorrhagische E. coli). Diese dringen in die Schleimhautzellen des Darms ein, vermehren sich dort und führen zur Zerstörung der Zellen.
Erreger des Penetrationstyps sind Salmonellen und Yersinien. Diese werden von der Darmschleimhaut aufgenommen und in das daruntergelegene Bindegewebe geschleust, wo sie eine Entzündungsreaktion verursachen. Wie das zu Diarrhö führt, ist noch nicht genau geklärt.[6]
Sehr häufig werden Durchfälle auch von Viren verursacht. Die Hauptvertreter dieser Viren sind Humane Rotaviren und Humane Noroviren. In den (sub)tropischen Ländern spielt auch mehr noch als in den nördlichen Ländern die Darmparasitose eine wichtige Rolle bei den Durchfallerkrankungen.
Nahrungsmittelunverträglichkeiten
Eine Lebensmittelvergiftung führt zum Durchfall, weil sich in dem verdorbenen Lebensmittel Bakterien vermehren und dabei Giftstoffe, so genannte Enterotoxine, bilden konnten. Vertreter dieser Bakterien sind Staphylococcus aureus, Clostridium perfringens und Bacillus cereus. Die Vermehrung der Bakterien wird begünstigt durch ungenügende Hygiene bei der Zubereitung und zu warme Lagerung. Eigentlicher Auslöser des Durchfalls sind also nicht die Bakterien selbst, sondern die Aufnahme der schon gebildeten Enterotoxine. Da die Enterotoxine beispielsweise von Staphylococcus aureus sehr stabil gegenüber Hitze sind, schützt auch das Kochen bereits verdorbener Speisen nicht.
Häufig anzutreffen ist auch die Laktoseintoleranz. In Deutschland sind ca. 15 % der Bevölkerung betroffen, in asiatischen Volksgruppen über 95 %.[7] Je nach Schwere der Intoleranz kommt es zu Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen. Im Darm kann Milchzucker (Laktose) durch das Enzym Laktase zu den Einfachzuckern Glucose und Galactose gespalten werden. Bei Laktoseintoleranz – die für den überwiegenden Teil der erwachsenen Weltbevölkerung der Normalfall ist – fehlt dieses Enzym ganz oder teilweise, sodass Laktose im Dickdarm von Bakterien gespalten wird. Dabei entstehen die Gase Kohlendioxid und Wasserstoff und kurzkettige Fettsäuren, die osmotisch aktiv sind, also Wasser anziehen, und so Durchfall auslösen. Mit dem Laktose-Atemtest lässt sich diese Ursache relativ einfach abklären.[8]
Eine andere Form der Nahrungsmittelunverträglichkeit sind Nahrungsmittelallergien, z. B. gegen Erdbeeren, Milch, Nüsse, Eiweiß oder Fisch.[4]
Medikamente
Die Einnahme von Antibiotika kann zu Durchfall führen, da sie nicht nur auf bakterielle Krankheitserreger wirken, sondern auch die Bakterien der physiologischen Darmflora schädigen. Das Spektrum des Antibiotika-assoziierten Durchfalls reicht von nur wenig, aufgeweichtem Stuhl bis hin zur Clostridioides-difficile-assoziierten Diarrhö mit der ernsten Komplikation einer pseudomembranösen Kolitis.
Natürlich kann der Gebrauch und Missbrauch von abführenden Medikamenten, den so genannten Laxanzien, ebenfalls zu Durchfall führen. Insbesondere der Laxanzienmissbrauch mit dem Ziel der Gewichtsreduktion führt zu Elektrolytverlusten, die ihrerseits zu Verstopfung oder im Extremfall zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen führen können.
Diarrhö ist auch eine mögliche Nebenwirkung einiger weiterer Medikamente, zum Beispiel Krebsmedikamenten (Zytostatika) und Eisenpräparaten, oder Nahrungsergänzungsmitteln wie zum Beispiel Vitamin C (Ascorbinsäure). Auch der übermäßige Konsum des Zuckeraustauschstoffs Sorbitol (z. B. in Kaugummis) wirkt abführend.
Malassimilationssyndrome
Die „schlechte Verwertung“ von Nährstoffen wird als „Malassimilation“ bezeichnet. Es wird weiter unterschieden zwischen Krankheiten, bei denen die Nahrung nicht richtig „zerlegt“ wird (Maldigestion), und Krankheiten, bei denen die Aufnahme der aufgespaltenen Nahrungsbestandteile gestört ist (Malabsorption).
Zu einer Maldigestion führen die operative Entfernung des Magens (Gastrektomie), eine unzulänglich arbeitende Bauchspeicheldrüse (exokrine Pankreasinsuffizienz), der Verlust von Gallensäuren oder der Verschluss der Gallenwege. Alle diese Erkrankungen haben gemein, dass die zur Aufspaltung der zugeführten Nahrung notwendigen Verdauungsenzyme nicht im Darm ankommen oder erst gar nicht, bzw. nicht in ausreichender Menge, produziert werden.
Bei einer Malabsorption werden die Nährstoffe von der Darmschleimhaut nicht aufgenommen. Das ist zum Beispiel bei der einheimischen Sprue (Glutenunverträglichkeit), Morbus Whipple, Amyloidose oder nach Entfernung des Dünndarms der Fall.
Angeborene Ursachen
Bei Neugeborenen mit Durchfall und Enteropathie kann selten auch eine genetische Ursache dahinter stehen. Diese Gruppe von genetisch bedingten Durchfallerkrankungen wird im Englischen als "Congenital diarrhea and enteropathy" (CODE) bezeichnet und setzt sich aus vielen unterschiedlichen Kategorien zusammen, mit einer Vielzahl seltener bis sehr seltener genetischer Ursachen.[9] Gemeinsam sind ihnen schwere Durchfälle ab dem Neugeborenenalter mit Dehydratation und metabolischer Azidose und mit einer hohen Morbidität und Mortalität. Oft ist eine lebenslange Behandlung mit enger Flüssigkeits- und Ernährungskontrolle, teilweise langfristiger parenteraler Ernährung notwendig. Für wenige dieser kongenitalen Syndrome gibt es Ansätze einer spezifischen Therapie.
Die CODE kann in sechs pathophysiologische Gruppen eingeteilt werden, mit einigen aufgeführten Syndromen:
Störungen der Membranfunktion (des "trafficking"s) und Polaritätsdefekte der Epithelzellen des Verdauungstrakt machen etwa die Hälfte aller Fälle aus, bei denen bei Kindern mit CODE ein Gendefekt festgestellt werden konnte.
Intestinale epitheliale Dysplasie oder Congential tufting enteropathy mit schweren wässrigen Durchfällen und einem Gendefekt im EPCAM (das ist ein Epitheliales Zelladhäsionsmolekül) oder seltener im SPINT2 (einem Protease-Inhibitor vom Kunitz-Typ)
Syndromale Diarrhoe oder Tricho-hepato-enterisches Syndrom mit Gendefekten im SKIC3- (Typ 1, 40 %) oder SKIC2-Gen (Typ 2, 60 %). Beide Gene sind Teil des Ski-Komplexes, eines Proteinkomplexes zum trafficking von Exosomen.
Microvillous inclusion disease mit Atrophie der Mikrovilli an den Epithelzellen und einem Gendefekt des MYO5B, einem Myosin des Typs 5.
TTC7A-Defizit mit einem Gendefekt im Gen für das Protein Tetratricopeptide repeat domain 7A, woraus eine schwere Diarrhoe, eine kombinierte Immundefizienz und eine intestinale Atresie resultieren können, zusammen mit Schilddrüsen- und Lungenerkrankungen sowie Alopezie. Für dieses seltene Syndrom wurde Leflunomid in einer Fallserie erfolgreich eingesetzt.
Störungen der Immunzellregulation im Verdauungstrakt
Defekte im Membrantransport von Nährstoffen und Elektrolyten
Störungen der Entwicklung endokriner Zellen im Verdauungstrakt
Störungen im Stoffwechsel der Nährstoffe in den Zellen des Verdauungstraktes
Kongenitale Natrium-Diarrhoe ("congenital sodium ciarrhea") mit einem Gendefekt im SLC9A3 (Sodium–hydrogen antiporter 3), einem Natrium-Wasserstoff-Antiporter in der apikalen Epithelmembran.
Gendefekt im DGAT1, das eine Diacylglycerol-O-Acyltransferase codiert, die für den Fettstoffwechsel wichtig ist. Hierdurch kommt es zu einer schweren exsudativen Gastroenteropathie mit Proteinverlust.
"andere"
Weitere Ursachen
Vergiftungen (Intoxikationen) mit beispielsweise Arsen, Quecksilber, Alkohol oder Pilzen
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Bei Morbus Crohn sind die Durchfälle typischerweise ohne Blutbeimengungen, bei Colitis ulcerosa dagegen blutig-schleimig.[7]
hormonelle (endokrine) Erkrankungen (z. B. Hyperthyreose)
Allergie (Idiosynkrasie)
psychische Auslöser (z. B. Stress, Angst)
Reizdarmsyndrom
Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS)[10][11][12]
Diagnostik
Zur ärztlichen Basisdiagnostik bei Durchfallerkrankungen gehört eine Anamnese, bei der insbesondere Häufigkeit des Stuhlgangs, Stuhlbeschaffenheit und Schmerzen abgefragt werden sollten. Auslandsaufenthalte und Medikamenteneinnahmen sollten ebenfalls eruiert werden. Bei der grundlegenden körperlichen Untersuchung wird der Bauch abgetastet (Palpation) und abgehört (Auskultation), bei dieser Gelegenheit sollte auch auf Zeichen einer Austrocknung (Exsikkose) geachtet werden.[4] Zusätzlich kann es nötig sein, den Stuhl in Augenschein zu nehmen (Stuhlvisite) sowie eine digital-rektale Untersuchung durchzuführen.[3]
Der Versuch, eventuell vorhandene Krankheitserreger spezifisch nachzuweisen, ist in unkomplizierten Fällen – insbesondere unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten gesehen – medizinisch nicht nötig.[6] Bei der Identifizierung von Ausbruchsgeschehen und bezüglich der gesetzlichen Meldepflicht ist sie jedoch notwendig.
Weitere Untersuchungsmöglichkeiten sind beispielsweise:
Laboruntersuchungen des Blutes
Endoskopie (z. B. Koloskopie)
Ultraschalluntersuchung des Bauches (Abdomensonografie)
Laktosetoleranztest
Untersuchungen von Nahrung, Trinkwasser etc.
Therapie
Die wichtigste Basistherapie ist der Flüssigkeits- und Elektrolytersatz (d. h. Trinken).[13]
Wenn möglich sollte – wie bei jeder Erkrankung – die Ursache erkannt und behoben werden (kausale Therapie). Eine antibiotische Therapie ist in den meisten Fällen nicht nötig oder sinnvoll.[13]
Eine symptomatische Behandlung kann in manchen Situationen sinnvoll sein.
Ersatz der Elektrolyte
Die wichtigste Maßnahme – vor allem bei länger andauerndem Durchfall – ist der Ersatz des verloren gegangenen Wassers und der Elektrolyte. Das kann – je nach Schwere des Durchfalls – oral oder parenteral (mittels eines venösen Zugangs) erfolgen. Dazu stehen fertige Elektrolytmischungen zur Verfügung, es kann aber auch auf eine selbst hergestellte orale Rehydratationslösung zurückgegriffen werden. Das ist insbesondere in Entwicklungsländern relevant, da dort Durchfallerkrankungen wie Cholera regelmäßig vorkommen, entsprechende Medikamente aber oft nicht zur Verfügung stehen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt derzeit folgende Elektrolytmischung pro Liter sauberem (oder abgekochtem) Trinkwasser:[14]
2,6 g Natriumchlorid (Kochsalz)
13,5 g Glucose (Traubenzucker)
2,9 g Natriumcitrat
1,5 g Kaliumchlorid
Neben der Zufuhr an Elektrolyten wird durch den zugesetzten Zucker die Aufnahme des Wassers in den Körper erleichtert, da Glukose stets zusammen mit Natrium aus dem Darm aufgenommen wird und dem Natrium dann passiv Wasser nachfolgt.
Falls fertige Rehydratationslösungen nicht zur Verfügung stehen, kann diese Mischung näherungsweise auch selbst hergestellt werden. Dafür werden folgende Zutaten in einem bestimmten Verhältnis in einem Liter (gekochtem und abgekühltem) Trinkwasser (z. B. Mineralwasser ohne Kohlensäure) gelöst:[15]
¼ Teelöffel Salz (für Natriumchlorid)
2 Esslöffel Zucker oder Honig (für Glukose)
¼ Teelöffel Backpulver (für Natriumbikarbonat bzw. Natriumcitrat)
½ Tasse Orangensaft oder 1–2 zerdrückte Bananen (für Kalium)
(keine offiziellen Angaben der WHO)
Obwohl dieses Rezept eine halbwegs gute Annäherung an die von der WHO empfohlene Zusammensetzung ist, wird sie aufgrund der potentiellen Risiken (z. B. falsche Zubereitung) nicht für Kinder unter fünf Jahren empfohlen, da diese besonders sensibel auf Elektrolytschwankungen reagieren.[16] Es finden sich zahlreiche Abweichungen dieser selbst hergestellten Lösung im Internet, die jedoch größtenteils auf den veralteten Empfehlungen der WHO basieren.
Die früher gebräuchliche Elektrolyttherapie mit einer Kombination aus Softdrink (z. B. Cola) und Salzgebäck wird hingegen nicht mehr empfohlen. Cola enthält mehr als die achtfache der von der WHO für die Rehydratationslösung empfohlenen Menge Zucker (≥ 110 g/L) und weist somit eine massiv erhöhte osmolare Aktivität auf (bis zu 780 mOsm/L), durch die Wasser gebunden und der Durchfall in aller Regel verstärkt wird. Der dadurch entstandene relative Natriumüberschuss im Blut (Hypernatriämie) sowie der nicht abgedeckte (und durch Cola verstärkte)[17] Mangel an Kalium (Hypokaliämie) belasten das ohnehin schon verschobene Elektrolytgleichgewicht im Körper.[16][18]
Loperamid und andere Opiate
Opioide und Opiate kennt man vor allem aus der Behandlung starker Schmerzen. Sie wirken auch verstopfend, was bei der symptomatischen Durchfallbehandlung genutzt wird. Opioide hemmen die Darmbewegungen (Darmmotilität). Als Agonist der Opioidrezeptoren vermitteln sie eine Hemmung der Acetylcholinfreisetzung und haben daher eine obstipierende Wirkung.[19] Medikamente wie das Opioid Loperamid (zum Beispiel Imodium) können dem Patienten Linderung verschaffen, dürfen aber nicht bei schweren bakteriellen Darminfektionen eingesetzt werden, die mit Fieber und blutigem Durchfall einhergehen, da die Elimination der Krankheitserreger und die Ausscheidung von Giftstoffen (Toxinen) unterdrückt wird. Bei Kindern unter zwei Jahren kann Loperamid zudem ins Nervensystem vordringen und dort zu Atemhemmung und Delirium führen, während bei älteren Kindern und Erwachsenen der Übertritt ins Nervensystem durch die Blut-Hirn-Schranke verhindert wird. Aus diesem Grund darf Loperamid bei Kindern unter zwei Jahren nicht zum Einsatz kommen und sollte bei Kindern zwischen zwei und zwölf Jahren nur sehr vorsichtig nach dem Körpergewicht dosiert werden. Grundsätzlich sollte Loperamid nur kurzfristig (max. 48 Stunden) und bevorzugt als überbrückendes Reisemedikament bei schweren Durchfällen angewendet werden, bis man entsprechende ärztliche Versorgung erreicht.[20][21]
Wenn Durchfälle mit anderen Mitteln nicht erfolgreich behandelt werden können, kann Opiumtinktur verschrieben werden. Seit August 2018 ist Eingestellte Opiumtinktur unter dem Handelsnamen Dropizol (ATC Code A07DA02, Gruppe Motilitätshemmer) als Fertigarzneimittel in Deutschland und weiteren Ländern verfügbar. Es ist zugelassen zur Behandlung schwerer Durchfälle, z. B. bei Diarrhö durch Zytostatika, Bestrahlung oder neuroendokrine Tumoren, wenn durch Anwendung anderer Antidiarrhoika keine ausreichende Wirkung erzielt wurde. Die Anwendung und die Behandlungsergebnisse werden derzeit in einer prospektiven Studie in Deutschland und Österreich untersucht.[22] Die schmerzstillende Wirkung von Opiumtinktur kommt vor allem durch das Morphin zustande, während alle darin enthaltenen Alkaloide im Zusammenspiel den Durchfall lindern. Opiumtinktur greift im Magen-Darm-Trakt vor allem an μ-Opioid-Rezeptoren an, verringert die Darmmotilität, vermindert die Sekretion, verlangsamt die Darmperistaltik, und erhöht den Tonus des Analsphinkters.[23] Die Dosis zur Durchfallbekämpfung ist deutlich kleiner als jene zur Schmerzbekämpfung. Opiumtinktur muss auf einem BtM-Rezept verschrieben werden.
Antibiotika
Eine antibiotische Therapie ist in den meisten Fällen nicht sinnvoll, ist aber zwingend bei Typhus, Cholera, Giardiasis (Lamblienruhr), Amöbiasis (Entamoeba histolytica), bei Clostridioides difficile, das bei Kindern auftritt, wenn diese älter als ein Jahr sind.[13]
Ebenfalls kann die Therapie mit Antibiotika (z. B. mit Ciprofloxacin, Metronidazol oder Cotrimoxazol) bei Abwehrschwäche (z. B. Aids, fortgeschrittenes Alter) oder besonders schwerem Verlauf angezeigt sein.[6]
Keinesfalls angewendet werden dürfen Antibiotika bei durch EHEC (enterohämorrhagische E. Coli) verursachtem Durchfall, da sie in diesem Fall zu einem lebensgefährlichen Nierenversagen führen können. Gut untersucht ist die Gabe von Antibiotika bei der Reisediarrhö. Eine vorbeugende (prophylaktische) Gabe von Antibiotika sollte auf keinen Fall erfolgen, vor allem, weil sie die Entstehung von resistenten Erregern fördern kann.[5] Bei vorliegender Reisediarrhö kann die Dauer des Durchfalls mit der Einnahme von Antibiotika in einigen Fällen verkürzt werden.
Phytotherapie
Eine deutsche Multicenterstudie an 131 Arztpraxen konnte zeigen, dass eine Pflanzenkombination mit Myrrhe (plus Kamille und Kaffeekohle) bei Darmerkrankungen mit chronischem und akutem Durchfall wirksam und verträglich ist. Besonders gut linderte die pflanzliche Dreierkombination die Durchfallsymptomatik bei Reizdarmpatienten.[24] Myrrhe senkt den Spannungszustand der glatten Darmmuskulatur, verringert die Stärke der Darmkontraktionen und kann so Darmkrämpfe lindern.[25]
Enzyme
Eine Substitution mit Verdauungsenzymen in Form von Enzymersatzpräparaten (Rizoenzyme oder Pankreatin) zu den Mahlzeiten ist sinnvoll, wenn eine exokrine Pankreasinsuffizienz Ursache der Durchfälle ist.[26]
Probiotika
Bei Schäden der Darmflora, zum Beispiel nach vorhergehender antibiotischer Therapie, kann eine probiotische Behandlung helfen, den Stuhlgang wieder zu normalisieren. Untersuchungen zeigen,[27] dass sich die zugeführten Bakterien nur erfolgreich ansiedeln können, wenn eine funktionierende, also dichte Darmbarriere vorliegt. Um den Effekt der Probiotika zu verbessern, ist es daher sinnvoll, gleichzeitig die Darmbarriere zum Beispiel mit einem Myrrhe-Arzneimittel zu stabilisieren.[28] Untersuchungen am Zellmodell zeigen, dass Myrrhe eine gestörte Darmbarriere auf verschiedenen Wegen wieder stabilisieren kann und außerdem das vermehrte Absterben der Darmzellen während einer Entzündung hemmt.[29]
Synonyme
Umgangssprachlich haben sich viele, auch vulgäre und derbe, Ausdrücke etabliert:
[30] Darmkatarrh, Dünnpfiff, Durchmarsch, flotter Heinrich/Otto, Scheißeritis, Dünnschiss, Scheißerei, beschleunigte Verdauung, Flitzeritis, Montezumas Rache, Tutzwit von: tout de suite (Schweizerdeutsch)[31]
Siehe auch
Gastroenteritis, auch Brechdurchfall genannt
Reisedurchfall, auch Reisediarrhoe
Obstipation oder Verstopfung
Reizdarmsyndrom, auch nervöser Darm
Weblinks
Commons: Diarrhea – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Durchfall – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Durchfall – kindergesundheit-info.de: unabhängiges Informationsangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Literatur
Volker Schmiedel: Alarm im Darm: Mythos Reizdarm und was Ihrer Verdauung wirklich hilft Broschiert. 2. Auflage. Trias, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-8304-8313-7.
Giulia Enders, Jill Enders (Illustrationen): Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ. Ullstein, Berlin 2014, ISBN 978-3-550-08041-8.
Einzelnachweise
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↑ Wolfgang Piper: Innere Medizin. Springer, Berlin 2006, ISBN 3-540-33725-3, S. 391.
↑ a b c Hanns-Wolf Baenkler u. a.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-13-141671-1, S. 255 ff.
↑ a b c Keikawus Arastéh u. a.: Duale Reihe Innere Medizin. 2. Auflage. Thieme, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-13-118162-6, S. 457 ff.
↑ a b c Gerd Herold: Herold Innere Medizin 2010. 2010, S. 819 ff.
↑ a b c Hahn, Kaufmann, Schulz, Suerbaum: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 6. Auflage. Springer, Berlin 2008, ISBN 978-3-540-46359-7, S. 828 ff.
↑ a b Gerd Herold: Herold Innere Medizin 2010. 2010, S. 457 ff.
↑ Gerd Herold: Innere Medizin. 2013, ISBN 978-3-9814660-2-7, S. 472 ff.
↑ Zeenat Gaibee, Neil Warner, Katlynn Bugda Gwilt, Wenjuan Li, Rei Guan, Michael Yourshaw, Ryder Whittaker Hawkins, Aleixo M. Muise et al: The Genetic Architecture of Congenital Diarrhea and Enteropathy. New England Journal of Medicine 2025, Band 392, Ausgabe 13 vom 3. April 2025, Seiten 1297–1309, DOI: 10.1056/NEJMoa2405333
↑ Gerhard J Molderings, Britta Haenisch, Stefan Brettner et al.: Pharmacological treatment options for mast cell activation disease. In: Naunyn Schmiedebergs Arch Pharmacol. Band 389, Nr. 7, 30. April 2016, S. 671-94., doi:10.1007/s00210-016-1247-1, PMID 27132234, PMC 4903110 (freier Volltext).
↑ Lawrence B. Afrin, Sally Self, Jeremiah Menk, John Lazarchick: Characterization of Mast Cell Activation Syndrome. In: The American Journal of the Medical Science. Band 353, Nr. 3, 16. Dezember 2016, S. 207–215, doi:10.1016/j.amjms.2016.12.013, PMID 28262205, PMC 5341697 (freier Volltext).
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| Dieser Artikel behandelt das medizinische Symptom. Zum Begriff als außergewöhnlicher Misserfolg siehe Durchfallen. Klassifikation nach ICD-10 A09 Diarrhoe und Gastroenteritis K52.9 Nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis K59.1 Funktionelle Diarrhoe {{{04-BEZEICHNUNG}}} {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Als Durchfall oder Diarrhoe (auch Diarrhö; von griechisch di rrhoia Durchfall , Bauchfluss , aus di durch und rh fließen ; vgl. Ruhr) wird die mehrfache Ausscheidung von zu flüssigem Stuhl bezeichnet. Durchfall kann ein Symptom vieler Erkrankungen (z. B. Infektionen, Nahrungsmittelvergiftungen, Tumoren, Reizdarm, exokrine Pankreasinsuffizienz) sein. Weltweit leiden pro Jahr schätzungsweise rund vier Milliarden Menschen unter Durchfall, 7,5 Millionen Menschen (vor allem Kinder) sterben an den Folgen.[1] Die normale Frequenz (dreimal am Tag bis dreimal in der Woche) und Konsistenz (kaum geformt bis hart) des Stuhlgangs unterscheiden sich von Mensch zu Mensch.[1] Auch die subjektive Einschätzung, was normaler Stuhlgang sei, unterscheidet sich stark.[1] Als medizinische Definition von Durchfall bei Erwachsenen gilt eine Stuhlmasse von über 200 250 g bei mehr als drei Stuhlgängen pro Tag und hohem Wasseranteil (über 75 Prozent).[2] Ein akuter Durchfall verläuft meist leicht und heilt ohne weitere Maßnahmen (z. B. Medikamente) ab. Schwerer und länger andauernder Durchfall dagegen kann aufgrund des Wasser-/Elektrolytverlustes gefährlich sein und einer (medikamentösen) Therapie bedürfen. Von der Diarrhoe abzugrenzen ist die Pseudodiarrhö, z. B. im Rahmen eines Reizdarmsyndroms. Dabei sind zwar Stuhlfrequenz und Wassergehalt gesteigert, das Stuhlgewicht aber nicht krankhaft erhöht. Ebenfalls kein Durchfall im eigentlichen Sinne ist die paradoxe Diarrhö mit eher vermindertem Stuhlgewicht, die Symptom eines Darmkrebses sein kann.[3] Einteilung des Durchfalls Einteilung nach der Dauer Nach der Dauer des Durchfalls kann etwas unscharf eine akute von einer chronischen Diarrhö unterschieden werden. Die akute Diarrhö dauert maximal zwei bis drei Wochen[1] und hat meist infektiöse oder toxische Ursachen. Länger andauernde Durchfälle werden als chronische Diarrhöen bezeichnet, für die viele Ursachen wie Nahrungsmittelintoleranzen, chronische Darmerkrankungen oder Tumoren in Frage kommen. Einteilung nach der Krankheitsentstehung Durchfall kann weiter nach dem Pathomechanismus, also danach, wie die Krankheit entsteht, unterschieden werden. Die Krankheiten und Mechanismen werden im Detail unter Ursachen erklärt. Formen der Diarrhö nach Krankheitsentstehung[3][4] Diarrhö-Form Pathomechanismus Mögliche Ursachen (Beispiele) Osmotische Diarrhö Nicht aufgenommene Nahrungsbestandteile, Medikamente oder andere Stoffe ziehen Wasser osmotisch in das Darmlumen Laktoseintoleranz, Zöliakie, Einnahme von Abführmitteln, übermäßiger Sorbitol-Konsum Sekretorische Diarrhö Die Darmschleimhaut gibt aktiv Wasser ab oder Elektrolyte, denen Wasser folgt Nahrungsmittelvergiftungen, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Einnahme von Abführmitteln Exsudative Diarrhö Durch Entzündungen der Darmschleimhaut werden dem Stuhl Schleim und Blut beigemengt Invasive Bakterien, Parasiten, Kolonkarzinom, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Hypermotile Diarrhö Durch eine Steigerung der Darmbewegungen und eine dadurch kürzere Verweildauer des Stuhls im Darm kann nicht genug Flüssigkeit aufgenommen werden. Hyperthyreose, Reizdarmsyndrom, diabetische Polyneuropathie Steatorrhoe (Fettstuhl) Mangel an Verdauungsenzymen (vor allem Lipasen) für eine ausreichende Nährstoffspaltung und Aufnahme oder es sind nicht genug Gallensäuren im Darm, um alle aufgenommenen Fette für eine effektive Fettspaltung zu emulgieren Exokrine Pankreasinsuffizienz, Gallenblasenentfernung Ursachen Diarrhö-Formen lassen sich auch sinnvoll nach der Ursache einteilen. Infektionen und Nahrungsmittelunverträglichkeiten führen meist zu akuter Diarrhö, während chronische Darmerkrankungen, Erkrankungen des exokrinen Pankreas und Karzinome Beispiele für die Ursachen einer chronischen Diarrhö sind. Infektionen Der häufigste Auslöser einer Diarrhö sind Bakterien und Viren, die zu einer Gastroenteritis führen. Der weltweit bedeutendste Keim ist der Erreger der Cholera, Vibrio cholerae, an der weltweit rund sechs Millionen Menschen erkranken und über 100.000 sterben.[5] In Deutschland ist die Cholera allerdings extrem selten, hier werden Infektionen häufig verursacht durch Humane Noroviren und Humane Rotaviren oder Salmonellen. Oft werden auch Durchfälle durch verdorbene Lebensmittel verursacht: Auslöser sind hier von Bakterien produzierte Toxine (siehe unten: Lebensmittelvergiftung ). In Deutschland besteht eine Meldepflicht für viele Durchfallerreger. Bei 30 bis 50 %[5] aller Reisenden in (sub)tropische Länder kommt es zur Ausbildung einer Reisediarrhö von unterschiedlicher Schwere. Die wichtigste Schutzmaßnahme vor allen Formen infektiöser Diarrhö ist die persönliche Hygiene und der Konsum von nicht belastetem Wasser und Lebensmitteln. Bei Durchfallerkrankungen, die von Bakterien ausgelöst werden, unterscheidet man drei Mechanismen: Erreger vom Sekretionstyp sind beispielsweise Vibrio cholerae oder ETEC (Enterotoxische E. coli, der Haupterreger der Reisediarrhö). Sie wirken auf die Darmschleimhaut ein und veranlassen diese, Elektrolyte und Wasser in den Darm abzugeben. Vertreter des Invasionstyps sind zum Beispiel Shigellen, Campylobacter, Clostridioides difficile (antibiotikaassoziierte Kolitis, siehe auch unter Medikamente) oder EIEC/EHEC (enteroinvasive bzw. enterohämorrhagische E. coli). Diese dringen in die Schleimhautzellen des Darms ein, vermehren sich dort und führen zur Zerstörung der Zellen. Erreger des Penetrationstyps sind Salmonellen und Yersinien. Diese werden von der Darmschleimhaut aufgenommen und in das daruntergelegene Bindegewebe geschleust, wo sie eine Entzündungsreaktion verursachen. Wie das zu Diarrhö führt, ist noch nicht genau geklärt.[6] Sehr häufig werden Durchfälle auch von Viren verursacht. Die Hauptvertreter dieser Viren sind Humane Rotaviren und Humane Noroviren. In den (sub)tropischen Ländern spielt auch mehr noch als in den nördlichen Ländern die Darmparasitose eine wichtige Rolle bei den Durchfallerkrankungen. Nahrungsmittelunverträglichkeiten Eine Lebensmittelvergiftung führt zum Durchfall, weil sich in dem verdorbenen Lebensmittel Bakterien vermehren und dabei Giftstoffe, so genannte Enterotoxine, bilden konnten. Vertreter dieser Bakterien sind Staphylococcus aureus, Clostridium perfringens und Bacillus cereus. Die Vermehrung der Bakterien wird begünstigt durch ungenügende Hygiene bei der Zubereitung und zu warme Lagerung. Eigentlicher Auslöser des Durchfalls sind also nicht die Bakterien selbst, sondern die Aufnahme der schon gebildeten Enterotoxine. Da die Enterotoxine beispielsweise von Staphylococcus aureus sehr stabil gegenüber Hitze sind, schützt auch das Kochen bereits verdorbener Speisen nicht. Häufig anzutreffen ist auch die Laktoseintoleranz. In Deutschland sind ca. 15 % der Bevölkerung betroffen, in asiatischen Volksgruppen über 95 %.[7] Je nach Schwere der Intoleranz kommt es zu Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen. Im Darm kann Milchzucker (Laktose) durch das Enzym Laktase zu den Einfachzuckern Glucose und Galactose gespalten werden. Bei Laktoseintoleranz die für den überwiegenden Teil der erwachsenen Weltbevölkerung der Normalfall ist fehlt dieses Enzym ganz oder teilweise, sodass Laktose im Dickdarm von Bakterien gespalten wird. Dabei entstehen die Gase Kohlendioxid und Wasserstoff und kurzkettige Fettsäuren, die osmotisch aktiv sind, also Wasser anziehen, und so Durchfall auslösen. Mit dem Laktose-Atemtest lässt sich diese Ursache relativ einfach abklären.[8] Eine andere Form der Nahrungsmittelunverträglichkeit sind Nahrungsmittelallergien, z. B. gegen Erdbeeren, Milch, Nüsse, Eiweiß oder Fisch.[4] Medikamente Die Einnahme von Antibiotika kann zu Durchfall führen, da sie nicht nur auf bakterielle Krankheitserreger wirken, sondern auch die Bakterien der physiologischen Darmflora schädigen. Das Spektrum des Antibiotika-assoziierten Durchfalls reicht von nur wenig, aufgeweichtem Stuhl bis hin zur Clostridioides-difficile-assoziierten Diarrhö mit der ernsten Komplikation einer pseudomembranösen Kolitis. Natürlich kann der Gebrauch und Missbrauch von abführenden Medikamenten, den so genannten Laxanzien, ebenfalls zu Durchfall führen. Insbesondere der Laxanzienmissbrauch mit dem Ziel der Gewichtsreduktion führt zu Elektrolytverlusten, die ihrerseits zu Verstopfung oder im Extremfall zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen führen können. Diarrhö ist auch eine mögliche Nebenwirkung einiger weiterer Medikamente, zum Beispiel Krebsmedikamenten (Zytostatika) und Eisenpräparaten, oder Nahrungsergänzungsmitteln wie zum Beispiel Vitamin C (Ascorbinsäure). Auch der übermäßige Konsum des Zuckeraustauschstoffs Sorbitol (z. B. in Kaugummis) wirkt abführend. Malassimilationssyndrome Die schlechte Verwertung von Nährstoffen wird als Malassimilation bezeichnet. Es wird weiter unterschieden zwischen Krankheiten, bei denen die Nahrung nicht richtig zerlegt wird (Maldigestion), und Krankheiten, bei denen die Aufnahme der aufgespaltenen Nahrungsbestandteile gestört ist (Malabsorption). Zu einer Maldigestion führen die operative Entfernung des Magens (Gastrektomie), eine unzulänglich arbeitende Bauchspeicheldrüse (exokrine Pankreasinsuffizienz), der Verlust von Gallensäuren oder der Verschluss der Gallenwege. Alle diese Erkrankungen haben gemein, dass die zur Aufspaltung der zugeführten Nahrung notwendigen Verdauungsenzyme nicht im Darm ankommen oder erst gar nicht, bzw. nicht in ausreichender Menge, produziert werden. Bei einer Malabsorption werden die Nährstoffe von der Darmschleimhaut nicht aufgenommen. Das ist zum Beispiel bei der einheimischen Sprue (Glutenunverträglichkeit), Morbus Whipple, Amyloidose oder nach Entfernung des Dünndarms der Fall. Angeborene Ursachen Bei Neugeborenen mit Durchfall und Enteropathie kann selten auch eine genetische Ursache dahinter stehen. Diese Gruppe von genetisch bedingten Durchfallerkrankungen wird im Englischen als "Congenital diarrhea and enteropathy" (CODE) bezeichnet und setzt sich aus vielen unterschiedlichen Kategorien zusammen, mit einer Vielzahl seltener bis sehr seltener genetischer Ursachen.[9] Gemeinsam sind ihnen schwere Durchfälle ab dem Neugeborenenalter mit Dehydratation und metabolischer Azidose und mit einer hohen Morbidität und Mortalität. Oft ist eine lebenslange Behandlung mit enger Flüssigkeits- und Ernährungskontrolle, teilweise langfristiger parenteraler Ernährung notwendig. Für wenige dieser kongenitalen Syndrome gibt es Ansätze einer spezifischen Therapie. Die CODE kann in sechs pathophysiologische Gruppen eingeteilt werden, mit einigen aufgeführten Syndromen: Störungen der Membranfunktion (des "trafficking"s) und Polaritätsdefekte der Epithelzellen des Verdauungstrakt machen etwa die Hälfte aller Fälle aus, bei denen bei Kindern mit CODE ein Gendefekt festgestellt werden konnte. Intestinale epitheliale Dysplasie oder Congential tufting enteropathy mit schweren wässrigen Durchfällen und einem Gendefekt im EPCAM (das ist ein Epitheliales Zelladhäsionsmolekül) oder seltener im SPINT2 (einem Protease-Inhibitor vom Kunitz-Typ) Syndromale Diarrhoe oder Tricho-hepato-enterisches Syndrom mit Gendefekten im SKIC3- (Typ 1, 40 %) oder SKIC2-Gen (Typ 2, 60 %). Beide Gene sind Teil des Ski-Komplexes, eines Proteinkomplexes zum trafficking von Exosomen. Microvillous inclusion disease mit Atrophie der Mikrovilli an den Epithelzellen und einem Gendefekt des MYO5B, einem Myosin des Typs 5. TTC7A-Defizit mit einem Gendefekt im Gen für das Protein Tetratricopeptide repeat domain 7A, woraus eine schwere Diarrhoe, eine kombinierte Immundefizienz und eine intestinale Atresie resultieren können, zusammen mit Schilddrüsen- und Lungenerkrankungen sowie Alopezie. Für dieses seltene Syndrom wurde Leflunomid in einer Fallserie erfolgreich eingesetzt. Störungen der Immunzellregulation im Verdauungstrakt Defekte im Membrantransport von Nährstoffen und Elektrolyten Störungen der Entwicklung endokriner Zellen im Verdauungstrakt Störungen im Stoffwechsel der Nährstoffe in den Zellen des Verdauungstraktes Kongenitale Natrium-Diarrhoe ("congenital sodium ciarrhea") mit einem Gendefekt im SLC9A3 (Sodium hydrogen antiporter 3), einem Natrium-Wasserstoff-Antiporter in der apikalen Epithelmembran. Gendefekt im DGAT1, das eine Diacylglycerol-O-Acyltransferase codiert, die für den Fettstoffwechsel wichtig ist. Hierdurch kommt es zu einer schweren exsudativen Gastroenteropathie mit Proteinverlust. "andere" Weitere Ursachen Vergiftungen (Intoxikationen) mit beispielsweise Arsen, Quecksilber, Alkohol oder Pilzen Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Bei Morbus Crohn sind die Durchfälle typischerweise ohne Blutbeimengungen, bei Colitis ulcerosa dagegen blutig-schleimig.[7] hormonelle (endokrine) Erkrankungen (z. B. Hyperthyreose) Allergie (Idiosynkrasie) psychische Auslöser (z. B. Stress, Angst) Reizdarmsyndrom Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS)[10][11][12] Diagnostik Zur ärztlichen Basisdiagnostik bei Durchfallerkrankungen gehört eine Anamnese, bei der insbesondere Häufigkeit des Stuhlgangs, Stuhlbeschaffenheit und Schmerzen abgefragt werden sollten. Auslandsaufenthalte und Medikamenteneinnahmen sollten ebenfalls eruiert werden. Bei der grundlegenden körperlichen Untersuchung wird der Bauch abgetastet (Palpation) und abgehört (Auskultation), bei dieser Gelegenheit sollte auch auf Zeichen einer Austrocknung (Exsikkose) geachtet werden.[4] Zusätzlich kann es nötig sein, den Stuhl in Augenschein zu nehmen (Stuhlvisite) sowie eine digital-rektale Untersuchung durchzuführen.[3] Der Versuch, eventuell vorhandene Krankheitserreger spezifisch nachzuweisen, ist in unkomplizierten Fällen insbesondere unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten gesehen medizinisch nicht nötig.[6] Bei der Identifizierung von Ausbruchsgeschehen und bezüglich der gesetzlichen Meldepflicht ist sie jedoch notwendig. Weitere Untersuchungsmöglichkeiten sind beispielsweise: Laboruntersuchungen des Blutes Endoskopie (z. B. Koloskopie) Ultraschalluntersuchung des Bauches (Abdomensonografie) Laktosetoleranztest Untersuchungen von Nahrung, Trinkwasser etc. Therapie Die wichtigste Basistherapie ist der Flüssigkeits- und Elektrolytersatz (d. h. Trinken).[13] Wenn möglich sollte wie bei jeder Erkrankung die Ursache erkannt und behoben werden (kausale Therapie). Eine antibiotische Therapie ist in den meisten Fällen nicht nötig oder sinnvoll.[13] Eine symptomatische Behandlung kann in manchen Situationen sinnvoll sein. Ersatz der Elektrolyte Die wichtigste Maßnahme vor allem bei länger andauerndem Durchfall ist der Ersatz des verloren gegangenen Wassers und der Elektrolyte. Das kann je nach Schwere des Durchfalls oral oder parenteral (mittels eines venösen Zugangs) erfolgen. Dazu stehen fertige Elektrolytmischungen zur Verfügung, es kann aber auch auf eine selbst hergestellte orale Rehydratationslösung zurückgegriffen werden. Das ist insbesondere in Entwicklungsländern relevant, da dort Durchfallerkrankungen wie Cholera regelmäßig vorkommen, entsprechende Medikamente aber oft nicht zur Verfügung stehen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt derzeit folgende Elektrolytmischung pro Liter sauberem (oder abgekochtem) Trinkwasser:[14] 2,6 g Natriumchlorid (Kochsalz) 13,5 g Glucose (Traubenzucker) 2,9 g Natriumcitrat 1,5 g Kaliumchlorid Neben der Zufuhr an Elektrolyten wird durch den zugesetzten Zucker die Aufnahme des Wassers in den Körper erleichtert, da Glukose stets zusammen mit Natrium aus dem Darm aufgenommen wird und dem Natrium dann passiv Wasser nachfolgt. Falls fertige Rehydratationslösungen nicht zur Verfügung stehen, kann diese Mischung näherungsweise auch selbst hergestellt werden. Dafür werden folgende Zutaten in einem bestimmten Verhältnis in einem Liter (gekochtem und abgekühltem) Trinkwasser (z. B. Mineralwasser ohne Kohlensäure) gelöst:[15] Teelöffel Salz (für Natriumchlorid) 2 Esslöffel Zucker oder Honig (für Glukose) Teelöffel Backpulver (für Natriumbikarbonat bzw. Natriumcitrat) Tasse Orangensaft oder 1 2 zerdrückte Bananen (für Kalium) (keine offiziellen Angaben der WHO) Obwohl dieses Rezept eine halbwegs gute Annäherung an die von der WHO empfohlene Zusammensetzung ist, wird sie aufgrund der potentiellen Risiken (z. B. falsche Zubereitung) nicht für Kinder unter fünf Jahren empfohlen, da diese besonders sensibel auf Elektrolytschwankungen reagieren.[16] Es finden sich zahlreiche Abweichungen dieser selbst hergestellten Lösung im Internet, die jedoch größtenteils auf den veralteten Empfehlungen der WHO basieren. Die früher gebräuchliche Elektrolyttherapie mit einer Kombination aus Softdrink (z. B. Cola) und Salzgebäck wird hingegen nicht mehr empfohlen. Cola enthält mehr als die achtfache der von der WHO für die Rehydratationslösung empfohlenen Menge Zucker ( 110 g/L) und weist somit eine massiv erhöhte osmolare Aktivität auf (bis zu 780 mOsm/L), durch die Wasser gebunden und der Durchfall in aller Regel verstärkt wird. Der dadurch entstandene relative Natriumüberschuss im Blut (Hypernatriämie) sowie der nicht abgedeckte (und durch Cola verstärkte)[17] Mangel an Kalium (Hypokaliämie) belasten das ohnehin schon verschobene Elektrolytgleichgewicht im Körper.[16][18] Loperamid und andere Opiate Opioide und Opiate kennt man vor allem aus der Behandlung starker Schmerzen. Sie wirken auch verstopfend, was bei der symptomatischen Durchfallbehandlung genutzt wird. Opioide hemmen die Darmbewegungen (Darmmotilität). Als Agonist der Opioidrezeptoren vermitteln sie eine Hemmung der Acetylcholinfreisetzung und haben daher eine obstipierende Wirkung.[19] Medikamente wie das Opioid Loperamid (zum Beispiel Imodium) können dem Patienten Linderung verschaffen, dürfen aber nicht bei schweren bakteriellen Darminfektionen eingesetzt werden, die mit Fieber und blutigem Durchfall einhergehen, da die Elimination der Krankheitserreger und die Ausscheidung von Giftstoffen (Toxinen) unterdrückt wird. Bei Kindern unter zwei Jahren kann Loperamid zudem ins Nervensystem vordringen und dort zu Atemhemmung und Delirium führen, während bei älteren Kindern und Erwachsenen der Übertritt ins Nervensystem durch die Blut-Hirn-Schranke verhindert wird. Aus diesem Grund darf Loperamid bei Kindern unter zwei Jahren nicht zum Einsatz kommen und sollte bei Kindern zwischen zwei und zwölf Jahren nur sehr vorsichtig nach dem Körpergewicht dosiert werden. Grundsätzlich sollte Loperamid nur kurzfristig (max. 48 Stunden) und bevorzugt als überbrückendes Reisemedikament bei schweren Durchfällen angewendet werden, bis man entsprechende ärztliche Versorgung erreicht.[20][21] Wenn Durchfälle mit anderen Mitteln nicht erfolgreich behandelt werden können, kann Opiumtinktur verschrieben werden. Seit August 2018 ist Eingestellte Opiumtinktur unter dem Handelsnamen Dropizol (ATC Code A07DA02, Gruppe Motilitätshemmer) als Fertigarzneimittel in Deutschland und weiteren Ländern verfügbar. Es ist zugelassen zur Behandlung schwerer Durchfälle, z. B. bei Diarrhö durch Zytostatika, Bestrahlung oder neuroendokrine Tumoren, wenn durch Anwendung anderer Antidiarrhoika keine ausreichende Wirkung erzielt wurde. Die Anwendung und die Behandlungsergebnisse werden derzeit in einer prospektiven Studie in Deutschland und Österreich untersucht.[22] Die schmerzstillende Wirkung von Opiumtinktur kommt vor allem durch das Morphin zustande, während alle darin enthaltenen Alkaloide im Zusammenspiel den Durchfall lindern. Opiumtinktur greift im Magen-Darm-Trakt vor allem an -Opioid-Rezeptoren an, verringert die Darmmotilität, vermindert die Sekretion, verlangsamt die Darmperistaltik, und erhöht den Tonus des Analsphinkters.[23] Die Dosis zur Durchfallbekämpfung ist deutlich kleiner als jene zur Schmerzbekämpfung. Opiumtinktur muss auf einem BtM-Rezept verschrieben werden. Antibiotika Eine antibiotische Therapie ist in den meisten Fällen nicht sinnvoll, ist aber zwingend bei Typhus, Cholera, Giardiasis (Lamblienruhr), Amöbiasis (Entamoeba histolytica), bei Clostridioides difficile, das bei Kindern auftritt, wenn diese älter als ein Jahr sind.[13] Ebenfalls kann die Therapie mit Antibiotika (z. B. mit Ciprofloxacin, Metronidazol oder Cotrimoxazol) bei Abwehrschwäche (z. B. Aids, fortgeschrittenes Alter) oder besonders schwerem Verlauf angezeigt sein.[6] Keinesfalls angewendet werden dürfen Antibiotika bei durch EHEC (enterohämorrhagische E. Coli) verursachtem Durchfall, da sie in diesem Fall zu einem lebensgefährlichen Nierenversagen führen können. Gut untersucht ist die Gabe von Antibiotika bei der Reisediarrhö. Eine vorbeugende (prophylaktische) Gabe von Antibiotika sollte auf keinen Fall erfolgen, vor allem, weil sie die Entstehung von resistenten Erregern fördern kann.[5] Bei vorliegender Reisediarrhö kann die Dauer des Durchfalls mit der Einnahme von Antibiotika in einigen Fällen verkürzt werden. Phytotherapie Eine deutsche Multicenterstudie an 131 Arztpraxen konnte zeigen, dass eine Pflanzenkombination mit Myrrhe (plus Kamille und Kaffeekohle) bei Darmerkrankungen mit chronischem und akutem Durchfall wirksam und verträglich ist. Besonders gut linderte die pflanzliche Dreierkombination die Durchfallsymptomatik bei Reizdarmpatienten.[24] Myrrhe senkt den Spannungszustand der glatten Darmmuskulatur, verringert die Stärke der Darmkontraktionen und kann so Darmkrämpfe lindern.[25] Enzyme Eine Substitution mit Verdauungsenzymen in Form von Enzymersatzpräparaten (Rizoenzyme oder Pankreatin) zu den Mahlzeiten ist sinnvoll, wenn eine exokrine Pankreasinsuffizienz Ursache der Durchfälle ist.[26] Probiotika Bei Schäden der Darmflora, zum Beispiel nach vorhergehender antibiotischer Therapie, kann eine probiotische Behandlung helfen, den Stuhlgang wieder zu normalisieren. Untersuchungen zeigen,[27] dass sich die zugeführten Bakterien nur erfolgreich ansiedeln können, wenn eine funktionierende, also dichte Darmbarriere vorliegt. Um den Effekt der Probiotika zu verbessern, ist es daher sinnvoll, gleichzeitig die Darmbarriere zum Beispiel mit einem Myrrhe-Arzneimittel zu stabilisieren.[28] Untersuchungen am Zellmodell zeigen, dass Myrrhe eine gestörte Darmbarriere auf verschiedenen Wegen wieder stabilisieren kann und außerdem das vermehrte Absterben der Darmzellen während einer Entzündung hemmt.[29] Synonyme Umgangssprachlich haben sich viele, auch vulgäre und derbe, Ausdrücke etabliert: [30] Darmkatarrh, Dünnpfiff, Durchmarsch, flotter Heinrich/Otto, Scheißeritis, Dünnschiss, Scheißerei, beschleunigte Verdauung, Flitzeritis, Montezumas Rache, Tutzwit von: tout de suite (Schweizerdeutsch)[31] Siehe auch Gastroenteritis, auch Brechdurchfall genannt Reisedurchfall, auch Reisediarrhoe Obstipation oder Verstopfung Reizdarmsyndrom, auch nervöser Darm Weblinks Commons: Diarrhea Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wiktionary: Durchfall Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Durchfall kindergesundheit-info.de: unabhängiges Informationsangebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Literatur Volker Schmiedel: Alarm im Darm: Mythos Reizdarm und was Ihrer Verdauung wirklich hilft Broschiert. 2. Auflage. Trias, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-8304-8313-7. Giulia Enders, Jill Enders (Illustrationen): Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ. Ullstein, Berlin 2014, ISBN 978-3-550-08041-8. Einzelnachweise a b c d Herbert Renz-Polster, Steffen Krautzig: Basislehrbuch Innere Medizin. 4. Auflage. Elsevier, Urban & Fischer-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-437-41053-6, S. 592 ff. Wolfgang Piper: Innere Medizin. Springer, Berlin 2006, ISBN 3-540-33725-3, S. 391. a b c Hanns-Wolf Baenkler u. a.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-13-141671-1, S. 255 ff. a b c Keikawus Arast h u. a.: Duale Reihe Innere Medizin. 2. Auflage. Thieme, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-13-118162-6, S. 457 ff. a b c Gerd Herold: Herold Innere Medizin 2010. 2010, S. 819 ff. a b c Hahn, Kaufmann, Schulz, Suerbaum: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 6. Auflage. Springer, Berlin 2008, ISBN 978-3-540-46359-7, S. 828 ff. a b Gerd Herold: Herold Innere Medizin 2010. 2010, S. 457 ff. Gerd Herold: Innere Medizin. 2013, ISBN 978-3-9814660-2-7, S. 472 ff. Zeenat Gaibee, Neil Warner, Katlynn Bugda Gwilt, Wenjuan Li, Rei Guan, Michael Yourshaw, Ryder Whittaker Hawkins, Aleixo M. Muise et al: The Genetic Architecture of Congenital Diarrhea and Enteropathy. New England Journal of Medicine 2025, Band 392, Ausgabe 13 vom 3. April 2025, Seiten 1297 1309, DOI: 10.1056/NEJMoa2405333 Gerhard J Molderings, Britta Haenisch, Stefan Brettner et al.: Pharmacological treatment options for mast cell activation disease. In: Naunyn Schmiedebergs Arch Pharmacol. Band 389, Nr. 7, 30. April 2016, S. 671-94., doi:10.1007/s00210-016-1247-1, PMID 27132234, PMC 4903110 (freier Volltext). Lawrence B. Afrin, Sally Self, Jeremiah Menk, John Lazarchick: Characterization of Mast Cell Activation Syndrome. In: The American Journal of the Medical Science. Band 353, Nr. 3, 16. Dezember 2016, S. 207 215, doi:10.1016/j.amjms.2016.12.013, PMID 28262205, PMC 5341697 (freier Volltext). Peter Valent, Cem Akin, Boguslaw Nedoszytko et al.: Diagnosis, Classification and Management of Mast Cell Activation Syndromes (MCAS) in the Era of Personalized Medicine. In: International Journal of Molecular Sciences. Band 21, Nr. 23, 27. November 2020, S. 3 f., doi:10.3390/ijms21239030, PMID 33261124, PMC 7731385 (freier Volltext). a b c 068-003 S1 Akute infektioese Gastroenteritis 04-2008 04-2013.pdf. (PDF) Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. Mai 2013; abgerufen am 16. Februar 2013. WHO, UNICEF: Oral Rehydration Salts: Production of the new ORS. (PDF; 2,4 MB) Abgerufen am 21. Dezember 2010. Oral Rehydration Salts Solutions: Made at Home. Abgerufen am 1. Februar 2011 (englisch). a b Sibylle Koletzko, Stephanie Osterrieder: Akute infektiöse Durchfallerkrankung im Kindesalter. In: Deutsches Ärzteblatt International. Band 106, Nr. 33, 2009, S. 539 547. doi:10.3238/arztebl.2009.0539 V. Tsimihodimos, V. Kakaidi, M. Elisaf: Cola-induced hypokalaemia: pathophysiological mechanisms and clinical implications. In: International Journal of Clinical Practice. Band 63, Nr. 6, 2009, S. 900 902. doi:10.1111/j.1742-1241.2009.02051.x WHO: Programme for the Control of Diarrhoeal Diseases: WHO/CDD/93.44: The selection of fluids and food for home therapy to prevent dehydration from diarrhoea: Guidelines for developing a national policy. (PDF; 326 kB) Abgerufen am 21. Dezember 2010. Lutz Hein, Jens W. Fischer: Taschenatlas Pharmakologie. 8. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-13-242613-9, doi:10.1055/b-006-163245 (thieme.de [abgerufen am 20. Oktober 2020]). Aktories, Förstermann, Hofmann, Starke (Hrsg.): Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 10. Auflage. Elsevier, Urban & Fischer Verlag, München 2009, ISBN 978-3-437-42522-6, S. 575 f. Jürgen Sökeland: Reisediarrhö. In: Der Urologe. Band 47, 2008, S. 757 758 doi:10.1007/s00120-008-1633-5. Deutsches Register Klinischer Studien.: CLARIFY-Dropizol Beobachtungsstudie. DRKS00017294. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. September 2020; abgerufen am 7. Dezember 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.drks.de L. Kumar, C. Barker, A. Emmanuel: Opioid-Induced Constipation: Pathophysiology, Clinical Consequences, and Management. In: Gastroenterology Research and Practice. Article ID 141737, 2014, S. 6. U. Albrecht u. a.: Efficacy and safety of a herbal medicinal product containing myrrh, chamomile and coffee charcoal for the treatment of gastrointestinal disorders: a non-interventional study. In: BMJ Open Gastro. 1:e000015, 2014, doi:10.1136/bmjgast-2014-000015 (bmj.com [PDF]). C. Vissiennon u. a.: Antispasmodic Effects of Myrrh due to Calcium Antagonistic Effects in Inflamed Rat Small Intestinal Preparations. In: Planta Med. Band 81, Nr. 2, Jan 2015, S. 116 122, doi:10.1055/s-0034-1383391. Ernst-Albert Meyer: Verdauungsbeschwerden: Pflanzliche Enzyme als Therapieoption. In: PTA-Forum, Ausgabe 04/2008. Woojung Shina, Hyun Jung Kim: Intestinal barrier dysfunction orchestrates the onset of inflammatory host microbiome cross-talk in a human gut inflammation-on-a-chip. Proceedings of the National Academy of Sciences 115.45 (2018) Rita Rosenthal et al.: Myrrh exerts barrier-stabilising and-protective effects in HT-29/B6 and Caco-2 intestinal epithelial cells. Int J Colorectal Dis. 32(5): 623-634 (2017) Helena Hader et al.: Myrrh protects against IL-13-induced epithelial barrier breakdown in HT-29/B6 cells. In: Frontiers in Pharmacology, 2023; 14: 1301800. Duden: Synonyme zu Durchfall Auf ein Wort : Noble Schweizer schauten früher oft aufs Gelerettli was das bedeutet In: Tagblatt vom 13. Juni 2020 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! Normdaten (Sachbegriff): GND: 4070636-9 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
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Klassifikation nach ICD-10
R21
Hautausschlag und sonstige unspezifische Hauteruptionen
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Allergischer Hautausschlag
Ein Exanthem (von griechisch exantheo, ‚ich blühe auf‘; ἄνθος anthos, ‚Blume‘) ist ein akut auftretender Hautausschlag. Er tritt häufig bei infektiösen Allgemeinerkrankungen wie Masern, Röteln, Windpocken, Scharlach, Typhus, Hand-Fuß-Mund-Krankheit auf. Ein Exanthem kann auch die Folge einer Arzneimittelunverträglichkeit (Arzneimittelexanthem) oder Symptom einer allergischen Reaktion sein. Zudem ist ein Exanthem ein Hauptsymptom der Syphilis im Sekundärstadium und ein Symptom des Morbus Still, einer juvenilen Form der Rheumatoiden Arthritis. Ebenfalls kann ein Vitamin-B2-Mangel zu einem Exanthem führen.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hautausschläge wurden bereits im Altertum und im Mittelalter beschrieben.[1] Eine historische Klassifikation der Krankheiten mit Hautausschlag, die v. a. in der Kindheit auftreten, bestand in einer Nummerierung der als abgrenzbar erkannten Kinderkrankheiten und entwickelte sich bis etwa um 1910 mit der Definition der sechsten Krankheit.[2] Sie ist nur noch selten für die fünfte (Ringelröteln) und sechste Krankheit (Drei-Tage-Fieber) gebräuchlich.
Erste Krankheit: Masern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Masern wurden von anderen Krankheiten etwa ab dem 10. Jahrhundert abgegrenzt, wobei die Unterscheidung von Typhus und Scharlach erst ab dem 15. Jahrhundert erfolgte. Eine erste genauere Beschreibung erfolgte 1641 von Dönert.[3]
Zweite Krankheit: Scharlach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Scharlach wurde erstmals 1553 von Masern unterschieden.[4]
Dritte Krankheit: Röteln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Röteln wurden erstmals als eigene Krankheit auf dem Medizinischen Kongress 1881 anerkannt.[5]
Vierte Krankheit: Filatows oder Dukes Krankheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Dieses Krankheitsbild wurde von Nil Fjodorowitsch Filatow (1847–1902) 1885 und Clement Dukes (1845–1925), der es als Vierte Krankheit bezeichnete, 1900 beschrieben.[2] Diese scharlachähnliche Krankheit (genannt auch Filatow-Dukessche Krankheit und gemäß Filatow seit 1896 Rubeola scarlatinosa[6])[7] wird nicht mehr als eigene Entität angesehen, sondern man nimmt an, dass es sich bei den beschriebenen Verlaufsformen entweder um atypisch verlaufende Scharlach- oder Röteln-Infektionen handelte,[8] oder um das Staphylococcal scalded skin syndrome.[9]
Bereits um 1960 sah man es als wahrscheinlich an, dass es sich bei der Vierten Krankheit um leichte Scharlachfälle, zum Teil um Röteln mit scarlatiniformem Exanthem, seltener um Exantheme anderer Ursache handele.[10]
Fünfte Krankheit: Ringelröteln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Diese Krankheit wurde ab etwa 1905 als eigenständiges Krankheitsbild so bezeichnet,[11] der heutige Name ist Ringelröteln.
Sechste Krankheit: Drei-Tage-Fieber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Diese Form wurde 1910 von Zahorsky beschrieben[12] und wird als Drei-Tage-Fieber bezeichnet.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Enanthem
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Vgl. etwa Karl Sudhoff: Die pseudohippokratische Krankheitsprognostik nach dem Auftreten von Hautausschlägen, „Secreta Hippocratis“ oder „Capsula eburnea“ benannt. In: Sudhoffs Archiv. Band 9, 1916, S. 79–116.
↑ a b
Ohne Autorenangabe: Fourth, Fifth, and Sixth. In: Britical Medical Journal. November 1974, S. 429.
↑
D. Sennert: De variolis, & morbillis. In: D. Sennert (Hrsg.): De febribus libri quator. Editio novissima. Cui accessit fasciculus medicamentorum contra pestem. Libri IV. De peste, pestilentibusque ac malignis febribus. (lateinisch). In: Venice: Franciscum Baba. 1641, S. 177–186.
↑
G. F. Ingrassia: De tumoribus praeter naturam tomus primus. (lateinisch). Matthaeus Cancer, Naples 1553 (Digitalisat).
↑
W. MacCormac, G. H. Makins, Under Secretaries of the Congress (Hrsg.): Transactions of the International Medical Congress. Seventh session, held in London, August 2nd to 9th, 1881. Vol 4., J. W. Kolkmann, London 1881, S. 14–34.
↑ Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier S. 66.
↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 60.
↑
David M. Morens, Alan R. Katz: The „Fourth Disease“ of Childhood: Reevaluation of a Nonexistent Disease. In: American Journal of Epidemiology. September 1991, Band 134, Nr. 6, S. 628–640. PMID 1951267.
↑
Martin E Weisse: The fourth disease, 1900-2000. In: The Lancet. Band 357, Nr. 9252, 2001, S. 299–301, doi:10.1016/S0140-6736(00)03623-0.
↑ Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. 1961, S. 66.
↑
L. Cheinisse: Une cinquieme maladie eruptive: le megalerytheme epidemique. (französisch) In: Semaine Med. Band 25, 1905, S. 205–207.
↑
J. Zahorsky: Roseola infantilis. In: Pediatrics. Band 22, 1910, S. 60–64.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
| Klassifikation nach ICD-10 R21 Hautausschlag und sonstige unspezifische Hauteruptionen {{{02-BEZEICHNUNG}}} {{{03-BEZEICHNUNG}}} {{{04-BEZEICHNUNG}}} {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Allergischer Hautausschlag Ein Exanthem (von griechisch exantheo, ich blühe auf ; anthos, Blume ) ist ein akut auftretender Hautausschlag. Er tritt häufig bei infektiösen Allgemeinerkrankungen wie Masern, Röteln, Windpocken, Scharlach, Typhus, Hand-Fuß-Mund-Krankheit auf. Ein Exanthem kann auch die Folge einer Arzneimittelunverträglichkeit (Arzneimittelexanthem) oder Symptom einer allergischen Reaktion sein. Zudem ist ein Exanthem ein Hauptsymptom der Syphilis im Sekundärstadium und ein Symptom des Morbus Still, einer juvenilen Form der Rheumatoiden Arthritis. Ebenfalls kann ein Vitamin-B2-Mangel zu einem Exanthem führen. Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hautausschläge wurden bereits im Altertum und im Mittelalter beschrieben.[1] Eine historische Klassifikation der Krankheiten mit Hautausschlag, die v. a. in der Kindheit auftreten, bestand in einer Nummerierung der als abgrenzbar erkannten Kinderkrankheiten und entwickelte sich bis etwa um 1910 mit der Definition der sechsten Krankheit.[2] Sie ist nur noch selten für die fünfte (Ringelröteln) und sechste Krankheit (Drei-Tage-Fieber) gebräuchlich. Erste Krankheit: Masern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Masern wurden von anderen Krankheiten etwa ab dem 10. Jahrhundert abgegrenzt, wobei die Unterscheidung von Typhus und Scharlach erst ab dem 15. Jahrhundert erfolgte. Eine erste genauere Beschreibung erfolgte 1641 von Dönert.[3] Zweite Krankheit: Scharlach[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Scharlach wurde erstmals 1553 von Masern unterschieden.[4] Dritte Krankheit: Röteln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Röteln wurden erstmals als eigene Krankheit auf dem Medizinischen Kongress 1881 anerkannt.[5] Vierte Krankheit: Filatows oder Dukes Krankheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Dieses Krankheitsbild wurde von Nil Fjodorowitsch Filatow (1847 1902) 1885 und Clement Dukes (1845 1925), der es als Vierte Krankheit bezeichnete, 1900 beschrieben.[2] Diese scharlachähnliche Krankheit (genannt auch Filatow-Dukessche Krankheit und gemäß Filatow seit 1896 Rubeola scarlatinosa[6])[7] wird nicht mehr als eigene Entität angesehen, sondern man nimmt an, dass es sich bei den beschriebenen Verlaufsformen entweder um atypisch verlaufende Scharlach- oder Röteln-Infektionen handelte,[8] oder um das Staphylococcal scalded skin syndrome.[9] Bereits um 1960 sah man es als wahrscheinlich an, dass es sich bei der Vierten Krankheit um leichte Scharlachfälle, zum Teil um Röteln mit scarlatiniformem Exanthem, seltener um Exantheme anderer Ursache handele.[10] Fünfte Krankheit: Ringelröteln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Diese Krankheit wurde ab etwa 1905 als eigenständiges Krankheitsbild so bezeichnet,[11] der heutige Name ist Ringelröteln. Sechste Krankheit: Drei-Tage-Fieber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Diese Form wurde 1910 von Zahorsky beschrieben[12] und wird als Drei-Tage-Fieber bezeichnet. Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Enanthem Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Vgl. etwa Karl Sudhoff: Die pseudohippokratische Krankheitsprognostik nach dem Auftreten von Hautausschlägen, Secreta Hippocratis oder Capsula eburnea benannt. In: Sudhoffs Archiv. Band 9, 1916, S. 79 116. a b Ohne Autorenangabe: Fourth, Fifth, and Sixth. In: Britical Medical Journal. November 1974, S. 429. D. Sennert: De variolis, & morbillis. In: D. Sennert (Hrsg.): De febribus libri quator. Editio novissima. Cui accessit fasciculus medicamentorum contra pestem. Libri IV. De peste, pestilentibusque ac malignis febribus. (lateinisch). In: Venice: Franciscum Baba. 1641, S. 177 186. G. F. Ingrassia: De tumoribus praeter naturam tomus primus. (lateinisch). Matthaeus Cancer, Naples 1553 (Digitalisat). W. MacCormac, G. H. Makins, Under Secretaries of the Congress (Hrsg.): Transactions of the International Medical Congress. Seventh session, held in London, August 2nd to 9th, 1881. Vol 4., J. W. Kolkmann, London 1881, S. 14 34. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9 223, hier S. 66. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 60. David M. Morens, Alan R. Katz: The Fourth Disease of Childhood: Reevaluation of a Nonexistent Disease. In: American Journal of Epidemiology. September 1991, Band 134, Nr. 6, S. 628 640. PMID 1951267. Martin E Weisse: The fourth disease, 1900-2000. In: The Lancet. Band 357, Nr. 9252, 2001, S. 299 301, doi:10.1016/S0140-6736(00)03623-0. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. 1961, S. 66. L. Cheinisse: Une cinquieme maladie eruptive: le megalerytheme epidemique. (französisch) In: Semaine Med. Band 25, 1905, S. 205 207. J. Zahorsky: Roseola infantilis. In: Pediatrics. Band 22, 1910, S. 60 64. Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! |
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Dieser Artikel behandelt den im Kopf gelegenen Teil des Zentralnervensystems der Wirbeltiere. Weitere Bedeutungen sind unter Hirn aufgeführt.
Schimpansen-Gehirn
Das Gehirn (auch Hirn; griechisch Encephalon, lateinisch Cerebrum) ist ein Organ des zentralen Nervensystems aller Wirbeltiere und einiger Wirbelloser, das insbesondere aus Nervengewebe besteht und von Hirnhäuten umgeben wird. Seine Hauptfunktion besteht in der sensorischen Informationsaufnahme, deren Verarbeitung und der Motorik (Steuerung der Muskulatur sowie des Hormonsystems). Das Gehirn lässt sich morphologisch und nach weiteren neuroanatomischen Kriterien unterschiedlich einteilen und geht auf der Höhe des ersten Spinalnervenpaares vom Markhirn in das Rückenmark über.
Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Gehirn wird kurz auch als Hirn (althochdeutsch hirni, hirne;[1]) bezeichnet, griechisch Enzephalon[2][3] bzw. Enkephalon (altgriechisch ἐγκέφαλος engéphalos sowie ἐν en, deutsch ‚in‘ und κεφαλή kephalē, deutsch ‚Kopf‘), Lateinisch Cerebrum.
Gehirn der Wirbeltiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Wirbeltier-Gehirn verarbeitet hochdifferenziert Sinneswahrnehmungen und koordiniert komplexe Verhaltensweisen. Es ist somit der Speicher für die meisten komplexen Informationen, die der Organismus verarbeitet.
Nicht jede Information gelangt bis zur Hirnrinde und führt zu Bewusstsein. Peripher liegende Nervengeflechte (Plexus) und vor allem Zentren im Hirnstamm verarbeiten die meisten der von Rezeptoren ankommenden Erregungen unbewusst. Reflexbögen übernehmen Aufgaben, die mit höchster Geschwindigkeit und ohne bewusste Verarbeitung und verzögernde Einflussnahme erledigt werden. Beim Menschen gibt es ebenfalls ein solches autonomes Nervensystem. Es koordiniert vegetative Funktionen wie Atmung, Kreislauf, Nahrungsaufnahme, -verdauung und -abgabe, Flüssigkeitsaufnahme und -ausscheidung sowie Fortpflanzung.
Im Gehirn interagieren stark vernetzte Neuronen (siehe Neuronales Netz und Erregungsleitung). Seine Tätigkeit wird in vivo durch die Messung der Gehirnströme per Elektroenzephalografie (EEG) und der vom Gehirn produzierten elektrischen Felder per Magnetoenzephalographie (MEG) untersucht.
Evolution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Lauf der Evolution hat das Gehirn „höherer“ Tiere ein beachtliches Maß an Differenzierung und innerer Organisation erreicht (Zerebralisation). Das spiegelt sich in der psychischen und körperlichen Entwicklung des Einzelnen wider (siehe Embryologie). Die Struktur und – in geringerem Maß – das Volumen des Gehirns korrelieren mit Lernfähigkeit und Intelligenz. Erst in der Hierarchie des Nervensystems ist die Leistung des Gehirns verständlich.
Neben den Wirbeltieren besitzen Tintenfische hochkomplexe Gehirne, die sie zu gezielten Tätigkeiten befähigen. Im weiteren Sinne ist es die Zentralstelle des Nervensystems verschiedener wirbelloser Tiere, etwa Ringelwürmern oder Insekten. Je nach Gehirntyp handelt es sich um ein Cerebralganglion oder ein Oberschlundganglion. Zwei Gruppen wirbelloser Tiere haben besonders komplizierte Gehirne: Gliederfüßer (Insekten, Krebstiere und andere) und Kopffüßer (Kraken, Tintenfische und ähnliche Weichtiere).[4] Die Gehirne der Gliederfüßer und der Kopffüßer gehen aus zwei nebeneinander liegenden Nervensträngen hervor. Kopffüßer wie der Krake und der Tintenfisch haben die größten Gehirne aller wirbellosen Tiere.[5]
Gehirn eines Rehbocks ca. zwei Stunden nach Erlegung
Das hochentwickelte Gehirn von Wirbeltieren unterscheidet sich deutlich vom Strickleiternervensystem der Gliederfüßer. Bei Insekten zieht sich der Verdauungstrakt direkt durch das vordere Nervensystem (zwischen Tritocerebrum und subösophagealem Ganglion), sodass die Bauchganglien ventral (bauchseitig) des Darmrohrs liegen, während bei Wirbeltieren das Rückenmark dorsal (rückenseitig) des Darms liegt.
Gliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Für eine Gliederung des Gehirns können unterschiedliche Kriterien maßgeblich sein, sodass verschiedene Einteilungen in Hirnbereiche möglich sind, die sich nicht gegenseitig ausschließen müssen. Für eine Gliederung des ausgewachsenen menschlichen Gehirns kann es auch durchaus sinnvoll sein, die aus der Untersuchung seiner Entwicklungsschritte gewonnenen Erkenntnisse zu berücksichtigen.
Beispielsweise zeigen sich in der ontogenetischen Gehirnentwicklung beim Menschen nach der Neurulation der zentralen Anteile der Neuralplatte zum Neuralrohr als der frühen embryonalen Anlage des Zentralnervensystems im weiteren Verlauf aufeinander folgende Stadien bei der Ausbildung des Gehirns. So bilden sich nach Schluss der vorderen Neuralrohröffnung Ende der vierten Entwicklungswoche zunächst drei sogenannte primäre Hirnbläschen aus dem vorderen Neuralrohrdrittel, die Anlagen von Prosencephalon, Mesencephalon und Rhombencephalon.[6][7] Sie entwickeln sich verschieden, sodass sich beim über fünf Wochen alten Embryo fünf sekundäre Hirnbläschen unterscheiden lassen – diese führen zur Gliederung des Gehirns in fünf Hauptabschnitte: Telencephalon (Endhirn), Diencephalon (Zwischenhirn), Mesencephalon (Mittelhirn), Metencephalon (Hinterhirn) und Myelencephalon (Markhirn).[8]
4. Woche
5. Woche
6. Woche – Lebensende
Ventrikelsystem
Gehirn
vorderes Neuralrohr
Prosencephalon Vorderhirn
Telencephalon Endhirn
Seitenventrikel
Rhinencephalon,
Amygdala,
Hippocampus,
Neocortex,
Basalganglien
DiencephalonZwischenhirn
Dritter Ventrikel
Thalamus dorsalis,
Thalamus ventralis (Subthalamus),
Metathalamus (mit Kniehöckern),
Hypothalamus mit Neurohypophyse,
Epithalamus mit Epiphyse
MesencephalonMittelhirn
MesencephalonMittelhirn
Aquaeductus mesencephali
Tectum (Dach),
Tegmentum (Haube)
RhombencephalonRautenhirn
MetencephalonHinterhirn
Vierter Ventrikel
Pons (Brücke),Cerebellum (Kleinhirn)
MyelencephalonNachhirn
Zentralkanal
Medulla oblongataVerlängertes Mark
Die hier dargestellte Grobgliederung folgt dem Werk von Pinel.[9]
Menschliches Gehirn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
MRT-Bild eines menschlichen Gehirns. Schnitt sagittal, die Nase ist links. Hier klicken für eine animierte Abfolge von Schnitten.
Grobe Unterteilung des menschlichen Gehirns:
Seitenansicht
Sicht auf die Schnittfläche des halbierten Gehirns (Schnittflächen ocker)
Sicht von unten
Die Länge aller Nervenbahnen des Gehirns eines erwachsenen Menschen beträgt etwa 5,8 Millionen Kilometer, das entspricht dem 145-fachen Erdumfang.
Das Volumen eines menschlichen Gehirns liegt bei einem Mann bei durchschnittlich etwa 1,27 Liter, bei einer Frau bei etwa 1,13 L.[10]
Aufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Es lassen sich vereinfacht vier Hauptbereiche unterscheiden.[11][12]
Großhirn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Großhirn ist in der Mitte durch einen Einschnitt in zwei Halbkugeln (Hemisphären) geteilt. Zwischen diesen gibt es eine breite Verbindung aus einem dicken Nervenstrang, Corpus callosum oder Balken genannt, und weitere kleinere Verbindungen.
Seine 2–4 mm dicke Oberflächenschicht (Großhirnrinde, Cortex) ist stark gefaltet und fast einen Viertel Quadratmeter groß. Sie enthält etwa 16 Milliarden Nervenzellen, was etwa einem Fünftel der Nervenzellen des gesamten Gehirns entspricht.[13] Unter der Rinde verlaufen Nervenfasern. Ansammlungen von Neuronen sind rosa, die myelinhaltigen Fasern weiß. Im toten Gehirn färben sich die Neuronen grau. Deshalb heißen sie, obwohl sie während des Lebens rosa sind, graue Substanz.
Auf der Rinde lassen sich die sogenannten Rindenfelder lokalisieren, unterschieden zwischen primären Feldern und Assoziationsfeldern. Die primären Felder verarbeiten nur Informationen einer bestimmten Qualität, solche über Wahrnehmungen (Empfindung, zum Beispiel Sehen, Riechen, Berührung) oder über einfache Bewegungen. Die Assoziationsfelder stimmen verschiedene Funktionen aufeinander ab. Die Zuweisung eines Rindenfeldes zu einer bestimmten Funktion wird immer wieder definiert und relativiert. Erst das korrekte Zusammenspiel verschiedener Felder ermöglicht eine Funktion.
Zu den primären Feldern zählen zum Beispiel der visuelle Cortex, der am hinteren Pol des Gehirns liegt und auf dem die Projektionen der Sehbahn münden, und der auditorische Cortex, der der Verarbeitung akustischer Reize dient und seitlich im Schläfenlappen liegt.
Assoziative Felder finden sich unter anderem im vorderen Teil des Gehirns. Ihre Aufgaben sind zum Beispiel Gedächtnis und höhere Denkvorgänge.
Die Rindenfelder und ihre Funktionen können voneinander abgegrenzt werden, indem nach deren Ausfall (zum Beispiel durch Schlaganfall) die Tätigkeit des Patienten oder durch elektrische Stimulation, mikroskopische und andere Techniken das gesunde Gehirn untersucht wird. Neben der Großhirnrinde sind meist andere Hirnregionen an einer bestimmten Funktion beteiligt.
Zwischenhirn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zum Zwischenhirn gehören vier Teile:
Thalamus (oberer Teil)
Hypothalamus, der mit der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) verbunden ist
Subthalamus
Epithalamus
Der Thalamus ist der Vermittler sensorischer und motorischer Signale zum und vom Großhirn. Bei ihm laufen alle Informationen der Sinnesorgane zusammen und werden weiter vermittelt. Er besteht hauptsächlich aus grauer Substanz. Der Hypothalamus steuert zahlreiche körperliche und psychische Lebensvorgänge und wird selbst teils neuronal über das vegetative Nervensystem, teils hormonell über den Blutweg gesteuert. Hypothalamus und Hypophyse (wichtige Hormondrüse des Körpers, die über den Hypophysenstiel mit dem Hypothalamus verbunden ist) sind das zentrale Bindeglied zwischen dem Hormon- und dem Nervensystem. Das Zwischenhirn ist beteiligt an der Schlaf-Wach-Steuerung (siehe ARAS, Schmerzempfindung, Temperaturregulation).
Kleinhirn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am Kleinhirn lassen sich ebenfalls zwei Hemisphären unterscheiden. Zusätzlich werden weitere Teile abgegrenzt. Es ist zum Beispiel für Gleichgewicht und Bewegungen und deren Koordination verantwortlich. Bei Tieren ist es – im Vergleich zum Großhirn – oft stärker entwickelt als beim Menschen, insbesondere bei Arten mit Flugvermögen oder bei schnellen Räubern.
Außerdem wird dem Kleinhirn eine Funktion beim unbewussten Lernen zugeschrieben. Neuere Forschungen (2005) lassen darauf schließen, dass es am Spracherwerb und dem sozialen Lernen beteiligt ist.
Hirnstamm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Hirnstamm ist der stammesgeschichtlich älteste Teil des Gehirns. Er bildet den untersten Gehirnabschnitt und besteht aus auf- und absteigenden Nervenfasern (Weiße Substanz) und Ansammlungen von Neuronen beziehungsweise von Somata (Graue Substanz), morphologisch aus dem Mittelhirn, der Brücke (Pons) und dem Nachhirn (auch verlängertes Mark = Medulla oblongata genannt, da zwischen Rückenmark und Brücke gelegen). Der Hirnstamm verschaltet und verarbeitet eingehende Sinneseindrücke und ausgehende motorische Informationen und ist zudem für elementare und reflexartige Steuermechanismen zuständig.
Im Nachhirn kreuzen sich die Nervenbahnen der beiden Körperhälften. Außerdem werden hier viele automatisch ablaufende Vorgänge wie Herzschlag, Atmung oder Stoffwechsel gesteuert. Ebenso befinden sich hier wichtige Reflexzentren, die zum Beispiel Lidschluss-, Schluck-, Husten- und andere Reflexe auslösen. Das untere Ende des Nachhirns schließt an das Rückenmark an.
Evolutionäre Entwicklung beim Menschen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Größenvergleich: Gehirn des Homo Sapiens und eines Schimpansen
Nach der Trennung der beiden Evolutionslinien, welche einerseits zum modernen Menschen, dem Neandertaler und dem Denisova-Menschen und andererseits zu den Schimpansen geführt hatten, entstand vor etwa fünf Millionen Jahren das menschenspezifische Gen ARHGAP11B durch eine teilweise Verdopplung (Duplikation) des in der Tierwelt weit verbreiteten Gens ARHGAP11A. Das vom ARHGAP11B-Gen exprimierte Protein (Rho-GTPase-aktivierendes Protein 11B) enthält bei insgesamt 267 Aminosäuren eine Abfolge von 47 Aminosäuren am C-Terminus, die ebenfalls für den Menschen spezifisch ist, im ARHGAP11A-Protein nicht vorkommt, und für die Fähigkeit von ARHGAP11B zur Vermehrung von basalen Vorläuferzellen im Neokortex von essentieller Bedeutung ist.[14][15]
Dies wird als Teil der Erklärung dafür angesehen, warum der menschliche Neokortex als der evolutionär jüngste Teil der Großhirnrinde etwa dreimal so groß ist wie der Neokortex der Schimpansen.[16] Der entscheidende Effekt einer rasanten Zunahme der Gehirngröße setzte nach Ansicht der Forschenden jedoch erst später – aber schon vor mehr als 500.000 Jahren – mit einer zusätzlichen Punktmutation ein.[17][14]
Gehirne von Männern und Frauen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Magnetresonanztomographie-Aufnahmen eines menschlichen Gehirns
Zwischen Männern und Frauen unterscheidet sich die relative Größe verschiedener Gehirnareale.[18] Am besten erforscht sind hierbei der Hippocampus und die Amygdala.
Der Hippocampus, in Form und Größe einem Seepferdchen ähnlich, ist für das Lernen und die Erinnerungen zuständig und hat bei Männern und Frauen unterschiedliche anatomische Strukturen und neurochemische Zusammensetzungen. Im Verhältnis zum Gesamthirn ist der Hippocampus bei der Frau größer. Beim Mann ist jedoch die CA1-Region größer und die Anzahl der Pyramidenzellen erhöht.[18] Des Weiteren bestehen eine unterschiedliche Rezeptor-Affinität für verschiedene Neurotransmitter und Unterschiede in der Langzeitpotenzierung.[18]
Die Amygdala spielt eine Rolle beim Reproduktionsverhalten und stellt das Gedächtnis für emotionale Ereignisse dar.[18] Studien zeigten, dass es eine geschlechtsspezifische hemisphärische Lateralisation der Amygdalafunktionen in Beziehung auf die Erinnerung an emotionale Momente, bei der Reaktion auf glückliche Gesichter, bei der Verschaltung der Amygdala mit dem restlichen Gehirn sowie bei bestimmten Krankheiten, wie etwa der Depression, gibt.[18] Bei Frauen ist die linke Gehirnhälfte involviert, bei Männern die rechte.[18]
Auch sind die beiden Hirnhemisphären im Bezug auf Sprache und Raumvorstellung bei Männern tendenziell asymmetrischer organisiert, d. h. die Lateralisation des Gehirns ist ausgeprägter als bei Frauen,[19] die wiederum größere Frontallappen haben.[20]
Zur Entstehung dieses Dimorphismus gibt es verschiedene Theorien. Zum einen kommt alternatives Spleißen von mRNA in Frage. Zum Beispiel das Spleißen von Kanalproteinen, sodass deren Durchlässigkeit für Ionen verändert ist.[18] Zum anderen sind epigenetische Kontrollmechanismen relevant. Hierzu zählen unter anderem die genomische Prägung und die Histonmodifikation.[18] Zudem wird immer wieder die Frage gestellt, inwiefern die Umwelt Einfluss auf den Dimorphismus hat.
Ein anderer Erklärungsansatz ist folgender: Geschlechtshormone, wie Testosteron und die Östrogene, wirken nicht nur auf die Keimdrüsen, sondern in vielfältiger Weise auf das gesamte Nervensystem: auf Nervenzellen, Synapsen, Genexpression. Dies gilt für die Zeit der Embryonalentwicklung und während der Kindheit, der Pubertät und im Erwachsenenalter.[21] So bewirken die Geschlechtshormone eine typische männliche beziehungsweise weibliche Entwicklung des Nervensystems. Dies wird zum Beispiel in der Regio praeoptica im Hypothalamus sichtbar, die bei jungen Männern im Vergleich zu Frauen vergrößert ist.
Ein entscheidender Faktor sind vermutlich die Barr-Körperchen, da viele X-chromosomale Gene in den neuronalen Prozessen der Gehirnentwicklung involviert sind. Die Barr-Körperchen entstehen durch zufällige Inaktivierung eines X-Chromosoms bei der Frau. Dies hat zur Folge, dass das weibliche Gewebe und die Organe, inklusive des Gehirns, ein Mosaik darstellen, da in jeder Zelle ein anderes Gen des polymorphen X-Gens exprimiert wird.[22] Auch Ian W. Craig und andere Wissenschaftler vermuten, dass die Differenzen zum großen Teil auf die X-Inaktivierung zurückgehen.[23] So wird heute meist angenommen, dass die unterschiedlichen Geschlechtschromosomen der wichtigste Grund für den Dimorphismus sind. Diese können auf zwei Arten die Entwicklung beeinflussen. Zum einen können die Genprodukte der Chromosomen direkt in den Zellen wirken, in denen sie exprimiert werden. Zum anderen bedingen die Gonosomen die Entwicklung der Gonaden, die die Geschlechtshormone bilden.
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Im Rahmen mehrerer Studien zeigten sich Unterschiede zwischen männlichen, weiblichen, sowie cis- und transgeschlechtlichen Studienteilnehmern im Hinblick auf die Mikrostruktur der weißen Hirnsubstanz. Die Faserverläufe und damit die Struktur der Nervenverbindungen wiesen deutliche Unterschiede auf, bei denen die Ergebnisse der Transpersonen zwischen denen von Männern und Frauen lagen.[24] Dieselbe Studie lieferte Hinweise auf einen engen Zusammenhang zwischen den Faserverläufen und den Blutwerten von Geschlechtshormonen. Diese Befunde stützen die Annahme eines Einflusses der Geschlechtshormone auf die Hirnentwicklung[25], allerdings kommen andere Analysen zu dem Schluss, dass die Datenlage insbesondere im Bezug auf Transgeschlechtlichkeit unklar ist.[26]
Leistung des Gehirns[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Video: Vergleich vom Gehirn bei Vögeln (Goffinkakadu) vs. Menschen
Das Gehirn ist ein sehr aktives Organ mit einem besonders hohen Energiebedarf. Es macht beim Erwachsenen etwa 2 % der Körpermasse aus, verbraucht mit etwa 20 Watt etwa 20 % des Grundumsatzes,[27] beim Neugeborenen 50 %. Energie gewinnt es aus der aeroben Verbrennung von Glucose, aus Laktat[28] und Ketonkörpern. Glucose kann nicht vollständig durch die anderen Energieträger ersetzt werden.[29] Säuglingsgehirne können unmittelbar nach der Geburt zu einem ganz erheblichen Anteil Ketonkörper zur Energiegewinnung nutzen.[29] Einige Zeit nach Umstellung der Ernährung des Kleinkindes auf kohlenhydratreiche Nahrung wird die dafür erforderliche Enzymproduktion wieder reduziert oder ganz abgebaut und die Fähigkeit zur Ketolyse (zur Nutzung von Ketonkörpern für die Energiegewinnung) geht wieder verloren.[29] Das Verhalten des Blutglucosespiegels im Hungerstoffwechsel lässt vermuten, dass ein vollständig ketolysefähiges Gehirn priorisiert Ketonkörper (vorrangig vor der Glucose, selbst bei ausreichender Glucosezufuhr über das Blut) verarbeitet.[30]
Masse und Energiebedarf des menschlichen Gehirns im Vergleich mit anderen Organen[31][32]
90 % der Leistung benötigt die Natriumpumpe, größtenteils im Zusammenhang mit Aktionspotentialen. Da das Gehirn nur geringe, arealabhängige Speicherkapazitäten für Energie besitzt, führt ein Ausfall der Sauerstoff- oder Glucoseversorgung bereits nach zehn Sekunden zu einem Funktionsausfall (Synkope, Ohnmacht) und nach wenigen Minuten zu spezifischen Hirnschäden. Die geringen, auf den ersten Blick evolutionär unverständlichen Reservoirs werden manchmal durch Platzmangel erklärt. Gemäß einer anderen – evolutionären – Erklärung wich die Ernährungsweise der Menschen in der Altsteinzeit sehr stark von der heutigen Zivilisationskost ab, wodurch die Ketolysefähigkeit der damaligen Gehirne zu jedem Zeitpunkt auf natürliche Weise erhalten blieb. Dies wird so erklärt, dass der menschliche Organismus zwar zu viel aus Lebensmitteln aufgenommene Energie letztlich in den Körperfettdepots speichert – bei einer 70 kg schweren, gesunden, schlanken Person liegen 85 % der verwertbaren Körperenergien als Körperfett vor, 14,5 % als Proteine und nur 0,5 % als Kohlenhydrate[33] – aus Fett jedoch kaum noch Glukose herstellen kann: Anteilig nur noch 6 % aus dem Glycerin der Triglyceride, in deren Form Fett im Organismus gespeichert wird.[34] Einige Wissenschaftler nehmen an, dass die fettreichere Ernährung in der Altsteinzeit zum Wachstum des Gehirns des Menschen beitrug.[35]
Mit der natürlichen Fähigkeit von menschlichen Gehirnen zur Ketolyse begründet sich die Wirksamkeit der ketogenen Diät bei Epilepsie, GLUT1-Defizit-Syndrom und anderen zerebralen Erkrankungen und der Hungerstoffwechsel.[36]
Seit 1994 ist bekannt, dass die Nervenzellen über die Astrozyten bei Bedarf eine genau bemessene Energiemenge aus dem Blut erhalten, es ist der aktive Vorgang „Energy on Demand“.[37] Die bedarfsabhängige Regulierung der Blutversorgung von Hirnarealen wird als Neurovaskuläre Kopplung bezeichnet.
Abfallentsorgung des Gehirns[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Glymphatisches System
Durch den ungewöhnlich hohen durchschnittlichen Stoffwechsel im Gehirn besteht auch ein ungewöhnlich hoher Bedarf an biochemischer Abfallbeseitigung. Diese ist hier noch zusätzlich deshalb von erhöhter Bedeutung, da manche Stoffe, insbesondere fehlgefaltete Proteine, typische Gefährdungen des Gehirns beinhalten.
Erschwert wird die Abfallentsorgung im Gehirn durch die Filtersysteme der Blut-Hirn-Schranke und der Blut-Liquor-Schranke sowie die Aussperrung des lymphatischen Systems. Letzteres reicht von außen nur bis in die Hirnhaut.
Astrozyten (Sternzellen) der Glia und Anlagerung ihrer Fortsätze an einer Ader. Der Raum zwischen Ader und diesen Anlagerungen ist Teil des glymphatischen Transportweges.
Obwohl es schon seit den 1980er Jahren konkrete Anzeichen für die Existenz eines speziellen Ausschwemmungssystems im Gehirn gab, wurde es erst 2012 mit Hilfe neuartiger Nachweismethoden als eigenständiges internes Kreislaufsystem entdeckt. In Anlehnung an das lymphatische System und wegen der entscheidenden Rolle der Glia (Stützzellen) wurde es „Glymphatisches System“ genannt.
Durch sehr enge Gefäßräume rund um die Außenwand von Adern, den so genannten perivaskulären Raum (Spatium perivasculare), gelangt ein kleiner Teil der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) aus dem Zwischenraum zwischen Schädeldecke und Gehirn (Subarachnoidalraum oder äußerer Liquorraum) in alle Bereiche des Gehirns, wird mit Hilfe der Glia dort verteilt und fließt am Ende – unter Mitnahme von Abfallstoffen – wieder ab zur Gehirnhaut und zum lymphatischen System außerhalb des Gehirns.[38][39]
Vergleich mit Computern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Oft werden Vergleiche zwischen der Leistungsfähigkeit eines Computers und der des menschlichen Gehirns angestellt. Seit das Gehirn als Sitz kognitiver Leistung erkannt wurde, wurde es in der Literatur immer mit dem komplexesten verfügbaren technischen Apparat verglichen (Dampfmaschine, Telegraph). So wurde versucht, aus der Funktionsweise von Computern auf die des Gehirns zu schließen. Mittlerweile besteht das Bemühen in der Computational Neuroscience und der bionischen Neuroinformatik, die Funktionsweise des Gehirns teilweise auf Computern nachzubilden oder dadurch auf neue Ideen zur „intelligenten“ Informationsverarbeitung zu kommen (siehe Blue Brain). Es ergibt sich die Perspektive, dass das Gehirn als Struktur für Denk- und Wissensproduktion eine Architektur liefert, die sich zur Nachahmung empfiehlt. Künstliche neuronale Netzwerke haben sich bereits bei der Organisation künstlicher Intelligenzprozesse etabliert.
Rechenleistung und Leistungsaufnahme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei Vergleichen mit modernen Computern zeigt sich die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns. Während das Gehirn etwa 1013 analoge Rechenoperationen pro Sekunde schafft und dabei etwa 15 bis 20 Watt Leistung benötigt, schafft der Supercomputer BlueGene/L von IBM bis zu 3,6·1014 Gleitkommaoperationen pro Sekunde mit doppelter Genauigkeit, wozu jedoch etwa 1,2 Megawatt benötigt werden. Intels erster Teraflop-Chip Prototyp „Terascale“ mit 80 Prozessorkernen schafft hingegen etwa 1012 Gleitkommaoperationen mit einfacher Genauigkeit bei 85 Watt (oder 2·1012 Gleitkommaoperationen bei 190 Watt und 6,26 GHz), was immer noch dem 50- bis 5000-fachen Energiebedarf entspricht. Zwar erreichen moderne 3D-Grafikkarten vergleichbare Werte bei geringerem elektrischen Leistungsbedarf, Grafikchips sind jedoch stärker auf bestimmte Rechenvorgänge spezialisiert.
Es ist allerdings zu beachten, dass die hohe Rechenleistung des Gehirns vor allem durch seine vielen parallelen Verbindungen (Konnektivität) und nicht durch eine hohe Geschwindigkeit bei den einzelnen Rechenvorgängen (Taktfrequenz) erzielt wird. Künstliche Neuronen arbeiten 100.000-mal schneller als Neuronen des menschlichen Gehirns.
Speicher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zusätzlich zur Parallelisierung stellt ein neuronales Netzwerk gleichzeitig eine Speicher- und eine Verarbeitungslogik dar, während diese bei Computern, die auf der Von-Neumann-Architektur basieren, getrennt sind. Dies bewirkt, dass in einem einfachen neuronalen Netzwerk mit jedem Taktzyklus der gesamte Speicher aktualisiert wird, während ein Computer den Inhalt des Speichers schrittweise aktualisieren muss.
Effizienz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Rechenvorgänge, die auf einem Computer effizient ablaufen, sind meistens nicht effizient in einem neuronalen Netzwerk abbildbar und umgekehrt. Aufgrund der Ineffizienz bestehender Computerarchitekturen für bestimmte Aufgaben, wie beim Sehen, werden neuronale Netzwerke, wie dasjenige des Neocortex, durch Neuromorphing nachgebildet.[40][41]
Im März 2009 bildeten künstliche neuronale Netzwerke im Rahmen des FACETS-Projekts 200.000 künstliche Neuronen mit 50 Millionen künstlichen Synapsen auf einem einzelnen 8 Zoll (20,32 cm Diagonale) großen Computerchip ab. Im Juli 2014 stellte IBM TrueNorth vor, welcher 1 Million Neuronen und 256 Millionen Synapsen auf einem Chip mit einer TDP von 70 mW, oder 16 Millionen Neuronen mit 4 Milliarden Synapsen in einem einzelnen Rack integriert.[42]
Das Modell des Hypothesengenies[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Ansicht, das Gehirn als ein „Hypothesengenie“ oder eine „Vorhersagemaschine“ zu sehen, hatte bereits Hermann von Helmholtz, da andere Ansätze, das Gehirn künstlich nachzuempfinden, zu bisher unlösbaren Problemen führten und scheiterten. Der Ansatz geht davon aus, dass das Gehirn Hypothesen bildet und alle Eindrücke und Wahrnehmungen in die gespeicherten Muster einbaut und vergleicht. Wenn das Wahrgenommene nicht mehr auf die einzelne Hypothese passt, wird diese verworfen und nach Bedarf eine neue erstellt. Dies zeige sich klassisch bei der Interpretation von Kippfiguren.[43]
Anzahl und Vernetzung der Nervenzellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Während das Gehirn einer Ratte etwa 200 Millionen Neuronen enthält,[44] besitzt das eines Menschen neueren Untersuchungen zufolge durchschnittlich etwa 86 Milliarden[45] Nervenzellen. Davon liegen etwa 16 Milliarden Neuronen in der Großhirnrinde (Cortex cerebri), etwa 69 Milliarden im Kleinhirn (Cerebellum) und rund 1 Milliarde in den restlichen Hirnregionen (von Hirnstamm, Zwischenhirn und Basalganglien).[45]
Miteinander verbunden sind Neuronen über Synapsen, im menschlichen Hirn geschätzt rund 100 Billionen, sodass durchschnittlich eine Nervenzelle mit über 1000 anderen verbunden ist. Doch gibt es lokal deutliche Abweichungen von diesem Mittelwert,[46] denn nicht die Dichte, sondern das Muster von neuronalen Verknüpfungen ist für neurale Funktionen entscheidend. Ein häufiges Organisationsprinzip des Gehirns ist die Abbildung von Nachbarschaftsverhältnissen: was nebeneinander im Körper liegt, wird in Hirnarealen oft nebeneinander repräsentiert (Somatotopie).
Obwohl ausschließlich die Nervenzellen Erregungen als neuronale Impulse leiten und an Synapsen über Neurotransmitter als Signal weitergeben, spielen die sie umgebenden Gliazellen dabei keine unwesentliche Rolle. Die insgesamt etwa ebenso häufigen, meist kleineren Gliazellen ermöglichen Nervenzellen eine rasche Erregungsleitung und störungsfreie Signalübertragung, nehmen ausgeschüttete Botenstoffe auf, sorgen für die Bereitstellung von Nährstoffen und sind an den physiologischen Barrieren der Blut-Hirn- und der Blut-Liquor-Schranke beteiligt. Im sich entwickelnden Gehirn, und in sich weiterentwickelnden Hirnregionen, nehmen sie Einfluss auf die Ausbildung, Stabilität und Gewichtung der synaptischen Verbindungen zwischen Neuronen; bei Schädigungen peripherer Nerven bilden sie eine zur Wiederherstellung nötige Leitstruktur.[47]
Die Konnektom-Forschung hat das Ziel, alle Verbindungen zwischen den Neuronen zu kartieren.
Die zwölf Hauptnervenpaare des Gehirns[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Hirnnerv
Nervus olfactorius – ermöglicht das Riechen
Nervus opticus – leitet optische Impulse
Nervus oculomotorius – innerviert vier von sechs Muskeln, die das Auge bewegen und andere Funktionen bedienen
Nervus trochlearis – versorgt den oberen schrägen Augenmuskel
Nervus trigeminus – leitet unter anderem Informationen über Berührungen aus dem Gesichtsbereich, ermöglicht das Kauen
Nervus abducens – versorgt den seitlichen Augenmuskel
Nervus facialis – ermöglicht unter anderem mimische Bewegungen und Geschmackswahrnehmung
Nervus vestibulocochlearis (N. statoacusticus) – leitet Informationen aus dem Hör- und dem Gleichgewichtsorgan
Nervus glossopharyngeus – leitet unter anderem Informationen (wie den Geschmack) aus dem Schlundbereich und ermöglicht Bewegungen in diesem Bereich
Nervus vagus – im Wesentlichen für die Wahrnehmung, Bewegung und vegetative Funktionen – inklusive Drüsentätigkeit und Hormonausschüttung
Nervus accessorius – ermöglicht Bewegungen durch zwei große Muskeln des Halses und des Kopfes
Nervus hypoglossus – ermöglicht Bewegungen der Zunge
Forschungsprojekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der ehemalige US-Präsident Barack Obama hat zu Beginn seiner zweiten Amtszeit Planungen für ein sehr großes Forschungsprojekt namens Brain Activity Map Project bekanntgegeben, im Zuge dessen das menschliche Gehirn komplett kartiert werden soll. Dies wäre das größte wissenschaftliche Vorhaben seit vielen Jahren (das letzte war das Human Genome Project). Experten hoffen auf Therapien gegen Alzheimer-Krankheit und Parkinson sowie auf Erkenntnisse über menschliches Denken und Fühlen.[48] Erste Ansätze wurden im Juli 2012 in der Fachzeitschrift Neuron veröffentlicht.[49]
Das US-Projekt ist nicht mit dem Human Brain Project zu verwechseln, das im Februar 2013 durch die EU gestartet wurde. Eine Jury hatte die Erforschung des Gehirns ebenfalls als ein Schlüsselprojekt der Zukunft ausgewählt; gefördert wird es mit einer Milliarde Euro.[48][50]
Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
2008 wurden auf dem Gelände der University of York (England) die Überreste eines 2500 Jahre alten menschlichen Schädels gefunden, dessen Gehirn überwiegend erhalten ist. Forscher vermuten, dass das Gehirn des wahrscheinlich 26–45 Jahre alten Mannes unter anderem deswegen bis heute so gut erhalten blieb, weil der Kopf – ein Körper wurde nicht gefunden – seinerzeit unmittelbar nach dem Tod in nasser Lehmerde begraben wurde. Eine vollständige Klärung, warum das Gehirn nicht schon längst zerfallen ist, konnte bislang nicht gefunden werden.[51]
Hirn als Rohstoff findet Verwendung bei der Fettgerbung.
Die Neurolinguistik untersucht, wie Sprache durch das Gehirn dargestellt, aufgearbeitet und erlernt wird.
Zu Gehirnerkrankungen siehe etwa Zentralnervensystem#Erkrankungen.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Portal: Geist und Gehirn – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Geist und Gehirn
Gehirnentwicklung beim Menschen
Blutversorgung des Gehirns
Geschichte der Hirnforschung
Sekundäre Altrizialität
Kortikalisierung
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Olaf Breidbach: Die Materialisierung des Ichs: Zur Geschichte der Hirnforschung im 19. und 20. Jahrhundert. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-518-28876-8 (stw; 1276).
Olaf Breidbach: Hirn, Hirnforschung. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 600 f.
Christopher Donald Frith: Wie unser Gehirn die Welt erschafft (= Spektrum-Akademischer-Verlag-Sachbuch.). Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-8274-2343-6.
Günter Gassen, Sabine Minol: Unbekanntes Wesen Gehirn. Media Team, Darmstadt 2004, ISBN 3-932845-71-4.
John Carew Eccles: Wie das Selbst sein Gehirn steuert. Springer, Berlin / Heidelberg 1994, ISBN 3-492-03669-4.
Brigitte Falkenburg: Mythos Determinismus. Wieviel erklärt uns die Hirnforschung? Springer, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-642-25097-2.
Michael Hagner: Geniale Gehirne. Zur Geschichte der Elitegehirnforschung. Wallstein, Göttingen 2004, ISBN 3-89244-649-0.
Sabine Perl, Verena Weimer, Hans Günter Gassen: Das Gehirn: Zwischen Perfektion und Katastrophe. In: Biologie in unserer Zeit. Band 33, Nr. 1, 2003, ISSN 0045-205X, S. 36–44.
John von Neumann: Computer and the Brain. Yale University Press, New Haven (Conn.) 2000, ISBN 0-300-08473-0.
Oliver Sacks: Musicophilia: Tales of Music and the Brain. Knopf, Toronto 2007, ISBN 978-0-676-97978-7.
Richard F. Thompson: Das Gehirn: von der Nervenzelle zur Verhaltenssteuerung. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1992; 3. Auflage ebenda 2001, ISBN 3-8274-1080-0.
Gerhard Roth: Aus Sicht des Gehirns. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-58383-2.
Ann B. Butler, William Hodos: Comparative Vertebrate Neuroanatomy. Evolution and Adaptation. 2. Ausgabe, Wiley-Interscience, Hoboken (NJ) 2005, ISBN 0-471-21005-6.
Michael Madeja: Das kleine Buch vom Gehirn. Reiseführer in ein unbekanntes Land. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60097-5.
Mark F. Bear, Barry W. Connors, Michael A. Paradiso: Neuroscience: Exploring the Brain. Lippincott Williams & Wilkins, Baltimore 2006, ISBN 0-7817-6003-8.
Ariel Hauptmeier, Johanna Adam, John-Dylan Haynes, Henriette Pleiger, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH (Hrsg.): Das Gehirn. In Kunst und Wissenschaft. Hirmer, München 2022, ISBN 978-3-7774-3936-5.
DVDs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Lennart Heimer, Gary W. van Hoesen, Michael Trimble, Daniel S. Zahm: Anatomy of Neuropsychiatry: The New Anatomy of the Basal Forebrain and Its Implications for Neuropsychiatric Illness. Academic Press, Amsterdam 2008, ISBN 978-0-12-374239-1.
Lennart Heimer: Dissection of the Human Brain. Sinauer Associates, 2008, ISBN 978-0-87893-327-3.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Gehirn – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Neuroanatomie – Lern- und Lehrmaterialien
Wiktionary: Gehirn – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Gehirn – Zitate
Literatur von und über Gehirn im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
dasGehirn.info Informationsportal rund um das Gehirn
Englisch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
The whole Brain Atlas Gehirnatlas mit CT-, MRT- und SPECT/PET-Aufnahmen von Patienten mit verschiedenen Gehirnerkrankungen
Brain Museum – Comparative Mammalian Brain Collections Gehirne und Hirnschnitte vieler Säugetierarten mit weiterführenden Informationen
Allen Brain Atlas Online-Atlas mit Schwerpunkt Mäusegehirn, das Projekt wurde von Paul Allen finanziert
Human Brain Architecture Project
Videos[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Tübinger Internet Multimedia Server der Eberhard Karls Universität Tübingen: Universität Tübingen/Interfakultäre Einrichtungen/Studium Generale/2001 SoSe/Das Gehirn (8 Dokumente) Videos einer Vortragsreihe zum Thema Gehirn.
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
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↑ Enzephalon – Duden/Bibliographisches Institut, 2020.
↑ A. B. Butler: Chordate Evolution and the Origin of Craniates: An Old Brain in a New Head. In: Anatomical Record. Band 261, Nr. 3, 2000, S. 111–125, doi:10.1002/1097-0185(20000615)261:3<111::AID-AR6>3.0.CO;2-F, PMID 10867629.
↑ T. H. Bulloch, W. Kutch: The nervous systems of invertebrates: an evolutionary and comparative approach. Hrsg.: O. Breidbach. Birkhäuser, 1995, ISBN 3-7643-5076-8, Are the main grades of brains different principally in numbers of connections or also in quality?, S. 439 (google.com).
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↑ Brain Basics: Know Your Brain. Abgerufen am 19. Oktober 2023 (englisch).
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↑ John S. Allen, Hanna Damasio, Thomas J. Grabowski: Normal neuroanatomical variation in the human brain: an MRI-volumetric study. In: American Journal of Physical Anthropology. Band 118, Nr. 4, 1. August 2002, S. 341–358, doi:10.1002/ajpa.10092, PMID 12124914.
↑ Visible Body: Das menschliche Gehirn | Anatomie und Funktion. Abgerufen am 19. Oktober 2023.
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↑ Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik, Dresden: Gehirngröße: Mini-Mutation mit riesigen Folgen. Der Expansion des menschlichen Großhirns während der Evolution liegt wahrscheinlich eine winzige Veränderung in einem Gen zugrunde. Auf: mpg.de vom 8. Dezember 2016, zuletzt abgerufen am 17. Januar 2022.
↑ Samir Vaid, Wieland B. Huttner: Transcriptional Regulators and Human-Specific/Primate-Specific Genes in Neocortical Neurogenesis. In: International Journal of Molecular Sciences. Band 21, Nummer 13, Juni 2020, doi:10.3390/ijms21134614, PMID 32610533, PMC 7369782 (freier Volltext) (Review).
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↑ a b c d e f g h Larry Cahil: Why sex matters for neuroscience. In: Nature Reviews Neuroscience. Band 7, 2006, S. 477–484.
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| Dieser Artikel behandelt den im Kopf gelegenen Teil des Zentralnervensystems der Wirbeltiere. Weitere Bedeutungen sind unter Hirn aufgeführt. Schimpansen-Gehirn Das Gehirn (auch Hirn; griechisch Encephalon, lateinisch Cerebrum) ist ein Organ des zentralen Nervensystems aller Wirbeltiere und einiger Wirbelloser, das insbesondere aus Nervengewebe besteht und von Hirnhäuten umgeben wird. Seine Hauptfunktion besteht in der sensorischen Informationsaufnahme, deren Verarbeitung und der Motorik (Steuerung der Muskulatur sowie des Hormonsystems). Das Gehirn lässt sich morphologisch und nach weiteren neuroanatomischen Kriterien unterschiedlich einteilen und geht auf der Höhe des ersten Spinalnervenpaares vom Markhirn in das Rückenmark über. Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Gehirn wird kurz auch als Hirn (althochdeutsch hirni, hirne;[1]) bezeichnet, griechisch Enzephalon[2][3] bzw. Enkephalon (altgriechisch eng phalos sowie en, deutsch in und kephal , deutsch Kopf ), Lateinisch Cerebrum. Gehirn der Wirbeltiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Wirbeltier-Gehirn verarbeitet hochdifferenziert Sinneswahrnehmungen und koordiniert komplexe Verhaltensweisen. Es ist somit der Speicher für die meisten komplexen Informationen, die der Organismus verarbeitet. Nicht jede Information gelangt bis zur Hirnrinde und führt zu Bewusstsein. Peripher liegende Nervengeflechte (Plexus) und vor allem Zentren im Hirnstamm verarbeiten die meisten der von Rezeptoren ankommenden Erregungen unbewusst. Reflexbögen übernehmen Aufgaben, die mit höchster Geschwindigkeit und ohne bewusste Verarbeitung und verzögernde Einflussnahme erledigt werden. Beim Menschen gibt es ebenfalls ein solches autonomes Nervensystem. Es koordiniert vegetative Funktionen wie Atmung, Kreislauf, Nahrungsaufnahme, -verdauung und -abgabe, Flüssigkeitsaufnahme und -ausscheidung sowie Fortpflanzung. Im Gehirn interagieren stark vernetzte Neuronen (siehe Neuronales Netz und Erregungsleitung). Seine Tätigkeit wird in vivo durch die Messung der Gehirnströme per Elektroenzephalografie (EEG) und der vom Gehirn produzierten elektrischen Felder per Magnetoenzephalographie (MEG) untersucht. Evolution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im Lauf der Evolution hat das Gehirn höherer Tiere ein beachtliches Maß an Differenzierung und innerer Organisation erreicht (Zerebralisation). Das spiegelt sich in der psychischen und körperlichen Entwicklung des Einzelnen wider (siehe Embryologie). Die Struktur und in geringerem Maß das Volumen des Gehirns korrelieren mit Lernfähigkeit und Intelligenz. Erst in der Hierarchie des Nervensystems ist die Leistung des Gehirns verständlich. Neben den Wirbeltieren besitzen Tintenfische hochkomplexe Gehirne, die sie zu gezielten Tätigkeiten befähigen. Im weiteren Sinne ist es die Zentralstelle des Nervensystems verschiedener wirbelloser Tiere, etwa Ringelwürmern oder Insekten. Je nach Gehirntyp handelt es sich um ein Cerebralganglion oder ein Oberschlundganglion. Zwei Gruppen wirbelloser Tiere haben besonders komplizierte Gehirne: Gliederfüßer (Insekten, Krebstiere und andere) und Kopffüßer (Kraken, Tintenfische und ähnliche Weichtiere).[4] Die Gehirne der Gliederfüßer und der Kopffüßer gehen aus zwei nebeneinander liegenden Nervensträngen hervor. Kopffüßer wie der Krake und der Tintenfisch haben die größten Gehirne aller wirbellosen Tiere.[5] Gehirn eines Rehbocks ca. zwei Stunden nach Erlegung Das hochentwickelte Gehirn von Wirbeltieren unterscheidet sich deutlich vom Strickleiternervensystem der Gliederfüßer. Bei Insekten zieht sich der Verdauungstrakt direkt durch das vordere Nervensystem (zwischen Tritocerebrum und subösophagealem Ganglion), sodass die Bauchganglien ventral (bauchseitig) des Darmrohrs liegen, während bei Wirbeltieren das Rückenmark dorsal (rückenseitig) des Darms liegt. Gliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Für eine Gliederung des Gehirns können unterschiedliche Kriterien maßgeblich sein, sodass verschiedene Einteilungen in Hirnbereiche möglich sind, die sich nicht gegenseitig ausschließen müssen. Für eine Gliederung des ausgewachsenen menschlichen Gehirns kann es auch durchaus sinnvoll sein, die aus der Untersuchung seiner Entwicklungsschritte gewonnenen Erkenntnisse zu berücksichtigen. Beispielsweise zeigen sich in der ontogenetischen Gehirnentwicklung beim Menschen nach der Neurulation der zentralen Anteile der Neuralplatte zum Neuralrohr als der frühen embryonalen Anlage des Zentralnervensystems im weiteren Verlauf aufeinander folgende Stadien bei der Ausbildung des Gehirns. So bilden sich nach Schluss der vorderen Neuralrohröffnung Ende der vierten Entwicklungswoche zunächst drei sogenannte primäre Hirnbläschen aus dem vorderen Neuralrohrdrittel, die Anlagen von Prosencephalon, Mesencephalon und Rhombencephalon.[6][7] Sie entwickeln sich verschieden, sodass sich beim über fünf Wochen alten Embryo fünf sekundäre Hirnbläschen unterscheiden lassen diese führen zur Gliederung des Gehirns in fünf Hauptabschnitte: Telencephalon (Endhirn), Diencephalon (Zwischenhirn), Mesencephalon (Mittelhirn), Metencephalon (Hinterhirn) und Myelencephalon (Markhirn).[8] 4. Woche 5. Woche 6. Woche Lebensende Ventrikelsystem Gehirn vorderes Neuralrohr Prosencephalon Vorderhirn Telencephalon Endhirn Seitenventrikel Rhinencephalon, Amygdala, Hippocampus, Neocortex, Basalganglien DiencephalonZwischenhirn Dritter Ventrikel Thalamus dorsalis, Thalamus ventralis (Subthalamus), Metathalamus (mit Kniehöckern), Hypothalamus mit Neurohypophyse, Epithalamus mit Epiphyse MesencephalonMittelhirn MesencephalonMittelhirn Aquaeductus mesencephali Tectum (Dach), Tegmentum (Haube) RhombencephalonRautenhirn MetencephalonHinterhirn Vierter Ventrikel Pons (Brücke),Cerebellum (Kleinhirn) MyelencephalonNachhirn Zentralkanal Medulla oblongataVerlängertes Mark Die hier dargestellte Grobgliederung folgt dem Werk von Pinel.[9] Menschliches Gehirn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] MRT-Bild eines menschlichen Gehirns. Schnitt sagittal, die Nase ist links. Hier klicken für eine animierte Abfolge von Schnitten. Grobe Unterteilung des menschlichen Gehirns: Seitenansicht Sicht auf die Schnittfläche des halbierten Gehirns (Schnittflächen ocker) Sicht von unten Die Länge aller Nervenbahnen des Gehirns eines erwachsenen Menschen beträgt etwa 5,8 Millionen Kilometer, das entspricht dem 145-fachen Erdumfang. Das Volumen eines menschlichen Gehirns liegt bei einem Mann bei durchschnittlich etwa 1,27 Liter, bei einer Frau bei etwa 1,13 L.[10] Aufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Es lassen sich vereinfacht vier Hauptbereiche unterscheiden.[11][12] Großhirn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Großhirn ist in der Mitte durch einen Einschnitt in zwei Halbkugeln (Hemisphären) geteilt. Zwischen diesen gibt es eine breite Verbindung aus einem dicken Nervenstrang, Corpus callosum oder Balken genannt, und weitere kleinere Verbindungen. Seine 2 4 mm dicke Oberflächenschicht (Großhirnrinde, Cortex) ist stark gefaltet und fast einen Viertel Quadratmeter groß. Sie enthält etwa 16 Milliarden Nervenzellen, was etwa einem Fünftel der Nervenzellen des gesamten Gehirns entspricht.[13] Unter der Rinde verlaufen Nervenfasern. Ansammlungen von Neuronen sind rosa, die myelinhaltigen Fasern weiß. Im toten Gehirn färben sich die Neuronen grau. Deshalb heißen sie, obwohl sie während des Lebens rosa sind, graue Substanz. Auf der Rinde lassen sich die sogenannten Rindenfelder lokalisieren, unterschieden zwischen primären Feldern und Assoziationsfeldern. Die primären Felder verarbeiten nur Informationen einer bestimmten Qualität, solche über Wahrnehmungen (Empfindung, zum Beispiel Sehen, Riechen, Berührung) oder über einfache Bewegungen. Die Assoziationsfelder stimmen verschiedene Funktionen aufeinander ab. Die Zuweisung eines Rindenfeldes zu einer bestimmten Funktion wird immer wieder definiert und relativiert. Erst das korrekte Zusammenspiel verschiedener Felder ermöglicht eine Funktion. Zu den primären Feldern zählen zum Beispiel der visuelle Cortex, der am hinteren Pol des Gehirns liegt und auf dem die Projektionen der Sehbahn münden, und der auditorische Cortex, der der Verarbeitung akustischer Reize dient und seitlich im Schläfenlappen liegt. Assoziative Felder finden sich unter anderem im vorderen Teil des Gehirns. Ihre Aufgaben sind zum Beispiel Gedächtnis und höhere Denkvorgänge. Die Rindenfelder und ihre Funktionen können voneinander abgegrenzt werden, indem nach deren Ausfall (zum Beispiel durch Schlaganfall) die Tätigkeit des Patienten oder durch elektrische Stimulation, mikroskopische und andere Techniken das gesunde Gehirn untersucht wird. Neben der Großhirnrinde sind meist andere Hirnregionen an einer bestimmten Funktion beteiligt. Zwischenhirn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Zum Zwischenhirn gehören vier Teile: Thalamus (oberer Teil) Hypothalamus, der mit der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) verbunden ist Subthalamus Epithalamus Der Thalamus ist der Vermittler sensorischer und motorischer Signale zum und vom Großhirn. Bei ihm laufen alle Informationen der Sinnesorgane zusammen und werden weiter vermittelt. Er besteht hauptsächlich aus grauer Substanz. Der Hypothalamus steuert zahlreiche körperliche und psychische Lebensvorgänge und wird selbst teils neuronal über das vegetative Nervensystem, teils hormonell über den Blutweg gesteuert. Hypothalamus und Hypophyse (wichtige Hormondrüse des Körpers, die über den Hypophysenstiel mit dem Hypothalamus verbunden ist) sind das zentrale Bindeglied zwischen dem Hormon- und dem Nervensystem. Das Zwischenhirn ist beteiligt an der Schlaf-Wach-Steuerung (siehe ARAS, Schmerzempfindung, Temperaturregulation). Kleinhirn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Am Kleinhirn lassen sich ebenfalls zwei Hemisphären unterscheiden. Zusätzlich werden weitere Teile abgegrenzt. Es ist zum Beispiel für Gleichgewicht und Bewegungen und deren Koordination verantwortlich. Bei Tieren ist es im Vergleich zum Großhirn oft stärker entwickelt als beim Menschen, insbesondere bei Arten mit Flugvermögen oder bei schnellen Räubern. Außerdem wird dem Kleinhirn eine Funktion beim unbewussten Lernen zugeschrieben. Neuere Forschungen (2005) lassen darauf schließen, dass es am Spracherwerb und dem sozialen Lernen beteiligt ist. Hirnstamm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Hirnstamm ist der stammesgeschichtlich älteste Teil des Gehirns. Er bildet den untersten Gehirnabschnitt und besteht aus auf- und absteigenden Nervenfasern (Weiße Substanz) und Ansammlungen von Neuronen beziehungsweise von Somata (Graue Substanz), morphologisch aus dem Mittelhirn, der Brücke (Pons) und dem Nachhirn (auch verlängertes Mark = Medulla oblongata genannt, da zwischen Rückenmark und Brücke gelegen). Der Hirnstamm verschaltet und verarbeitet eingehende Sinneseindrücke und ausgehende motorische Informationen und ist zudem für elementare und reflexartige Steuermechanismen zuständig. Im Nachhirn kreuzen sich die Nervenbahnen der beiden Körperhälften. Außerdem werden hier viele automatisch ablaufende Vorgänge wie Herzschlag, Atmung oder Stoffwechsel gesteuert. Ebenso befinden sich hier wichtige Reflexzentren, die zum Beispiel Lidschluss-, Schluck-, Husten- und andere Reflexe auslösen. Das untere Ende des Nachhirns schließt an das Rückenmark an. Evolutionäre Entwicklung beim Menschen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Größenvergleich: Gehirn des Homo Sapiens und eines Schimpansen Nach der Trennung der beiden Evolutionslinien, welche einerseits zum modernen Menschen, dem Neandertaler und dem Denisova-Menschen und andererseits zu den Schimpansen geführt hatten, entstand vor etwa fünf Millionen Jahren das menschenspezifische Gen ARHGAP11B durch eine teilweise Verdopplung (Duplikation) des in der Tierwelt weit verbreiteten Gens ARHGAP11A. Das vom ARHGAP11B-Gen exprimierte Protein (Rho-GTPase-aktivierendes Protein 11B) enthält bei insgesamt 267 Aminosäuren eine Abfolge von 47 Aminosäuren am C-Terminus, die ebenfalls für den Menschen spezifisch ist, im ARHGAP11A-Protein nicht vorkommt, und für die Fähigkeit von ARHGAP11B zur Vermehrung von basalen Vorläuferzellen im Neokortex von essentieller Bedeutung ist.[14][15] Dies wird als Teil der Erklärung dafür angesehen, warum der menschliche Neokortex als der evolutionär jüngste Teil der Großhirnrinde etwa dreimal so groß ist wie der Neokortex der Schimpansen.[16] Der entscheidende Effekt einer rasanten Zunahme der Gehirngröße setzte nach Ansicht der Forschenden jedoch erst später aber schon vor mehr als 500.000 Jahren mit einer zusätzlichen Punktmutation ein.[17][14] Gehirne von Männern und Frauen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Magnetresonanztomographie-Aufnahmen eines menschlichen Gehirns Zwischen Männern und Frauen unterscheidet sich die relative Größe verschiedener Gehirnareale.[18] Am besten erforscht sind hierbei der Hippocampus und die Amygdala. Der Hippocampus, in Form und Größe einem Seepferdchen ähnlich, ist für das Lernen und die Erinnerungen zuständig und hat bei Männern und Frauen unterschiedliche anatomische Strukturen und neurochemische Zusammensetzungen. Im Verhältnis zum Gesamthirn ist der Hippocampus bei der Frau größer. Beim Mann ist jedoch die CA1-Region größer und die Anzahl der Pyramidenzellen erhöht.[18] Des Weiteren bestehen eine unterschiedliche Rezeptor-Affinität für verschiedene Neurotransmitter und Unterschiede in der Langzeitpotenzierung.[18] Die Amygdala spielt eine Rolle beim Reproduktionsverhalten und stellt das Gedächtnis für emotionale Ereignisse dar.[18] Studien zeigten, dass es eine geschlechtsspezifische hemisphärische Lateralisation der Amygdalafunktionen in Beziehung auf die Erinnerung an emotionale Momente, bei der Reaktion auf glückliche Gesichter, bei der Verschaltung der Amygdala mit dem restlichen Gehirn sowie bei bestimmten Krankheiten, wie etwa der Depression, gibt.[18] Bei Frauen ist die linke Gehirnhälfte involviert, bei Männern die rechte.[18] Auch sind die beiden Hirnhemisphären im Bezug auf Sprache und Raumvorstellung bei Männern tendenziell asymmetrischer organisiert, d. h. die Lateralisation des Gehirns ist ausgeprägter als bei Frauen,[19] die wiederum größere Frontallappen haben.[20] Zur Entstehung dieses Dimorphismus gibt es verschiedene Theorien. Zum einen kommt alternatives Spleißen von mRNA in Frage. Zum Beispiel das Spleißen von Kanalproteinen, sodass deren Durchlässigkeit für Ionen verändert ist.[18] Zum anderen sind epigenetische Kontrollmechanismen relevant. Hierzu zählen unter anderem die genomische Prägung und die Histonmodifikation.[18] Zudem wird immer wieder die Frage gestellt, inwiefern die Umwelt Einfluss auf den Dimorphismus hat. Ein anderer Erklärungsansatz ist folgender: Geschlechtshormone, wie Testosteron und die Östrogene, wirken nicht nur auf die Keimdrüsen, sondern in vielfältiger Weise auf das gesamte Nervensystem: auf Nervenzellen, Synapsen, Genexpression. Dies gilt für die Zeit der Embryonalentwicklung und während der Kindheit, der Pubertät und im Erwachsenenalter.[21] So bewirken die Geschlechtshormone eine typische männliche beziehungsweise weibliche Entwicklung des Nervensystems. Dies wird zum Beispiel in der Regio praeoptica im Hypothalamus sichtbar, die bei jungen Männern im Vergleich zu Frauen vergrößert ist. Ein entscheidender Faktor sind vermutlich die Barr-Körperchen, da viele X-chromosomale Gene in den neuronalen Prozessen der Gehirnentwicklung involviert sind. Die Barr-Körperchen entstehen durch zufällige Inaktivierung eines X-Chromosoms bei der Frau. Dies hat zur Folge, dass das weibliche Gewebe und die Organe, inklusive des Gehirns, ein Mosaik darstellen, da in jeder Zelle ein anderes Gen des polymorphen X-Gens exprimiert wird.[22] Auch Ian W. Craig und andere Wissenschaftler vermuten, dass die Differenzen zum großen Teil auf die X-Inaktivierung zurückgehen.[23] So wird heute meist angenommen, dass die unterschiedlichen Geschlechtschromosomen der wichtigste Grund für den Dimorphismus sind. Diese können auf zwei Arten die Entwicklung beeinflussen. Zum einen können die Genprodukte der Chromosomen direkt in den Zellen wirken, in denen sie exprimiert werden. Zum anderen bedingen die Gonosomen die Entwicklung der Gonaden, die die Geschlechtshormone bilden. Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer grundsätzlichen Überarbeitung. Näheres sollte auf der Diskussion:Gehirn#Ein Studienergebnis angegeben sein. Bitte hilf mit, ihn zu verbessern, und entferne anschließend diese Markierung. Im Rahmen mehrerer Studien zeigten sich Unterschiede zwischen männlichen, weiblichen, sowie cis- und transgeschlechtlichen Studienteilnehmern im Hinblick auf die Mikrostruktur der weißen Hirnsubstanz. Die Faserverläufe und damit die Struktur der Nervenverbindungen wiesen deutliche Unterschiede auf, bei denen die Ergebnisse der Transpersonen zwischen denen von Männern und Frauen lagen.[24] Dieselbe Studie lieferte Hinweise auf einen engen Zusammenhang zwischen den Faserverläufen und den Blutwerten von Geschlechtshormonen. Diese Befunde stützen die Annahme eines Einflusses der Geschlechtshormone auf die Hirnentwicklung[25], allerdings kommen andere Analysen zu dem Schluss, dass die Datenlage insbesondere im Bezug auf Transgeschlechtlichkeit unklar ist.[26] Leistung des Gehirns[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Video: Vergleich vom Gehirn bei Vögeln (Goffinkakadu) vs. Menschen Das Gehirn ist ein sehr aktives Organ mit einem besonders hohen Energiebedarf. Es macht beim Erwachsenen etwa 2 % der Körpermasse aus, verbraucht mit etwa 20 Watt etwa 20 % des Grundumsatzes,[27] beim Neugeborenen 50 %. Energie gewinnt es aus der aeroben Verbrennung von Glucose, aus Laktat[28] und Ketonkörpern. Glucose kann nicht vollständig durch die anderen Energieträger ersetzt werden.[29] Säuglingsgehirne können unmittelbar nach der Geburt zu einem ganz erheblichen Anteil Ketonkörper zur Energiegewinnung nutzen.[29] Einige Zeit nach Umstellung der Ernährung des Kleinkindes auf kohlenhydratreiche Nahrung wird die dafür erforderliche Enzymproduktion wieder reduziert oder ganz abgebaut und die Fähigkeit zur Ketolyse (zur Nutzung von Ketonkörpern für die Energiegewinnung) geht wieder verloren.[29] Das Verhalten des Blutglucosespiegels im Hungerstoffwechsel lässt vermuten, dass ein vollständig ketolysefähiges Gehirn priorisiert Ketonkörper (vorrangig vor der Glucose, selbst bei ausreichender Glucosezufuhr über das Blut) verarbeitet.[30] Masse und Energiebedarf des menschlichen Gehirns im Vergleich mit anderen Organen[31][32] 90 % der Leistung benötigt die Natriumpumpe, größtenteils im Zusammenhang mit Aktionspotentialen. Da das Gehirn nur geringe, arealabhängige Speicherkapazitäten für Energie besitzt, führt ein Ausfall der Sauerstoff- oder Glucoseversorgung bereits nach zehn Sekunden zu einem Funktionsausfall (Synkope, Ohnmacht) und nach wenigen Minuten zu spezifischen Hirnschäden. Die geringen, auf den ersten Blick evolutionär unverständlichen Reservoirs werden manchmal durch Platzmangel erklärt. Gemäß einer anderen evolutionären Erklärung wich die Ernährungsweise der Menschen in der Altsteinzeit sehr stark von der heutigen Zivilisationskost ab, wodurch die Ketolysefähigkeit der damaligen Gehirne zu jedem Zeitpunkt auf natürliche Weise erhalten blieb. Dies wird so erklärt, dass der menschliche Organismus zwar zu viel aus Lebensmitteln aufgenommene Energie letztlich in den Körperfettdepots speichert bei einer 70 kg schweren, gesunden, schlanken Person liegen 85 % der verwertbaren Körperenergien als Körperfett vor, 14,5 % als Proteine und nur 0,5 % als Kohlenhydrate[33] aus Fett jedoch kaum noch Glukose herstellen kann: Anteilig nur noch 6 % aus dem Glycerin der Triglyceride, in deren Form Fett im Organismus gespeichert wird.[34] Einige Wissenschaftler nehmen an, dass die fettreichere Ernährung in der Altsteinzeit zum Wachstum des Gehirns des Menschen beitrug.[35] Mit der natürlichen Fähigkeit von menschlichen Gehirnen zur Ketolyse begründet sich die Wirksamkeit der ketogenen Diät bei Epilepsie, GLUT1-Defizit-Syndrom und anderen zerebralen Erkrankungen und der Hungerstoffwechsel.[36] Seit 1994 ist bekannt, dass die Nervenzellen über die Astrozyten bei Bedarf eine genau bemessene Energiemenge aus dem Blut erhalten, es ist der aktive Vorgang Energy on Demand .[37] Die bedarfsabhängige Regulierung der Blutversorgung von Hirnarealen wird als Neurovaskuläre Kopplung bezeichnet. Abfallentsorgung des Gehirns[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Glymphatisches System Durch den ungewöhnlich hohen durchschnittlichen Stoffwechsel im Gehirn besteht auch ein ungewöhnlich hoher Bedarf an biochemischer Abfallbeseitigung. Diese ist hier noch zusätzlich deshalb von erhöhter Bedeutung, da manche Stoffe, insbesondere fehlgefaltete Proteine, typische Gefährdungen des Gehirns beinhalten. Erschwert wird die Abfallentsorgung im Gehirn durch die Filtersysteme der Blut-Hirn-Schranke und der Blut-Liquor-Schranke sowie die Aussperrung des lymphatischen Systems. Letzteres reicht von außen nur bis in die Hirnhaut. Astrozyten (Sternzellen) der Glia und Anlagerung ihrer Fortsätze an einer Ader. Der Raum zwischen Ader und diesen Anlagerungen ist Teil des glymphatischen Transportweges. Obwohl es schon seit den 1980er Jahren konkrete Anzeichen für die Existenz eines speziellen Ausschwemmungssystems im Gehirn gab, wurde es erst 2012 mit Hilfe neuartiger Nachweismethoden als eigenständiges internes Kreislaufsystem entdeckt. In Anlehnung an das lymphatische System und wegen der entscheidenden Rolle der Glia (Stützzellen) wurde es Glymphatisches System genannt. Durch sehr enge Gefäßräume rund um die Außenwand von Adern, den so genannten perivaskulären Raum (Spatium perivasculare), gelangt ein kleiner Teil der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) aus dem Zwischenraum zwischen Schädeldecke und Gehirn (Subarachnoidalraum oder äußerer Liquorraum) in alle Bereiche des Gehirns, wird mit Hilfe der Glia dort verteilt und fließt am Ende unter Mitnahme von Abfallstoffen wieder ab zur Gehirnhaut und zum lymphatischen System außerhalb des Gehirns.[38][39] Vergleich mit Computern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Oft werden Vergleiche zwischen der Leistungsfähigkeit eines Computers und der des menschlichen Gehirns angestellt. Seit das Gehirn als Sitz kognitiver Leistung erkannt wurde, wurde es in der Literatur immer mit dem komplexesten verfügbaren technischen Apparat verglichen (Dampfmaschine, Telegraph). So wurde versucht, aus der Funktionsweise von Computern auf die des Gehirns zu schließen. Mittlerweile besteht das Bemühen in der Computational Neuroscience und der bionischen Neuroinformatik, die Funktionsweise des Gehirns teilweise auf Computern nachzubilden oder dadurch auf neue Ideen zur intelligenten Informationsverarbeitung zu kommen (siehe Blue Brain). Es ergibt sich die Perspektive, dass das Gehirn als Struktur für Denk- und Wissensproduktion eine Architektur liefert, die sich zur Nachahmung empfiehlt. Künstliche neuronale Netzwerke haben sich bereits bei der Organisation künstlicher Intelligenzprozesse etabliert. Rechenleistung und Leistungsaufnahme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei Vergleichen mit modernen Computern zeigt sich die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns. Während das Gehirn etwa 1013 analoge Rechenoperationen pro Sekunde schafft und dabei etwa 15 bis 20 Watt Leistung benötigt, schafft der Supercomputer BlueGene/L von IBM bis zu 3,6 1014 Gleitkommaoperationen pro Sekunde mit doppelter Genauigkeit, wozu jedoch etwa 1,2 Megawatt benötigt werden. Intels erster Teraflop-Chip Prototyp Terascale mit 80 Prozessorkernen schafft hingegen etwa 1012 Gleitkommaoperationen mit einfacher Genauigkeit bei 85 Watt (oder 2 1012 Gleitkommaoperationen bei 190 Watt und 6,26 GHz), was immer noch dem 50- bis 5000-fachen Energiebedarf entspricht. Zwar erreichen moderne 3D-Grafikkarten vergleichbare Werte bei geringerem elektrischen Leistungsbedarf, Grafikchips sind jedoch stärker auf bestimmte Rechenvorgänge spezialisiert. Es ist allerdings zu beachten, dass die hohe Rechenleistung des Gehirns vor allem durch seine vielen parallelen Verbindungen (Konnektivität) und nicht durch eine hohe Geschwindigkeit bei den einzelnen Rechenvorgängen (Taktfrequenz) erzielt wird. Künstliche Neuronen arbeiten 100.000-mal schneller als Neuronen des menschlichen Gehirns. Speicher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Zusätzlich zur Parallelisierung stellt ein neuronales Netzwerk gleichzeitig eine Speicher- und eine Verarbeitungslogik dar, während diese bei Computern, die auf der Von-Neumann-Architektur basieren, getrennt sind. Dies bewirkt, dass in einem einfachen neuronalen Netzwerk mit jedem Taktzyklus der gesamte Speicher aktualisiert wird, während ein Computer den Inhalt des Speichers schrittweise aktualisieren muss. Effizienz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Rechenvorgänge, die auf einem Computer effizient ablaufen, sind meistens nicht effizient in einem neuronalen Netzwerk abbildbar und umgekehrt. Aufgrund der Ineffizienz bestehender Computerarchitekturen für bestimmte Aufgaben, wie beim Sehen, werden neuronale Netzwerke, wie dasjenige des Neocortex, durch Neuromorphing nachgebildet.[40][41] Im März 2009 bildeten künstliche neuronale Netzwerke im Rahmen des FACETS-Projekts 200.000 künstliche Neuronen mit 50 Millionen künstlichen Synapsen auf einem einzelnen 8 Zoll (20,32 cm Diagonale) großen Computerchip ab. Im Juli 2014 stellte IBM TrueNorth vor, welcher 1 Million Neuronen und 256 Millionen Synapsen auf einem Chip mit einer TDP von 70 mW, oder 16 Millionen Neuronen mit 4 Milliarden Synapsen in einem einzelnen Rack integriert.[42] Das Modell des Hypothesengenies[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Ansicht, das Gehirn als ein Hypothesengenie oder eine Vorhersagemaschine zu sehen, hatte bereits Hermann von Helmholtz, da andere Ansätze, das Gehirn künstlich nachzuempfinden, zu bisher unlösbaren Problemen führten und scheiterten. Der Ansatz geht davon aus, dass das Gehirn Hypothesen bildet und alle Eindrücke und Wahrnehmungen in die gespeicherten Muster einbaut und vergleicht. Wenn das Wahrgenommene nicht mehr auf die einzelne Hypothese passt, wird diese verworfen und nach Bedarf eine neue erstellt. Dies zeige sich klassisch bei der Interpretation von Kippfiguren.[43] Anzahl und Vernetzung der Nervenzellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Während das Gehirn einer Ratte etwa 200 Millionen Neuronen enthält,[44] besitzt das eines Menschen neueren Untersuchungen zufolge durchschnittlich etwa 86 Milliarden[45] Nervenzellen. Davon liegen etwa 16 Milliarden Neuronen in der Großhirnrinde (Cortex cerebri), etwa 69 Milliarden im Kleinhirn (Cerebellum) und rund 1 Milliarde in den restlichen Hirnregionen (von Hirnstamm, Zwischenhirn und Basalganglien).[45] Miteinander verbunden sind Neuronen über Synapsen, im menschlichen Hirn geschätzt rund 100 Billionen, sodass durchschnittlich eine Nervenzelle mit über 1000 anderen verbunden ist. Doch gibt es lokal deutliche Abweichungen von diesem Mittelwert,[46] denn nicht die Dichte, sondern das Muster von neuronalen Verknüpfungen ist für neurale Funktionen entscheidend. Ein häufiges Organisationsprinzip des Gehirns ist die Abbildung von Nachbarschaftsverhältnissen: was nebeneinander im Körper liegt, wird in Hirnarealen oft nebeneinander repräsentiert (Somatotopie). Obwohl ausschließlich die Nervenzellen Erregungen als neuronale Impulse leiten und an Synapsen über Neurotransmitter als Signal weitergeben, spielen die sie umgebenden Gliazellen dabei keine unwesentliche Rolle. Die insgesamt etwa ebenso häufigen, meist kleineren Gliazellen ermöglichen Nervenzellen eine rasche Erregungsleitung und störungsfreie Signalübertragung, nehmen ausgeschüttete Botenstoffe auf, sorgen für die Bereitstellung von Nährstoffen und sind an den physiologischen Barrieren der Blut-Hirn- und der Blut-Liquor-Schranke beteiligt. Im sich entwickelnden Gehirn, und in sich weiterentwickelnden Hirnregionen, nehmen sie Einfluss auf die Ausbildung, Stabilität und Gewichtung der synaptischen Verbindungen zwischen Neuronen; bei Schädigungen peripherer Nerven bilden sie eine zur Wiederherstellung nötige Leitstruktur.[47] Die Konnektom-Forschung hat das Ziel, alle Verbindungen zwischen den Neuronen zu kartieren. Die zwölf Hauptnervenpaare des Gehirns[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Hirnnerv Nervus olfactorius ermöglicht das Riechen Nervus opticus leitet optische Impulse Nervus oculomotorius innerviert vier von sechs Muskeln, die das Auge bewegen und andere Funktionen bedienen Nervus trochlearis versorgt den oberen schrägen Augenmuskel Nervus trigeminus leitet unter anderem Informationen über Berührungen aus dem Gesichtsbereich, ermöglicht das Kauen Nervus abducens versorgt den seitlichen Augenmuskel Nervus facialis ermöglicht unter anderem mimische Bewegungen und Geschmackswahrnehmung Nervus vestibulocochlearis (N. statoacusticus) leitet Informationen aus dem Hör- und dem Gleichgewichtsorgan Nervus glossopharyngeus leitet unter anderem Informationen (wie den Geschmack) aus dem Schlundbereich und ermöglicht Bewegungen in diesem Bereich Nervus vagus im Wesentlichen für die Wahrnehmung, Bewegung und vegetative Funktionen inklusive Drüsentätigkeit und Hormonausschüttung Nervus accessorius ermöglicht Bewegungen durch zwei große Muskeln des Halses und des Kopfes Nervus hypoglossus ermöglicht Bewegungen der Zunge Forschungsprojekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der ehemalige US-Präsident Barack Obama hat zu Beginn seiner zweiten Amtszeit Planungen für ein sehr großes Forschungsprojekt namens Brain Activity Map Project bekanntgegeben, im Zuge dessen das menschliche Gehirn komplett kartiert werden soll. Dies wäre das größte wissenschaftliche Vorhaben seit vielen Jahren (das letzte war das Human Genome Project). Experten hoffen auf Therapien gegen Alzheimer-Krankheit und Parkinson sowie auf Erkenntnisse über menschliches Denken und Fühlen.[48] Erste Ansätze wurden im Juli 2012 in der Fachzeitschrift Neuron veröffentlicht.[49] Das US-Projekt ist nicht mit dem Human Brain Project zu verwechseln, das im Februar 2013 durch die EU gestartet wurde. Eine Jury hatte die Erforschung des Gehirns ebenfalls als ein Schlüsselprojekt der Zukunft ausgewählt; gefördert wird es mit einer Milliarde Euro.[48][50] Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] 2008 wurden auf dem Gelände der University of York (England) die Überreste eines 2500 Jahre alten menschlichen Schädels gefunden, dessen Gehirn überwiegend erhalten ist. Forscher vermuten, dass das Gehirn des wahrscheinlich 26 45 Jahre alten Mannes unter anderem deswegen bis heute so gut erhalten blieb, weil der Kopf ein Körper wurde nicht gefunden seinerzeit unmittelbar nach dem Tod in nasser Lehmerde begraben wurde. Eine vollständige Klärung, warum das Gehirn nicht schon längst zerfallen ist, konnte bislang nicht gefunden werden.[51] Hirn als Rohstoff findet Verwendung bei der Fettgerbung. Die Neurolinguistik untersucht, wie Sprache durch das Gehirn dargestellt, aufgearbeitet und erlernt wird. Zu Gehirnerkrankungen siehe etwa Zentralnervensystem#Erkrankungen. Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Portal: Geist und Gehirn Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Geist und Gehirn Gehirnentwicklung beim Menschen Blutversorgung des Gehirns Geschichte der Hirnforschung Sekundäre Altrizialität Kortikalisierung Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Olaf Breidbach: Die Materialisierung des Ichs: Zur Geschichte der Hirnforschung im 19. und 20. Jahrhundert. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-518-28876-8 (stw; 1276). Olaf Breidbach: Hirn, Hirnforschung. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 600 f. Christopher Donald Frith: Wie unser Gehirn die Welt erschafft (= Spektrum-Akademischer-Verlag-Sachbuch.). Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-8274-2343-6. Günter Gassen, Sabine Minol: Unbekanntes Wesen Gehirn. Media Team, Darmstadt 2004, ISBN 3-932845-71-4. 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Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-58383-2. Ann B. Butler, William Hodos: Comparative Vertebrate Neuroanatomy. Evolution and Adaptation. 2. Ausgabe, Wiley-Interscience, Hoboken (NJ) 2005, ISBN 0-471-21005-6. Michael Madeja: Das kleine Buch vom Gehirn. Reiseführer in ein unbekanntes Land. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60097-5. Mark F. Bear, Barry W. Connors, Michael A. Paradiso: Neuroscience: Exploring the Brain. Lippincott Williams & Wilkins, Baltimore 2006, ISBN 0-7817-6003-8. Ariel Hauptmeier, Johanna Adam, John-Dylan Haynes, Henriette Pleiger, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH (Hrsg.): Das Gehirn. In Kunst und Wissenschaft. Hirmer, München 2022, ISBN 978-3-7774-3936-5. DVDs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Lennart Heimer, Gary W. van Hoesen, Michael Trimble, Daniel S. Zahm: Anatomy of Neuropsychiatry: The New Anatomy of the Basal Forebrain and Its Implications for Neuropsychiatric Illness. Academic Press, Amsterdam 2008, ISBN 978-0-12-374239-1. Lennart Heimer: Dissection of the Human Brain. Sinauer Associates, 2008, ISBN 978-0-87893-327-3. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Gehirn Album mit Bildern, Videos und Audiodateien Wikibooks: Neuroanatomie Lern- und Lehrmaterialien Wiktionary: Gehirn Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Wikiquote: Gehirn Zitate Literatur von und über Gehirn im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek dasGehirn.info Informationsportal rund um das Gehirn Englisch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] The whole Brain Atlas Gehirnatlas mit CT-, MRT- und SPECT/PET-Aufnahmen von Patienten mit verschiedenen Gehirnerkrankungen Brain Museum Comparative Mammalian Brain Collections Gehirne und Hirnschnitte vieler Säugetierarten mit weiterführenden Informationen Allen Brain Atlas Online-Atlas mit Schwerpunkt Mäusegehirn, das Projekt wurde von Paul Allen finanziert Human Brain Architecture Project Videos[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Tübinger Internet Multimedia Server der Eberhard Karls Universität Tübingen: Universität Tübingen/Interfakultäre Einrichtungen/Studium Generale/2001 SoSe/Das Gehirn (8 Dokumente) Videos einer Vortragsreihe zum Thema Gehirn. Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] hirn n.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 10: H, I, J (IV, 2. Abteilung). S. Hirzel, Leipzig 1877 (woerterbuchnetz.de). Enzephalon Gesundheit.de, abgerufen am 8. Dezember 2020; dort auch noch mit Encephalon und zudem im Englisch[en]: encephalon geschrieben Enzephalon Duden/Bibliographisches Institut, 2020. A. B. Butler: Chordate Evolution and the Origin of Craniates: An Old Brain in a New Head. In: Anatomical Record. Band 261, Nr. 3, 2000, S. 111 125, doi:10.1002/1097-0185(20000615)261:3<111::AID-AR6>3.0.CO;2-F, PMID 10867629. T. H. Bulloch, W. Kutch: The nervous systems of invertebrates: an evolutionary and comparative approach. Hrsg.: O. Breidbach. Birkhäuser, 1995, ISBN 3-7643-5076-8, Are the main grades of brains different principally in numbers of connections or also in quality?, S. 439 (google.com). Anatomy of the Brain. Abgerufen am 19. Oktober 2023. Brain Basics: Know Your Brain. 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Band 8, Nr. 1, 15. Januar 2018, ISSN 2045-2322, S. 736, doi:10.1038/s41598-017-17563-z, PMID 29335438, PMC 5768734 (freier Volltext) (nature.com [abgerufen am 31. Juli 2023]). Elke Stefanie Smith, Jessica Junger, Birgit Derntl, Ute Habel: The transsexual brain A review of findings on the neural basis of transsexualism. In: Neuroscience & Biobehavioral Reviews. Band 59, 1. Dezember 2015, ISSN 0149-7634, S. 251 266, doi:10.1016/j.neubiorev.2015.09.008 (sciencedirect.com [abgerufen am 31. Juli 2023]). Herbert Lochs: Hungerstoffwechsel. (Memento vom 21. Oktober 2012 im Internet Archive) (PDF; 1,5 MB). 2003, S. 23. Avital Schurr: Lactate: the ultimate cerebral oxidative energy substrate? In: Journal of Cerebral Blood Flow and Metabolism. Band 26, 2006, S. 142 152. a b c Georg Löffler, Petro E. Petrides (Hrsg.): Biochemie und Pathobiochemie (= Springer-Lehrbuch.). 7., völlig neu bearbeitete Auflage. Springer Medizin-Verlag, Heidelberg 2003, ISBN 978-3-540-42295-2, S. 1054. 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Gonorrhoe.txt | ||
Harn- und Geschlechtsapparat.txt | Als Harn- und Geschlechtsapparat (lat. Apparatus urogenitalis), Urogenitaltrakt oder Urogenitalsystem werden bei Wirbeltieren die Harnorgane (Organa urinaria) und die Geschlechtsorgane (Organa genitalia) zusammengefasst.
Dieser übergeordnete Begriff für die beiden Organsysteme wurde aufgrund gemeinsamer embryologischer Anlagen eingeführt. Die Gemeinsamkeiten in der Herkunft sind auch beim erwachsenen Wirbeltier noch erkennbar. So liegen diese Organe eng benachbart und haben eine gemeinsame Ausführungsöffnung: bei männlichen Säugetieren die Harnröhre beziehungsweise den Scheidenvorhof und die Vulva bei weiblichen. Hauptsächlich bei Vögeln, aber auch den Kloakentieren, münden Geschlechtsorgane, Harnleiter und Darm in einer gemeinsamen Öffnung, der Kloake.
Erkrankungen des Urogenitaltrakts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hierzu zählen etwa die Infektionen des Urogenitaltrakts:[1]
Eichelentzündung (Balanitis)
Nebenhodenentzündung (Epididymitis)
Vorsteherdrüsenentzündung (Prostatits)
Harnröhrenentzündung (Urethritis)
Adnexitis, Eileiterentzündung (Salpingitis), Gebärmutterschleimhautentzündung (Endometritis), Beckenentzündung (PID)
Bakterielle Vulvovaginitis
Scheidenentzündung (Kolpitis oder Vaginitis)
Tuboovarialabszess
Gebärmutterhalsentzündung (Zervizitis)
Infektionen nach gynäkologischen Eingriffen
Infektionen in der Schwangerschaft und nach der Entbindung; siehe auch Mastitis (Brustdrüsenentzündung)
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Uwe Gille: Harn- und Geschlechtsapparat, Apparatus urogenitalis. In: Salomon/Geyer/Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke, Stuttgart 2004, ISBN 978-3-8304-1007-2
Clinical Genitourinary Cancer
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 139–147.
| Als Harn- und Geschlechtsapparat (lat. Apparatus urogenitalis), Urogenitaltrakt oder Urogenitalsystem werden bei Wirbeltieren die Harnorgane (Organa urinaria) und die Geschlechtsorgane (Organa genitalia) zusammengefasst. Dieser übergeordnete Begriff für die beiden Organsysteme wurde aufgrund gemeinsamer embryologischer Anlagen eingeführt. Die Gemeinsamkeiten in der Herkunft sind auch beim erwachsenen Wirbeltier noch erkennbar. So liegen diese Organe eng benachbart und haben eine gemeinsame Ausführungsöffnung: bei männlichen Säugetieren die Harnröhre beziehungsweise den Scheidenvorhof und die Vulva bei weiblichen. Hauptsächlich bei Vögeln, aber auch den Kloakentieren, münden Geschlechtsorgane, Harnleiter und Darm in einer gemeinsamen Öffnung, der Kloake. Erkrankungen des Urogenitaltrakts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hierzu zählen etwa die Infektionen des Urogenitaltrakts:[1] Eichelentzündung (Balanitis) Nebenhodenentzündung (Epididymitis) Vorsteherdrüsenentzündung (Prostatits) Harnröhrenentzündung (Urethritis) Adnexitis, Eileiterentzündung (Salpingitis), Gebärmutterschleimhautentzündung (Endometritis), Beckenentzündung (PID) Bakterielle Vulvovaginitis Scheidenentzündung (Kolpitis oder Vaginitis) Tuboovarialabszess Gebärmutterhalsentzündung (Zervizitis) Infektionen nach gynäkologischen Eingriffen Infektionen in der Schwangerschaft und nach der Entbindung; siehe auch Mastitis (Brustdrüsenentzündung) Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Uwe Gille: Harn- und Geschlechtsapparat, Apparatus urogenitalis. In: Salomon/Geyer/Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke, Stuttgart 2004, ISBN 978-3-8304-1007-2 Clinical Genitourinary Cancer Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 139 147. |
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Dieser Artikel beschreibt das äußere Hüllorgan. Zur Schutzschicht im Körperinneren siehe Schleimhaut.
Die Haut (altgriechisch δέρμα dérma, lateinisch cutis; deutsche Fachbegriffe: Kutis, auch Cutis geschrieben, und Derma) ist funktionell das vielseitigste Organ eines menschlichen oder tierischen Organismus. Als äußere Körperhülle wird die Haut mitsamt ihren Sonderbildungen und Drüsen auch Körperdecke oder Integument (lat. Integumentum commune) genannt.
Aufbau menschlicher Haut
Sie dient als Hüllorgan der Abgrenzung von Innen und Außen, dem Schutz vor Umwelteinflüssen und der Wahrung einer Homöostase (inneres Gleichgewicht). Des Weiteren übernimmt die Haut wesentliche Funktionen im Bereich des Stoffwechsels, der Wärmeregulation und der Immunantwort; sie verfügt über vielfältige Anpassungs- und Abwehrmechanismen.
Nahaufnahme menschlicher Haut (hier Felderhaut)
Darüber hinaus stellt die Haut das flächenmäßig größte Organ sinnlicher Wahrnehmung dar, das der Oberflächensensibilität. Zu den Mechanorezeptoren der Haut gehören zahlreiche verschiedene Sinneszellen für Berührung, Druck oder Vibration als Qualitäten des Tastsinnes. Thermorezeptoren vermitteln Empfindungen von Wärme oder von Kälte, Nozizeptoren die Empfindung von Schmerzen.
Hautkontakte im Körperkontakt sind nicht nur für junge Säugetiere lebenswichtig und tragen tatsächliche soziale Bindungen. Daneben können Blässe oder Rötung und Schwellung bestimmter Hautpartien durch veränderte Hautdurchblutung in der innerartlichen Kommunikation besondere Signale darstellen.
Davon zu unterscheiden sind beim Menschen willkürlich hervorgebrachte Hautveränderungen unterschiedlicher Art; sie können als Zeichen sozialer Zugehörigkeit oder Abgrenzung eingesetzt werden und einer Selbstdarstellung dienen. Die Haut wird damit zu einer repräsentativ gestalteten Oberfläche für eigene oder fremde Blicke.
Von der Haut ausgehende Erkrankungen oder auf die Haut bezogene Symptome bezeichnet man als dermatogen.
Etymologie[Bearbeiten |
Das altgermanische Wort mhd., ahd. hūt („Haut, Integument, Epidermis, häutiges Gebilde, Hirnhaut, Fell“[1]) gehört zu der mit t erweiterten idg. Wurzel [s]keu- „bedecken, umhüllen“ und bedeutet demnach „Hülle“.[2]
Aufbau der menschlichen Haut[Bearbeiten |
Die menschlichen Haut ist aus mehreren Schichten aufgebaut. Ihre gesamte Dicke ohne Unterhaut beträgt je nach Körperregion 1 bis 2 mm.[3] Die Körperoberfläche (Hautfläche) erwachsener Menschen beträgt durchschnittlich 1,73 m². Die Haut wiegt 4 bis 5 kg, zusammen mit dem Unterhautfettgewebe wiegt sie bis zu 16 kg.[4][5]
Die menschliche Haut zeigt nach Schichtdicke, Rezeptoren und Hautanhangsgebilden regionale Unterschiede – beispielsweise unbehaarte Leistenhaut der Fingerbeere gegenüber behaarter Felderhaut des Handrückens
Schichten/Bestandteile der Haut[Bearbeiten |
Die äußere Haut gliedert sich in drei wesentliche Schichten: Epidermis (Oberhaut), Dermis (Lederhaut, lat. corium) und Subcutis (Unterhaut). Dabei bilden Epidermis und Dermis zusammen die Cutis (oder Kutis).
Oberhaut (Epidermis)[Bearbeiten |
Die Epidermis gehört zu den Epithelgeweben. Es handelt sich um ein mehrschichtiges verhornendes Plattenepithel, das üblicherweise zwischen 0,03 und 0,05 Millimeter dick ist. An den Handinnenflächen und den Fußsohlen ist die Hornschicht bis zu mehrere Millimeter dick und wird umgangssprachlich „Hornhaut“ genannt (siehe auch Hornschwiele).
Von außen nach innen werden folgende Schichten unterschieden:
Hornschicht (Stratum corneum)
Glanzschicht (Stratum lucidum) (ist nur an der Leistenhaut der Hand- und Fußinnenseiten vorhanden)
Körnerzellenschicht (Stratum granulosum)
Stachelzellschicht (Stratum spinosum)
Basalschicht (Stratum basale)
Stachelzellschicht und Basalzellschicht bilden zusammen die Keimschicht (Stratum germinativum).
Lederhaut (Dermis, Corium)[Bearbeiten |
Die Dermis besteht vorwiegend aus Bindegewebsfasern und dient der Ernährung und Verankerung der Epidermis. Hier versorgt das fein kapillarisierte Blutgefäßsystem die Grenzzone zur Epidermis. Die untere Lederhaut enthält die für die Temperaturregelung wichtige glatte Muskulatur und Blutgefäße.
Die Dermis wird in ein Stratum papillare (Papillenschicht, Zapfenschicht, Papillarkörper) und ein Stratum reticulare (Netzschicht) unterteilt.
Optische Kohärenztomografie der Fingerspitze (Leistenhaut) in vivo mit Schweißdrüsenausführungsgängen
Hautanhangsgebilde[Bearbeiten |
Zu den Hautanhangsgebilden werden verschiedene Gebilde gezählt, so die Schuppen von Reptilien, die Federn von Vögeln, die Haare von Säugetieren und weitere aus der Haut hervorgehende Bildungen wie Hörner, Nägel, Klauen und Hufe, deren Substanz ebenfalls wesentlich aus Keratinen besteht.
Neben diesen Gebilden zählen auch Hautdrüsen dazu, die an der Oberhaut (Epidermis) münden und in der Lederhaut (Dermis) verankert sind. Hierzu gehören beim Menschen Talgdrüsen, ekkrine Schweißdrüsen und Duftdrüsen; die Milchdrüse ist eine spezialisierte Hautdrüse. Der ein Haar aufrichtende Haarbalgmuskel, Musculus arrector pili, ist ein Anhangsgebilde der Haut; Kontraktionen der Haarbalgmuskeln führen beim Menschen zur Gänsehaut, bei Stacheligeln machen sie ihr Haarkleid zur wirksamen Verteidigungswaffe.
Unterhaut (Subcutis)[Bearbeiten |
Die Subcutis (oder Subkutis) bildet die Unterlage für die darüberliegenden Hautschichten und enthält die größeren Blutgefäße und Nerven für die oberen Hautschichten sowie das subkutane Fett und lockeres Bindegewebe. In der Unterhaut liegen Sinneszellen für starke Druckreize, zum Beispiel die Lamellenkörperchen.
Oberflächenstruktur der Haut[Bearbeiten |
Betrachtet man die Haut genauer oder mit einer Lupe, so wird ein feines Relief sichtbar. Nach diesem wird die Haut in zwei Typen unterschieden.
Leistenhaut[Bearbeiten |
Fingerabdruck
Leistenhaut tritt an den Fingern, der Handinnenseite (palmar) und der Fußsohle (plantar) auf. Die Epidermis zeigt hier feine Papillarlinien (Hautleisten), die dadurch entstehen, dass sich die Lederhautpapillen in Längsreihen anordnen. Dabei ist jede Hautleiste von zwei Papillarkörperreihen unterlagert. Die Hautleisten bilden den Fingerabdruck, ein individuelles Muster aus verschiedenen geometrischen Figuren (Wirbel, Bogen, Schleife, Doppelschleife). Diese Muster werden bei der Fingerabdruckerkennung (Daktyloskopie) kriminaltechnisch als eine Form der biometrischen Daten genutzt. Die Leistenhaut enthält, außer vielen Schweißdrüsen, keine Hautanhangsgebilde.
Felderhaut[Bearbeiten |
Felderhaut bedeckt die übrigen Hautbereiche. Hier zeigt die Oberfläche durch feine Furchen abgegrenzte rhombische Felder (Areolae cutaneae). Die Furchen entstehen an den papillenfreien Epidermisbereichen und verstreichen bei stärkerer Hautspannung. Sie dienen als Reservefalten, da die Oberhaut weniger dehnungsfähig ist als die Lederhaut. Die Größe der Hautfelder variiert je nach Körperregion. Die Felderhaut enthält die Hautanhangsgebilde und ist weniger als 0,1 mm dick. Am dünnsten ist sie im Bereich des Auges und der Geschlechtsorgane.
Funktionen der Haut[Bearbeiten |
Die Haut ist das funktionell vielseitigste Organ.[6][7] Unter anderem schützt sie vor Wärmeverlust und äußeren Einflüssen und dient der Aufnahme von Sinnesreizen.
Funktionen von Bestandteilen der Haut[Bearbeiten |
Die einzelnen Bestandteile der Haut erfüllen spezialisierte Funktionen.
Hautanhänge und Schichten:
Haare: Schutz vor Wärmeverlust, Sonnenstrahlen, Nässe; Kommunikations- und Tarnfunktionen durch Pigmentierung
Federn: dieselben Funktionen wie Haare, zusätzlich Unterstützung der Flugfähigkeit
Hornschicht: Schutz vor Verletzungen und Austrocknung
Fettgewebe in der Unterhaut: Schutz vor Druck und Unterkühlung
Keimschicht: Nachbilden von Hautzellen
Weitere Bestandteile:
Schweißdrüsen: Produktion von Schweiß, Schutz vor Überhitzung durch Verdunstung
Talgdrüsen: Produktion von Talg (Fett)
Haarbalgmuskel: Aufrichten der Vellushaare
Melanozyten: Schutz der genetischen Information im Zellkern vor UV-Strahlung
Blutgefäße: Temperaturregulation und Versorgung der Hautzellen mit Nährstoffen und Sauerstoff
Sinnesrezeptoren:
Kälterezeptoren: Aufnahme von Temperaturreizen „kalt“
Wärmerezeptoren: Aufnahme von Temperaturreizen „warm“
freie Nervenendigungen: Aufnahme von Berührungsreizen und Schmerzempfindung
Tastkörperchen: Aufnahme von Berührungsreizen
Lamellenkörperchen: Aufnahme von Druckreizen
Grenzorgan[Bearbeiten |
Die Haut schützt den Organismus vor dem Eindringen von Krankheitserregern und gasförmigen, flüssigen oder festen Fremdsubstanzen im weitesten Sinn, vor mechanischen bzw. physikalischen Verletzungen (wie Strahlenschäden), aber auch vor Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Proteinverlusten, die bei großflächigen Hautschäden, wie schwere Verbrennungen, lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Besiedelt wird sie von Bakterien und Pilzen, der sogenannten residenten Hautflora; aber auch Milben können sich auf der Haut oder den Hautanhangsgebilden befinden. Als antigenpräsentierende Zellen fungieren in der Haut die Langerhanszellen.
Hautsubstanz geht durch Abschilferung/Schuppung, mechanische Abnutzung sowie chemische Korrosion – etwa durch starke Laugen – oberflächlich verloren und wird durch Nachwachsen an der Untergrenze der Oberhaut neu gebildet. Ist die Oberhaut weitgehend abgenutzt, werden die Nervenzellen in der Haut extrem empfindsam. Bei dauerhaft mäßiger Beanspruchung wird die Hornhaut durch lokale Schwielenbildung verstärkt. Wird die Haut lokal verletzt, versucht der Körper durch Fibrin die Wunde zu verkleben. Krusten auf der Haut trocknen ein, ziehen sich und damit die Wundränder zusammen. Durch übermäßige Dehnung durch Körperfetteinlagerung oder Schwangerschaft kann Bindegewebe unter der Haut wiederholt quer zur Dehnungsrichtung reißen, was nach Verringern des Körpervolumens als Schwangerschaftsstreifen sichtbar bleiben kann.
Stoffaustausch[Bearbeiten |
Der Stoffaustausch der Haut erfolgt mittels Mikrozirkulation:
Die Lederhaut wird durch den Blutstrom mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Von dort gelangen die Stoffe aus den Blutkapillaren über das Gewebewasser in die nicht durchblutete Epidermis. Stoffwechselprodukte werden mit dem Gewebewasser zurück in die Lederhaut und die dort befindlichen Lymph- sowie Blutkapillaren transportiert, die jeweils in Lymphgefäßen und Venolen münden.[8]
Daneben findet eine ständige, aber nicht wahrnehmbare Verdunstung von Wasser (Perspiratio insensibilis) statt, das durch die Haut diffundiert. Beim wahrnehmbaren Schwitzen (Transpiration, Perspiratio sensibilis) werden über die Schweißdrüsen Wasser und darin gelöste Salze und andere Stoffwechselprodukte an die Oberfläche gespült.[9] Beides ergibt zusammen den Transepidermalen Wasserverlust.
Zwei der drei Transportwege durch das Stratum corneum[10]
Eindringen von Wirkstoffen[Bearbeiten |
Bei der äußerlichen dermatologischen bzw. kosmetischen Behandlung der Haut müssen die Wirkstoffe die Barrierezone der Hornschicht (das Stratum corneum) durchdringen, damit sie die unteren Hautschichten erreichen können. Dies gelingt z. B. gut löslichen Wirkstoffen mit niedriger Molmasse, moderater Lipophilie und einem Schmelzpunkt unter 200 °C. Hitze, Okklusion und Lösungsmittel fördern die Penetration.[11] Lösungsmittel greifen in die Hautstruktur ein, indem sie unter anderem Fette aus der Hornschicht lösen, die Keratinstruktur in den Hornzellen lockern oder die oberen Hornzellschichten ablösen.[12] Letzteres kann z. B. durch ein chemisches Peeling bewirkt werden.
Penetrationsbeschleunigende Substanzen oder Verfahren können die Hautstruktur schädigen, was einen erhöhten transepidermalen Wasserverlust nach sich zieht, und – je nach Intensität – Irritationen der Haut auslösen.[12]
Es gibt drei verschiedene Transportwege durch die Hornhaut:
Der Diffusionsweg über Drüsenöffnungen und Haarfollikel. Neuere Studien schreiben diesem Weg im Zusammenhang mit Nanopartikeln sowie einigen mittelgroßen und sehr großen Molekülen eine wesentliche Bedeutung zu, obwohl der Flächenanteil dieser Hautanhangsgebilde zur Gesamtfläche der Haut relativ klein ist.[13][14]
Der transzelluläre Transportweg durch die Korneozyten. Diesem Weg wird aufgrund der dichten Molekularstruktur in den Korneozyten keine tragende Rolle beigemessen.[15][16]
Der interzelluläre Weg durch die Lipidmatrix zwischen den Korneozyten gilt als der wichtigste Transportweg für kleine Moleküle mit lipophilem Charakter.[17]
Wärmehaushalt[Bearbeiten |
Über die Haut kann der Körper seinen Wärmehaushalt regulieren. Einer Überhitzung wirkt die Haut mit den Schweißdrüsen entgegen. Durch die Schweißproduktion und die dadurch mögliche Verdunstung wird Wärme von den dicht unter der Haut verlaufenden Kapillargefäßen, die dazu weit geöffnet sind, abgeführt (siehe Schwitzen). Mit Hilfe des Unterhautfettgewebes und in geringerem Maße der Behaarung wird Wärme zurückgehalten. Bei Kälte werden die Haut und das Unterhautfettgewebe nur noch gering durchblutet; beide wirken dadurch als Isolatorschicht. Die Haare können aufgrund des geringen Haarkleides des Menschen nur noch geringe Isolationsfunktion übernehmen. Dennoch kann man das Wirkprinzip eines Fellkleides noch gut beobachten. Bei der bei Kälte auftretenden Gänsehaut richtet der Musculus arrector pili das Haar auf. Eine geschlossene Behaarung ermöglicht hier einen wesentlich besseren Schutz vor Unterkühlung.
Schutz vor UV-Strahlung[Bearbeiten |
Die Stärke der einfallenden UV-Strahlung auf der Erdoberfläche hängt von der Tageszeit, der geographischen Lage, der Jahreszeit, der Seehöhe, der jeweiligen Dicke der Ozonschicht, der Bewölkung und von vielen anderen örtlichen Parametern ab. Gegen die schädlichen Wirkungen der UV-Strahlung auf die Haut und der darunterliegenden Gewebe existieren folgende Schutzmechanismen:
Während das Haarkleid (Fell) der Säugetiere oder das Federkleid der Vögel sehr effektiv gegen nachteilige Folgen der UV-Strahlung schützt, da es den größten Anteil der UV-Strahlung absorbiert oder reflektiert, ist der unbekleidete Mensch weitgehend ungeschützt.
Die Hornschicht (stratum corneum) der menschlichen Haut absorbiert und reflektiert normalerweise etwa 10 % der UVB- und die Hälfte der UVA-Strahlung. Auf beständige erhöhte UV-Belastung reagiert die Haut zunächst mit einer Verdickung der Hornschicht. Als „Lichtschwiele“ ist diese besonders stark nach Sonnenbränden ausgebildet.[18]
Der Schutz der Haut durch Pigmentierung beruht auf der physikalischen Absorption von UV-Strahlen durch Pigmente. Viele Tiere besitzen eine Pigmentierung der Haut. Die veränderliche Pigmentierung der menschlichen Haut stellt im Tierreich jedoch eine einzigartige Anpassungs- und Schutzmöglichkeit gegen UV-Strahlung dar. Es gibt kaum Tiere, deren Haut in der Lage ist, die Pigmentierung so stark zu verändern wie der Mensch.[18]
Als so genannte „Sofortbräunung“ (englisch immediate pigment darkening) bezeichnet man eine kurzfristige, nur wenige Stunden anhaltende Bräunung der Haut nach einer UV-Belastung. Die Sofortbräunung beruht sowohl auf einer Änderung der chemischen Konformation der Melaninmoleküle als auch auf einer Umverteilung der Pigmentkörperchen in der Epidermis; sie besitzt fast keine Schutzwirkung gegen UV-Strahlung.[18]
Die (verzögerte) UV-Bräunung setzt erst ca. 72 Stunden nach der UV-Belastung ein. Die Melanozyten der Haut reagieren auf UV-Einstrahlung mit der verstärkten Produktion und Abgabe von Eumelanin (oder Phäomelanin bei Menschen des Hauttyps 1), das der Haut einen braunen (Phäomelanin: rötlichen) Farbton gibt, und UV in hohem Maße absorbiert, wobei Phäomelanin wesentlich weniger UV absorbiert. Die ethnisch verschiedenen Hautfarben der Menschen resultieren aus den jeweiligen Hauttypen.
Der Schweiß des menschlichen Körpers enthält UVA-Strahlung absorbierende Urocaninsäure.
Die ersten Hominiden hatten möglicherweise eine nur schwach pigmentierte Haut, die von dunklen Haaren bedeckt war, ähnlich wie bei heutigen Schimpansen. Relativ bald in der Hominidenevolution dürfte sich eine nackte, dunkel pigmentierte Haut entwickelt haben, die als UV-Schutz diente. Mit der Ausbreitung in den sonnenärmeren Norden konnte sich die Pigmentierung verringern, vermutlich um besser Vitamin D generieren zu können. Insbesondere während der Schwangerschaft und während des Stillens könnten sich hieraus Überlebensvorteile ergeben haben.[19]
Kontakt- und Sinnesorgan[Bearbeiten |
Die Haut stellt den sichtbaren Teil des menschlichen Körpers dar. Als solcher erfüllt die Haut eine Reihe kommunikativer Funktionen. Zur Reizaufnahme und damit zur Oberflächensensibilität ist die Haut mit unterschiedlichen Typen von Rezeptoren ausgestattet:
Schmerzrezeptoren: Sie liegen in der Lederhaut und Oberhaut. Ihre Dichte variiert je nach Körperregion (bis zu 200/cm² Haut).
Druckrezeptoren (Vater-Pacini-Körperchen): Sie dienen der Wahrnehmung von Druckempfindungen und liegen in der Unterhaut. Ihre Dichte beträgt bis zu 100/cm².
Thermorezeptoren (freie Nervenendigungen): Sie sind besonders dicht an Kinn, Nase, Ohrmuschel, Ohrläppchen (9 bis 12/cm²) und Lippen (> 15/cm²). Insgesamt besitzt die menschliche Haut ca. 250.000 Kälterezeptoren. Die Anzahl der Wärmerezeptoren beträgt nur etwa 1/10 davon, sie arbeiten zudem deutlich langsamer als Kälterezeptoren.
Dehnungsrezeptoren (Ruffini-Körperchen): Sie registrieren den Dehnungszustand der Haut und liegen in der Lederhaut (Stratum reticulare). Ihre Dichte beträgt bis zu 2/cm² Haut.
Tastrezeptoren (Meissner-Körperchen und Merkel-Zellen): Tastrezeptoren kommen in der unbehaarten Haut vor. Besonders dicht (Abstand: 1 bis 5 mm) sind sie in den Fingerspitzen, den Lippen, der Zunge, den Brustwarzen, den äußeren Geschlechtsorganen und der Afterregion verteilt.
Haarfollikelrezeptoren: Sie registrieren die Haarstellung (siehe auch Vibrisse).
Die psychogalvanische Hautreaktion gibt Rückschlüsse auf emotionale Vorgänge.
Siehe auch: Lügendetektor
Siehe auch: Erröten und Erythrophobie
Siehe auch: Streicheln und Erotik
Repräsentationsorgan[Bearbeiten |
Da die Haut stark das Erscheinungsbild des Menschen prägt, ist sie Hauptobjekt der Kosmetik. Natürliche Erscheinungen sind Sommersprossen, Leberflecken und Altersflecken.
Künstlich verändert wird das Aussehen der Haut durch UV-Bestrahlung im Solarium, Tätowierungen, die Skarifizierung, Brandnarben, die Körperbemalung oder die Hautaufhellung. Außerdem ist die Haut Träger aller Arten von Körperschmuck und von Kleidung.
Nach Untersuchungen von Wissenschaftlern der Jacobs-Universität in Bremen wirken Menschen mit glatter Haut glaubwürdig und seriös.[20]
Sonstiges[Bearbeiten |
Aus Amerika wird historisch das kriegerische Ritual des Skalpierens, als Abziehen der Kopfhaut samt darunterliegender Schwarte, berichtet.
Die Verwendung von menschlicher gegerbter Haut – etwa von Hingerichteten – als Material für Bucheinbände ist im 19. Jahrhundert nachweisbar.[21][22]
Haut von Tieren[Bearbeiten |
Säugetiere[Bearbeiten |
Die Haut ist überwiegend von Fell bedeckt und kann daher relativ dünn sein. Bei den meisten Hunderassen ist sie fast weiß.
In der leicht rosafarbigen Haut des Hausschweins sitzen wenige, doch im Vergleich zu anderen Fellhaaren dicke Borsten. Die von ihnen gebildeten Poren sind charakteristisches Merkmal von Schweinsleder.
Haut von Eisbären ist an der Schnauze und unter dem Fell sehr dunkel bis schwarz. Im Zusammenspiel mit den weißen Haaren gelingt es, Sonnenstrahlung thermisch gut zu absorbieren und Verluste an die Umgebungsluft durch Wind und Konvektion gering zu halten.
Am Kopf und Gesäß der Affenart Mandrill treten arttypisch hellblaue und rote Hauttöne auf.
Die Haut der Wale, insbesondere der schnellschwimmenden Delfine, weist ein feines Relief auf, das zusammen mit der Wirbeldämpfung durch die Verformung darunterliegenden Fetts und vermuteter Muskelreaktion in der Haut den Strömungswiderstand herabsetzt und so schnelleres Schwimmen ermöglicht.
Amphibienhaut[Bearbeiten |
Haut eines Krokodils
Die Haut der Amphibien ist dünn, nackt und feucht. Ihre Oberflächenbeschaffenheit ist bei Fröschen und Salamandern glatt oder bei Kröten und Unken warzig. Die Haut von Amphibien zeigt eine hohe Farbenvielfalt. Manche Arten, wie der einheimische Laubfrosch, besitzen sogar die Fähigkeit zum Farbwechsel ähnlich wie Chamäleons. Verantwortlich für diese Eigenschaft sind spezielle Pigmentzellen unterhalb der Oberhaut, die unterschiedliche Farbstoffe speichern, so Melanin (braun bis schwarz), Pteridin (gelb) und Carotinoide (orange bis rot).
Von Zeit zu Zeit wird die Oberhaut der Amphibien erneuert (Häutung). Die alte Haut wird bei Froschlurchen dabei abgesprengt, bei Schwanzlurchen (speziell Molche) jedoch als Ganzes abgestreift. Manche Hautpartien von Amphibien sind besonders dehnbar und ermöglichen die Ausbildung von Schallblasen zur Lauterzeugung.
Diese Hauteigenschaften bringen Vor- und Nachteile mit sich. Vorteile sind:
Die dünne Haut ermöglicht die Sauerstoffaufnahme direkt über die Körperoberfläche (Hautatmung), ebenso die Wasseraufnahme.
Eine glatte Haut hat einen geringeren Strömungswiderstand und ermöglicht so schnelleres Schwimmen.
Bei vielen Amphibien, vor allem bei Fröschen, wird die Haut mit einer glitschigen Schleimschicht befeuchtet, die die Flucht vor Feinden unterstützt.
Die Hautdrüsen der Amphibien sind in der Lage, Hautgifte abzusondern; diese stellen einen wirksamen Fraßschutz dar. Vor allem schützen sie die feuchte Haut vor Pilz- und Bakterieninfektion – selbst für die extrem starken Gifte der Pfeilgiftfrösche soll dies der Hauptgrund sein.
Nachteile sind:
Die dünne Haut ist leichter verletzbar.
Erhöhte Austrocknungsgefahr bei warmem Sonnenschein durch die Hautfeuchtigkeit der meisten Amphibien. Das führt zu ihrer verstärkten Nachtaktivität.
Die Wasseraufnahmefähigkeit dünner Haut erleichtert auch die Aufnahme von Giften. Auf Äckern eingesetzte Spritzmittel, Kunstdünger, aber auch Jauche und saurer Regen führen während der Laichwanderung rasch zum Tod.
Stoffaustausch bei Tieren[Bearbeiten |
Über die Körperoberfläche verschiedener Tiere werden in unterschiedlichem Maße Stoffe aus der Umgebung aufgenommen und abgegeben. Diese können gasförmig, flüssig oder fest (in wässrigem Medium gelöst) sein. Der Stoffaustausch kann aktiv (unter Energieaufwand) oder passiv (in Richtung eines osmotischen Gefälles) verlaufen.
Bei den Gasen kann es sich um die Aufnahme von Sauerstoff und die Abgabe von Kohlendioxid (Hautatmung) handeln, aber auch um Stickstoff und Inertgase. Wasser kann aufgenommen oder abgegeben werden, zur Wasserregulation und als Transportmedium für gelöste gasförmige oder feste Stoffe dienen. Gelöste Stoffe können Salze sein (Aufnahme oder Abgabe), Stoffwechselprodukte, aber auch toxische Stoffe aus der Umwelt (wie organische Bleiverbindungen).
Fischhaut und umgebendes Wasser[Bearbeiten |
In Süßwasser befindliche Fische, deren Gewebe gelöstes Salz enthält, nehmen beständig durch Osmose über ihre semipermeable Haut Wasser auf, das sie über ihr Organsystem wieder ausscheiden müssen, um den Salzgehalt in ihrem Körper zu stabilisieren und keinen osmotischem Überdruck zu erleiden. Umgekehrt verlieren Fische im stärker salzigen Meerwasser laufend die beweglicheren Wassermoleküle durch denselben Prozess. Diese Fische müssen unter Energieaufwand Süßwasser gewinnen und Salz aktiv ausscheiden. Lachse leben abwechselnd und längere Zeit in Süß- und Salzwasser, diese benötigen daher beide Organfähigkeiten.
Kulturelle und wirtschaftliche Nutzung von Tierhaut[Bearbeiten |
Die Haut von Tieren wird vom Menschen in unterschiedlicher Art genutzt. So wird sowohl Leder als auch Pergament aus Tierhaut gewonnen. Die Tiere dienen hier als Nebenproduktlieferanten. Pergament findet insbesondere als Beschreibstoff Verwendung, Leder dient z. B. der Schuhherstellung, wird in der Bekleidungs- und Polstermöbelherstellung, in der Innenraumgestaltung von Automobilen und Gebäuden und für praktische / technische Zwecke (Riemen, Gurte, Gürtel) verwendet. Bei manchen Tieren, die als Nahrungslieferant dienen, wird die Haut auch mitverzehrt.
Hautkrankheiten[Bearbeiten |
Es gibt zahlreiche Hautkrankheiten, die auf einer direkten Schädigung der Haut, etwa durch Infektion, beruhen, aber auch solche, die durch andere Organ- oder Allgemeinerkrankungen entstehen. Hautveränderungen bezeichnet man in der Dermatologie – dem medizinischen Fachgebiet der Hautkrankheiten – als Effloreszenzen.
Hautkrankheiten oder Hautanomalien können in unterschiedlichen Bereichen der Haut entstehen:[23]
Hühneraugen sind Verhornungsanomalien der Haut.Unter Verhornungsanomalien lassen sich Störungen des Verhornungsprozesses der Oberhaut verstehen. Dazu zählen:[23]
Hautgrieß (Milien)
Hühneraugen
Warzen
Alterswarzen (seborrhoische Warzen)
Feuermale sind Veränderungen der Blutgefäße.Veränderungen der Blutgefäße in der Lederhaut nennen sich Blutgefäßanomalien. Dazu zählen:[23]
Feuermale
Äderchenzeichnung (Teleangiektasie)
Hämangiom (Blutschwamm)
Rosazea (entzündliche, gefäßweitende Pusteln)
Pigmentanomalien sind unregelmäßige Pigmentierungen und entstehen durch Veränderungen der Melaninproduktion. Dazu zählen:[23]
Leberflecken, Muttermale
Sommersprossen
Weißflecken (Vitiligo)
Hautkrebs
Durch Veränderungen der Talgdrüsen können Talgdrüsenanomalien entstehen. Dazu zählen:[23]
Offene und geschlossene Komedonen (Mitesser)
Akne
Grützbeutel (Atherom)
Weitere Schädigungen der Haut können durch Infektionen im Rahmen eines Diabetes mellitus (Dekubitus, diabetisches Fußsyndrom), Bissverletzungen, Brandwunden, Schuss- und Stichverletzungen, Infektionen nach Verletzungen im Meerwasser, Infektionen durch seltene Erreger[24] oder Schäden durch Pflanzeninhaltsstoffe[25] sein. Sehr selten gibt es auch angeborene Erkrankungen der Haut wie die Aplasia cutis congenita.
Zu den Infektionen der Haut gehören unter anderem Bulla rodens (Bulla repens staphylogenes), Erysipel, Follikulitis, Furunkel, Karbunkel, Pyodermie, Impetigo contagiosa, Paronychie, Panaritium und Phlegmone.[26]
Siehe auch
Pergamenthaut
Schwimmhaut
Flughaut
Trommelfell
| Dieser Artikel beschreibt das äußere Hüllorgan. Zur Schutzschicht im Körperinneren siehe Schleimhaut. Die Haut (altgriechisch d rma, lateinisch cutis; deutsche Fachbegriffe: Kutis, auch Cutis geschrieben, und Derma) ist funktionell das vielseitigste Organ eines menschlichen oder tierischen Organismus. Als äußere Körperhülle wird die Haut mitsamt ihren Sonderbildungen und Drüsen auch Körperdecke oder Integument (lat. Integumentum commune) genannt. Aufbau menschlicher Haut Sie dient als Hüllorgan der Abgrenzung von Innen und Außen, dem Schutz vor Umwelteinflüssen und der Wahrung einer Homöostase (inneres Gleichgewicht). Des Weiteren übernimmt die Haut wesentliche Funktionen im Bereich des Stoffwechsels, der Wärmeregulation und der Immunantwort; sie verfügt über vielfältige Anpassungs- und Abwehrmechanismen. Nahaufnahme menschlicher Haut (hier Felderhaut) Darüber hinaus stellt die Haut das flächenmäßig größte Organ sinnlicher Wahrnehmung dar, das der Oberflächensensibilität. Zu den Mechanorezeptoren der Haut gehören zahlreiche verschiedene Sinneszellen für Berührung, Druck oder Vibration als Qualitäten des Tastsinnes. Thermorezeptoren vermitteln Empfindungen von Wärme oder von Kälte, Nozizeptoren die Empfindung von Schmerzen. Hautkontakte im Körperkontakt sind nicht nur für junge Säugetiere lebenswichtig und tragen tatsächliche soziale Bindungen. Daneben können Blässe oder Rötung und Schwellung bestimmter Hautpartien durch veränderte Hautdurchblutung in der innerartlichen Kommunikation besondere Signale darstellen. Davon zu unterscheiden sind beim Menschen willkürlich hervorgebrachte Hautveränderungen unterschiedlicher Art; sie können als Zeichen sozialer Zugehörigkeit oder Abgrenzung eingesetzt werden und einer Selbstdarstellung dienen. Die Haut wird damit zu einer repräsentativ gestalteten Oberfläche für eigene oder fremde Blicke. Von der Haut ausgehende Erkrankungen oder auf die Haut bezogene Symptome bezeichnet man als dermatogen. Etymologie[Bearbeiten | Das altgermanische Wort mhd., ahd. h t ( Haut, Integument, Epidermis, häutiges Gebilde, Hirnhaut, Fell [1]) gehört zu der mit t erweiterten idg. Wurzel [s]keu- bedecken, umhüllen und bedeutet demnach Hülle .[2] Aufbau der menschlichen Haut[Bearbeiten | Die menschlichen Haut ist aus mehreren Schichten aufgebaut. Ihre gesamte Dicke ohne Unterhaut beträgt je nach Körperregion 1 bis 2 mm.[3] Die Körperoberfläche (Hautfläche) erwachsener Menschen beträgt durchschnittlich 1,73 m . Die Haut wiegt 4 bis 5 kg, zusammen mit dem Unterhautfettgewebe wiegt sie bis zu 16 kg.[4][5] Die menschliche Haut zeigt nach Schichtdicke, Rezeptoren und Hautanhangsgebilden regionale Unterschiede beispielsweise unbehaarte Leistenhaut der Fingerbeere gegenüber behaarter Felderhaut des Handrückens Schichten/Bestandteile der Haut[Bearbeiten | Die äußere Haut gliedert sich in drei wesentliche Schichten: Epidermis (Oberhaut), Dermis (Lederhaut, lat. corium) und Subcutis (Unterhaut). Dabei bilden Epidermis und Dermis zusammen die Cutis (oder Kutis). Oberhaut (Epidermis)[Bearbeiten | Die Epidermis gehört zu den Epithelgeweben. Es handelt sich um ein mehrschichtiges verhornendes Plattenepithel, das üblicherweise zwischen 0,03 und 0,05 Millimeter dick ist. An den Handinnenflächen und den Fußsohlen ist die Hornschicht bis zu mehrere Millimeter dick und wird umgangssprachlich Hornhaut genannt (siehe auch Hornschwiele). Von außen nach innen werden folgende Schichten unterschieden: Hornschicht (Stratum corneum) Glanzschicht (Stratum lucidum) (ist nur an der Leistenhaut der Hand- und Fußinnenseiten vorhanden) Körnerzellenschicht (Stratum granulosum) Stachelzellschicht (Stratum spinosum) Basalschicht (Stratum basale) Stachelzellschicht und Basalzellschicht bilden zusammen die Keimschicht (Stratum germinativum). Lederhaut (Dermis, Corium)[Bearbeiten | Die Dermis besteht vorwiegend aus Bindegewebsfasern und dient der Ernährung und Verankerung der Epidermis. Hier versorgt das fein kapillarisierte Blutgefäßsystem die Grenzzone zur Epidermis. Die untere Lederhaut enthält die für die Temperaturregelung wichtige glatte Muskulatur und Blutgefäße. Die Dermis wird in ein Stratum papillare (Papillenschicht, Zapfenschicht, Papillarkörper) und ein Stratum reticulare (Netzschicht) unterteilt. Optische Kohärenztomografie der Fingerspitze (Leistenhaut) in vivo mit Schweißdrüsenausführungsgängen Hautanhangsgebilde[Bearbeiten | Zu den Hautanhangsgebilden werden verschiedene Gebilde gezählt, so die Schuppen von Reptilien, die Federn von Vögeln, die Haare von Säugetieren und weitere aus der Haut hervorgehende Bildungen wie Hörner, Nägel, Klauen und Hufe, deren Substanz ebenfalls wesentlich aus Keratinen besteht. Neben diesen Gebilden zählen auch Hautdrüsen dazu, die an der Oberhaut (Epidermis) münden und in der Lederhaut (Dermis) verankert sind. Hierzu gehören beim Menschen Talgdrüsen, ekkrine Schweißdrüsen und Duftdrüsen; die Milchdrüse ist eine spezialisierte Hautdrüse. Der ein Haar aufrichtende Haarbalgmuskel, Musculus arrector pili, ist ein Anhangsgebilde der Haut; Kontraktionen der Haarbalgmuskeln führen beim Menschen zur Gänsehaut, bei Stacheligeln machen sie ihr Haarkleid zur wirksamen Verteidigungswaffe. Unterhaut (Subcutis)[Bearbeiten | Die Subcutis (oder Subkutis) bildet die Unterlage für die darüberliegenden Hautschichten und enthält die größeren Blutgefäße und Nerven für die oberen Hautschichten sowie das subkutane Fett und lockeres Bindegewebe. In der Unterhaut liegen Sinneszellen für starke Druckreize, zum Beispiel die Lamellenkörperchen. Oberflächenstruktur der Haut[Bearbeiten | Betrachtet man die Haut genauer oder mit einer Lupe, so wird ein feines Relief sichtbar. Nach diesem wird die Haut in zwei Typen unterschieden. Leistenhaut[Bearbeiten | Fingerabdruck Leistenhaut tritt an den Fingern, der Handinnenseite (palmar) und der Fußsohle (plantar) auf. Die Epidermis zeigt hier feine Papillarlinien (Hautleisten), die dadurch entstehen, dass sich die Lederhautpapillen in Längsreihen anordnen. Dabei ist jede Hautleiste von zwei Papillarkörperreihen unterlagert. Die Hautleisten bilden den Fingerabdruck, ein individuelles Muster aus verschiedenen geometrischen Figuren (Wirbel, Bogen, Schleife, Doppelschleife). Diese Muster werden bei der Fingerabdruckerkennung (Daktyloskopie) kriminaltechnisch als eine Form der biometrischen Daten genutzt. Die Leistenhaut enthält, außer vielen Schweißdrüsen, keine Hautanhangsgebilde. Felderhaut[Bearbeiten | Felderhaut bedeckt die übrigen Hautbereiche. Hier zeigt die Oberfläche durch feine Furchen abgegrenzte rhombische Felder (Areolae cutaneae). Die Furchen entstehen an den papillenfreien Epidermisbereichen und verstreichen bei stärkerer Hautspannung. Sie dienen als Reservefalten, da die Oberhaut weniger dehnungsfähig ist als die Lederhaut. Die Größe der Hautfelder variiert je nach Körperregion. Die Felderhaut enthält die Hautanhangsgebilde und ist weniger als 0,1 mm dick. Am dünnsten ist sie im Bereich des Auges und der Geschlechtsorgane. Funktionen der Haut[Bearbeiten | Die Haut ist das funktionell vielseitigste Organ.[6][7] Unter anderem schützt sie vor Wärmeverlust und äußeren Einflüssen und dient der Aufnahme von Sinnesreizen. Funktionen von Bestandteilen der Haut[Bearbeiten | Die einzelnen Bestandteile der Haut erfüllen spezialisierte Funktionen. Hautanhänge und Schichten: Haare: Schutz vor Wärmeverlust, Sonnenstrahlen, Nässe; Kommunikations- und Tarnfunktionen durch Pigmentierung Federn: dieselben Funktionen wie Haare, zusätzlich Unterstützung der Flugfähigkeit Hornschicht: Schutz vor Verletzungen und Austrocknung Fettgewebe in der Unterhaut: Schutz vor Druck und Unterkühlung Keimschicht: Nachbilden von Hautzellen Weitere Bestandteile: Schweißdrüsen: Produktion von Schweiß, Schutz vor Überhitzung durch Verdunstung Talgdrüsen: Produktion von Talg (Fett) Haarbalgmuskel: Aufrichten der Vellushaare Melanozyten: Schutz der genetischen Information im Zellkern vor UV-Strahlung Blutgefäße: Temperaturregulation und Versorgung der Hautzellen mit Nährstoffen und Sauerstoff Sinnesrezeptoren: Kälterezeptoren: Aufnahme von Temperaturreizen kalt Wärmerezeptoren: Aufnahme von Temperaturreizen warm freie Nervenendigungen: Aufnahme von Berührungsreizen und Schmerzempfindung Tastkörperchen: Aufnahme von Berührungsreizen Lamellenkörperchen: Aufnahme von Druckreizen Grenzorgan[Bearbeiten | Die Haut schützt den Organismus vor dem Eindringen von Krankheitserregern und gasförmigen, flüssigen oder festen Fremdsubstanzen im weitesten Sinn, vor mechanischen bzw. physikalischen Verletzungen (wie Strahlenschäden), aber auch vor Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Proteinverlusten, die bei großflächigen Hautschäden, wie schwere Verbrennungen, lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Besiedelt wird sie von Bakterien und Pilzen, der sogenannten residenten Hautflora; aber auch Milben können sich auf der Haut oder den Hautanhangsgebilden befinden. Als antigenpräsentierende Zellen fungieren in der Haut die Langerhanszellen. Hautsubstanz geht durch Abschilferung/Schuppung, mechanische Abnutzung sowie chemische Korrosion etwa durch starke Laugen oberflächlich verloren und wird durch Nachwachsen an der Untergrenze der Oberhaut neu gebildet. Ist die Oberhaut weitgehend abgenutzt, werden die Nervenzellen in der Haut extrem empfindsam. Bei dauerhaft mäßiger Beanspruchung wird die Hornhaut durch lokale Schwielenbildung verstärkt. Wird die Haut lokal verletzt, versucht der Körper durch Fibrin die Wunde zu verkleben. Krusten auf der Haut trocknen ein, ziehen sich und damit die Wundränder zusammen. Durch übermäßige Dehnung durch Körperfetteinlagerung oder Schwangerschaft kann Bindegewebe unter der Haut wiederholt quer zur Dehnungsrichtung reißen, was nach Verringern des Körpervolumens als Schwangerschaftsstreifen sichtbar bleiben kann. Stoffaustausch[Bearbeiten | Der Stoffaustausch der Haut erfolgt mittels Mikrozirkulation: Die Lederhaut wird durch den Blutstrom mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Von dort gelangen die Stoffe aus den Blutkapillaren über das Gewebewasser in die nicht durchblutete Epidermis. Stoffwechselprodukte werden mit dem Gewebewasser zurück in die Lederhaut und die dort befindlichen Lymph- sowie Blutkapillaren transportiert, die jeweils in Lymphgefäßen und Venolen münden.[8] Daneben findet eine ständige, aber nicht wahrnehmbare Verdunstung von Wasser (Perspiratio insensibilis) statt, das durch die Haut diffundiert. Beim wahrnehmbaren Schwitzen (Transpiration, Perspiratio sensibilis) werden über die Schweißdrüsen Wasser und darin gelöste Salze und andere Stoffwechselprodukte an die Oberfläche gespült.[9] Beides ergibt zusammen den Transepidermalen Wasserverlust. Zwei der drei Transportwege durch das Stratum corneum[10] Eindringen von Wirkstoffen[Bearbeiten | Bei der äußerlichen dermatologischen bzw. kosmetischen Behandlung der Haut müssen die Wirkstoffe die Barrierezone der Hornschicht (das Stratum corneum) durchdringen, damit sie die unteren Hautschichten erreichen können. Dies gelingt z. B. gut löslichen Wirkstoffen mit niedriger Molmasse, moderater Lipophilie und einem Schmelzpunkt unter 200 C. Hitze, Okklusion und Lösungsmittel fördern die Penetration.[11] Lösungsmittel greifen in die Hautstruktur ein, indem sie unter anderem Fette aus der Hornschicht lösen, die Keratinstruktur in den Hornzellen lockern oder die oberen Hornzellschichten ablösen.[12] Letzteres kann z. B. durch ein chemisches Peeling bewirkt werden. Penetrationsbeschleunigende Substanzen oder Verfahren können die Hautstruktur schädigen, was einen erhöhten transepidermalen Wasserverlust nach sich zieht, und je nach Intensität Irritationen der Haut auslösen.[12] Es gibt drei verschiedene Transportwege durch die Hornhaut: Der Diffusionsweg über Drüsenöffnungen und Haarfollikel. Neuere Studien schreiben diesem Weg im Zusammenhang mit Nanopartikeln sowie einigen mittelgroßen und sehr großen Molekülen eine wesentliche Bedeutung zu, obwohl der Flächenanteil dieser Hautanhangsgebilde zur Gesamtfläche der Haut relativ klein ist.[13][14] Der transzelluläre Transportweg durch die Korneozyten. Diesem Weg wird aufgrund der dichten Molekularstruktur in den Korneozyten keine tragende Rolle beigemessen.[15][16] Der interzelluläre Weg durch die Lipidmatrix zwischen den Korneozyten gilt als der wichtigste Transportweg für kleine Moleküle mit lipophilem Charakter.[17] Wärmehaushalt[Bearbeiten | Über die Haut kann der Körper seinen Wärmehaushalt regulieren. Einer Überhitzung wirkt die Haut mit den Schweißdrüsen entgegen. Durch die Schweißproduktion und die dadurch mögliche Verdunstung wird Wärme von den dicht unter der Haut verlaufenden Kapillargefäßen, die dazu weit geöffnet sind, abgeführt (siehe Schwitzen). Mit Hilfe des Unterhautfettgewebes und in geringerem Maße der Behaarung wird Wärme zurückgehalten. Bei Kälte werden die Haut und das Unterhautfettgewebe nur noch gering durchblutet; beide wirken dadurch als Isolatorschicht. Die Haare können aufgrund des geringen Haarkleides des Menschen nur noch geringe Isolationsfunktion übernehmen. Dennoch kann man das Wirkprinzip eines Fellkleides noch gut beobachten. Bei der bei Kälte auftretenden Gänsehaut richtet der Musculus arrector pili das Haar auf. Eine geschlossene Behaarung ermöglicht hier einen wesentlich besseren Schutz vor Unterkühlung. Schutz vor UV-Strahlung[Bearbeiten | Die Stärke der einfallenden UV-Strahlung auf der Erdoberfläche hängt von der Tageszeit, der geographischen Lage, der Jahreszeit, der Seehöhe, der jeweiligen Dicke der Ozonschicht, der Bewölkung und von vielen anderen örtlichen Parametern ab. Gegen die schädlichen Wirkungen der UV-Strahlung auf die Haut und der darunterliegenden Gewebe existieren folgende Schutzmechanismen: Während das Haarkleid (Fell) der Säugetiere oder das Federkleid der Vögel sehr effektiv gegen nachteilige Folgen der UV-Strahlung schützt, da es den größten Anteil der UV-Strahlung absorbiert oder reflektiert, ist der unbekleidete Mensch weitgehend ungeschützt. Die Hornschicht (stratum corneum) der menschlichen Haut absorbiert und reflektiert normalerweise etwa 10 % der UVB- und die Hälfte der UVA-Strahlung. Auf beständige erhöhte UV-Belastung reagiert die Haut zunächst mit einer Verdickung der Hornschicht. Als Lichtschwiele ist diese besonders stark nach Sonnenbränden ausgebildet.[18] Der Schutz der Haut durch Pigmentierung beruht auf der physikalischen Absorption von UV-Strahlen durch Pigmente. Viele Tiere besitzen eine Pigmentierung der Haut. Die veränderliche Pigmentierung der menschlichen Haut stellt im Tierreich jedoch eine einzigartige Anpassungs- und Schutzmöglichkeit gegen UV-Strahlung dar. Es gibt kaum Tiere, deren Haut in der Lage ist, die Pigmentierung so stark zu verändern wie der Mensch.[18] Als so genannte Sofortbräunung (englisch immediate pigment darkening) bezeichnet man eine kurzfristige, nur wenige Stunden anhaltende Bräunung der Haut nach einer UV-Belastung. Die Sofortbräunung beruht sowohl auf einer Änderung der chemischen Konformation der Melaninmoleküle als auch auf einer Umverteilung der Pigmentkörperchen in der Epidermis; sie besitzt fast keine Schutzwirkung gegen UV-Strahlung.[18] Die (verzögerte) UV-Bräunung setzt erst ca. 72 Stunden nach der UV-Belastung ein. Die Melanozyten der Haut reagieren auf UV-Einstrahlung mit der verstärkten Produktion und Abgabe von Eumelanin (oder Phäomelanin bei Menschen des Hauttyps 1), das der Haut einen braunen (Phäomelanin: rötlichen) Farbton gibt, und UV in hohem Maße absorbiert, wobei Phäomelanin wesentlich weniger UV absorbiert. Die ethnisch verschiedenen Hautfarben der Menschen resultieren aus den jeweiligen Hauttypen. Der Schweiß des menschlichen Körpers enthält UVA-Strahlung absorbierende Urocaninsäure. Die ersten Hominiden hatten möglicherweise eine nur schwach pigmentierte Haut, die von dunklen Haaren bedeckt war, ähnlich wie bei heutigen Schimpansen. Relativ bald in der Hominidenevolution dürfte sich eine nackte, dunkel pigmentierte Haut entwickelt haben, die als UV-Schutz diente. Mit der Ausbreitung in den sonnenärmeren Norden konnte sich die Pigmentierung verringern, vermutlich um besser Vitamin D generieren zu können. Insbesondere während der Schwangerschaft und während des Stillens könnten sich hieraus Überlebensvorteile ergeben haben.[19] Kontakt- und Sinnesorgan[Bearbeiten | Die Haut stellt den sichtbaren Teil des menschlichen Körpers dar. Als solcher erfüllt die Haut eine Reihe kommunikativer Funktionen. Zur Reizaufnahme und damit zur Oberflächensensibilität ist die Haut mit unterschiedlichen Typen von Rezeptoren ausgestattet: Schmerzrezeptoren: Sie liegen in der Lederhaut und Oberhaut. Ihre Dichte variiert je nach Körperregion (bis zu 200/cm Haut). Druckrezeptoren (Vater-Pacini-Körperchen): Sie dienen der Wahrnehmung von Druckempfindungen und liegen in der Unterhaut. Ihre Dichte beträgt bis zu 100/cm . Thermorezeptoren (freie Nervenendigungen): Sie sind besonders dicht an Kinn, Nase, Ohrmuschel, Ohrläppchen (9 bis 12/cm ) und Lippen (> 15/cm ). Insgesamt besitzt die menschliche Haut ca. 250.000 Kälterezeptoren. Die Anzahl der Wärmerezeptoren beträgt nur etwa 1/10 davon, sie arbeiten zudem deutlich langsamer als Kälterezeptoren. Dehnungsrezeptoren (Ruffini-Körperchen): Sie registrieren den Dehnungszustand der Haut und liegen in der Lederhaut (Stratum reticulare). Ihre Dichte beträgt bis zu 2/cm Haut. Tastrezeptoren (Meissner-Körperchen und Merkel-Zellen): Tastrezeptoren kommen in der unbehaarten Haut vor. Besonders dicht (Abstand: 1 bis 5 mm) sind sie in den Fingerspitzen, den Lippen, der Zunge, den Brustwarzen, den äußeren Geschlechtsorganen und der Afterregion verteilt. Haarfollikelrezeptoren: Sie registrieren die Haarstellung (siehe auch Vibrisse). Die psychogalvanische Hautreaktion gibt Rückschlüsse auf emotionale Vorgänge. Siehe auch: Lügendetektor Siehe auch: Erröten und Erythrophobie Siehe auch: Streicheln und Erotik Repräsentationsorgan[Bearbeiten | Da die Haut stark das Erscheinungsbild des Menschen prägt, ist sie Hauptobjekt der Kosmetik. Natürliche Erscheinungen sind Sommersprossen, Leberflecken und Altersflecken. Künstlich verändert wird das Aussehen der Haut durch UV-Bestrahlung im Solarium, Tätowierungen, die Skarifizierung, Brandnarben, die Körperbemalung oder die Hautaufhellung. Außerdem ist die Haut Träger aller Arten von Körperschmuck und von Kleidung. Nach Untersuchungen von Wissenschaftlern der Jacobs-Universität in Bremen wirken Menschen mit glatter Haut glaubwürdig und seriös.[20] Sonstiges[Bearbeiten | Aus Amerika wird historisch das kriegerische Ritual des Skalpierens, als Abziehen der Kopfhaut samt darunterliegender Schwarte, berichtet. Die Verwendung von menschlicher gegerbter Haut etwa von Hingerichteten als Material für Bucheinbände ist im 19. Jahrhundert nachweisbar.[21][22] Haut von Tieren[Bearbeiten | Säugetiere[Bearbeiten | Die Haut ist überwiegend von Fell bedeckt und kann daher relativ dünn sein. Bei den meisten Hunderassen ist sie fast weiß. In der leicht rosafarbigen Haut des Hausschweins sitzen wenige, doch im Vergleich zu anderen Fellhaaren dicke Borsten. Die von ihnen gebildeten Poren sind charakteristisches Merkmal von Schweinsleder. Haut von Eisbären ist an der Schnauze und unter dem Fell sehr dunkel bis schwarz. Im Zusammenspiel mit den weißen Haaren gelingt es, Sonnenstrahlung thermisch gut zu absorbieren und Verluste an die Umgebungsluft durch Wind und Konvektion gering zu halten. Am Kopf und Gesäß der Affenart Mandrill treten arttypisch hellblaue und rote Hauttöne auf. Die Haut der Wale, insbesondere der schnellschwimmenden Delfine, weist ein feines Relief auf, das zusammen mit der Wirbeldämpfung durch die Verformung darunterliegenden Fetts und vermuteter Muskelreaktion in der Haut den Strömungswiderstand herabsetzt und so schnelleres Schwimmen ermöglicht. Amphibienhaut[Bearbeiten | Haut eines Krokodils Die Haut der Amphibien ist dünn, nackt und feucht. Ihre Oberflächenbeschaffenheit ist bei Fröschen und Salamandern glatt oder bei Kröten und Unken warzig. Die Haut von Amphibien zeigt eine hohe Farbenvielfalt. Manche Arten, wie der einheimische Laubfrosch, besitzen sogar die Fähigkeit zum Farbwechsel ähnlich wie Chamäleons. Verantwortlich für diese Eigenschaft sind spezielle Pigmentzellen unterhalb der Oberhaut, die unterschiedliche Farbstoffe speichern, so Melanin (braun bis schwarz), Pteridin (gelb) und Carotinoide (orange bis rot). Von Zeit zu Zeit wird die Oberhaut der Amphibien erneuert (Häutung). Die alte Haut wird bei Froschlurchen dabei abgesprengt, bei Schwanzlurchen (speziell Molche) jedoch als Ganzes abgestreift. Manche Hautpartien von Amphibien sind besonders dehnbar und ermöglichen die Ausbildung von Schallblasen zur Lauterzeugung. Diese Hauteigenschaften bringen Vor- und Nachteile mit sich. Vorteile sind: Die dünne Haut ermöglicht die Sauerstoffaufnahme direkt über die Körperoberfläche (Hautatmung), ebenso die Wasseraufnahme. Eine glatte Haut hat einen geringeren Strömungswiderstand und ermöglicht so schnelleres Schwimmen. Bei vielen Amphibien, vor allem bei Fröschen, wird die Haut mit einer glitschigen Schleimschicht befeuchtet, die die Flucht vor Feinden unterstützt. Die Hautdrüsen der Amphibien sind in der Lage, Hautgifte abzusondern; diese stellen einen wirksamen Fraßschutz dar. Vor allem schützen sie die feuchte Haut vor Pilz- und Bakterieninfektion selbst für die extrem starken Gifte der Pfeilgiftfrösche soll dies der Hauptgrund sein. Nachteile sind: Die dünne Haut ist leichter verletzbar. Erhöhte Austrocknungsgefahr bei warmem Sonnenschein durch die Hautfeuchtigkeit der meisten Amphibien. Das führt zu ihrer verstärkten Nachtaktivität. Die Wasseraufnahmefähigkeit dünner Haut erleichtert auch die Aufnahme von Giften. Auf Äckern eingesetzte Spritzmittel, Kunstdünger, aber auch Jauche und saurer Regen führen während der Laichwanderung rasch zum Tod. Stoffaustausch bei Tieren[Bearbeiten | Über die Körperoberfläche verschiedener Tiere werden in unterschiedlichem Maße Stoffe aus der Umgebung aufgenommen und abgegeben. Diese können gasförmig, flüssig oder fest (in wässrigem Medium gelöst) sein. Der Stoffaustausch kann aktiv (unter Energieaufwand) oder passiv (in Richtung eines osmotischen Gefälles) verlaufen. Bei den Gasen kann es sich um die Aufnahme von Sauerstoff und die Abgabe von Kohlendioxid (Hautatmung) handeln, aber auch um Stickstoff und Inertgase. Wasser kann aufgenommen oder abgegeben werden, zur Wasserregulation und als Transportmedium für gelöste gasförmige oder feste Stoffe dienen. Gelöste Stoffe können Salze sein (Aufnahme oder Abgabe), Stoffwechselprodukte, aber auch toxische Stoffe aus der Umwelt (wie organische Bleiverbindungen). Fischhaut und umgebendes Wasser[Bearbeiten | In Süßwasser befindliche Fische, deren Gewebe gelöstes Salz enthält, nehmen beständig durch Osmose über ihre semipermeable Haut Wasser auf, das sie über ihr Organsystem wieder ausscheiden müssen, um den Salzgehalt in ihrem Körper zu stabilisieren und keinen osmotischem Überdruck zu erleiden. Umgekehrt verlieren Fische im stärker salzigen Meerwasser laufend die beweglicheren Wassermoleküle durch denselben Prozess. Diese Fische müssen unter Energieaufwand Süßwasser gewinnen und Salz aktiv ausscheiden. Lachse leben abwechselnd und längere Zeit in Süß- und Salzwasser, diese benötigen daher beide Organfähigkeiten. Kulturelle und wirtschaftliche Nutzung von Tierhaut[Bearbeiten | Die Haut von Tieren wird vom Menschen in unterschiedlicher Art genutzt. So wird sowohl Leder als auch Pergament aus Tierhaut gewonnen. Die Tiere dienen hier als Nebenproduktlieferanten. Pergament findet insbesondere als Beschreibstoff Verwendung, Leder dient z. B. der Schuhherstellung, wird in der Bekleidungs- und Polstermöbelherstellung, in der Innenraumgestaltung von Automobilen und Gebäuden und für praktische / technische Zwecke (Riemen, Gurte, Gürtel) verwendet. Bei manchen Tieren, die als Nahrungslieferant dienen, wird die Haut auch mitverzehrt. Hautkrankheiten[Bearbeiten | Es gibt zahlreiche Hautkrankheiten, die auf einer direkten Schädigung der Haut, etwa durch Infektion, beruhen, aber auch solche, die durch andere Organ- oder Allgemeinerkrankungen entstehen. Hautveränderungen bezeichnet man in der Dermatologie dem medizinischen Fachgebiet der Hautkrankheiten als Effloreszenzen. Hautkrankheiten oder Hautanomalien können in unterschiedlichen Bereichen der Haut entstehen:[23] Hühneraugen sind Verhornungsanomalien der Haut.Unter Verhornungsanomalien lassen sich Störungen des Verhornungsprozesses der Oberhaut verstehen. Dazu zählen:[23] Hautgrieß (Milien) Hühneraugen Warzen Alterswarzen (seborrhoische Warzen) Feuermale sind Veränderungen der Blutgefäße.Veränderungen der Blutgefäße in der Lederhaut nennen sich Blutgefäßanomalien. Dazu zählen:[23] Feuermale Äderchenzeichnung (Teleangiektasie) Hämangiom (Blutschwamm) Rosazea (entzündliche, gefäßweitende Pusteln) Pigmentanomalien sind unregelmäßige Pigmentierungen und entstehen durch Veränderungen der Melaninproduktion. Dazu zählen:[23] Leberflecken, Muttermale Sommersprossen Weißflecken (Vitiligo) Hautkrebs Durch Veränderungen der Talgdrüsen können Talgdrüsenanomalien entstehen. Dazu zählen:[23] Offene und geschlossene Komedonen (Mitesser) Akne Grützbeutel (Atherom) Weitere Schädigungen der Haut können durch Infektionen im Rahmen eines Diabetes mellitus (Dekubitus, diabetisches Fußsyndrom), Bissverletzungen, Brandwunden, Schuss- und Stichverletzungen, Infektionen nach Verletzungen im Meerwasser, Infektionen durch seltene Erreger[24] oder Schäden durch Pflanzeninhaltsstoffe[25] sein. Sehr selten gibt es auch angeborene Erkrankungen der Haut wie die Aplasia cutis congenita. Zu den Infektionen der Haut gehören unter anderem Bulla rodens (Bulla repens staphylogenes), Erysipel, Follikulitis, Furunkel, Karbunkel, Pyodermie, Impetigo contagiosa, Paronychie, Panaritium und Phlegmone.[26] Siehe auch Pergamenthaut Schwimmhaut Flughaut Trommelfell |
Hepatitis A.txt |
Klassifikation nach ICD-10
B15.-
Akute Virushepatitis A
B15.0
Virushepatitis A mit Coma hepaticum
B15.9
Virushepatitis A ohne Coma hepaticum
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Die Hepatitis A ist eine durch das Hepatitis-A-Virus verursachte Infektionskrankheit. Hauptsymptom ist eine akute Entzündung der Leber (Hepatitis). Die Hepatitis A verläuft niemals chronisch und heilt meist ohne Komplikationen spontan aus. Sie wird durch verunreinigtes Trinkwasser, kontaminierte Lebensmittel (zum Beispiel Muscheln) oder als Schmierinfektion übertragen[1] und tritt in gemäßigten Breiten meist als importierte Erkrankung nach einem Aufenthalt in Risikogebieten auf. Eine Impfung bietet einen sicheren Schutz gegen die Hepatitis A.
Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hepatitis-A-Virus
Virion des Hepatitis-A-Virus
Systematik
Klassifikation:
Viren
Realm:
Riboviria[3][2]
Reich:
Orthornavirae[2]
Phylum:
Pisuviricota[2]
Klasse:
Pisoniviricetes[2]
Ordnung:
Picornavirales
Familie:
Picornaviridae
Unterfamilie:
Heptrevirinae
Gattung:
Hepatovirus
Art:
Hepatovirus A
Taxonomische Merkmale
Genom:
(+)ssRNA linear
Baltimore:
Gruppe 4
Symmetrie:
ikosaedrisch
Hülle:
keine
Wissenschaftlicher Name
Hepatovirus A
Kurzbezeichnung
HAV, HVA
Links
ICTV Taxon History:
201852003
NCBI Taxonomy:
12092
ViralZone (Expasy, SIB):
94 (Gattung)
Das Hepatitis-A-Virus (HAV, wissenschaftlich Hepatovirus A, HVA) gehört zur Familie der Picornaviridae, Genus Hepatovirus. Es weist ein ikosaedrisches Nukleokapsid mit 27 nm Durchmesser ohne Hüllmembran auf, in dem sich eingelagert ein einzelsträngiges RNA-Genom in Positivstrangorientierung befindet. Das Genom weist eine Gesamtlänge von 7,5 kb auf.[4] Das Genom ist aufgrund der Positivstrangorientierung per se infektiös, das heißt unter gegebenen Umständen kann alleine die gereinigte Nukleinsäure eine Infektion bewirken. Das 3'-Ende des Genoms ist polyadenyliert und besitzt eine nicht-translatierte Region (NTR). Das 5'-Ende besitzt eine weitere NTR mit komplexer Sekundärstruktur, die Internal ribosomal entry site (IRES), welche die cap-unabhängige Initiation der Translation vermittelt und zusätzlich ein kovalent gebundenes, viruscodiertes Protein, das VPg (englisch Virus protein genome-associated).
Das Genom wird von einem einzigen offenen Leserahmen (englisch Open Reading Frame, ORF) gebildet, das entsprechend für ein einziges Vorläuferprotein von 251 kDa Größe und circa 2225 Aminosäuren codiert. Dieses Polyprotein ist experimentell nicht fassbar, da es noch während der eigentlichen Synthese proteolytisch durch die virale Protease 3C in einzelne Struktur- und Nichtstrukturproteine gespalten wird. Die Strukturproteine VP1, VP2, VP3 und VP4, welche aus dem Polypeptid P1 hervorgehen, stellen die Grundlage des viralen Capsides dar. Diese bestehen aus je 60 Einheiten der besagten Proteine, wobei lediglich VP1 bis VP3 an der Oberfläche anzutreffen sind. VP4 hingegen ist im Falle von HAV nicht fassbar. Aus den Polypeptiden P2 und P3 gehen die Nichtstrukturproteine hervor. Zu ihnen gehören zum Beispiel das Protein 2A, welches beim Virusassembly (Zusammenbau der Virusteilchen) eine Rolle spielt, sowie die Protease 3C und die Polymerase 3D.
Dieses Virus ist in Ländern mit hohen hygienischen Standards selten anzutreffen. Das Virus ist sehr resistent gegen hohe Temperaturen, Säuren und Laugen (beispielsweise Seifen und andere Reinigungsmittel).
Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hepatitis A – Verbreitung auf der Welt (Stand 2005)Hoch: Prävalenz höher als 8 %Mittel: zwischen 2 % und 7 %Niedrig: weniger als 2 %
Das HAV kommt in Südostasien, Russland, im vorderen Orient, Mittelmeerraum, Afrika, Mittel- und Südamerika vor und wird häufig von Reisen aus diesen Ländern mitgebracht. Gelegentlich kommt es dadurch zu lokalen Ausbrüchen auch in Hepatitis-A-freien Regionen. Die beim RKI für Deutschland gemeldeten Fallzahlen haben sich seit dem Jahr 2000 folgendermaßen entwickelt (1994 zum Vergleich):
Jahr
gemeldete Fallzahlen
1994
5484[5]
2000
2780[6]
2001
2274[7]
2002
1479[8]
2003
1368[9]
2004
1916[10]
2005
1217[11]
2006
1229[12]
2007
939[13]
2008
1073[14]
2009
926[15]
2010
788[16]
2011
831[17]
2012
832[18]
2013
779[19]
2014
682[20]
2015
830[21]
2016
737[22]
2017
1217[23]
2018
1044[24]
2019
874[24]
2020
551[25]
2021
564[25]
2022
696[26]
2023
859[27]
2024
991[27]
Hier fehlt eine Grafik, die leider im Moment aus technischen Gründen nicht angezeigt werden kann. Wir arbeiten daran!
Übertragung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Übertragung der Hepatitis-A-Viren erfolgt fäkal-oral (beispielsweise Kot/Urin – Hand – Mund) durch eine Schmierinfektion. Ein hohes Übertragungsrisiko besteht bei entsprechenden Sexualkontakten.[28]
In Ländern mit hohem Hygienestandard erfolgt eine Übertragung vor allem durch Kleinkinder, deren Infektion meist symptomlos verläuft. Das bedeutet, dass sowohl durch engen Personenkontakt als auch durch verunreinigtes Trinkwasser, Säfte oder ungenügend gegarte Nahrungsmittel die Viren übertragen werden können. Ein erhöhtes Risiko stellen fäkaliengedüngtes Gemüse (z. B. Salate) oder auch Meeresfrüchte (z. B. Muscheln) dar. In einigen Muschelarten kann das HAV mehrere Monate persistieren.
Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Erkrankung, beträgt im Durchschnitt zwischen 28 und 30 Tagen, mit einer Spanne von 15 - 50 Tagen.[29]
Diagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Diagnose wird klinisch gestellt, der laborchemische Nachweis erfolgt durch die Bestimmung des Anti-HAV-IgM im Serum bei positivem HAV-Gesamt-Immunglubulin oder IgG. Bei Geimpften und Menschen nach durchgemachter Infektion deutet ein Anti-HAV-IgG mit dem Schwellenwert von > 10 – 20 mIU/ml auf eine Immunität hin. Unüblich ist der direkte Erregernachweis von HAV-Antigen oder Virus-RNA mittels RT-PCR im Stuhl. Die Sequenzierung des Genoms kann bei der Ausbruchsermittlung der kausalen Ursachenzuordnung eines Hepatitis-A-Clusters dienen.[29] Im Blutserum sind Antigen oder RNA nur für wenige Stunden nachweisbar.
Symptome und Klinischer Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Hepatitis A kann akut über mehrere Wochen bis Monate verlaufen. Verglichen mit anderen Hepatitiden ist diese Erkrankung aber relativ milde. Besonders bei Kindern verläuft sie in der Regel harmlos, oft ganz asymptomatisch. Sie wird niemals chronisch und führt deshalb auch nicht zu einer dauerhaften Schädigung der Leber.
Zu Beginn der Erkrankung können uneindeutige Beschwerden des Verdauungstraktes, allgemeines Krankheitsgefühl und Fieber auftreten. Dieses Krankheitsbild geht dann in eine Phase der Leberentzündung mit Gelbfärbung der Haut und Skleren, Entfärbung des Stuhls und Dunkelfärbung des Urins über. Oft kommt es begleitend zu einem schweren Juckreiz. Durch Vergrößerung der Leber und gegebenenfalls noch der Milz kann es zu Schmerzen im Oberbauch kommen. Gelegentlich tritt auch ein Hautausschlag auf, welcher dem von Scharlach ähnelt.[29]
Eine Hepatitis-A-Infektion kann aber auch subklinisch ohne klinische Zeichen einer Leberentzündung ablaufen. Insbesondere Kinder zeigen häufig einen solchen Verlauf.[29] Bei 3 bis 20 % der symptomatisch erkrankten Patienten tritt ein zweigipfliger Verlauf auf, bei denen die Leberentzündung nach Besserung einen erneuten Rückfall erleidet.[4]
Die Zeit der höchsten Infektiosität ist zweigipflig, der erste Gipfel liegt etwa ein bis zwei Wochen vor dem Ausbruch, der zweite Gipfel liegt in den Tagen direkt nach dem Beginn der Symptome einer Leberentzündung. Die Patienten sind jedoch bis eine Woche nach Ausbruch der ikterischen Symptome regelhaft infektiös. Säuglinge, Kleinkinder und Personen mit einem geschwächten Immunsystem können das HA-Virus mehrere Wochen ausscheiden.[29]
Obwohl die meisten Erkrankten sich wieder gut erholen, muss doch jeder Zehnte im Krankenhaus behandelt werden. Die Ausheilung geschieht in der Regel in vier bis acht Wochen (selten bis zu 18 Monaten).
Eine HAV-Infektion kann bei Patienten mit vorgeschädigter Leber oder mit einer chronischen HBV- oder HCV-Infektion zu einer kritischen Einschränkung der Leberfunktion führen.
Es sind mehrere, jedoch sehr seltene Fälle weltweit beschrieben, bei denen es bei einer HAV-Infektion zu einem akuten Zerfall von Stammzellen im Knochenmark (Agranulozytose) mit tödlichem Ausgang kam. Es werden hierbei immunologische Effekte des HAV diskutiert. Bei fast jeder HAV-Infektion ist ein geringer und vorübergehender Abfall der peripheren Immunzellen festzustellen.[30]
Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine ursächliche Behandlung der Virusinfektion ist nicht bekannt. Infolgedessen besteht die Behandlung in der Linderung von Erbrechen- und grippeähnlichen Symptomen, wobei leberschädigende Medikamente vermieden werden sollen. Neben der Empfehlung eines strikten Verzichts auf Alkohol sind keine speziellen Ernährungsmaßnahmen erforderlich.[29]
Impfung und Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Hepatitis-A-Impfstoff
Dreimalige Gabe einer Impfstoffkombination zur Vorbeugung gegen Hepatitis-A und Hepatitis-B (Twinrix®)
Eine Impfung ist möglich und wird Personen empfohlen „mit einem Sexualverhalten mit erhöhtem Expositionsrisiko; z. B. für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM)“, „Personen mit häufiger Übertragung von Blutbestandteilen, z. B. Hämophile, oder mit Krankheiten der Leber/mit Leberbeteiligung“ sowie „Bewohner[n] von psychiatrischen Einrichtungen oder vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für Menschen mit Verhaltensstörung oder Zerebralschädigung“, außerdem „Reisende[n] in Regionen mit hoher Hepatitis-A-Prävalenz“, ebenso „Personen mit erhöhtem beruflichen Expositionsrisiko, einschließlich Auszubildende[n], Praktikanten, Studierende[n] und ehrenamtlich Tätige[n] mit vergleichbarem Expositionsrisiko in folgenden Bereichen:
Gesundheitsdienst (inkl. Sanitäts- und Rettungsdienst, Küche, Labor, technischer und Reinigungsdienst, psychiatrische und Fürsorgeeinrichtungen),
Personen mit Abwasserkontakt, z. B. Kanalisations- und Klärwerksarbeiter,
Tätigkeit (inkl. Küche und Reinigung) in Kindertagesstätten, Kinderheimen, Behindertenwerkstätten, Asylbewerberheimen u. ä.“[31]
Es ist eine passive und aktive Immunisierung möglich. Reine Hepatitis-A-Impfstoffe werden zweimal intramuskulär injiziert.[32] Die Schutzwirkung der Impfung hält bei 95-100 % der Geimpften rund 10 bis 20 Jahre. Bei über 90 % der Geimpften geht man aufgrund von mathematischen Modellierungen von 30-40 Jahren Schutzdauer aus.[29]
Außerdem gibt es Kombinationsimpfstoffe, die zusätzlich gegen Hepatitis B schützen. Diese erfordern insgesamt drei Impfungen mit Nachimpfungen im Abstand von vier Wochen und sechs Monaten nach der ersten Impfung. Teilweise werden auch längere Abstände angewandt. Zur schnelleren Immunbildung kann ein schnelleres Impfschema verwendet werden. Hierbei werden Nachimpfungen nach sieben Tagen, 21 Tagen und eine vierte Impfung nach zwölf Monaten empfohlen.[33]
Kontaktpersonen von Infizierten, welche keine Immunität gegen Hepatitis A aufweisen, sollte binnen 14 Tagen nach dem Kontakt eine Impfung mit einem monovalenten Hepatitis-A-Impfstoff angeboten werden. Besonders gefährdeten Personen sollte darüber hinaus auch eine Gabe von Antikörpern im Sinne einer passiven Immunisierung verabreicht werden.[29]
Weitere Vorsorgemaßnahmen in Risikogebieten gegen eine Infektion sind:
auf Meeresfrüchte, vor allem Muscheln, rohes Fleisch und Fisch möglichst verzichten,
nur abgekochtes Leitungswasser trinken,
keine Eiswürfel in Getränken (da diese oft aus nicht abgekochtem Leitungswasser hergestellt werden).
Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jede akute Virushepatitis (also auch Hepatitis A) ist nach dem Recht Deutschlands gemäß § 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich meldepflichtig. Zudem ist auch der Nachweis des Hepatitis-A-Virus nach § 7 IfSG namentlich meldepflichtig, soweit er auf eine akute Infektion hindeutet. Die erste Meldepflicht betrifft vor allem die feststellenden Ärzte, die zweite vor allem die Leitungen von Laboren (§ 8 IfSG).
In Österreich sind nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 Epidemiegesetz 1950 Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle an infektiöser Hepatitis (Hepatitis A, B, C, D, E) [also auch Hepatitis A] anzeigepflichtig. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderem Ärzte und Labore (§ 3 Epidemiegesetz 1950).
Auch in der Schweiz unterliegt Hepatitis A der Meldepflicht für Ärzte, Spitäler usw., und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und der Nummer 19 vom Anhang 1 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Zudem ist auch der positive und negative laboranalytische Befund zum Hepatitis-A-Virus meldepflichtig für Laboratorien, und zwar nach den genannten Normen und Anhang 3 der Verordnung des EDI.
Forschungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Beschreibungen einer gehäuft auftretenden Gelbsucht sind bis ins antike China nachweisbar.[34] Berichte, welche eine durch kontaminierte Objekte, engen Personenkontakt und möglicherweise Wasser übertragene Hepatitis beschreiben, sind von Ärzten zu Beginn des 19. Jahrhunderts bekannt. Die Art der Übertragung blieb umstritten. Während des Zweiten Weltkriegs publizierte eine deutsche Forschergruppe die Übertragung einer Hepatitis durch Übertragung von Duodenalsaft. Die Ergebnisse wurden noch während des Krieges im Vereinigten Königreich und den USA durch eigene Experimente bestätigt.[35] Der Begriff der Hepatitis A in Abgrenzung zur Hepatitis B wurde in den 1950ern von einer Expertenkommission geprägt.[34] 1973 gelang einer Forschergruppe unter Stephen Feinstone der elektronenmikroskopische Nachweis des Virus aus Patientenstuhl.[4] Im selben Jahr gelang der erste Nachweis von Antikörpern gegen Hepatitis A. Im Folgejahr wurde ein Antikörpersuchtest marktreif, der eine serologische Diagnostik durch Blutentnahme erlaubte.[35]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hepatitis A. RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten – Merkblätter für Ärzte
S. M. Lemon: Type A viral hepatitis: epidemiology, diagnosis, and prevention. In: Clin Chem., 1997 Aug;43(8 Pt 2), S. 1494–1499. Review. PMID 9265900
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hepatitis A – Informationen des Robert Koch-Instituts
Hepatitis A. In: gesundheit.gv.at Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK), 28. Januar 2019; abgerufen am 18. März 2020 (österreichisches Deutsch).
Informationen der WHO (englisch)
Hepatitis A. In: Laborlexikon.
Impfempfehlungen des Internistenverbandes
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Horst Kremling: Historische Betrachtungen zur präventiven Heilkunde. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen, 24, 2005, S. 222–260, hier S. 236 f.
↑ a b c d Enterovirus C. EC 51; ICTV Taxonomy history, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35)
↑ ICTV Master Species List 2018b.v2. MSL #34, März 2019
↑ a b c Benno Wölk: Virushepatitis. in Sebastian Suerbaum, Gerd-Dieter Burchard, Stefan H. E. Kaufmann, Thomas F. Schulz (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 9. Auflage, Berlin, 2020, S. 752–754, doi:10.1007/978-3-662-61385-6
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 2,6 MB) 23. Januar 1996.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 119 kB) 18. Januar 2002.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 113 kB) 17. Januar 2003.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 2 des RKI (PDF; 172 kB) 16. Januar 2004.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 2 des RKI (PDF) 14. Januar 2005.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 139 kB) 20. Januar 2006.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 111 kB) 19. Januar 2007.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 107 kB) 18. Januar 2008.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 124 kB) 19. Januar 2009.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 116 kB) 25. Januar 2010.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 113 kB) 24. Januar 2011.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 121 kB) 23. Januar 2012.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 117 kB) 21. Januar 2013.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 116 kB) 20. Januar 2014.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 307 kB) 19. Januar 2015.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 195 kB) 25. Januar 2016.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 128 kB) 19. Januar 2017.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 238 kB) 18. Januar 2018.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 238 kB) 18. Januar 2018.
↑ a b Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 2,5 MB) 16. Januar 2020.
↑ a b Epidemiologisches Bulletin Nr. 1/2022 des RKI (PDF; 3,5 MB) 6. Januar 2022.
↑ Epidemiologisches Bulletin 1/2023 (rki.de) (PDF; 3 MB) 5. Januar 2023.
↑ a b Epidemiologisches Bulletin 1/2025 (rki.de) 2. Januar 2025
↑ Hepatitis A: Zu einer aktuellen Häufung in München. Erhöhtes Infektionsrisiko für homosexuell aktive Männer erneut belegt. In: Epidemiologisches Bulletin, Nr. 29/2003, 18. Juli 2003, S. 223–224; rki.de (PDF; 115 kB).Hepatitis A. aidshilfe.de – Deutsche AIDS-Hilfe e. V.; abgerufen am 2. März 2018.
↑ a b c d e f g h RKI Ratgeber: Hepatitis A, Stand: 9. Februar 2023, zuletzt abgerufen am 4. April 2024
↑ P. M. Matricardi: Infections preventing atopy: facts and new questions. In: Allergy, 1997, 52 (9), S. 879–882.
↑ Ständige Impfkommission: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut – 2017/2018. In: Epidemiologisches Bulletin, Nr. 34/2017, 24. August 2017, S. 333–380, hier: 337–339; doi:10.17886/EpiBull-2017-044.1; rki.de (PDF; 1,1 MB).
↑ In Ausnahmefällen, etwa bei Patienten mit erhöhter Blutungsneigung (Hämophilie oder Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten wie Marcumar oder im angelsächsischen Raum Warfarin), können manche der zugelassenen Impfstoffe auch subkutan gegeben werden, wobei dies mit einem erhöhten Risiko normalerweise harmloser lokaler Nebenwirkungen verbunden ist.
↑ Fachinformation TWINRIX.
↑ a b Feinstone SM: History of the Discovery of Hepatitis A Virus. Cold Spring Harb Perspect Med. 2019 May 1;9(5):a031740. PMID 29712682
↑ a b Cuthbert JA. Hepatitis A: old and new. Clin Microbiol Rev. 2001 Jan;14(1):38-58. Erratum in: Clin Microbiol Rev 2001 Jul;14(3):642. PMID 11148002
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
| Klassifikation nach ICD-10 B15.- Akute Virushepatitis A B15.0 Virushepatitis A mit Coma hepaticum B15.9 Virushepatitis A ohne Coma hepaticum {{{04-BEZEICHNUNG}}} {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Die Hepatitis A ist eine durch das Hepatitis-A-Virus verursachte Infektionskrankheit. Hauptsymptom ist eine akute Entzündung der Leber (Hepatitis). Die Hepatitis A verläuft niemals chronisch und heilt meist ohne Komplikationen spontan aus. Sie wird durch verunreinigtes Trinkwasser, kontaminierte Lebensmittel (zum Beispiel Muscheln) oder als Schmierinfektion übertragen[1] und tritt in gemäßigten Breiten meist als importierte Erkrankung nach einem Aufenthalt in Risikogebieten auf. Eine Impfung bietet einen sicheren Schutz gegen die Hepatitis A. Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hepatitis-A-Virus Virion des Hepatitis-A-Virus Systematik Klassifikation: Viren Realm: Riboviria[3][2] Reich: Orthornavirae[2] Phylum: Pisuviricota[2] Klasse: Pisoniviricetes[2] Ordnung: Picornavirales Familie: Picornaviridae Unterfamilie: Heptrevirinae Gattung: Hepatovirus Art: Hepatovirus A Taxonomische Merkmale Genom: (+)ssRNA linear Baltimore: Gruppe 4 Symmetrie: ikosaedrisch Hülle: keine Wissenschaftlicher Name Hepatovirus A Kurzbezeichnung HAV, HVA Links ICTV Taxon History: 201852003 NCBI Taxonomy: 12092 ViralZone (Expasy, SIB): 94 (Gattung) Das Hepatitis-A-Virus (HAV, wissenschaftlich Hepatovirus A, HVA) gehört zur Familie der Picornaviridae, Genus Hepatovirus. Es weist ein ikosaedrisches Nukleokapsid mit 27 nm Durchmesser ohne Hüllmembran auf, in dem sich eingelagert ein einzelsträngiges RNA-Genom in Positivstrangorientierung befindet. Das Genom weist eine Gesamtlänge von 7,5 kb auf.[4] Das Genom ist aufgrund der Positivstrangorientierung per se infektiös, das heißt unter gegebenen Umständen kann alleine die gereinigte Nukleinsäure eine Infektion bewirken. Das 3'-Ende des Genoms ist polyadenyliert und besitzt eine nicht-translatierte Region (NTR). Das 5'-Ende besitzt eine weitere NTR mit komplexer Sekundärstruktur, die Internal ribosomal entry site (IRES), welche die cap-unabhängige Initiation der Translation vermittelt und zusätzlich ein kovalent gebundenes, viruscodiertes Protein, das VPg (englisch Virus protein genome-associated). Das Genom wird von einem einzigen offenen Leserahmen (englisch Open Reading Frame, ORF) gebildet, das entsprechend für ein einziges Vorläuferprotein von 251 kDa Größe und circa 2225 Aminosäuren codiert. Dieses Polyprotein ist experimentell nicht fassbar, da es noch während der eigentlichen Synthese proteolytisch durch die virale Protease 3C in einzelne Struktur- und Nichtstrukturproteine gespalten wird. Die Strukturproteine VP1, VP2, VP3 und VP4, welche aus dem Polypeptid P1 hervorgehen, stellen die Grundlage des viralen Capsides dar. Diese bestehen aus je 60 Einheiten der besagten Proteine, wobei lediglich VP1 bis VP3 an der Oberfläche anzutreffen sind. VP4 hingegen ist im Falle von HAV nicht fassbar. Aus den Polypeptiden P2 und P3 gehen die Nichtstrukturproteine hervor. Zu ihnen gehören zum Beispiel das Protein 2A, welches beim Virusassembly (Zusammenbau der Virusteilchen) eine Rolle spielt, sowie die Protease 3C und die Polymerase 3D. Dieses Virus ist in Ländern mit hohen hygienischen Standards selten anzutreffen. Das Virus ist sehr resistent gegen hohe Temperaturen, Säuren und Laugen (beispielsweise Seifen und andere Reinigungsmittel). Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hepatitis A Verbreitung auf der Welt (Stand 2005) Hoch: Prävalenz höher als 8 % Mittel: zwischen 2 % und 7 % Niedrig: weniger als 2 % Das HAV kommt in Südostasien, Russland, im vorderen Orient, Mittelmeerraum, Afrika, Mittel- und Südamerika vor und wird häufig von Reisen aus diesen Ländern mitgebracht. Gelegentlich kommt es dadurch zu lokalen Ausbrüchen auch in Hepatitis-A-freien Regionen. Die beim RKI für Deutschland gemeldeten Fallzahlen haben sich seit dem Jahr 2000 folgendermaßen entwickelt (1994 zum Vergleich): Jahr gemeldete Fallzahlen 1994 5484[5] 2000 2780[6] 2001 2274[7] 2002 1479[8] 2003 1368[9] 2004 1916[10] 2005 1217[11] 2006 1229[12] 2007 939[13] 2008 1073[14] 2009 926[15] 2010 788[16] 2011 831[17] 2012 832[18] 2013 779[19] 2014 682[20] 2015 830[21] 2016 737[22] 2017 1217[23] 2018 1044[24] 2019 874[24] 2020 551[25] 2021 564[25] 2022 696[26] 2023 859[27] 2024 991[27] Hier fehlt eine Grafik, die leider im Moment aus technischen Gründen nicht angezeigt werden kann. Wir arbeiten daran! Übertragung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Übertragung der Hepatitis-A-Viren erfolgt fäkal-oral (beispielsweise Kot/Urin Hand Mund) durch eine Schmierinfektion. Ein hohes Übertragungsrisiko besteht bei entsprechenden Sexualkontakten.[28] In Ländern mit hohem Hygienestandard erfolgt eine Übertragung vor allem durch Kleinkinder, deren Infektion meist symptomlos verläuft. Das bedeutet, dass sowohl durch engen Personenkontakt als auch durch verunreinigtes Trinkwasser, Säfte oder ungenügend gegarte Nahrungsmittel die Viren übertragen werden können. Ein erhöhtes Risiko stellen fäkaliengedüngtes Gemüse (z. B. Salate) oder auch Meeresfrüchte (z. B. Muscheln) dar. In einigen Muschelarten kann das HAV mehrere Monate persistieren. Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Erkrankung, beträgt im Durchschnitt zwischen 28 und 30 Tagen, mit einer Spanne von 15 - 50 Tagen.[29] Diagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Diagnose wird klinisch gestellt, der laborchemische Nachweis erfolgt durch die Bestimmung des Anti-HAV-IgM im Serum bei positivem HAV-Gesamt-Immunglubulin oder IgG. Bei Geimpften und Menschen nach durchgemachter Infektion deutet ein Anti-HAV-IgG mit dem Schwellenwert von > 10 20 mIU/ml auf eine Immunität hin. Unüblich ist der direkte Erregernachweis von HAV-Antigen oder Virus-RNA mittels RT-PCR im Stuhl. Die Sequenzierung des Genoms kann bei der Ausbruchsermittlung der kausalen Ursachenzuordnung eines Hepatitis-A-Clusters dienen.[29] Im Blutserum sind Antigen oder RNA nur für wenige Stunden nachweisbar. Symptome und Klinischer Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Hepatitis A kann akut über mehrere Wochen bis Monate verlaufen. Verglichen mit anderen Hepatitiden ist diese Erkrankung aber relativ milde. Besonders bei Kindern verläuft sie in der Regel harmlos, oft ganz asymptomatisch. Sie wird niemals chronisch und führt deshalb auch nicht zu einer dauerhaften Schädigung der Leber. Zu Beginn der Erkrankung können uneindeutige Beschwerden des Verdauungstraktes, allgemeines Krankheitsgefühl und Fieber auftreten. Dieses Krankheitsbild geht dann in eine Phase der Leberentzündung mit Gelbfärbung der Haut und Skleren, Entfärbung des Stuhls und Dunkelfärbung des Urins über. Oft kommt es begleitend zu einem schweren Juckreiz. Durch Vergrößerung der Leber und gegebenenfalls noch der Milz kann es zu Schmerzen im Oberbauch kommen. Gelegentlich tritt auch ein Hautausschlag auf, welcher dem von Scharlach ähnelt.[29] Eine Hepatitis-A-Infektion kann aber auch subklinisch ohne klinische Zeichen einer Leberentzündung ablaufen. Insbesondere Kinder zeigen häufig einen solchen Verlauf.[29] Bei 3 bis 20 % der symptomatisch erkrankten Patienten tritt ein zweigipfliger Verlauf auf, bei denen die Leberentzündung nach Besserung einen erneuten Rückfall erleidet.[4] Die Zeit der höchsten Infektiosität ist zweigipflig, der erste Gipfel liegt etwa ein bis zwei Wochen vor dem Ausbruch, der zweite Gipfel liegt in den Tagen direkt nach dem Beginn der Symptome einer Leberentzündung. Die Patienten sind jedoch bis eine Woche nach Ausbruch der ikterischen Symptome regelhaft infektiös. Säuglinge, Kleinkinder und Personen mit einem geschwächten Immunsystem können das HA-Virus mehrere Wochen ausscheiden.[29] Obwohl die meisten Erkrankten sich wieder gut erholen, muss doch jeder Zehnte im Krankenhaus behandelt werden. Die Ausheilung geschieht in der Regel in vier bis acht Wochen (selten bis zu 18 Monaten). Eine HAV-Infektion kann bei Patienten mit vorgeschädigter Leber oder mit einer chronischen HBV- oder HCV-Infektion zu einer kritischen Einschränkung der Leberfunktion führen. Es sind mehrere, jedoch sehr seltene Fälle weltweit beschrieben, bei denen es bei einer HAV-Infektion zu einem akuten Zerfall von Stammzellen im Knochenmark (Agranulozytose) mit tödlichem Ausgang kam. Es werden hierbei immunologische Effekte des HAV diskutiert. Bei fast jeder HAV-Infektion ist ein geringer und vorübergehender Abfall der peripheren Immunzellen festzustellen.[30] Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine ursächliche Behandlung der Virusinfektion ist nicht bekannt. Infolgedessen besteht die Behandlung in der Linderung von Erbrechen- und grippeähnlichen Symptomen, wobei leberschädigende Medikamente vermieden werden sollen. Neben der Empfehlung eines strikten Verzichts auf Alkohol sind keine speziellen Ernährungsmaßnahmen erforderlich.[29] Impfung und Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Hepatitis-A-Impfstoff Dreimalige Gabe einer Impfstoffkombination zur Vorbeugung gegen Hepatitis-A und Hepatitis-B (Twinrix ) Eine Impfung ist möglich und wird Personen empfohlen mit einem Sexualverhalten mit erhöhtem Expositionsrisiko; z. B. für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) , Personen mit häufiger Übertragung von Blutbestandteilen, z. B. Hämophile, oder mit Krankheiten der Leber/mit Leberbeteiligung sowie Bewohner[n] von psychiatrischen Einrichtungen oder vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für Menschen mit Verhaltensstörung oder Zerebralschädigung , außerdem Reisende[n] in Regionen mit hoher Hepatitis-A-Prävalenz , ebenso Personen mit erhöhtem beruflichen Expositionsrisiko, einschließlich Auszubildende[n], Praktikanten, Studierende[n] und ehrenamtlich Tätige[n] mit vergleichbarem Expositionsrisiko in folgenden Bereichen: Gesundheitsdienst (inkl. Sanitäts- und Rettungsdienst, Küche, Labor, technischer und Reinigungsdienst, psychiatrische und Fürsorgeeinrichtungen), Personen mit Abwasserkontakt, z. B. Kanalisations- und Klärwerksarbeiter, Tätigkeit (inkl. Küche und Reinigung) in Kindertagesstätten, Kinderheimen, Behindertenwerkstätten, Asylbewerberheimen u. ä. [31] Es ist eine passive und aktive Immunisierung möglich. Reine Hepatitis-A-Impfstoffe werden zweimal intramuskulär injiziert.[32] Die Schutzwirkung der Impfung hält bei 95-100 % der Geimpften rund 10 bis 20 Jahre. Bei über 90 % der Geimpften geht man aufgrund von mathematischen Modellierungen von 30-40 Jahren Schutzdauer aus.[29] Außerdem gibt es Kombinationsimpfstoffe, die zusätzlich gegen Hepatitis B schützen. Diese erfordern insgesamt drei Impfungen mit Nachimpfungen im Abstand von vier Wochen und sechs Monaten nach der ersten Impfung. Teilweise werden auch längere Abstände angewandt. Zur schnelleren Immunbildung kann ein schnelleres Impfschema verwendet werden. Hierbei werden Nachimpfungen nach sieben Tagen, 21 Tagen und eine vierte Impfung nach zwölf Monaten empfohlen.[33] Kontaktpersonen von Infizierten, welche keine Immunität gegen Hepatitis A aufweisen, sollte binnen 14 Tagen nach dem Kontakt eine Impfung mit einem monovalenten Hepatitis-A-Impfstoff angeboten werden. Besonders gefährdeten Personen sollte darüber hinaus auch eine Gabe von Antikörpern im Sinne einer passiven Immunisierung verabreicht werden.[29] Weitere Vorsorgemaßnahmen in Risikogebieten gegen eine Infektion sind: auf Meeresfrüchte, vor allem Muscheln, rohes Fleisch und Fisch möglichst verzichten, nur abgekochtes Leitungswasser trinken, keine Eiswürfel in Getränken (da diese oft aus nicht abgekochtem Leitungswasser hergestellt werden). Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Jede akute Virushepatitis (also auch Hepatitis A) ist nach dem Recht Deutschlands gemäß 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich meldepflichtig. Zudem ist auch der Nachweis des Hepatitis-A-Virus nach 7 IfSG namentlich meldepflichtig, soweit er auf eine akute Infektion hindeutet. Die erste Meldepflicht betrifft vor allem die feststellenden Ärzte, die zweite vor allem die Leitungen von Laboren ( 8 IfSG). In Österreich sind nach 1 Absatz 1 Nummer 1 Epidemiegesetz 1950 Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle an infektiöser Hepatitis (Hepatitis A, B, C, D, E) [also auch Hepatitis A] anzeigepflichtig. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderem Ärzte und Labore ( 3 Epidemiegesetz 1950). Auch in der Schweiz unterliegt Hepatitis A der Meldepflicht für Ärzte, Spitäler usw., und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und der Nummer 19 vom Anhang 1 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Zudem ist auch der positive und negative laboranalytische Befund zum Hepatitis-A-Virus meldepflichtig für Laboratorien, und zwar nach den genannten Normen und Anhang 3 der Verordnung des EDI. Forschungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Beschreibungen einer gehäuft auftretenden Gelbsucht sind bis ins antike China nachweisbar.[34] Berichte, welche eine durch kontaminierte Objekte, engen Personenkontakt und möglicherweise Wasser übertragene Hepatitis beschreiben, sind von Ärzten zu Beginn des 19. Jahrhunderts bekannt. Die Art der Übertragung blieb umstritten. Während des Zweiten Weltkriegs publizierte eine deutsche Forschergruppe die Übertragung einer Hepatitis durch Übertragung von Duodenalsaft. Die Ergebnisse wurden noch während des Krieges im Vereinigten Königreich und den USA durch eigene Experimente bestätigt.[35] Der Begriff der Hepatitis A in Abgrenzung zur Hepatitis B wurde in den 1950ern von einer Expertenkommission geprägt.[34] 1973 gelang einer Forschergruppe unter Stephen Feinstone der elektronenmikroskopische Nachweis des Virus aus Patientenstuhl.[4] Im selben Jahr gelang der erste Nachweis von Antikörpern gegen Hepatitis A. Im Folgejahr wurde ein Antikörpersuchtest marktreif, der eine serologische Diagnostik durch Blutentnahme erlaubte.[35] Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hepatitis A. RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten Merkblätter für Ärzte S. M. Lemon: Type A viral hepatitis: epidemiology, diagnosis, and prevention. In: Clin Chem., 1997 Aug;43(8 Pt 2), S. 1494 1499. Review. PMID 9265900 Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hepatitis A Informationen des Robert Koch-Instituts Hepatitis A. In: gesundheit.gv.at Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK), 28. Januar 2019; abgerufen am 18. März 2020 (österreichisches Deutsch). Informationen der WHO (englisch) Hepatitis A. In: Laborlexikon. Impfempfehlungen des Internistenverbandes Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Horst Kremling: Historische Betrachtungen zur präventiven Heilkunde. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen, 24, 2005, S. 222 260, hier S. 236 f. a b c d Enterovirus C. EC 51; ICTV Taxonomy history, Berlin, Germany, July 2019; Email ratification March 2020 (MSL #35) ICTV Master Species List 2018b.v2. MSL #34, März 2019 a b c Benno Wölk: Virushepatitis. in Sebastian Suerbaum, Gerd-Dieter Burchard, Stefan H. E. Kaufmann, Thomas F. Schulz (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 9. Auflage, Berlin, 2020, S. 752 754, doi:10.1007/978-3-662-61385-6 Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 2,6 MB) 23. Januar 1996. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 119 kB) 18. Januar 2002. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 113 kB) 17. Januar 2003. Epidemiologisches Bulletin Nr. 2 des RKI (PDF; 172 kB) 16. Januar 2004. Epidemiologisches Bulletin Nr. 2 des RKI (PDF) 14. Januar 2005. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 139 kB) 20. Januar 2006. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 111 kB) 19. Januar 2007. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 107 kB) 18. Januar 2008. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 124 kB) 19. Januar 2009. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 116 kB) 25. Januar 2010. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 113 kB) 24. Januar 2011. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 121 kB) 23. Januar 2012. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 117 kB) 21. Januar 2013. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 116 kB) 20. Januar 2014. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 307 kB) 19. Januar 2015. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 195 kB) 25. Januar 2016. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 128 kB) 19. Januar 2017. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 238 kB) 18. Januar 2018. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 238 kB) 18. Januar 2018. a b Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 2,5 MB) 16. Januar 2020. a b Epidemiologisches Bulletin Nr. 1/2022 des RKI (PDF; 3,5 MB) 6. Januar 2022. Epidemiologisches Bulletin 1/2023 (rki.de) (PDF; 3 MB) 5. Januar 2023. a b Epidemiologisches Bulletin 1/2025 (rki.de) 2. Januar 2025 Hepatitis A: Zu einer aktuellen Häufung in München. Erhöhtes Infektionsrisiko für homosexuell aktive Männer erneut belegt. In: Epidemiologisches Bulletin, Nr. 29/2003, 18. Juli 2003, S. 223 224; rki.de (PDF; 115 kB).Hepatitis A. aidshilfe.de Deutsche AIDS-Hilfe e. V.; abgerufen am 2. März 2018. a b c d e f g h RKI Ratgeber: Hepatitis A, Stand: 9. Februar 2023, zuletzt abgerufen am 4. April 2024 P. M. Matricardi: Infections preventing atopy: facts and new questions. In: Allergy, 1997, 52 (9), S. 879 882. Ständige Impfkommission: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut 2017/2018. In: Epidemiologisches Bulletin, Nr. 34/2017, 24. August 2017, S. 333 380, hier: 337 339; doi:10.17886/EpiBull-2017-044.1; rki.de (PDF; 1,1 MB). In Ausnahmefällen, etwa bei Patienten mit erhöhter Blutungsneigung (Hämophilie oder Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten wie Marcumar oder im angelsächsischen Raum Warfarin), können manche der zugelassenen Impfstoffe auch subkutan gegeben werden, wobei dies mit einem erhöhten Risiko normalerweise harmloser lokaler Nebenwirkungen verbunden ist. Fachinformation TWINRIX. a b Feinstone SM: History of the Discovery of Hepatitis A Virus. Cold Spring Harb Perspect Med. 2019 May 1;9(5):a031740. PMID 29712682 a b Cuthbert JA. Hepatitis A: old and new. Clin Microbiol Rev. 2001 Jan;14(1):38-58. Erratum in: Clin Microbiol Rev 2001 Jul;14(3):642. PMID 11148002 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! |
Hepatitis D.txt |
Klassifikation nach ICD-10
B17.8
Sonstige näher bezeichnete akute Virushepatitis
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Die Hepatitis D ist eine Infektionskrankheit, die ausschließlich bei Menschen mit bereits vorliegender Hepatitis-B-Infektion vorkommt. Der Erreger, das Hepatitis-D-Virus (früher Delta-Agens oder Delta-Virus genannt), kann sich nur mit Hilfe des vom Hepatitis-B-Virus stammenden Oberflächenproteins HBsAg vermehren. Eine Impfung gegen Hepatitis B schützt gleichzeitig gegen Hepatitis D.
Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Hepatitis-D-Virus (HDV) ist aufgrund seiner genetischen Struktur und seines Replikationsweges eine Seltenheit der Natur. Es ist ein defektes Virus, ein Virusoid, das nur aus einem stark verdrillten (negativen) RNA-Ring besteht. Dieses Virus hat also keine eigenen Hüllproteine und braucht das Hepatitis-B-Virus als Hüllenspender. Es hat die Eigenschaft, die Hüllproteine (HBsAg) des Hepatitis-B-Virus zu binden, und besitzt damit den gleichen Infektionsweg wie das HBV.
Aufgrund dieses Defektes kann es nur zu einer Infektion kommen, wenn auch das Hepatitis-B-Virus gleichzeitig vorhanden ist. Das heißt, nur Patienten mit einer HBV-Infektion können sich auch mit HDV infizieren.
Auch hier kann es zu einer chronischen Entzündung der Leber kommen.
Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das HDV ist im Mittelmeerraum, in Rumänien, auf der arabischen Halbinsel, in Teilen von Afrika und Mittel- und Südamerika endemisch.
Die beim RKI für Deutschland gemeldeten Fallzahlen haben sich seit dem Jahr 2005 folgendermaßen entwickelt:
Jahr
gemeldete Fallzahlen
2005
15[1]
2006
21[2]
2007
9[3]
2008
7[4]
2009
7[5]
2010
10[6]
2011
16[7]
2012
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2013
31[8]
2014
15[9]
2015
20[10]
2016
12[11]
2017
36[12]
2018
59[13]
2019
75[14]
2020
40[15]
2021
50[16]
2022
111[17]
2023
132[18]
2024
82[18]
Übertragungsweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hepatitis D wird vorwiegend durch Kontakt mit Blut oder Blutprodukten übertragen. Ebenso ist eine Übertragung durch Geschlechtsverkehr möglich.[19]
Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Diagnose der Erkrankung wird durch Laboruntersuchungen aus Blutproben gestellt. Hierbei sind Antikörper der Klassen IgG und IgM nachweisbar, wobei letztere zuerst auftreten allerdings auch lange bei chronischer Infektion persistieren. Antikörper gegen das Virus sind ab 3–8 Wochen nach Ansteckung nachweisbar. Ebenso kann das Antigen des HD-Virus mittels Antikörperreaktion nachgewiesen werden. Außerdem ist es möglich das Erbmaterial des Erregers mittels Polymerasekettenreaktion im Blut nachzuweisen. Diese Methode ist bei Hepatitis D geeignet um zwischen abgeheilter und noch aktiver Infektion zu unterscheiden.[19]
Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Symptome sind ähnlich denen bei Infektion mit Hepatitis B.
Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Für die Prognose des Patienten ist es von Bedeutung, ob die Infektion mit Hepatitis D gleichzeitig mit Hepatitis B erfolgte (Simultaninfektion) oder nachträglich (Superinfektion). Im letzteren Fall leidet die Leber deutlich stärker. Das entspricht der allgemeinen Beobachtung bei Hepatitis, dass der „second hit“, der zweite schwere Schädigungseinfluss, oft das Fass zum Überlaufen bringen und schnell zu einer Leberzirrhose und/oder Leberkrebs führen kann.
Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wer gegen Hepatitis B geimpft ist, ist damit gleichzeitig auch gegen Hepatitis D geschützt.
Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bislang sind die Therapiemöglichkeiten gegen Hepatitis D noch eingeschränkt. Eine 12-monatige Behandlung mit pegyliertem Interferon kann das Hepatitis-D-Virus in einigen Fällen ausheilen. Oft steigt die Virusmenge nach Therapieende wieder an, der Verlauf der Hepatitis-D-Erkrankung scheint jedoch dennoch langsamer zu sein. Gegen Hepatitis B wirksame Nukleosid- und Nukleotidanaloga wirken nicht gegen das Hepatitis-D-Virus; falls die begleitende Hepatitis B behandlungsbedürftig ist, sollte diese möglichst optimal therapiert werden. Bei stark fortgeschrittener Leberkrankheit können Hepatitis-B- und -D-Koinfizierte transplantiert werden.
Im Jahr 2020 wurde das Medikament Bulevirtid (ehemals Myrcludex B, Markenname Hepcludex) von der Europäischen Kommission zur Behandlung von Hepatitis-D-Infektionen zugelassen.[20][21][22]
Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In Deutschland ist jede akute Virushepatitis (also auch akute Hepatitis D) gemäß § 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich meldepflichtig. Dies betrifft den Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie den Tod. Zudem ist auch jeder Nachweis des Hepatitis-D-Virus nach § 7 IfSG namentlich meldepflichtig. Die erste Meldepflicht betrifft vor allem die feststellenden Ärzte, die zweite vor allem die Leitungen von Laboren (§ 8 IfSG).
In Österreich sind nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 Epidemiegesetz 1950 Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle an infektiöser Hepatitis (Hepatitis A, B, C, D, E), also auch an Hepatitis D, anzeigepflichtig. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderem Ärzte und Labore (§ 3 Epidemiegesetz 1950).
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hepatitis D – Informationen des Robert Koch-Instituts
hepatitis-delta.org
Nationales Referenzzentrum für Hepatitis-B- und -D-Viren. Institut für Medizinische Virologie Gießen
Leitlinien. (PDF; 812 kB) dgvs
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 111 KB) 19. Januar 2007.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 107 KB) 18. Januar 2008.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 124 KB) 19. Januar 2009.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 116 KB) 25. Januar 2010.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 113 KB) 24. Januar 2011.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 121 KB) 23. Januar 2012.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 117 KB) 21. Januar 2013
↑ a b Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 116 KB) 20. Januar 2014.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 307 KB) 19. Januar 2015.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 2 des RKI (PDF; 2,5 MB) 18. Januar 2016.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 7 des RKI (PDF; 273 KB) 16. Februar 2017.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 238 KB) 18. Januar 2018.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 2,5 MB) 16. Januar 2020.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 1 des RKI (PDF) 7. Januar 2021.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 1 des RKI (PDF; 3,5 MB), 6. Januar 2022.
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 1 des RKI, 5. Januar 2023
↑ Epidemiologisches Bulletin Nr. 1 des RKI, 4. Januar 2024
↑ a b Epidemiologisches Bulletin Nr. 1 des RKI, 2. Januar 2025
↑ a b Benno Wölk: Virushepatitis. in Sebastian Suerbaum, Gerd-Dieter Burchard, Stefan H. E. Kaufmann, Thomas F. Schulz (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 9. Auflage, Berlin, 2020, S. 772–774, doi:10.1007/978-3-662-61385-6
↑ Erstes Medikament gegen Hepatitis D von der Europäischen Kommission zugelassen Website des DZIF, vom 4. August 2020, abgerufen am 30. Mai 2023.
↑ Hepcludex (Bulevirtid): Übersicht über Hepcludex und warum es in der EU zugelassen ist. Website der EMA, abgerufen am 30. Mai 2023 (PDF)
↑ S. Nkongolo, J. Hollnberger, S. Urban: Bulevirtide als erster spezifischer Wirkstoff gegen Hepatitis-D-Virusinfektionen – Mechanismus und klinische Wirkung. In: Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz. Band 65, Nummer 2, Februar 2022, S. 254–263, doi:10.1007/s00103-022-03486-2, PMID 35028672, PMC 8813823 (freier Volltext) (Review).
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
| Klassifikation nach ICD-10 B17.8 Sonstige näher bezeichnete akute Virushepatitis {{{02-BEZEICHNUNG}}} {{{03-BEZEICHNUNG}}} {{{04-BEZEICHNUNG}}} {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Die Hepatitis D ist eine Infektionskrankheit, die ausschließlich bei Menschen mit bereits vorliegender Hepatitis-B-Infektion vorkommt. Der Erreger, das Hepatitis-D-Virus (früher Delta-Agens oder Delta-Virus genannt), kann sich nur mit Hilfe des vom Hepatitis-B-Virus stammenden Oberflächenproteins HBsAg vermehren. Eine Impfung gegen Hepatitis B schützt gleichzeitig gegen Hepatitis D. Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Hepatitis-D-Virus (HDV) ist aufgrund seiner genetischen Struktur und seines Replikationsweges eine Seltenheit der Natur. Es ist ein defektes Virus, ein Virusoid, das nur aus einem stark verdrillten (negativen) RNA-Ring besteht. Dieses Virus hat also keine eigenen Hüllproteine und braucht das Hepatitis-B-Virus als Hüllenspender. Es hat die Eigenschaft, die Hüllproteine (HBsAg) des Hepatitis-B-Virus zu binden, und besitzt damit den gleichen Infektionsweg wie das HBV. Aufgrund dieses Defektes kann es nur zu einer Infektion kommen, wenn auch das Hepatitis-B-Virus gleichzeitig vorhanden ist. Das heißt, nur Patienten mit einer HBV-Infektion können sich auch mit HDV infizieren. Auch hier kann es zu einer chronischen Entzündung der Leber kommen. Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das HDV ist im Mittelmeerraum, in Rumänien, auf der arabischen Halbinsel, in Teilen von Afrika und Mittel- und Südamerika endemisch. Die beim RKI für Deutschland gemeldeten Fallzahlen haben sich seit dem Jahr 2005 folgendermaßen entwickelt: Jahr gemeldete Fallzahlen 2005 15[1] 2006 21[2] 2007 9[3] 2008 7[4] 2009 7[5] 2010 10[6] 2011 16[7] 2012 18[8] 2013 31[8] 2014 15[9] 2015 20[10] 2016 12[11] 2017 36[12] 2018 59[13] 2019 75[14] 2020 40[15] 2021 50[16] 2022 111[17] 2023 132[18] 2024 82[18] Übertragungsweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hepatitis D wird vorwiegend durch Kontakt mit Blut oder Blutprodukten übertragen. Ebenso ist eine Übertragung durch Geschlechtsverkehr möglich.[19] Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Diagnose der Erkrankung wird durch Laboruntersuchungen aus Blutproben gestellt. Hierbei sind Antikörper der Klassen IgG und IgM nachweisbar, wobei letztere zuerst auftreten allerdings auch lange bei chronischer Infektion persistieren. Antikörper gegen das Virus sind ab 3 8 Wochen nach Ansteckung nachweisbar. Ebenso kann das Antigen des HD-Virus mittels Antikörperreaktion nachgewiesen werden. Außerdem ist es möglich das Erbmaterial des Erregers mittels Polymerasekettenreaktion im Blut nachzuweisen. Diese Methode ist bei Hepatitis D geeignet um zwischen abgeheilter und noch aktiver Infektion zu unterscheiden.[19] Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Symptome sind ähnlich denen bei Infektion mit Hepatitis B. Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Für die Prognose des Patienten ist es von Bedeutung, ob die Infektion mit Hepatitis D gleichzeitig mit Hepatitis B erfolgte (Simultaninfektion) oder nachträglich (Superinfektion). Im letzteren Fall leidet die Leber deutlich stärker. Das entspricht der allgemeinen Beobachtung bei Hepatitis, dass der second hit , der zweite schwere Schädigungseinfluss, oft das Fass zum Überlaufen bringen und schnell zu einer Leberzirrhose und/oder Leberkrebs führen kann. Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wer gegen Hepatitis B geimpft ist, ist damit gleichzeitig auch gegen Hepatitis D geschützt. Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bislang sind die Therapiemöglichkeiten gegen Hepatitis D noch eingeschränkt. Eine 12-monatige Behandlung mit pegyliertem Interferon kann das Hepatitis-D-Virus in einigen Fällen ausheilen. Oft steigt die Virusmenge nach Therapieende wieder an, der Verlauf der Hepatitis-D-Erkrankung scheint jedoch dennoch langsamer zu sein. Gegen Hepatitis B wirksame Nukleosid- und Nukleotidanaloga wirken nicht gegen das Hepatitis-D-Virus; falls die begleitende Hepatitis B behandlungsbedürftig ist, sollte diese möglichst optimal therapiert werden. Bei stark fortgeschrittener Leberkrankheit können Hepatitis-B- und -D-Koinfizierte transplantiert werden. Im Jahr 2020 wurde das Medikament Bulevirtid (ehemals Myrcludex B, Markenname Hepcludex) von der Europäischen Kommission zur Behandlung von Hepatitis-D-Infektionen zugelassen.[20][21][22] Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In Deutschland ist jede akute Virushepatitis (also auch akute Hepatitis D) gemäß 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich meldepflichtig. Dies betrifft den Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung sowie den Tod. Zudem ist auch jeder Nachweis des Hepatitis-D-Virus nach 7 IfSG namentlich meldepflichtig. Die erste Meldepflicht betrifft vor allem die feststellenden Ärzte, die zweite vor allem die Leitungen von Laboren ( 8 IfSG). In Österreich sind nach 1 Absatz 1 Nummer 1 Epidemiegesetz 1950 Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle an infektiöser Hepatitis (Hepatitis A, B, C, D, E), also auch an Hepatitis D, anzeigepflichtig. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderem Ärzte und Labore ( 3 Epidemiegesetz 1950). Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hepatitis D Informationen des Robert Koch-Instituts hepatitis-delta.org Nationales Referenzzentrum für Hepatitis-B- und -D-Viren. Institut für Medizinische Virologie Gießen Leitlinien. (PDF; 812 kB) dgvs Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 111 KB) 19. Januar 2007. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 107 KB) 18. Januar 2008. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 124 KB) 19. Januar 2009. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 116 KB) 25. Januar 2010. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 113 KB) 24. Januar 2011. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 121 KB) 23. Januar 2012. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 117 KB) 21. Januar 2013 a b Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 116 KB) 20. Januar 2014. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 307 KB) 19. Januar 2015. Epidemiologisches Bulletin Nr. 2 des RKI (PDF; 2,5 MB) 18. Januar 2016. Epidemiologisches Bulletin Nr. 7 des RKI (PDF; 273 KB) 16. Februar 2017. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 238 KB) 18. Januar 2018. Epidemiologisches Bulletin Nr. 3 des RKI (PDF; 2,5 MB) 16. Januar 2020. Epidemiologisches Bulletin Nr. 1 des RKI (PDF) 7. Januar 2021. Epidemiologisches Bulletin Nr. 1 des RKI (PDF; 3,5 MB), 6. Januar 2022. Epidemiologisches Bulletin Nr. 1 des RKI, 5. Januar 2023 Epidemiologisches Bulletin Nr. 1 des RKI, 4. Januar 2024 a b Epidemiologisches Bulletin Nr. 1 des RKI, 2. Januar 2025 a b Benno Wölk: Virushepatitis. in Sebastian Suerbaum, Gerd-Dieter Burchard, Stefan H. E. Kaufmann, Thomas F. Schulz (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 9. Auflage, Berlin, 2020, S. 772 774, doi:10.1007/978-3-662-61385-6 Erstes Medikament gegen Hepatitis D von der Europäischen Kommission zugelassen Website des DZIF, vom 4. August 2020, abgerufen am 30. Mai 2023. Hepcludex (Bulevirtid): Übersicht über Hepcludex und warum es in der EU zugelassen ist. Website der EMA, abgerufen am 30. Mai 2023 (PDF) S. Nkongolo, J. Hollnberger, S. Urban: Bulevirtide als erster spezifischer Wirkstoff gegen Hepatitis-D-Virusinfektionen Mechanismus und klinische Wirkung. In: Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz. Band 65, Nummer 2, Februar 2022, S. 254 263, doi:10.1007/s00103-022-03486-2, PMID 35028672, PMC 8813823 (freier Volltext) (Review). Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! |
Herz.txt |
Dieser Artikel behandelt das Organ; zu weiteren Bedeutungen siehe Herz (Begriffsklärung).
Herz eines Hundes von links: 1 linke Herzkammer, 2 linke Längsfurche (Sulcus interventricularis paraconalis), 3 rechte Herzkammer, 4 Arterienkonus (Conus arteriosus), 5 Lungenstamm (Truncus pulmonalis), 6 BOTALLI-Band (Ligamentum arteriosum), 7 Aortenbogen, 8 Arm-Kopf-Stamm (Truncus brachiocephalicus), 9 linke Schlüsselbeinarterie (Arteria subclavia sinistra), 10 rechtes Herzohr, 11 linkes Herzohr, 12 Herzkranzfurche mit Fett, 13 Lungenvenen.
Magnetresonanztomografie: Animierte Aufnahme des menschlichen Herzens
Das Herz (fachsprachlich auch Cor, von lateinisch cor, oder Kardia, auch Cardia, von griechisch καρδία kardía) ist ein bei verschiedenen Tiergruppen vorkommendes muskuläres Hohlorgan (Hohlmuskel), das mit Kontraktionen Blut oder Hämolymphe in den Kreislauf und somit durch den Körper pumpt und so die Versorgung aller Organe sichert. Höherentwickelte Herzen, beispielsweise bei den Wirbeltieren, arbeiten wie eine Verdrängerpumpe, indem Flüssigkeit (Blut) ventilgesteuert aus Blutgefäßen angesaugt wird (bei Säugern Hohl- bzw. Lungenvenen) und durch andere Blutgefäße ausgestoßen wird (bei Säugern Truncus pulmonalis bzw. Aorta).
Die Lehre von Struktur, Funktion und Erkrankungen des Herzens ist die Kardiologie. Ein Leben ohne Herz ist für höhere Tiere und den Menschen nicht möglich, jedoch können künstliche Herzen den Verlust der natürlichen Funktionen mittlerweile in gewissen Grenzen ausgleichen. Das Herz gehört zu den ersten während der Embryonalentwicklung angelegten Organen. Historisch wurzelt die Formulierung des springenden Punktes in dem zu schlagen beginnenden Herz des Hühnerembryos.
Etymologie
Der neuhochdeutsche Begriff Herz – mittelhochdeutsch hërz[e], althochdeutsch herza – geht auf das indogermanische *kē̌rd zurück. Es hat somit denselben etymologischen Ursprung wie die lateinischen und griechischen Formen. Die im Deutschen am Anfang und am Ende des Wortes befindlichen zwei Konsonanten beruhen auf einem Wandel, der im Laufe der Generationen auftritt und als Lautverschiebung bezeichnet wird.[1]
Die Herzen von Mensch und Säugetier haben vier Herzhöhlen: zwei Vorhöfe (Atrium) und zwei Kammern (Ventrikel). Das Atrium war in der römischen Architektur der Innenhof oder Vorraum eines Wohnhauses. Ein Ventrikel ist im Lateinischen (ventriculus) ein „kleiner Bauch“; venter ist der Magen oder das Abdomen. Es ist sprachlich falsch, wenn die Kardiologen vom Vierkammerblick, von der Vierkammerebene und dem Dreikammerblick[2] oder vom Dreikammerschrittmacher sprechen. Im Englischen dagegen hat ein four-chambered heart zwei Ventrikel; ein Ventrikel is one of two large chambers. Beim Übersetzen ist chamber (= Kammer, lateinisch camera) also entweder eine Herzkammer oder eine Herzhöhle (lateinisch cavum cordis). Ein Zweikammer-Herzschrittmacher stimuliert einen Vorhof und die dazugehörige Kammer, nicht aber beide Ventrikel.
Forschungsgeschichte
Video: Forschungsgeschichte des Herzens
Denker der Antike wie Empedokles (5. Jahrhundert v. Chr.), Aristoteles (4. Jahrhundert v. Chr.), Diokles von Karystos (4. oder 3. Jahrhundert v. Chr.), Vertreter der westgriechischen Medizin und die meisten Stoiker sahen das Herz als Zentralorgan des Körpers und Ausgangspunkt für Blutgefäße und Nerven an. Als Aufgabe des Gehirns nahmen sie hingegen nur die Abkühlung der im Herzen lokalisierten Wärme an.[3]
Der griechische Philosoph Alkmaion erkannte, dass nicht das Herz die ihm in der Antike noch zugesprochene Rolle als Zentralorgan der Wahrnehmung und der Erkenntnis hat, sondern das Gehirn, welches er auch für die Bewegungsabläufe im Körper verantwortlich machte. Alkmaions Theorie folgten auch Platon und Verfasser des Corpus Hippocraticum. Auch wenn diese Lehre durch die alexandrinischen Ärzte Herophilos von Chalkedon und Erasistratos bestätigt wurde, hielten sich noch lange die älteren Vorstellungen vom Herz als Zentralorgan.[4]
Die linke Herzkammer galt, so bei Galen in De usu partium, als Ort der „eingepflanzten Wärme“ (calor innatus), dem eigentlichen Lebensprinzip, und damit als Speicher des „Lebenspneumas“ (während das „Seelenpneuma“ im Gehirn vermutet wurde). Der linke Herzvorhof wurde von Galen als Teil der Lungenvene aufgefasst.[5]
Anatomische Zeichnung Leonardo da Vincis, vermutlich ein Ochsenherz darstellend
Der arabische Arzt Ibn an-Nafīs (1213–1288) war der Erste, der das Herz anatomisch richtig beschrieb. Der englische Arzt William Harvey (1578–1657) zeigte, dass die Kontraktionen des Herzens die Bewegung des Bluts durch den Kreislauf antreiben.[6]
Anatomisch bedeutende Darstellungen des Herzens publizierten unter anderem auch Berengario da Carpi, Leonardo da Vinci, Andreas Vesalius und Godefridus Bidloo. Zu den bekanntesten Abhandlungen über die Anatomie und Pathologie des Herzens im 18. Jahrhundert gehört die 1749 erschienene Schrift Traité de la structure du coer, de son action et de ses maladies von Jean-Baptiste Sénac, dem Leibarzt von Ludwig XV.[7]
Herztypen und deren Verbreitung im Tierreich
Röhrenherzen und Kammerherzen
Die Herzen der verschiedenen Tiergruppen lassen sich bezüglich ihres Aufbaus in röhrenförmige und gekammerte Typen einteilen.
Röhrenförmige Herzen setzen das Blut oder die Hämolymphe in Bewegung, indem Kontraktionswellen durch ihre Wände laufen (Peristaltik). So kann ein gerichteter Fluss erzeugt werden, auch wenn keine Ventile vorhanden sind.
Gliederfüßer haben röhrenförmige Herzen, die nahe am Rücken liegen. Bei Insekten und manchen Krebsen wie Artemia können sie sich über längere Körperabschnitte erstrecken, bei anderen Krebsen handelt es sich um kurze muskuläre Säcke. Das Blut beziehungsweise die Hämolymphe tritt meistens über seitliche Öffnungen ein, sogenannte Ostien. Diese können recht zahlreich werden, die Fangschreckenkrebse haben 13 Paare.[8] Manchmal geschieht der Zufluss aber auch von hinten über Venen. Bei der Herzkontraktion wird die Flüssigkeit nach vorne in eine mit Klappen versehene Arterie gepresst. Das Herz ist an Bändern oder Muskeln aufgehängt, die durch die Herzkontraktion unter Spannung gesetzt werden. Beim Erschlaffen des Herzens öffnen sich die Ostien und das Herz erweitert sich, so dass Flüssigkeit nachströmen kann. Das Arthropodenherz lässt sich daher mit einer Saugpumpe vergleichen.
Röhrenförmige Herzen kommen auch bei den Urochordata und bei Embryonen der Wirbeltiere vor. Beim Manteltier Ciona ändert sich die Richtung der Kontraktionswellen rhythmisch, so dass die Flussrichtung des Blutes abwechselt.[9][10] Dies ist auch bei Insekten so. So zeigt die visuelle Beobachtung vom Herz von ruhenden Mücken der Art Anopheles gambiae, dass sich dieses mit einer Rate von 1,37 Hz (82 Schläge pro Minute) zusammenzieht und die Kontraktionsrichtung wechselt, wobei 72 % der Kontraktionen in anterograder Richtung (zum Kopf hin) und 28 % der Kontraktionen in retrograder Richtung (zur Bauchspitze hin) erfolgen.[11]
Bei Herzen mit Kammern zieht sich eine Kammer komplett zusammen. Das Fließen in die falsche Richtung wird durch Klappen verhindert, die sich nur in eine Richtung öffnen. Dieser Herztyp kommt besonders bei Weichtieren und Wirbeltieren vor. Aufgrund der sehr starken Wandmuskulatur wirken diese Herzen zusätzlich als Druckpumpe, die einen hohen Blutdruck erzeugen kann. Bei vielen Weichtieren, speziell bei den Schnecken, aber auch bei niederen Wirbeltieren funktioniert die Füllung des Herzens durch Unterdruck in der Perikardhöhle, die das Herz umgibt. Die Wand dieser Höhle kann sehr fest sein, so dass hier bei der Herzkontraktion ein Unterdruck entsteht, der nach Ende der Kontraktion Blut in das Herz saugt. Bei Haien entstehen so −5 mmWS. Die Kammer (auch: Ventrikel) hat eine dicke, muskuläre Wand. Ihr vorgeschaltet ist der Vorhof (auch: Atrium), der eine schwächere Wandmuskulatur hat und der durch seine Kontraktion die Kammer befüllt.[9]
Myogene und neurogene Herzen
Die Herzkontraktion wird durch einen elektrischen Impuls ausgelöst. Bei myogenen Herzen wird dieser Impuls spontan und rhythmisch in spezialisierten Herzmuskelzellen ausgelöst, den Schrittmacherzellen. Dies kommt bei Wirbeltieren, Manteltieren, Weichtieren sowie bei manchen Ringelwürmern und Gliederfüßern (darunter die Insekten) vor. Bei Säugern und Vögeln wurden die verantwortlichen Zellen im Sinusknoten lokalisiert. Die elektrische Gesamtaktivität eines myogenen Herzens lässt sich in einem Elektrokardiogramm (EKG) darstellen. Das EKG ist für jede Tierart typisch.[8][9]
Bei neurogenen Herzen wird der Impuls zur Kontraktion durch Nervenzellen (genauer: Ganglienzellen) ausgelöst, die am Herzen anliegen. Eine solche neurogene Automatie kommt bei manchen Ringelwürmern und manchen Gliederfüßern vor, zum Beispiel bei den Zehnfußkrebsen, zu denen Hummer, Krabben und andere Gruppen gehören. Das verantwortliche Herzganglion kann je nach Art zum Beispiel neun oder 16 Zellen haben. Auch der Pfeilschwanzkrebs Limulus und die Vogelspinne Erypelma californicum haben ein neurogenes Herz. Während sich bei myogenen Herzen die Erregung von den Schrittmacherzellen über jeweils benachbarte Muskelzellen schließlich im gesamten Herzen ausbreitet, findet eine solche muskuläre Erregungsweiterleitung in neurogenen Herzen soweit bekannt nicht statt. Stattdessen sind die Muskelzellen vielfach innerviert. Bei Limulus wird jede Muskelzelle von sechs oder mehr Nervenzellen innerviert, die Ganglien entspringen, die rückenwärts am Herzen anliegen und die Erregung steuern.[8][9][12]
Auch myogene Herzen sind oft innerviert, etwa bei Weichtieren und Wirbeltieren. So können sowohl myogene als auch neurogene Herzen durch das Nervensystem gesteuert werden. Durch entsprechende Nervenimpulse können beispielsweise die Schrittmacherzellen stimuliert oder inhibiert werden, so dass die Herzfrequenz gesteigert oder herabgesetzt wird, je nach den körperlichen Erfordernissen.[8]
Bei den Gliederfüßern sind lange Herzen häufiger neurogen und kurze Herzen eher myogen. Generell schlagen beide Herztypen selbstständig, ohne Signalgeber aus dem zentralen Nervensystem. Dies wird als Autonomie oder Autorhythmie bezeichnet.[9][12]
Nebenherzen
Die meisten Weichtiere haben ein offenes Gefäßsystem mit einem Herzen mit Vorhof und Kammer. Bei den Kopffüßern, die ein weitgehend geschlossenes Gefäßsystem haben, finden sich jedoch neben dem Hauptherzen noch zwei Kiemenherzen, die das Blut durch die Kapillaren der Kiemen pressen. Sie haben also eine ähnliche Funktion wie die rechte Herzhälfte der Säuger, die den Lungenkreislauf antreibt.
Bei Myxinen, einer Gattung der Schleimaale, finden sich neben dem Hauptherzen noch Portalherz, Cardinalherzen und Caudalherz. Nebenherzen gibt es auch in den Flügelvenen von Fledermäusen. Im Lymphgefäßsystem von Froschlurchen treten sogenannte Lymphherzen auf. Sie sind paarig in der Nähe des Steißbeins angelegt und haben eine neurogene Automatie. Ein eigener Schrittmacher ist jedoch nicht vorhanden. Stattdessen werden sie vom vegetativen Nervensystem gesteuert. Lymphherzen kommen auch bei manchen Reptilien und Vögeln vor, etwa beim Strauß, bei den meisten Vögeln und den Säugern aber nicht.[8][9]
Bei vielen Insekten kommen zusätzliche Herzen in Flügeln, Beinen und Antennen vor, die helfen, die Hämolymphe durch diese schmalen Körperanhänge zu pressen. Bis zu einigen Dutzend dieser akzessorischen Herzen können auftreten.[10]
Andere blutfördernde Organe
Neben Herzen tragen bei manchen Arten auch andere Organe zum Fluss des Blutes bei. In den Beinen der Landwirbeltiere führt die Kontraktion der Muskeln zu einem verbesserten Rückstrom des venösen Blutes zum Herzen. Die Körperbewegung der Gliederfüßer setzt die Hämolymphe in Bewegung. Bei manchen Arten kommen Blutgefäße vor, die sich zusammenziehen können, zum Beispiel beim Perlboot Nautilus, wo sie das Blut durch die Kiemen zum Herzen pumpen.[10]
Herzfrequenz
→ Hauptartikel: Herzfrequenz
Generell gilt, dass innerhalb einer Tiergruppe die Herzfrequenz großer Arten niedriger ist als jene von kleineren Arten. Dies wurde beispielsweise für Säuger, Krebstiere oder Spinnentiere gezeigt. Bei Säugern liegen die Werte für ausgewachsene Tiere in Ruhe zwischen 6 Schlägen pro Minute beim Blauwal und 1000 Schlägen pro Minute bei der Etruskerspitzmaus.[13] Eine Ausnahme von der Regel ist die Giraffe, die mit 170 Schlägen pro Minute eine deutlich höhere Frequenz hat als Tiere vergleichbarer Größe.[10]
Bei gleichwarmen Tieren ist die Frequenz höher als bei gleich großen wechselwarmen Tieren. Wie auch die Atemfrequenz steht die Herzfrequenz in Relation zur Stoffwechselrate. Bei gleich großen verwandten Arten mit unterschiedlicher Aktivität haben die trägeren eine langsamere Herzfrequenz als die lebhafteren. Bei Vögeln, Krebsen und Lungenschnecken lässt sich der Zusammenhang zwischen steigender Körpermasse (
M
{\displaystyle M}
) und abnehmender Herzfrequenz (
H
F
{\displaystyle HF}
) mit folgender allometrischer Gleichung beschreiben:
H
F
=
a
⋅
M
b
{\displaystyle HF=a\cdot M^{b}}
wobei
a
{\displaystyle a}
eine für die Tiergruppe spezifische Konstante ist und
b
{\displaystyle b}
bei den Vögeln −0,27, bei den Krebsen −0,12 und bei den Lungenschnecken −0,11 beträgt. Grundsätzlich beziehen sich derartige Vergleiche auf erwachsene Tiere.[8][12]
Die Häufigkeit des Herzschlags (Herzfrequenz) ist nicht allein entscheidend für die Blutmenge, die durch das Herz hindurchgepumpt wird, sondern auch die Amplitude zwischen der Dehnung und Kontraktion der Herzmuskeln, also das Herzschlagvolumen. Aus dem Zusammenwirken beider ergibt sich (als Produkt) das Herzzeitvolumen.
Blutdruck
Video: Funktion des Herzens beim Menschen
Der Blutdruck ist der Druck, gegen den das Herz seinen Inhalt auswerfen muss. Er ist damit entscheidend für die Arbeit, die das Herz verrichten muss.
Bei Tieren mit einem geschlossenen Blutkreislauf hängt die Höhe des Blutdrucks unmittelbar mit der Auswurfleistung des Herzens zusammen. Das Herzzeitvolumen ist hier der Quotient aus Blutdruck und peripherem Widerstand. Dies ist bei Tieren mit offenem Kreislaufsystem nicht der Fall. Da die Hämolymphe auch die Leibeshöhle durchströmt, ist der Blutdruck hier einerseits vergleichsweise niedrig und andererseits abhängig von der Körperbewegung und -haltung und dadurch sehr variabel.[8]
Bei den Weichtieren wurde gezeigt, dass der Druck, der vom Ventrikel aufgebaut werden kann, bei den Tiergruppen mit aktiverer Lebensweise größer ist. Bei den Kopffüßern sind bei Octopus bis zu 600 mmWS gemessen worden (entspricht 44 mm Hg), bei der Schnecke Patella 50 mmWS (3,7 mm Hg) und bei Muscheln in der Regel unter 20 mmWS (1,5 mm Hg).[8]
Bei den Wirbeltieren ist der Blutdruck am höchsten im Körperkreislauf der Vögel, dicht gefolgt vom Körperkreislauf der Säuger. Die anderen Wirbeltiergruppen, die keine vollständige Trennung zwischen Lungenkreislauf und Körperkreislauf haben (siehe unten), haben deutlich niedrigere Blutdrücke (siehe Tabelle). Bei Vögeln und Säugern nimmt der Blutdruck mit dem Alter zu und ist bei Männchen etwas höher als bei Weibchen. Bei Säugetieren, die Winterschlaf halten, sinkt der Blutdruck stark.[14]
Wenn nicht anders angegeben, beruhen die Zahlenangaben der Tabelle auf dem zitierten Lehrbuch.[14] Angegeben werden zuerst der Ruheblutdruck am Ende der Herzkontraktion (systolischer Blutdruck), der dem Druck im (linken) Ventrikel entspricht, und gefolgt von einem Schrägstrich der Druck in der Aorta am Beginn der nächsten Kontraktion, gegen den das Herz das Blut auswerfen muss (diastolischer Blutdruck). Alle Werte in mm Hg.
Säugetiere
Giraffe
300/250
Pferd
114/90
Mensch
120/80
Katze
125/75
Maus
147/106
Vögel
Hahn
191/154
Henne
162/133
Star
180/130
Sperling
180/140
Wechselwarme Wirbeltiere
Frosch (Rana)
27
Aal (Anguilla)
35-40
Dornhai (Squalus)
32/16
Herzen der Wirbeltiere
Alle Wirbeltierherzen sind myogen, ein Schrittmacher sorgt für eine herzeigene Reizgenerierung. In vielen Fällen schlagen Herzen unter kontrollierten Bedingungen noch weiter, nachdem sie aus einem Tier herauspräpariert wurden. Diese Eigenschaft wird als Autorhythmie oder Autonomie bezeichnet.[12]
Wandstruktur
Die Wände der Wirbeltierherzen sind aus mehreren Schichten aufgebaut. Das Herz ist umgeben vom Herzbeutel (Perikard). Die äußerste Schicht des Herzens ist das Epikard und nach innen folgt das äußere Bindegewebe des Herzens. Wenn Koronargefäße (Herzkranzgefäße) vorhanden sind, liegen sie hier. Sie erstrecken sich dann von hier in die darunter liegende Muskelschicht, das Myokard. Hier liegen die Herzmuskelzellen, die Kardiomyozyten. Die innerste Schicht ist das Endokard, eine Bindegewebsschicht, die zum Herzinnenraum hin von einer Schicht Epithelzellen abgeschlossen wird.[10]
Die Muskelschicht kommt in zwei Formen vor, als kompaktes oder spongiöses (schwammiges) Myokard. Der jeweilige Anteil beider Typen ist artspezifisch. Bei Fischen und Amphibien liegt hauptsächlich spongiöses Myokard vor, während Säuger fast nur kompaktes Myokard haben. Im Gegensatz zu kompaktem hat spongiöses Myokard häufig keine Blutgefäße, es wird vom Blut im Herzen versorgt. Das spongiöse Myokard kann in Trabekeln oder Bälkchen in die Herzkammer hineingezogen sein.[10]
Fische
Das zweikammrige (vierteilige) Herz der Fische. Das Vorderende des Tiers liegt links; rechts sind die Enden einiger zuführender Venen eingezeichnet. Es folgen der Sinus venosus, der Vorhof, der Ventrikel und je nach Art der Bulbus arteriosus oder der Conus arteriosus.
Das Herz der Fische sammelt das Blut aus dem Körper und treibt es mit starkem Druck in die Kiemen. Diese Funktionen lassen sich im Aufbau wiederfinden. Von den vier hintereinander liegenden Kammern sammeln die hinteren beiden, der Sinus venosus und der Vorhof (Atrium), das Blut. Aus diesen beiden dünnwandigen Räumen wird das Blut zunächst in den muskulösen Ventrikel geleitet. Bei den Plattenkiemern (Elasmobranchii, Haie und Rochen) folgt der muskulöse Conus arteriosus (auch Bulbus cordis). Ihr Herzbeutel (Perikard) ist steif, so dass durch das Auspressen des Blutes ein Unterdruck entsteht. Dieser hilft bei der Füllung für den nächsten Zyklus.[9][10][12]
Bei den Echten Knochenfischen (Teleostei) ist der Conus arteriosus weitgehend zurückgebildet. Stattdessen haben sie aus dem Anfang der Aorta den Bulbus arteriosus entwickelt, eine Struktur, die viele elastische Fasern sowie glatte Muskelzellen enthält. Er ruft einen starken Windkesseleffekt zur Aufrechterhaltung des Blutdrucks hervor.
Die Kontraktionswelle entsteht myogen im Sinus venosus und läuft dann nach vorne. Klappen zwischen den Kammern verhindern das Zurückfließen[9][10][12] (siehe auch Blutkreislauf der Fische).
Eine Abwandlung dieses Bauplans liegt bei den Lungenfischen (Dipnoi) vor. Der Vorhof ist hier geteilt. Während der rechte Vorhof wie der Vorhof der anderen Fische das sauerstoffarme Blut aus dem Körper aufnimmt, wird der linke Vorhof vom neu entwickelten Lungenkreislauf mit sauerstoffreichem Blut gespeist. Eine lange Spiralfalte im Bulbus cordis hilft, das sauerstoffreiche Blut über die Aorta dorsalis in den Körper zu leiten. Wie die Elasmobranchii haben auch die Lungenfische einen steifen Herzbeutel.[12]
Siehe auch: „Kreislauf und Atmung“ im Artikel: Knochenfische
Amphibien
Das Herz der Amphibien ähnelt dem der Lungenfische: Es besitzt zwei separate Vorhöfe und eine Hauptkammer (Ventrikel). Der Sinus venosus ist bei den Amphibien verkleinert. Sauerstoffreiches Blut aus der Lunge kommt im linken Vorhof an, das Blut des Körperkreislaufs im rechten. Von dort gelangt das Blut in die Kammer und danach durch den Conus arteriosus in den Lungen- und den Körperkreislauf. Trabekel in der Kammer erlauben es, sauerstoffreiches und -armes Blut weitgehend getrennt zu halten. Eine Spiralfalte im Conus arteriosus leitet bevorzugt sauerstoffarmes Blut zur Arteria pulmocutanea, deren weitere Verzweigungen zur Lunge und zur Haut führen. Hautatmung kann bei Amphibien einen wichtigen Anteil der Sauerstoffversorgung stellen. Der Körperkreislauf wird dagegen mit sauerstoffreichem Blut beschickt.[9][10]
Sauerstoffreiches Blut von der Haut kommt im Gegensatz zu dem Blut aus der Lunge im rechten Vorhof an, zusammen mit dem sauerstoffarmen Blut aus dem Körperkreislauf. Taucht ein Frosch in sauerstoffreichem Wasser, fließt weniger Blut durch die Lungen, dafür mehr durch die Haut. Der gemeinsame Ventrikel beider Kreisläufe erlaubt es auch in dieser Situation, dass Sauerstoff in die Gewebe geleitet wird[10] (siehe auch Blutkreislauf der Amphibien).
Reptilien
Herz der WaraneAnatomieSystole (Kontraktion)Diastole (Entspannung)
Das Herz der Warane. Die Vorhöfe werden als rechter und linker Vorhof (RVH und LVH) bezeichnet, wobei sich „rechts“ und „links“ auf die Lage im Tier beziehen. Bilder und Zeichnungen sind jedoch in der Regel so angefertigt, als ob man von der Bauchseite auf das Tier schaut. Dementsprechend ist der rechte Vorhof dann links im Bild und umgekehrt. Das Waranherz hat gegenüber dem typischen Reptilienherz eine zusätzliche Muskelleiste (ML), die das Cavum pulmonale (CP) vom Cavum venosum (CV) stärker abtrennt, als dies beim typischen Reptilienherz der Fall ist. Siehe auch Warane#Herz. CP, CV und Cavum arteriosum (CA) bilden gemeinsam den Ventrikel. CV und CA werden zusammen auch als Cavum dorsale bezeichnet. Weitere Abkürzungen: KK: Körperkreislauf. LK: Lungenkreislauf. RVH und LVH: rechter und linker Vorhof. SAK: Septale atrioventriculare Klappen. Pfeile: Fluss von sauerstoffarmem (blau) und sauerstoffreichem (rot) Blut.
Bei den Reptilien kommen zwei unterschiedliche Herztypen vor. Der Herztyp der Crocodylia einerseits und der aller anderen Reptilien andererseits.
Die anderen Reptilien haben wie die Amphibien ein Herz mit zwei getrennten Vorhöfen (Atrien) und einem gemeinsamen Ventrikel. Der Ventrikel ist aber hier durch Muskelleisten in drei miteinander in Verbindung stehende Räume (Cavum arteriosum, Cavum venosum und Cavum pulmonale[15]) unterteilt, so dass von insgesamt fünf Kammern (besser: Herzhöhlen) gesprochen wird. Der Sinus venosus, bei den Amphibien und Fischen noch dem Vorhof vorgeschaltet, ist weiter reduziert und fehlt manchmal ganz. Entsprechend ist das erregungsbildende Gewebe (Sinusknoten) in die Wand des Atriums verschoben, nahe der Veneneinmündung.[9][10]
Während das Blut aus dem Ventrikel bei den Amphibien noch in einen gemeinsamen Conus arteriosus fließt, ist dieser bei den Reptilien dreigeteilt, in die Lungenarterie und in die rechte und die linke Aorta. Im Gegensatz zu den Amphibien spielt Hautatmung keine Rolle mehr, so dass eine Sauerstoffanreicherung nur in der Lunge stattfindet. Trotz einer gemeinsamen Kammer bleiben sauerstoffreiches und -armes Blut in der Regel getrennt. Sauerstoffarmes Blut kommt vom Körperkreislauf in den rechten Vorhof, von dort ins Cavum venosum und weiter ins Cavum pulmonale (blaue Pfeile in der rechten Abbildung).[10] Das sauerstoffreiche Blut fließt über Cavum arteriosum und Cavum venosum in die beiden Aorten und damit in den Körperkreislauf.[15]
Durch den gemeinsamen Ventrikel ist es den Reptilien möglich, mit einem Shunt (deutsch: Abzweig, Nebenanschluss) bei Bedarf den Lungen- oder Körperkreislauf zu umgehen. Die Regulation dieser Vorgänge ist noch nicht völlig verstanden, vermutlich unterscheidet sie sich von Art zu Art. Ein Rechts-links-Shunt bewirkt, dass der Lungenkreislauf umgangen wird und Blut vom Körperkreislauf im Herzen wieder in den Körperkreislauf geleitet wird. Dies geschieht in bei Reptilien häufig vorkommenden Atempausen. Auch bei Reptilien, die unter Wasser ruhen, treten sie auf.[10]
Bei den Crocodilia ist der Ventrikel vollständig geteilt, dass wie bei Säugern und Vögeln ein vierkammeriges Herz (besser: ein Herz mit vier Höhlen, ein vierkavitäres Herz, von lateinisch cavum = Höhle, als Oberbegriff von Vorhof und Kammer) vorliegt. Im Gegensatz zu diesen sind jedoch der Lungenkreislauf und der Körperkreislauf nicht vollständig getrennt, so dass Blut zwischen den beiden verschoben werden kann. Sauerstoffreiches Blut kommt von der Lunge in den linken Vorhof und in den linken Ventrikel. Hier entspringt die rechte Aorta, die den vorderen Körper mit dem Gehirn versorgt. Sauerstoffarmes Blut kommt über die Körpervene in den rechten Vorhof und weiter in den rechten Ventrikel. Hier entspringt sowohl die linke Aorta, die den Hinterleib versorgt, als auch die Lungenarterie. Bei Luftatmung und körperlicher Aktivität ist der Druck im linken Ventrikel höher als im rechten. Dadurch ist auch der Druck in der linken Aorta höher als in der rechten. Durch zwei Verbindungen zwischen linker und rechter Aorta strömt dadurch sauerstoffreiches Blut auch in die hintere Körperhälfte. Das sauerstoffarme Blut landet dagegen weitgehend in der Lunge.[10]
Jene Reptilien, bei denen die Trennung des Ventrikels in zwei Hälften besonders ausgeprägt ist, erreichen höhere Stoffwechselraten als andere. Bei Waranen mit ihrer zusätzlichen Muskelleiste (siehe Abbildung) kann sie 20 Milliliter Sauerstoff pro Minute pro Kilogramm Körpergewicht betragen, während Schildkröten nur 10 Milliliter erreichen. Daraus wird geschlossen, dass die Entwicklung vollständig getrennter Kammern wichtig für die hohen Stoffwechselraten der Säuger und Vögel war.[12]
Säugetiere und Vögel
Bei Säugetieren und Vögeln sind linke und rechte Herzhälfte vollständig voneinander getrennt. Im Gegensatz zu den Crocodilia sind bei ihnen aber auch Lungen- und Körperkreislauf vollständig getrennt, so dass in beiden unterschiedlich hohe Drücke aufgebaut werden können. Auch eine Vermischung von sauerstoffarmem und sauerstoffreichem Blut ist ausgeschlossen. Beide Herzhälften haben einen dünnwandigen Vorhof und einen dickwandigen Ventrikel, so dass insgesamt vier Herzhöhlen vorhanden sind. Diese haben verglichen mit anderen Wirbeltieren recht glatte innere Wände.[10]
Die rechte Herzhälfte pumpt das Blut durch den Lungenkreislauf („kleiner Kreislauf“), wonach es sauerstoffreich im linken Vorhof ankommt. Die linke Herzhälfte befördert das Blut durch den Körperkreislauf („großer Kreislauf“), an dessen Ende es wieder im rechten Vorhof landet.
Da der Gesamtgefäßwiderstand sowie der Blutdruck im Körperkreislauf erheblich größer sind als im Lungenkreislauf, muss die linke Herzkammer eine entsprechend größere Arbeit (Herzarbeit) gegen diesen Widerstand verrichten und weist daher eine deutlich stärkere Wanddicke auf als die rechte. Auch bei unterschiedlichen Füllungsvolumina der vier Herzhöhlen müssen die Schlagvolumina in beiden Herzkammern und in beiden Vorhöfen bei jedem Herzschlag gleich sein. Diese Gleichheit wird gegebenenfalls durch verschiedene Ejektionsfraktionen gewährleistet. Herzklappen zwischen den Vorhöfen und den Ventrikeln sowie am Ausgang der Ventrikel verhindern einen Rückfluss von Blut[10] (siehe auch Blutkreislauf der Vögel und Säugetiere).
Das Herz der Säugetiere unterscheidet sich bei den verschiedenen Arten nur wenig, abgesehen von einer Größenanpassung. Dabei haben einzelne Herzmuskelzellen der verschiedenen Arten wiederum kaum Unterschiede in Morphologie und Größe.
Die Herzmasse steigt bei den Säugern linear mit der Körpermasse an, sie beträgt in der Regel 0,6 % der Körpermasse. Entsprechend steigt auch das Schlagvolumen linear. Das größte Herz hat der Blauwal, der bei einem Körpergewicht von 100 Tonnen ein Herzgewicht von 600 kg und ein Schlagvolumen von 350 Litern erreicht. Seine Herzfrequenz liegt in Ruhe bei 6 Schlägen pro Minute und kann bei einem Tauchgang auf 2 bis 3 Schläge pro Minute abfallen. Das wohl kleinste Säugerherz hat die Etruskerspitzmaus. Bei einem Körpergewicht von 2 g betragen das Herzgewicht 12 mg und das Schlagvolumen 1,2 µl. Die Ruheherzfrequenz von 800 bis 1200 Schlägen pro Minute (= 13 bis 20 Schläge pro Sekunde) kann bei körperlicher Anstrengung bis auf 1500 Schläge pro Minute (25 Schläge pro Sekunde) gesteigert werden.
Der vom linken Ventrikel aufgebaute Blutdruck im Körperkreislauf ändert sich dagegen nur wenig, er liegt unabhängig von der Körpergröße zwischen 100 und 150 mmHg systolisch und zwischen 70 und 105 mmHg diastolisch (siehe Tabelle).[13][16]
Auch bei den Säugetieren besteht ein allometrischer Zusammenhang zwischen Herzfrequenz und Körpermasse. Der Exponent b beträgt hier −0,25, ähnlich dem der Vögel, die Herzfrequenz nimmt also mit zunehmender Körpermasse ab. Dies wird mit der Stoffwechselrate erklärt, die mit zunehmender Körpermasse ebenfalls allometrisch abnimmt (b= 3/4). Der zeitliche Abstand von der Erregung der Vorhöfe bis zur Erregung der Ventrikel (PQ-Intervall, siehe unten) steigt ebenfalls allometrisch mit b=1/4.[17][18]
Eine Ausnahme in mehrerlei Hinsicht ist die Giraffe, die auf Grund des Höhenunterschieds von etwa zwei Metern zwischen Herz und Gehirn einen höheren Blutdruck benötigt. Je nach Quelle liegt dieser bei 300/230 oder 280/180 mmHg und ist damit der höchste aller Säugetiere. Um den hohen Druck aufzubauen, liegt die Herzfrequenz bei für Tiere dieser Größe ebenfalls sehr ungewöhnlichen 170 Schlägen pro Minute (siehe auch: Giraffe#Herz-Kreislauf-System.)[10][14]
Auf Grund der Ähnlichkeit der Herzen der verschiedenen Säugetierarten kann das unten dargestellte menschliche Herz als Modell für alle Säugerherzen gelten.
Lage und Aufbau des menschlichen Herzens
Einige Kennzahlen des menschlichen Herzens (Durchschnittswerte)
Länge
15 cm
Gewicht
300 g
Schlagvolumen
70 cm³ pro Schlag
Herzzeitvolumen (HZV) in Ruhe
4,9 Liter/Minute
HZV bei großer Anstrengung
20–25 Liter/Minute
Arbeit (Herzarbeit)
0,8 Joule pro Schlag (linke Kammer)0,16 Joule pro Schlag (rechte Kammer)100.000 Joule pro Tag (gesamt)
Lage
Topographie des menschlichen HerzensHerzbeutel des Menschen
Das Herz liegt innerhalb des Herzbeutels (Perikard) im Mediastinum:
Seitlich grenzen, getrennt durch parietale und viszerale Pleura (Brustfell), die linke und rechte Lunge an das Herz. Unten sitzt das Herz dem Zwerchfell auf, das mit dem Herzbeutel verwachsen ist. Oberhalb teilt sich die Luftröhre (Trachea) in die beiden Hauptbronchien (Bifurcatio tracheae), von denen der linke vom Aortenbogen überquert wird. Unterhalb dieser Aufteilung befindet sich der linke Herzvorhof. Wenn dieser krankhaft vergrößert ist, kann das zu einer Spreizung der Hauptbronchien führen, was sich im Röntgenbild als vergrößerter Winkel zwischen den Bronchien darstellt. Der linke Vorhof steht außerdem nach hinten in direktem Kontakt mit der Speiseröhre. Vor dem Herzen befindet sich das Brustbein (Sternum), im oberen Bereich liegt es vor den abgehenden großen Gefäßen. Zwischen Brustbein und Herz liegt der Thymus.
Das Herz liegt also praktisch direkt hinter der vorderen Leibeswand in Höhe der zweiten bis fünften Rippe. Die Herzbasis oben reicht nach rechts etwa zwei Zentimeter über den rechten Brustbeinrand hinaus. Unten kommt die Herzspitze knapp an eine gedachte senkrechte Linie heran, die durch die Mitte des linken Schlüsselbeins verläuft (linke Medioklavikularlinie).
Anatomie
Die Anatomie des Herzens
Anatomie des Herzens
Die Gestalt des Herzens gleicht einem abgerundeten Kegel, dessen Spitze nach unten und etwas nach links vorne weist. Das Herzvolumen entspricht ungefähr dem Volumen der geschlossenen Faust[19] des betreffenden Menschen. Das Herz sitzt beim Menschen in der Regel leicht nach links versetzt hinter dem Brustbein. In seltenen Fällen ist es nach rechts versetzt (die sogenannte Dextrokardie – „Rechtsherzigkeit“), meist bei Situs inversus (also bei spiegelverkehrter Organanordnung).
Das gesunde Herz wiegt etwa 0,5 % des Körpergewichts, beim Mann zwischen 280 und 340 Gramm, bei der Frau zwischen 230 und 280 Gramm. Über den größten Teil des Lebens nimmt die Herzmasse kontinuierlich zu, wobei es bei dauerhafter Belastung eher mit der (risikoarmen) Vergrößerung schon bestehender Herzmuskelzellen reagiert: ab etwa 500 g, dem so genannten kritischen Herzgewicht, erhöht sich das Risiko einer Mangelversorgung des nunmehr vergrößerten Herzens mit Sauerstoff, da die versorgenden Herzkranzgefäße nicht in gleichem Maße mitwachsen.[20]
Entgegen früheren Annahmen bildet der Mensch im Lauf seines Lebens neue Herzmuskelzellen, allerdings nur in begrenztem Ausmaß. Im Alter von 25 Jahren beträgt die jährliche Regeneration etwa ein Prozent, bis zum 75. Lebensjahr fällt sie auf unter 0,5 Prozent. Während einer durchschnittlichen Lebensspanne werden damit weniger als 50 % der Herzmuskelzellen ersetzt.[21]
Wandschichten
Das Herz wird vollständig vom bindegewebigen Herzbeutel (Perikard, Pericardium fibrosum) umschlossen. Die untere Seite des Herzbeutels ist mit dem Zwerchfell (Diaphragma) verwachsen, so dass die Bewegungen des Zwerchfells bei der Atmung auf das Herz übertragen werden. Die innerste Schicht des Herzbeutels (Pericardium serosum) schlägt am Abgang der großen Blutgefäße (s. u.) in das Epikard um, das dem Herzen direkt aufliegt. Zwischen Perikard und Epikard liegt ein mit 10–20 ml Flüssigkeit gefüllter kapillärer Spaltraum, der reibungsarme Verschiebungen des Herzens im Herzbeutel ermöglicht.
Diese komplizierten Verhältnisse werden anschaulicher, wenn man sich den Herzbeutel als einen mit Luft gefüllten und verschlossenen Luftballon vorstellt. Die eigene zur Faust geschlossene Hand stellt das Herz dar. Drückt man den Luftballon mit der Faust so weit ein, dass sie vom Ballon vollständig umschlossen wird, so liegt eine Schicht des Luftballons der Faust (dem „Herzen“) direkt an. Diese Schicht, die dem Epikard entspricht, schlägt am Übergang zum Arm in eine äußere Schicht um. Diese äußere Schicht entspricht dem Perikard. Zwischen beiden befindet sich ein mit Luft gefüllter Raum, der dem flüssigkeitsgefüllten Spaltraum des Herzbeutels vergleichbar ist.
Unter dem Epikard befindet sich eine Fettschicht (Tela subepicardiaca), in der die Herzkranzgefäße verlaufen. Nach innen hin folgt die dicke Muskelschicht (Myokard) aus spezialisiertem Muskelgewebe, das nur im Herzen vorkommt. Die Herzinnenräume werden vom Endokard ausgekleidet, das auch die Herzklappen bildet.
Die Wanddicke der linken Hauptkammer wird im Rahmen der Herzultraschall-Untersuchung üblicherweise im Bereich von Septum und Hinterwand bestimmt. Normal sind hierbei Messwerte zwischen 6 und 11 mm, im Mittel 9 mm. Beim Ausdauersportler wird eine Wanddicke von unter 15 mm noch als normal angesehen, bei Sportlern mit Widerstandstraining (Gewichtheben) können auch höhere Werte vorkommen. Die Wandstärke der anderen Herzhöhlen ist deutlich geringer und wird standardisiert nicht bestimmt.[22]
Räume und Gefäße des Herzens
Schema des menschlichen Herzens
Rechte und linke Herzhälfte bestehen jeweils aus einer Kammer (lat. Ventriculus cordis, (Herz-)Ventrikel, kurz RV und LV) und einem Vorhof (Atrium, RA und LA). Getrennt werden diese Räume durch die Herzscheidewand (Septum). Diese wird in die Vorhofscheidewand (Septum interatriale, Vorhofseptum) und die Kammerscheidewand (Septum interventriculare, Ventrikelseptum) unterteilt. Außen ist die Grenze zwischen Herzkammern und Vorhöfen durch die Herzkranzfurche (Sulcus coronarius) ersichtlich, in welcher die Herzkranzgefäße verlaufen. Die Grenze zwischen beiden Herzkammern ist von außen durch zwei Furchen – Sulcus interventricularis subsinuosus und Sulcus interventricularis paracoronalis sichtbar. In den Herzkammern bildet die Herzmuskulatur netzartige kleine, in das Innere hineinragende Bälkchen, die als Fleischbalken (Trabeculae carneae, Singular Trabecula carnea) bezeichnet werden.
Das Blut kann zwischen den Herzräumen nur in eine Richtung fließen, da sich zwischen den Vorhöfen und den Kammern sowie zwischen den Kammern und den sich anschließenden Gefäßen Herzklappen befinden, die wie Rückschlagventile arbeiten. Alle vier Klappen des Herzens befinden sich ungefähr in einer Ebene, der Ventilebene, und sind gemeinsam an einer Bindegewebsplatte, dem Herzskelett, aufgehängt. Innerhalb der Kammern und Vorhöfe finden sich Muskelzüge, die in die Hohlräume hervorragen – die Papillarmuskeln und die Musculi pectinati.
Arterien transportieren das Blut vom Herzen zu den Organen, Venen von den Organen zum Herzen. Arterien des Körperkreislaufs führen sauerstoffreiches (arterielles) Blut, während Arterien des Lungenkreislaufs sauerstoffarmes (venöses) Blut führen. Umgekehrt ist das Blut in den Venen des Körperkreislaufs sauerstoffarm (venös) und das der Lungenvenen sauerstoffreich (arteriell).
In den rechten Vorhof münden die obere und untere Hohlvene (Vena cava superior und inferior). Sie führen das sauerstoffarme Blut aus dem großen Kreislauf (Körperkreislauf) dem Herzen zu. Zwischen rechtem Vorhof und rechter Kammer befindet sich die Trikuspidalklappe, die bei der Kammerkontraktion einen Rückstrom des Blutes in den Vorhof verhindert. Von der rechten Herzkammer aus fließt das Blut über einen gemeinsamen Stamm (Truncus pulmonalis) in die beiden Lungenarterien. Der Rückfluss in die rechte Kammer wird durch die taschenförmige Pulmonalklappe verhindert. Die Lungenarterien führen das sauerstoffarme Blut dem Lungenkreislauf (kleiner Kreislauf) zu.
Durch meist vier Lungenvenen fließt das in der Lunge mit Sauerstoff angereicherte Blut in den linken Vorhof. Von hier aus gelangt es über eine weitere Segelklappe, die Mitralklappe, zur linken Kammer. Der Ausstrom erfolgt durch den sogenannten linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) über eine weitere Taschenklappe (Aortenklappe) und die Hauptschlagader (Aorta) in den Körperkreislauf.
Herzkranzgefäße
Grafische Darstellung des menschlichen Herzens mit Ansicht von vorne (ventral). Detaillierte Beschreibung im Hauptartikel Koronargefäß.
→ Hauptartikel: Koronargefäß
Aus dem Anfangsteil der Aorta entspringen die rechte und linke Herzkranzarterie (Koronararterien). Sie versorgen den Herzmuskel selbst mit Blut. Die Herzkranzarterien sind so genannte „funktionelle Endarterien“. Dies bedeutet, dass eine einzelne Arterie zwar mit anderen Arterien verbunden ist (Anastomosen), dass diese Verbindungen jedoch zu schwach sind, um bei Mangelversorgung eine Durchblutung des Gewebes auf einem anderen Weg zu gewährleisten. Fällt also eine Arterie aufgrund einer Blockade oder einer anderen Störung aus, kommt es in dem von dieser Arterie versorgten Gebiet zu einem Absterben von Gewebe.
Die linke Koronararterie (Arteria coronaria sinistra, left coronary artery, LCA) versorgt die Herzvorderseite. Sie teilt sich in einen Ramus interventricularis anterior (RIVA, left anterior descending, LAD) und einen Ramus circumflexus (RCX).
Die rechte Koronararterie (Arteria coronaria dextra, right coronary artery, RCA) gibt die A. marginalis dextra ab, welche die freie Wand der rechten Herzkammer versorgt. Am „Herzkreuz“ (Crux cordis) teilt sie sich in den Ramus interventricularis posterior und den Ramus posterolateralis dexter. Die rechte Koronararterie versorgt auch einen wichtigen Teil des Erregungssystems (Sinusknoten, Atrioventrikularknoten).
Es gibt drei große Koronarvenen, die in den Sinus coronarius des rechten Vorhofs münden und das sauerstoffarme Blut aus dem Herzmuskel abführen. Die große Herzvene (V. cordis magna) verläuft auf der Vorderseite, die mittlere Herzvene (V. cordis media) auf der Hinterseite und die V. cordis parva am rechten Herzrand. Ein kleiner Teil des sauerstoffarmen Blutes wird über die Thebesius-Venen direkt in die Ventrikel entleert.
Entwicklung
Das Herz beginnt sich beim Menschen schon in der 3. Woche der Embryonalentwicklung zu bilden. Dazu lagern sich Angioblasten (Blutgefäßbildungszellen) vor und seitlich der Prächordalplatte an – der Beginn der Gefäßentwicklung (Vaskulogenese). Sie bilden zunächst mehrere kleinere Hohlräume (Sinus), die schließlich zum hufeisenförmigen Herzschlauch verschmelzen. Die Anlage wandert dann kaudoventral (nach unten und in Richtung Bauch). Um den Herzschlauch herum liegt embryonales Bindegewebe (Mesenchym) aus der Splanchopleura (Seitenplattenmesoderm), welches die Herzmuskulatur (Myokard) bildet. Das Epikard – der dünne Überzug des Herzens – entsteht aus Mesothelzellen.
Entwicklungsstadien des menschlichen HerzensDer primitive Herzschlauch. Die Dottersackvenen sind als Vitelline veins bezeichnet.Cor sigmoideum
Der primitive Herzschlauch besteht aus folgenden Anteilen:
Truncus arteriosus
Bulbus cordis primitivus
Ventriculus primitivus
Atrium primitivum
Sinus venosus
Am 23. oder am 24. Tag beginnt das Herz mit peristaltischen Kontraktionen und damit mit Pumpbewegungen.
Man unterscheidet am fetalen Herzen eine Einstrom- von einer Ausstrombahn. In den Sinus venosus fließen die Dottersackvenen (Vv. vitellinae), die das Blut vom Dottersack in den Embryonalkreislauf leiten, die Nabelvene (V. umbilicalis), die sauerstoffreiches Blut aus den Chorionzotten führt, und die Kardinalvenen (Vv. cardinales anteriores et posteriores), welche das Blut aus dem eigentlichen Embryonalkreislauf enthalten und es wieder zurückführen, ein. Die Ausstrombahn erhält erst Anschluss an die Kiemenbogenarterien, später an den Aortenbogen bzw. den Truncus pulmonalis.
Wichtige Prozesse im Rahmen der Entwicklung sind die Bildung des Cor sigmoideum (vom Schlauch zur Schleife) und die Trennung in zwei getrennte Kreisläufe (Körper- und Lungenkreislauf). Weiter werden das Atrium primitivum in einen rechten und einen linken Vorhof (durch Auswachsen von Endokardkissen) und der Ventriculus primitivus in eine rechte und eine linke Herzkammer (durch Bildung des muskulösen und membranösen Septums) unterteilt.
Die Segelklappen (zwischen Vorhöfen und Kammern) bilden sich ebenfalls aus auswachsenden Endokardkissen, die Taschenklappen durch Bildung von Endothelwülsten.
Funktionsweise des menschlichen Herzens
Computeranimation: 3D-Schnittmodel des menschlichen Herzens
Erregungsbildungs- und Erregungsleitungssystem
→ Hauptartikel: Erregungsleitungssystem und Elektrokardiogramm
Die Kontraktion von Herzmuskelfasern wird durch elektrische Signale ausgelöst. Bei einem myogenen Herzen wie dem menschlichen werden die für die Herzaktion nötigen Impulse spontan und rhythmisch in spezialisierten Herzmuskelzellen erzeugt, den Schrittmacherzellen.
Damit sich die elektrische Erregung über das Herz ausbreiten kann, sind die einzelnen Herzmuskelzellen über kleine Poren in ihren Zellmembranen miteinander verbunden. Über diese Gap Junctions fließen Ionen von Zelle zu Zelle. Dabei nimmt die Erregung im Sinusknoten zwischen oberer Hohlvene und rechtem Herzohr ihren Ursprung, breitet sich erst über beide Vorhöfe aus und erreicht dann über den Atrioventrikularknoten (AV-Knoten) in der Ventilebene die Kammern.
Erregungsleitung am Herzen mit EKG
In den beiden Herzkammern gibt es ein Erregungsleitungssystem zur schnelleren Fortleitung, das aus spezialisierten Herzmuskelzellen besteht. Diese Zellen bilden vom AV-Knoten ausgehend das His-Bündel, das das Herzskelett durchbohrt und sich in einen rechten und einen linken Tawara-Schenkel für die rechte und die linke Kammer aufteilt. Der linke Tawara-Schenkel teilt sich in ein linkes vorderes und ein linkes hinteres Bündel. Die Endstrecke des Erregungsleitungssystems wird durch Purkinje-Fasern gebildet, die bis zur Herzspitze verlaufen, dort umkehren und direkt unter dem Endokard in der Arbeitsmuskulatur enden. Zum Teil können sie auch als „falsche Sehnenfäden“ (Chordae tendineae spuriae) oder innerhalb der Moderatorbänder (Trabeculae septomarginales) durch die Lichtung der Kammer ziehen. Dieses System ermöglicht den Kammern, sich trotz ihrer Größe koordiniert zu kontrahieren.
Erreichen den AV-Knoten aus irgendeinem Grunde keine Vorhoferregungen, so geht von ihm selbst eine langsamere Kammererregung aus (ca. 40/min). Der AV-Knoten bildet auch einen Frequenzfilter, der zu schnelle Vorhoferregungen (z. B. bei Vorhofflattern oder -flimmern) abblockt (→ AV-Block).
Mechanik der Herzaktion
Wiggers-Diagramm der Vorgänge im linken Herzteil während zweier Herzzyklen.
Magnetresonanztomographie-Schichtbilder des schlagenden Herzens. Oben der Thorax mit Vierkammerblick, unten nur das Herz.
Das menschliche Herz pumpt in Ruhe etwa das gesamte Blutvolumen des Körpers einmal pro Minute durch den Kreislauf, das sind bei Erwachsenen etwa fünf Liter pro Minute. Bei körperlicher Belastung kann die Pumpleistung etwa auf das Fünffache gesteigert werden, wobei sich der Sauerstoffbedarf entsprechend erhöht. Diese Steigerung wird durch eine Verdoppelung des Schlagvolumens und eine Steigerung der Herzfrequenz um den Faktor 2,5 erreicht.
Bei jeder Pumpaktion fördert jede Kammer und jeder Vorhof etwas mehr als die Hälfte des maximalen Füllungsvolumens, also etwa 50–100 ml Blut. Das ist die Ejektionsfraktion, also der prozentuale Anteil am enddiastolischen Füllungsvolumen, welcher aus der Herzhöhle herausgeworfen wird. Die Herzfrequenz (Schläge/Minute) beträgt in Ruhe 50–80/min (bei Neugeborenen über 120–160) und kann unter Belastung auf über 200/min ansteigen. Liegt ein zu langsamer Herzschlag vor (unter 60/min im Ruhezustand), wird von einer Bradykardie gesprochen. Schlägt das Herz zu schnell (bei Erwachsenen über 100/min im Ruhezustand), spricht man von einer Tachykardie.
Während eines Herzzyklus füllen sich zunächst die Vorhöfe, während gleichzeitig die Kammern das Blut in die Arterien auswerfen. Wenn sich die Kammermuskulatur entspannt, öffnen sich die Segelklappen und das Blut fließt, gesaugt durch den Druckabfall in den Kammern, aus den Vorhöfen in die Kammern. Unterstützt wird dies durch ein Zusammenziehen der Vorhöfe (Vorhofsystole). Es folgt die Kammersystole. Hierbei zieht sich die Kammermuskulatur zusammen, der Druck steigt an, die Segelklappen schließen sich und das Blut kann nur durch die nun geöffneten Taschenklappen in die Arterien ausströmen. Ein Rückfluss des Blutes aus den Arterien während der Entspannungsphase (Diastole) wird durch den Schluss der Taschenklappen verhindert. Die Strömungsrichtung wird also allein durch die Klappen bestimmt.
Herzzyklus: Klappenstellung, Blutfluss und EKG.
Herzklappen und -skelett (J. M. Bourgery, ca. 1836)
Audioaufnahme des Herzschlags eines Menschen
Neben der Muskulatur, dem weitaus größten Teil der Gewebemasse des Herzens, besitzt das Herz ein sogenanntes Herzskelett. Es handelt sich hier um eine bindegewebige Struktur, die hauptsächlich aus den „Einfassungen“ der Ventile besteht. Das Herzskelett hat drei wichtige Funktionen: Es dient als Ansatz für die Muskulatur, als Ansatz für die Herzklappen (daher auch als Ventilebene bezeichnet) und zur elektrischen Trennung von Vorhof- und Kammermuskulatur, um eine gleichzeitige Kontraktion zu verhindern.
Das Herzskelett ist ausschlaggebend für die Mechanik der Herzaktion: Aufgrund des Rückstoßes bei der Blutaustreibung ist die Herzspitze im Laufe des gesamten Herzzyklus relativ fixiert und bewegt sich kaum. Somit wird folglich bei einer Kontraktion der Kammermuskulatur (Systole) die Ventilebene nach unten in Richtung der Herzspitze gezogen. In der Erschlaffungsphase der Kammermuskulatur (Diastole) bewegt sich die Ventilebene wieder in Richtung Herzbasis.
Bei der Senkung der Ventilebene wird somit zum einen das Blut aus der Kammer in den Kreislauf ausgeworfen und zum anderen vergrößert sich auch der zugehörige Vorhof. Es kommt zu einem Unterdruck, wodurch Blut aus den großen Venen in die Vorhöfe strömt. Bei der Erschlaffung der Kammermuskulatur hebt sich nun die Ventilebene, wodurch die Kammern passiv über die Blutsäulen der Vorhöfe ausgedehnt werden und sich dadurch zu etwa 70–80 % füllen. Die anschließende Kontraktion der Vorhöfe pumpt nun das restliche Blut in die Kammern und leitet somit einen neuen Herzzyklus ein. Die Vorhofkontraktion ist daher nicht zwingend für das Funktionieren des Herzens nötig, was sich auch daran zeigt, dass (im Gegensatz zum Kammerflimmern) Patienten mit Vorhofflimmern durchaus lebensfähig sind.
Ein etwa mit einem Pulmonaliskatheter gemessener erniedrigter Druck im rechten Vorhof kann auf ein unzureichendes Blutvolumen oder eine Sepsis, ein erhöhter auf einen kardiogenen Schock, einen rechtsventrikulären Herzinfarkt, eine Lungenembolie oder eine Herzbeuteltamponade hinweisen.[23]
Regulation
Bei körperlicher Belastung wird die Herzleistung durch die Einwirkung sympathischer Nervenfasern gesteigert, die an den Zellen der Arbeitsmuskulatur und auch des Erregungsleitungssystems den Transmitter Noradrenalin freisetzen. Zusätzlich erreicht Noradrenalin zusammen mit Adrenalin das Herz als Hormon über die Blutbahn. Die Wirkung von Noradrenalin und Adrenalin wird überwiegend über β1-Adrenozeptoren vermittelt. Dieser ist G-Protein-gekoppelt und aktiviert eine Adenylatcyclase (AC), welche die Synthese von cAMP aus ATP katalysiert. Daraufhin phosphoryliert eine cAMP-abhängige Proteinkinase (PKA) Calciumkanäle und erhöht dadurch den langsamen Einstrom von Calcium in die Muskelzelle. Dies führt zur Ausschüttung von weiterem Calcium aus dem Sarkoplasmatischen Retikulum (SR) und damit zur gesteigerten Muskelkontraktion des Herzens während der Systole (positiv inotroper Effekt). Außerdem phosphoryliert die PKA das Phospholamban des SR, wodurch die Calciumaufnahme ins SR erhöht wird und die Relaxationszeit des Herzens in der Diastole verkürzt wird (positiv lusitroper Effekt).[24] Zudem steigen die Herzfrequenz (positiv chronotrop) und die Überleitungsgeschwindigkeit im AV-Knoten (positiv dromotrop) an.
Der Gegenspieler des Sympathikus ist auch am Herzen der Parasympathikus, welcher über den Nervus vagus (X. Hirnnerv) wirkt, der mit dem Transmitter Acetylcholin die Herzfrequenz, die Kontraktionskraft des Herzens, die Überleitungsgeschwindigkeit des AV-Knotens und die Erregbarkeit des Herzens herabsetzt (negativ chronotrop, negativ inotrop, negetiv dromotrop und negativ bathmotrop), wobei die Wirkung des Parasympathikus auf die Ino- und Bathmotropie eher gering ist.
Gleichzeitig passt sich die Kontraktionskraft (Herzkraft) automatisch den Erfordernissen an: Wird der Herzmuskel durch zusätzliches Blutvolumen stärker gedehnt, so verbessert sich dadurch die Funktion der kontraktilen Elemente in den Muskelzellen (Frank-Starling-Mechanismus). Dieser Mechanismus trägt wesentlich dazu bei, dass sich die gleichzeitigen Schlagvolumina von rechter und linker Kammer nicht unterscheiden: Erhöht sich aus irgendeinem Grund kurzfristig das Schlagvolumen einer Herzhälfte, so führt dies zu einer Vergrößerung des Füllungsvolumens der anderen Herzhälfte bei der folgenden Herzaktion. Dadurch wird die Wand stärker gedehnt und die Kammer kann mit verbesserter Kontraktionskraft ebenfalls ein größeres Blutvolumen auswerfen. Bei jeder Herzaktion ist in allen vier Herzhöhlen das Produkt aus enddiastolischem Füllungsvolumen und zugehöriger Netto-Ejektionsfraktion notwendigerweise konstant. Gäbe es diese Gleichheit der vier Schlagvolumina nicht, käme es sofort zum Blutstau.
Das Herz produziert in seinen Vorhöfen (vor allem im rechten Vorhof) auch dehnungsabhängig ein harntreibendes Hormon, das atriale natriuretische Peptid (ANP), um Einfluss auf das zirkulierende Blutvolumen zu nehmen.
Erkrankungen
→ Hauptartikel: Kardiologie und Kinderkardiologie
In der Medizin beschäftigt sich die Kardiologie als Spezialgebiet der Inneren Medizin mit dem Herzen und der konservativen Behandlung der Herzerkrankungen bei Erwachsenen; Operationen am Herzen werden von Herzchirurgen durchgeführt. Herzerkrankungen von Kindern sind, soweit konservativ therapierbar, Gegenstand der Kinderkardiologie, welche sich als Teilgebiet der Pädiatrie seit etwa 1975 entwickelt hat. Die operative Therapie bei Kindern wird, zumindest in Deutschland, von der als Spezialisierung etablierten Kinderherzchirurgie übernommen. Da seit etwa 1995 zunehmend Kinder mit komplexen angeborenen Herzfehlern das Erwachsenenalter erreichen, stellt sich heute die Frage der medizinischen Versorgung für diesen Patientenkreis, der lebenslang auf kardiologische Kontrolluntersuchungen angewiesen ist und bei dem eventuell auch Re-Operationen anstehen. Erst vereinzelt haben sich bisher Erwachsenenkardiologen intensiv auf dem Gebiet der angeborenen Herzfehler fortgebildet. Kinderkardiologen sind zwar sehr kompetent im Bereich der verschiedenen Krankheitsbilder, jedoch als Pädiater nicht im Bereich der Erwachsenkardiologie ausgebildet. Deshalb werden heute zunehmend interdisziplinäre Sprechstunden in verschiedenen Herzzentren angeboten.
Siehe auch: Kategorie:Krankheitsbild in der Kardiologie
Siehe auch
Sportherz
Herztransplantation
Herz (Lebensmittel)
Literatur
Ole Martin Høystad: Kulturgeschichte des Herzens. Von der Antike bis zur Gegenwart. Aus dem Norwegischen von Frank Zuber. Böhlau, Köln / Weimar / Wien 2006, ISBN 3-412-28705-9
Susanne Hahn: Herz. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 581 ff.
Charles Reginald Schiller Harris: The heart and the vascular system in ancient Greek medicine from Alcmaeon to Galen. Oxford 1973.
Friedrich Wilhelm Hehrlein: Herz und große Gefäße. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen: Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 164–185.
Das Herz (Gedächtnisschrift für Ernst Boehringer). 3 Bände. Dr. Karl Thomae GmbH, Biberach an der Riß 1965–1969.
Wolfgang Bargmann, Wilhelm Doerr: Das Herz des Menschen. Thieme, Stuttgart 1963.
Herbert Reindell, Helmut Klepzig: Krankheiten des Herzens und der Gefäße. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 450–598.
T. East: The Story of Heart Disease. Dawson, London 1958.
Allan Burns: Observations on some of the most frequent and important diseases of the heart. Edinburgh 1809.
Weblinks
Wiktionary: Herz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Herz – Zitate
Commons: Herz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Literatur von und über Herz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Introduction to Cardiothoracic Imaging
HM Sommer: Herz (Memento vom 11. Juni 2007 im Internet Archive; PDF; 2,7 MB)
Animationen
3-dim. Animation des schlagendes Herzens mit vielen Infos
2-dim. Animation des schlagenden Herzens mit Diagrammen (englisch)
Institutionen
dgk-herzfuehrer.de – Deutsche Gesellschaft für Kardiologie
Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie
Einzelnachweise
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↑ Wolfgang Piper: Innere Medizin. Springer-Verlag, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-33725-6, S. 77.
↑ Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus dem medizinischen Schrifttum der Griechen und Römer. Philipp Reclam jun., Leipzig 1979 (= Reclams Universal-Bibliothek. Band 771); 6. Auflage ebenda 1989, ISBN 3-379-00411-1, S. 23 und 184, Anm. 14.
↑ Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. […]. 1989, S. 23.
↑ Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. […]. 1989, S. 183 f.
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↑ Amitava Majumder, Anne Paschen: Ärztliche Arbeitstechniken. In: Jörg Braun, Roland Preuss (Hrsg.): Klinikleitfaden Intensivmedizin. 9. Auflage. Elsevier, München 2016, ISBN 978-3-437-23763-8, S. 29–93, hier: S. 39 f. (Pulmonaliskatheter).
↑ Erland Erdmann: Klinische Kardiologie. 7. Auflage. Springer-Verlag
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| Dieser Artikel behandelt das Organ; zu weiteren Bedeutungen siehe Herz (Begriffsklärung). Herz eines Hundes von links: 1 linke Herzkammer, 2 linke Längsfurche (Sulcus interventricularis paraconalis), 3 rechte Herzkammer, 4 Arterienkonus (Conus arteriosus), 5 Lungenstamm (Truncus pulmonalis), 6 BOTALLI-Band (Ligamentum arteriosum), 7 Aortenbogen, 8 Arm-Kopf-Stamm (Truncus brachiocephalicus), 9 linke Schlüsselbeinarterie (Arteria subclavia sinistra), 10 rechtes Herzohr, 11 linkes Herzohr, 12 Herzkranzfurche mit Fett, 13 Lungenvenen. Magnetresonanztomografie: Animierte Aufnahme des menschlichen Herzens Das Herz (fachsprachlich auch Cor, von lateinisch cor, oder Kardia, auch Cardia, von griechisch kard a) ist ein bei verschiedenen Tiergruppen vorkommendes muskuläres Hohlorgan (Hohlmuskel), das mit Kontraktionen Blut oder Hämolymphe in den Kreislauf und somit durch den Körper pumpt und so die Versorgung aller Organe sichert. Höherentwickelte Herzen, beispielsweise bei den Wirbeltieren, arbeiten wie eine Verdrängerpumpe, indem Flüssigkeit (Blut) ventilgesteuert aus Blutgefäßen angesaugt wird (bei Säugern Hohl- bzw. Lungenvenen) und durch andere Blutgefäße ausgestoßen wird (bei Säugern Truncus pulmonalis bzw. Aorta). Die Lehre von Struktur, Funktion und Erkrankungen des Herzens ist die Kardiologie. Ein Leben ohne Herz ist für höhere Tiere und den Menschen nicht möglich, jedoch können künstliche Herzen den Verlust der natürlichen Funktionen mittlerweile in gewissen Grenzen ausgleichen. Das Herz gehört zu den ersten während der Embryonalentwicklung angelegten Organen. Historisch wurzelt die Formulierung des springenden Punktes in dem zu schlagen beginnenden Herz des Hühnerembryos. Etymologie Der neuhochdeutsche Begriff Herz mittelhochdeutsch h rz[e], althochdeutsch herza geht auf das indogermanische *k rd zurück. Es hat somit denselben etymologischen Ursprung wie die lateinischen und griechischen Formen. Die im Deutschen am Anfang und am Ende des Wortes befindlichen zwei Konsonanten beruhen auf einem Wandel, der im Laufe der Generationen auftritt und als Lautverschiebung bezeichnet wird.[1] Die Herzen von Mensch und Säugetier haben vier Herzhöhlen: zwei Vorhöfe (Atrium) und zwei Kammern (Ventrikel). Das Atrium war in der römischen Architektur der Innenhof oder Vorraum eines Wohnhauses. Ein Ventrikel ist im Lateinischen (ventriculus) ein kleiner Bauch ; venter ist der Magen oder das Abdomen. Es ist sprachlich falsch, wenn die Kardiologen vom Vierkammerblick, von der Vierkammerebene und dem Dreikammerblick[2] oder vom Dreikammerschrittmacher sprechen. Im Englischen dagegen hat ein four-chambered heart zwei Ventrikel; ein Ventrikel is one of two large chambers. Beim Übersetzen ist chamber (= Kammer, lateinisch camera) also entweder eine Herzkammer oder eine Herzhöhle (lateinisch cavum cordis). Ein Zweikammer-Herzschrittmacher stimuliert einen Vorhof und die dazugehörige Kammer, nicht aber beide Ventrikel. Forschungsgeschichte Video: Forschungsgeschichte des Herzens Denker der Antike wie Empedokles (5. Jahrhundert v. Chr.), Aristoteles (4. Jahrhundert v. Chr.), Diokles von Karystos (4. oder 3. Jahrhundert v. Chr.), Vertreter der westgriechischen Medizin und die meisten Stoiker sahen das Herz als Zentralorgan des Körpers und Ausgangspunkt für Blutgefäße und Nerven an. Als Aufgabe des Gehirns nahmen sie hingegen nur die Abkühlung der im Herzen lokalisierten Wärme an.[3] Der griechische Philosoph Alkmaion erkannte, dass nicht das Herz die ihm in der Antike noch zugesprochene Rolle als Zentralorgan der Wahrnehmung und der Erkenntnis hat, sondern das Gehirn, welches er auch für die Bewegungsabläufe im Körper verantwortlich machte. Alkmaions Theorie folgten auch Platon und Verfasser des Corpus Hippocraticum. Auch wenn diese Lehre durch die alexandrinischen Ärzte Herophilos von Chalkedon und Erasistratos bestätigt wurde, hielten sich noch lange die älteren Vorstellungen vom Herz als Zentralorgan.[4] Die linke Herzkammer galt, so bei Galen in De usu partium, als Ort der eingepflanzten Wärme (calor innatus), dem eigentlichen Lebensprinzip, und damit als Speicher des Lebenspneumas (während das Seelenpneuma im Gehirn vermutet wurde). Der linke Herzvorhof wurde von Galen als Teil der Lungenvene aufgefasst.[5] Anatomische Zeichnung Leonardo da Vincis, vermutlich ein Ochsenherz darstellend Der arabische Arzt Ibn an-Naf s (1213 1288) war der Erste, der das Herz anatomisch richtig beschrieb. Der englische Arzt William Harvey (1578 1657) zeigte, dass die Kontraktionen des Herzens die Bewegung des Bluts durch den Kreislauf antreiben.[6] Anatomisch bedeutende Darstellungen des Herzens publizierten unter anderem auch Berengario da Carpi, Leonardo da Vinci, Andreas Vesalius und Godefridus Bidloo. Zu den bekanntesten Abhandlungen über die Anatomie und Pathologie des Herzens im 18. Jahrhundert gehört die 1749 erschienene Schrift Trait de la structure du coer, de son action et de ses maladies von Jean-Baptiste S nac, dem Leibarzt von Ludwig XV.[7] Herztypen und deren Verbreitung im Tierreich Röhrenherzen und Kammerherzen Die Herzen der verschiedenen Tiergruppen lassen sich bezüglich ihres Aufbaus in röhrenförmige und gekammerte Typen einteilen. Röhrenförmige Herzen setzen das Blut oder die Hämolymphe in Bewegung, indem Kontraktionswellen durch ihre Wände laufen (Peristaltik). So kann ein gerichteter Fluss erzeugt werden, auch wenn keine Ventile vorhanden sind. Gliederfüßer haben röhrenförmige Herzen, die nahe am Rücken liegen. Bei Insekten und manchen Krebsen wie Artemia können sie sich über längere Körperabschnitte erstrecken, bei anderen Krebsen handelt es sich um kurze muskuläre Säcke. Das Blut beziehungsweise die Hämolymphe tritt meistens über seitliche Öffnungen ein, sogenannte Ostien. Diese können recht zahlreich werden, die Fangschreckenkrebse haben 13 Paare.[8] Manchmal geschieht der Zufluss aber auch von hinten über Venen. Bei der Herzkontraktion wird die Flüssigkeit nach vorne in eine mit Klappen versehene Arterie gepresst. Das Herz ist an Bändern oder Muskeln aufgehängt, die durch die Herzkontraktion unter Spannung gesetzt werden. Beim Erschlaffen des Herzens öffnen sich die Ostien und das Herz erweitert sich, so dass Flüssigkeit nachströmen kann. Das Arthropodenherz lässt sich daher mit einer Saugpumpe vergleichen. Röhrenförmige Herzen kommen auch bei den Urochordata und bei Embryonen der Wirbeltiere vor. Beim Manteltier Ciona ändert sich die Richtung der Kontraktionswellen rhythmisch, so dass die Flussrichtung des Blutes abwechselt.[9][10] Dies ist auch bei Insekten so. So zeigt die visuelle Beobachtung vom Herz von ruhenden Mücken der Art Anopheles gambiae, dass sich dieses mit einer Rate von 1,37 Hz (82 Schläge pro Minute) zusammenzieht und die Kontraktionsrichtung wechselt, wobei 72 % der Kontraktionen in anterograder Richtung (zum Kopf hin) und 28 % der Kontraktionen in retrograder Richtung (zur Bauchspitze hin) erfolgen.[11] Bei Herzen mit Kammern zieht sich eine Kammer komplett zusammen. Das Fließen in die falsche Richtung wird durch Klappen verhindert, die sich nur in eine Richtung öffnen. Dieser Herztyp kommt besonders bei Weichtieren und Wirbeltieren vor. Aufgrund der sehr starken Wandmuskulatur wirken diese Herzen zusätzlich als Druckpumpe, die einen hohen Blutdruck erzeugen kann. Bei vielen Weichtieren, speziell bei den Schnecken, aber auch bei niederen Wirbeltieren funktioniert die Füllung des Herzens durch Unterdruck in der Perikardhöhle, die das Herz umgibt. Die Wand dieser Höhle kann sehr fest sein, so dass hier bei der Herzkontraktion ein Unterdruck entsteht, der nach Ende der Kontraktion Blut in das Herz saugt. Bei Haien entstehen so 5 mmWS. Die Kammer (auch: Ventrikel) hat eine dicke, muskuläre Wand. Ihr vorgeschaltet ist der Vorhof (auch: Atrium), der eine schwächere Wandmuskulatur hat und der durch seine Kontraktion die Kammer befüllt.[9] Myogene und neurogene Herzen Die Herzkontraktion wird durch einen elektrischen Impuls ausgelöst. Bei myogenen Herzen wird dieser Impuls spontan und rhythmisch in spezialisierten Herzmuskelzellen ausgelöst, den Schrittmacherzellen. Dies kommt bei Wirbeltieren, Manteltieren, Weichtieren sowie bei manchen Ringelwürmern und Gliederfüßern (darunter die Insekten) vor. Bei Säugern und Vögeln wurden die verantwortlichen Zellen im Sinusknoten lokalisiert. Die elektrische Gesamtaktivität eines myogenen Herzens lässt sich in einem Elektrokardiogramm (EKG) darstellen. Das EKG ist für jede Tierart typisch.[8][9] Bei neurogenen Herzen wird der Impuls zur Kontraktion durch Nervenzellen (genauer: Ganglienzellen) ausgelöst, die am Herzen anliegen. Eine solche neurogene Automatie kommt bei manchen Ringelwürmern und manchen Gliederfüßern vor, zum Beispiel bei den Zehnfußkrebsen, zu denen Hummer, Krabben und andere Gruppen gehören. Das verantwortliche Herzganglion kann je nach Art zum Beispiel neun oder 16 Zellen haben. Auch der Pfeilschwanzkrebs Limulus und die Vogelspinne Erypelma californicum haben ein neurogenes Herz. Während sich bei myogenen Herzen die Erregung von den Schrittmacherzellen über jeweils benachbarte Muskelzellen schließlich im gesamten Herzen ausbreitet, findet eine solche muskuläre Erregungsweiterleitung in neurogenen Herzen soweit bekannt nicht statt. Stattdessen sind die Muskelzellen vielfach innerviert. Bei Limulus wird jede Muskelzelle von sechs oder mehr Nervenzellen innerviert, die Ganglien entspringen, die rückenwärts am Herzen anliegen und die Erregung steuern.[8][9][12] Auch myogene Herzen sind oft innerviert, etwa bei Weichtieren und Wirbeltieren. So können sowohl myogene als auch neurogene Herzen durch das Nervensystem gesteuert werden. Durch entsprechende Nervenimpulse können beispielsweise die Schrittmacherzellen stimuliert oder inhibiert werden, so dass die Herzfrequenz gesteigert oder herabgesetzt wird, je nach den körperlichen Erfordernissen.[8] Bei den Gliederfüßern sind lange Herzen häufiger neurogen und kurze Herzen eher myogen. Generell schlagen beide Herztypen selbstständig, ohne Signalgeber aus dem zentralen Nervensystem. Dies wird als Autonomie oder Autorhythmie bezeichnet.[9][12] Nebenherzen Die meisten Weichtiere haben ein offenes Gefäßsystem mit einem Herzen mit Vorhof und Kammer. Bei den Kopffüßern, die ein weitgehend geschlossenes Gefäßsystem haben, finden sich jedoch neben dem Hauptherzen noch zwei Kiemenherzen, die das Blut durch die Kapillaren der Kiemen pressen. Sie haben also eine ähnliche Funktion wie die rechte Herzhälfte der Säuger, die den Lungenkreislauf antreibt. Bei Myxinen, einer Gattung der Schleimaale, finden sich neben dem Hauptherzen noch Portalherz, Cardinalherzen und Caudalherz. Nebenherzen gibt es auch in den Flügelvenen von Fledermäusen. Im Lymphgefäßsystem von Froschlurchen treten sogenannte Lymphherzen auf. Sie sind paarig in der Nähe des Steißbeins angelegt und haben eine neurogene Automatie. Ein eigener Schrittmacher ist jedoch nicht vorhanden. Stattdessen werden sie vom vegetativen Nervensystem gesteuert. Lymphherzen kommen auch bei manchen Reptilien und Vögeln vor, etwa beim Strauß, bei den meisten Vögeln und den Säugern aber nicht.[8][9] Bei vielen Insekten kommen zusätzliche Herzen in Flügeln, Beinen und Antennen vor, die helfen, die Hämolymphe durch diese schmalen Körperanhänge zu pressen. Bis zu einigen Dutzend dieser akzessorischen Herzen können auftreten.[10] Andere blutfördernde Organe Neben Herzen tragen bei manchen Arten auch andere Organe zum Fluss des Blutes bei. In den Beinen der Landwirbeltiere führt die Kontraktion der Muskeln zu einem verbesserten Rückstrom des venösen Blutes zum Herzen. Die Körperbewegung der Gliederfüßer setzt die Hämolymphe in Bewegung. Bei manchen Arten kommen Blutgefäße vor, die sich zusammenziehen können, zum Beispiel beim Perlboot Nautilus, wo sie das Blut durch die Kiemen zum Herzen pumpen.[10] Herzfrequenz Hauptartikel: Herzfrequenz Generell gilt, dass innerhalb einer Tiergruppe die Herzfrequenz großer Arten niedriger ist als jene von kleineren Arten. Dies wurde beispielsweise für Säuger, Krebstiere oder Spinnentiere gezeigt. Bei Säugern liegen die Werte für ausgewachsene Tiere in Ruhe zwischen 6 Schlägen pro Minute beim Blauwal und 1000 Schlägen pro Minute bei der Etruskerspitzmaus.[13] Eine Ausnahme von der Regel ist die Giraffe, die mit 170 Schlägen pro Minute eine deutlich höhere Frequenz hat als Tiere vergleichbarer Größe.[10] Bei gleichwarmen Tieren ist die Frequenz höher als bei gleich großen wechselwarmen Tieren. Wie auch die Atemfrequenz steht die Herzfrequenz in Relation zur Stoffwechselrate. Bei gleich großen verwandten Arten mit unterschiedlicher Aktivität haben die trägeren eine langsamere Herzfrequenz als die lebhafteren. Bei Vögeln, Krebsen und Lungenschnecken lässt sich der Zusammenhang zwischen steigender Körpermasse ( M {\displaystyle M} ) und abnehmender Herzfrequenz ( H F {\displaystyle HF} ) mit folgender allometrischer Gleichung beschreiben: H F = a M b {\displaystyle HF=a\cdot M^{b}} wobei a {\displaystyle a} eine für die Tiergruppe spezifische Konstante ist und b {\displaystyle b} bei den Vögeln 0,27, bei den Krebsen 0,12 und bei den Lungenschnecken 0,11 beträgt. Grundsätzlich beziehen sich derartige Vergleiche auf erwachsene Tiere.[8][12] Die Häufigkeit des Herzschlags (Herzfrequenz) ist nicht allein entscheidend für die Blutmenge, die durch das Herz hindurchgepumpt wird, sondern auch die Amplitude zwischen der Dehnung und Kontraktion der Herzmuskeln, also das Herzschlagvolumen. Aus dem Zusammenwirken beider ergibt sich (als Produkt) das Herzzeitvolumen. Blutdruck Video: Funktion des Herzens beim Menschen Der Blutdruck ist der Druck, gegen den das Herz seinen Inhalt auswerfen muss. Er ist damit entscheidend für die Arbeit, die das Herz verrichten muss. Bei Tieren mit einem geschlossenen Blutkreislauf hängt die Höhe des Blutdrucks unmittelbar mit der Auswurfleistung des Herzens zusammen. Das Herzzeitvolumen ist hier der Quotient aus Blutdruck und peripherem Widerstand. Dies ist bei Tieren mit offenem Kreislaufsystem nicht der Fall. Da die Hämolymphe auch die Leibeshöhle durchströmt, ist der Blutdruck hier einerseits vergleichsweise niedrig und andererseits abhängig von der Körperbewegung und -haltung und dadurch sehr variabel.[8] Bei den Weichtieren wurde gezeigt, dass der Druck, der vom Ventrikel aufgebaut werden kann, bei den Tiergruppen mit aktiverer Lebensweise größer ist. Bei den Kopffüßern sind bei Octopus bis zu 600 mmWS gemessen worden (entspricht 44 mm Hg), bei der Schnecke Patella 50 mmWS (3,7 mm Hg) und bei Muscheln in der Regel unter 20 mmWS (1,5 mm Hg).[8] Bei den Wirbeltieren ist der Blutdruck am höchsten im Körperkreislauf der Vögel, dicht gefolgt vom Körperkreislauf der Säuger. Die anderen Wirbeltiergruppen, die keine vollständige Trennung zwischen Lungenkreislauf und Körperkreislauf haben (siehe unten), haben deutlich niedrigere Blutdrücke (siehe Tabelle). Bei Vögeln und Säugern nimmt der Blutdruck mit dem Alter zu und ist bei Männchen etwas höher als bei Weibchen. Bei Säugetieren, die Winterschlaf halten, sinkt der Blutdruck stark.[14] Wenn nicht anders angegeben, beruhen die Zahlenangaben der Tabelle auf dem zitierten Lehrbuch.[14] Angegeben werden zuerst der Ruheblutdruck am Ende der Herzkontraktion (systolischer Blutdruck), der dem Druck im (linken) Ventrikel entspricht, und gefolgt von einem Schrägstrich der Druck in der Aorta am Beginn der nächsten Kontraktion, gegen den das Herz das Blut auswerfen muss (diastolischer Blutdruck). Alle Werte in mm Hg. Säugetiere Giraffe 300/250 Pferd 114/90 Mensch 120/80 Katze 125/75 Maus 147/106 Vögel Hahn 191/154 Henne 162/133 Star 180/130 Sperling 180/140 Wechselwarme Wirbeltiere Frosch (Rana) 27 Aal (Anguilla) 35-40 Dornhai (Squalus) 32/16 Herzen der Wirbeltiere Alle Wirbeltierherzen sind myogen, ein Schrittmacher sorgt für eine herzeigene Reizgenerierung. In vielen Fällen schlagen Herzen unter kontrollierten Bedingungen noch weiter, nachdem sie aus einem Tier herauspräpariert wurden. Diese Eigenschaft wird als Autorhythmie oder Autonomie bezeichnet.[12] Wandstruktur Die Wände der Wirbeltierherzen sind aus mehreren Schichten aufgebaut. Das Herz ist umgeben vom Herzbeutel (Perikard). Die äußerste Schicht des Herzens ist das Epikard und nach innen folgt das äußere Bindegewebe des Herzens. Wenn Koronargefäße (Herzkranzgefäße) vorhanden sind, liegen sie hier. Sie erstrecken sich dann von hier in die darunter liegende Muskelschicht, das Myokard. Hier liegen die Herzmuskelzellen, die Kardiomyozyten. Die innerste Schicht ist das Endokard, eine Bindegewebsschicht, die zum Herzinnenraum hin von einer Schicht Epithelzellen abgeschlossen wird.[10] Die Muskelschicht kommt in zwei Formen vor, als kompaktes oder spongiöses (schwammiges) Myokard. Der jeweilige Anteil beider Typen ist artspezifisch. Bei Fischen und Amphibien liegt hauptsächlich spongiöses Myokard vor, während Säuger fast nur kompaktes Myokard haben. Im Gegensatz zu kompaktem hat spongiöses Myokard häufig keine Blutgefäße, es wird vom Blut im Herzen versorgt. Das spongiöse Myokard kann in Trabekeln oder Bälkchen in die Herzkammer hineingezogen sein.[10] Fische Das zweikammrige (vierteilige) Herz der Fische. Das Vorderende des Tiers liegt links; rechts sind die Enden einiger zuführender Venen eingezeichnet. Es folgen der Sinus venosus, der Vorhof, der Ventrikel und je nach Art der Bulbus arteriosus oder der Conus arteriosus. Das Herz der Fische sammelt das Blut aus dem Körper und treibt es mit starkem Druck in die Kiemen. Diese Funktionen lassen sich im Aufbau wiederfinden. Von den vier hintereinander liegenden Kammern sammeln die hinteren beiden, der Sinus venosus und der Vorhof (Atrium), das Blut. Aus diesen beiden dünnwandigen Räumen wird das Blut zunächst in den muskulösen Ventrikel geleitet. Bei den Plattenkiemern (Elasmobranchii, Haie und Rochen) folgt der muskulöse Conus arteriosus (auch Bulbus cordis). Ihr Herzbeutel (Perikard) ist steif, so dass durch das Auspressen des Blutes ein Unterdruck entsteht. Dieser hilft bei der Füllung für den nächsten Zyklus.[9][10][12] Bei den Echten Knochenfischen (Teleostei) ist der Conus arteriosus weitgehend zurückgebildet. Stattdessen haben sie aus dem Anfang der Aorta den Bulbus arteriosus entwickelt, eine Struktur, die viele elastische Fasern sowie glatte Muskelzellen enthält. Er ruft einen starken Windkesseleffekt zur Aufrechterhaltung des Blutdrucks hervor. Die Kontraktionswelle entsteht myogen im Sinus venosus und läuft dann nach vorne. Klappen zwischen den Kammern verhindern das Zurückfließen[9][10][12] (siehe auch Blutkreislauf der Fische). Eine Abwandlung dieses Bauplans liegt bei den Lungenfischen (Dipnoi) vor. Der Vorhof ist hier geteilt. Während der rechte Vorhof wie der Vorhof der anderen Fische das sauerstoffarme Blut aus dem Körper aufnimmt, wird der linke Vorhof vom neu entwickelten Lungenkreislauf mit sauerstoffreichem Blut gespeist. Eine lange Spiralfalte im Bulbus cordis hilft, das sauerstoffreiche Blut über die Aorta dorsalis in den Körper zu leiten. Wie die Elasmobranchii haben auch die Lungenfische einen steifen Herzbeutel.[12] Siehe auch: Kreislauf und Atmung im Artikel: Knochenfische Amphibien Das Herz der Amphibien ähnelt dem der Lungenfische: Es besitzt zwei separate Vorhöfe und eine Hauptkammer (Ventrikel). Der Sinus venosus ist bei den Amphibien verkleinert. Sauerstoffreiches Blut aus der Lunge kommt im linken Vorhof an, das Blut des Körperkreislaufs im rechten. Von dort gelangt das Blut in die Kammer und danach durch den Conus arteriosus in den Lungen- und den Körperkreislauf. Trabekel in der Kammer erlauben es, sauerstoffreiches und -armes Blut weitgehend getrennt zu halten. Eine Spiralfalte im Conus arteriosus leitet bevorzugt sauerstoffarmes Blut zur Arteria pulmocutanea, deren weitere Verzweigungen zur Lunge und zur Haut führen. Hautatmung kann bei Amphibien einen wichtigen Anteil der Sauerstoffversorgung stellen. Der Körperkreislauf wird dagegen mit sauerstoffreichem Blut beschickt.[9][10] Sauerstoffreiches Blut von der Haut kommt im Gegensatz zu dem Blut aus der Lunge im rechten Vorhof an, zusammen mit dem sauerstoffarmen Blut aus dem Körperkreislauf. Taucht ein Frosch in sauerstoffreichem Wasser, fließt weniger Blut durch die Lungen, dafür mehr durch die Haut. Der gemeinsame Ventrikel beider Kreisläufe erlaubt es auch in dieser Situation, dass Sauerstoff in die Gewebe geleitet wird[10] (siehe auch Blutkreislauf der Amphibien). Reptilien Herz der WaraneAnatomieSystole (Kontraktion)Diastole (Entspannung) Das Herz der Warane. Die Vorhöfe werden als rechter und linker Vorhof (RVH und LVH) bezeichnet, wobei sich rechts und links auf die Lage im Tier beziehen. Bilder und Zeichnungen sind jedoch in der Regel so angefertigt, als ob man von der Bauchseite auf das Tier schaut. Dementsprechend ist der rechte Vorhof dann links im Bild und umgekehrt. Das Waranherz hat gegenüber dem typischen Reptilienherz eine zusätzliche Muskelleiste (ML), die das Cavum pulmonale (CP) vom Cavum venosum (CV) stärker abtrennt, als dies beim typischen Reptilienherz der Fall ist. Siehe auch Warane#Herz. CP, CV und Cavum arteriosum (CA) bilden gemeinsam den Ventrikel. CV und CA werden zusammen auch als Cavum dorsale bezeichnet. Weitere Abkürzungen: KK: Körperkreislauf. LK: Lungenkreislauf. RVH und LVH: rechter und linker Vorhof. SAK: Septale atrioventriculare Klappen. Pfeile: Fluss von sauerstoffarmem (blau) und sauerstoffreichem (rot) Blut. Bei den Reptilien kommen zwei unterschiedliche Herztypen vor. Der Herztyp der Crocodylia einerseits und der aller anderen Reptilien andererseits. Die anderen Reptilien haben wie die Amphibien ein Herz mit zwei getrennten Vorhöfen (Atrien) und einem gemeinsamen Ventrikel. Der Ventrikel ist aber hier durch Muskelleisten in drei miteinander in Verbindung stehende Räume (Cavum arteriosum, Cavum venosum und Cavum pulmonale[15]) unterteilt, so dass von insgesamt fünf Kammern (besser: Herzhöhlen) gesprochen wird. Der Sinus venosus, bei den Amphibien und Fischen noch dem Vorhof vorgeschaltet, ist weiter reduziert und fehlt manchmal ganz. Entsprechend ist das erregungsbildende Gewebe (Sinusknoten) in die Wand des Atriums verschoben, nahe der Veneneinmündung.[9][10] Während das Blut aus dem Ventrikel bei den Amphibien noch in einen gemeinsamen Conus arteriosus fließt, ist dieser bei den Reptilien dreigeteilt, in die Lungenarterie und in die rechte und die linke Aorta. Im Gegensatz zu den Amphibien spielt Hautatmung keine Rolle mehr, so dass eine Sauerstoffanreicherung nur in der Lunge stattfindet. Trotz einer gemeinsamen Kammer bleiben sauerstoffreiches und -armes Blut in der Regel getrennt. Sauerstoffarmes Blut kommt vom Körperkreislauf in den rechten Vorhof, von dort ins Cavum venosum und weiter ins Cavum pulmonale (blaue Pfeile in der rechten Abbildung).[10] Das sauerstoffreiche Blut fließt über Cavum arteriosum und Cavum venosum in die beiden Aorten und damit in den Körperkreislauf.[15] Durch den gemeinsamen Ventrikel ist es den Reptilien möglich, mit einem Shunt (deutsch: Abzweig, Nebenanschluss) bei Bedarf den Lungen- oder Körperkreislauf zu umgehen. Die Regulation dieser Vorgänge ist noch nicht völlig verstanden, vermutlich unterscheidet sie sich von Art zu Art. Ein Rechts-links-Shunt bewirkt, dass der Lungenkreislauf umgangen wird und Blut vom Körperkreislauf im Herzen wieder in den Körperkreislauf geleitet wird. Dies geschieht in bei Reptilien häufig vorkommenden Atempausen. Auch bei Reptilien, die unter Wasser ruhen, treten sie auf.[10] Bei den Crocodilia ist der Ventrikel vollständig geteilt, dass wie bei Säugern und Vögeln ein vierkammeriges Herz (besser: ein Herz mit vier Höhlen, ein vierkavitäres Herz, von lateinisch cavum = Höhle, als Oberbegriff von Vorhof und Kammer) vorliegt. Im Gegensatz zu diesen sind jedoch der Lungenkreislauf und der Körperkreislauf nicht vollständig getrennt, so dass Blut zwischen den beiden verschoben werden kann. Sauerstoffreiches Blut kommt von der Lunge in den linken Vorhof und in den linken Ventrikel. Hier entspringt die rechte Aorta, die den vorderen Körper mit dem Gehirn versorgt. Sauerstoffarmes Blut kommt über die Körpervene in den rechten Vorhof und weiter in den rechten Ventrikel. Hier entspringt sowohl die linke Aorta, die den Hinterleib versorgt, als auch die Lungenarterie. Bei Luftatmung und körperlicher Aktivität ist der Druck im linken Ventrikel höher als im rechten. Dadurch ist auch der Druck in der linken Aorta höher als in der rechten. Durch zwei Verbindungen zwischen linker und rechter Aorta strömt dadurch sauerstoffreiches Blut auch in die hintere Körperhälfte. Das sauerstoffarme Blut landet dagegen weitgehend in der Lunge.[10] Jene Reptilien, bei denen die Trennung des Ventrikels in zwei Hälften besonders ausgeprägt ist, erreichen höhere Stoffwechselraten als andere. Bei Waranen mit ihrer zusätzlichen Muskelleiste (siehe Abbildung) kann sie 20 Milliliter Sauerstoff pro Minute pro Kilogramm Körpergewicht betragen, während Schildkröten nur 10 Milliliter erreichen. Daraus wird geschlossen, dass die Entwicklung vollständig getrennter Kammern wichtig für die hohen Stoffwechselraten der Säuger und Vögel war.[12] Säugetiere und Vögel Bei Säugetieren und Vögeln sind linke und rechte Herzhälfte vollständig voneinander getrennt. Im Gegensatz zu den Crocodilia sind bei ihnen aber auch Lungen- und Körperkreislauf vollständig getrennt, so dass in beiden unterschiedlich hohe Drücke aufgebaut werden können. Auch eine Vermischung von sauerstoffarmem und sauerstoffreichem Blut ist ausgeschlossen. Beide Herzhälften haben einen dünnwandigen Vorhof und einen dickwandigen Ventrikel, so dass insgesamt vier Herzhöhlen vorhanden sind. Diese haben verglichen mit anderen Wirbeltieren recht glatte innere Wände.[10] Die rechte Herzhälfte pumpt das Blut durch den Lungenkreislauf ( kleiner Kreislauf ), wonach es sauerstoffreich im linken Vorhof ankommt. Die linke Herzhälfte befördert das Blut durch den Körperkreislauf ( großer Kreislauf ), an dessen Ende es wieder im rechten Vorhof landet. Da der Gesamtgefäßwiderstand sowie der Blutdruck im Körperkreislauf erheblich größer sind als im Lungenkreislauf, muss die linke Herzkammer eine entsprechend größere Arbeit (Herzarbeit) gegen diesen Widerstand verrichten und weist daher eine deutlich stärkere Wanddicke auf als die rechte. Auch bei unterschiedlichen Füllungsvolumina der vier Herzhöhlen müssen die Schlagvolumina in beiden Herzkammern und in beiden Vorhöfen bei jedem Herzschlag gleich sein. Diese Gleichheit wird gegebenenfalls durch verschiedene Ejektionsfraktionen gewährleistet. Herzklappen zwischen den Vorhöfen und den Ventrikeln sowie am Ausgang der Ventrikel verhindern einen Rückfluss von Blut[10] (siehe auch Blutkreislauf der Vögel und Säugetiere). Das Herz der Säugetiere unterscheidet sich bei den verschiedenen Arten nur wenig, abgesehen von einer Größenanpassung. Dabei haben einzelne Herzmuskelzellen der verschiedenen Arten wiederum kaum Unterschiede in Morphologie und Größe. Die Herzmasse steigt bei den Säugern linear mit der Körpermasse an, sie beträgt in der Regel 0,6 % der Körpermasse. Entsprechend steigt auch das Schlagvolumen linear. Das größte Herz hat der Blauwal, der bei einem Körpergewicht von 100 Tonnen ein Herzgewicht von 600 kg und ein Schlagvolumen von 350 Litern erreicht. Seine Herzfrequenz liegt in Ruhe bei 6 Schlägen pro Minute und kann bei einem Tauchgang auf 2 bis 3 Schläge pro Minute abfallen. Das wohl kleinste Säugerherz hat die Etruskerspitzmaus. Bei einem Körpergewicht von 2 g betragen das Herzgewicht 12 mg und das Schlagvolumen 1,2 l. Die Ruheherzfrequenz von 800 bis 1200 Schlägen pro Minute (= 13 bis 20 Schläge pro Sekunde) kann bei körperlicher Anstrengung bis auf 1500 Schläge pro Minute (25 Schläge pro Sekunde) gesteigert werden. Der vom linken Ventrikel aufgebaute Blutdruck im Körperkreislauf ändert sich dagegen nur wenig, er liegt unabhängig von der Körpergröße zwischen 100 und 150 mmHg systolisch und zwischen 70 und 105 mmHg diastolisch (siehe Tabelle).[13][16] Auch bei den Säugetieren besteht ein allometrischer Zusammenhang zwischen Herzfrequenz und Körpermasse. Der Exponent b beträgt hier 0,25, ähnlich dem der Vögel, die Herzfrequenz nimmt also mit zunehmender Körpermasse ab. Dies wird mit der Stoffwechselrate erklärt, die mit zunehmender Körpermasse ebenfalls allometrisch abnimmt (b= 3/4). Der zeitliche Abstand von der Erregung der Vorhöfe bis zur Erregung der Ventrikel (PQ-Intervall, siehe unten) steigt ebenfalls allometrisch mit b=1/4.[17][18] Eine Ausnahme in mehrerlei Hinsicht ist die Giraffe, die auf Grund des Höhenunterschieds von etwa zwei Metern zwischen Herz und Gehirn einen höheren Blutdruck benötigt. Je nach Quelle liegt dieser bei 300/230 oder 280/180 mmHg und ist damit der höchste aller Säugetiere. Um den hohen Druck aufzubauen, liegt die Herzfrequenz bei für Tiere dieser Größe ebenfalls sehr ungewöhnlichen 170 Schlägen pro Minute (siehe auch: Giraffe#Herz-Kreislauf-System.)[10][14] Auf Grund der Ähnlichkeit der Herzen der verschiedenen Säugetierarten kann das unten dargestellte menschliche Herz als Modell für alle Säugerherzen gelten. Lage und Aufbau des menschlichen Herzens Einige Kennzahlen des menschlichen Herzens (Durchschnittswerte) Länge 15 cm Gewicht 300 g Schlagvolumen 70 cm pro Schlag Herzzeitvolumen (HZV) in Ruhe 4,9 Liter/Minute HZV bei großer Anstrengung 20 25 Liter/Minute Arbeit (Herzarbeit) 0,8 Joule pro Schlag (linke Kammer)0,16 Joule pro Schlag (rechte Kammer)100.000 Joule pro Tag (gesamt) Lage Topographie des menschlichen HerzensHerzbeutel des Menschen Das Herz liegt innerhalb des Herzbeutels (Perikard) im Mediastinum: Seitlich grenzen, getrennt durch parietale und viszerale Pleura (Brustfell), die linke und rechte Lunge an das Herz. Unten sitzt das Herz dem Zwerchfell auf, das mit dem Herzbeutel verwachsen ist. Oberhalb teilt sich die Luftröhre (Trachea) in die beiden Hauptbronchien (Bifurcatio tracheae), von denen der linke vom Aortenbogen überquert wird. Unterhalb dieser Aufteilung befindet sich der linke Herzvorhof. Wenn dieser krankhaft vergrößert ist, kann das zu einer Spreizung der Hauptbronchien führen, was sich im Röntgenbild als vergrößerter Winkel zwischen den Bronchien darstellt. Der linke Vorhof steht außerdem nach hinten in direktem Kontakt mit der Speiseröhre. Vor dem Herzen befindet sich das Brustbein (Sternum), im oberen Bereich liegt es vor den abgehenden großen Gefäßen. Zwischen Brustbein und Herz liegt der Thymus. Das Herz liegt also praktisch direkt hinter der vorderen Leibeswand in Höhe der zweiten bis fünften Rippe. Die Herzbasis oben reicht nach rechts etwa zwei Zentimeter über den rechten Brustbeinrand hinaus. Unten kommt die Herzspitze knapp an eine gedachte senkrechte Linie heran, die durch die Mitte des linken Schlüsselbeins verläuft (linke Medioklavikularlinie). Anatomie Die Anatomie des Herzens Anatomie des Herzens Die Gestalt des Herzens gleicht einem abgerundeten Kegel, dessen Spitze nach unten und etwas nach links vorne weist. Das Herzvolumen entspricht ungefähr dem Volumen der geschlossenen Faust[19] des betreffenden Menschen. Das Herz sitzt beim Menschen in der Regel leicht nach links versetzt hinter dem Brustbein. In seltenen Fällen ist es nach rechts versetzt (die sogenannte Dextrokardie Rechtsherzigkeit ), meist bei Situs inversus (also bei spiegelverkehrter Organanordnung). Das gesunde Herz wiegt etwa 0,5 % des Körpergewichts, beim Mann zwischen 280 und 340 Gramm, bei der Frau zwischen 230 und 280 Gramm. Über den größten Teil des Lebens nimmt die Herzmasse kontinuierlich zu, wobei es bei dauerhafter Belastung eher mit der (risikoarmen) Vergrößerung schon bestehender Herzmuskelzellen reagiert: ab etwa 500 g, dem so genannten kritischen Herzgewicht, erhöht sich das Risiko einer Mangelversorgung des nunmehr vergrößerten Herzens mit Sauerstoff, da die versorgenden Herzkranzgefäße nicht in gleichem Maße mitwachsen.[20] Entgegen früheren Annahmen bildet der Mensch im Lauf seines Lebens neue Herzmuskelzellen, allerdings nur in begrenztem Ausmaß. Im Alter von 25 Jahren beträgt die jährliche Regeneration etwa ein Prozent, bis zum 75. Lebensjahr fällt sie auf unter 0,5 Prozent. Während einer durchschnittlichen Lebensspanne werden damit weniger als 50 % der Herzmuskelzellen ersetzt.[21] Wandschichten Das Herz wird vollständig vom bindegewebigen Herzbeutel (Perikard, Pericardium fibrosum) umschlossen. Die untere Seite des Herzbeutels ist mit dem Zwerchfell (Diaphragma) verwachsen, so dass die Bewegungen des Zwerchfells bei der Atmung auf das Herz übertragen werden. Die innerste Schicht des Herzbeutels (Pericardium serosum) schlägt am Abgang der großen Blutgefäße (s. u.) in das Epikard um, das dem Herzen direkt aufliegt. Zwischen Perikard und Epikard liegt ein mit 10 20 ml Flüssigkeit gefüllter kapillärer Spaltraum, der reibungsarme Verschiebungen des Herzens im Herzbeutel ermöglicht. Diese komplizierten Verhältnisse werden anschaulicher, wenn man sich den Herzbeutel als einen mit Luft gefüllten und verschlossenen Luftballon vorstellt. Die eigene zur Faust geschlossene Hand stellt das Herz dar. Drückt man den Luftballon mit der Faust so weit ein, dass sie vom Ballon vollständig umschlossen wird, so liegt eine Schicht des Luftballons der Faust (dem Herzen ) direkt an. Diese Schicht, die dem Epikard entspricht, schlägt am Übergang zum Arm in eine äußere Schicht um. Diese äußere Schicht entspricht dem Perikard. Zwischen beiden befindet sich ein mit Luft gefüllter Raum, der dem flüssigkeitsgefüllten Spaltraum des Herzbeutels vergleichbar ist. Unter dem Epikard befindet sich eine Fettschicht (Tela subepicardiaca), in der die Herzkranzgefäße verlaufen. Nach innen hin folgt die dicke Muskelschicht (Myokard) aus spezialisiertem Muskelgewebe, das nur im Herzen vorkommt. Die Herzinnenräume werden vom Endokard ausgekleidet, das auch die Herzklappen bildet. Die Wanddicke der linken Hauptkammer wird im Rahmen der Herzultraschall-Untersuchung üblicherweise im Bereich von Septum und Hinterwand bestimmt. Normal sind hierbei Messwerte zwischen 6 und 11 mm, im Mittel 9 mm. Beim Ausdauersportler wird eine Wanddicke von unter 15 mm noch als normal angesehen, bei Sportlern mit Widerstandstraining (Gewichtheben) können auch höhere Werte vorkommen. Die Wandstärke der anderen Herzhöhlen ist deutlich geringer und wird standardisiert nicht bestimmt.[22] Räume und Gefäße des Herzens Schema des menschlichen Herzens Rechte und linke Herzhälfte bestehen jeweils aus einer Kammer (lat. Ventriculus cordis, (Herz-)Ventrikel, kurz RV und LV) und einem Vorhof (Atrium, RA und LA). Getrennt werden diese Räume durch die Herzscheidewand (Septum). Diese wird in die Vorhofscheidewand (Septum interatriale, Vorhofseptum) und die Kammerscheidewand (Septum interventriculare, Ventrikelseptum) unterteilt. Außen ist die Grenze zwischen Herzkammern und Vorhöfen durch die Herzkranzfurche (Sulcus coronarius) ersichtlich, in welcher die Herzkranzgefäße verlaufen. Die Grenze zwischen beiden Herzkammern ist von außen durch zwei Furchen Sulcus interventricularis subsinuosus und Sulcus interventricularis paracoronalis sichtbar. In den Herzkammern bildet die Herzmuskulatur netzartige kleine, in das Innere hineinragende Bälkchen, die als Fleischbalken (Trabeculae carneae, Singular Trabecula carnea) bezeichnet werden. Das Blut kann zwischen den Herzräumen nur in eine Richtung fließen, da sich zwischen den Vorhöfen und den Kammern sowie zwischen den Kammern und den sich anschließenden Gefäßen Herzklappen befinden, die wie Rückschlagventile arbeiten. Alle vier Klappen des Herzens befinden sich ungefähr in einer Ebene, der Ventilebene, und sind gemeinsam an einer Bindegewebsplatte, dem Herzskelett, aufgehängt. Innerhalb der Kammern und Vorhöfe finden sich Muskelzüge, die in die Hohlräume hervorragen die Papillarmuskeln und die Musculi pectinati. Arterien transportieren das Blut vom Herzen zu den Organen, Venen von den Organen zum Herzen. Arterien des Körperkreislaufs führen sauerstoffreiches (arterielles) Blut, während Arterien des Lungenkreislaufs sauerstoffarmes (venöses) Blut führen. Umgekehrt ist das Blut in den Venen des Körperkreislaufs sauerstoffarm (venös) und das der Lungenvenen sauerstoffreich (arteriell). In den rechten Vorhof münden die obere und untere Hohlvene (Vena cava superior und inferior). Sie führen das sauerstoffarme Blut aus dem großen Kreislauf (Körperkreislauf) dem Herzen zu. Zwischen rechtem Vorhof und rechter Kammer befindet sich die Trikuspidalklappe, die bei der Kammerkontraktion einen Rückstrom des Blutes in den Vorhof verhindert. Von der rechten Herzkammer aus fließt das Blut über einen gemeinsamen Stamm (Truncus pulmonalis) in die beiden Lungenarterien. Der Rückfluss in die rechte Kammer wird durch die taschenförmige Pulmonalklappe verhindert. Die Lungenarterien führen das sauerstoffarme Blut dem Lungenkreislauf (kleiner Kreislauf) zu. Durch meist vier Lungenvenen fließt das in der Lunge mit Sauerstoff angereicherte Blut in den linken Vorhof. Von hier aus gelangt es über eine weitere Segelklappe, die Mitralklappe, zur linken Kammer. Der Ausstrom erfolgt durch den sogenannten linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) über eine weitere Taschenklappe (Aortenklappe) und die Hauptschlagader (Aorta) in den Körperkreislauf. Herzkranzgefäße Grafische Darstellung des menschlichen Herzens mit Ansicht von vorne (ventral). Detaillierte Beschreibung im Hauptartikel Koronargefäß. Hauptartikel: Koronargefäß Aus dem Anfangsteil der Aorta entspringen die rechte und linke Herzkranzarterie (Koronararterien). Sie versorgen den Herzmuskel selbst mit Blut. Die Herzkranzarterien sind so genannte funktionelle Endarterien . Dies bedeutet, dass eine einzelne Arterie zwar mit anderen Arterien verbunden ist (Anastomosen), dass diese Verbindungen jedoch zu schwach sind, um bei Mangelversorgung eine Durchblutung des Gewebes auf einem anderen Weg zu gewährleisten. Fällt also eine Arterie aufgrund einer Blockade oder einer anderen Störung aus, kommt es in dem von dieser Arterie versorgten Gebiet zu einem Absterben von Gewebe. Die linke Koronararterie (Arteria coronaria sinistra, left coronary artery, LCA) versorgt die Herzvorderseite. Sie teilt sich in einen Ramus interventricularis anterior (RIVA, left anterior descending, LAD) und einen Ramus circumflexus (RCX). Die rechte Koronararterie (Arteria coronaria dextra, right coronary artery, RCA) gibt die A. marginalis dextra ab, welche die freie Wand der rechten Herzkammer versorgt. Am Herzkreuz (Crux cordis) teilt sie sich in den Ramus interventricularis posterior und den Ramus posterolateralis dexter. Die rechte Koronararterie versorgt auch einen wichtigen Teil des Erregungssystems (Sinusknoten, Atrioventrikularknoten). Es gibt drei große Koronarvenen, die in den Sinus coronarius des rechten Vorhofs münden und das sauerstoffarme Blut aus dem Herzmuskel abführen. Die große Herzvene (V. cordis magna) verläuft auf der Vorderseite, die mittlere Herzvene (V. cordis media) auf der Hinterseite und die V. cordis parva am rechten Herzrand. Ein kleiner Teil des sauerstoffarmen Blutes wird über die Thebesius-Venen direkt in die Ventrikel entleert. Entwicklung Das Herz beginnt sich beim Menschen schon in der 3. Woche der Embryonalentwicklung zu bilden. Dazu lagern sich Angioblasten (Blutgefäßbildungszellen) vor und seitlich der Prächordalplatte an der Beginn der Gefäßentwicklung (Vaskulogenese). Sie bilden zunächst mehrere kleinere Hohlräume (Sinus), die schließlich zum hufeisenförmigen Herzschlauch verschmelzen. Die Anlage wandert dann kaudoventral (nach unten und in Richtung Bauch). Um den Herzschlauch herum liegt embryonales Bindegewebe (Mesenchym) aus der Splanchopleura (Seitenplattenmesoderm), welches die Herzmuskulatur (Myokard) bildet. Das Epikard der dünne Überzug des Herzens entsteht aus Mesothelzellen. Entwicklungsstadien des menschlichen HerzensDer primitive Herzschlauch. Die Dottersackvenen sind als Vitelline veins bezeichnet.Cor sigmoideum Der primitive Herzschlauch besteht aus folgenden Anteilen: Truncus arteriosus Bulbus cordis primitivus Ventriculus primitivus Atrium primitivum Sinus venosus Am 23. oder am 24. Tag beginnt das Herz mit peristaltischen Kontraktionen und damit mit Pumpbewegungen. Man unterscheidet am fetalen Herzen eine Einstrom- von einer Ausstrombahn. In den Sinus venosus fließen die Dottersackvenen (Vv. vitellinae), die das Blut vom Dottersack in den Embryonalkreislauf leiten, die Nabelvene (V. umbilicalis), die sauerstoffreiches Blut aus den Chorionzotten führt, und die Kardinalvenen (Vv. cardinales anteriores et posteriores), welche das Blut aus dem eigentlichen Embryonalkreislauf enthalten und es wieder zurückführen, ein. Die Ausstrombahn erhält erst Anschluss an die Kiemenbogenarterien, später an den Aortenbogen bzw. den Truncus pulmonalis. Wichtige Prozesse im Rahmen der Entwicklung sind die Bildung des Cor sigmoideum (vom Schlauch zur Schleife) und die Trennung in zwei getrennte Kreisläufe (Körper- und Lungenkreislauf). Weiter werden das Atrium primitivum in einen rechten und einen linken Vorhof (durch Auswachsen von Endokardkissen) und der Ventriculus primitivus in eine rechte und eine linke Herzkammer (durch Bildung des muskulösen und membranösen Septums) unterteilt. Die Segelklappen (zwischen Vorhöfen und Kammern) bilden sich ebenfalls aus auswachsenden Endokardkissen, die Taschenklappen durch Bildung von Endothelwülsten. Funktionsweise des menschlichen Herzens Computeranimation: 3D-Schnittmodel des menschlichen Herzens Erregungsbildungs- und Erregungsleitungssystem Hauptartikel: Erregungsleitungssystem und Elektrokardiogramm Die Kontraktion von Herzmuskelfasern wird durch elektrische Signale ausgelöst. Bei einem myogenen Herzen wie dem menschlichen werden die für die Herzaktion nötigen Impulse spontan und rhythmisch in spezialisierten Herzmuskelzellen erzeugt, den Schrittmacherzellen. Damit sich die elektrische Erregung über das Herz ausbreiten kann, sind die einzelnen Herzmuskelzellen über kleine Poren in ihren Zellmembranen miteinander verbunden. Über diese Gap Junctions fließen Ionen von Zelle zu Zelle. Dabei nimmt die Erregung im Sinusknoten zwischen oberer Hohlvene und rechtem Herzohr ihren Ursprung, breitet sich erst über beide Vorhöfe aus und erreicht dann über den Atrioventrikularknoten (AV-Knoten) in der Ventilebene die Kammern. Erregungsleitung am Herzen mit EKG In den beiden Herzkammern gibt es ein Erregungsleitungssystem zur schnelleren Fortleitung, das aus spezialisierten Herzmuskelzellen besteht. Diese Zellen bilden vom AV-Knoten ausgehend das His-Bündel, das das Herzskelett durchbohrt und sich in einen rechten und einen linken Tawara-Schenkel für die rechte und die linke Kammer aufteilt. Der linke Tawara-Schenkel teilt sich in ein linkes vorderes und ein linkes hinteres Bündel. Die Endstrecke des Erregungsleitungssystems wird durch Purkinje-Fasern gebildet, die bis zur Herzspitze verlaufen, dort umkehren und direkt unter dem Endokard in der Arbeitsmuskulatur enden. Zum Teil können sie auch als falsche Sehnenfäden (Chordae tendineae spuriae) oder innerhalb der Moderatorbänder (Trabeculae septomarginales) durch die Lichtung der Kammer ziehen. Dieses System ermöglicht den Kammern, sich trotz ihrer Größe koordiniert zu kontrahieren. Erreichen den AV-Knoten aus irgendeinem Grunde keine Vorhoferregungen, so geht von ihm selbst eine langsamere Kammererregung aus (ca. 40/min). Der AV-Knoten bildet auch einen Frequenzfilter, der zu schnelle Vorhoferregungen (z. B. bei Vorhofflattern oder -flimmern) abblockt ( AV-Block). Mechanik der Herzaktion Wiggers-Diagramm der Vorgänge im linken Herzteil während zweier Herzzyklen. Magnetresonanztomographie-Schichtbilder des schlagenden Herzens. Oben der Thorax mit Vierkammerblick, unten nur das Herz. Das menschliche Herz pumpt in Ruhe etwa das gesamte Blutvolumen des Körpers einmal pro Minute durch den Kreislauf, das sind bei Erwachsenen etwa fünf Liter pro Minute. Bei körperlicher Belastung kann die Pumpleistung etwa auf das Fünffache gesteigert werden, wobei sich der Sauerstoffbedarf entsprechend erhöht. Diese Steigerung wird durch eine Verdoppelung des Schlagvolumens und eine Steigerung der Herzfrequenz um den Faktor 2,5 erreicht. Bei jeder Pumpaktion fördert jede Kammer und jeder Vorhof etwas mehr als die Hälfte des maximalen Füllungsvolumens, also etwa 50 100 ml Blut. Das ist die Ejektionsfraktion, also der prozentuale Anteil am enddiastolischen Füllungsvolumen, welcher aus der Herzhöhle herausgeworfen wird. Die Herzfrequenz (Schläge/Minute) beträgt in Ruhe 50 80/min (bei Neugeborenen über 120 160) und kann unter Belastung auf über 200/min ansteigen. Liegt ein zu langsamer Herzschlag vor (unter 60/min im Ruhezustand), wird von einer Bradykardie gesprochen. Schlägt das Herz zu schnell (bei Erwachsenen über 100/min im Ruhezustand), spricht man von einer Tachykardie. Während eines Herzzyklus füllen sich zunächst die Vorhöfe, während gleichzeitig die Kammern das Blut in die Arterien auswerfen. Wenn sich die Kammermuskulatur entspannt, öffnen sich die Segelklappen und das Blut fließt, gesaugt durch den Druckabfall in den Kammern, aus den Vorhöfen in die Kammern. Unterstützt wird dies durch ein Zusammenziehen der Vorhöfe (Vorhofsystole). Es folgt die Kammersystole. Hierbei zieht sich die Kammermuskulatur zusammen, der Druck steigt an, die Segelklappen schließen sich und das Blut kann nur durch die nun geöffneten Taschenklappen in die Arterien ausströmen. Ein Rückfluss des Blutes aus den Arterien während der Entspannungsphase (Diastole) wird durch den Schluss der Taschenklappen verhindert. Die Strömungsrichtung wird also allein durch die Klappen bestimmt. Herzzyklus: Klappenstellung, Blutfluss und EKG. Herzklappen und -skelett (J. M. Bourgery, ca. 1836) Audioaufnahme des Herzschlags eines Menschen Neben der Muskulatur, dem weitaus größten Teil der Gewebemasse des Herzens, besitzt das Herz ein sogenanntes Herzskelett. Es handelt sich hier um eine bindegewebige Struktur, die hauptsächlich aus den Einfassungen der Ventile besteht. Das Herzskelett hat drei wichtige Funktionen: Es dient als Ansatz für die Muskulatur, als Ansatz für die Herzklappen (daher auch als Ventilebene bezeichnet) und zur elektrischen Trennung von Vorhof- und Kammermuskulatur, um eine gleichzeitige Kontraktion zu verhindern. Das Herzskelett ist ausschlaggebend für die Mechanik der Herzaktion: Aufgrund des Rückstoßes bei der Blutaustreibung ist die Herzspitze im Laufe des gesamten Herzzyklus relativ fixiert und bewegt sich kaum. Somit wird folglich bei einer Kontraktion der Kammermuskulatur (Systole) die Ventilebene nach unten in Richtung der Herzspitze gezogen. In der Erschlaffungsphase der Kammermuskulatur (Diastole) bewegt sich die Ventilebene wieder in Richtung Herzbasis. Bei der Senkung der Ventilebene wird somit zum einen das Blut aus der Kammer in den Kreislauf ausgeworfen und zum anderen vergrößert sich auch der zugehörige Vorhof. Es kommt zu einem Unterdruck, wodurch Blut aus den großen Venen in die Vorhöfe strömt. Bei der Erschlaffung der Kammermuskulatur hebt sich nun die Ventilebene, wodurch die Kammern passiv über die Blutsäulen der Vorhöfe ausgedehnt werden und sich dadurch zu etwa 70 80 % füllen. Die anschließende Kontraktion der Vorhöfe pumpt nun das restliche Blut in die Kammern und leitet somit einen neuen Herzzyklus ein. Die Vorhofkontraktion ist daher nicht zwingend für das Funktionieren des Herzens nötig, was sich auch daran zeigt, dass (im Gegensatz zum Kammerflimmern) Patienten mit Vorhofflimmern durchaus lebensfähig sind. Ein etwa mit einem Pulmonaliskatheter gemessener erniedrigter Druck im rechten Vorhof kann auf ein unzureichendes Blutvolumen oder eine Sepsis, ein erhöhter auf einen kardiogenen Schock, einen rechtsventrikulären Herzinfarkt, eine Lungenembolie oder eine Herzbeuteltamponade hinweisen.[23] Regulation Bei körperlicher Belastung wird die Herzleistung durch die Einwirkung sympathischer Nervenfasern gesteigert, die an den Zellen der Arbeitsmuskulatur und auch des Erregungsleitungssystems den Transmitter Noradrenalin freisetzen. Zusätzlich erreicht Noradrenalin zusammen mit Adrenalin das Herz als Hormon über die Blutbahn. Die Wirkung von Noradrenalin und Adrenalin wird überwiegend über 1-Adrenozeptoren vermittelt. Dieser ist G-Protein-gekoppelt und aktiviert eine Adenylatcyclase (AC), welche die Synthese von cAMP aus ATP katalysiert. Daraufhin phosphoryliert eine cAMP-abhängige Proteinkinase (PKA) Calciumkanäle und erhöht dadurch den langsamen Einstrom von Calcium in die Muskelzelle. Dies führt zur Ausschüttung von weiterem Calcium aus dem Sarkoplasmatischen Retikulum (SR) und damit zur gesteigerten Muskelkontraktion des Herzens während der Systole (positiv inotroper Effekt). Außerdem phosphoryliert die PKA das Phospholamban des SR, wodurch die Calciumaufnahme ins SR erhöht wird und die Relaxationszeit des Herzens in der Diastole verkürzt wird (positiv lusitroper Effekt).[24] Zudem steigen die Herzfrequenz (positiv chronotrop) und die Überleitungsgeschwindigkeit im AV-Knoten (positiv dromotrop) an. Der Gegenspieler des Sympathikus ist auch am Herzen der Parasympathikus, welcher über den Nervus vagus (X. Hirnnerv) wirkt, der mit dem Transmitter Acetylcholin die Herzfrequenz, die Kontraktionskraft des Herzens, die Überleitungsgeschwindigkeit des AV-Knotens und die Erregbarkeit des Herzens herabsetzt (negativ chronotrop, negativ inotrop, negetiv dromotrop und negativ bathmotrop), wobei die Wirkung des Parasympathikus auf die Ino- und Bathmotropie eher gering ist. Gleichzeitig passt sich die Kontraktionskraft (Herzkraft) automatisch den Erfordernissen an: Wird der Herzmuskel durch zusätzliches Blutvolumen stärker gedehnt, so verbessert sich dadurch die Funktion der kontraktilen Elemente in den Muskelzellen (Frank-Starling-Mechanismus). Dieser Mechanismus trägt wesentlich dazu bei, dass sich die gleichzeitigen Schlagvolumina von rechter und linker Kammer nicht unterscheiden: Erhöht sich aus irgendeinem Grund kurzfristig das Schlagvolumen einer Herzhälfte, so führt dies zu einer Vergrößerung des Füllungsvolumens der anderen Herzhälfte bei der folgenden Herzaktion. Dadurch wird die Wand stärker gedehnt und die Kammer kann mit verbesserter Kontraktionskraft ebenfalls ein größeres Blutvolumen auswerfen. Bei jeder Herzaktion ist in allen vier Herzhöhlen das Produkt aus enddiastolischem Füllungsvolumen und zugehöriger Netto-Ejektionsfraktion notwendigerweise konstant. Gäbe es diese Gleichheit der vier Schlagvolumina nicht, käme es sofort zum Blutstau. Das Herz produziert in seinen Vorhöfen (vor allem im rechten Vorhof) auch dehnungsabhängig ein harntreibendes Hormon, das atriale natriuretische Peptid (ANP), um Einfluss auf das zirkulierende Blutvolumen zu nehmen. Erkrankungen Hauptartikel: Kardiologie und Kinderkardiologie In der Medizin beschäftigt sich die Kardiologie als Spezialgebiet der Inneren Medizin mit dem Herzen und der konservativen Behandlung der Herzerkrankungen bei Erwachsenen; Operationen am Herzen werden von Herzchirurgen durchgeführt. Herzerkrankungen von Kindern sind, soweit konservativ therapierbar, Gegenstand der Kinderkardiologie, welche sich als Teilgebiet der Pädiatrie seit etwa 1975 entwickelt hat. Die operative Therapie bei Kindern wird, zumindest in Deutschland, von der als Spezialisierung etablierten Kinderherzchirurgie übernommen. Da seit etwa 1995 zunehmend Kinder mit komplexen angeborenen Herzfehlern das Erwachsenenalter erreichen, stellt sich heute die Frage der medizinischen Versorgung für diesen Patientenkreis, der lebenslang auf kardiologische Kontrolluntersuchungen angewiesen ist und bei dem eventuell auch Re-Operationen anstehen. Erst vereinzelt haben sich bisher Erwachsenenkardiologen intensiv auf dem Gebiet der angeborenen Herzfehler fortgebildet. Kinderkardiologen sind zwar sehr kompetent im Bereich der verschiedenen Krankheitsbilder, jedoch als Pädiater nicht im Bereich der Erwachsenkardiologie ausgebildet. Deshalb werden heute zunehmend interdisziplinäre Sprechstunden in verschiedenen Herzzentren angeboten. Siehe auch: Kategorie:Krankheitsbild in der Kardiologie Siehe auch Sportherz Herztransplantation Herz (Lebensmittel) Literatur Ole Martin H ystad: Kulturgeschichte des Herzens. Von der Antike bis zur Gegenwart. Aus dem Norwegischen von Frank Zuber. 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Dudenverlag, Mannheim 1997 (S. 283). Siehe auch Herz. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 30. August 2019 und Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 7. Auflage. Trübner, Straßburg 1910 (S. 206). Wolfgang Piper: Innere Medizin. Springer-Verlag, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-33725-6, S. 77. Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus dem medizinischen Schrifttum der Griechen und Römer. Philipp Reclam jun., Leipzig 1979 (= Reclams Universal-Bibliothek. Band 771); 6. Auflage ebenda 1989, ISBN 3-379-00411-1, S. 23 und 184, Anm. 14. Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. [ ]. 1989, S. 23. Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. [ ]. 1989, S. 183 f. Christopher D. Moyes, Patricia M. Schulte: Tierphysiologie. Pearson Studium, München 2008, ISBN 978-3-8273-7270-3, S. 6 7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche englisch: Principles of Animal Physiology. 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(Pulmonaliskatheter). Erland Erdmann: Klinische Kardiologie. 7. Auflage. Springer-Verlag Normdaten (Sachbegriff): GND: 4024632-2 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85059633 | NDL: 00571194 |
Hoden.txt | ||
Hormonsystem.txt | Übersicht der endokrinen Drüsen: 1 Zirbeldrüse (Epiphyse) 2 Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) 3 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen 4 Thymus 5 Nebenniere 6 Bauchspeicheldrüse (Pankreas) 7 Frau: Eierstock (Ovar) 8 Mann: Hoden
Als Hormonsystem werden verschiedene Signalstoffe absondernde Zellen und inkretorische Drüsen zu einem Organsystem zusammengefasst, das über Hormone unterschiedliche Stoffwechselvorgänge und Organfunktionen im Körper eines mehrzelligen Organismus reguliert. Hormone sind Botenstoffe, die unmittelbar auf Nachbarzellen in der Umgebung parakrin einwirken oder ihre Zielzellen erreichen, nachdem sie endokrin in den Blutkreislauf abgegeben wurden.
Zum endokrinen System (altgriechisch ἔνδον endon, deutsch ‚innen‘; altgriechisch κρίνειν krinein, deutsch ‚trennen, absondern‘) gehören neben den verschiedenen endokrinen Drüsen (Drüsen ohne Ausführungsgänge) auch verstreut liegende endokrine Zellen in Herz, Niere, Leber, Lunge, Magendarmtrakt (insbesondere Dünndarm), Thymus und Gehirn. Daneben gibt es parakrine Zellen, die Gewebshormone abgeben.
Hormone entfalten als extrazelluläre Signalstoffe nur eine Wirkung, wenn in der Zellmembran oder dem Zytosol einer Zelle spezifische Hormonrezeptoren vorliegen, von denen ausgehend das Signal in jeweils zelltypische Effekte überführt wird.
Erkrankungen des Hormonsystems oder Endokrinopathien beschäftigen das medizinische Fachgebiet der Endokrinologie.
Einteilung[Bearbeiten |
Zu den endokrinen Drüsen gehören:
Hypophyse (Hypophysis oder Glandula pituitaria)
Zirbeldrüse (Epiphysis cerebri, Epiphyse, Glandula pinealis)
Schilddrüse (Glandula thyroidea)
Nebenschilddrüse (Epithelkörperchen, Glandula parathyroidea)
Nebenniere (Glandula adrenalis oder Glandula suprarenalis)
Langerhans-Inseln (Inselorgan, Insulae pancreaticae)
Zu den endokrinen Zellen zählen die Leydig-Zwischenzellen im Hoden sowie die Theka- und Granulosazellen des Ovarialfollikels bzw. des Gelbkörpers im Eierstock, außerdem beispielsweise jene Herzmuskelzellen, die das atriale natriuretische Peptid abgeben. Nebennierenmark wie Paraganglien nehmen eine Zwischenstellung ein zwischen endokrinem und neuralem System (Nervensystem). Das endokrine System ist eng mit dem Nervensystem gekoppelt, weshalb beide auch als neuroendokrines System zusammengefasst werden. Die Zirbeldrüse etwa ist als ein zirkumventrikuläres Organ ebenso Teil des Nervensystems.
Darüber hinaus gibt es in fast allen Epithelien endokrine Zellen, die in ihrer Gesamtheit als diffuses neuroendokrines System (DNES) oder als APUD bezeichnet werden. Bisher am besten erforscht sind diese Zellen im Magen-Darm-Trakt, hier auch Gastro-entero-pankreatisches endokrines System (GEP) genannt. Die Mehrzahl dieser Zellen wirkt allerdings parakrin, für einige ist jedoch eine endokrine Wirkstoffübertragung bewiesen.
Innerhalb des endokrinen Systems sind Gruppen endokriner Organe durch Kommunikationsnetze miteinander verbunden. Dadurch wird deren aktuelle Funktion aufeinander abgestimmt und eine angemessene Leistung im Gesamtsystem gewährleistet. Typische Strukturen dieser Wirkungsgefüge sind Regelkreise, Umfeldhemmungen und antagonistische Teilsysteme, mit denen Regelgrößen oft mehrfach gesichert eingestellt werden.
Hypothalamus[Bearbeiten |
Hypothalamus und Hypophyse
→ Hauptartikel: Hypothalamus
Der Hypothalamus, ein kleiner Bereich im Zwischenhirn, verbindet dieses mit dem Hormonsystem. Über ein Pfortadersystem hat er Kontakt zur Hirnanhangdrüse (Hypophyse) und reguliert deren Hormonausschüttung. Der Großteil des Informationsaustausches findet über dieses System durch Hormone statt, die in den Nervenzellen (Neuronen) des Hypothalamus gebildet werden. Er regelt so die Körpertemperatur, den Herzschlag und die Nierenfunktion, aber auch Hunger und Durst sowie unseren Schlafrhythmus und den Geschlechtstrieb.
Das Zwischenhirn liegt zwischen dem Klein- und dem Großhirn. Von hier aus wird das autonome Nervensystem gesteuert, das unter anderem für den Energie-, Wärme- und Wasserhaushalt unseres Körpers zuständig ist.
Hirnanhangdrüse[Bearbeiten |
→ Hauptartikel: Hypophyse
Die übergeordnete Drüse innerhalb des endokrinen Systems ist die erbsengroße Hirnanhangdrüse, die in einer knöchernen Vertiefung der mittleren Schädelgrube liegt und den überwiegenden Teil des Hormonsystems kontrolliert. Sie ist die Zentrale des Hormonsystems und den anderen endokrinen Organen übergeordnet. Neben der Produktion eigener Hormone beeinflusst sie auch die Hormonproduktion der anderen endokrinen Drüsen. Die Hirnanhangdrüse besteht aus zwei Hälften, die unabhängig voneinander arbeiten: Hypophysenhinterlappen (Neurohypophyse) und Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse).
Der Hypophysenhinterlappen ist über den Hypophysenstiel direkt mit dem Hypothalamus verbunden.
Entwicklungsgeschichtlich ein Teil des Hypothalamus (also des Gehirns) speichert er Hormone,
die dort gebildet und über die gemeinsame Nervenverbindung zu ihm transportiert werden.
Der Hypophysenvorderlappen hat unmittelbare Verbindung zum Hypothalamus. Im Vorderlappen werden verschiedene Hormone produziert, die direkt auf das Körpergewebe und auf andere Drüsen wirken. Sie werden von Faktoren gesteuert, die sich im Hypothalamus bilden und über ein spezielles Gefäß zum Vorderlappen gelangen. Darüber hinaus reagiert der Vorderlappen selbständig auf einen hohen Hormonspiegel im Blut. Wenn beispielsweise der Schilddrüsenhormonspiegel ausreichend hoch ist, wird die Produktion des Hormons, das die Schilddrüse zu ihrer Hormontätigkeit anregt, eingestellt.
Schilddrüse[Bearbeiten |
→ Hauptartikel: Schilddrüse
Die unterhalb des Kehlkopfes liegende Schilddrüse produziert die beiden Hormone Thyroxin und Triiodthyronin, die über den Blutkreislauf zu den Körperzellen gelangen.
Diese Hormone sind zuständig für den Energieumsatz der Zellen und für die Eiweißproduktion. Damit die Schilddrüse sie produzieren kann, benötigt sie Jod, das sie aus dem Blut erhält und speichert. Erfolgt der Energieumsatz schneller oder langsamer als normal, so spricht man von Schilddrüsenüberfunktion beziehungsweise Schilddrüsenunterfunktion. Erhöhte Werte können Nervosität, Gewichtsverlust und seelische Spannungen bewirken, während im anderen Extremfall die Körperfunktionen langsamer ablaufen.
Nebenschilddrüse[Bearbeiten |
→ Hauptartikel: Nebenschilddrüse
Die vier kleinen Nebenschilddrüsen liegen an der Rückseite der Schilddrüse. Ihr Hormon (das Parathormon) hat die Funktion, den Calciumhaushalt des Körpers zu regulieren.
Calcium braucht der Körper für den Knochen- und Zahnaufbau, für die Funktion von Nerven- und Muskelzellen und für die Blutgerinnung. Zusammen mit Vitamin D, das unter Lichteinfluss in der Haut gebildet wird, ermöglicht das Hormon der Nebenschilddrüsen die Calciumaufnahme aus der Nahrung.
Wenn dem Körper nicht genügend Calcium zugeführt wird, bewirkt das Hormon die Abgabe von Calcium aus den Knochen in das Blut.
Bauchspeicheldrüse[Bearbeiten |
Endokrine Drüsen im Verdauungssystem
→ Hauptartikel: Langerhans-Inseln
Die hinter dem Magen im Oberbauch liegende Bauchspeicheldrüse (Pancreas) besteht als einzige Drüse aus einem endokrinen und einem exokrinen Anteil; es handelt sich also quasi um zwei Organe in einem. Der endokrine Anteil – die Langerhans-Inseln – produziert Insulin und Glucagon und reguliert auf diese Weise den Blutzuckerspiegel, während vom größeren exokrinen System ein enzymhaltiger Verdauungssaft kommt, der über spezielle Gänge in den Zwölffingerdarm (Duodenum) geleitet wird.
Nebennieren[Bearbeiten |
→ Hauptartikel: Nebenniere
Die Nebennieren sind unterscheidbar in Nebennierenmark und Nebennierenrinde. Das innere Nebennierenmark produziert die Hormone Adrenalin und Noradrenalin. In Gefahren- oder Stresssituationen wird Adrenalin aus dem Nebennierenmark in die Blutbahn abgegeben. Dadurch erhöht sich die Herzschlagfrequenz, und die Blutgefäße der Haut und der Eingeweide verengen sich; daher der Spruch: Er bekam kalte Füße. Das Blut steht der arbeitenden Muskulatur zur Verfügung, und der Blutdruck steigt an. Gleichzeitig wird der in Leber und Muskeln gespeicherte Zucker zu Einfachzucker abgebaut, damit der Körper mehr Energie zur Verfügung hat.
Die Nebennierenrinde produziert drei Arten von Steroidhormonen mit unterschiedlichen Funktionen:
Aldosteron reduziert die Salzausscheidung über die Nieren und erhöht damit den Wassergehalt des Körpers.
Die Abgabe von Aldosteron wird durch das in der Niere produzierte Renin gesteuert. Ist der Aldosteronspiegel zu gering, produziert die Niere verstärkt Renin.
Bei gesteigertem Energiebedarf des Körpers erhöht Kortisol den Blutzuckerspiegel. Es wandelt Eiweiß in Zucker um und arbeitet so mit den Hormonen Adrenalin und Glucagon zusammen, die ebenfalls den Blutzuckerspiegel erhöhen. Ein hoher Kortisolspiegel bewirkt eine verringerte Infektabwehr des Körpers.
Geschlechtsdrüsen[Bearbeiten |
→ Hauptartikel: Eierstock und Hoden
Die Geschlechtsdrüsen sind paarweise angelegt, bei der Frau als mandelförmige Eierstöcke im Beckenbereich der Bauchhöhle, beim Mann als eiförmige Hoden im Hodensack. Sowohl beim Mann als auch bei der Frau werden die Geschlechtshormone Östrogen, Progesteron, Testosteron und Androsteron produziert. Allerdings ist aufgrund ihres unterschiedlichen Mengenverhältnisses die Wirkung bei der Frau anders als beim Mann.
Die männlichen Geschlechtsmerkmale – zum Beispiel Bartwuchs und tiefe Stimme – sind durch ein Übergewicht an Testosteron und Androsteron geprägt. Dagegen sind Östrogen und Progesteron für die weiblichen Geschlechtsmerkmale – zum Beispiel die Entwicklung der Brüste und Verbreiterung der Hüften – verantwortlich.
| Übersicht der endokrinen Drüsen: 1 Zirbeldrüse (Epiphyse) 2 Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) 3 Schilddrüse und Nebenschilddrüsen 4 Thymus 5 Nebenniere 6 Bauchspeicheldrüse (Pankreas) 7 Frau: Eierstock (Ovar) 8 Mann: Hoden Als Hormonsystem werden verschiedene Signalstoffe absondernde Zellen und inkretorische Drüsen zu einem Organsystem zusammengefasst, das über Hormone unterschiedliche Stoffwechselvorgänge und Organfunktionen im Körper eines mehrzelligen Organismus reguliert. Hormone sind Botenstoffe, die unmittelbar auf Nachbarzellen in der Umgebung parakrin einwirken oder ihre Zielzellen erreichen, nachdem sie endokrin in den Blutkreislauf abgegeben wurden. Zum endokrinen System (altgriechisch endon, deutsch innen ; altgriechisch krinein, deutsch trennen, absondern ) gehören neben den verschiedenen endokrinen Drüsen (Drüsen ohne Ausführungsgänge) auch verstreut liegende endokrine Zellen in Herz, Niere, Leber, Lunge, Magendarmtrakt (insbesondere Dünndarm), Thymus und Gehirn. Daneben gibt es parakrine Zellen, die Gewebshormone abgeben. Hormone entfalten als extrazelluläre Signalstoffe nur eine Wirkung, wenn in der Zellmembran oder dem Zytosol einer Zelle spezifische Hormonrezeptoren vorliegen, von denen ausgehend das Signal in jeweils zelltypische Effekte überführt wird. Erkrankungen des Hormonsystems oder Endokrinopathien beschäftigen das medizinische Fachgebiet der Endokrinologie. Einteilung[Bearbeiten | Zu den endokrinen Drüsen gehören: Hypophyse (Hypophysis oder Glandula pituitaria) Zirbeldrüse (Epiphysis cerebri, Epiphyse, Glandula pinealis) Schilddrüse (Glandula thyroidea) Nebenschilddrüse (Epithelkörperchen, Glandula parathyroidea) Nebenniere (Glandula adrenalis oder Glandula suprarenalis) Langerhans-Inseln (Inselorgan, Insulae pancreaticae) Zu den endokrinen Zellen zählen die Leydig-Zwischenzellen im Hoden sowie die Theka- und Granulosazellen des Ovarialfollikels bzw. des Gelbkörpers im Eierstock, außerdem beispielsweise jene Herzmuskelzellen, die das atriale natriuretische Peptid abgeben. Nebennierenmark wie Paraganglien nehmen eine Zwischenstellung ein zwischen endokrinem und neuralem System (Nervensystem). Das endokrine System ist eng mit dem Nervensystem gekoppelt, weshalb beide auch als neuroendokrines System zusammengefasst werden. Die Zirbeldrüse etwa ist als ein zirkumventrikuläres Organ ebenso Teil des Nervensystems. Darüber hinaus gibt es in fast allen Epithelien endokrine Zellen, die in ihrer Gesamtheit als diffuses neuroendokrines System (DNES) oder als APUD bezeichnet werden. Bisher am besten erforscht sind diese Zellen im Magen-Darm-Trakt, hier auch Gastro-entero-pankreatisches endokrines System (GEP) genannt. Die Mehrzahl dieser Zellen wirkt allerdings parakrin, für einige ist jedoch eine endokrine Wirkstoffübertragung bewiesen. Innerhalb des endokrinen Systems sind Gruppen endokriner Organe durch Kommunikationsnetze miteinander verbunden. Dadurch wird deren aktuelle Funktion aufeinander abgestimmt und eine angemessene Leistung im Gesamtsystem gewährleistet. Typische Strukturen dieser Wirkungsgefüge sind Regelkreise, Umfeldhemmungen und antagonistische Teilsysteme, mit denen Regelgrößen oft mehrfach gesichert eingestellt werden. Hypothalamus[Bearbeiten | Hypothalamus und Hypophyse Hauptartikel: Hypothalamus Der Hypothalamus, ein kleiner Bereich im Zwischenhirn, verbindet dieses mit dem Hormonsystem. Über ein Pfortadersystem hat er Kontakt zur Hirnanhangdrüse (Hypophyse) und reguliert deren Hormonausschüttung. Der Großteil des Informationsaustausches findet über dieses System durch Hormone statt, die in den Nervenzellen (Neuronen) des Hypothalamus gebildet werden. Er regelt so die Körpertemperatur, den Herzschlag und die Nierenfunktion, aber auch Hunger und Durst sowie unseren Schlafrhythmus und den Geschlechtstrieb. Das Zwischenhirn liegt zwischen dem Klein- und dem Großhirn. Von hier aus wird das autonome Nervensystem gesteuert, das unter anderem für den Energie-, Wärme- und Wasserhaushalt unseres Körpers zuständig ist. Hirnanhangdrüse[Bearbeiten | Hauptartikel: Hypophyse Die übergeordnete Drüse innerhalb des endokrinen Systems ist die erbsengroße Hirnanhangdrüse, die in einer knöchernen Vertiefung der mittleren Schädelgrube liegt und den überwiegenden Teil des Hormonsystems kontrolliert. Sie ist die Zentrale des Hormonsystems und den anderen endokrinen Organen übergeordnet. Neben der Produktion eigener Hormone beeinflusst sie auch die Hormonproduktion der anderen endokrinen Drüsen. Die Hirnanhangdrüse besteht aus zwei Hälften, die unabhängig voneinander arbeiten: Hypophysenhinterlappen (Neurohypophyse) und Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse). Der Hypophysenhinterlappen ist über den Hypophysenstiel direkt mit dem Hypothalamus verbunden. Entwicklungsgeschichtlich ein Teil des Hypothalamus (also des Gehirns) speichert er Hormone, die dort gebildet und über die gemeinsame Nervenverbindung zu ihm transportiert werden. Der Hypophysenvorderlappen hat unmittelbare Verbindung zum Hypothalamus. Im Vorderlappen werden verschiedene Hormone produziert, die direkt auf das Körpergewebe und auf andere Drüsen wirken. Sie werden von Faktoren gesteuert, die sich im Hypothalamus bilden und über ein spezielles Gefäß zum Vorderlappen gelangen. Darüber hinaus reagiert der Vorderlappen selbständig auf einen hohen Hormonspiegel im Blut. Wenn beispielsweise der Schilddrüsenhormonspiegel ausreichend hoch ist, wird die Produktion des Hormons, das die Schilddrüse zu ihrer Hormontätigkeit anregt, eingestellt. Schilddrüse[Bearbeiten | Hauptartikel: Schilddrüse Die unterhalb des Kehlkopfes liegende Schilddrüse produziert die beiden Hormone Thyroxin und Triiodthyronin, die über den Blutkreislauf zu den Körperzellen gelangen. Diese Hormone sind zuständig für den Energieumsatz der Zellen und für die Eiweißproduktion. Damit die Schilddrüse sie produzieren kann, benötigt sie Jod, das sie aus dem Blut erhält und speichert. Erfolgt der Energieumsatz schneller oder langsamer als normal, so spricht man von Schilddrüsenüberfunktion beziehungsweise Schilddrüsenunterfunktion. Erhöhte Werte können Nervosität, Gewichtsverlust und seelische Spannungen bewirken, während im anderen Extremfall die Körperfunktionen langsamer ablaufen. Nebenschilddrüse[Bearbeiten | Hauptartikel: Nebenschilddrüse Die vier kleinen Nebenschilddrüsen liegen an der Rückseite der Schilddrüse. Ihr Hormon (das Parathormon) hat die Funktion, den Calciumhaushalt des Körpers zu regulieren. Calcium braucht der Körper für den Knochen- und Zahnaufbau, für die Funktion von Nerven- und Muskelzellen und für die Blutgerinnung. Zusammen mit Vitamin D, das unter Lichteinfluss in der Haut gebildet wird, ermöglicht das Hormon der Nebenschilddrüsen die Calciumaufnahme aus der Nahrung. Wenn dem Körper nicht genügend Calcium zugeführt wird, bewirkt das Hormon die Abgabe von Calcium aus den Knochen in das Blut. Bauchspeicheldrüse[Bearbeiten | Endokrine Drüsen im Verdauungssystem Hauptartikel: Langerhans-Inseln Die hinter dem Magen im Oberbauch liegende Bauchspeicheldrüse (Pancreas) besteht als einzige Drüse aus einem endokrinen und einem exokrinen Anteil; es handelt sich also quasi um zwei Organe in einem. Der endokrine Anteil die Langerhans-Inseln produziert Insulin und Glucagon und reguliert auf diese Weise den Blutzuckerspiegel, während vom größeren exokrinen System ein enzymhaltiger Verdauungssaft kommt, der über spezielle Gänge in den Zwölffingerdarm (Duodenum) geleitet wird. Nebennieren[Bearbeiten | Hauptartikel: Nebenniere Die Nebennieren sind unterscheidbar in Nebennierenmark und Nebennierenrinde. Das innere Nebennierenmark produziert die Hormone Adrenalin und Noradrenalin. In Gefahren- oder Stresssituationen wird Adrenalin aus dem Nebennierenmark in die Blutbahn abgegeben. Dadurch erhöht sich die Herzschlagfrequenz, und die Blutgefäße der Haut und der Eingeweide verengen sich; daher der Spruch: Er bekam kalte Füße. Das Blut steht der arbeitenden Muskulatur zur Verfügung, und der Blutdruck steigt an. Gleichzeitig wird der in Leber und Muskeln gespeicherte Zucker zu Einfachzucker abgebaut, damit der Körper mehr Energie zur Verfügung hat. Die Nebennierenrinde produziert drei Arten von Steroidhormonen mit unterschiedlichen Funktionen: Aldosteron reduziert die Salzausscheidung über die Nieren und erhöht damit den Wassergehalt des Körpers. Die Abgabe von Aldosteron wird durch das in der Niere produzierte Renin gesteuert. Ist der Aldosteronspiegel zu gering, produziert die Niere verstärkt Renin. Bei gesteigertem Energiebedarf des Körpers erhöht Kortisol den Blutzuckerspiegel. Es wandelt Eiweiß in Zucker um und arbeitet so mit den Hormonen Adrenalin und Glucagon zusammen, die ebenfalls den Blutzuckerspiegel erhöhen. Ein hoher Kortisolspiegel bewirkt eine verringerte Infektabwehr des Körpers. Geschlechtsdrüsen[Bearbeiten | Hauptartikel: Eierstock und Hoden Die Geschlechtsdrüsen sind paarweise angelegt, bei der Frau als mandelförmige Eierstöcke im Beckenbereich der Bauchhöhle, beim Mann als eiförmige Hoden im Hodensack. Sowohl beim Mann als auch bei der Frau werden die Geschlechtshormone Östrogen, Progesteron, Testosteron und Androsteron produziert. Allerdings ist aufgrund ihres unterschiedlichen Mengenverhältnisses die Wirkung bei der Frau anders als beim Mann. Die männlichen Geschlechtsmerkmale zum Beispiel Bartwuchs und tiefe Stimme sind durch ein Übergewicht an Testosteron und Androsteron geprägt. Dagegen sind Östrogen und Progesteron für die weiblichen Geschlechtsmerkmale zum Beispiel die Entwicklung der Brüste und Verbreiterung der Hüften verantwortlich. |
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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Knochen (Begriffsklärung) aufgeführt.
Menschliches Skelett (Frontansicht)
Der Knochen oder lateinisch das Os (Plural Ossa; altgriechisch οστούν in Zusammensetzungen Osteo-), deutsch auch Bein (aus germanischer Wortwurzel, vergleiche Brustbein, Elfenbein, Beinhaus und englisch bone) ist ein druck- und zugfestes Organ. Aus Knochen bestehen die Endoskelette der Wirbeltiere. Kleine Knochen, beispielsweise akzessorische Knochen in Hand- oder Fußwurzel oder die Gehörknöchelchen, werden oft als Ossikel (lateinisch Ossiculum ‚Knöchelchen‘) bezeichnet.
Knochen sind Teil des Stütz- und Bewegungsapparats und werden dem passiven Bewegungsapparat zugerechnet. Die einzelnen Knochen sehen je nach Lage und Funktion unterschiedlich aus. Gleichzeitig schützen die Knochen innere Organe, wie die Schädelknochen das Gehirn und der Brustkorb das Herz und die Lunge. Außerdem bilden sich im roten Knochenmark die roten Blutkörperchen, die Blutplättchen und die weißen Blutkörperchen. Die Größe variiert zwischen den nur millimetergroßen Gehörknöchelchen einiger Kleinsäuger bis zu den meterlangen Bein- und Rippenknochen der Dinosaurier.
Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ursprünglich wurden Teile des Endoskeletts mit Bein (mittelhochdeutsch, althochdeutsch bein; Plural: Beine, Kollektivum: Gebein) bezeichnet, seit dem 14. Jahrhundert mit dem von knoche (mhd.) oder knoke (mnd.) abgeleiteten Knochen.
Das wohl ursprünglich lautmalerische Wort (vgl. knacken) verdrängte weitgehend das ältere Bein.
In den deutschen Namen einiger Knochen kommt das Wort Bein jedoch immer noch vor, beispielsweise bei fast allen Schädelknochen. Vgl. auch Elfenbein.
Knochenformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schematischer Aufbau eines Röhrenknochens
Die Osteologie als Teilbereich der Anatomie unterscheidet verschiedene Knochenformen:
Röhrenknochen (lange Knochen, Ossa longa): Oberarmknochen (Humerus), Elle (Ulna) und Speiche (Radius), Oberschenkelknochen (Femur) und Schien- (Tibia), Wadenbein (Fibula) und Fingerknochen. Die langen Knochen bestehen aus zwei Knochenenden (Epiphyse) und einem Knochenschaft (Diaphyse).
platte Knochen (Ossa plana): am Schädel (Cranium) sowie als Rippen (Costae), Schulterblatt (Scapula), Brustbein (Sternum), Becken (Ossa coxae)
kurze Knochen (Ossa brevia): ungeformte Knochen, wie Handwurzelknochen
Sesambeine (Ossa sesamoidea): in Sehnen eingelagerte, kleine rundliche Knochen wie die Kniescheibe (Patella)
luftgefüllte Knochen (Ossa pneumatica): enthalten mit Schleimhaut ausgefüllte Hohlräume, am Schädel das Stirnbein (Os frontale)
unregelmäßige Knochen (Ossa irregularia): Sie lassen sich den anderen Knochenformen nicht zuordnen, Wirbel (Vertebrae) der Wirbelsäule oder der Unterkieferknochen (Mandibula).
Neben den bei allen Individuen auftretenden Knochen gibt es auch akzessorische (zusätzliche) oder überzählige Knochen.
Aufbau und Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Knochen sind lebendige, gut durchblutete Organe aus verschiedenen Geweben. Die mechanischen Eigenschaften werden entscheidend vom Knochengewebe bestimmt. Dieses bildet an der Außenfläche des Knochens die Substantia corticalis (im Mittelteil von Röhrenknochen ist diese sehr dick und wird deshalb auch als Substantia compacta bezeichnet) und im Inneren die Substantia spongiosa, ein schwammartiges Gerüstwerk feiner Knochenbälkchen (Trabekel), die stets so angeordnet sind, dass sie nur auf Druck oder nur auf Zug belastet werden. Die Substantia corticalis macht 70 % der Knochendichte bei Erwachsenen und 30 % bei Kindern aus. Das Knochengewebe besteht zu 25 % aus Wasser, zu 30 % aus organischen und zu 45 % aus anorganischen Anteilen. Die organischen Anteile bestehen ihrerseits zu 95 % aus Kollagen vom Typ I.
Im Schaft von Röhrenknochen ist eine Markhöhle (Cavitas medullaris) ausgebildet. In der Markhöhle und in den Zwischenräumen der Spongiosa befindet sich das Knochenmark (Medulla ossium), das im Laufe des Lebens allmählich durch gelbes Fettmark ersetzt wird. Rotes Knochenmark bleibt nur in wenigen Knochen erhalten (Rippen, Brustbein, Wirbelkörper, Hand- und Fußwurzelknochen, platte Schädelknochen und Becken). Dort finden sich Blut bildende Zellen (siehe Hämatopoese).
Der Knochen wird von einer Bindegewebshaut umgeben, der äußeren Knochenhaut (Periost), die ihm eng anliegt. Alle inneren Oberflächen (Innenseite der Kortikalis, Oberfläche der Trabekel, Gefäßkanäle durch das Knochengewebe) sind mit der inneren Knochenhaut (Endost) bedeckt. An Gelenkflächen ist der Knochen mit Knorpel überzogen, das Periost ist hier unterbrochen.
Zuggurtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Röhrenknochen unterliegen in der Regel Biegebelastungen, welche durch Muskeln, Faszienverstärkungen und Bänder herabgesetzt werden können. Ein bekanntes Beispiel hierfür stellt der Tractus iliotibialis dar. Dieses Prinzip der „Zuggurtung“ wurde von Friedrich Pauwels für die langen Knochen der oberen und der unteren Extremität beschrieben und hierauf basierend die Zuggurtungsosteosynthese entwickelt. Bei Überbeanspruchung oder bei traumatischer Läsion von Elementen der Zuggurtung, kann es zu spontanen Frakturen des Knochens (z. B. Marschfraktur) kommen.
Knochenwachstum und -umbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mikroskopisches Schnittbild eines jugendlichen Kniegelenkes (Ratte). Die Wachstumsfugen sind deutlich erkennbar
Gegen die Wachstumsfuge sprossendes Kapillarlabyrinth (Injektionspräparat, Raster-Elektronenmikroskopie)
Aus dem embryonalen Bindegewebe, dem Mesenchym, entstehen in der Umgebung von Blutkapillaren unter anderem Osteoblasten. Diese Zellen bilden das weiche Osteoid (kollagenhaltiges Bindegewebe), die noch unverkalkte Knochengrundsubstanz. Sie reichern mit der Zeit Hydroxylapatit an, erst durch die Einlagerung dieses Calciumphosphats wird der Knochen hart und stabil. Osteoblasten, die vollständig von Knochenmatrix umgeben sind, nennt man Osteozyten.
Das Längenwachstum eines Knochens unterliegt einem circadianen Rhythmus mit einem Hauptmaximum in der Nacht (Untersuchung an Ratten).[1] Auch nach den Ergebnissen der Untersuchungen von amerikanischen Forschern der University of Wisconsin–Madison wachsen Knochen hauptsächlich nachts. Die Ursache der insbesondere nachts auftretenden sogenannten Wachstumsschmerzen vor allem an den unteren Extremitäten bei Kindern ist aber nicht geklärt.[2] Unter Wachstumsschmerzen leidet bis zu ein Drittel aller Kinder zwischen drei und zwölf Jahren.[3]
Man kann zwei verschiedene Arten der Knochenentwicklung (Ossifikation) unterscheiden.
Desmale Ossifikation – Entwicklung aus bindegewebiger Vorstufe (Schädeldach, Gesicht, Teile des Schlüsselbeins)
Chondrale Ossifikation – Entwicklung aus hyalinem Knorpelskelett (Mehrheit der Knochen)
Das Längenwachstum der Röhrenknochen erfolgt in den knorpeligen Epiphysen- oder Wachstumsfugen zwischen Schaft und Epiphysen, wobei Blutgefäße einsprossen und gegen die Wachstumsfuge ein Labyrinth erweiterter Blutkapillaren bilden.[4] Die Knorpelzellen teilen sich in Längsrichtung gegen den Schaft (Diaphyse). Vom Schaft aus verknöchert dieser wachsende Knorpel. Die Epiphysen weichen dadurch auseinander, der Knochen wird länger. Die Wachstumsfugen gehen aus der knorpeligen Knochenanlage hervor. Sie schließen sich mit Abschluss des Längenwachstums; dies geschieht je nach Knochen in etwas unterschiedlichem Alter. Da die Wachstumsfugen röntgenologisch sichtbar sind, kann der Fugenschluss zur gerichtsmedizinischen Altersbestimmung herangezogen werden.
Die Epiphysenfugen als Sitz des Längenwachstums hatte 1739 erstmals der Botaniker Duhamel erkannt.[5] Mit der Entwicklung der Knochen befasste sich im 16. Jahrhundert auch bereits der Anatom Gabriele Falloppio.[6]
Knochen ist kein starres Gebilde, sondern unterliegt einem permanenten Umbau. Man spricht hier von Knochengeweberemodellierung.
Verletzungen und Erkrankungen des Knochens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wenn ein Knochen durch äußeren Einfluss oder mangels Knochenmasse bricht, spricht man von einem Knochenbruch (Fraktur). Bei der Heilung wächst der Knochen unter der Knochenbruchbehandlung wieder zusammen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass sich die beiden Teile in richtiger Stellung zueinander befinden. Eine Ruhigstellung erfolgt konservativ, d. h. mit Hilfe eines Gipsverbandes oder einer Schiene, oder operativ als Osteosynthese mit Hilfe einer Marknagelung oder einer Verplattung. Werden die Knochenenden nicht ruhiggestellt, kann die Heilung ausbleiben, und es kommt zur Pseudarthrose, einem sogenannten „falschen Gelenk“.
Knochenerkrankungen (Osteopathien) und Störungen des Knochenstoffwechsels sind:
Achondroplasie
Fibrodysplasia ossificans progressiva
Hypertrophe Osteoarthropathie
Hypophosphatasie
Knochenmarködem
Morbus Ahlbäck
Morbus Paget (Osteodystrophia deformans)
Osteoporose
Osteomalazie
Osteochondrosis dissecans
Osteogenesis imperfecta
Osteomyelitis (Knochenentzündung)
Panostitis
Spongiosaödem
Knochen können auch im Rahmen von Erkrankungen mitbetroffen sein, deren primäre Ursache nicht im Knochen selbst liegt. Bei Brustkrebs und Prostatakrebs finden sich häufig Metastasen im Knochen, Knochenmetastasen. Das Multiple Myelom führt meist zu Osteolysen. Bei Niereninsuffizienz kommt es zu vermehrtem Knochenabbau (siehe Chronisches Nierenversagen).
Knochenverbindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bewegliche Verbindungen von Knochen werden über Gelenke, Bänder sowie Muskeln mit ihren Sehnen hergestellt. Dazu befinden sich auf den Knochen Sehnenansatzzonen.[7] Die Knochenübergänge sind entsprechend der jeweiligen Gelenkform besonders ausgebildet.[8]
Verwendung tierischer Knochen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Altes Schulplakat zur Verwertung von Knochen im Schulmuseum Leipzig
Steg einer Konzertgitarre mit Stegeinlage aus ungebleichtem Knochen
Iranische Tar mit unter Verwendung von Kamelknochen hergestelltem Griffbrett
Rinderknochen auf einer Farm in Namibia
Tierknochen gehören zusammen mit Holz und Stein zu den ältesten Rohstoffen, die der Mensch für die Herstellung von Werkzeugen und Geräten wie Nadeln und Ahlen nutzte. In der Geißenklösterle-Höhle wurden relativ gut erhaltene oder rekonstruierbare Flöten mit Grifflöchern entdeckt, die nahezu 35.000 Jahre alt sind. Zwei von ihnen sind in einem Stück aus Schwanenknochen[9] gefertigt. Indianer benutzten die Adlerknochenpfeife. Knochenmark war eine geschätzte Nahrung. Knochen dienten zudem als Messergriffe und für andere Schäftungen. Perlen, Rosenkranzperlen, Haarnadeln und Kämme wurden bis ins Mittelalter vor allem aus Knochen gefertigt.[10] In China dienten Knochen, vor allem Schulterblätter, seit dem ausgehenden Neolithikum als Schreibmaterial für Orakelanfragen. Das macht Knochen zu einem der ältesten Beschreibstoffe,[11] wie auch der Fund der Runenknochen von der Unterweser belegt.
Seit Jahrhunderten sind Knochen das bevorzugte Material zur Anfertigung von Steg und Sattel beim Bau von Saiteninstrumenten, da die relativ große Härte dieses Materials einen positiven Einfluss auf den Klang des Instruments hat. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass Knochen einen natürlichen Fettgehalt haben, und dadurch quasi „selbstschmierend“ sind. Für die Saite heißt das, dass sie beim Stimmen gut im Sattel gleiten kann und dadurch entsprechend weniger Widerstand entsteht als bei anderen Materialien.[12] Zwar werden (aus Kostengründen, und wegen einfacherer Fertigung) inzwischen auch Graphit, verschiedene Kunststoffe, Ebenholz und gelegentlich auch Messing verwendet, aber speziell bei hochwertigen Instrumenten ist die Verwendung von Knochen immer noch die erste Wahl
Knochenasche (Spodium) enthält Calciumoxid und Calciumphosphat, was unter anderem dazu benutzt wurde, Porzellan eine besondere Transparenz zu verleihen. Die Ausdrücke Knochenporzellan und Feines Knochenporzellan rühren daher. Aus Knochen hergestellte Tierkohle hat ebenso verschiedene Anwendungen. Elfenbein- oder Beinschwarz sind schwarze Pigmente, die in der Malerei oder als Schuhcreme verwendet wurden.
Die Knochen von Nutztieren, insbesondere von Rindern und Schweinen, werden unter anderem genutzt, um daraus Gelatine, Seife oder Knochenleim zu produzieren. Des Weiteren wird heute nach wie vor Knochenmehl als organischer Dünger hergestellt.
Als Futterzusatz wurde Knochenmehl nach dem Aufkommen der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) ab 2001 auf dem Gebiet der EU verboten. Das Verbot wurde 2021 für die Haltung von Schweinen und Geflügel wieder aufgehoben, während es für reine Pflanzenfresser weiterhin nicht als Futtermittelzusatz erlaubt ist.[13]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Claus-Peter Adler: Morphologie der Knochenkrankheiten. Thieme, Stuttgart / New York 1983.
Bernhard Tillmann, Gian Töndury: Bewegungsapparat. Band I. In: H. Leonhardt, Bernhard Tillmann, Gian Töndury, K. Zilles (Hrsg.): Rauber / Kopsch. Anatomie des Menschen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 1987.
Dieter Felsenberg: Struktur und Funktion des Knochens. In: Pharmazie in unserer Zeit. Band 30, Nr. 6, 2001, S. 488–493. doi:10.1002/1615-1003(200111)30:6<488::AID-PAUZ488>3.0.CO;2-U.
Benno Kummer: Biomechanik. Form und Funktion des Bewegungsapparates. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2005, ISBN 978-3-7691-0502-5.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Knochen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Knochen – Zitate
Wiktionary: Knochen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
elektronenmikroskopische Bilder von Knochen
Informationen der American Society for Bone and Mineral Research (engl.)
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ R. Flammersfeld: Über den circadianen Profiferationsrhythmus in der proximalen Tibiametaphyse bei der jungen Ratte während der enchondralen Ossifikation. Inaugural-Dissertation. Medizinische Fakultät, Ruhr-Universität, Bochum 1988.
↑ Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch 2013. Verlag Walter de Gruyter, Berlin / Boston 2012, ISBN 978-3-11-027788-3, S. 2246.
↑ Journal of Pediatric Orthopaedics. Ausgabe 24, Nr. 6, 2005, S. 726.
↑ P. Stanka, U. Bellack, A. Lindner: On the morphology of the terminal microvasculature during endochondral ossification in rats. In: Bone and Mineral. vol. 13, 1991, S. 93–101.
↑ Hermann Ecke, Uwe Stöhr, Klaus Krämer: Unfallchirurgie. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Mit einem Geleitwort von Rudolf Nissen. Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 204–216, hier: S. 211.
↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 21.
↑ Michael Schünke: Topografie und Funktion des Bewegungssystems (3. Aufl. Stuttgart 2018) S. 74
↑ Michael Schünke u. a.: Prometheus ; Lernatlas der Anatomie (5. Aufl. Stuttgart 2018) S. 42
↑ urgeschichte.uni-tuebingen.de (Memento vom 19. Januar 2012 im Internet Archive; JPG) Flöte aus einem Schwanenknochen
↑ Mostefa Kokabi, Björn Schlenker, Joachim Wahl: Knochenarbeit – Artefakte aus tierischen Rohstoffen im Wandel der Zeit. (= Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg. 27). Stuttgart 1994, ISBN 3-927714-23-2.
↑ Paola Demattè: The Origins of Chinese Writing: the Neolithic Evidence. In: Cambridge Archaeological Journal. Band 20, Nr. 2, 2010, S. 211–228.
↑ Stoll Guitars: Stegeinlage und Sattel - Knochen oder Kunststoff? 23. Oktober 2014, abgerufen am 26. Juni 2024 (deutsch).
↑ Verbot aufgehoben - Tiermehl darf wieder verfüttert werden Tagesschau, aufgerufen am 26. November 2022
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4128031-3 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
| Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Knochen (Begriffsklärung) aufgeführt. Menschliches Skelett (Frontansicht) Der Knochen oder lateinisch das Os (Plural Ossa; altgriechisch in Zusammensetzungen Osteo-), deutsch auch Bein (aus germanischer Wortwurzel, vergleiche Brustbein, Elfenbein, Beinhaus und englisch bone) ist ein druck- und zugfestes Organ. Aus Knochen bestehen die Endoskelette der Wirbeltiere. Kleine Knochen, beispielsweise akzessorische Knochen in Hand- oder Fußwurzel oder die Gehörknöchelchen, werden oft als Ossikel (lateinisch Ossiculum Knöchelchen ) bezeichnet. Knochen sind Teil des Stütz- und Bewegungsapparats und werden dem passiven Bewegungsapparat zugerechnet. Die einzelnen Knochen sehen je nach Lage und Funktion unterschiedlich aus. Gleichzeitig schützen die Knochen innere Organe, wie die Schädelknochen das Gehirn und der Brustkorb das Herz und die Lunge. Außerdem bilden sich im roten Knochenmark die roten Blutkörperchen, die Blutplättchen und die weißen Blutkörperchen. Die Größe variiert zwischen den nur millimetergroßen Gehörknöchelchen einiger Kleinsäuger bis zu den meterlangen Bein- und Rippenknochen der Dinosaurier. Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ursprünglich wurden Teile des Endoskeletts mit Bein (mittelhochdeutsch, althochdeutsch bein; Plural: Beine, Kollektivum: Gebein) bezeichnet, seit dem 14. Jahrhundert mit dem von knoche (mhd.) oder knoke (mnd.) abgeleiteten Knochen. Das wohl ursprünglich lautmalerische Wort (vgl. knacken) verdrängte weitgehend das ältere Bein. In den deutschen Namen einiger Knochen kommt das Wort Bein jedoch immer noch vor, beispielsweise bei fast allen Schädelknochen. Vgl. auch Elfenbein. Knochenformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Schematischer Aufbau eines Röhrenknochens Die Osteologie als Teilbereich der Anatomie unterscheidet verschiedene Knochenformen: Röhrenknochen (lange Knochen, Ossa longa): Oberarmknochen (Humerus), Elle (Ulna) und Speiche (Radius), Oberschenkelknochen (Femur) und Schien- (Tibia), Wadenbein (Fibula) und Fingerknochen. Die langen Knochen bestehen aus zwei Knochenenden (Epiphyse) und einem Knochenschaft (Diaphyse). platte Knochen (Ossa plana): am Schädel (Cranium) sowie als Rippen (Costae), Schulterblatt (Scapula), Brustbein (Sternum), Becken (Ossa coxae) kurze Knochen (Ossa brevia): ungeformte Knochen, wie Handwurzelknochen Sesambeine (Ossa sesamoidea): in Sehnen eingelagerte, kleine rundliche Knochen wie die Kniescheibe (Patella) luftgefüllte Knochen (Ossa pneumatica): enthalten mit Schleimhaut ausgefüllte Hohlräume, am Schädel das Stirnbein (Os frontale) unregelmäßige Knochen (Ossa irregularia): Sie lassen sich den anderen Knochenformen nicht zuordnen, Wirbel (Vertebrae) der Wirbelsäule oder der Unterkieferknochen (Mandibula). Neben den bei allen Individuen auftretenden Knochen gibt es auch akzessorische (zusätzliche) oder überzählige Knochen. Aufbau und Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Knochen sind lebendige, gut durchblutete Organe aus verschiedenen Geweben. Die mechanischen Eigenschaften werden entscheidend vom Knochengewebe bestimmt. Dieses bildet an der Außenfläche des Knochens die Substantia corticalis (im Mittelteil von Röhrenknochen ist diese sehr dick und wird deshalb auch als Substantia compacta bezeichnet) und im Inneren die Substantia spongiosa, ein schwammartiges Gerüstwerk feiner Knochenbälkchen (Trabekel), die stets so angeordnet sind, dass sie nur auf Druck oder nur auf Zug belastet werden. Die Substantia corticalis macht 70 % der Knochendichte bei Erwachsenen und 30 % bei Kindern aus. Das Knochengewebe besteht zu 25 % aus Wasser, zu 30 % aus organischen und zu 45 % aus anorganischen Anteilen. Die organischen Anteile bestehen ihrerseits zu 95 % aus Kollagen vom Typ I. Im Schaft von Röhrenknochen ist eine Markhöhle (Cavitas medullaris) ausgebildet. In der Markhöhle und in den Zwischenräumen der Spongiosa befindet sich das Knochenmark (Medulla ossium), das im Laufe des Lebens allmählich durch gelbes Fettmark ersetzt wird. Rotes Knochenmark bleibt nur in wenigen Knochen erhalten (Rippen, Brustbein, Wirbelkörper, Hand- und Fußwurzelknochen, platte Schädelknochen und Becken). Dort finden sich Blut bildende Zellen (siehe Hämatopoese). Der Knochen wird von einer Bindegewebshaut umgeben, der äußeren Knochenhaut (Periost), die ihm eng anliegt. Alle inneren Oberflächen (Innenseite der Kortikalis, Oberfläche der Trabekel, Gefäßkanäle durch das Knochengewebe) sind mit der inneren Knochenhaut (Endost) bedeckt. An Gelenkflächen ist der Knochen mit Knorpel überzogen, das Periost ist hier unterbrochen. Zuggurtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Röhrenknochen unterliegen in der Regel Biegebelastungen, welche durch Muskeln, Faszienverstärkungen und Bänder herabgesetzt werden können. Ein bekanntes Beispiel hierfür stellt der Tractus iliotibialis dar. Dieses Prinzip der Zuggurtung wurde von Friedrich Pauwels für die langen Knochen der oberen und der unteren Extremität beschrieben und hierauf basierend die Zuggurtungsosteosynthese entwickelt. Bei Überbeanspruchung oder bei traumatischer Läsion von Elementen der Zuggurtung, kann es zu spontanen Frakturen des Knochens (z. B. Marschfraktur) kommen. Knochenwachstum und -umbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Mikroskopisches Schnittbild eines jugendlichen Kniegelenkes (Ratte). Die Wachstumsfugen sind deutlich erkennbar Gegen die Wachstumsfuge sprossendes Kapillarlabyrinth (Injektionspräparat, Raster-Elektronenmikroskopie) Aus dem embryonalen Bindegewebe, dem Mesenchym, entstehen in der Umgebung von Blutkapillaren unter anderem Osteoblasten. Diese Zellen bilden das weiche Osteoid (kollagenhaltiges Bindegewebe), die noch unverkalkte Knochengrundsubstanz. Sie reichern mit der Zeit Hydroxylapatit an, erst durch die Einlagerung dieses Calciumphosphats wird der Knochen hart und stabil. Osteoblasten, die vollständig von Knochenmatrix umgeben sind, nennt man Osteozyten. Das Längenwachstum eines Knochens unterliegt einem circadianen Rhythmus mit einem Hauptmaximum in der Nacht (Untersuchung an Ratten).[1] Auch nach den Ergebnissen der Untersuchungen von amerikanischen Forschern der University of Wisconsin Madison wachsen Knochen hauptsächlich nachts. Die Ursache der insbesondere nachts auftretenden sogenannten Wachstumsschmerzen vor allem an den unteren Extremitäten bei Kindern ist aber nicht geklärt.[2] Unter Wachstumsschmerzen leidet bis zu ein Drittel aller Kinder zwischen drei und zwölf Jahren.[3] Man kann zwei verschiedene Arten der Knochenentwicklung (Ossifikation) unterscheiden. Desmale Ossifikation Entwicklung aus bindegewebiger Vorstufe (Schädeldach, Gesicht, Teile des Schlüsselbeins) Chondrale Ossifikation Entwicklung aus hyalinem Knorpelskelett (Mehrheit der Knochen) Das Längenwachstum der Röhrenknochen erfolgt in den knorpeligen Epiphysen- oder Wachstumsfugen zwischen Schaft und Epiphysen, wobei Blutgefäße einsprossen und gegen die Wachstumsfuge ein Labyrinth erweiterter Blutkapillaren bilden.[4] Die Knorpelzellen teilen sich in Längsrichtung gegen den Schaft (Diaphyse). Vom Schaft aus verknöchert dieser wachsende Knorpel. Die Epiphysen weichen dadurch auseinander, der Knochen wird länger. Die Wachstumsfugen gehen aus der knorpeligen Knochenanlage hervor. Sie schließen sich mit Abschluss des Längenwachstums; dies geschieht je nach Knochen in etwas unterschiedlichem Alter. Da die Wachstumsfugen röntgenologisch sichtbar sind, kann der Fugenschluss zur gerichtsmedizinischen Altersbestimmung herangezogen werden. Die Epiphysenfugen als Sitz des Längenwachstums hatte 1739 erstmals der Botaniker Duhamel erkannt.[5] Mit der Entwicklung der Knochen befasste sich im 16. Jahrhundert auch bereits der Anatom Gabriele Falloppio.[6] Knochen ist kein starres Gebilde, sondern unterliegt einem permanenten Umbau. Man spricht hier von Knochengeweberemodellierung. Verletzungen und Erkrankungen des Knochens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wenn ein Knochen durch äußeren Einfluss oder mangels Knochenmasse bricht, spricht man von einem Knochenbruch (Fraktur). Bei der Heilung wächst der Knochen unter der Knochenbruchbehandlung wieder zusammen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass sich die beiden Teile in richtiger Stellung zueinander befinden. Eine Ruhigstellung erfolgt konservativ, d. h. mit Hilfe eines Gipsverbandes oder einer Schiene, oder operativ als Osteosynthese mit Hilfe einer Marknagelung oder einer Verplattung. Werden die Knochenenden nicht ruhiggestellt, kann die Heilung ausbleiben, und es kommt zur Pseudarthrose, einem sogenannten falschen Gelenk . Knochenerkrankungen (Osteopathien) und Störungen des Knochenstoffwechsels sind: Achondroplasie Fibrodysplasia ossificans progressiva Hypertrophe Osteoarthropathie Hypophosphatasie Knochenmarködem Morbus Ahlbäck Morbus Paget (Osteodystrophia deformans) Osteoporose Osteomalazie Osteochondrosis dissecans Osteogenesis imperfecta Osteomyelitis (Knochenentzündung) Panostitis Spongiosaödem Knochen können auch im Rahmen von Erkrankungen mitbetroffen sein, deren primäre Ursache nicht im Knochen selbst liegt. Bei Brustkrebs und Prostatakrebs finden sich häufig Metastasen im Knochen, Knochenmetastasen. Das Multiple Myelom führt meist zu Osteolysen. Bei Niereninsuffizienz kommt es zu vermehrtem Knochenabbau (siehe Chronisches Nierenversagen). Knochenverbindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bewegliche Verbindungen von Knochen werden über Gelenke, Bänder sowie Muskeln mit ihren Sehnen hergestellt. Dazu befinden sich auf den Knochen Sehnenansatzzonen.[7] Die Knochenübergänge sind entsprechend der jeweiligen Gelenkform besonders ausgebildet.[8] Verwendung tierischer Knochen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Altes Schulplakat zur Verwertung von Knochen im Schulmuseum Leipzig Steg einer Konzertgitarre mit Stegeinlage aus ungebleichtem Knochen Iranische Tar mit unter Verwendung von Kamelknochen hergestelltem Griffbrett Rinderknochen auf einer Farm in Namibia Tierknochen gehören zusammen mit Holz und Stein zu den ältesten Rohstoffen, die der Mensch für die Herstellung von Werkzeugen und Geräten wie Nadeln und Ahlen nutzte. In der Geißenklösterle-Höhle wurden relativ gut erhaltene oder rekonstruierbare Flöten mit Grifflöchern entdeckt, die nahezu 35.000 Jahre alt sind. Zwei von ihnen sind in einem Stück aus Schwanenknochen[9] gefertigt. Indianer benutzten die Adlerknochenpfeife. Knochenmark war eine geschätzte Nahrung. Knochen dienten zudem als Messergriffe und für andere Schäftungen. Perlen, Rosenkranzperlen, Haarnadeln und Kämme wurden bis ins Mittelalter vor allem aus Knochen gefertigt.[10] In China dienten Knochen, vor allem Schulterblätter, seit dem ausgehenden Neolithikum als Schreibmaterial für Orakelanfragen. Das macht Knochen zu einem der ältesten Beschreibstoffe,[11] wie auch der Fund der Runenknochen von der Unterweser belegt. Seit Jahrhunderten sind Knochen das bevorzugte Material zur Anfertigung von Steg und Sattel beim Bau von Saiteninstrumenten, da die relativ große Härte dieses Materials einen positiven Einfluss auf den Klang des Instruments hat. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass Knochen einen natürlichen Fettgehalt haben, und dadurch quasi selbstschmierend sind. Für die Saite heißt das, dass sie beim Stimmen gut im Sattel gleiten kann und dadurch entsprechend weniger Widerstand entsteht als bei anderen Materialien.[12] Zwar werden (aus Kostengründen, und wegen einfacherer Fertigung) inzwischen auch Graphit, verschiedene Kunststoffe, Ebenholz und gelegentlich auch Messing verwendet, aber speziell bei hochwertigen Instrumenten ist die Verwendung von Knochen immer noch die erste Wahl Knochenasche (Spodium) enthält Calciumoxid und Calciumphosphat, was unter anderem dazu benutzt wurde, Porzellan eine besondere Transparenz zu verleihen. Die Ausdrücke Knochenporzellan und Feines Knochenporzellan rühren daher. Aus Knochen hergestellte Tierkohle hat ebenso verschiedene Anwendungen. Elfenbein- oder Beinschwarz sind schwarze Pigmente, die in der Malerei oder als Schuhcreme verwendet wurden. Die Knochen von Nutztieren, insbesondere von Rindern und Schweinen, werden unter anderem genutzt, um daraus Gelatine, Seife oder Knochenleim zu produzieren. Des Weiteren wird heute nach wie vor Knochenmehl als organischer Dünger hergestellt. Als Futterzusatz wurde Knochenmehl nach dem Aufkommen der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) ab 2001 auf dem Gebiet der EU verboten. Das Verbot wurde 2021 für die Haltung von Schweinen und Geflügel wieder aufgehoben, während es für reine Pflanzenfresser weiterhin nicht als Futtermittelzusatz erlaubt ist.[13] Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Claus-Peter Adler: Morphologie der Knochenkrankheiten. Thieme, Stuttgart / New York 1983. Bernhard Tillmann, Gian Töndury: Bewegungsapparat. Band I. In: H. Leonhardt, Bernhard Tillmann, Gian Töndury, K. Zilles (Hrsg.): Rauber / Kopsch. Anatomie des Menschen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 1987. Dieter Felsenberg: Struktur und Funktion des Knochens. In: Pharmazie in unserer Zeit. Band 30, Nr. 6, 2001, S. 488 493. doi:10.1002/1615-1003(200111)30:6<488::AID-PAUZ488>3.0.CO;2-U. Benno Kummer: Biomechanik. Form und Funktion des Bewegungsapparates. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2005, ISBN 978-3-7691-0502-5. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Knochen Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wikiquote: Knochen Zitate Wiktionary: Knochen Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen elektronenmikroskopische Bilder von Knochen Informationen der American Society for Bone and Mineral Research (engl.) Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] R. Flammersfeld: Über den circadianen Profiferationsrhythmus in der proximalen Tibiametaphyse bei der jungen Ratte während der enchondralen Ossifikation. Inaugural-Dissertation. Medizinische Fakultät, Ruhr-Universität, Bochum 1988. Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch 2013. Verlag Walter de Gruyter, Berlin / Boston 2012, ISBN 978-3-11-027788-3, S. 2246. Journal of Pediatric Orthopaedics. Ausgabe 24, Nr. 6, 2005, S. 726. P. Stanka, U. Bellack, A. Lindner: On the morphology of the terminal microvasculature during endochondral ossification in rats. In: Bone and Mineral. vol. 13, 1991, S. 93 101. Hermann Ecke, Uwe Stöhr, Klaus Krämer: Unfallchirurgie. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang Entwicklung Differenzierung. Mit einem Geleitwort von Rudolf Nissen. Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 204 216, hier: S. 211. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 21. Michael Schünke: Topografie und Funktion des Bewegungssystems (3. Aufl. Stuttgart 2018) S. 74 Michael Schünke u. a.: Prometheus ; Lernatlas der Anatomie (5. Aufl. Stuttgart 2018) S. 42 urgeschichte.uni-tuebingen.de (Memento vom 19. Januar 2012 im Internet Archive; JPG) Flöte aus einem Schwanenknochen Mostefa Kokabi, Björn Schlenker, Joachim Wahl: Knochenarbeit Artefakte aus tierischen Rohstoffen im Wandel der Zeit. (= Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg. 27). Stuttgart 1994, ISBN 3-927714-23-2. Paola Dematt : The Origins of Chinese Writing: the Neolithic Evidence. In: Cambridge Archaeological Journal. Band 20, Nr. 2, 2010, S. 211 228. Stoll Guitars: Stegeinlage und Sattel - Knochen oder Kunststoff? 23. Oktober 2014, abgerufen am 26. Juni 2024 (deutsch). Verbot aufgehoben - Tiermehl darf wieder verfüttert werden Tagesschau, aufgerufen am 26. November 2022 Normdaten (Sachbegriff): GND: 4128031-3 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
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Klassifikation nach ICD-10
B86
Skabies Krätze Befall durch Krätzmilben Befall durch Sarcoptes scabiei Befall durch Scabies Borkenkrätze Ekzema scabiosum
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Krätze, fachsprachlich auch Skabies, Scabies (von lateinisch scabere ‚kratzen‘) oder Acarodermatitis, früher auch beim Menschen als „Räude“ bezeichnet, ist eine weitverbreitete, durch die Grab- bzw. Krätzemilbe (vor allem Sarcoptes scabiei) verursachte parasitäre Hautkrankheit des Menschen. Die halbkugelförmigen, 0,3–0,5 Millimeter großen Weibchen der Krätzmilbe bohren sich in die Oberhaut (Epidermis) und legen dort in den Kanälen (canaliculi, Milbengänge) Kotballen (Skybala) und ihre Eier ab. Ihre Absonderungen führen zu erheblicher Schädigung der Haut. Die Inkubationszeit beträgt etwa einige Tage bis sechs Wochen.[1] Für befallene Patienten gilt in Deutschland nach § 34 Infektionsschutzgesetz bereits bei Verdacht ein Verbot des Aufenthalts und Arbeitens in Gemeinschaftseinrichtungen. Die Therapie erfolgt bevorzugt durch spezielle Cremes, Emulsionen oder Tabletten und eine Reihe von Hygienemaßnahmen.
Sarcoptesmilbe
Parasit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Scabies des Menschen wird durch die wirtsspezifische humane Krätzemilbe (Sarcoptes scabiei varietas hominis) ausgelöst, die zu den Grabmilben (Gattung Sarcoptes) gehört. Grabmilben von Hund und Katze lassen sich morphologisch nicht unterscheiden. Krätze bei Tieren wird umgangssprachlich Räude genannt, wobei hier auch andere Milben vorkommen. Außer den Haarbalgmilben können die meisten dieser Parasiten auch den Menschen als Fehlwirt befallen und eine Pseudokrätze oder Trugräude, medizinisch Pseudoscabies, hervorrufen.
Krätzemilben haben eine obligat parasitäre Lebensweise. Als Angehörige der Spinnentiere verfügen sie über acht paarig angeordnete Beine. Typisch für die Milben ist dabei, dass beide hinteren Beinpaare den Rand des gedrungenen Körpers nicht überragen und, genau wie die beiden vorderen Beinpaare, stummelförmig ausgebildet sind. Die Größe der weiblichen Exemplare beträgt in Länge × Breite etwa 350 × 280 µm, männliche Milben erreichen 240 × 150 µm. Charakteristisch ist das Vorhandensein von Haftscheiben, die einem ungegliederten Stiel aufsitzen und an den Beinen befestigt sind. Weibliche Milben tragen diese Organe nur an den drei vorderen Beinpaaren, die Männchen an allen Beinpaaren.
Eine weibliche Milbe erreicht ein Alter von 40 bis 60 Tagen. Nur die Weibchen legen Bohrkanäle in der Hornschicht (Stratum corneum) der Epidermis (Oberhaut) an (circa 0,5–5 mm pro Tag), in denen sie täglich zwei bis drei ihrer Eier und ihren Kot deponieren.[2][3] Aus den Eiern schlüpfen nach zwei bis drei Tagen Larven. Die Entwicklung der Milben läuft vom Ei über ein Larven- und zwei Nymphenstadien zum adulten Tier. Die geschlüpften Larven schwärmen zur Hautoberfläche und leben zunächst in Hautfalten und Haarfollikeln. Nach 9 bis 17 Tagen sind sie geschlechtsreif und paaren sich.[4] Die Milben finden ihren Wirt durch Orientierung an Geruchs- und Temperaturgradienten. Aufgrund ihrer geringen Größe zwischen 0,3 und 0,5 Millimeter sind die Tiere mit dem bloßen Auge nur als Punkt erkennbar. Außerhalb des menschlichen Körpers verlieren die Milben bei wohnungsüblichen Temperaturen ihre Ansteckungsfähigkeit binnen 48 Stunden und sterben ab. Bei über 50 Grad Celsius werden die Milben binnen 10 Minuten abgetötet. Bei Temperaturen unter 16 Grad Celsius wird die Beweglichkeit der Milben eingeschränkt und sie verlieren die Fähigkeit sich in die Haut einzugraben. Um den Befall eines Menschen auszulösen, ist eine einzige weibliche Milbe oder mehrere verschiedengeschlechtliche Larven ausreichend. Aufgrund ihrer langsamen Beweglichkeit und der geringen Milbenzahl bei Patienten mit intaktem Immunsystem findet die Mehrheit der Übertragungen bei länger dauerndem engeren Kontakt statt.[5] Die Männchen sterben bald nach der Paarung, während die Weibchen sich zur Eiablage in die Hornschicht der Epidermis einbohren.[6]
Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Krätze wird oft mit unhygienischen Verhältnissen und Verwahrlosung assoziiert. Dabei haben Krätzmilben nicht unbedingt mit unhygienischen Lebensverhältnissen zu tun, sondern breiten sich – ähnlich wie Läuse – dort aus, wo viele Menschen zusammenkommen. Betroffen sind besonders Alten- und Pflegeheime, aber auch Kindergärten, Schulen und sogar Krankenhäuser. Krätze wird von Mensch zu Mensch durch Hautkontakt übertragen. Das Bestehen eines indirekten Infektionswegs mittels Wohn- bzw. Kleidungstextilien wird angenommen.
Bei intaktem Immunsystem und guten hygienischen Umständen hält die Immunreaktion des Körpers die Milbenzahl auf einem relativ niedrigen Niveau. Bei vorhandener Immunsuppression, z. B. durch eine Infektion mit dem HI-Virus, kann es zu einer explosionsartigen Vermehrung der Milben kommen. Das hierbei entstehende Krankheitsbild, Scabies norvegica, unterscheidet sich signifikant in Aussehen, Intensität und Infektiosität von der klassischen Scabies.[7]
In weiten Teilen der tropischen Klimazone ist Krätze eine massenhaft verbreitete Erkrankung und erreicht Befallsraten von bis zu 15 % der Allgemeinbevölkerung. Populationen mit niedrigem sozialen Status oder beengten Wohnverhältnissen sind verhältnismäßig überbetroffen, hier sind Befallsraten von sieben von zehn Personen beschrieben.[8]
Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bohrkanal einer Milbe am Fuß. Die Milbe ist links oben als bräunlicher Punkt erkennbar.
Krätzemilben bevorzugen Körperstellen mit dünner Hornschicht und hoher relativer Körpertemperatur. Es werden vor allem Fingerzwischenräume, Handgelenke, Gesäß, Genitalien, Ellbogen, Achseln, Bauchnabel, der Bereich hinter den Ohren, Gürtelgegend, Knie, Gelenkbeugen, Füße und Fußgelenke befallen. Bei Kleinkindern und bei Scabies norvegica (s. o.) können auch Nacken und Kopf befallen sein.
Nach der Erstinfektion verläuft die Erkrankung in den ersten zwei bis fünf Wochen meist asymptomatisch. Nach dieser Zeit kommt es zu einer Immunreaktion gegen Milbenprodukte (Milbenprotein, Eier, Kot) und einer damit einhergehenden typisch juckenden Hautreaktion.[7]
Bei einem Zweitbefall treten die Beschwerden aufgrund der bestehenden Sensibilisierung des Immunsystems binnen eins bis vier Tagen nach Infektion auf.[9]
Die Absonderungen der Milben bringen Bläschen, Vesikel, Papulovesikel, Papeln, Pusteln, Quaddeln, Infiltrationen und als Sekundärläsionen Krusten, Kratzwunden und Furunkel hervor. Auch nicht befallene Körperstellen, z. B. das Gesicht, können allergische Reaktionen zeigen. Ein Juckreiz an Stellen, die selbst nicht befallen sind, spricht also nicht zwingend gegen eine Krätzeinfektion. Dieser oft generalisierte Juckreiz bei nur einzelnen lokal sichtbaren Hautveränderungen ist charakteristisch für Krätze. Der oft sehr intensive Juckreiz tritt bei leichtem Milbenbefall meist nur nachts auf, da die Bettwärme die Juckreizschwelle senkt. Durch das – oft unwillkürliche – Aufkratzen der entstandenen Hautpapeln/-bläschen entstehen Hautläsionen.
Bei Patienten mit intaktem Immunsystem finden sich rund ein Dutzend lebende Milben am Körper. Bei Babys finden sich aufgrund der Unfähigkeit sich zu kratzen bis zu mehrere 100 Milben.[10]
Krätze kann in unterschiedlicher Ausprägung auftreten und wird daher entsprechend in spezielle Sonderformen unterteilt:
Gepflegte Scabies
Bullöse Scabies
Nodöse Scabies
Borkenkrätze bzw. Scabies norvegica (crustosa)
Gepflegte Scabies: Die Erkrankten betreiben bei dieser Form der Krätze eine intensive Körperpflege zur Kaschierung der sichtbaren Symptome. Dabei kommen Kosmetika zum Einsatz. Eine eindeutige Diagnose kann aufgrund der Hautveränderungen häufig schwer gestellt werden.
Bullöse und nodöse Scabies: Eine starke Ausprägung stark juckender, rötlich-bräunlicher Knötchen ohne Milbenbefall ist bei diesen Arten der Krätze charakteristisch. Jedoch können die Knötchen nach einer erfolgreichen Behandlung in Einzelfällen monatelang sichtbar bleiben. Bei der bullösen Scabies kommt es zu Blasenbildung. Diese Krätzenform tritt vermehrt bei Kindern und Jugendlichen auf.
Sonderform Scabies norvegica (Borkenkrätze) bei einem durch AIDS immungeschwächten Patienten
Borkenkrätze: Die Scabies norvegica (crustosa) unterscheidet sich extrem von allen anderen Krankheitsformen, da es hier zu einem sehr starken Milbenbefall kommt. Durch ungehemmte Milbenvermehrung bei krankheits- oder altersbedingt geschwächtem Immunsystem können auf und in der Haut eines schwer befallenen Patienten mehrere Millionen lebende Milben vorkommen.[11] Während bei intaktem Immunsystem eine effektive zelluläre Immunantwort durch T-Zellen die Milbenvermehrung kontrolliert, bildet sich bei der Borkenkrätze eine ineffektive allergische Immunantwort aus.[12] Dadurch wird das Ansteckungsrisiko deutlich erhöht und es kommt auch regelhaft bei kurzen Hautkontakten zu Übertragungen. Bei rund 40 % der Patienten lässt sich kein Risikofaktor für eine Immunschwäche feststellen, hier wird von einer genetisch bedingten Empfindlichkeit für die Verlaufsform durch eine veränderte zellevermittelte Immunantwort ausgegangen. Es kommt am gesamten Körper zu einer als Erythrodermie bezeichneten Hautrötung. Zudem bilden sich zahlreiche Schuppen, die kleine bis mittlere Größe erreichen. Dicke Hornhautschichten (Hyperkeratosen) entstehen vor allem an Hand- und Fußflächen. Bis zu 15 Millimeter können die vor allem an Fingern, Ellbogen, Handrücken und Handgelenken entstehenden dicken Borken messen. Doch kann sich die Borkenkrätze durchaus auch in Richtung Fußsohlen, Rücken, Ohren und Kopfhaut ausbreiten. Das deutlichste Symptom der Krätze, der Juckreiz, kann bei der Borkenkrätze jedoch völlig fehlen. Infolge des fehlenden Leitsymptoms kann die Borkenkrätze auch als Psoriasis, ein kutanes T-Zell-Lymphom oder ein Austrocknungsekzem fehlgedeutet werden. Häufig wird die Borkenkrätze erst diagnostiziert, nachdem Fälle im Umfeld des Ursprungsfalls auf die korrekte Diagnose hinweisen.[13]
Komplikationen können in Form von einer meist staphylogenen Superinfektion auftreten. Diese kann Abszesse, Lymphangitis und Sepsis hervorrufen.[7]
Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Therapie der ersten Wahl ist sowohl bei Kindern ab dem 3. Lebensmonat als auch bei Erwachsenen die Anwendung einer 5-prozentigen Permethrincreme, die oft nach einmaliger Anwendung die Krätzmilben abtötet. Bei jüngeren Kindern gibt es keine zugelassene Therapie, daher kann hier ebenfalls mangels Alternative Permethrin 5 % unter strenger ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden.[14] Permethrin ist ein Insektizid aus der Gruppe der Pyrethroide. Es wirkt trotz besserer Wirksamkeit gegen die Milben weniger toxisch auf den Menschen als die früher eingesetzten Lindan-Zubereitungen. Die Verträglichkeit der Permethrin-Behandlung ist sehr gut.[15] Um die Krätze zu heilen, müssen die auf dem Menschen befindlichen weiblichen Milben abgetötet werden. Hierzu ist eine umfassende Eincremung mit der Permethrincreme notwendig.[15] Bei Verdacht auf Anwendungsfehler oder auch bei einem Befall der Fußsohlen, Handinnenflächen oder ausgedehnten verhornendem Befall sollte die Behandlung nach einer Woche wiederholt werden.[14] Es gibt deutliche Hinweise auf Resistenzentwicklungen gegenüber Permethrin.
Als Therapie der zweiten Wahl ist Ivermectin etabliert, welches als Tablette verabreicht wird. Bei Patienten mit ausgedehntem Befall, schlechtem Immunsystem oder Unfähigkeit zur Umsetzung der Behandlung mit Cremes kann Ivermectin als Mittel der ersten Wahl verwendet werden. Die Behandlung sollte zur Sicherstellung des Therapieerfolgs binnen 7–15 Tagen wiederholt werden, wenn noch Zeichen einer Erkrankung bestehen, bei Immunschwäche oder ausgedehntem Befall. Bei Ausbrüchen in Heimen oder Massenunterkünften oder Situationen, bei denen mehrere Patienten gleichzeitig betroffen sind, kann Ivermectin auch als Mittel der ersten Wahl und Wiederholung nach ein bis zwei Wochen eingesetzt werden, um die Infektionsketten sicher zu unterbrechen.[14]
Weiterhin ist eine Behandlung mit Crotamiton als Creme möglich, wobei diese eine schlechtere Wirksamkeit als Permethrin und Ivermectin aufweist. Im Gegensatz zu Permethrin muss die Creme drei bis fünfmal an aufeinanderfolgenden Tagen angewendet werden.[16]
Eine weitere örtliche Behandlung ist die Verwendung einer Emulsion mit Benzylbenzoat. Bevor die Behandlung beginnt, sollte der Körper gründlich gereinigt werden, danach kann die Emulsion von Kopf bis Fuß eingerieben werden. Drei aufeinanderfolgende Tage lang sollte diese Emulsion aufgetragen werden, danach muss die Behandlung – auch bei fortbestehendem Juckreiz – abgebrochen werden. Am vierten Tag ein Vollbad nehmen, bei bestehendem Juckreiz den Arzt kontaktieren. Bei empfindlicher Haut (vor allem bei Personen mit Parfümallergien oder anderen Hautallergien) kann es zu einer Überempfindlichkeitsreaktion kommen. Da dieses Mittel sehr preisgünstig ist, ist es in Osteuropa immer noch die bevorzugte Wahl für die Behandlung der Krätze. Westeuropäische Studien weisen auf einen Wirkungsgrad von 50 % hin. Eine unabhängige Studie der WHO im Senegal ergab jedoch einen viel besseren Wirkungsgrad von Benzylbenzoat.[17]
Zur systemischen Therapie an Tieren stehen verschiedene Avermectine zur Verfügung.
Unabdingbar ist die Mitbehandlung der Kontaktpersonen. Da es ca. 6 Wochen von der Ansteckung bis zu den ersten sichtbaren Zeichen der Erkrankung dauern kann, können die Kontaktpersonen einer infizierten Person bereits angesteckt sein, ohne dass sie es bemerken. Empfohlen wird daher die parallele Behandlung nicht nur des Erkrankten, sondern aller im selben Haushalt lebenden Personen, ebenso aller Personen, mit denen der Betroffene in den letzten 6 Wochen Geschlechtsverkehr hatte (da die Ansteckung einen kurzen Hautkontakt erfordert, steckt man meist die eigene Familie an oder eben Menschen, mit denen man ein Bett teilt).[15] Menschen, die nicht in diesen Personenkreis fallen, die aber z. B. häufig in der Wohnung des Betroffenen zu Besuch waren, werden nicht mitbehandelt, sollten aber informiert sein, dass prinzipiell eine Ansteckung erfolgt sein kann (z. B. über Sitzen auf einer nicht abgesaugten Couch, Benutzung einer Decke etc.) und sie bei beginnenden Symptomen (Juckreiz am ganzen Körper, gangartige Hautveränderungen v. a. im Handbereich) einen Arzt aufsuchen.
Ebenso wichtig ist die Abtötung der Milben, die sich v. a. in Kleidung und Bettwäsche des Betroffenen sammeln, und zwar parallel mit der Behandlung der Haut, da man sich sonst aus seiner eigenen Kleidung erneut anstecken kann. Die Sanierung der Wäsche kann durch Waschen bei mindestens 50 °C oder Lagerung in verschlossenen Plastiksäcken bei mindestens 21 °C für 4 Tage erfolgen.[18]
Gegen Krätze bildet der Körper keine Immunität. Nach erfolgreicher Therapie kann man sich jederzeit erneut anstecken. Da in der Regel Personen im Umfeld mitbetroffen sind, sollte man bis etwa acht Wochen, nachdem die letzte Person im Umfeld symptomfrei ist, sehr vorsichtig sein mit engerem, körperlichen Kontakt. Oft kommt es zum Ping-Pong-Effekt, d. h. ein bereits von der Krätze Geheilter steckt sich im Bekanntenkreis erneut an. Es ist immer eine genaue Nachkontrolle bis hin zu Monaten erforderlich, um sicher zu sein, dass die Erkrankung geheilt wurde.
Als Tropenkrankheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Krätze kommt zunehmend seltener in den Industrieländern vor, ist jedoch weiter eine endemische, weitverbreitete Krankheit in den Tropen mit weltweit 130 Millionen Infizierten.[19] Die WHO hat die Krätze daher 2013 zunächst als vernachlässigte Tropenkrankheit eingeordnet, jedoch anders als für die anderen 17 Krankheiten kein Programm erarbeitet.[20] Besonders auf den Inseln des Pazifischen Ozeans (Ozeanien) ist die Krätze sehr verbreitet mit einer Prävalenz von bis zu 40 % und einer Impetigo als häufige bakterielle Superinfektion in bis zu 25 %. Eine Einzelbehandlung ist in den Tropen wenig zielführend, da es sehr häufig zur Neuinfektion durch Familienangehörige oder Freunde kommt.
Seit einer panamaischen Studie von 1991 wird zur Gruppentherapie eine Permethrin-Crème empfohlen. In einer australisch-fidschianischen Cluster-randomisierten Vergleichsstudie („SHIFT“-Studie) mit über 2.000 Teilnehmern wurde auf mehreren kleineren Inseln der Eastern Division von Fidschi eine bevölkerungsweite Therapie mit topischem Permethrin und eine mit Ivermectin in Tablettenform gegen eine Kontrollgruppe verglichen, bei der nur Patienten mit Krätze behandelt wurden. Dabei zeigte sich eine signifikante Überlegenheit der bevölkerungsweiten Therapie mit einer relativen Reduktion der Prävalenz nach einem Jahr um 49 % in der Kontrollgruppe mit Einzelbehandlung, aber 62 % bei der Gruppentherapie mit Permethrin und 92 % unter Ivermectin-Gruppentherapie, obwohl dieses nur einmal ausgegeben wurde und eine zweite Dosis nur bei verkrusteter Krätze nach sieben bis vierzehn Tagen gegeben wurde. Ebenso reduzierte sich signifikant die Prävalenz der Impetigo mit einer relativen Prävalenzreduktion 32 % in der Kontrollgruppe, 54 % unter Permethrin und 67 % unter Ivermectin. Ernsthafte oder bleibende unerwünschte Wirkungen wurden nicht beobachtet.[21]
Medizingeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine Schilderung in der Bibel[22] gilt als älteste Beschreibung der Scabies.[23] In Schriften der antiken Griechen und Römer war die Übertragbarkeit der Krankheit beschrieben.[24] Vom römischen Autor Celsus ist eine Beschreibung von Krätze bei Schafen und deren Behandlung mit Schwefel und Teer beschrieben.[25]
Als Entdecker des Zusammenhangs zwischen Milbenbefall und der schon zuvor bekannten Krätze gilt der italienische Arzt Giovanni Cosimo Bonomo zusammen mit Giacinto Cestoni im Jahr 1687. Damit war Scabies die erste Erkrankung, welche einer kausal fassbaren Ursache zugeschrieben werden konnte.[23] Bonomos Entdeckung geriet in Vergessenheit und die Existenz der Milbe wurde durch Nadelaspiration einer Milbe durch den Medizinstudenten Francois Renucci aus einer Hautläsion einer Patientin 1834 in Paris demonstriert um die Kausalität der Milbe als Krankheitsauslöser herauszustellen. Der österreichische Hautarzt Ferdinand von Hebra widmete der Krätze im 19. Jahrhundert erstmalig ein umfangreiches wissenschaftliches Schrifttum.[25] Während des Zweiten Weltkriegs gewann der britische Entomologe Kenneth Mellanby grundlegende Erkenntnisse zur Biologie und Infektiosität der Krätzmilbe an erkrankten Soldaten und Wehrdienstverweigerern der britischen Armee.[24]
Juristische Aspekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das deutsche Gesetz zur Verhütung und Behandlung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz, IfSG) verlangt von Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 (Schulen, Kindertagesstätten, Heimen, Ferienlager etc.) unter anderem bei Krätze besondere Maßnahmen. Nach § 34 Abs. 1 IfSG dürfen in Gemeinschaftseinrichtungen Beschäftigte mit Krätzebefund keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den Betreuten haben. Betreute mit Krätzebefund dürfen die Räume der Gemeinschaftseinrichtung nicht benutzen und an den Veranstaltungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht teilnehmen.
Beschäftigte und Betreute mit Krätzebefund bzw. deren Sorgerechtsinhaber haben nach § 34 Abs. 5 IfSG die Leitung der Gemeinschaftseinrichtung unverzüglich darüber zu informieren. Die Leitung einer Gemeinschaftseinrichtung hat nach § 34 Abs. 6 IfSG dem zuständigen Gesundheitsamt krankheits- und personenbezogene Angaben über den Sachverhalt zu machen.
Nach dem Bundesrecht Deutschlands besteht keine krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht gemäß IfSG.[26] Nach dem Recht Sachsens besteht nach § 1 Absatz 1 Nummer 19 Sächsische Infektionsschutz-Meldeverordnung eine namentliche Meldepflicht für die Erkrankung sowie dem Tod an Skabies.[27]
Nach dem Recht der Schweiz sind Häufungen von Fällen dem kantonsärztlichen Dienst zu melden.[28]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Miasma
Parasiten des Menschen
Scheuerindex
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Stefan Winkle: Über die Krätze als eine „Geschichte der Irrungen“. In: Hamburger Ärzteblatt. 2004, Nr. 5, S. 214–225.
Wolfgang U. Eckart: Krätze (lat. scabies). In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 786–787.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Scabies – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Bilder und Informationen in der dermatologischen Datenbank DermIS
Krätzmilbenbefall (Skabies) – Informationen des Robert Koch-Instituts, Deutschland
Leitfaden zur STI-Therapie. (PDF) Deutsche STI-Gesellschaft
Bürgerinformation zur Krätze. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Deutschland
Scabies (Krätze). Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz; abgerufen am 20. Oktober 2024 (Österreich).
Skabies (Krätze). Bundesamt für Gesundheit BAG, 29. April 2024; abgerufen am 20. Oktober 2024 (Schweiz).
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ E. Kämmerer: Skabies. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 115, Nr. 15, S. 700–702.
↑ Cord Sunderkötter, Johannes Wohlrab, Henning Hamm: Scabies: epidemiology, diagnosis, and treatment. In: Deutsches Ärzteblatt international. 15. Oktober 2021, ISSN 1866-0452, doi:10.3238/arztebl.m2021.0296, PMID 34615594, PMC 8743988 (freier Volltext).
↑ Pooja Arora, Lidia Rudnicka, Marta Sar‐Pomian, Uwe Wollina, Mohammad Jafferany: Scabies: A comprehensive review and current perspectives. In: Dermatologic Therapy. Band 33, Nr. 4, Juli 2020, ISSN 1396-0296, doi:10.1111/dth.13746.
↑ L. G. Arlian, D. L. Vyszenski-Moher: Life cycle of Sarcoptes scabiei var. canis. In: The Journal of Parasitology. Band 74, Nr. 3, Juni 1988, ISSN 0022-3395, S. 427–430, PMID 3132547.
↑ RKI Ratgeber: Skabies (Krätze) Stand: 1. Juni 2016
↑ Venkatara Mysore, S. Sacchidanand: Dermatological Diseases: A Practical Approach. 2. Auflage. Gurgaon, 2016, S. 212.
↑ a b c Andreas Plettenberg, Wilhelm Meigel, Helmut Schöfer: Infektionskrankheiten der Haut. Grundlagen, Diagnosen und Therapiekonzepte für Dermatologen, Internisten und Pädiater. Thieme, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-13-137733-3, S. 384–385.
↑ RKI Ratgeber: Skabies (Krätze) Stand: 1. Juni 2016
↑ RKI Ratgeber: Skabies (Krätze) Stand: 1. Juni 2016
↑ Mohamad Goldust et al.: Scabies: A comprehensive Review and current perspectives. In: Dermatologic Therapy. 28. Mai 2020. doi:10.1111/dth.13746 DOI
↑ Cord Sunderkötter et al.: S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Skabies. AWMF-Registernummer 013-052, Erstellungsdatum: Januar 2016, Langfassung S. 17–20.
↑ Mohamad Goldust et al.: Scabies: A comprehensive Review and current perspectives. Dermatologic Therapy, 28. Mai 2020, doi:10.1111/dth.13746
↑ Cord Sunderkötter et al.: S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Skabies. AWMF-Registernummer 013-052, Erstellungsdatum: Januar 2016, Langfassung S. 17–20
↑ a b c Cord Sunderkötter et al.: S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Skabies. AWMF-Registernummer 013-052, Erstellungsdatum: Januar 2016, Langfassung S. 49–53
↑ a b c Sunderkötter et al: S1 Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Scabies. (PDF) Abgerufen am 9. Oktober 2017.
↑ Cord Sunderkötter et al.: S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Skabies. AWMF-Registernummer 013-052, Erstellungsdatum: Januar 2016, Langfassung S. 34f
↑ Vergleichsstudie zwischen Benzylbenzoat und Ivermectin bei Krätze (PDF; 534 kB) WHO (englisch)
↑ Skabies (Krätze). In: RKI-Ratgeber für Ärzte. RKI, abgerufen am 4. April 2025.
↑ who.int Prävalenz nach Angaben der WHO
↑ Bart J. Currie: Scabies and global control of neglected tropical diseases New England Journal of Medicine 2015, Band 373, Ausgabe 24 vom 20. Dezember 2015, Seiten 2371–2372; doi:10.1056/NEJMe1511805
↑ Lucia Romani, Margot J. Whitfeld, Josefa Koroivueta et al.: Mass drug Administration for scabies control in a population with endemic disease. In: New England Journal of Medicine, 2015, Band 373, Ausgabe 24, 10. Dezember 2015, S. 2305–2313, doi:10.1056/NEJMoa1500987.
↑ Vgl. (3 Mos 21,20 LUT)(3 Mos 22,22 LUT)(5 Mos 28,27 LUT)
↑ a b L. G. Arlian, M. S. Morgan: A review of Sarcoptes scabiei: past, present and future. In: Parasites Vectors. Band 10, 2017, S. 297. doi:10.1186/s13071-017-2234-1.
↑ a b C. Bernigaud, K. Fischer, O. Chosidow: The Management of Scabies in the 21st Century: Past, Advances and Potentials. In: Acta Derm Venereol. Band 100, Nr. 9, April 2020, S. adv00112. doi:10.2340/00015555-346.
↑ a b R. W. Currier, S. F. Walton, B. J. Currie: Scabies in animals and humans: history, evolutionary perspectives, and modern clinical management. In: Ann N Y Acad Sci. Band 1230, August 2011, S. E50-E60. PMID 22417107.
↑ Skabies (Krätze). RKI-Ratgeber. 15. Oktober 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024 (Meldepflicht gemäß IfSG).
↑ Sächsische Infektionsschutz-Meldeverordnung. Vollzitat: Sächsische Infektionsschutz-Meldeverordnung vom 19. Juli 2024 (SächsGVBl. S. 745). In: REVOSax. Sächsische Staatskanzlei, abgerufen am 20. Oktober 2024.
↑ Skabies (Krätze). Bundesamt für Gesundheit BAG, 29. April 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
| Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Krätze (Begriffsklärung) aufgeführt. Klassifikation nach ICD-10 B86 Skabies Krätze Befall durch Krätzmilben Befall durch Sarcoptes scabiei Befall durch Scabies Borkenkrätze Ekzema scabiosum {{{02-BEZEICHNUNG}}} {{{03-BEZEICHNUNG}}} {{{04-BEZEICHNUNG}}} {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Krätze, fachsprachlich auch Skabies, Scabies (von lateinisch scabere kratzen ) oder Acarodermatitis, früher auch beim Menschen als Räude bezeichnet, ist eine weitverbreitete, durch die Grab- bzw. Krätzemilbe (vor allem Sarcoptes scabiei) verursachte parasitäre Hautkrankheit des Menschen. Die halbkugelförmigen, 0,3 0,5 Millimeter großen Weibchen der Krätzmilbe bohren sich in die Oberhaut (Epidermis) und legen dort in den Kanälen (canaliculi, Milbengänge) Kotballen (Skybala) und ihre Eier ab. Ihre Absonderungen führen zu erheblicher Schädigung der Haut. Die Inkubationszeit beträgt etwa einige Tage bis sechs Wochen.[1] Für befallene Patienten gilt in Deutschland nach 34 Infektionsschutzgesetz bereits bei Verdacht ein Verbot des Aufenthalts und Arbeitens in Gemeinschaftseinrichtungen. Die Therapie erfolgt bevorzugt durch spezielle Cremes, Emulsionen oder Tabletten und eine Reihe von Hygienemaßnahmen. Sarcoptesmilbe Parasit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Scabies des Menschen wird durch die wirtsspezifische humane Krätzemilbe (Sarcoptes scabiei varietas hominis) ausgelöst, die zu den Grabmilben (Gattung Sarcoptes) gehört. Grabmilben von Hund und Katze lassen sich morphologisch nicht unterscheiden. Krätze bei Tieren wird umgangssprachlich Räude genannt, wobei hier auch andere Milben vorkommen. Außer den Haarbalgmilben können die meisten dieser Parasiten auch den Menschen als Fehlwirt befallen und eine Pseudokrätze oder Trugräude, medizinisch Pseudoscabies, hervorrufen. Krätzemilben haben eine obligat parasitäre Lebensweise. Als Angehörige der Spinnentiere verfügen sie über acht paarig angeordnete Beine. Typisch für die Milben ist dabei, dass beide hinteren Beinpaare den Rand des gedrungenen Körpers nicht überragen und, genau wie die beiden vorderen Beinpaare, stummelförmig ausgebildet sind. Die Größe der weiblichen Exemplare beträgt in Länge Breite etwa 350 280 m, männliche Milben erreichen 240 150 m. Charakteristisch ist das Vorhandensein von Haftscheiben, die einem ungegliederten Stiel aufsitzen und an den Beinen befestigt sind. Weibliche Milben tragen diese Organe nur an den drei vorderen Beinpaaren, die Männchen an allen Beinpaaren. Eine weibliche Milbe erreicht ein Alter von 40 bis 60 Tagen. Nur die Weibchen legen Bohrkanäle in der Hornschicht (Stratum corneum) der Epidermis (Oberhaut) an (circa 0,5 5 mm pro Tag), in denen sie täglich zwei bis drei ihrer Eier und ihren Kot deponieren.[2][3] Aus den Eiern schlüpfen nach zwei bis drei Tagen Larven. Die Entwicklung der Milben läuft vom Ei über ein Larven- und zwei Nymphenstadien zum adulten Tier. Die geschlüpften Larven schwärmen zur Hautoberfläche und leben zunächst in Hautfalten und Haarfollikeln. Nach 9 bis 17 Tagen sind sie geschlechtsreif und paaren sich.[4] Die Milben finden ihren Wirt durch Orientierung an Geruchs- und Temperaturgradienten. Aufgrund ihrer geringen Größe zwischen 0,3 und 0,5 Millimeter sind die Tiere mit dem bloßen Auge nur als Punkt erkennbar. Außerhalb des menschlichen Körpers verlieren die Milben bei wohnungsüblichen Temperaturen ihre Ansteckungsfähigkeit binnen 48 Stunden und sterben ab. Bei über 50 Grad Celsius werden die Milben binnen 10 Minuten abgetötet. Bei Temperaturen unter 16 Grad Celsius wird die Beweglichkeit der Milben eingeschränkt und sie verlieren die Fähigkeit sich in die Haut einzugraben. Um den Befall eines Menschen auszulösen, ist eine einzige weibliche Milbe oder mehrere verschiedengeschlechtliche Larven ausreichend. Aufgrund ihrer langsamen Beweglichkeit und der geringen Milbenzahl bei Patienten mit intaktem Immunsystem findet die Mehrheit der Übertragungen bei länger dauerndem engeren Kontakt statt.[5] Die Männchen sterben bald nach der Paarung, während die Weibchen sich zur Eiablage in die Hornschicht der Epidermis einbohren.[6] Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Krätze wird oft mit unhygienischen Verhältnissen und Verwahrlosung assoziiert. Dabei haben Krätzmilben nicht unbedingt mit unhygienischen Lebensverhältnissen zu tun, sondern breiten sich ähnlich wie Läuse dort aus, wo viele Menschen zusammenkommen. Betroffen sind besonders Alten- und Pflegeheime, aber auch Kindergärten, Schulen und sogar Krankenhäuser. Krätze wird von Mensch zu Mensch durch Hautkontakt übertragen. Das Bestehen eines indirekten Infektionswegs mittels Wohn- bzw. Kleidungstextilien wird angenommen. Bei intaktem Immunsystem und guten hygienischen Umständen hält die Immunreaktion des Körpers die Milbenzahl auf einem relativ niedrigen Niveau. Bei vorhandener Immunsuppression, z. B. durch eine Infektion mit dem HI-Virus, kann es zu einer explosionsartigen Vermehrung der Milben kommen. Das hierbei entstehende Krankheitsbild, Scabies norvegica, unterscheidet sich signifikant in Aussehen, Intensität und Infektiosität von der klassischen Scabies.[7] In weiten Teilen der tropischen Klimazone ist Krätze eine massenhaft verbreitete Erkrankung und erreicht Befallsraten von bis zu 15 % der Allgemeinbevölkerung. Populationen mit niedrigem sozialen Status oder beengten Wohnverhältnissen sind verhältnismäßig überbetroffen, hier sind Befallsraten von sieben von zehn Personen beschrieben.[8] Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bohrkanal einer Milbe am Fuß. Die Milbe ist links oben als bräunlicher Punkt erkennbar. Krätzemilben bevorzugen Körperstellen mit dünner Hornschicht und hoher relativer Körpertemperatur. Es werden vor allem Fingerzwischenräume, Handgelenke, Gesäß, Genitalien, Ellbogen, Achseln, Bauchnabel, der Bereich hinter den Ohren, Gürtelgegend, Knie, Gelenkbeugen, Füße und Fußgelenke befallen. Bei Kleinkindern und bei Scabies norvegica (s. o.) können auch Nacken und Kopf befallen sein. Nach der Erstinfektion verläuft die Erkrankung in den ersten zwei bis fünf Wochen meist asymptomatisch. Nach dieser Zeit kommt es zu einer Immunreaktion gegen Milbenprodukte (Milbenprotein, Eier, Kot) und einer damit einhergehenden typisch juckenden Hautreaktion.[7] Bei einem Zweitbefall treten die Beschwerden aufgrund der bestehenden Sensibilisierung des Immunsystems binnen eins bis vier Tagen nach Infektion auf.[9] Die Absonderungen der Milben bringen Bläschen, Vesikel, Papulovesikel, Papeln, Pusteln, Quaddeln, Infiltrationen und als Sekundärläsionen Krusten, Kratzwunden und Furunkel hervor. Auch nicht befallene Körperstellen, z. B. das Gesicht, können allergische Reaktionen zeigen. Ein Juckreiz an Stellen, die selbst nicht befallen sind, spricht also nicht zwingend gegen eine Krätzeinfektion. Dieser oft generalisierte Juckreiz bei nur einzelnen lokal sichtbaren Hautveränderungen ist charakteristisch für Krätze. Der oft sehr intensive Juckreiz tritt bei leichtem Milbenbefall meist nur nachts auf, da die Bettwärme die Juckreizschwelle senkt. Durch das oft unwillkürliche Aufkratzen der entstandenen Hautpapeln/-bläschen entstehen Hautläsionen. Bei Patienten mit intaktem Immunsystem finden sich rund ein Dutzend lebende Milben am Körper. Bei Babys finden sich aufgrund der Unfähigkeit sich zu kratzen bis zu mehrere 100 Milben.[10] Krätze kann in unterschiedlicher Ausprägung auftreten und wird daher entsprechend in spezielle Sonderformen unterteilt: Gepflegte Scabies Bullöse Scabies Nodöse Scabies Borkenkrätze bzw. Scabies norvegica (crustosa) Gepflegte Scabies: Die Erkrankten betreiben bei dieser Form der Krätze eine intensive Körperpflege zur Kaschierung der sichtbaren Symptome. Dabei kommen Kosmetika zum Einsatz. Eine eindeutige Diagnose kann aufgrund der Hautveränderungen häufig schwer gestellt werden. Bullöse und nodöse Scabies: Eine starke Ausprägung stark juckender, rötlich-bräunlicher Knötchen ohne Milbenbefall ist bei diesen Arten der Krätze charakteristisch. Jedoch können die Knötchen nach einer erfolgreichen Behandlung in Einzelfällen monatelang sichtbar bleiben. Bei der bullösen Scabies kommt es zu Blasenbildung. Diese Krätzenform tritt vermehrt bei Kindern und Jugendlichen auf. Sonderform Scabies norvegica (Borkenkrätze) bei einem durch AIDS immungeschwächten Patienten Borkenkrätze: Die Scabies norvegica (crustosa) unterscheidet sich extrem von allen anderen Krankheitsformen, da es hier zu einem sehr starken Milbenbefall kommt. Durch ungehemmte Milbenvermehrung bei krankheits- oder altersbedingt geschwächtem Immunsystem können auf und in der Haut eines schwer befallenen Patienten mehrere Millionen lebende Milben vorkommen.[11] Während bei intaktem Immunsystem eine effektive zelluläre Immunantwort durch T-Zellen die Milbenvermehrung kontrolliert, bildet sich bei der Borkenkrätze eine ineffektive allergische Immunantwort aus.[12] Dadurch wird das Ansteckungsrisiko deutlich erhöht und es kommt auch regelhaft bei kurzen Hautkontakten zu Übertragungen. Bei rund 40 % der Patienten lässt sich kein Risikofaktor für eine Immunschwäche feststellen, hier wird von einer genetisch bedingten Empfindlichkeit für die Verlaufsform durch eine veränderte zellevermittelte Immunantwort ausgegangen. Es kommt am gesamten Körper zu einer als Erythrodermie bezeichneten Hautrötung. Zudem bilden sich zahlreiche Schuppen, die kleine bis mittlere Größe erreichen. Dicke Hornhautschichten (Hyperkeratosen) entstehen vor allem an Hand- und Fußflächen. Bis zu 15 Millimeter können die vor allem an Fingern, Ellbogen, Handrücken und Handgelenken entstehenden dicken Borken messen. Doch kann sich die Borkenkrätze durchaus auch in Richtung Fußsohlen, Rücken, Ohren und Kopfhaut ausbreiten. Das deutlichste Symptom der Krätze, der Juckreiz, kann bei der Borkenkrätze jedoch völlig fehlen. Infolge des fehlenden Leitsymptoms kann die Borkenkrätze auch als Psoriasis, ein kutanes T-Zell-Lymphom oder ein Austrocknungsekzem fehlgedeutet werden. Häufig wird die Borkenkrätze erst diagnostiziert, nachdem Fälle im Umfeld des Ursprungsfalls auf die korrekte Diagnose hinweisen.[13] Komplikationen können in Form von einer meist staphylogenen Superinfektion auftreten. Diese kann Abszesse, Lymphangitis und Sepsis hervorrufen.[7] Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Therapie der ersten Wahl ist sowohl bei Kindern ab dem 3. Lebensmonat als auch bei Erwachsenen die Anwendung einer 5-prozentigen Permethrincreme, die oft nach einmaliger Anwendung die Krätzmilben abtötet. Bei jüngeren Kindern gibt es keine zugelassene Therapie, daher kann hier ebenfalls mangels Alternative Permethrin 5 % unter strenger ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden.[14] Permethrin ist ein Insektizid aus der Gruppe der Pyrethroide. Es wirkt trotz besserer Wirksamkeit gegen die Milben weniger toxisch auf den Menschen als die früher eingesetzten Lindan-Zubereitungen. Die Verträglichkeit der Permethrin-Behandlung ist sehr gut.[15] Um die Krätze zu heilen, müssen die auf dem Menschen befindlichen weiblichen Milben abgetötet werden. Hierzu ist eine umfassende Eincremung mit der Permethrincreme notwendig.[15] Bei Verdacht auf Anwendungsfehler oder auch bei einem Befall der Fußsohlen, Handinnenflächen oder ausgedehnten verhornendem Befall sollte die Behandlung nach einer Woche wiederholt werden.[14] Es gibt deutliche Hinweise auf Resistenzentwicklungen gegenüber Permethrin. Als Therapie der zweiten Wahl ist Ivermectin etabliert, welches als Tablette verabreicht wird. Bei Patienten mit ausgedehntem Befall, schlechtem Immunsystem oder Unfähigkeit zur Umsetzung der Behandlung mit Cremes kann Ivermectin als Mittel der ersten Wahl verwendet werden. Die Behandlung sollte zur Sicherstellung des Therapieerfolgs binnen 7 15 Tagen wiederholt werden, wenn noch Zeichen einer Erkrankung bestehen, bei Immunschwäche oder ausgedehntem Befall. Bei Ausbrüchen in Heimen oder Massenunterkünften oder Situationen, bei denen mehrere Patienten gleichzeitig betroffen sind, kann Ivermectin auch als Mittel der ersten Wahl und Wiederholung nach ein bis zwei Wochen eingesetzt werden, um die Infektionsketten sicher zu unterbrechen.[14] Weiterhin ist eine Behandlung mit Crotamiton als Creme möglich, wobei diese eine schlechtere Wirksamkeit als Permethrin und Ivermectin aufweist. Im Gegensatz zu Permethrin muss die Creme drei bis fünfmal an aufeinanderfolgenden Tagen angewendet werden.[16] Eine weitere örtliche Behandlung ist die Verwendung einer Emulsion mit Benzylbenzoat. Bevor die Behandlung beginnt, sollte der Körper gründlich gereinigt werden, danach kann die Emulsion von Kopf bis Fuß eingerieben werden. Drei aufeinanderfolgende Tage lang sollte diese Emulsion aufgetragen werden, danach muss die Behandlung auch bei fortbestehendem Juckreiz abgebrochen werden. Am vierten Tag ein Vollbad nehmen, bei bestehendem Juckreiz den Arzt kontaktieren. Bei empfindlicher Haut (vor allem bei Personen mit Parfümallergien oder anderen Hautallergien) kann es zu einer Überempfindlichkeitsreaktion kommen. Da dieses Mittel sehr preisgünstig ist, ist es in Osteuropa immer noch die bevorzugte Wahl für die Behandlung der Krätze. Westeuropäische Studien weisen auf einen Wirkungsgrad von 50 % hin. Eine unabhängige Studie der WHO im Senegal ergab jedoch einen viel besseren Wirkungsgrad von Benzylbenzoat.[17] Zur systemischen Therapie an Tieren stehen verschiedene Avermectine zur Verfügung. Unabdingbar ist die Mitbehandlung der Kontaktpersonen. Da es ca. 6 Wochen von der Ansteckung bis zu den ersten sichtbaren Zeichen der Erkrankung dauern kann, können die Kontaktpersonen einer infizierten Person bereits angesteckt sein, ohne dass sie es bemerken. Empfohlen wird daher die parallele Behandlung nicht nur des Erkrankten, sondern aller im selben Haushalt lebenden Personen, ebenso aller Personen, mit denen der Betroffene in den letzten 6 Wochen Geschlechtsverkehr hatte (da die Ansteckung einen kurzen Hautkontakt erfordert, steckt man meist die eigene Familie an oder eben Menschen, mit denen man ein Bett teilt).[15] Menschen, die nicht in diesen Personenkreis fallen, die aber z. B. häufig in der Wohnung des Betroffenen zu Besuch waren, werden nicht mitbehandelt, sollten aber informiert sein, dass prinzipiell eine Ansteckung erfolgt sein kann (z. B. über Sitzen auf einer nicht abgesaugten Couch, Benutzung einer Decke etc.) und sie bei beginnenden Symptomen (Juckreiz am ganzen Körper, gangartige Hautveränderungen v. a. im Handbereich) einen Arzt aufsuchen. Ebenso wichtig ist die Abtötung der Milben, die sich v. a. in Kleidung und Bettwäsche des Betroffenen sammeln, und zwar parallel mit der Behandlung der Haut, da man sich sonst aus seiner eigenen Kleidung erneut anstecken kann. Die Sanierung der Wäsche kann durch Waschen bei mindestens 50 C oder Lagerung in verschlossenen Plastiksäcken bei mindestens 21 C für 4 Tage erfolgen.[18] Gegen Krätze bildet der Körper keine Immunität. Nach erfolgreicher Therapie kann man sich jederzeit erneut anstecken. Da in der Regel Personen im Umfeld mitbetroffen sind, sollte man bis etwa acht Wochen, nachdem die letzte Person im Umfeld symptomfrei ist, sehr vorsichtig sein mit engerem, körperlichen Kontakt. Oft kommt es zum Ping-Pong-Effekt, d. h. ein bereits von der Krätze Geheilter steckt sich im Bekanntenkreis erneut an. Es ist immer eine genaue Nachkontrolle bis hin zu Monaten erforderlich, um sicher zu sein, dass die Erkrankung geheilt wurde. Als Tropenkrankheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Krätze kommt zunehmend seltener in den Industrieländern vor, ist jedoch weiter eine endemische, weitverbreitete Krankheit in den Tropen mit weltweit 130 Millionen Infizierten.[19] Die WHO hat die Krätze daher 2013 zunächst als vernachlässigte Tropenkrankheit eingeordnet, jedoch anders als für die anderen 17 Krankheiten kein Programm erarbeitet.[20] Besonders auf den Inseln des Pazifischen Ozeans (Ozeanien) ist die Krätze sehr verbreitet mit einer Prävalenz von bis zu 40 % und einer Impetigo als häufige bakterielle Superinfektion in bis zu 25 %. Eine Einzelbehandlung ist in den Tropen wenig zielführend, da es sehr häufig zur Neuinfektion durch Familienangehörige oder Freunde kommt. Seit einer panamaischen Studie von 1991 wird zur Gruppentherapie eine Permethrin-Cr me empfohlen. In einer australisch-fidschianischen Cluster-randomisierten Vergleichsstudie ( SHIFT -Studie) mit über 2.000 Teilnehmern wurde auf mehreren kleineren Inseln der Eastern Division von Fidschi eine bevölkerungsweite Therapie mit topischem Permethrin und eine mit Ivermectin in Tablettenform gegen eine Kontrollgruppe verglichen, bei der nur Patienten mit Krätze behandelt wurden. Dabei zeigte sich eine signifikante Überlegenheit der bevölkerungsweiten Therapie mit einer relativen Reduktion der Prävalenz nach einem Jahr um 49 % in der Kontrollgruppe mit Einzelbehandlung, aber 62 % bei der Gruppentherapie mit Permethrin und 92 % unter Ivermectin-Gruppentherapie, obwohl dieses nur einmal ausgegeben wurde und eine zweite Dosis nur bei verkrusteter Krätze nach sieben bis vierzehn Tagen gegeben wurde. Ebenso reduzierte sich signifikant die Prävalenz der Impetigo mit einer relativen Prävalenzreduktion 32 % in der Kontrollgruppe, 54 % unter Permethrin und 67 % unter Ivermectin. Ernsthafte oder bleibende unerwünschte Wirkungen wurden nicht beobachtet.[21] Medizingeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine Schilderung in der Bibel[22] gilt als älteste Beschreibung der Scabies.[23] In Schriften der antiken Griechen und Römer war die Übertragbarkeit der Krankheit beschrieben.[24] Vom römischen Autor Celsus ist eine Beschreibung von Krätze bei Schafen und deren Behandlung mit Schwefel und Teer beschrieben.[25] Als Entdecker des Zusammenhangs zwischen Milbenbefall und der schon zuvor bekannten Krätze gilt der italienische Arzt Giovanni Cosimo Bonomo zusammen mit Giacinto Cestoni im Jahr 1687. Damit war Scabies die erste Erkrankung, welche einer kausal fassbaren Ursache zugeschrieben werden konnte.[23] Bonomos Entdeckung geriet in Vergessenheit und die Existenz der Milbe wurde durch Nadelaspiration einer Milbe durch den Medizinstudenten Francois Renucci aus einer Hautläsion einer Patientin 1834 in Paris demonstriert um die Kausalität der Milbe als Krankheitsauslöser herauszustellen. Der österreichische Hautarzt Ferdinand von Hebra widmete der Krätze im 19. Jahrhundert erstmalig ein umfangreiches wissenschaftliches Schrifttum.[25] Während des Zweiten Weltkriegs gewann der britische Entomologe Kenneth Mellanby grundlegende Erkenntnisse zur Biologie und Infektiosität der Krätzmilbe an erkrankten Soldaten und Wehrdienstverweigerern der britischen Armee.[24] Juristische Aspekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das deutsche Gesetz zur Verhütung und Behandlung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz, IfSG) verlangt von Gemeinschaftseinrichtungen nach 33 (Schulen, Kindertagesstätten, Heimen, Ferienlager etc.) unter anderem bei Krätze besondere Maßnahmen. Nach 34 Abs. 1 IfSG dürfen in Gemeinschaftseinrichtungen Beschäftigte mit Krätzebefund keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den Betreuten haben. Betreute mit Krätzebefund dürfen die Räume der Gemeinschaftseinrichtung nicht benutzen und an den Veranstaltungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht teilnehmen. Beschäftigte und Betreute mit Krätzebefund bzw. deren Sorgerechtsinhaber haben nach 34 Abs. 5 IfSG die Leitung der Gemeinschaftseinrichtung unverzüglich darüber zu informieren. Die Leitung einer Gemeinschaftseinrichtung hat nach 34 Abs. 6 IfSG dem zuständigen Gesundheitsamt krankheits- und personenbezogene Angaben über den Sachverhalt zu machen. Nach dem Bundesrecht Deutschlands besteht keine krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht gemäß IfSG.[26] Nach dem Recht Sachsens besteht nach 1 Absatz 1 Nummer 19 Sächsische Infektionsschutz-Meldeverordnung eine namentliche Meldepflicht für die Erkrankung sowie dem Tod an Skabies.[27] Nach dem Recht der Schweiz sind Häufungen von Fällen dem kantonsärztlichen Dienst zu melden.[28] Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Miasma Parasiten des Menschen Scheuerindex Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Stefan Winkle: Über die Krätze als eine Geschichte der Irrungen . In: Hamburger Ärzteblatt. 2004, Nr. 5, S. 214 225. Wolfgang U. Eckart: Krätze (lat. scabies). In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 786 787. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Scabies Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Bilder und Informationen in der dermatologischen Datenbank DermIS Krätzmilbenbefall (Skabies) Informationen des Robert Koch-Instituts, Deutschland Leitfaden zur STI-Therapie. (PDF) Deutsche STI-Gesellschaft Bürgerinformation zur Krätze. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Deutschland Scabies (Krätze). Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz; abgerufen am 20. Oktober 2024 (Österreich). Skabies (Krätze). Bundesamt für Gesundheit BAG, 29. April 2024; abgerufen am 20. Oktober 2024 (Schweiz). Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] E. Kämmerer: Skabies. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 115, Nr. 15, S. 700 702. Cord Sunderkötter, Johannes Wohlrab, Henning Hamm: Scabies: epidemiology, diagnosis, and treatment. In: Deutsches Ärzteblatt international. 15. Oktober 2021, ISSN 1866-0452, doi:10.3238/arztebl.m2021.0296, PMID 34615594, PMC 8743988 (freier Volltext). Pooja Arora, Lidia Rudnicka, Marta Sar Pomian, Uwe Wollina, Mohammad Jafferany: Scabies: A comprehensive review and current perspectives. In: Dermatologic Therapy. Band 33, Nr. 4, Juli 2020, ISSN 1396-0296, doi:10.1111/dth.13746. L. G. Arlian, D. L. Vyszenski-Moher: Life cycle of Sarcoptes scabiei var. canis. In: The Journal of Parasitology. Band 74, Nr. 3, Juni 1988, ISSN 0022-3395, S. 427 430, PMID 3132547. RKI Ratgeber: Skabies (Krätze) Stand: 1. Juni 2016 Venkatara Mysore, S. Sacchidanand: Dermatological Diseases: A Practical Approach. 2. Auflage. Gurgaon, 2016, S. 212. a b c Andreas Plettenberg, Wilhelm Meigel, Helmut Schöfer: Infektionskrankheiten der Haut. Grundlagen, Diagnosen und Therapiekonzepte für Dermatologen, Internisten und Pädiater. Thieme, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-13-137733-3, S. 384 385. RKI Ratgeber: Skabies (Krätze) Stand: 1. Juni 2016 RKI Ratgeber: Skabies (Krätze) Stand: 1. Juni 2016 Mohamad Goldust et al.: Scabies: A comprehensive Review and current perspectives. In: Dermatologic Therapy. 28. Mai 2020. doi:10.1111/dth.13746 DOI Cord Sunderkötter et al.: S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Skabies. AWMF-Registernummer 013-052, Erstellungsdatum: Januar 2016, Langfassung S. 17 20. Mohamad Goldust et al.: Scabies: A comprehensive Review and current perspectives. Dermatologic Therapy, 28. Mai 2020, doi:10.1111/dth.13746 Cord Sunderkötter et al.: S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Skabies. AWMF-Registernummer 013-052, Erstellungsdatum: Januar 2016, Langfassung S. 17 20 a b c Cord Sunderkötter et al.: S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Skabies. AWMF-Registernummer 013-052, Erstellungsdatum: Januar 2016, Langfassung S. 49 53 a b c Sunderkötter et al: S1 Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Scabies. (PDF) Abgerufen am 9. Oktober 2017. Cord Sunderkötter et al.: S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Skabies. AWMF-Registernummer 013-052, Erstellungsdatum: Januar 2016, Langfassung S. 34f Vergleichsstudie zwischen Benzylbenzoat und Ivermectin bei Krätze (PDF; 534 kB) WHO (englisch) Skabies (Krätze). In: RKI-Ratgeber für Ärzte. RKI, abgerufen am 4. April 2025. who.int Prävalenz nach Angaben der WHO Bart J. Currie: Scabies and global control of neglected tropical diseases New England Journal of Medicine 2015, Band 373, Ausgabe 24 vom 20. Dezember 2015, Seiten 2371 2372; doi:10.1056/NEJMe1511805 Lucia Romani, Margot J. Whitfeld, Josefa Koroivueta et al.: Mass drug Administration for scabies control in a population with endemic disease. In: New England Journal of Medicine, 2015, Band 373, Ausgabe 24, 10. Dezember 2015, S. 2305 2313, doi:10.1056/NEJMoa1500987. Vgl. (3 Mos 21,20 LUT)(3 Mos 22,22 LUT)(5 Mos 28,27 LUT) a b L. G. Arlian, M. S. Morgan: A review of Sarcoptes scabiei: past, present and future. In: Parasites Vectors. Band 10, 2017, S. 297. doi:10.1186/s13071-017-2234-1. a b C. Bernigaud, K. Fischer, O. Chosidow: The Management of Scabies in the 21st Century: Past, Advances and Potentials. In: Acta Derm Venereol. Band 100, Nr. 9, April 2020, S. adv00112. doi:10.2340/00015555-346. a b R. W. Currier, S. F. Walton, B. J. Currie: Scabies in animals and humans: history, evolutionary perspectives, and modern clinical management. In: Ann N Y Acad Sci. Band 1230, August 2011, S. E50-E60. PMID 22417107. Skabies (Krätze). RKI-Ratgeber. 15. Oktober 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024 (Meldepflicht gemäß IfSG). Sächsische Infektionsschutz-Meldeverordnung. Vollzitat: Sächsische Infektionsschutz-Meldeverordnung vom 19. Juli 2024 (SächsGVBl. S. 745). In: REVOSax. Sächsische Staatskanzlei, abgerufen am 20. Oktober 2024. Skabies (Krätze). Bundesamt für Gesundheit BAG, 29. April 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024. Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! |
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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Leber (Begriffsklärung) aufgeführt.
Die Leber (lateinisch iecur, griechisch Hepar, altgriechisch ἧπαρ hḗpar) ist das zentrale Organ des Stoffwechsels und die größte Drüse des Körpers bei Wirbeltieren. Die wichtigsten Aufgaben sind die Produktion lebenswichtiger Proteine (z. B. Gerinnungsfaktoren), die Verwertung von Nahrungsbestandteilen (z. B. Speicherung von Glykogen und Vitaminen), die Galleproduktion und damit einhergehend der Abbau und die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten, Medikamenten und Giftstoffen (siehe dazu Enterohepatischer Kreislauf). Nährstoffe, die aus dem Darm ins Blut aufgenommen werden, gelangen über die Pfortader (Vena portae) zur Leber und werden dann von dieser je nach Bedarf ans Blut abgegeben oder aus dem Blut entfernt. Sie besteht aus einer linken und rechten Leberhälfte.
Lage der Leber (2) im menschlichen Körper
Beim Menschen liegt die Leber im rechten Oberbauch direkt unter dem Zwerchfell und ragt mit den linken Anteilen bis in die linke Hälfte des Oberbauchs.
Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der altgermanische Name (mittelhochdeutsch leber[e], althochdeutsch lebara) lässt sich nicht sicher deuten. Die Benennung kann eine substantivierte Adjektivbildung zu (kleben) bleiben sein und würde dann eigentlich „die Klebrige, die Ölige, die Fette“ bedeuten. Andererseits kann das Wort eine Bildung zum Verb leben sein, da die Leber bis ins 17. Jahrhundert als Blut bildendes Organ und wie das Herz als „Sitz des Lebens“ galt.[1] Das wahrscheinlich mit lateinisch iecur verwandte altgriechische Wort hḗpar (zu altindisch yákṛt bzw. avestisch yākarɚ), in der medizinischen Fachterminologie Hepar (mittellateinisch auch Epar[2]), geht auf eine indogermanische Wurzel *(H)i̯equ̯ṛ- zurück.[3][4]
Aufbau der Leber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Menschliche Leber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Leber eines Menschen (Grenze zwischen den Hälften grün markiert)
Leber eines Schafes, Eingeweidefläche mit der Gallenblase
Die menschliche Leber wiegt etwa 1500 bis 2000 g und ist ein weiches, gleichmäßig strukturiertes Organ, das sich größtenteils im rechten Oberbauch befindet. Sie lässt sich in zwei große Leberlappen unterteilen. Der rechte Leberlappen (Lobus dexter) liegt unter dem Zwerchfell und ist mit diesem teilweise verwachsen. Er ist größer als der linke Leberlappen (Lobus sinister), der bis in den linken Oberbauch reicht. Außerdem gibt es zwei weitere, kleinere Leberlappen: den quadratischen Lappen (Lobus quadratus) und den „geschwänzten“ Lappen (Lobus caudatus). Die Eingeweidefläche des rechten Leberlappens weist eine Eindellung durch die rechte Niere auf, den Niereneindruck (Impressio renalis).
Versorgung [Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
An der Unterseite der Leber liegt die sogenannte Leberpforte (Porta hepatis), über die die Pfortader und die Leberarterien in die Leber eintreten und über die der Gallengang sie verlässt. Die Leberarterie (Arteria hepatica propria) transportiert das sauerstoffreiche Blut vom Herzen, die Pfortader führt Blut mit Nahrungsbestandteilen aus Magen und Darm, mit Abbauprodukten der Milz sowie mit Hormonen der Bauchspeicheldrüse zur Leber. Dabei wird die Leber zu etwa 25 % mit sauerstoffreichem Blut der Leberarterie und zu etwa 75 % mit dem Blut der Pfortader versorgt.
Lymphabfluss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Lymphatisches System
Die Leber produziert 25–50 % der Lymphe des Ductus thoracicus, der die gesamte Lymphe der unteren Körperhälfte aufnimmt.[5] Die Menge steigt bei Erkrankungen, die eine Leberstauung verursachen, wie Herzinsuffizienz, noch an.[6] Die Lymphe entsteht in den Lebersinusoiden im Disseschen Raum und erreicht die ersten Kapillaren der Lymphgefäße in den Periportalfeldern. Die Lymphgefäße konvergieren zum Leberhilus und münden in die Leberlymphknoten. Von dort fließt die Lymphe über ein Netzwerk von peripankreatischen und paraaortalen Lymphknoten in die Cisterna chyli. Zusätzlich gibt es sublobuläre Lymphgefäße, die entlang der Lebervenen zur Vena cava inferior fließen. Eine geringe Menge kapsulärer Lymphgefäße befindet sich an der cranialen, convexen Leberkapsel und fließt direkt ins Mediastinum.[7]
Funktionelle Aufteilung der menschlichen Leber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Lebersegmente in axialen Schnittbildern
Die menschliche Leber wird nach Claude Couinaud (1922–2008) in acht Segmente unterteilt.[8] Diese traditionelle Unterteilung wurde in neueren Untersuchungen jedoch infrage gestellt, die – individuell variierend – 9 bis 44 sekundäre Äste der Pfortader nachwiesen.[9] Eine Anekdote behauptet, Couinaud habe sich bei der Nummerierung der Segmente an den Pariser Arrondissements orientiert. Er selbst verwies diese Behauptung in den Bereich moderner Sagen.[10] Trotz der relativen Ungenauigkeit der traditionellen Segmenteinteilung wird sie bis heute unverändert als Standard benutzt zur anatomischen und chirurgischen Orientierung.
Da die menschliche Leber – im Gegensatz zu der vieler Tiere – nur wenige Fissuren zeigt, ist die Zweiteilung durch das Ligamentum falciforme hepatis (siehe Leberbänder) sehr auffällig. Sie hat zu der älteren anatomischen Einteilung in einen linken und rechten Lappen geführt. Die funktionelle und eigentliche Grenze (die Rex-Cantlie-Linie) verläuft senkrecht von Gallenblase bis zur unteren Hohlvene und teilt die Leber auf in zwei Leberhälften (Hēmihēpata).[11] Durch die Aufzweigung der Pfortader wird die Leber horizontal in eine obere (kraniale) und eine untere (kaudale) Segmentgruppe eingeteilt.
Linke Leberhälfte:
Segment 1 – Lobus caudatus
Segment 2 – kranialer Teil des Segmentum laterale
Segment 3 – kaudaler Teil des Segmentum laterale
Segment 4 – Lobus quadratus
Segment 4a – kranialer Teil
Segment 4b – kaudaler Teil
Rechte Leberhälfte:
Segment 5 – kaudaler Teil des Segmentum anterius
Segment 6 – kaudaler Teil des Segmentum posterius
Segment 7 – kranialer Teil des Segmentum posterius
Segment 8 – kranialer Teil des Segmentum anterius
Eine Expertengruppe der International Hepato-Pancreato-Biliary Association veröffentlichte im Jahr 2000 eine Neudefinition der anatomischen Lebereinteilungen, die Brisbane-Terminologie genannt wurde.[12] Diese Terminologie verbreitete sich weltweit und wird allgemein benutzt.
Neu ist:
Die Verwendung von arabischen Zahlen anstatt römischen für die Segmentzuordnung.
Die Einführung des Begriffes Sektor, womit eine funktionelle Einheit zweier übereinander liegender Segmente definiert wird.
Leber bei anderen Säugetieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Leber nimmt beim Hund etwa 4 %, beim Schwein 3 % und bei Pflanzenfressern bis zu 1,5 % der Körpermasse ein. Die Säugetierleber ist prinzipiell in den linken Leberlappen (Lobus sinister), den rechten Leberlappen (Lobus dexter), den quadratischen Lappen (Lobus quadratus) und den „geschwänzten“ Lappen (Lobus caudatus) gegliedert. Bei Raubtieren sind rechter und linker Leberlappen nochmals unterteilt (Lobus dexter lateralis und medialis sowie Lobus sinister lateralis und medialis) und der Lobus caudatus besitzt zwei Fortsätze (Processus caudatus und Processus papillaris). Beim Schwein sind rechter und linker Leberlappen ebenfalls unterteilt, ein Processus papillaris ist jedoch nicht ausgebildet. Beim Pferd ist nur der linke Leberlappen unterteilt, ein Processus papillaris fehlt. Bei Wiederkäuern sind rechter und linker Leberlappen ungegliedert, der Lobus caudatus besitzt einen Processus caudatus und einen Processus papillaris. In die Eingeweidefläche drückt sich bei Wiederkäuern der Netzmagen in die Leber ein und verursacht eine seichte Eindellung (Impressio reticularis), ebenso der Blättermagen (Impressio omasica). Der obere Rand der Leber (Margo dorsalis) ist abgerundet und wird daher auch als Margo obtusus bezeichnet. Der bauchseitige Rand (Margo ventralis) ist dagegen scharf und daher Margo acutus genannt.[13]
Leberbänder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Leber ist über mehrere Bänder in der Bauchhöhle befestigt. Diese Bänder stellen keine Bindegewebsstrukturen dar, sondern Doppelfalten (Duplikaturen) des Bauchfells:
Ligg. triangulare dextrum et sinistrum
Lig. coronarium
Lig. falciforme hepatis
Lig. teres hepatis (rundes Leberband, Überrest der Nabelvene)
Lig. venosum (obliterierter Ductus venosus der Nabelvene)
Lig. hepatogastricum
Lig. hepatoduodenale
Lig. hepatocolicum.
Mit dem Zwerchfell ist der hintere (dorsale) Leberrand über das Ligamentum coronarium verbunden. Das Ligamentum coronarium geht beidseits in das dreieckige Ligamentum triangulare dextrum bzw. sinistrum über, welche die sogenannte nackte Fläche der Leber (Area nuda) mit direktem Kontakt zum Zwerchfell ohne zwischenliegendes Bauchfell umkreisen. Auf der Zwerchfellseite zieht vom Ligamentum coronarium das Ligamentum falciforme hepatis („sichelförmiges Leberband“) rechtwinklig zur Bauchseite (ventral). Das Ligamentum falciforme hepatis zieht ursprünglich bis zum Bauchnabel, denn es stellt beim Fetus das Gekröse der Nabelvene dar. Die Nabelvene selbst verschließt sich unmittelbar nach der Geburt und bleibt als rundlicher bindegewebiger Strang erhalten, der als Ligamentum teres hepatis durch den freien Rand des Ligamentum falciforme hepatis zieht und als Ligamentum venosum hepatis die Venae hepaticae bzw. die Portalvene erreicht.
Zur Bauchhöhlenseite ist die Leber mit dem Magen und dem Duodenum über das kleine Netz (Omentum minus) verbunden. Die Appendix fibrosa fixiert den linken Leberlappen zusätzlich am Zwerchfell.
Feinbau der Leber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Glisson-Trias der menschlichen Leber
Glisson-Trias der Rattenleber, 1 Arteria interlobularis, 2 Vena interlobularis, 3 Ductus biliferus (Masson-Goldner-Färbung)
Schematische Darstellung eines Zentralvenen-Leberläppchens. Die Glisson-Trias befinden sich jeweils zwischen den Sechsecken, Bild unten rechts. Sie bestehen aus: Ductus biliferi interlobulares (grün), Arteria interlobularis (rot) und Vena interlobularis (lila)[14]
Vergrößerung der schematischen Darstellung eines Zentralvenen-Leberläppchens.
Die Leberlappen sind von einer Bindegewebskapsel umgeben, die auch als Leber- oder Glisson-Kapsel bezeichnet wird. Von ihr ziehen Stränge in das Innere, die sich im histologischen Schnitt als Portalfelder darstellen. Sie unterteilen die Leberlappen in winzige Leberläppchen (max. 1–2 mm). Diese, im Anschnitt sechseckige, Gebilde, bestehen vorwiegend aus Leberzellen (Hepatozyten). Die Hepatozyten haben meist mehrere Zellkerne und sind in Strängen angeordnet („Leberzellbalken“). An den Eckpunkten benachbarter Leberläppchen liegen die Portalfelder. In diesen Feldern verläuft jeweils eine Arteria interlobularis (ein Ast der Leberarterie), eine Vena interlobularis (ein Ast der Pfortader) und ein Gallengang (Ductus biliferus). Diese Gefäße bezeichnet man als Glisson-Trias (Glissonsches Dreieck). Die Glisson-Trias ist beim Menschen im Mikroskop weniger ausgeprägt zu erkennen als bei manchen Tieren, z. B. Schwein, Ratte (s. Abb.).
Zwischen den Leberzellen liegen die erweiterten Kapillaren der Leber (Lebersinusoide) angeordnet. Diese Sinusoide sind von einem diskontinuierlichen Endothel (Basallamina fehlt) ausgekleidet und enthalten spezielle Makrophagen, die Kupffer-Zellen (alte Bezeichnung Kupffer'sche Sternzelle). Die Sinusoide transportieren das Blut der Pfortader zusammen mit dem Blut aus der Leberarterie durch die Leberläppchen in Richtung der Läppchenzentren, wo es jeweils von einer Zentralvene (Vena centralis) aufgenommen wird. Die Zentralvenen vereinigen sich zu größeren Venen (Venae sublobulares) und münden schließlich in die meist drei Lebervenen (Venae hepaticae).
Den Spaltraum zwischen den Endothelzellen der Lebersinusoide und den Leberzellen nennt man den Disse-Raum (nach Josef Disse), in dem der eigentliche Stoffaustausch zwischen Blut und Hepatozyten stattfindet. Im Disse-Raum befindet sich Blutplasma, weiterhin die sog. Ito-Zellen, die Vitamin A enthalten und der Fettspeicherung dienen. Außerdem gelten sie als Produzenten der intralobulären Bindegewebsfasern und erlangen pathophysiologische Bedeutung im Rahmen der Leberzirrhose.[15]
Die Gallenkapillaren sind innerhalb der Leberläppchen nur Vertiefungen der Leberzellen, erst nach dem Austritt aus den Läppchen bekommen sie eine eigene Wand und werden zu den Gallengängen mit einem einschichtig-prismatischen Epithel. Aus den kleinen Gallengängen eines Portalfeldes fließt die Galle über größere Gallengänge aus der Leber.
Neben der oben beschriebenen Einteilung der Leber in die klassischen Zentralvenen-Läppchen (Lobulus), ist die Einteilung in Leberazini (Singular: Leberazinus) hilfreich. Hierbei handelt es sich eher um eine funktionelle als um eine histologische Betrachtungsweise. Die mittlere Achse eines Azinus stellt ein Bündel mit den terminalen Zweigen der Versorgung, also den Gefäßen des Glisson-Trias dar, die ja am Rand des klassischen Läppchens verlaufen. Der Vorteil dieser Einteilung ist, dass sie berücksichtigt, dass ein Versorgungsbündel das Blut in beide benachbarten Läppchen entlassen kann.[16]
Die am nächsten am Versorgungsbündel liegenden Hepatozyten werden am besten mit Sauerstoff und Nährstoffen beliefert, weshalb dieser Bereich als Zone 1 des Azinus bezeichnet wird. Weiter zum Zentrum des klassischen Läppchens liegen dann die Zonen 2 und 3.[17]
Leistungen der Leber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Von 1850 bis 1857 führte Claude Bernard Studien über Glykogen und Zuckerbildung in der Leber durch. Erste bedeutende Tierversuche zur wissenschaftlichen Erforschung der Leberfunktion wurden von 1885 bis 1888 von Oskar Minkowski und Bernhard Naunyn durchgeführt und publiziert.[18] Die Leber ist eng in die Steuerung des Glukose-, Fett- und Eiweißstoffwechsels eingebunden. Glukose wird vom Darmblut aufgenommen und kontrolliert an den restlichen Körper weitergegeben. Ein Überschuss wird als Glykogen gespeichert. Bei Energiebedarf wird der Speicherstoff zu Glukose gewandelt. Die Leber beeinflusst – gesteuert durch Hormone wie Insulin und Glucagon – den Blutzuckerspiegel und kann ihn, von der Nahrungsmittelzufuhr unabhängig, konstant halten. Insulin bewirkt in der Leber die Umwandlung des Zuckers in die Speicherform Glykogen und hemmt den Abbau von Fett. Das Hormon Glucagon regt seinerseits die Leber zum Glykogenabbau an und agiert somit als Gegenspieler (Antagonist) vom Insulin.
Syntheseleistungen:
Gluconeogenese (Neubildung von Traubenzucker) aus z. B. Glycerin, Lactat/Pyruvat und manchen Aminosäuren
Ketonkörpersynthese
Synthese von Cholesterin und den hieraus abgeleiteten Gallensäuren
Synthese von Fettsäuren
Synthese von Bluteiweißen wie
Albumin
Globuline (außer Gamma)
Gerinnungsfaktoren
Akute-Phase-Proteine
Speicherung von
Glucose in Form von Glykogen
Fett in Form von Lipoproteinen
einigen Vitaminen
Blut
Bildung der Galle
Abbau und Entgiftung – hierbei sind besonders die Cytochrom P450-abhängigen Enzyme beteiligt – von:
geschädigten und alten Erythrozyten durch Kupffer-Zellen (Leberspezifische Makrophagen)
Bilirubin (Abbauprodukt des Hämoglobins)
Ammoniak zu Harnstoff
Steroidhormonen
Medikamenten/Giften
Blutbildung beim Fetus bis zum 7. Schwangerschaftsmonat (hepato-lienale Periode)
die Regulierung des Vitamin- und Spurenelementstoffwechsels
Die Leber hat im Vergleich zu anderen Organen des Körpers eine relativ ausgeprägte Fähigkeit zur Regeneration. Stirbt ein Teil ab, wird die Leber verletzt oder sonst beschädigt, so kann das betroffene Gewebe wieder neu gebildet werden. Voraussetzung für eine Neubildung ist, dass die Ursache der Verletzung entfernt wurde, weniger als fünfzig Prozent der funktionellen Masse des Organs geschädigt wurden und die Leber ihre Regenerationsfähigkeit bei der Verletzung hat aufrechterhalten können. Diese Eigenschaft wird bei Lebertransplantationen oft ausgenutzt. Vernarbungen wie beispielsweise bei Hautverletzungen treten hierbei nicht auf.
Die Regenerationsfähigkeit der Leber schlägt sich bereits in der griechischen Mythologie nieder: In der Sage des Prometheus wird dieser zur Strafe für die Übergabe des Feuers an die Menschen an einem Felsen festgeschmiedet. Ein Adler hackt täglich einen Teil seiner Leber heraus, der bis zum nächsten Tag nachwächst.
Leberenzyme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Leberenzyme
Die Blutuntersuchung der Leberenzyme gibt bei Lebererkrankungen Hinweise auf Art und Ausmaß der Erkrankung (Leberwerte). Enzyme werden wie überall im Körper auch in der Leber benötigt, um die Stoffwechselleistungen der Leber aufrechtzuerhalten. Im Normalfall sind diese Eiweiße Bestandteile des Zytoplasmas der Leberzellen (Hepatozyten). Jedoch werden diese Enzyme auch von anderen Geweben produziert und sind nicht ausnahmslos der Leber zuzuordnen. Bei Schädigung der Leberzellen treten diese Enzyme im Blutserum erhöht auf. Je nachdem, welche Enzyme erhöht sind, kann man oft auf die Art der Erkrankung schließen. Die Höhe des Enzymanstiegs im Serum entspricht dabei dem Ausmaß der Schädigung der Leberzellen. Da diese Enzyme nur ins Blut gelangen, wenn Leberzellen zerstört werden, ist vor allem eine zu hohe Konzentration ein Indikator für eine Erkrankung der Leber. Die Leberwerte können im kleinen Blutbild kontrolliert werden. Ursache von Zellschäden können unter anderem Virusinfektionen, Alkohol, Vergiftungen oder Tumoren sein. Alle Enzyme in den Leberzellen kommen auch in anderen Körperzellen vor, wie zum Beispiel im Herzen und in der Skelettmuskulatur. Dennoch sind manche Enzyme nur bei Leberzellschäden im Serum (flüssiger Bestandteil des Blutes ohne Fibrinogen) erhöht.
Oft gemessene Leberenzyme sind:
GOT = AST = ASAT = Glutamat-Oxalacetat-Transaminase/Aspartat-Aminotransferase: Erhöht bei Vergiftung durch Alkohol oder andere toxische Stoffe, bei Entzündung und Leberstauung, besonders bei akuten Lebererkrankungen.
GPT = ALT = ALAT = Glutamat-Pyruvat-Transaminase/Alanin-Aminotransferase: Analysiert wird der Quotient AST/ALT. Ein Wert zwischen 0.8 und 1.0 deutet auf einen leichten Leberschaden hin, liegt der Wert über 1.0 gilt das als Indikator für einen schweren Leberschaden. Mögliche Ursachen sind ein Tumor, Entzündung oder Vergiftung der Leber.
Gamma-GT = γ-GT = GGT = Gamma-Glutamyl-Transferase: Eine Erhöhung dieses Wertes im Blutbild ist Folge einer Vergiftung oder eines Gallenstaus in der Leber.
AP = Alkalische Phosphatase: Wird ein erhöhter Wert im Blutbild gemessen, kann dies ein Hinweis auf ein Leberkarzinom, Leberzirrhose, Hepatitis oder Gallenstau sein.
Die Gamma-GT ist hier der empfindlichste Parameter für Schäden der Leberzellen und des Gallengangsystems.[19]
Schäden und Krankheiten (Hepatopathien)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Alpha-1-Antitrypsin-Mangel
Fettleber (infolge einer Leberverfettung)
Speckleber (Amyloidose)
Hepatitis (Leberentzündung)
weitere entzündliche Lebererkrankungen (Entzündungen der Leber) wie Leberabszess und Lebertuberkulose
Gelbsucht (Ikterus)
Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit)
Leberegel
Großer Leberegel (Fasciola hepatica)
Kleiner Leberegel (Dicrocoelium lanceolatum)
Chinesischer Leberegel (Clonorchis sinensis)
Leberkokzidiose
Leberkolik (bei Cholezystolithiasis)[20]
Lebersarkoidose
Leberzirrhose (Leberverhärtung)
Leberatrophie
Pfortaderhochdruck (mit Ösophagusvarizen)
Pfortaderthrombose
Eine Leberschrumpfung kann zur Schrumpfleber führen.[21]
Eine Lebervergrößerung führt zur Hepatomegalie.
Lebersternchen (Eppinger-Sternchen, Spider naevi)[22]
Stauungsleber (Leberveränderung infolge einer Leberstauung)[23][24]
Leberversagen (Leberinsuffizienz), Leberdystrophie und Lebernekrose
hepatische Enzephalopathie (Hirnleistungsstörungen bis zum Leberkoma, Coma hepaticum)
hepatorenales Syndrom als Folge einer Bauchwassersucht[25] oder Leberwassersucht[26]
immunologische Lebererkrankungen (Autoimmunhepatitis)
Lebermetastasen
Parasitosen der Leber wie die Leber-Echinokokkose
Lebertumore (gutartig oder bösartig)
Leberzellkarzinom (Leberkarzinom, Leberkrebs, Carcinoma hepatis)
Leberabszesse (Hepatapostema)[27]
Caroli-Syndrom
Gallengangsveränderungen
Byler-Syndrom (syn. progressive familiäre intrahepatische Cholestase, PFIC)
Alagille-Syndrom
Porphyrie
Reye-Syndrom
Mottenfraßnekrose (Leberzellnekrose)
Morbus Meulengracht (Morbus Gilbert)
Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit)
Toxische Leberschäden (durch Vergiftungen)
traumatische Schädigung (Ruptur, Lazeration, Hämatom)
Venenverschlusskrankheit (VOD)
Xanthomatose
Zystenleber (Leberveränderung durch viele Leberzysten)
Die Geschichte der Leberchirurgie begann im 19. Jahrhundert.[28]
Redensarten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Da man früher die Leber als den Sitz der Gefühle, in der Antike insbesondere negativer Emotionen wie Hass, Neid und Zorn,[29] und der Temperamente sowie als Urheber des Blutes und von Trieben ansah,[30] wurde sie zum Gegenstand mehrerer Redensarten.[31] Heute noch gilt die Leber, von der ja die „Galle“ ausgeht, als Sitz des Zorns.[32] Beispiele für entsprechende Redensarten:
„Mir läuft (kriecht) eine Laus über die Leber“ bedeutet ‚ich ärgere mich‘[32] oder ‚ich bin schlecht gelaunt‘.[33]
„Frei von der Leber (weg) reden“ bedeutet ‚offen sprechen‘[33] oder ‚ohne Hemmungen sagen, was man meint und denkt‘ oder ‚sich keinen Zwang auferlegen‘.[32]
„Die beleidigte Leberwurst spielen“ bedeutet ‚ohne triftigen Grund beleidigt oder gekränkt sein‘.
„Eine trockene Leber haben“ bedeutet ‚gerne (Alkohol) trinken‘.[33][32]
Leber als Lebensmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Leber verschiedener Tiere eignet sich für den Verzehr und ist Bestandteil vieler Küchen, siehe Leber (Lebensmittel).
Als Arznei und Stärkungsmittel wird Lebertran verwendet, der aus verschiedenen Fischarten gewonnen wird.
Leber in Kultur und Gesellschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der griechischen Mythologie wurde Prometheus, von den Göttern bestraft, da er den Menschen das Feuer gegeben hat. Er wurde von ihnen an einen Fels gekettet und dazu verdammt, dass ein Geier jeden Tag seine Leber verspeist, welche sich über Nacht regeneriert (die Leber ist das einzige innere menschliche Organ, welches dazu in der Lage ist sich in großen Teilen selbst zu regenerieren). Ferner ist in der Humoralpathologie die Leber mit dem Element Feuer verbunden.[34] In der Heilkunde wurden von altägyptischer Zeit bis ins Mittelalter Lebern von Hunden (insbesondere „tobenden“), Ziegenböcken, Wölfen, Eseln oder Schweinen verwendet.[35]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hepatologie
Leberpunktion
LiMAx-Test
Calot-Dreieck
Campolon
Kratzauskultation
Leberhautzeichen, Leberfleck (Hautveränderungen)
Leberparenchym
Gallenfarbstoffe
Gallenstein
Leberbalsam, Leberblümchen, Lebermoos (Pflanzen)
Leberbrand (Viehkrankheit)[33]
Leberschau (Hepatoskopie)
„Säuferleber“ bei einer Alkoholkrankheit
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wolfgang F. Caspary u. a. (Hrsg.): Therapie von Leber- und Gallekrankheiten. Springer-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-540-67390-3.
Helmut Denk u. a.: Pathologie der Leber und Gallenwege. (= Spezielle pathologische Anatomie. Band 10). Springer-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-540-65511-5.
Hansludwig Hagen: Die physiologische und psychologische Bedeutung der Leber in der Antike, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 1961.
Erwin Kuntz, Hans-Dieter Kuntz: Praktische Hepatologie. Historie, Morphologie, Biochemie, Diagnostik, Klinik, Therapie. Barth, Heidelberg 1998, ISBN 3-335-00568-6.
Ellen Schmidt u. a. (Hrsg.): Lebererkrankungen. Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2000, ISBN 3-8047-1640-7.
Hans Adolf Kühn: Krankheiten der Leber. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 847–875.
Renate Lüllmann-Rauch: Taschenlehrbuch Histologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2006.
Nikolaus Mani: Die historischen Grundlagen der Leberforschung; I: Die Vorstellungen über Anatomie, Physiologie und Pathologie der Leber in der Antike; II: Die Geschichte der Leberforschung von Galen bis Claude Bernard. Basel und Stuttgart 1959 und 1967 (= Basler Veröffentlichungen zur Geschichte der Medizin und der Biologie, 9 und 21).
Heiner Wedemeyer: Das Leber-Buch. Wie halte ich meine Leber gesund? Neue Therapien und Stand der Forschung. Die Leber von A bis Z, vierte aktualisierte und erweiterte Auflage, Humboldt, Hannover 2021, ISBN 978-3-8426-3043-7.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Leber – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Leber – Lern- und Lehrmaterialien
Wikiquote: Leber – Zitate
Wiktionary: Leber – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: hepatisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Grundlagen der Leberfunktion
leberinfo.de
elektronenmikroskopische Abbildungen der Leber - EM Atlas im Internet
Diseases of the Liver (engl.)
Sonographiebilder Ultraschall-Atlas der Leber
SonoAtlas Ein Ultraschallatlas der Leber
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Das Herkunftswörterbuch (= Der Duden in zwölf Bänden. Band 7). 2. Auflage. Dudenverlag, Mannheim 1989, S. 409. Leber. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache.Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 7. Auflage. Trübner, Straßburg 1910, S. 281 (daten.digitale-sammlungen.de).
↑ Vgl. etwa Otto Beßler: Prinzipien der Drogenkunde im Mittelalter. Aussage und Inhalt des Circa instans und Mainzer Gart. Mathematisch-naturwissenschaftliche Habilitationsschrift, Halle an der Saale 1959, S. 181 („Epar – id est […] lebere“).
↑ Alois Walde: Lateinisches etymologisches Wörterbuch. 3. Auflage, besorgt von Johann Baptist Hofmann, 3 Bände. Heidelberg 1938–1965, Band 1, S. 673.
↑ Johann Baptist Hofmann: Etymologisches Wörterbuch des Griechischen. R. Oldenbourg Verlag, München 1950, S. 108 f.
↑ Osamu Ohtani, Yuko Ohtani: Lymph circulation in the liver. In: Anatomical Record (Hoboken, N.J.: 2007). Band 291, Nr. 6, Juni 2008, ISSN 1932-8494, S. 643–652, doi:10.1002/ar.20681, PMID 18484610.
↑ A. E. Dumont, R. H. Clauss, G. E. Reed, D. A. Tice: LYMPH DRAINAGE IN PATIENTS WITH CONGESTIVE HEART FAILURE. COMPARISON WITH FINDINGS IN HEPATIC CIRRHOSIS. In: The New England Journal of Medicine. Band 269, 31. Oktober 1963, ISSN 0028-4793, S. 949–952, doi:10.1056/NEJM196310312691804, PMID 14056641.
↑ Christopher L. Smith, Mandi Liu, Madhumitha Saravanan, Aaron G. Dewitt, David M. Biko: Liver lymphatic anatomy and role in systemic lymphatic disease. In: European Radiology. Band 32, Nr. 1, 24. Juni 2021, ISSN 0938-7994, S. 112–121, doi:10.1007/s00330-021-08098-z.
↑ C. Couinaud: Le Foie. Etudes anatomiques et chirurgicales. Masson & Cie, Paris 1957.
↑ Jean H. D. Fasel: Portal venous territories within the human liver: an anatomical reappraisal. In: Anatomical Record. Band 291, Nr. 6, Juni 2008, ISSN 1932-8494, S. 636–642, doi:10.1002/ar.20658, PMID 18484609.
↑ Jean-Nicolas Vauthey, Giuseppe Zimmitti, Junichi Shindoh: From Couinaud to molecular biology: the seven virtues of hepato-pancreato-biliary surgery. In: HPB. Band 14, Nr. 8, S. 493–499, doi:10.1111/j.1477-2574.2012.00502.x, PMID 22762396, PMC 3406345 (freier Volltext).
↑ Keith L. Moore, Arthur F. Dalley: Clinically oriented Anatomy. 5. Auflage. Lippincott Williams & Wilkins, 2006, ISBN 0-7817-3639-0, S. 293.
↑ S. M. Strasberg et al.: The Brisbane 2000 Terminology of Liver Anatomy and Resections. In: HPB. Band 2, Nr. 3, 2000, ISSN 1365-182X, S. 333–339, doi:10.1016/S1365-182X(17)30755-4.
↑ Franz-Viktor Salomo: Anatomie für die Tiermedizin. Enke Stuttgart, 4. Auflage 2020, ISBN 978-3-13-242675-7, S. 333–335.
↑ Hans Frick, Helmut Leonhardt, Dietrich Starck: Spezielle Anatomie. Band 2, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-13-356904-X, S. 132.
↑ R. Lüllmann-Rauch: Histologie. 2003, S. 340.
↑ Leber. (Grafik) In: tobias-schwarz.net. Abgerufen am 11. März 2023.
↑ Renate Lüllmann-Rauch: Histologie. Verstehen – Lernen – Nachschlagen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 36 und 46.
↑ Was sind Leberwerte, wann werden Sie gefährlich und wie werden Sie behandelt? Abgerufen am 22. März 2019. [Sie statt sie im Original.]
↑ Meyers Kleines Lexikon, 9. Auflage, Band 2, Bibliographisches Institut, Leipzig 1933, S. 1359.
↑ Günter Thiele (Hrsg.): Handlexikon der Medizin. Band 4: L–Z. Urban & Schwarzenberg, München / Wien / Baltimore ohne Jahr, S. 2194.
↑ Linus Geisler: "Krankenpflege", Innere Medizin. Band II, 10. Auflage, Verlag Wilhelm Kohlhammer, Stuttgart / Berlin / Köln / Mainz 1970, ISBN 3-17-007038-X, S. 34.
↑ Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, 267. Auflage, de Gruyter, Berlin / Boston 2017, ISBN 978-3-11-049497-6, S. 1030 und 1712.
↑ Günter Thiele (Hrsg.): Handlexikon der Medizin. Band 4: S–Z. Urban & Schwarzenberg, München / Wien / Baltimore ohne Jahr, S. 2322.
↑ Meyers Kleines Lexikon. 9. Auflage, Band 2, Bibliographisches Institut, Leipzig 1933, S. 1359.
↑ Ludwig August Kraus: Kritisch-etymologisches medicinisches Lexikon. 3. Auflage, Verlag der Deuerlich- und Dieterichschen Buchhandlung, Göttingen 1844, S. 458 (Hepathyderos).
↑ Ludwig August Kraus: Kritisch-etymologisches medicinisches Lexikon. 3. Auflage, Verlag der Deuerlich- und Dieterichschen Buchhandlung, Göttingen 1844, S. 457.
↑ L. Tait: The surgery of the liver. In: Edinburgh Medical Journal. Band 35, 1889, S. 305 ff.
↑ Ferdinand Peter Moog: Galen liest „Klassiker“ – Fragmente der schöngeistigen Literatur des Altertums im Werk des Pergameners. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2020), S. 7–24, hier: S. 14 f. (zur „mit großen Eingeweiden“ charakterisierten zornigen und rachsüchtigen, aber auch [mit dem Herz] liebenden und [dem Gehirn] planvoll denkenden, Medea bei Euripides und zur nachwachsenden Leber des Prometheus als Quelle von dessen Auflehnung und Frevel).
↑ Jerry Stannard: Medieval hepatic therapy and some folk medical survivals. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 6, 1988, S. 207–223.
↑ Der Duden in zwölf Bänden. Band 11: Redewendungen. Dudenverlag, Mannheim 1992, S. 443.
↑ a b c d Der Sprach-Brockhaus. Eberhard Brockhaus Verlag, Wiesbaden 1949, S. 365.
↑ a b c d Deutsches Wörterbuch. Schülerbildungswerk, Verlag Hans Witte, 3. Auflage, Freiburg im Breisgau 1965, S. 520.
↑ Johannes Gottfried Mayer: Kräuterbuch der Klostermedizin. 2003, S. 30–41.
↑ Otto Beßler: Prinzipien der Drogenkunde im Mittelalter. Aussage und Inhalt des Circa instans und Mainzer Gart. Mathematisch-naturwissenschaftliche Habilitationsschrift, Halle an der Saale 1959, S. 181.
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| Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Leber (Begriffsklärung) aufgeführt. Die Leber (lateinisch iecur, griechisch Hepar, altgriechisch h par) ist das zentrale Organ des Stoffwechsels und die größte Drüse des Körpers bei Wirbeltieren. Die wichtigsten Aufgaben sind die Produktion lebenswichtiger Proteine (z. B. Gerinnungsfaktoren), die Verwertung von Nahrungsbestandteilen (z. B. Speicherung von Glykogen und Vitaminen), die Galleproduktion und damit einhergehend der Abbau und die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten, Medikamenten und Giftstoffen (siehe dazu Enterohepatischer Kreislauf). Nährstoffe, die aus dem Darm ins Blut aufgenommen werden, gelangen über die Pfortader (Vena portae) zur Leber und werden dann von dieser je nach Bedarf ans Blut abgegeben oder aus dem Blut entfernt. Sie besteht aus einer linken und rechten Leberhälfte. Lage der Leber (2) im menschlichen Körper Beim Menschen liegt die Leber im rechten Oberbauch direkt unter dem Zwerchfell und ragt mit den linken Anteilen bis in die linke Hälfte des Oberbauchs. Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der altgermanische Name (mittelhochdeutsch leber[e], althochdeutsch lebara) lässt sich nicht sicher deuten. Die Benennung kann eine substantivierte Adjektivbildung zu (kleben) bleiben sein und würde dann eigentlich die Klebrige, die Ölige, die Fette bedeuten. Andererseits kann das Wort eine Bildung zum Verb leben sein, da die Leber bis ins 17. Jahrhundert als Blut bildendes Organ und wie das Herz als Sitz des Lebens galt.[1] Das wahrscheinlich mit lateinisch iecur verwandte altgriechische Wort h par (zu altindisch y k t bzw. avestisch y kar ), in der medizinischen Fachterminologie Hepar (mittellateinisch auch Epar[2]), geht auf eine indogermanische Wurzel *(H)i equ - zurück.[3][4] Aufbau der Leber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Menschliche Leber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Leber eines Menschen (Grenze zwischen den Hälften grün markiert) Leber eines Schafes, Eingeweidefläche mit der Gallenblase Die menschliche Leber wiegt etwa 1500 bis 2000 g und ist ein weiches, gleichmäßig strukturiertes Organ, das sich größtenteils im rechten Oberbauch befindet. Sie lässt sich in zwei große Leberlappen unterteilen. Der rechte Leberlappen (Lobus dexter) liegt unter dem Zwerchfell und ist mit diesem teilweise verwachsen. Er ist größer als der linke Leberlappen (Lobus sinister), der bis in den linken Oberbauch reicht. Außerdem gibt es zwei weitere, kleinere Leberlappen: den quadratischen Lappen (Lobus quadratus) und den geschwänzten Lappen (Lobus caudatus). Die Eingeweidefläche des rechten Leberlappens weist eine Eindellung durch die rechte Niere auf, den Niereneindruck (Impressio renalis). Versorgung [Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] An der Unterseite der Leber liegt die sogenannte Leberpforte (Porta hepatis), über die die Pfortader und die Leberarterien in die Leber eintreten und über die der Gallengang sie verlässt. Die Leberarterie (Arteria hepatica propria) transportiert das sauerstoffreiche Blut vom Herzen, die Pfortader führt Blut mit Nahrungsbestandteilen aus Magen und Darm, mit Abbauprodukten der Milz sowie mit Hormonen der Bauchspeicheldrüse zur Leber. Dabei wird die Leber zu etwa 25 % mit sauerstoffreichem Blut der Leberarterie und zu etwa 75 % mit dem Blut der Pfortader versorgt. Lymphabfluss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Lymphatisches System Die Leber produziert 25 50 % der Lymphe des Ductus thoracicus, der die gesamte Lymphe der unteren Körperhälfte aufnimmt.[5] Die Menge steigt bei Erkrankungen, die eine Leberstauung verursachen, wie Herzinsuffizienz, noch an.[6] Die Lymphe entsteht in den Lebersinusoiden im Disseschen Raum und erreicht die ersten Kapillaren der Lymphgefäße in den Periportalfeldern. Die Lymphgefäße konvergieren zum Leberhilus und münden in die Leberlymphknoten. Von dort fließt die Lymphe über ein Netzwerk von peripankreatischen und paraaortalen Lymphknoten in die Cisterna chyli. Zusätzlich gibt es sublobuläre Lymphgefäße, die entlang der Lebervenen zur Vena cava inferior fließen. Eine geringe Menge kapsulärer Lymphgefäße befindet sich an der cranialen, convexen Leberkapsel und fließt direkt ins Mediastinum.[7] Funktionelle Aufteilung der menschlichen Leber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Lebersegmente in axialen Schnittbildern Die menschliche Leber wird nach Claude Couinaud (1922 2008) in acht Segmente unterteilt.[8] Diese traditionelle Unterteilung wurde in neueren Untersuchungen jedoch infrage gestellt, die individuell variierend 9 bis 44 sekundäre Äste der Pfortader nachwiesen.[9] Eine Anekdote behauptet, Couinaud habe sich bei der Nummerierung der Segmente an den Pariser Arrondissements orientiert. Er selbst verwies diese Behauptung in den Bereich moderner Sagen.[10] Trotz der relativen Ungenauigkeit der traditionellen Segmenteinteilung wird sie bis heute unverändert als Standard benutzt zur anatomischen und chirurgischen Orientierung. Da die menschliche Leber im Gegensatz zu der vieler Tiere nur wenige Fissuren zeigt, ist die Zweiteilung durch das Ligamentum falciforme hepatis (siehe Leberbänder) sehr auffällig. Sie hat zu der älteren anatomischen Einteilung in einen linken und rechten Lappen geführt. Die funktionelle und eigentliche Grenze (die Rex-Cantlie-Linie) verläuft senkrecht von Gallenblase bis zur unteren Hohlvene und teilt die Leber auf in zwei Leberhälften (H mih pata).[11] Durch die Aufzweigung der Pfortader wird die Leber horizontal in eine obere (kraniale) und eine untere (kaudale) Segmentgruppe eingeteilt. Linke Leberhälfte: Segment 1 Lobus caudatus Segment 2 kranialer Teil des Segmentum laterale Segment 3 kaudaler Teil des Segmentum laterale Segment 4 Lobus quadratus Segment 4a kranialer Teil Segment 4b kaudaler Teil Rechte Leberhälfte: Segment 5 kaudaler Teil des Segmentum anterius Segment 6 kaudaler Teil des Segmentum posterius Segment 7 kranialer Teil des Segmentum posterius Segment 8 kranialer Teil des Segmentum anterius Eine Expertengruppe der International Hepato-Pancreato-Biliary Association veröffentlichte im Jahr 2000 eine Neudefinition der anatomischen Lebereinteilungen, die Brisbane-Terminologie genannt wurde.[12] Diese Terminologie verbreitete sich weltweit und wird allgemein benutzt. Neu ist: Die Verwendung von arabischen Zahlen anstatt römischen für die Segmentzuordnung. Die Einführung des Begriffes Sektor, womit eine funktionelle Einheit zweier übereinander liegender Segmente definiert wird. Leber bei anderen Säugetieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Leber nimmt beim Hund etwa 4 %, beim Schwein 3 % und bei Pflanzenfressern bis zu 1,5 % der Körpermasse ein. Die Säugetierleber ist prinzipiell in den linken Leberlappen (Lobus sinister), den rechten Leberlappen (Lobus dexter), den quadratischen Lappen (Lobus quadratus) und den geschwänzten Lappen (Lobus caudatus) gegliedert. Bei Raubtieren sind rechter und linker Leberlappen nochmals unterteilt (Lobus dexter lateralis und medialis sowie Lobus sinister lateralis und medialis) und der Lobus caudatus besitzt zwei Fortsätze (Processus caudatus und Processus papillaris). Beim Schwein sind rechter und linker Leberlappen ebenfalls unterteilt, ein Processus papillaris ist jedoch nicht ausgebildet. Beim Pferd ist nur der linke Leberlappen unterteilt, ein Processus papillaris fehlt. Bei Wiederkäuern sind rechter und linker Leberlappen ungegliedert, der Lobus caudatus besitzt einen Processus caudatus und einen Processus papillaris. In die Eingeweidefläche drückt sich bei Wiederkäuern der Netzmagen in die Leber ein und verursacht eine seichte Eindellung (Impressio reticularis), ebenso der Blättermagen (Impressio omasica). Der obere Rand der Leber (Margo dorsalis) ist abgerundet und wird daher auch als Margo obtusus bezeichnet. Der bauchseitige Rand (Margo ventralis) ist dagegen scharf und daher Margo acutus genannt.[13] Leberbänder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Leber ist über mehrere Bänder in der Bauchhöhle befestigt. Diese Bänder stellen keine Bindegewebsstrukturen dar, sondern Doppelfalten (Duplikaturen) des Bauchfells: Ligg. triangulare dextrum et sinistrum Lig. coronarium Lig. falciforme hepatis Lig. teres hepatis (rundes Leberband, Überrest der Nabelvene) Lig. venosum (obliterierter Ductus venosus der Nabelvene) Lig. hepatogastricum Lig. hepatoduodenale Lig. hepatocolicum. Mit dem Zwerchfell ist der hintere (dorsale) Leberrand über das Ligamentum coronarium verbunden. Das Ligamentum coronarium geht beidseits in das dreieckige Ligamentum triangulare dextrum bzw. sinistrum über, welche die sogenannte nackte Fläche der Leber (Area nuda) mit direktem Kontakt zum Zwerchfell ohne zwischenliegendes Bauchfell umkreisen. Auf der Zwerchfellseite zieht vom Ligamentum coronarium das Ligamentum falciforme hepatis ( sichelförmiges Leberband ) rechtwinklig zur Bauchseite (ventral). Das Ligamentum falciforme hepatis zieht ursprünglich bis zum Bauchnabel, denn es stellt beim Fetus das Gekröse der Nabelvene dar. Die Nabelvene selbst verschließt sich unmittelbar nach der Geburt und bleibt als rundlicher bindegewebiger Strang erhalten, der als Ligamentum teres hepatis durch den freien Rand des Ligamentum falciforme hepatis zieht und als Ligamentum venosum hepatis die Venae hepaticae bzw. die Portalvene erreicht. Zur Bauchhöhlenseite ist die Leber mit dem Magen und dem Duodenum über das kleine Netz (Omentum minus) verbunden. Die Appendix fibrosa fixiert den linken Leberlappen zusätzlich am Zwerchfell. Feinbau der Leber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Glisson-Trias der menschlichen Leber Glisson-Trias der Rattenleber, 1 Arteria interlobularis, 2 Vena interlobularis, 3 Ductus biliferus (Masson-Goldner-Färbung) Schematische Darstellung eines Zentralvenen-Leberläppchens. Die Glisson-Trias befinden sich jeweils zwischen den Sechsecken, Bild unten rechts. Sie bestehen aus: Ductus biliferi interlobulares (grün), Arteria interlobularis (rot) und Vena interlobularis (lila)[14] Vergrößerung der schematischen Darstellung eines Zentralvenen-Leberläppchens. Die Leberlappen sind von einer Bindegewebskapsel umgeben, die auch als Leber- oder Glisson-Kapsel bezeichnet wird. Von ihr ziehen Stränge in das Innere, die sich im histologischen Schnitt als Portalfelder darstellen. Sie unterteilen die Leberlappen in winzige Leberläppchen (max. 1 2 mm). Diese, im Anschnitt sechseckige, Gebilde, bestehen vorwiegend aus Leberzellen (Hepatozyten). Die Hepatozyten haben meist mehrere Zellkerne und sind in Strängen angeordnet ( Leberzellbalken ). An den Eckpunkten benachbarter Leberläppchen liegen die Portalfelder. In diesen Feldern verläuft jeweils eine Arteria interlobularis (ein Ast der Leberarterie), eine Vena interlobularis (ein Ast der Pfortader) und ein Gallengang (Ductus biliferus). Diese Gefäße bezeichnet man als Glisson-Trias (Glissonsches Dreieck). Die Glisson-Trias ist beim Menschen im Mikroskop weniger ausgeprägt zu erkennen als bei manchen Tieren, z. B. Schwein, Ratte (s. Abb.). Zwischen den Leberzellen liegen die erweiterten Kapillaren der Leber (Lebersinusoide) angeordnet. Diese Sinusoide sind von einem diskontinuierlichen Endothel (Basallamina fehlt) ausgekleidet und enthalten spezielle Makrophagen, die Kupffer-Zellen (alte Bezeichnung Kupffer'sche Sternzelle). Die Sinusoide transportieren das Blut der Pfortader zusammen mit dem Blut aus der Leberarterie durch die Leberläppchen in Richtung der Läppchenzentren, wo es jeweils von einer Zentralvene (Vena centralis) aufgenommen wird. Die Zentralvenen vereinigen sich zu größeren Venen (Venae sublobulares) und münden schließlich in die meist drei Lebervenen (Venae hepaticae). Den Spaltraum zwischen den Endothelzellen der Lebersinusoide und den Leberzellen nennt man den Disse-Raum (nach Josef Disse), in dem der eigentliche Stoffaustausch zwischen Blut und Hepatozyten stattfindet. Im Disse-Raum befindet sich Blutplasma, weiterhin die sog. Ito-Zellen, die Vitamin A enthalten und der Fettspeicherung dienen. Außerdem gelten sie als Produzenten der intralobulären Bindegewebsfasern und erlangen pathophysiologische Bedeutung im Rahmen der Leberzirrhose.[15] Die Gallenkapillaren sind innerhalb der Leberläppchen nur Vertiefungen der Leberzellen, erst nach dem Austritt aus den Läppchen bekommen sie eine eigene Wand und werden zu den Gallengängen mit einem einschichtig-prismatischen Epithel. Aus den kleinen Gallengängen eines Portalfeldes fließt die Galle über größere Gallengänge aus der Leber. Neben der oben beschriebenen Einteilung der Leber in die klassischen Zentralvenen-Läppchen (Lobulus), ist die Einteilung in Leberazini (Singular: Leberazinus) hilfreich. Hierbei handelt es sich eher um eine funktionelle als um eine histologische Betrachtungsweise. Die mittlere Achse eines Azinus stellt ein Bündel mit den terminalen Zweigen der Versorgung, also den Gefäßen des Glisson-Trias dar, die ja am Rand des klassischen Läppchens verlaufen. Der Vorteil dieser Einteilung ist, dass sie berücksichtigt, dass ein Versorgungsbündel das Blut in beide benachbarten Läppchen entlassen kann.[16] Die am nächsten am Versorgungsbündel liegenden Hepatozyten werden am besten mit Sauerstoff und Nährstoffen beliefert, weshalb dieser Bereich als Zone 1 des Azinus bezeichnet wird. Weiter zum Zentrum des klassischen Läppchens liegen dann die Zonen 2 und 3.[17] Leistungen der Leber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Von 1850 bis 1857 führte Claude Bernard Studien über Glykogen und Zuckerbildung in der Leber durch. Erste bedeutende Tierversuche zur wissenschaftlichen Erforschung der Leberfunktion wurden von 1885 bis 1888 von Oskar Minkowski und Bernhard Naunyn durchgeführt und publiziert.[18] Die Leber ist eng in die Steuerung des Glukose-, Fett- und Eiweißstoffwechsels eingebunden. Glukose wird vom Darmblut aufgenommen und kontrolliert an den restlichen Körper weitergegeben. Ein Überschuss wird als Glykogen gespeichert. Bei Energiebedarf wird der Speicherstoff zu Glukose gewandelt. Die Leber beeinflusst gesteuert durch Hormone wie Insulin und Glucagon den Blutzucker spiegel und kann ihn, von der Nahrungsmittelzufuhr unabhängig, konstant halten. Insulin bewirkt in der Leber die Umwandlung des Zuckers in die Speicherform Glykogen und hemmt den Abbau von Fett. Das Hormon Glucagon regt seinerseits die Leber zum Glykogenabbau an und agiert somit als Gegenspieler (Antagonist) vom Insulin. Syntheseleistungen: Gluconeogenese (Neubildung von Traubenzucker) aus z. B. Glycerin, Lactat/Pyruvat und manchen Aminosäuren Ketonkörper synthese Synthese von Cholesterin und den hieraus abgeleiteten Gallensäuren Synthese von Fettsäuren Synthese von Bluteiweißen wie Albumin Globuline (außer Gamma) Gerinnungsfaktoren Akute-Phase-Proteine Speicherung von Glucose in Form von Glykogen Fett in Form von Lipoproteinen einigen Vitaminen Blut Bildung der Galle Abbau und Entgiftung hierbei sind besonders die Cytochrom P450-abhängigen Enzyme beteiligt von: geschädigten und alten Erythrozyten durch Kupffer-Zellen (Leberspezifische Makrophagen) Bilirubin (Abbauprodukt des Hämoglobins) Ammoniak zu Harnstoff Steroidhormonen Medikamenten/Giften Blutbildung beim Fetus bis zum 7. Schwangerschafts monat (hepato-lienale Periode) die Regulierung des Vitamin- und Spurenelement stoffwechsels Die Leber hat im Vergleich zu anderen Organen des Körpers eine relativ ausgeprägte Fähigkeit zur Regeneration. Stirbt ein Teil ab, wird die Leber verletzt oder sonst beschädigt, so kann das betroffene Gewebe wieder neu gebildet werden. Voraussetzung für eine Neubildung ist, dass die Ursache der Verletzung entfernt wurde, weniger als fünfzig Prozent der funktionellen Masse des Organs geschädigt wurden und die Leber ihre Regenerationsfähigkeit bei der Verletzung hat aufrechterhalten können. Diese Eigenschaft wird bei Lebertransplantationen oft ausgenutzt. Vernarbungen wie beispielsweise bei Hautverletzungen treten hierbei nicht auf. Die Regenerationsfähigkeit der Leber schlägt sich bereits in der griechischen Mythologie nieder: In der Sage des Prometheus wird dieser zur Strafe für die Übergabe des Feuers an die Menschen an einem Felsen festgeschmiedet. Ein Adler hackt täglich einen Teil seiner Leber heraus, der bis zum nächsten Tag nachwächst. Leberenzyme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Leberenzyme Die Blutuntersuchung der Leberenzyme gibt bei Lebererkrankungen Hinweise auf Art und Ausmaß der Erkrankung (Leberwerte). Enzyme werden wie überall im Körper auch in der Leber benötigt, um die Stoffwechselleistungen der Leber aufrechtzuerhalten. Im Normalfall sind diese Eiweiße Bestandteile des Zytoplasmas der Leberzellen (Hepatozyten). Jedoch werden diese Enzyme auch von anderen Geweben produziert und sind nicht ausnahmslos der Leber zuzuordnen. Bei Schädigung der Leberzellen treten diese Enzyme im Blutserum erhöht auf. Je nachdem, welche Enzyme erhöht sind, kann man oft auf die Art der Erkrankung schließen. Die Höhe des Enzymanstiegs im Serum entspricht dabei dem Ausmaß der Schädigung der Leberzellen. Da diese Enzyme nur ins Blut gelangen, wenn Leberzellen zerstört werden, ist vor allem eine zu hohe Konzentration ein Indikator für eine Erkrankung der Leber. Die Leberwerte können im kleinen Blutbild kontrolliert werden. Ursache von Zellschäden können unter anderem Virusinfektionen, Alkohol, Vergiftungen oder Tumoren sein. Alle Enzyme in den Leberzellen kommen auch in anderen Körperzellen vor, wie zum Beispiel im Herzen und in der Skelettmuskulatur. Dennoch sind manche Enzyme nur bei Leberzellschäden im Serum (flüssiger Bestandteil des Blutes ohne Fibrinogen) erhöht. Oft gemessene Leberenzyme sind: GOT = AST = ASAT = Glutamat-Oxalacetat-Transaminase/Aspartat-Aminotransferase: Erhöht bei Vergiftung durch Alkohol oder andere toxische Stoffe, bei Entzündung und Leberstauung, besonders bei akuten Lebererkrankungen. GPT = ALT = ALAT = Glutamat-Pyruvat-Transaminase/Alanin-Aminotransferase: Analysiert wird der Quotient AST/ALT. Ein Wert zwischen 0.8 und 1.0 deutet auf einen leichten Leberschaden hin, liegt der Wert über 1.0 gilt das als Indikator für einen schweren Leberschaden. Mögliche Ursachen sind ein Tumor, Entzündung oder Vergiftung der Leber. Gamma-GT = -GT = GGT = Gamma-Glutamyl-Transferase: Eine Erhöhung dieses Wertes im Blutbild ist Folge einer Vergiftung oder eines Gallenstaus in der Leber. AP = Alkalische Phosphatase: Wird ein erhöhter Wert im Blutbild gemessen, kann dies ein Hinweis auf ein Leberkarzinom, Leberzirrhose, Hepatitis oder Gallenstau sein. Die Gamma-GT ist hier der empfindlichste Parameter für Schäden der Leberzellen und des Gallengangsystems.[19] Schäden und Krankheiten (Hepatopathien)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Alpha-1-Antitrypsin-Mangel Fettleber (infolge einer Leberverfettung) Speckleber (Amyloidose) Hepatitis (Leberentzündung) weitere entzündliche Lebererkrankungen (Entzündungen der Leber) wie Leberabszess und Lebertuberkulose Gelbsucht (Ikterus) Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) Leberegel Großer Leberegel (Fasciola hepatica) Kleiner Leberegel (Dicrocoelium lanceolatum) Chinesischer Leberegel (Clonorchis sinensis) Leberkokzidiose Leberkolik (bei Cholezystolithiasis)[20] Lebersarkoidose Leberzirrhose (Leberverhärtung) Leberatrophie Pfortaderhochdruck (mit Ösophagusvarizen) Pfortaderthrombose Eine Leberschrumpfung kann zur Schrumpfleber führen.[21] Eine Lebervergrößerung führt zur Hepatomegalie. Lebersternchen (Eppinger-Sternchen, Spider naevi)[22] Stauungsleber (Leberveränderung infolge einer Leberstauung)[23][24] Leberversagen (Leberinsuffizienz), Leberdystrophie und Lebernekrose hepatische Enzephalopathie (Hirnleistungsstörungen bis zum Leberkoma, Coma hepaticum) hepatorenales Syndrom als Folge einer Bauchwassersucht[25] oder Leberwassersucht[26] immunologische Lebererkrankungen (Autoimmunhepatitis) Lebermetastasen Parasitosen der Leber wie die Leber-Echinokokkose Lebertumore (gutartig oder bösartig) Leberzellkarzinom (Leberkarzinom, Leberkrebs, Carcinoma hepatis) Leberabszesse (Hepatapostema)[27] Caroli-Syndrom Gallengangsveränderungen Byler-Syndrom (syn. progressive familiäre intrahepatische Cholestase, PFIC) Alagille-Syndrom Porphyrie Reye-Syndrom Mottenfraßnekrose (Leberzellnekrose) Morbus Meulengracht (Morbus Gilbert) Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit) Toxische Leberschäden (durch Vergiftungen) traumatische Schädigung (Ruptur, Lazeration, Hämatom) Venenverschlusskrankheit (VOD) Xanthomatose Zystenleber (Leberveränderung durch viele Leberzysten) Die Geschichte der Leberchirurgie begann im 19. Jahrhundert.[28] Redensarten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Da man früher die Leber als den Sitz der Gefühle, in der Antike insbesondere negativer Emotionen wie Hass, Neid und Zorn,[29] und der Temperamente sowie als Urheber des Blutes und von Trieben ansah,[30] wurde sie zum Gegenstand mehrerer Redensarten.[31] Heute noch gilt die Leber, von der ja die Galle ausgeht, als Sitz des Zorns.[32] Beispiele für entsprechende Redensarten: Mir läuft (kriecht) eine Laus über die Leber bedeutet ich ärgere mich [32] oder ich bin schlecht gelaunt .[33] Frei von der Leber (weg) reden bedeutet offen sprechen [33] oder ohne Hemmungen sagen, was man meint und denkt oder sich keinen Zwang auferlegen .[32] Die beleidigte Leberwurst spielen bedeutet ohne triftigen Grund beleidigt oder gekränkt sein . Eine trockene Leber haben bedeutet gerne (Alkohol) trinken .[33][32] Leber als Lebensmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Leber verschiedener Tiere eignet sich für den Verzehr und ist Bestandteil vieler Küchen, siehe Leber (Lebensmittel). Als Arznei und Stärkungsmittel wird Lebertran verwendet, der aus verschiedenen Fischarten gewonnen wird. Leber in Kultur und Gesellschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In der griechischen Mythologie wurde Prometheus, von den Göttern bestraft, da er den Menschen das Feuer gegeben hat. Er wurde von ihnen an einen Fels gekettet und dazu verdammt, dass ein Geier jeden Tag seine Leber verspeist, welche sich über Nacht regeneriert (die Leber ist das einzige innere menschliche Organ, welches dazu in der Lage ist sich in großen Teilen selbst zu regenerieren). Ferner ist in der Humoralpathologie die Leber mit dem Element Feuer verbunden.[34] In der Heilkunde wurden von altägyptischer Zeit bis ins Mittelalter Lebern von Hunden (insbesondere tobenden ), Ziegenböcken, Wölfen, Eseln oder Schweinen verwendet.[35] Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hepatologie Leberpunktion LiMAx-Test Calot-Dreieck Campolon Kratzauskultation Leberhautzeichen, Leberfleck (Hautveränderungen) Leberparenchym Gallenfarbstoffe Gallenstein Leberbalsam, Leberblümchen, Lebermoos (Pflanzen) Leberbrand (Viehkrankheit)[33] Leberschau (Hepatoskopie) Säuferleber bei einer Alkoholkrankheit Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wolfgang F. Caspary u. a. (Hrsg.): Therapie von Leber- und Gallekrankheiten. Springer-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-540-67390-3. Helmut Denk u. a.: Pathologie der Leber und Gallenwege. (= Spezielle pathologische Anatomie. Band 10). Springer-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-540-65511-5. Hansludwig Hagen: Die physiologische und psychologische Bedeutung der Leber in der Antike, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 1961. Erwin Kuntz, Hans-Dieter Kuntz: Praktische Hepatologie. Historie, Morphologie, Biochemie, Diagnostik, Klinik, Therapie. Barth, Heidelberg 1998, ISBN 3-335-00568-6. Ellen Schmidt u. a. (Hrsg.): Lebererkrankungen. Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2000, ISBN 3-8047-1640-7. Hans Adolf Kühn: Krankheiten der Leber. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 847 875. Renate Lüllmann-Rauch: Taschenlehrbuch Histologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2006. Nikolaus Mani: Die historischen Grundlagen der Leberforschung; I: Die Vorstellungen über Anatomie, Physiologie und Pathologie der Leber in der Antike; II: Die Geschichte der Leberforschung von Galen bis Claude Bernard. Basel und Stuttgart 1959 und 1967 (= Basler Veröffentlichungen zur Geschichte der Medizin und der Biologie, 9 und 21). Heiner Wedemeyer: Das Leber-Buch. Wie halte ich meine Leber gesund? Neue Therapien und Stand der Forschung. Die Leber von A bis Z, vierte aktualisierte und erweiterte Auflage, Humboldt, Hannover 2021, ISBN 978-3-8426-3043-7. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Leber Album mit Bildern, Videos und Audiodateien Wikibooks: Leber Lern- und Lehrmaterialien Wikiquote: Leber Zitate Wiktionary: Leber Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Wiktionary: hepatisch Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Grundlagen der Leberfunktion leberinfo.de elektronenmikroskopische Abbildungen der Leber - EM Atlas im Internet Diseases of the Liver (engl.) Sonographiebilder Ultraschall-Atlas der Leber SonoAtlas Ein Ultraschallatlas der Leber Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Herkunftswörterbuch (= Der Duden in zwölf Bänden. Band 7). 2. Auflage. Dudenverlag, Mannheim 1989, S. 409. Leber. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache.Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 7. Auflage. Trübner, Straßburg 1910, S. 281 (daten.digitale-sammlungen.de). Vgl. etwa Otto Beßler: Prinzipien der Drogenkunde im Mittelalter. Aussage und Inhalt des Circa instans und Mainzer Gart. Mathematisch-naturwissenschaftliche Habilitationsschrift, Halle an der Saale 1959, S. 181 ( Epar id est [ ] lebere ). Alois Walde: Lateinisches etymologisches Wörterbuch. 3. Auflage, besorgt von Johann Baptist Hofmann, 3 Bände. Heidelberg 1938 1965, Band 1, S. 673. Johann Baptist Hofmann: Etymologisches Wörterbuch des Griechischen. R. Oldenbourg Verlag, München 1950, S. 108 f. Osamu Ohtani, Yuko Ohtani: Lymph circulation in the liver. In: Anatomical Record (Hoboken, N.J.: 2007). Band 291, Nr. 6, Juni 2008, ISSN 1932-8494, S. 643 652, doi:10.1002/ar.20681, PMID 18484610. A. E. Dumont, R. H. Clauss, G. E. Reed, D. A. Tice: LYMPH DRAINAGE IN PATIENTS WITH CONGESTIVE HEART FAILURE. COMPARISON WITH FINDINGS IN HEPATIC CIRRHOSIS. In: The New England Journal of Medicine. Band 269, 31. Oktober 1963, ISSN 0028-4793, S. 949 952, doi:10.1056/NEJM196310312691804, PMID 14056641. Christopher L. Smith, Mandi Liu, Madhumitha Saravanan, Aaron G. Dewitt, David M. Biko: Liver lymphatic anatomy and role in systemic lymphatic disease. In: European Radiology. Band 32, Nr. 1, 24. Juni 2021, ISSN 0938-7994, S. 112 121, doi:10.1007/s00330-021-08098-z. C. Couinaud: Le Foie. Etudes anatomiques et chirurgicales. Masson & Cie, Paris 1957. Jean H. D. Fasel: Portal venous territories within the human liver: an anatomical reappraisal. In: Anatomical Record. Band 291, Nr. 6, Juni 2008, ISSN 1932-8494, S. 636 642, doi:10.1002/ar.20658, PMID 18484609. Jean-Nicolas Vauthey, Giuseppe Zimmitti, Junichi Shindoh: From Couinaud to molecular biology: the seven virtues of hepato-pancreato-biliary surgery. In: HPB. Band 14, Nr. 8, S. 493 499, doi:10.1111/j.1477-2574.2012.00502.x, PMID 22762396, PMC 3406345 (freier Volltext). Keith L. Moore, Arthur F. Dalley: Clinically oriented Anatomy. 5. Auflage. Lippincott Williams & Wilkins, 2006, ISBN 0-7817-3639-0, S. 293. S. M. Strasberg et al.: The Brisbane 2000 Terminology of Liver Anatomy and Resections. In: HPB. Band 2, Nr. 3, 2000, ISSN 1365-182X, S. 333 339, doi:10.1016/S1365-182X(17)30755-4. Franz-Viktor Salomo: Anatomie für die Tiermedizin. Enke Stuttgart, 4. Auflage 2020, ISBN 978-3-13-242675-7, S. 333 335. Hans Frick, Helmut Leonhardt, Dietrich Starck: Spezielle Anatomie. Band 2, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-13-356904-X, S. 132. R. Lüllmann-Rauch: Histologie. 2003, S. 340. Leber. (Grafik) In: tobias-schwarz.net. Abgerufen am 11. März 2023. Renate Lüllmann-Rauch: Histologie. Verstehen Lernen Nachschlagen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 36 und 46. Was sind Leberwerte, wann werden Sie gefährlich und wie werden Sie behandelt? Abgerufen am 22. März 2019. [Sie statt sie im Original.] Meyers Kleines Lexikon, 9. Auflage, Band 2, Bibliographisches Institut, Leipzig 1933, S. 1359. Günter Thiele (Hrsg.): Handlexikon der Medizin. Band 4: L Z. Urban & Schwarzenberg, München / Wien / Baltimore ohne Jahr, S. 2194. Linus Geisler: "Krankenpflege", Innere Medizin. Band II, 10. Auflage, Verlag Wilhelm Kohlhammer, Stuttgart / Berlin / Köln / Mainz 1970, ISBN 3-17-007038-X, S. 34. Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, 267. Auflage, de Gruyter, Berlin / Boston 2017, ISBN 978-3-11-049497-6, S. 1030 und 1712. Günter Thiele (Hrsg.): Handlexikon der Medizin. Band 4: S Z. Urban & Schwarzenberg, München / Wien / Baltimore ohne Jahr, S. 2322. Meyers Kleines Lexikon. 9. Auflage, Band 2, Bibliographisches Institut, Leipzig 1933, S. 1359. Ludwig August Kraus: Kritisch-etymologisches medicinisches Lexikon. 3. Auflage, Verlag der Deuerlich- und Dieterichschen Buchhandlung, Göttingen 1844, S. 458 (Hepathyderos). Ludwig August Kraus: Kritisch-etymologisches medicinisches Lexikon. 3. Auflage, Verlag der Deuerlich- und Dieterichschen Buchhandlung, Göttingen 1844, S. 457. L. Tait: The surgery of the liver. In: Edinburgh Medical Journal. Band 35, 1889, S. 305 ff. Ferdinand Peter Moog: Galen liest Klassiker Fragmente der schöngeistigen Literatur des Altertums im Werk des Pergameners. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2020), S. 7 24, hier: S. 14 f. (zur mit großen Eingeweiden charakterisierten zornigen und rachsüchtigen, aber auch [mit dem Herz] liebenden und [dem Gehirn] planvoll denkenden, Medea bei Euripides und zur nachwachsenden Leber des Prometheus als Quelle von dessen Auflehnung und Frevel). Jerry Stannard: Medieval hepatic therapy and some folk medical survivals. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 6, 1988, S. 207 223. Der Duden in zwölf Bänden. Band 11: Redewendungen. Dudenverlag, Mannheim 1992, S. 443. a b c d Der Sprach-Brockhaus. Eberhard Brockhaus Verlag, Wiesbaden 1949, S. 365. a b c d Deutsches Wörterbuch. Schülerbildungswerk, Verlag Hans Witte, 3. Auflage, Freiburg im Breisgau 1965, S. 520. Johannes Gottfried Mayer: Kräuterbuch der Klostermedizin. 2003, S. 30 41. Otto Beßler: Prinzipien der Drogenkunde im Mittelalter. Aussage und Inhalt des Circa instans und Mainzer Gart. Mathematisch-naturwissenschaftliche Habilitationsschrift, Halle an der Saale 1959, S. 181. Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! Normdaten (Sachbegriff): GND: 4034933-0 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Luftröhre.txt | Kehlkopf, Luftröhre und Bronchialsystem
Die Luftröhre oder lateinisch Trachea (von altgriechisch τραχύς trachýs, deutsch ‚rau‘;[1][2][Anmerkung 1] gemeint ist „der raue Schlauch“, „die grobe Arterie“ – im Gegensatz zu den feineren blutführenden Gefäßen) ist bei Wirbeltieren die Verbindung zwischen dem Kehlkopf und dem Bronchialsystem der Lunge. Sie gehört zum Atemtrakt und dient der Luftleitung.
Seitenschnitt mit oberem Teil der Luftröhre und angrenzenden Strukturen
Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Entwicklungsgeschichtlich tritt die Luftröhre zuerst bei den Amphibien auf. Daher kann angenommen werden, dass dieses Organ vor rund 350 Millionen Jahren entwickelt wurde. Die längsten Luftröhren gab es bei einigen Dinosauriern mit rund 10 m Länge.
Wie die gesamten unteren Atemwege entsteht die Luftröhre beim Embryo aus einer Aussprossung des Vorderdarms.
Anatomie bei Säugetieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Luftröhre ist ein elastisches Rohr und beginnt am Kehlkopf. Hier liegt sie zunächst bauchwärts (ventral) der Speiseröhre und zieht dann am Hals rechts von ihr zum Brustkorb. Innerhalb des Brustkorbes liegt sie wieder bauchwärts der Speiseröhre und teilt sich in Höhe des 4. bis 5. Brustwirbels in der Luftröhrengabel (Bifurcatio tracheae) in die zwei Hauptbronchien (Bronchi principales).
Beim erwachsenen Menschen ist sie 10–12 cm lang und durch 16 bis 20 hufeisenförmige hyaline Knorpel (Cartilagines tracheales) in ihrer Vorderwand verstärkt, sodass sie auch beim Einatmen nicht kollabieren kann. Die Knorpelspangen selbst sind durch Bänder – die Ligamenta anularia – miteinander verbunden, während die Hinterwand (Paries membranaceus) aus bindegewebigen und muskulären (Trachealmuskel, Musculus trachealis) Strukturen besteht. Durch diese muskuläre Komponente kann das Lumen der Luftröhre um ein Viertel verengt werden.
Die Knorpelhaut der Knorpelspangen strahlt in die Ligamenta anularia ein. Die Schleimhaut der Luftröhre ist fest mit der Knorpelhaut verwachsen, im in der Hinterwand anliegenden Teil jedoch frei verschieblich, so dass sich bei der Kontraktion des Trachealmuskels Längsfalten bilden können. Zwischen diesen Falten münden Drüsen (Glandulae tracheales), die ein seromuköses Sekret bilden. Über die geordnete Tätigkeit des mehrreihigen Flimmerepithels (respiratorisches Epithel) werden Schleim und Staubteilchen nach oben befördert und abgehustet oder abgeräuspert.
In dieser Schleimhaut, die die gesamte Innenwand der Luftröhre auskleidet, sind zudem Becherzellen und neuroendokrine Zellen verteilt, wobei letztere als neuroepitheliale Körperchen zusammenliegen können und zum APUD-System gehören. Diese dienen ebenso wie diejenigen in den Bronchien als Chemorezeptoren zur Überwachung der Atemgase.
Klinik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In die Luftröhre gelangte Fremdkörper lösen den Hustenreflex aus. Können sie nicht abgehustet werden, kann die Fremdkörperaspiration bis zum Ersticken führen.
Eine Entzündung der Luftröhre nennt man Tracheitis. Sie kann infektiös, allergisch oder durch chemische Reize entstehen. Häufig ist sie mit einer Kehlkopfentzündung (Laryngitis) kombiniert (Laryngotracheitis). Bei zusätzlicher Entzündung der Bronchien spricht man von Tracheobronchitis.[3] Eine Erweichung der Knorpelringe (Tracheomalazie) führt dazu, dass die Luftröhre vor allem in der Phase der Einatmung kollabiert (siehe auch Trachealkollaps des Hundes). Eine Einengung der Luftröhre kann auch durch raumfordernde Prozesse in der Umgebung der Luftröhre (Säbelscheidentrachea) und durch Luftröhrenkrebs entstehen. Verengungen der Luftröhre (Trachealstenosen) führen meist zu einem Brummgeräusch, das als Stridor trachealis bezeichnet wird.
Vorderansicht des Herzens und der Lungen.
Die chirurgische Eröffnung der Luftröhre (Tracheotomie) ist eine Notfallmaßnahme bei Verlegungen der oberen Atemwege. Bei Narkosen wird zur Aufrechterhaltung des Luftstroms und der Vermeidung des Einatmens von Fremdmaterial in die Luftröhre ein Endotrachealtubus gelegt (endotracheale Intubation).
Eine Malazie der Luftröhre kann angeboren oder (nach längerer Beatmung) erworben auftreten und wird als Tracheomalazie bezeichnet.
Kleine Aussackungen der Luftröhre (Trachealdivertikel) können angeboren oder erworben sein und sind klinisch meist ohne Bedeutung.[4]
Als angeborene Fehlbildung (oder erworbene Erkrankung) ist die Tracheo-ösophageale Fistel und die Tracheomalazie zu nennen.
Erworbene oder angeborene Stenosen der Luftröhre können chirurgisch, etwa durch Laryngologen, behandelt werden.[5]
Bei Vögeln ist die Luftröhre Sitz des Luftröhrenwurms.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Franz-Viktor Salomon: Atmungsapparat. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 324–367.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wiktionary: Luftröhre – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Literatur von und über Luftröhre im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. G. Freytag Verlag/Hölder-Pichler-Tempsky, München/Wien 1965.
↑ Pschyrembel: Medizinisches Wörterbuch. 257. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1993, ISBN 3-933203-04-X, S. 1551.
↑ Joachim Frey: Krankheiten der Atmungsorgane. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 599–746, hier: S. 635–640 (Tracheobronchitis).
↑ A. Tanrivermis Sayit, M. Elmali, D. Saglam, C. Celenk: The diseases of airway-tracheal diverticulum: a review of the literature. In: Journal of thoracic disease. Band 8, Nummer 10, Oktober 2016, S. E1163–E1167, doi:10.21037/jtd.2016.10.92, PMID 27867581, PMC 5107528 (freier Volltext) (Review).
↑ R. Meyer: Reconstructive Surgery of the Trachea. In Zusammenarbeit mit I. Flemming. Übersetzt von P. M. Stell. Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 1982, ISBN 3-13-619501-9.
Weitere Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Die Wortbildung ist vom Femininum τραχεῖα tracheia abgeleitet.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4134946-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85136401
| Kehlkopf, Luftröhre und Bronchialsystem Die Luftröhre oder lateinisch Trachea (von altgriechisch trach s, deutsch rau ;[1][2][Anmerkung 1] gemeint ist der raue Schlauch , die grobe Arterie im Gegensatz zu den feineren blutführenden Gefäßen) ist bei Wirbeltieren die Verbindung zwischen dem Kehlkopf und dem Bronchialsystem der Lunge. Sie gehört zum Atemtrakt und dient der Luftleitung. Seitenschnitt mit oberem Teil der Luftröhre und angrenzenden Strukturen Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Entwicklungsgeschichtlich tritt die Luftröhre zuerst bei den Amphibien auf. Daher kann angenommen werden, dass dieses Organ vor rund 350 Millionen Jahren entwickelt wurde. Die längsten Luftröhren gab es bei einigen Dinosauriern mit rund 10 m Länge. Wie die gesamten unteren Atemwege entsteht die Luftröhre beim Embryo aus einer Aussprossung des Vorderdarms. Anatomie bei Säugetieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Luftröhre ist ein elastisches Rohr und beginnt am Kehlkopf. Hier liegt sie zunächst bauchwärts (ventral) der Speiseröhre und zieht dann am Hals rechts von ihr zum Brustkorb. Innerhalb des Brustkorbes liegt sie wieder bauchwärts der Speiseröhre und teilt sich in Höhe des 4. bis 5. Brustwirbels in der Luftröhrengabel (Bifurcatio tracheae) in die zwei Hauptbronchien (Bronchi principales). Beim erwachsenen Menschen ist sie 10 12 cm lang und durch 16 bis 20 hufeisenförmige hyaline Knorpel (Cartilagines tracheales) in ihrer Vorderwand verstärkt, sodass sie auch beim Einatmen nicht kollabieren kann. Die Knorpelspangen selbst sind durch Bänder die Ligamenta anularia miteinander verbunden, während die Hinterwand (Paries membranaceus) aus bindegewebigen und muskulären (Trachealmuskel, Musculus trachealis) Strukturen besteht. Durch diese muskuläre Komponente kann das Lumen der Luftröhre um ein Viertel verengt werden. Die Knorpelhaut der Knorpelspangen strahlt in die Ligamenta anularia ein. Die Schleimhaut der Luftröhre ist fest mit der Knorpelhaut verwachsen, im in der Hinterwand anliegenden Teil jedoch frei verschieblich, so dass sich bei der Kontraktion des Trachealmuskels Längsfalten bilden können. Zwischen diesen Falten münden Drüsen (Glandulae tracheales), die ein seromuköses Sekret bilden. Über die geordnete Tätigkeit des mehrreihigen Flimmerepithels (respiratorisches Epithel) werden Schleim und Staubteilchen nach oben befördert und abgehustet oder abgeräuspert. In dieser Schleimhaut, die die gesamte Innenwand der Luftröhre auskleidet, sind zudem Becherzellen und neuroendokrine Zellen verteilt, wobei letztere als neuroepitheliale Körperchen zusammenliegen können und zum APUD-System gehören. Diese dienen ebenso wie diejenigen in den Bronchien als Chemorezeptoren zur Überwachung der Atemgase. Klinik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In die Luftröhre gelangte Fremdkörper lösen den Hustenreflex aus. Können sie nicht abgehustet werden, kann die Fremdkörperaspiration bis zum Ersticken führen. Eine Entzündung der Luftröhre nennt man Tracheitis. Sie kann infektiös, allergisch oder durch chemische Reize entstehen. Häufig ist sie mit einer Kehlkopfentzündung (Laryngitis) kombiniert (Laryngotracheitis). Bei zusätzlicher Entzündung der Bronchien spricht man von Tracheobronchitis.[3] Eine Erweichung der Knorpelringe (Tracheomalazie) führt dazu, dass die Luftröhre vor allem in der Phase der Einatmung kollabiert (siehe auch Trachealkollaps des Hundes). Eine Einengung der Luftröhre kann auch durch raumfordernde Prozesse in der Umgebung der Luftröhre (Säbelscheidentrachea) und durch Luftröhrenkrebs entstehen. Verengungen der Luftröhre (Trachealstenosen) führen meist zu einem Brummgeräusch, das als Stridor trachealis bezeichnet wird. Vorderansicht des Herzens und der Lungen. Die chirurgische Eröffnung der Luftröhre (Tracheotomie) ist eine Notfallmaßnahme bei Verlegungen der oberen Atemwege. Bei Narkosen wird zur Aufrechterhaltung des Luftstroms und der Vermeidung des Einatmens von Fremdmaterial in die Luftröhre ein Endotrachealtubus gelegt (endotracheale Intubation). Eine Malazie der Luftröhre kann angeboren oder (nach längerer Beatmung) erworben auftreten und wird als Tracheomalazie bezeichnet. Kleine Aussackungen der Luftröhre (Trachealdivertikel) können angeboren oder erworben sein und sind klinisch meist ohne Bedeutung.[4] Als angeborene Fehlbildung (oder erworbene Erkrankung) ist die Tracheo-ösophageale Fistel und die Tracheomalazie zu nennen. Erworbene oder angeborene Stenosen der Luftröhre können chirurgisch, etwa durch Laryngologen, behandelt werden.[5] Bei Vögeln ist die Luftröhre Sitz des Luftröhrenwurms. Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Franz-Viktor Salomon: Atmungsapparat. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 324 367. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wiktionary: Luftröhre Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Literatur von und über Luftröhre im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. G. Freytag Verlag/Hölder-Pichler-Tempsky, München/Wien 1965. Pschyrembel: Medizinisches Wörterbuch. 257. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1993, ISBN 3-933203-04-X, S. 1551. Joachim Frey: Krankheiten der Atmungsorgane. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 599 746, hier: S. 635 640 (Tracheobronchitis). A. Tanrivermis Sayit, M. Elmali, D. Saglam, C. Celenk: The diseases of airway-tracheal diverticulum: a review of the literature. In: Journal of thoracic disease. Band 8, Nummer 10, Oktober 2016, S. E1163 E1167, doi:10.21037/jtd.2016.10.92, PMID 27867581, PMC 5107528 (freier Volltext) (Review). R. Meyer: Reconstructive Surgery of the Trachea. In Zusammenarbeit mit I. Flemming. Übersetzt von P. M. Stell. Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 1982, ISBN 3-13-619501-9. Weitere Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Wortbildung ist vom Femininum tracheia abgeleitet. Normdaten (Sachbegriff): GND: 4134946-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85136401 |
Lunge.txt |
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Lunge (Begriffsklärung) aufgeführt.
Schema der menschlichen Lunge. 1: Luftröhre, 2: Lungenvene, 3: Lungenarterie, 4: Alveolargang, 5: Lungenbläschen, 6: Herzeinschnitt, 7: kleine Bronchien, 8: Tertiärbronchus, 9: Sekundärbronchus, 10: Hauptbronchus, 11: Zungenbein
Die Lunge (lateinisch Pulmo) ist ein paariges Organ[1] der Atmung; sie erfüllt den Zweck, eine große Oberfläche für den Gasaustausch zwischen Luft und Blut herzustellen. Echte Lungen kommen bei vielen luftatmenden Wirbeltieren vor, so bei den meisten landlebenden Wirbeltieren und manchen Fischen wie z. B. den Lungenfischen. Der Mensch hat zwei Lungen (Pulmo dexter für die rechte Lunge und Pulmo sinister für die linke), die im Deutschen auch als Lungenflügel oder Lungenhälften bezeichnet werden. Die linke ist in zwei und die rechte in drei Lungenlappen unterteilt. Der Gasaustausch geschieht auf Ebene der Lungenbläschen, die als Endstrukturen verästelter Luftwege mit der Luftröhre verbunden sind.
Durch Ein- und Ausatmen wird frische Luft an die Blut-Luft-Schranke herangeführt; dies ist keine Leistung der Lunge selbst (die Säugetierlunge besitzt keine Muskulatur), sondern des Zwerchfells und der Zwischenrippenmuskulatur. Der Pleuraspalt, dessen Flüssigkeitsfilm Kräfte über Ad- und Kohäsion überträgt, vermittelt die verschiebliche Lagerung der Lungen im Brustkorb; da sie bei dessen Ausdehnung die Tendenz haben, sich zusammenzuziehen, herrscht im Pleuraspalt ein Unterdruck.
Die Lungen entstehen embryonal als Ausstülpungen des Vorderdarms (siehe Kiemendarm) und gleichen zunächst Drüsen. Die Amphibien besitzen einfache Lungen; sie sind sackförmig und glattwandig oder nur schwach gekammert. Viel stärker gekammert sind sie bei den Reptilien. Bei Vögeln sind sie relativ klein, aber wegen der zusätzlich vorhandenen Luftsäcke auch viel komplizierter gebaut. Die Lungen der Säugetiere ähneln denen der Reptilien.
Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das deutsche Wort Lunge stammt über seine althochdeutsche Form lunguna letztlich von der indogermanischen Wurzel *lengu̯h ‚leicht (in Bewegung und Gewicht)‘ ab, sodass von der ursprünglichen Bedeutung als ‚die Leichte‘ ausgegangen werden kann. Sprachwissenschaftler erklären die Benennung mit dem bereits vor langer Zeit festgestellten Phänomen, dass die Lunge eines geschlachteten Tieres als einziges Organ auf dem Wasser oben schwimmt.[2][3] Der medizinisch-lateinische Fachbegriff pulmo geht auf eine alternative Schreibweise des griechischen Wortes für Lunge zurück: altgriechisch πλεύμων (pleumon), dessen standardsprachliche Schreibweise πνεύμων (pneumon) u. a. dem Wort Pneumonie (= Lungenentzündung) zugrunde liegt.
Die Lunge der Säugetiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Beide Lungen der Säugetiere, auch als Lungenflügel bezeichnet, sind beweglich im Brustraum (Thorax) eingebettet. Mehr oder weniger tiefe Einschnitte teilen die Lunge in Lungenlappen (Lobi). Die Oberfläche der Lungen ist von einer glatten Auskleidung (Tunica serosa) überzogen, die in der Brusthöhle als Brustfell (Pleura) bezeichnet wird und unterteilt wird in Lungenfell (Lungenpleura) und Rippenfell (Thoraxpleura). Zwischen dem Brustfellüberzug der Lunge und der Brustfellauskleidung der Brusthöhle liegt der Pleuraspalt, ein mit wenig Flüssigkeit ausgefüllter Spaltraum, in dem ein Unterdruck herrscht.
Aufbau der menschlichen Lunge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Menschliche Lungen
3D-Rekonstruktion menschlicher Lungen aus CT-Bildern
Video: So funktioniert die Atmung
Die menschliche Lunge, als typische Säugetierlunge, besteht aus zwei vom Mediastinum getrennten Lungenflügeln. Dabei entspricht der rechte Lungenflügel der rechten Lunge (Pulmo dexter), der linke Lungenflügel der linken Lunge (Pulmo sinister). Jeder Lungenflügel wird durch tiefe, von Pleura ausgekleideten Furchen in so genannte Lungenlappen (Lobi pulmonales) unterteilt. Der rechte Lungenflügel teilt sich in drei Lappen (Oberlappen oder Lobus superior, Mittellappen oder Lobus medius und Unterlappen oder Lobus inferior), der linke Lungenflügel in lediglich zwei Lappen (Oberlappen und Unterlappen) auf.[4] Die Lungenlappen wiederum werden in Lungensegmente (Segmenta bronchopulmonalia) unterteilt. Dabei handelt es sich um durch Bindegewebsstraßen abgegrenzte und von eigenen Bronchien und Arterien versorgte Lungenabschnitte. Die Bezeichnung der Segmente erfolgt entsprechend der Zuordnung zum versorgenden Bronchialast. 10 Segmente finden sich in der rechten Lunge. Im linken Flügel gibt es nur 9 Segmente, da das 7. Segment fehlt. Der linke Lungenflügel ist etwas kleiner als der rechte, da auf der linken Seite das Herz einigen Raum einnimmt. Dabei bestehen der rechte Lungenoberlappen aus dem apikalen, dem posterioren und dem anterioren Oberlappensegment sowie der Mittellappen (nur rechts) aus dem lateralen und dem medialen Mittellappensegment (Segmente 4 und 5). Es folgen das apikale Unterlappensegment (6er Segment) sowie die vier basalen Unterlappensegmente rechts (mediobasal, anterobasal, laterobasal, posterobasal). Auf der linken Seite besteht der Oberlappen aus den Segmenten 1 bis 3, Namensgebung wie im rechten Oberlappen, sowie aus den beiden Lingulasegmenten (4, 5) (superiores und inferiores Lingulasegment). Es folgen das apikale Unterlappensegment (6er Segment) sowie die drei basalen Unterlappensegmente: anterobasal, laterobasal und posterobasal (Segmente 8 bis 10). Das mediobasale Segment fehlt.
Dass die funktionelle Lungeneinheit nicht der Lungenlappen, sondern das Lungensegment ist, hatte der amerikanische Chirurg Richard H. Overholt in Boston erkannt.[5]
Die Lungenflügel liegen in der Brusthöhle. Oben überragt die Lungenspitze um etwa 1–2 cm das Schlüsselbein, unten liegt die Lunge dem Zwerchfell auf, dessen Lage sehr variabel ist und vorrangig von der Atemstellung und der Körperlage (im Liegen höher als im Sitzen) abhängt. Grob kann man sagen, dass in der Atemruhestellung die Lungenränder auf der Bauchseite in Höhe der 6. Rippe, seitlich in Höhe der 8. Rippe und auf der Rückenseite in Höhe der 10. Rippe zu liegen kommen. Dieser Unterschied ergibt sich aus der schrägen Zwerchfellansatzlinie.
Die linke Lunge ist allgemein kleiner, weil ihr das Herz zum größten Teil aufliegt. Dadurch und bedingt durch die Aufspaltung der Luftröhre in die Hauptbronchien, sodass der linke Luftröhren-Bronchien-Winkel kleiner ist als der rechte, wird die rechte Lunge in der Regel besser belüftet. Der Winkel, der von der Trachea und dem rechten Hauptbronchus eingeschlossen wird, ist größer als jener zwischen Trachea und linkem Hauptbronchus. Dies hat Konsequenzen bei der Aspiration von Fremdkörpern: Diese gelangen meistens in den rechten Hauptbronchus. Das Lungenvolumen eines erwachsenen Menschen beträgt durchschnittlich 5 bis 6 Liter.
Feinbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Struktur eines terminalen Bronchiolus (letzte alveolentragende Bronchialaufzweigung).
Das Gewebe der Lungen kann in einen luftführenden Teil und einen Teil, in dem der tatsächliche Gasaustausch stattfindet, unterteilt werden. Die luftführenden Bronchien enden in blind endenden Säckchen, den Lungenbläschen (Alveolen). In diesen findet der Gasaustausch statt.
Die Gesamtheit des luftleitenden Systems wird als Bronchialsystem (Bronchialbaum) bezeichnet. Von innen nach außen finden sich verschiedene Schichten. Das Epithel (Deckgewebe) besteht zu Beginn noch, wie in der Luftröhre, aus mehrreihigem, hochprismatischem Flimmerepithel, doch näher an den Alveolen vereinfacht sich die Struktur, und in den Bronchiolen überwiegt einschichtiges iso- oder hochprismatisches Flimmerepithel. In der darunter liegenden Lamina propria findet sich glatte Muskulatur, deren Anteil zu den Alveolen hin zunimmt. Weiterhin enthält sie eine Vielzahl elastischer Fasern sowie muköse und seröse Drüsen, deren Ausgänge in den Bronchus öffnen und die die Schleimhautoberfläche mit einem Schutzfilm überziehen. Ganz außen findet sich in den großen Bronchien hyaliner Knorpel, der gewährleistet, dass die Luftwege offen bleiben. Je kleiner der Durchmesser der Bronchien wird, umso geringer wird der Anteil der Knorpelmasse, bis sich nur noch kleine Inseln finden.
Zusammen mit den Bronchien verlaufen auch die Arterien und Venen des Lungenkreislaufs sowie die Nervenfasern des Plexus pulmonalis.
Gasaustausch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Siehe auch: Lungenkreislauf
Die Oxygenierung des Blutes und die CO2-Abgabe erfolgt in den Alveolen. Diese etwa 300 Millionen sackartigen Erweiterungen (beim erwachsenen Menschen) haben einen Durchmesser von ca. 200 μm. Die von ihnen gebildete Fläche wird als Respiratorische Fläche bezeichnet. Die Alveolen bestehen aus den kleinen Alveolarzellen oder Pneumozyten Typ I, die weniger als 0,1 Mikrometer dick sein können und das Epithel der Alveolen bilden, und den großen Alveolarzellen oder Pneumozyten Typ II, die Surfactant produzieren. Der Anti-Atelektase-Faktor reduziert die Oberflächenspannung gegen ein in sich Zusammenfallen. Weiterhin finden sich noch Alveolarmakrophagen (Fresszellen), die aus dem Blut stammen und Mikroben sowie Staub phagozytieren (Staubzellen) oder nach Blutungen Hämosiderin, ein Abbauprodukt des Blutfarbstoffes Hämoglobin, aufnehmen (Herzfehlerzellen).
Zwischen Luft und Blut befindet sich eine dreischichtige Trennwand, die Blut-Luft-Schranke. Sie wird vom Epithel der Alveolen, der epithelialen und der endothelialen Basalmembran sowie dem Endothel der Kapillaren gebildet und ist zwischen 0,1 und 1,5 μm dick.
Da die Interzellularkontakte des Kapillarendothels für Flüssigkeit durchlässiger sind als die der Alveolarzellen, kann bei Herzschwäche Flüssigkeit in das Bindegewebe austreten und zu einem interstitiellen Ödem (Lungenödem) führen.
Das Bindegewebe zwischen den Bronchien und Alveolen enthält die Aufzweigungen der Lungenarterien und -venen. Die Aufzweigungen der Lungenarterie führen das Blut zu den Alveolen. Der Lymphabfluss erfolgt über die Lungenlymphknoten (Nll. pulmonales) und dann in die Tracheobronchiallymphknoten (Nll. tracheobronchiales).
Blutgefäße[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Durchblutung der Wand der Lungenbläschen erfolgt über die Kapillaren des Lungenkreislaufes (Vasa publica, ‚öffentliche Gefäße‘). Das übrige Gewebe, also die Umgebung der Bronchien und die Bindegewebssepten, versorgen Bronchialgefäße (Rami bronchiales, Vasa privata, ‚Eigengefäße‘) aus dem Körperkreislauf. Die Rami bronchiales für die linke Lunge (meist zwei) entspringen direkt aus der Brustaorta. Die Bronchialäste der rechten Lunge entspringen aus einem Stamm der dritten oder vierten hinteren Zwischenrippenarterie. Beide Gefäßsysteme bilden in der Peripherie häufig Anastomosen.[6]
Die meisten Bronchialvenen münden in die Lungenvenen, die hilumnahen Venae bronchiales dagegen rechts in die Vena azygos, links in die Vena hemiazygos.[6] Blut, das aus den Bronchialarterien in die Pulmonalvenen gelangt, bewirkt zusammen mit Blut aus Koronargefäßen, die ins linke Herz münden (Vv. cardiacae minimae), einen kleinen, physiologischen Rechts-links-Shunt. Zusammen mit funktionellen Kurzschlüssen im Lungenkreislauf (Durchblutung nicht belüfteter Lungenanteile) erklärt dies den gegenüber den Alveolen kleineren Sauerstoffpartialdruck in den Arterien des Körperkreislaufs.
Ontogenetische Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Siehe auch: Blutkreislauf des Menschen und der Säugetiere#Der Blutkreislauf vor und nach der Geburt
Die Lunge ist das einzige Organ, dessen Funktionsfähigkeit, solange der Fötus noch in der Gebärmutter ist, nicht überlebensnotwendig ist. Erst nach der Geburt (dann allerdings innerhalb von Sekunden) übernimmt sie ihre hauptsächliche Funktion. Trotzdem kommt ihr vor der Geburt eine wichtige Rolle zu: Die Lunge produziert täglich bis zu 15 ml Amnionflüssigkeit je kg Körpergewicht.
Die Entwicklung der Lunge beginnt etwa am 30. Tag mit der Ausbildung der Lungenknospe aus dem ventralen (bauchseitigen) Teil des Vorderdarms. Wie bei diesem ist das Epithel, das die Lunge und ihren luftleitenden Apparat (Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien) auskleidet, entodermalen Ursprungs. Im Gegensatz dazu entstammt das Muskel- und Knorpelgewebe dem Mesoderm, das das Darmrohr umgibt.
Die Lungenknospe teilt sich dann weiter in eine rechte und eine linke Aufzweigung (die späteren Hauptbronchien). Weiter teilt sich die rechte Aufzweigung in drei weitere Aufzweigungen, die linke in zwei. Jede dieser fünf weiteren Aufzweigungen bildet später einen Lungenlappen (Lobus pulmonis). Von der 5. bis zur etwa 17. Woche wird der gesamte später luftleitende Teil der Lungen angelegt, also die weiteren Verzweigungen der Bronchien bis hin zu den Bronchioli terminales. Vorerst ist dieser nur von hochprismatischem Epithel ausgekleidet, ab der 13. Schwangerschaftswoche finden sich jedoch erste Flimmerepithelzellen. Zellen des Epithels beginnen Amnionflüssigkeit zu produzieren.
In der 16. bis zur 26. Woche bilden sich aus den Enden der Bronchioli terminales die Canaliculi, aus denen das Lungenparenchym hervorgeht. Letzteres ist das Funktionsgewebe der Lunge, in dem nach der Geburt der Gasaustausch vonstattengeht. Eine für das Lungenparenchym typische Zellsorte sind Pneumozyten Typ II, die Surfactant ausscheiden. Einige Pneumozyten Typ II differenzieren sich zu Pneumozyten Typ I, und Kapillaren dringen in das entstehende Lungenparenchym ein. Die Wand der Kapillaren und die Membran der Pneumozyten Typ I bilden später die Blut-Luft-Schranke, wenn ab der 28. SSW Surfactant (→ Lungenreifung) gebildet wird.
Im letzten Trimester der Schwangerschaft bilden sich die Canaliculi zu weiteren Aufzweigungen um, die letztlich als Sacculi blind enden. Alle diese Aufzweigungen des Lungenparenchyms sind mit Pneumozyten vom Typ I und Typ II ausgekleidet. Die Wände der Sacculi und teilweise der vorgeschalteten Aufzweigungen stülpen sich zu halbkugeligen Alveoli aus. Wie die vorherigen Vorgänge vergrößert dies die von Parenchym bedeckte Oberfläche erheblich. Störungen dieser Entwicklung können zu einer Lungenfehlbildung führen. Ein Neugeborenes hat weit weniger Alveoli als ein Erwachsener. Die Bildung der Alveoli wird erst im Kindesalter abgeschlossen.
Bis kurz nach der Geburt enthalten die Lungen Fruchtwasser; dann vergrößert der Muskelapparat an den Rippen und des Zwerchfells das Volumens des Brustkorbs und infolge des größeren Luftdrucks außen strömt Luft in die Bronchien und dringt in die Lungenbläschen ein. Das Surfactant reduziert die Oberflächenspannung des Wassers und verhindert so das Atemnotsyndrom des Neugeborenen. Die vorhandene Flüssigkeit wird eher absorbiert und via Blut abtransportiert als ausgestoßen oder abgehustet. Ein erster Schrei bestätigt die Luftfüllung der Lunge des Neugeborenen. Die Umgehungskreisläufe schließen sich.
Siehe auch: Atemantrieb
Physiologie der Ein- und Ausatmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ausdehnung der Lunge bei Ein- (blau) und Ausatmung (rosa)
→ Hauptartikel: Lungenventilation
Das Atmen beginnt beim Einatmen (Inspiration) in der Regel mit der Interkostalmuskulatur bzw. dem Zwerchfell. Das Zwerchfell ist der stärkste Inspirationsmuskel, bei seiner Kontraktion flacht es sich ab und drückt die Bauch- und Beckeneingeweide nach kaudal (steißbeinwärts), wodurch sich das Thoraxvolumen vergrößert. Bei der Brustatmung kontrahieren sich die Musculi intercostales externi (äußere Zwischenrippenmuskeln). Dabei wird der Brustkorb angehoben und erweitert, wodurch die Lunge, die, selbst von der Pleura visceralis (oder pulmonalis) überzogen, über den Pleuraspalt (Cavitas pleuralis) mit der Pleura parietalis des Brustkorbs in Verbindung steht, mitgedehnt wird. Dadurch sinkt der Druck in der Lunge. Nach größeren Anstrengungen können zur erleichterten Atmung weitere Atemhilfsmuskeln beigezogen werden, z. B. der kleine und große Brustmuskel. Dies machen sich Sportler nach einem intensiven Rennen zu Nutze, indem sie sich mit den Armen zum Beispiel an einer Mauer aufstützen: ihre Arme sind dann fixiert (Punctum fixum), und somit ziehen die Brustmuskeln nicht die Arme zum Brustkorb, sondern umgekehrt den Brustkorb zu den Armen, die Rippen werden angehoben, und die Lunge füllt sich mit Luft. Nach der Druck-Volumen-Beziehung (Boyle-Mariottesches Gesetz) muss aber nun bei Änderungen des Drucks – sofern die Nasenlöcher bzw. der Mund offen sind und mit der Außenwelt in Verbindung stehen – das Volumen isobar (d. h. bei gleichem Druck) zunehmen. Die Lunge füllt sich, die Inspiration ist beendet.
Bei der Zwerchfellatmung senkt sich das Zwerchfell lediglich durch Kontraktion (das Zwerchfell besteht aus Muskulatur) und bewirkt somit eine Dehnung der Lungenflügel nach unten.
Die Ausatmung (Exspiration) geht zumeist passiv vonstatten, denn nach der Inspiration ist die Lunge samt Brustkorb so weit gedehnt, dass darin elastische Verformungsarbeit gespeichert ist (ähnlich einer Feder, die zunächst gespannt und dann losgelassen wird), die der Lunge die „verbrauchte“ Luft austreibt. Erfolgt die Exspiration mit Beteiligung der exspiratorischen Atemhilfsmuskulatur, so spricht man von forcierter Exspiration. Dabei kontrahieren sich zunächst die Mm. intercostales interni, es können aber auch diverse andere Atemhilfsmuskeln zum Zuge kommen. Eine besondere Rolle im Zusammenhang mit der forcierten Exspiration spielt vor allem der Musculus latissimus dorsi („Hustenmuskel“).
Mit der Atemluft eindringende Partikel setzen sich an der Schleimhaut der Atemwege ab und werden von den Flimmerhärchen in Richtung Mund transportiert und anschließend verschluckt oder ausgehustet. Bis in die Lungenbläschen gelangende Mikropartikel können dort auch von Fresszellen aufgenommen werden.
Siehe auch: Lungenvolumen und Lungenfunktion
Erkrankungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Siehe auch: Pneumologie und Liste der Krankheiten des Atmungssystems nach ICD-10
Lungenembolie. Bei der Lungenembolie verstopft ein Embolus eine der zuführenden Lungenarterien und bewirkt dadurch, dass ein Lungenabschnitt nicht mehr durchblutet wird. Folglich kann in diesem Abschnitt kein Blut oxygeniert werden.
Obstruktive Lungenerkrankungen. Bei den chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (von englisch Chronic obstructive pulmonary disease, COPD) behindert eine Einengung der Atemwege den Luftstrom. Dies führt häufig zu Atemnot (Dyspnoe). Wichtigster Risikofaktor ist das Rauchen, aber auch Umweltverschmutzung, ein geringes Geburtsgewicht und genetische Faktoren werden dafür verantwortlich gemacht. Zu den COPD gehören die Chronische Bronchitis und das Lungenemphysem. Ein Lungenemphysem kann sich auch aus einer erblich bedingten Stoffwechselstörung, dem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, entwickeln.
Restriktive Lungenerkrankung. Im Gegensatz dazu ist bei den restriktiven Lungenerkrankungen die Flexibilität der Lunge eingeschränkt (im Sinne von: Einschränkung der Lungenbeweglichkeit). Dadurch verringern sich das Lungenvolumen und die Compliance, also die Dehnbarkeit relativ zum Druck. Hierzu gehören Sarkoidose, Pneumokoniose (Staublunge) und andere Erkrankungen, die eine Fibrose des Lungengewebes zur Folge haben, aber auch äußere Einflüsse wie Missbildungen des Brustkorbs (Kyphose, Skoliose).
Lungenödem. Lungenödem bezeichnet die Ansammlung von Flüssigkeit im Lungengewebe. Dabei wird zwischen Permeabilitätsödemen (ARDS, toxisches Lungenödem), bei denen die Durchlässigkeit der Kapillaren erhöht ist, und hydrostatischen Lungenödemen (kardiales Ödem, Höhenödem), bei dem der Druck in den Kapillaren den Druck in den Alveoli so sehr übersteigt, dass die Flüssigkeit aus den Kapillaren hinaus „gepresst“ wird, unterschieden.
Atelektase. Bei der Atelektase ist ein Lungenabschnitt kollabiert, und die Alveoli enthalten keine oder nur noch sehr wenig Luft.
Pneumothorax. Gewinnt der Pleuraspalt von innen oder außen Anschluss an die Luft, bricht der Unterdruck im Pleuraspalt zusammen und der entsprechende Lungenflügel kollabiert. Anders als ein gänzlich fehlender Lungenflügel bedeutet ein Pneumothorax einen funktionellen Rechts-links-Shunt, da über den betroffenen Lungenflügel Blut aus dem Körperkreislauf ohne wesentliche Oxygenierung wieder in den Körperkreislauf gelangt, sodass die volle Sättigung nicht erreicht werden kann.
Tuberkulose. Tuberkulose, eine Infektionskrankheit, deren Erreger Mycobacterium tuberculosis ist, wird durch Tröpfcheninfektion übertragen und manifestiert sich zuerst in der Lunge. Auf dem Röntgenbild zeigen sich charakteristische mottenfraßartige Läsionen, welche der Erkrankung auch den Beinamen „die Motten“ einbrachten.
Entzündungen. Entzündungen in der Lunge werden unterschieden in Pneumonien (Lungenentzündungen), bei denen das Lungengewebe betroffen ist, Bronchitis als Entzündung der Bronchien und Bronchiolitis, die Entzündung der kleinen Bronchien.
Neubildungen. Krebserkrankungen der Lunge werden als Bronchialkarzinom bezeichnet, da sie als bösartige Neubildungen entarteter Zellen der Bronchien oder Bronchiolen entstehen. Es ist eine der häufigsten bösartigen Erkrankungen des Menschen. Laut Weltgesundheitsorganisation werden anhand der Histologie verschiedene Subtypen unterschieden: Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome, klein- und großzellige Karzinome und weitere, selten auftretende Typen. Außerdem finden sich in der Lunge durch ihre Filterfunktion häufig Metastasen anderer Neubildungen. Zudem können (primäre) Lungensarkome auftreten.
Bei Atemstillstand kann die Lunge – pulsierend – durch Füllen mittels gering dosiertem Luftüberdruck via Bronchien beatmet werden, was im Notfall oder bei Narkose der Lebenserhaltung dient.
Vogellunge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Luftsack (Vogel)
Im Gegensatz zur Säugetierlunge sind die Lungen der Vögel unbeweglich im Brustraum. Sie liegen dorsal einer Bindegewebsmembran (Septum horizontale). Das Brustfell wird zwar embryonal angelegt, bildet sich aber wieder zurück. Die Vogellunge ist nicht gelappt und vollzieht während der Atmung keine Volumenänderungen, sondern wird durch Luftsäcke belüftet.
An der Gabelung der Luftröhre (Trachea) teilt sich das luftleitende System in die beiden Stammbronchien. Hier liegt auch das Stimmorgan der Vögel, die Syrinx. Von den Stammbronchien gehen vier Gruppen von Sekundärbronchien (medioventrale, mediodorsale, lateroventrale und laterodorsale). Die weiteren Aufzweigungen der laterodorsalen Bronchien bezeichnet man als Neopulmo.
Von den Sekundärbronchien gehen Parabronchien (Lungenpfeifen) aus. Sie sind 0,5–2 mm dick. In ihrer Wand gibt es kleine trichterförmige Öffnungen, die in die Luftkapillaren (Pneumocapillares) führen. Die Luftkapillaren bilden ein Netzwerk meist untereinander kommunizierender Röhren und sind das eigentliche Austauschgewebe, um das dichte Blutkapillarnetze ausgebildet sind. Im Gegensatz zu den Säugetieren handelt es sich nicht um ein blind endendes System, sondern um ein offenes Röhrensystem. Nach Durchströmen der Lunge gelangt die Luft in die Luftsäcke, die wie Blasebälge für die Ventilation (den Luftstrom) sorgen.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Buchlunge (Spinnen)
Herz-Lungen-Maschine
Kieme
Lunge (Lebensmittel)
Lungensimulator
Pneumologie
Pneumokoniose – Staublunge, eine (meldepflichtige) Berufskrankheit
Thoraxchirurgie
Liste aller Wikipedia-Artikel, deren Titel mit Lunge beginnt
Liste aller Wikipedia-Artikel, deren Titel Lunge enthält
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Friedrich Wilhelm Gierhake, Julius Muasya Kyambi: Lunge und Pleurahöhle. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Mit einem Geleitwort von Rudolf Nissen. Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 153–163.
G. M. Hughes, E. R. Weibel: Morphometry of fish lungs. In: Respiration of Amphibious Vertebrates. Academic Press, London 1976, ISBN 0-12-360750-7.
Leo Mohr, Rudolf Staehelin und andere (Hrsg.): Handbuch der inneren Medizin. 5. Auflage, Springer-Verlag, 4. Band: Erkrankungen der Atmungsorgane.
Teil 1: Pneumokoniosen (Hrsg. Wolfgang T. Ulmer, G. Reichel), 1976
Teil 2: Bronchitis, Asthma, Emphysem (Hrsg. Wolfgang T. Ulmer), 1979
Teil 3: Lungentuberkulose (Heinrich Jentgens), 1981
Teil 4: Tumore der Atmungsorgane und des Mediastinums (Friedrich Trendelenburg u. a.), 1985: A: Allgemeiner Teil, XVI, 429 Seiten, ISBN 978-3-540-15018-3; B: Spezieller Teil, XVIII, 678 Seiten, ISBN 978-3-540-15099-2.
Franz-Viktor Salomon: Atmungsapparat. In: Salomon u. a. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2., erw. Auflage. Enke, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 324–367.
Theodor Heinrich Schiebler, W. Schmidt (Hrsg.): Lehrbuch der gesamten Anatomie des Menschen. Cytologie, Histologie, Entwicklungsgeschichte, Makroskopische und Mikroskopische Anatomie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo 1983, ISBN 3-540-12400-4, S. 423–429.
Gerhard Thews: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen. Wissenschaftliche Verlags-Gesellschaft, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8047-2342-9.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Lunge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Lunge – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikibooks: Lunge – Lern- und Lehrmaterialien
Elektronenmikroskopische Originalabbildungen
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ T. H. Schiebler, W. Schmidt (Hrsg.): Lehrbuch der gesamten Anatomie des Menschen. Cytologie, Histologie, Entwicklungsgeschichte, Makroskopische und Mikroskopische Anatomie. 1983, S. 424 (Lungen des Erwachsenen).
↑ Lunge. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 29. Juli 2019
↑ Lunge, die. In: Duden, abgerufen am 29. Juli 2019.
↑ Klaus Holldack, Klaus Gahl: Auskultation und Perkussion. Inspektion und Palpation. Thieme, Stuttgart 1955; 10., neubearbeitete Auflage ebenda 1986, ISBN 3-13-352410-0, S. 71 f.
↑ Ernst Kern: Sehen – Denken – Handeln eines Chirurgen im 20. Jahrhundert. ecomed, Landsberg am Lech 2000, ISBN 3-609-20149-5, S. 164.
↑ a b Hans Frick, Helmut Leonhardt, Dietrich Starck: Spezielle Anatomie (= Taschenlehrbuch der gesamten Anatomie. Band 2). 4., überarb. Auflage. Band 2. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-13-356904-X, S. 68.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4036651-0 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
| Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Lunge (Begriffsklärung) aufgeführt. Schema der menschlichen Lunge. 1: Luftröhre, 2: Lungenvene, 3: Lungenarterie, 4: Alveolargang, 5: Lungenbläschen, 6: Herzeinschnitt, 7: kleine Bronchien, 8: Tertiärbronchus, 9: Sekundärbronchus, 10: Hauptbronchus, 11: Zungenbein Die Lunge (lateinisch Pulmo) ist ein paariges Organ[1] der Atmung; sie erfüllt den Zweck, eine große Oberfläche für den Gasaustausch zwischen Luft und Blut herzustellen. Echte Lungen kommen bei vielen luftatmenden Wirbeltieren vor, so bei den meisten landlebenden Wirbeltieren und manchen Fischen wie z. B. den Lungenfischen. Der Mensch hat zwei Lungen (Pulmo dexter für die rechte Lunge und Pulmo sinister für die linke), die im Deutschen auch als Lungenflügel oder Lungenhälften bezeichnet werden. Die linke ist in zwei und die rechte in drei Lungenlappen unterteilt. Der Gasaustausch geschieht auf Ebene der Lungenbläschen, die als Endstrukturen verästelter Luftwege mit der Luftröhre verbunden sind. Durch Ein- und Ausatmen wird frische Luft an die Blut-Luft-Schranke herangeführt; dies ist keine Leistung der Lunge selbst (die Säugetierlunge besitzt keine Muskulatur), sondern des Zwerchfells und der Zwischenrippenmuskulatur. Der Pleuraspalt, dessen Flüssigkeitsfilm Kräfte über Ad- und Kohäsion überträgt, vermittelt die verschiebliche Lagerung der Lungen im Brustkorb; da sie bei dessen Ausdehnung die Tendenz haben, sich zusammenzuziehen, herrscht im Pleuraspalt ein Unterdruck. Die Lungen entstehen embryonal als Ausstülpungen des Vorderdarms (siehe Kiemendarm) und gleichen zunächst Drüsen. Die Amphibien besitzen einfache Lungen; sie sind sackförmig und glattwandig oder nur schwach gekammert. Viel stärker gekammert sind sie bei den Reptilien. Bei Vögeln sind sie relativ klein, aber wegen der zusätzlich vorhandenen Luftsäcke auch viel komplizierter gebaut. Die Lungen der Säugetiere ähneln denen der Reptilien. Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das deutsche Wort Lunge stammt über seine althochdeutsche Form lunguna letztlich von der indogermanischen Wurzel *lengu h leicht (in Bewegung und Gewicht) ab, sodass von der ursprünglichen Bedeutung als die Leichte ausgegangen werden kann. Sprachwissenschaftler erklären die Benennung mit dem bereits vor langer Zeit festgestellten Phänomen, dass die Lunge eines geschlachteten Tieres als einziges Organ auf dem Wasser oben schwimmt.[2][3] Der medizinisch-lateinische Fachbegriff pulmo geht auf eine alternative Schreibweise des griechischen Wortes für Lunge zurück: altgriechisch (pleumon), dessen standardsprachliche Schreibweise (pneumon) u. a. dem Wort Pneumonie (= Lungenentzündung) zugrunde liegt. Die Lunge der Säugetiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Beide Lungen der Säugetiere, auch als Lungenflügel bezeichnet, sind beweglich im Brustraum (Thorax) eingebettet. Mehr oder weniger tiefe Einschnitte teilen die Lunge in Lungenlappen (Lobi). Die Oberfläche der Lungen ist von einer glatten Auskleidung (Tunica serosa) überzogen, die in der Brusthöhle als Brustfell (Pleura) bezeichnet wird und unterteilt wird in Lungenfell (Lungenpleura) und Rippenfell (Thoraxpleura). Zwischen dem Brustfellüberzug der Lunge und der Brustfellauskleidung der Brusthöhle liegt der Pleuraspalt, ein mit wenig Flüssigkeit ausgefüllter Spaltraum, in dem ein Unterdruck herrscht. Aufbau der menschlichen Lunge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Menschliche Lungen 3D-Rekonstruktion menschlicher Lungen aus CT-Bildern Video: So funktioniert die Atmung Die menschliche Lunge, als typische Säugetierlunge, besteht aus zwei vom Mediastinum getrennten Lungenflügeln. Dabei entspricht der rechte Lungenflügel der rechten Lunge (Pulmo dexter), der linke Lungenflügel der linken Lunge (Pulmo sinister). Jeder Lungenflügel wird durch tiefe, von Pleura ausgekleideten Furchen in so genannte Lungenlappen (Lobi pulmonales) unterteilt. Der rechte Lungenflügel teilt sich in drei Lappen (Oberlappen oder Lobus superior, Mittellappen oder Lobus medius und Unterlappen oder Lobus inferior), der linke Lungenflügel in lediglich zwei Lappen (Oberlappen und Unterlappen) auf.[4] Die Lungenlappen wiederum werden in Lungensegmente (Segmenta bronchopulmonalia) unterteilt. Dabei handelt es sich um durch Bindegewebsstraßen abgegrenzte und von eigenen Bronchien und Arterien versorgte Lungenabschnitte. Die Bezeichnung der Segmente erfolgt entsprechend der Zuordnung zum versorgenden Bronchialast. 10 Segmente finden sich in der rechten Lunge. Im linken Flügel gibt es nur 9 Segmente, da das 7. Segment fehlt. Der linke Lungenflügel ist etwas kleiner als der rechte, da auf der linken Seite das Herz einigen Raum einnimmt. Dabei bestehen der rechte Lungenoberlappen aus dem apikalen, dem posterioren und dem anterioren Oberlappensegment sowie der Mittellappen (nur rechts) aus dem lateralen und dem medialen Mittellappensegment (Segmente 4 und 5). Es folgen das apikale Unterlappensegment (6er Segment) sowie die vier basalen Unterlappensegmente rechts (mediobasal, anterobasal, laterobasal, posterobasal). Auf der linken Seite besteht der Oberlappen aus den Segmenten 1 bis 3, Namensgebung wie im rechten Oberlappen, sowie aus den beiden Lingulasegmenten (4, 5) (superiores und inferiores Lingulasegment). Es folgen das apikale Unterlappensegment (6er Segment) sowie die drei basalen Unterlappensegmente: anterobasal, laterobasal und posterobasal (Segmente 8 bis 10). Das mediobasale Segment fehlt. Dass die funktionelle Lungeneinheit nicht der Lungenlappen, sondern das Lungensegment ist, hatte der amerikanische Chirurg Richard H. Overholt in Boston erkannt.[5] Die Lungenflügel liegen in der Brusthöhle. Oben überragt die Lungenspitze um etwa 1 2 cm das Schlüsselbein, unten liegt die Lunge dem Zwerchfell auf, dessen Lage sehr variabel ist und vorrangig von der Atemstellung und der Körperlage (im Liegen höher als im Sitzen) abhängt. Grob kann man sagen, dass in der Atemruhestellung die Lungenränder auf der Bauchseite in Höhe der 6. Rippe, seitlich in Höhe der 8. Rippe und auf der Rückenseite in Höhe der 10. Rippe zu liegen kommen. Dieser Unterschied ergibt sich aus der schrägen Zwerchfellansatzlinie. Die linke Lunge ist allgemein kleiner, weil ihr das Herz zum größten Teil aufliegt. Dadurch und bedingt durch die Aufspaltung der Luftröhre in die Hauptbronchien, sodass der linke Luftröhren-Bronchien-Winkel kleiner ist als der rechte, wird die rechte Lunge in der Regel besser belüftet. Der Winkel, der von der Trachea und dem rechten Hauptbronchus eingeschlossen wird, ist größer als jener zwischen Trachea und linkem Hauptbronchus. Dies hat Konsequenzen bei der Aspiration von Fremdkörpern: Diese gelangen meistens in den rechten Hauptbronchus. Das Lungenvolumen eines erwachsenen Menschen beträgt durchschnittlich 5 bis 6 Liter. Feinbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Struktur eines terminalen Bronchiolus (letzte alveolentragende Bronchialaufzweigung). Das Gewebe der Lungen kann in einen luftführenden Teil und einen Teil, in dem der tatsächliche Gasaustausch stattfindet, unterteilt werden. Die luftführenden Bronchien enden in blind endenden Säckchen, den Lungenbläschen (Alveolen). In diesen findet der Gasaustausch statt. Die Gesamtheit des luftleitenden Systems wird als Bronchialsystem (Bronchialbaum) bezeichnet. Von innen nach außen finden sich verschiedene Schichten. Das Epithel (Deckgewebe) besteht zu Beginn noch, wie in der Luftröhre, aus mehrreihigem, hochprismatischem Flimmerepithel, doch näher an den Alveolen vereinfacht sich die Struktur, und in den Bronchiolen überwiegt einschichtiges iso- oder hochprismatisches Flimmerepithel. In der darunter liegenden Lamina propria findet sich glatte Muskulatur, deren Anteil zu den Alveolen hin zunimmt. Weiterhin enthält sie eine Vielzahl elastischer Fasern sowie muköse und seröse Drüsen, deren Ausgänge in den Bronchus öffnen und die die Schleimhautoberfläche mit einem Schutzfilm überziehen. Ganz außen findet sich in den großen Bronchien hyaliner Knorpel, der gewährleistet, dass die Luftwege offen bleiben. Je kleiner der Durchmesser der Bronchien wird, umso geringer wird der Anteil der Knorpelmasse, bis sich nur noch kleine Inseln finden. Zusammen mit den Bronchien verlaufen auch die Arterien und Venen des Lungenkreislaufs sowie die Nervenfasern des Plexus pulmonalis. Gasaustausch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Siehe auch: Lungenkreislauf Die Oxygenierung des Blutes und die CO2-Abgabe erfolgt in den Alveolen. Diese etwa 300 Millionen sackartigen Erweiterungen (beim erwachsenen Menschen) haben einen Durchmesser von ca. 200 m. Die von ihnen gebildete Fläche wird als Respiratorische Fläche bezeichnet. Die Alveolen bestehen aus den kleinen Alveolarzellen oder Pneumozyten Typ I, die weniger als 0,1 Mikrometer dick sein können und das Epithel der Alveolen bilden, und den großen Alveolarzellen oder Pneumozyten Typ II, die Surfactant produzieren. Der Anti-Atelektase-Faktor reduziert die Oberflächenspannung gegen ein in sich Zusammenfallen. Weiterhin finden sich noch Alveolarmakrophagen (Fresszellen), die aus dem Blut stammen und Mikroben sowie Staub phagozytieren (Staubzellen) oder nach Blutungen Hämosiderin, ein Abbauprodukt des Blutfarbstoffes Hämoglobin, aufnehmen (Herzfehlerzellen). Zwischen Luft und Blut befindet sich eine dreischichtige Trennwand, die Blut-Luft-Schranke. Sie wird vom Epithel der Alveolen, der epithelialen und der endothelialen Basalmembran sowie dem Endothel der Kapillaren gebildet und ist zwischen 0,1 und 1,5 m dick. Da die Interzellularkontakte des Kapillarendothels für Flüssigkeit durchlässiger sind als die der Alveolarzellen, kann bei Herzschwäche Flüssigkeit in das Bindegewebe austreten und zu einem interstitiellen Ödem (Lungenödem) führen. Das Bindegewebe zwischen den Bronchien und Alveolen enthält die Aufzweigungen der Lungenarterien und -venen. Die Aufzweigungen der Lungenarterie führen das Blut zu den Alveolen. Der Lymphabfluss erfolgt über die Lungenlymphknoten (Nll. pulmonales) und dann in die Tracheobronchiallymphknoten (Nll. tracheobronchiales). Blutgefäße[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Durchblutung der Wand der Lungenbläschen erfolgt über die Kapillaren des Lungenkreislaufes (Vasa publica, öffentliche Gefäße ). Das übrige Gewebe, also die Umgebung der Bronchien und die Bindegewebssepten, versorgen Bronchialgefäße (Rami bronchiales, Vasa privata, Eigengefäße ) aus dem Körperkreislauf. Die Rami bronchiales für die linke Lunge (meist zwei) entspringen direkt aus der Brustaorta. Die Bronchialäste der rechten Lunge entspringen aus einem Stamm der dritten oder vierten hinteren Zwischenrippenarterie. Beide Gefäßsysteme bilden in der Peripherie häufig Anastomosen.[6] Die meisten Bronchialvenen münden in die Lungenvenen, die hilumnahen Venae bronchiales dagegen rechts in die Vena azygos, links in die Vena hemiazygos.[6] Blut, das aus den Bronchialarterien in die Pulmonalvenen gelangt, bewirkt zusammen mit Blut aus Koronargefäßen, die ins linke Herz münden (Vv. cardiacae minimae), einen kleinen, physiologischen Rechts-links-Shunt. Zusammen mit funktionellen Kurzschlüssen im Lungenkreislauf (Durchblutung nicht belüfteter Lungenanteile) erklärt dies den gegenüber den Alveolen kleineren Sauerstoffpartialdruck in den Arterien des Körperkreislaufs. Ontogenetische Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Siehe auch: Blutkreislauf des Menschen und der Säugetiere#Der Blutkreislauf vor und nach der Geburt Die Lunge ist das einzige Organ, dessen Funktionsfähigkeit, solange der Fötus noch in der Gebärmutter ist, nicht überlebensnotwendig ist. Erst nach der Geburt (dann allerdings innerhalb von Sekunden) übernimmt sie ihre hauptsächliche Funktion. Trotzdem kommt ihr vor der Geburt eine wichtige Rolle zu: Die Lunge produziert täglich bis zu 15 ml Amnionflüssigkeit je kg Körpergewicht. Die Entwicklung der Lunge beginnt etwa am 30. Tag mit der Ausbildung der Lungenknospe aus dem ventralen (bauchseitigen) Teil des Vorderdarms. Wie bei diesem ist das Epithel, das die Lunge und ihren luftleitenden Apparat (Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien) auskleidet, entodermalen Ursprungs. Im Gegensatz dazu entstammt das Muskel- und Knorpelgewebe dem Mesoderm, das das Darmrohr umgibt. Die Lungenknospe teilt sich dann weiter in eine rechte und eine linke Aufzweigung (die späteren Hauptbronchien). Weiter teilt sich die rechte Aufzweigung in drei weitere Aufzweigungen, die linke in zwei. Jede dieser fünf weiteren Aufzweigungen bildet später einen Lungenlappen (Lobus pulmonis). Von der 5. bis zur etwa 17. Woche wird der gesamte später luftleitende Teil der Lungen angelegt, also die weiteren Verzweigungen der Bronchien bis hin zu den Bronchioli terminales. Vorerst ist dieser nur von hochprismatischem Epithel ausgekleidet, ab der 13. Schwangerschaftswoche finden sich jedoch erste Flimmerepithelzellen. Zellen des Epithels beginnen Amnionflüssigkeit zu produzieren. In der 16. bis zur 26. Woche bilden sich aus den Enden der Bronchioli terminales die Canaliculi, aus denen das Lungenparenchym hervorgeht. Letzteres ist das Funktionsgewebe der Lunge, in dem nach der Geburt der Gasaustausch vonstattengeht. Eine für das Lungenparenchym typische Zellsorte sind Pneumozyten Typ II, die Surfactant ausscheiden. Einige Pneumozyten Typ II differenzieren sich zu Pneumozyten Typ I, und Kapillaren dringen in das entstehende Lungenparenchym ein. Die Wand der Kapillaren und die Membran der Pneumozyten Typ I bilden später die Blut-Luft-Schranke, wenn ab der 28. SSW Surfactant ( Lungenreifung) gebildet wird. Im letzten Trimester der Schwangerschaft bilden sich die Canaliculi zu weiteren Aufzweigungen um, die letztlich als Sacculi blind enden. Alle diese Aufzweigungen des Lungenparenchyms sind mit Pneumozyten vom Typ I und Typ II ausgekleidet. Die Wände der Sacculi und teilweise der vorgeschalteten Aufzweigungen stülpen sich zu halbkugeligen Alveoli aus. Wie die vorherigen Vorgänge vergrößert dies die von Parenchym bedeckte Oberfläche erheblich. Störungen dieser Entwicklung können zu einer Lungenfehlbildung führen. Ein Neugeborenes hat weit weniger Alveoli als ein Erwachsener. Die Bildung der Alveoli wird erst im Kindesalter abgeschlossen. Bis kurz nach der Geburt enthalten die Lungen Fruchtwasser; dann vergrößert der Muskelapparat an den Rippen und des Zwerchfells das Volumens des Brustkorbs und infolge des größeren Luftdrucks außen strömt Luft in die Bronchien und dringt in die Lungenbläschen ein. Das Surfactant reduziert die Oberflächenspannung des Wassers und verhindert so das Atemnotsyndrom des Neugeborenen. Die vorhandene Flüssigkeit wird eher absorbiert und via Blut abtransportiert als ausgestoßen oder abgehustet. Ein erster Schrei bestätigt die Luftfüllung der Lunge des Neugeborenen. Die Umgehungskreisläufe schließen sich. Siehe auch: Atemantrieb Physiologie der Ein- und Ausatmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ausdehnung der Lunge bei Ein- (blau) und Ausatmung (rosa) Hauptartikel: Lungenventilation Das Atmen beginnt beim Einatmen (Inspiration) in der Regel mit der Interkostalmuskulatur bzw. dem Zwerchfell. Das Zwerchfell ist der stärkste Inspirationsmuskel, bei seiner Kontraktion flacht es sich ab und drückt die Bauch- und Beckeneingeweide nach kaudal (steißbeinwärts), wodurch sich das Thoraxvolumen vergrößert. Bei der Brustatmung kontrahieren sich die Musculi intercostales externi (äußere Zwischenrippenmuskeln). Dabei wird der Brustkorb angehoben und erweitert, wodurch die Lunge, die, selbst von der Pleura visceralis (oder pulmonalis) überzogen, über den Pleuraspalt (Cavitas pleuralis) mit der Pleura parietalis des Brustkorbs in Verbindung steht, mitgedehnt wird. Dadurch sinkt der Druck in der Lunge. Nach größeren Anstrengungen können zur erleichterten Atmung weitere Atemhilfsmuskeln beigezogen werden, z. B. der kleine und große Brustmuskel. Dies machen sich Sportler nach einem intensiven Rennen zu Nutze, indem sie sich mit den Armen zum Beispiel an einer Mauer aufstützen: ihre Arme sind dann fixiert (Punctum fixum), und somit ziehen die Brustmuskeln nicht die Arme zum Brustkorb, sondern umgekehrt den Brustkorb zu den Armen, die Rippen werden angehoben, und die Lunge füllt sich mit Luft. Nach der Druck-Volumen-Beziehung (Boyle-Mariottesches Gesetz) muss aber nun bei Änderungen des Drucks sofern die Nasenlöcher bzw. der Mund offen sind und mit der Außenwelt in Verbindung stehen das Volumen isobar (d. h. bei gleichem Druck) zunehmen. Die Lunge füllt sich, die Inspiration ist beendet. Bei der Zwerchfellatmung senkt sich das Zwerchfell lediglich durch Kontraktion (das Zwerchfell besteht aus Muskulatur) und bewirkt somit eine Dehnung der Lungenflügel nach unten. Die Ausatmung (Exspiration) geht zumeist passiv vonstatten, denn nach der Inspiration ist die Lunge samt Brustkorb so weit gedehnt, dass darin elastische Verformungsarbeit gespeichert ist (ähnlich einer Feder, die zunächst gespannt und dann losgelassen wird), die der Lunge die verbrauchte Luft austreibt. Erfolgt die Exspiration mit Beteiligung der exspiratorischen Atemhilfsmuskulatur, so spricht man von forcierter Exspiration. Dabei kontrahieren sich zunächst die Mm. intercostales interni, es können aber auch diverse andere Atemhilfsmuskeln zum Zuge kommen. Eine besondere Rolle im Zusammenhang mit der forcierten Exspiration spielt vor allem der Musculus latissimus dorsi ( Hustenmuskel ). Mit der Atemluft eindringende Partikel setzen sich an der Schleimhaut der Atemwege ab und werden von den Flimmerhärchen in Richtung Mund transportiert und anschließend verschluckt oder ausgehustet. Bis in die Lungenbläschen gelangende Mikropartikel können dort auch von Fresszellen aufgenommen werden. Siehe auch: Lungenvolumen und Lungenfunktion Erkrankungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Siehe auch: Pneumologie und Liste der Krankheiten des Atmungssystems nach ICD-10 Lungenembolie. Bei der Lungenembolie verstopft ein Embolus eine der zuführenden Lungenarterien und bewirkt dadurch, dass ein Lungenabschnitt nicht mehr durchblutet wird. Folglich kann in diesem Abschnitt kein Blut oxygeniert werden. Obstruktive Lungenerkrankungen. Bei den chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (von englisch Chronic obstructive pulmonary disease, COPD) behindert eine Einengung der Atemwege den Luftstrom. Dies führt häufig zu Atemnot (Dyspnoe). Wichtigster Risikofaktor ist das Rauchen, aber auch Umweltverschmutzung, ein geringes Geburtsgewicht und genetische Faktoren werden dafür verantwortlich gemacht. Zu den COPD gehören die Chronische Bronchitis und das Lungenemphysem. Ein Lungenemphysem kann sich auch aus einer erblich bedingten Stoffwechselstörung, dem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, entwickeln. Restriktive Lungenerkrankung. Im Gegensatz dazu ist bei den restriktiven Lungenerkrankungen die Flexibilität der Lunge eingeschränkt (im Sinne von: Einschränkung der Lungenbeweglichkeit). Dadurch verringern sich das Lungenvolumen und die Compliance, also die Dehnbarkeit relativ zum Druck. Hierzu gehören Sarkoidose, Pneumokoniose (Staublunge) und andere Erkrankungen, die eine Fibrose des Lungengewebes zur Folge haben, aber auch äußere Einflüsse wie Missbildungen des Brustkorbs (Kyphose, Skoliose). Lungenödem. Lungenödem bezeichnet die Ansammlung von Flüssigkeit im Lungengewebe. Dabei wird zwischen Permeabilitätsödemen (ARDS, toxisches Lungenödem), bei denen die Durchlässigkeit der Kapillaren erhöht ist, und hydrostatischen Lungenödemen (kardiales Ödem, Höhenödem), bei dem der Druck in den Kapillaren den Druck in den Alveoli so sehr übersteigt, dass die Flüssigkeit aus den Kapillaren hinaus gepresst wird, unterschieden. Atelektase. Bei der Atelektase ist ein Lungenabschnitt kollabiert, und die Alveoli enthalten keine oder nur noch sehr wenig Luft. Pneumothorax. Gewinnt der Pleuraspalt von innen oder außen Anschluss an die Luft, bricht der Unterdruck im Pleuraspalt zusammen und der entsprechende Lungenflügel kollabiert. Anders als ein gänzlich fehlender Lungenflügel bedeutet ein Pneumothorax einen funktionellen Rechts-links-Shunt, da über den betroffenen Lungenflügel Blut aus dem Körperkreislauf ohne wesentliche Oxygenierung wieder in den Körperkreislauf gelangt, sodass die volle Sättigung nicht erreicht werden kann. Tuberkulose. Tuberkulose, eine Infektionskrankheit, deren Erreger Mycobacterium tuberculosis ist, wird durch Tröpfcheninfektion übertragen und manifestiert sich zuerst in der Lunge. Auf dem Röntgenbild zeigen sich charakteristische mottenfraßartige Läsionen, welche der Erkrankung auch den Beinamen die Motten einbrachten. Entzündungen. Entzündungen in der Lunge werden unterschieden in Pneumonien (Lungenentzündungen), bei denen das Lungengewebe betroffen ist, Bronchitis als Entzündung der Bronchien und Bronchiolitis, die Entzündung der kleinen Bronchien. Neubildungen. Krebserkrankungen der Lunge werden als Bronchialkarzinom bezeichnet, da sie als bösartige Neubildungen entarteter Zellen der Bronchien oder Bronchiolen entstehen. Es ist eine der häufigsten bösartigen Erkrankungen des Menschen. Laut Weltgesundheitsorganisation werden anhand der Histologie verschiedene Subtypen unterschieden: Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome, klein- und großzellige Karzinome und weitere, selten auftretende Typen. Außerdem finden sich in der Lunge durch ihre Filterfunktion häufig Metastasen anderer Neubildungen. Zudem können (primäre) Lungensarkome auftreten. Bei Atemstillstand kann die Lunge pulsierend durch Füllen mittels gering dosiertem Luftüberdruck via Bronchien beatmet werden, was im Notfall oder bei Narkose der Lebenserhaltung dient. Vogellunge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Luftsack (Vogel) Im Gegensatz zur Säugetierlunge sind die Lungen der Vögel unbeweglich im Brustraum. Sie liegen dorsal einer Bindegewebsmembran (Septum horizontale). Das Brustfell wird zwar embryonal angelegt, bildet sich aber wieder zurück. Die Vogellunge ist nicht gelappt und vollzieht während der Atmung keine Volumenänderungen, sondern wird durch Luftsäcke belüftet. An der Gabelung der Luftröhre (Trachea) teilt sich das luftleitende System in die beiden Stammbronchien. Hier liegt auch das Stimmorgan der Vögel, die Syrinx. Von den Stammbronchien gehen vier Gruppen von Sekundärbronchien (medioventrale, mediodorsale, lateroventrale und laterodorsale). Die weiteren Aufzweigungen der laterodorsalen Bronchien bezeichnet man als Neopulmo. Von den Sekundärbronchien gehen Parabronchien (Lungenpfeifen) aus. Sie sind 0,5 2 mm dick. In ihrer Wand gibt es kleine trichterförmige Öffnungen, die in die Luftkapillaren (Pneumocapillares) führen. Die Luftkapillaren bilden ein Netzwerk meist untereinander kommunizierender Röhren und sind das eigentliche Austauschgewebe, um das dichte Blutkapillarnetze ausgebildet sind. Im Gegensatz zu den Säugetieren handelt es sich nicht um ein blind endendes System, sondern um ein offenes Röhrensystem. Nach Durchströmen der Lunge gelangt die Luft in die Luftsäcke, die wie Blasebälge für die Ventilation (den Luftstrom) sorgen. Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Buchlunge (Spinnen) Herz-Lungen-Maschine Kieme Lunge (Lebensmittel) Lungensimulator Pneumologie Pneumokoniose Staublunge, eine (meldepflichtige) Berufskrankheit Thoraxchirurgie Liste aller Wikipedia-Artikel, deren Titel mit Lunge beginnt Liste aller Wikipedia-Artikel, deren Titel Lunge enthält Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Friedrich Wilhelm Gierhake, Julius Muasya Kyambi: Lunge und Pleurahöhle. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang Entwicklung Differenzierung. Mit einem Geleitwort von Rudolf Nissen. Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 153 163. G. M. Hughes, E. R. Weibel: Morphometry of fish lungs. In: Respiration of Amphibious Vertebrates. Academic Press, London 1976, ISBN 0-12-360750-7. Leo Mohr, Rudolf Staehelin und andere (Hrsg.): Handbuch der inneren Medizin. 5. Auflage, Springer-Verlag, 4. Band: Erkrankungen der Atmungsorgane. Teil 1: Pneumokoniosen (Hrsg. Wolfgang T. Ulmer, G. Reichel), 1976 Teil 2: Bronchitis, Asthma, Emphysem (Hrsg. Wolfgang T. Ulmer), 1979 Teil 3: Lungentuberkulose (Heinrich Jentgens), 1981 Teil 4: Tumore der Atmungsorgane und des Mediastinums (Friedrich Trendelenburg u. a.), 1985: A: Allgemeiner Teil, XVI, 429 Seiten, ISBN 978-3-540-15018-3; B: Spezieller Teil, XVIII, 678 Seiten, ISBN 978-3-540-15099-2. Franz-Viktor Salomon: Atmungsapparat. In: Salomon u. a. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2., erw. Auflage. Enke, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 324 367. Theodor Heinrich Schiebler, W. Schmidt (Hrsg.): Lehrbuch der gesamten Anatomie des Menschen. Cytologie, Histologie, Entwicklungsgeschichte, Makroskopische und Mikroskopische Anatomie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo 1983, ISBN 3-540-12400-4, S. 423 429. Gerhard Thews: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen. Wissenschaftliche Verlags-Gesellschaft, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8047-2342-9. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Lunge Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wiktionary: Lunge Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Wikibooks: Lunge Lern- und Lehrmaterialien Elektronenmikroskopische Originalabbildungen Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] T. H. Schiebler, W. Schmidt (Hrsg.): Lehrbuch der gesamten Anatomie des Menschen. Cytologie, Histologie, Entwicklungsgeschichte, Makroskopische und Mikroskopische Anatomie. 1983, S. 424 (Lungen des Erwachsenen). Lunge. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 29. Juli 2019 Lunge, die. In: Duden, abgerufen am 29. Juli 2019. Klaus Holldack, Klaus Gahl: Auskultation und Perkussion. Inspektion und Palpation. Thieme, Stuttgart 1955; 10., neubearbeitete Auflage ebenda 1986, ISBN 3-13-352410-0, S. 71 f. Ernst Kern: Sehen Denken Handeln eines Chirurgen im 20. Jahrhundert. ecomed, Landsberg am Lech 2000, ISBN 3-609-20149-5, S. 164. a b Hans Frick, Helmut Leonhardt, Dietrich Starck: Spezielle Anatomie (= Taschenlehrbuch der gesamten Anatomie. Band 2). 4., überarb. Auflage. Band 2. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-13-356904-X, S. 68. Normdaten (Sachbegriff): GND: 4036651-0 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Lungenfunktion.txt | Als Lungenfunktion (früher auch als Atmungsfunktionen bezeichnet) wird die physiologische Befähigung der Lunge als Organ für den Gasaustausch bei der äußeren Atmung von lungenatmenden Schnecken, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren einschließlich des Menschen bezeichnet. Im medizinischen Alltag hat sich der Begriff Lungenfunktion (Abk. Lufu) auch (kurz für Lungenfunktionstest) als Sammel- und Oberbegriff für die verschiedenen Untersuchungsverfahren der Lungenvolumina (vgl. auch Messgrößen) und anderer Kennzahlen der Lungenfunktion eingebürgert, beispielsweise der Spirometrie („kleine Lungenfunktion“) und der Bodyplethysmographie („große Lungenfunktion“).
Physiologische Lungenfunktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die physiologische Funktion der Lunge besteht im sogenannten Gasaustausch, der Aufnahme von Sauerstoff in den Körper und Abgabe von Kohlendioxid aus dem Körper. Damit spielt die Lunge auch in der Regulation des Säure-Basen-Haushaltes eine wichtige Rolle.
Untersuchungsverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Lungenfunktionstest, Universitätskrankenhaus Leipzig, 1970
Die üblichen, als Lungenfunktion benannten Untersuchungsverfahren befassen sich weniger mit dem Gasaustausch als mit der Struktur des bronchialen Systems. In diesem System der Lunge finden sich die häufigsten Störungen. Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Lungenerkrankung betreffen primär die Bronchien. Nur in Spezialfällen werden die Blutgase überprüft, so etwa bei apparativ beatmeten Patienten. Auch Diffusionsmessungen sind selten.
Spirometrie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Spirometrie
Die Spirometrie stellt eine nicht-invasive Methode in der Lungenfunktionsdiagnostik dar, die mit geringem apparativen Aufwand und kurzer Untersuchungsdauer Informationen über Art und Schwere einer Lungenfunktionsstörung liefert. Die Grundlage für spirometrische Lungenfunktionsmessungen bildet die Erfassung der Strömungsgeschwindigkeit der Atemluft gegen die Zeit, ein Vorgang, der auch als Pneumotachographie bezeichnet wird. Die daraus abgeleitete Atemstromstärke bildet die Grundlage weiterer Atemparameter (z. B. Atemvolumina).
Die Spirometrie erfasst das aktuell geatmete Atemvolumen, indem der gemessene Atemstrom über die Zeit integriert wird. In der grafischen Darstellung ergibt sich ein (Atem)Volumen-Zeit-Diagramm, das Spirogramm. Aus diesem lassen sich Parameter wie das Atemzugvolumen, das exspiratorische und inspiratorische Reservevolumen, sowie die Vitalkapazität ablesen. Diese Volumina stellen statische Atemparameter dar und werden bei normaler bis vertiefter Atmung registriert.
Für weitergehende diagnostische Zwecke wird eine forcierte Spirometrie durchgeführt, mit der sogenannte dynamische Atemparameter bestimmt werden. Aus dem forcierten Spirogramm lässt sich z. B. die Einsekundenkapazität (FEV1) bestimmen, einem wichtigen Parameter zur Diagnostik von obstruktiven Lungenfunktionsstörungen. Setzt man diese in Relation zur forciert ausgeatmeten Vitalkapazität (FEV, engl. forced exspiratory volume), erhält man den Tiffeneau-Index.
Trägt man die gemessenen Atemstromstärken bei forcierter Exspiration und (zügiger) Inspiration kontinuierlich gegen das aktuelle Lungenvolumen grafisch auf, so erhält man die Fluss-Volumen-Kurve. Aus dem Kurvenverlauf kann bereits auf eine mögliche Funktionsstörung der Lunge geschlossen werden. Wichtige klinische Parameter sind die maximale exspiratorische Atemstromstärke (PEF, englisch peak expiratory flow) sowie die mittleren Atemstromstärken während der Ausatmung (MEF, englisch mean exspiratory flow). Sind die Werte dieser Parameter vermindert, so deutet das auf eine obstruktive Lungenerkrankung hin.
Da diese spirometrisch ermittelten Parameter entscheidend für eine Therapie und Prognose bei einer Lungenfunktionsstörung sind, ist eine gute Mitarbeit der Patienten von großer Bedeutung. Menschen mit eingeschränkten geistigen Fähigkeiten und auch Kinder sind nicht immer zur ausreichenden Mitarbeit zu motivieren. Anhand der Kurvenverläufe lässt sich in der Regel der Grad der Patientenmitarbeit ableiten.
Ganzkörperplethysmographie/Bodyplethysmographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Bodyplethysmographie
Eine weitere Methode der Lungenfunktionsmessung ist die Bodyplethysmographie mit der Messung des Atemwegswiderstandes. Das Problem einer Widerstandsmessung der gesamten Atemwege ist, den Luftdruck in den Lungenbläschen zu bestimmen, der die gemessene Luftströmung durch die Bronchien auslöst. Je höher dieser in den Lungenbläschen aufgebaute Druck sein muss, um eine bestimmte Strömung zu erzeugen, desto mehr muss man sich beim Atmen anstrengen und desto höher ist der Atemwegswiderstand (Resistance).
Der Bodyplethysmograph wird als eine Kabine mit einem (weitgehend) abgeschlossenen Luftvolumen ausgeführt, sie sieht wie eine kleine Telefonzelle aus. Der Aufwand der Messung ist also deutlich höher. Mit diesem abgeschlossenen Luftvolumen kann man eine Dehnung oder Kompression des Brustkorbes bestimmen. Der Drucksensor bestimmt die Änderung des Luftdruckes in der Kabine, der sich entgegengesetzt proportional zur Änderung des Luftdruckes im Brustkorb und damit in den Lungenbläschen verhält. Der Proportionalitätsfaktor ist hierbei vom Lungenvolumen abhängig.
Die Bestimmung der spezifischen Resistance ist weniger mitarbeitsabhängig als die Spirometrie, da der Proband nur ruhig in das Mundstück atmen muss.
Zur Bestimmung des Lungenvolumens wird die Atmung am Mund mit einem Verschluss unterbrochen. Der Proband atmet gegen den Verschluss an und Munddruck und thorakale Bewegung werden registriert. Aus dem Verhältnis des thorakalen Verschiebevolumen und dem Mund- / Lungendruck multipliziert mit dem Umgebungsdruck wird über das Boyle-Mariott'sche Gesetz das aktuelle Lungenvolumen bestimmt. Damit ist die Bestimmung weiterer Messgrößen möglich, zum Beispiel das maximal mögliche Luftvolumen in der Lunge (Total Lung Capacity TLC, Totalkapazität) und das nicht ausatembare Restvolumen der Lunge (Residualvolumen RV). Für diese Werte ist es notwendig, während der Messung auch eine Spirometrie durchzuführen. Dies wird in der Regel auch gemacht.
Andere Methoden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Es gibt noch zwei andere Möglichkeiten, den Atemwegswiderstand zu bestimmen, die Oszillometrie (heute ausgeführt als Impulsoszillometrie) und die Shuttermethode. Die Impulsoszillometrie kann den Widerstand mit Luftstößen in die Lunge feststellen. Die Shuttermethode vertraut darauf, dass bei kurzem Verschluss der Atemwege sich der Druck von den Alveolen bis in den Mundraum ausgleicht, was bei krankhaft veränderten Atemwegen aber zunehmend schlechter funktioniert.
Keine dieser Alternativmethoden kann das Lungenvolumen und damit die TLC und das RV bestimmen.
Bronchospasmolysetest[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei der Bronchospasmolyse wird die Reversibilität der bronchialen Obstruktion getestet. Hierzu wird untersucht, ob man beim Patienten durch Anwendung von Atemsprays eine Verringerung des Atemwegswiderstandes (Rtot) erzielen kann. Diese geht mit einer Zunahme der FEV1 einher. Typischerweise ist die Obstruktion im Rahmen eines Asthma bronchiale reversibel, die Obstruktion bei einer chronisch obstruktiven Bronchitis ist niemals vollkommen reversibel.
Bei einer reversiblen Obstruktion vermindert sich durch den Bronchospasmolysetest ergänzend auch das bodyplethysmographisch primär messbar erhöhte Residualvolumen; die Differenz wird als Volumen pulmonum auctum bezeichnet.
Blutgasanalyse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Blutgasanalyse
Messwerte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Vitalkapazität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Vitalkapazität
Einheit: Liter (l). Die Vitalkapazität ist das Lungenvolumen, das maximal willkürlich geatmet werden kann, und entspricht dem gesamten atembaren Lungenvolumen. Es setzt sich additiv aus dem Atemzugvolumen (AZV), dem inspiratorischen Reservevolumen (IRV) und dem exspiratorischen Reservevolumen (ERV) zusammen. Die Vitalkapazität (VC) stellt somit ein Maß für die Ausdehnungsfähigkeit (Compliance) von Lunge und Thorax dar. Sie ist abhängig vom Alter und der Größe eines Menschen sowie von Geschlecht und Trainingszustand. Die Normwerte können näherungsweise mit Regressionsgleichungen berechnet werden, wie sie die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) herausgegeben hat. Für einen jungen Mann von 1,80 Größe beträgt die Vitalkapazität etwa 5,5 Liter (für Frauen 1 Liter weniger). Mit zunehmendem Alter nimmt sie ab; die Werte liegen dann etwa 1,5 Liter unter denen junger Menschen.
Die angegebenen Werte stellen Maximalwerte dar. Im Alltag und auch bei größeren sportlichen Anstrengungen wird die Vitalkapazität in der Regel nicht voll ausgeschöpft.
Die Vitalkapazität und insbesondere die totale Lungenkapazität dienen als klinische Parameter zur Einschätzung der Lungenfunktion bei einer restriktiven Lungenfunktionsstörung. Erniedrigte Werte deuten auf eine eingeschränkte Dehnbarkeit von Lunge oder Thorax hin. Zur korrekten Diagnose müssen zusätzliche klinische Lungenfunktionsparameter herangezogen werden, da auch bei einer obstruktiven Lungenerkrankung die Vitalkapazität herabgesetzt sein kann. Eine restriktive Lungenfunktionsstörung kann bei Thoraxdeformation, Muskelschwäche oder Adipositas auftreten.
Einsekundenkapazität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Einsekundenkapazität
Die Einsekundenkapazität (SK) ist dasjenige Volumen, das innerhalb einer Sekunde aus maximaler Inspirationslage forciert ausgeatmet werden kann. Die Messung der SK ist eine einfache Methode, um eine obstruktive Lungenfunktionsstörung zu erfassen.
Man unterscheidet die absolute von der relativen SK. Die absolute SK (Forciertes Exspiratorisches Volumen in 1 Sekunde: FEV1) wird in Volumeneinheiten angegeben. Die individuellen Messwerte werden in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, Größe und Gewicht in Beziehung zu Sollwert-Standard-Tabellen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gesetzt.
Die relative SK (FEV1%VC), auch Tiffeneau-Index genannt, wird in Prozent der inspiratorisch gemessenen Vitalkapazität (FEV1%IVC) oder in Deutschland meistens in Prozent der bei forcierter Exspiration gemessenen Vitalkapazität (FEV1%FVC) angegeben. Die relative SK darf nur zur Beschreibung einer Obstruktion benutzt werden, solange die VC im Normbereich liegt. Wenn bei schwerer Obstruktion aufgrund der vermehrten Atemarbeit auch die VC eingeschränkt ist, wird die relative SK falsch normal berechnet. In solchen Fällen muss die absolute SK zur Beurteilung herangezogen werden.
Der Nachteil der SK-Messung ist die Abhängigkeit von der Patientenmitarbeit.
Die Aufzeichnung der Stromstärke oder des Atemflusses gegen das Volumen bietet weitere Messgrößen, zum Beispiel der Spitzenexspiratorische Fluss oder Peak Flow (PEF)
Maximaler exspiratorischer Fluss (MEF)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
MEF25/50/75 (Einheit l/s): Exspiratorischer Fluss bei 25/50/75 % der forcierten VC: Maximale exspiratorische Atemstromstärke bei 25/50/75 % im Thorax befindlicher Vitalkapazität, d. h., wenn bereits 75/50/25 % der Vitalkapazität ausgeatmet sind.
Atemwegswiderstand (Resistance)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Resistance (Raw) (Einheit kPa × s × l−1, gemessen durch eine Druckdifferenz pro Volumenflow) ist ein dynamisches Maß für den Strömungswiderstand (bestehend aus dem viskösen Deformationswiderstand von Lungen- und Brustwand sowie dem eigentlichen Atemwegswiderstand) in den Atemwegen bei definierter Atmung. Der Atemwegswiderstand ist ein empfindlicher Parameter für die zentrale Atemwegsobstruktion. Eine Widerstandsabnahme im Bronchospasmolysetest deutet auf eine medikamentös beeinflussbare Reversibilität der Obstruktion hin.
Schweregrade:
Raw ≤ 0,35 kPa*s/l: keine; Raw 0,36 – 0,60 kPa*s/l: leichte; Raw 0,61 – 0,90 kPa*s/l: mittelschwere; Raw > 0,90 kPa*s/l: schwere Obstruktion
Spezifischer Atemwegswiderstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der spezifische Atemwegswiderstand (sRaw) ist eine Messgröße.
Er wird durch Anlage einer Tangente an die aufgezeichnete Atemschleife definiert.
Im spezifischen Atemwegswiderstand sind sowohl resistive- als auch Volumenanteile enthalten, ohne sie differenzieren zu können.
Erst durch die Bestimmung des ITGV (FRC pleth) und der Quotientenbildung sRAW/ITGV+VT/2=RAW kann der volumenbezogene Widerstand bestimmt werden.
Die nachstehende Gleichung ist zwar mathematisch richtig, aber physiologisch falsch!
(sR) Raw/TGV kPa × s (spezifische Resistance)
Lungenvolumen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Man unterscheidet verschiedene Lungenvolumina (Atemvolumina):
Statische Atemvolumina[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zu den statischen Atemvolumina gehören (zusammengesetzte Volumina werden Kapazitäten genannt):
Atemzugvolumen (AZV), auch Tidalvolumen, beschreibt das Volumen, das bei einer normalen Einatmung eingeatmet wird (ca. 0,5 l)
Inspiratorisches Reservevolumen (IRV), beschreibt das Volumen, das nach normaler Inspiration noch zusätzlich eingeatmet werden kann
Exspiratorisches Reservevolumen (ERV), beschreibt das Volumen, das nach normaler Exspiration noch ausgeatmet werden kann
Residualvolumen (RV), beschreibt das Volumen, das nach maximaler Exspiration in der Lunge verbleibt (nicht ausatembar). Spirometrisch nicht erfassbar.
Inspiratorische Kapazität (IC), setzt sich zusammen aus Atemzugsvolumen und inspiratorischem Reservevolumen, beschreibt die Luftmenge, die nach normaler Exspiration eingeatmet werden kann.
Inspiratorische Vitalkapazität (IVC), setzt sich zusammen aus Atemzugsvolumen, inspiratorischem Reservevolumen und exspiratorischem Reservevolumen, beschreibt die Luftmenge, die nach maximaler (forcierter) Exspiration maximal eingeatmet werden kann, also die maximale Ausdehnungskapazität der Lunge.
Totale Lungenkapazität (TLC), beschreibt das Volumen, das sich nach maximaler Inspiration in der Lunge befindet. Setzt sich zusammen aus Vitalkapazität und Residualvolumen.
Funktionelle Residualkapazität (FRC), setzt sich zusammen aus exspiratorischem Reservevolumen und Residualvolumen, beschreibt die Luftmenge, die nach einer normalen Ausatmung in der Lunge verbleibt. Die FRC wird nicht mittels Ganzkörperplethysmographie, sondern mit der „Gasauswaschmethode“ bestimmt.
Thorakales Gasvolumen (TGV) (Syn.: Intrathorakales Gasvolumen (ITGV)), beschreibt wie die FRC ebenfalls die nach normaler Exspiration in der Lunge enthaltene Luftmenge, wird aber über Bodyplethysmographie bestimmt und berücksichtigt daher auch Gasvolumina, die nicht in direktem Kontakt mit dem Tracheobronchialraum stehen (zum Beispiel ein Pneumothorax oder nichtbelüftete Lungenabschnitte bei älteren Patienten). Daher kann das TGV einen größeren Wert liefern als die FRC; beim jungen, lungengesunden Menschen sind sie meist identisch.
Dynamische Atemvolumina[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die dynamischen Atemvolumina geben die Verschiebung der statischen Atemvolumina pro Zeitspanne an, dazu gehören:
Atemgrenzwert, auch MVV, von engl.: Maximal Voluntary Ventilation: maximal erreichbares Atemzeitvolumen
Einsekundenkapazität, auch FEV1, von engl.: Forced Expiratory Volume in 1 second
Störungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ventilationsstörungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ventilationsstörungen der Lunge sind entweder Belüftungsstörungen oder eine Behinderung des Gasaustausches. Es wird zwischen obstruktiver und restriktiver, beispielsweise infolge von Adipositas auftretender, Ventilationsstörung unterschieden.[1]
Obstruktive Ventilationsstörung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei der obstruktiven Lungenfunktionsstörung ist der Atemwegswiderstand erhöht. Verursacht werden kann dies durch Sekret oder Fremdkörper in den Atemwegen – Bronchien (zum Beispiel bei chronischer Bronchitis), durch einengenden Druck von außen (zum Beispiel Tumor oder Ödeme), durch Emphyseme (Lungenüberblähung) oder Verengung der Bronchien z. B. durch Asthma bronchiale oder spastische Bronchitis.
Die obstruktive Lungenfunktionsstörung zeigt sich im Tiffeneau-Test durch forcierte Exspiration, wobei das forcierte exspiratorische Sekundenvolumen (FEV1) erniedrigt ist, die forcierte Vitalkapazität (FVC) aber gleich bleibt.
Ebenso können ein erhöhtes Residualvolumen sowie eine verminderte Vitalkapazität bei länger andauernder Obstruktion diagnostiziert werden.
Krankheitsbilder, die eine Obstruktive Ventilationsstörung verursachen, sind Asthma, chronische Bronchitis bzw. COPD, Fremdkörperaspiration.
Restriktive Ventilationsstörung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei der restriktiven Lungenfunktionsstörung ist die Vitalkapazität und die totale Lungenkapazität vermindert. Verursacht ist dies durch eine eingeschränkte Compliance des Atemapparats (die Dehnungsfähigkeit ist eingeschränkt). Das Auftreten einer restriktiven Lungenfunktionsstörung kann zum Beispiel an Verwachsungen der Pleura, Lungenfibrose, Verlust von Lungengewebe oder Thorax-Beweglichkeit (zum Beispiel Skoliose, Trichterbrust) liegen.
Perfusions- und Diffusionstörungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die pulmonale Perfusion ist die Durchblutung der Lungenkapillaren, angepasst an die Ventilation. Im Zonenmodell nach John B. West nimmt beim Gesunden entsprechend der Schwerkraft sowohl die Lungenventilation als auch die Lungenperfusion von oben (apikal) nach unten (basal) zu, wobei das Ventilations-Perfusions-Verhältnis in gleicher Richtung abnimmt und der optimale Wert (alveoläre Ventilation : kapilläre Perfusion = 0.8) dabei in der Mitte liegt.
Die Diffusion ist ein passiver Transportvorgang, Teilchen wandern vom Ort höherer Konzentration zum Ort niedriger Konzentration.
Gasaustausch in der Lunge: O2 gelangt aus der Luft in den Alveolen durch die Membran in die Kapillaren, CO2 aus dem Lungenkapillarblut in die Alveole.
Perfusionsstörungen:
Bei Gefäßverschlüssen ist die Perfusion im Verhältnis zur Ventilation eingeschränkt. Es kommt zu einem Missverhältnis von Durchblutung und Belüftung von Lungenabschnitten.
Beispiele für solche gestörte regionale Ventilations-Perfusions-Verhältnisse sind Lungenembolie, Lungenfibrose (Verdickung der Alveolarmembran) und Lungenemphysem (Lungenüberblähung). Bei eingeschränkter oder fehlender Perfusion wird der Totraum vergrößert (der Raum, der nicht am Gasaustausch beteiligt ist).
Diffusionsstörungen:
Sind Gasaustauschstörungen, die zu einer Lungenfunktionsstörung führen.
Das können sein: verlängerter Weg des Austausches von O2/CO2 bei Lungenfibrose durch Verdickung der Alveolarmembran oder beim Lungenödem durch Flüssigkeitseinlagerung.
Verlust von Alveolen: Austauschfläche ist verkleinert bei Pneumonie und Lungenemphysem.
Verkürzte Kontaktzeit: bei Lungenresektion.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Peter Lotz: Anatomie und Physiologie des Respirationstrakts. In: J. Kilian, H. Benzer, Friedrich Wilhelm Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Auflage ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 3–45.
Hilmar Burchardi: Ätiologie und Pathophysiologie der akuten respiratorischen Insuffizienz (ARI). In: J. Kilian, H. Benzer, F. W. Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Auflage ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 47–91; hier: S. 53–66.
Thomas Pasch, S. Krayer, H. R. Brunner: Definition und Meßgrößen der akuten respiratorischen Insuffizienz: Ventilation, Gasaustausch, Atemmechanik. In: J. Kilian, H. Benzer, F. W. Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Auflage ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 95–108.
Joachim Frey: Krankheiten der Atmungsorgane. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 599–746, hier: S. 626–631 (Prüfungen der Atmungsfunktionen).
Wolfgang T. Ulmer, G. Reichel, Dieter Nolte, M. S. Islam (Hrsg.): Die Lungenfunktion., Physiologie und Pathophysiologie, Methodik. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 1983, ISBN 3-13-448803-5; 7. Auflage, hrsg. von Wolfgang T. Ulmer, Dieter Nolte, Josef Lecheler und Thorsten Schäfer, ebenda 2003, unter dem Titel Die Lungenfunktion. Methodik und klinische Anwendung.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wiktionary: Lungenfunktion – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Literatur von und über Lungenfunktion im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Lehrmaterial von Alfred Jaros
Lungeninformationsdienst.de – Lungenfunktion
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ O. Wolfgang: Atmen – Atemhilfe: Atemphysiologie und Beatmungstechnik. 9., überarbeitete Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2012.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
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| Als Lungenfunktion (früher auch als Atmungsfunktionen bezeichnet) wird die physiologische Befähigung der Lunge als Organ für den Gasaustausch bei der äußeren Atmung von lungenatmenden Schnecken, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren einschließlich des Menschen bezeichnet. Im medizinischen Alltag hat sich der Begriff Lungenfunktion (Abk. Lufu) auch (kurz für Lungenfunktionstest) als Sammel- und Oberbegriff für die verschiedenen Untersuchungsverfahren der Lungenvolumina (vgl. auch Messgrößen) und anderer Kennzahlen der Lungenfunktion eingebürgert, beispielsweise der Spirometrie ( kleine Lungenfunktion ) und der Bodyplethysmographie ( große Lungenfunktion ). Physiologische Lungenfunktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die physiologische Funktion der Lunge besteht im sogenannten Gasaustausch, der Aufnahme von Sauerstoff in den Körper und Abgabe von Kohlendioxid aus dem Körper. Damit spielt die Lunge auch in der Regulation des Säure-Basen-Haushaltes eine wichtige Rolle. Untersuchungsverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Lungenfunktionstest, Universitätskrankenhaus Leipzig, 1970 Die üblichen, als Lungenfunktion benannten Untersuchungsverfahren befassen sich weniger mit dem Gasaustausch als mit der Struktur des bronchialen Systems. In diesem System der Lunge finden sich die häufigsten Störungen. Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Lungenerkrankung betreffen primär die Bronchien. Nur in Spezialfällen werden die Blutgase überprüft, so etwa bei apparativ beatmeten Patienten. Auch Diffusionsmessungen sind selten. Spirometrie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Spirometrie Die Spirometrie stellt eine nicht-invasive Methode in der Lungenfunktionsdiagnostik dar, die mit geringem apparativen Aufwand und kurzer Untersuchungsdauer Informationen über Art und Schwere einer Lungenfunktionsstörung liefert. Die Grundlage für spirometrische Lungenfunktionsmessungen bildet die Erfassung der Strömungsgeschwindigkeit der Atemluft gegen die Zeit, ein Vorgang, der auch als Pneumotachographie bezeichnet wird. Die daraus abgeleitete Atemstromstärke bildet die Grundlage weiterer Atemparameter (z. B. Atemvolumina). Die Spirometrie erfasst das aktuell geatmete Atemvolumen, indem der gemessene Atemstrom über die Zeit integriert wird. In der grafischen Darstellung ergibt sich ein (Atem)Volumen-Zeit-Diagramm, das Spirogramm. Aus diesem lassen sich Parameter wie das Atemzugvolumen, das exspiratorische und inspiratorische Reservevolumen, sowie die Vitalkapazität ablesen. Diese Volumina stellen statische Atemparameter dar und werden bei normaler bis vertiefter Atmung registriert. Für weitergehende diagnostische Zwecke wird eine forcierte Spirometrie durchgeführt, mit der sogenannte dynamische Atemparameter bestimmt werden. Aus dem forcierten Spirogramm lässt sich z. B. die Einsekundenkapazität (FEV1) bestimmen, einem wichtigen Parameter zur Diagnostik von obstruktiven Lungenfunktionsstörungen. Setzt man diese in Relation zur forciert ausgeatmeten Vitalkapazität (FEV, engl. forced exspiratory volume), erhält man den Tiffeneau-Index. Trägt man die gemessenen Atemstromstärken bei forcierter Exspiration und (zügiger) Inspiration kontinuierlich gegen das aktuelle Lungenvolumen grafisch auf, so erhält man die Fluss-Volumen-Kurve. Aus dem Kurvenverlauf kann bereits auf eine mögliche Funktionsstörung der Lunge geschlossen werden. Wichtige klinische Parameter sind die maximale exspiratorische Atemstromstärke (PEF, englisch peak expiratory flow) sowie die mittleren Atemstromstärken während der Ausatmung (MEF, englisch mean exspiratory flow). Sind die Werte dieser Parameter vermindert, so deutet das auf eine obstruktive Lungenerkrankung hin. Da diese spirometrisch ermittelten Parameter entscheidend für eine Therapie und Prognose bei einer Lungenfunktionsstörung sind, ist eine gute Mitarbeit der Patienten von großer Bedeutung. Menschen mit eingeschränkten geistigen Fähigkeiten und auch Kinder sind nicht immer zur ausreichenden Mitarbeit zu motivieren. Anhand der Kurvenverläufe lässt sich in der Regel der Grad der Patientenmitarbeit ableiten. Ganzkörperplethysmographie/Bodyplethysmographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Bodyplethysmographie Eine weitere Methode der Lungenfunktionsmessung ist die Bodyplethysmographie mit der Messung des Atemwegswiderstandes. Das Problem einer Widerstandsmessung der gesamten Atemwege ist, den Luftdruck in den Lungenbläschen zu bestimmen, der die gemessene Luftströmung durch die Bronchien auslöst. Je höher dieser in den Lungenbläschen aufgebaute Druck sein muss, um eine bestimmte Strömung zu erzeugen, desto mehr muss man sich beim Atmen anstrengen und desto höher ist der Atemwegswiderstand (Resistance). Der Bodyplethysmograph wird als eine Kabine mit einem (weitgehend) abgeschlossenen Luftvolumen ausgeführt, sie sieht wie eine kleine Telefonzelle aus. Der Aufwand der Messung ist also deutlich höher. Mit diesem abgeschlossenen Luftvolumen kann man eine Dehnung oder Kompression des Brustkorbes bestimmen. Der Drucksensor bestimmt die Änderung des Luftdruckes in der Kabine, der sich entgegengesetzt proportional zur Änderung des Luftdruckes im Brustkorb und damit in den Lungenbläschen verhält. Der Proportionalitätsfaktor ist hierbei vom Lungenvolumen abhängig. Die Bestimmung der spezifischen Resistance ist weniger mitarbeitsabhängig als die Spirometrie, da der Proband nur ruhig in das Mundstück atmen muss. Zur Bestimmung des Lungenvolumens wird die Atmung am Mund mit einem Verschluss unterbrochen. Der Proband atmet gegen den Verschluss an und Munddruck und thorakale Bewegung werden registriert. Aus dem Verhältnis des thorakalen Verschiebevolumen und dem Mund- / Lungendruck multipliziert mit dem Umgebungsdruck wird über das Boyle-Mariott'sche Gesetz das aktuelle Lungenvolumen bestimmt. Damit ist die Bestimmung weiterer Messgrößen möglich, zum Beispiel das maximal mögliche Luftvolumen in der Lunge (Total Lung Capacity TLC, Totalkapazität) und das nicht ausatembare Restvolumen der Lunge (Residualvolumen RV). Für diese Werte ist es notwendig, während der Messung auch eine Spirometrie durchzuführen. Dies wird in der Regel auch gemacht. Andere Methoden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Es gibt noch zwei andere Möglichkeiten, den Atemwegswiderstand zu bestimmen, die Oszillometrie (heute ausgeführt als Impulsoszillometrie) und die Shuttermethode. Die Impulsoszillometrie kann den Widerstand mit Luftstößen in die Lunge feststellen. Die Shuttermethode vertraut darauf, dass bei kurzem Verschluss der Atemwege sich der Druck von den Alveolen bis in den Mundraum ausgleicht, was bei krankhaft veränderten Atemwegen aber zunehmend schlechter funktioniert. Keine dieser Alternativmethoden kann das Lungenvolumen und damit die TLC und das RV bestimmen. Bronchospasmolysetest[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei der Bronchospasmolyse wird die Reversibilität der bronchialen Obstruktion getestet. Hierzu wird untersucht, ob man beim Patienten durch Anwendung von Atemsprays eine Verringerung des Atemwegswiderstandes (Rtot) erzielen kann. Diese geht mit einer Zunahme der FEV1 einher. Typischerweise ist die Obstruktion im Rahmen eines Asthma bronchiale reversibel, die Obstruktion bei einer chronisch obstruktiven Bronchitis ist niemals vollkommen reversibel. Bei einer reversiblen Obstruktion vermindert sich durch den Bronchospasmolysetest ergänzend auch das bodyplethysmographisch primär messbar erhöhte Residualvolumen; die Differenz wird als Volumen pulmonum auctum bezeichnet. Blutgasanalyse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Blutgasanalyse Messwerte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Vitalkapazität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Vitalkapazität Einheit: Liter (l). Die Vitalkapazität ist das Lungenvolumen, das maximal willkürlich geatmet werden kann, und entspricht dem gesamten atembaren Lungenvolumen. Es setzt sich additiv aus dem Atemzugvolumen (AZV), dem inspiratorischen Reservevolumen (IRV) und dem exspiratorischen Reservevolumen (ERV) zusammen. Die Vitalkapazität (VC) stellt somit ein Maß für die Ausdehnungsfähigkeit (Compliance) von Lunge und Thorax dar. Sie ist abhängig vom Alter und der Größe eines Menschen sowie von Geschlecht und Trainingszustand. Die Normwerte können näherungsweise mit Regressionsgleichungen berechnet werden, wie sie die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) herausgegeben hat. Für einen jungen Mann von 1,80 Größe beträgt die Vitalkapazität etwa 5,5 Liter (für Frauen 1 Liter weniger). Mit zunehmendem Alter nimmt sie ab; die Werte liegen dann etwa 1,5 Liter unter denen junger Menschen. Die angegebenen Werte stellen Maximalwerte dar. Im Alltag und auch bei größeren sportlichen Anstrengungen wird die Vitalkapazität in der Regel nicht voll ausgeschöpft. Die Vitalkapazität und insbesondere die totale Lungenkapazität dienen als klinische Parameter zur Einschätzung der Lungenfunktion bei einer restriktiven Lungenfunktionsstörung. Erniedrigte Werte deuten auf eine eingeschränkte Dehnbarkeit von Lunge oder Thorax hin. Zur korrekten Diagnose müssen zusätzliche klinische Lungenfunktionsparameter herangezogen werden, da auch bei einer obstruktiven Lungenerkrankung die Vitalkapazität herabgesetzt sein kann. Eine restriktive Lungenfunktionsstörung kann bei Thoraxdeformation, Muskelschwäche oder Adipositas auftreten. Einsekundenkapazität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Einsekundenkapazität Die Einsekundenkapazität (SK) ist dasjenige Volumen, das innerhalb einer Sekunde aus maximaler Inspirationslage forciert ausgeatmet werden kann. Die Messung der SK ist eine einfache Methode, um eine obstruktive Lungenfunktionsstörung zu erfassen. Man unterscheidet die absolute von der relativen SK. Die absolute SK (Forciertes Exspiratorisches Volumen in 1 Sekunde: FEV1) wird in Volumeneinheiten angegeben. Die individuellen Messwerte werden in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, Größe und Gewicht in Beziehung zu Sollwert-Standard-Tabellen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gesetzt. Die relative SK (FEV1%VC), auch Tiffeneau-Index genannt, wird in Prozent der inspiratorisch gemessenen Vitalkapazität (FEV1%IVC) oder in Deutschland meistens in Prozent der bei forcierter Exspiration gemessenen Vitalkapazität (FEV1%FVC) angegeben. Die relative SK darf nur zur Beschreibung einer Obstruktion benutzt werden, solange die VC im Normbereich liegt. Wenn bei schwerer Obstruktion aufgrund der vermehrten Atemarbeit auch die VC eingeschränkt ist, wird die relative SK falsch normal berechnet. In solchen Fällen muss die absolute SK zur Beurteilung herangezogen werden. Der Nachteil der SK-Messung ist die Abhängigkeit von der Patientenmitarbeit. Die Aufzeichnung der Stromstärke oder des Atemflusses gegen das Volumen bietet weitere Messgrößen, zum Beispiel der Spitzenexspiratorische Fluss oder Peak Flow (PEF) Maximaler exspiratorischer Fluss (MEF)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] MEF25/50/75 (Einheit l/s): Exspiratorischer Fluss bei 25/50/75 % der forcierten VC: Maximale exspiratorische Atemstromstärke bei 25/50/75 % im Thorax befindlicher Vitalkapazität, d. h., wenn bereits 75/50/25 % der Vitalkapazität ausgeatmet sind. Atemwegswiderstand (Resistance)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Resistance (Raw) (Einheit kPa s l 1, gemessen durch eine Druckdifferenz pro Volumenflow) ist ein dynamisches Maß für den Strömungswiderstand (bestehend aus dem viskösen Deformationswiderstand von Lungen- und Brustwand sowie dem eigentlichen Atemwegswiderstand) in den Atemwegen bei definierter Atmung. Der Atemwegswiderstand ist ein empfindlicher Parameter für die zentrale Atemwegsobstruktion. Eine Widerstandsabnahme im Bronchospasmolysetest deutet auf eine medikamentös beeinflussbare Reversibilität der Obstruktion hin. Schweregrade: Raw 0,35 kPa*s/l: keine; Raw 0,36 0,60 kPa*s/l: leichte; Raw 0,61 0,90 kPa*s/l: mittelschwere; Raw > 0,90 kPa*s/l: schwere Obstruktion Spezifischer Atemwegswiderstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der spezifische Atemwegswiderstand (sRaw) ist eine Messgröße. Er wird durch Anlage einer Tangente an die aufgezeichnete Atemschleife definiert. Im spezifischen Atemwegswiderstand sind sowohl resistive- als auch Volumenanteile enthalten, ohne sie differenzieren zu können. Erst durch die Bestimmung des ITGV (FRC pleth) und der Quotientenbildung sRAW/ITGV+VT/2=RAW kann der volumenbezogene Widerstand bestimmt werden. Die nachstehende Gleichung ist zwar mathematisch richtig, aber physiologisch falsch! (sR) Raw/TGV kPa s (spezifische Resistance) Lungenvolumen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Man unterscheidet verschiedene Lungenvolumina (Atemvolumina): Statische Atemvolumina[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Zu den statischen Atemvolumina gehören (zusammengesetzte Volumina werden Kapazitäten genannt): Atemzugvolumen (AZV), auch Tidalvolumen, beschreibt das Volumen, das bei einer normalen Einatmung eingeatmet wird (ca. 0,5 l) Inspiratorisches Reservevolumen (IRV), beschreibt das Volumen, das nach normaler Inspiration noch zusätzlich eingeatmet werden kann Exspiratorisches Reservevolumen (ERV), beschreibt das Volumen, das nach normaler Exspiration noch ausgeatmet werden kann Residualvolumen (RV), beschreibt das Volumen, das nach maximaler Exspiration in der Lunge verbleibt (nicht ausatembar). Spirometrisch nicht erfassbar. Inspiratorische Kapazität (IC), setzt sich zusammen aus Atemzugsvolumen und inspiratorischem Reservevolumen, beschreibt die Luftmenge, die nach normaler Exspiration eingeatmet werden kann. Inspiratorische Vitalkapazität (IVC), setzt sich zusammen aus Atemzugsvolumen, inspiratorischem Reservevolumen und exspiratorischem Reservevolumen, beschreibt die Luftmenge, die nach maximaler (forcierter) Exspiration maximal eingeatmet werden kann, also die maximale Ausdehnungskapazität der Lunge. Totale Lungenkapazität (TLC), beschreibt das Volumen, das sich nach maximaler Inspiration in der Lunge befindet. Setzt sich zusammen aus Vitalkapazität und Residualvolumen. Funktionelle Residualkapazität (FRC), setzt sich zusammen aus exspiratorischem Reservevolumen und Residualvolumen, beschreibt die Luftmenge, die nach einer normalen Ausatmung in der Lunge verbleibt. Die FRC wird nicht mittels Ganzkörperplethysmographie, sondern mit der Gasauswaschmethode bestimmt. Thorakales Gasvolumen (TGV) (Syn.: Intrathorakales Gasvolumen (ITGV)), beschreibt wie die FRC ebenfalls die nach normaler Exspiration in der Lunge enthaltene Luftmenge, wird aber über Bodyplethysmographie bestimmt und berücksichtigt daher auch Gasvolumina, die nicht in direktem Kontakt mit dem Tracheobronchialraum stehen (zum Beispiel ein Pneumothorax oder nichtbelüftete Lungenabschnitte bei älteren Patienten). Daher kann das TGV einen größeren Wert liefern als die FRC; beim jungen, lungengesunden Menschen sind sie meist identisch. Dynamische Atemvolumina[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die dynamischen Atemvolumina geben die Verschiebung der statischen Atemvolumina pro Zeitspanne an, dazu gehören: Atemgrenzwert, auch MVV, von engl.: Maximal Voluntary Ventilation: maximal erreichbares Atemzeitvolumen Einsekundenkapazität, auch FEV1, von engl.: Forced Expiratory Volume in 1 second Störungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ventilationsstörungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ventilationsstörungen der Lunge sind entweder Belüftungsstörungen oder eine Behinderung des Gasaustausches. Es wird zwischen obstruktiver und restriktiver, beispielsweise infolge von Adipositas auftretender, Ventilationsstörung unterschieden.[1] Obstruktive Ventilationsstörung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei der obstruktiven Lungenfunktionsstörung ist der Atemwegswiderstand erhöht. Verursacht werden kann dies durch Sekret oder Fremdkörper in den Atemwegen Bronchien (zum Beispiel bei chronischer Bronchitis), durch einengenden Druck von außen (zum Beispiel Tumor oder Ödeme), durch Emphyseme (Lungenüberblähung) oder Verengung der Bronchien z. B. durch Asthma bronchiale oder spastische Bronchitis. Die obstruktive Lungenfunktionsstörung zeigt sich im Tiffeneau-Test durch forcierte Exspiration, wobei das forcierte exspiratorische Sekundenvolumen (FEV1) erniedrigt ist, die forcierte Vitalkapazität (FVC) aber gleich bleibt. Ebenso können ein erhöhtes Residualvolumen sowie eine verminderte Vitalkapazität bei länger andauernder Obstruktion diagnostiziert werden. Krankheitsbilder, die eine Obstruktive Ventilationsstörung verursachen, sind Asthma, chronische Bronchitis bzw. COPD, Fremdkörperaspiration. Restriktive Ventilationsstörung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei der restriktiven Lungenfunktionsstörung ist die Vitalkapazität und die totale Lungenkapazität vermindert. Verursacht ist dies durch eine eingeschränkte Compliance des Atemapparats (die Dehnungsfähigkeit ist eingeschränkt). Das Auftreten einer restriktiven Lungenfunktionsstörung kann zum Beispiel an Verwachsungen der Pleura, Lungenfibrose, Verlust von Lungengewebe oder Thorax-Beweglichkeit (zum Beispiel Skoliose, Trichterbrust) liegen. Perfusions- und Diffusionstörungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die pulmonale Perfusion ist die Durchblutung der Lungenkapillaren, angepasst an die Ventilation. Im Zonenmodell nach John B. West nimmt beim Gesunden entsprechend der Schwerkraft sowohl die Lungenventilation als auch die Lungenperfusion von oben (apikal) nach unten (basal) zu, wobei das Ventilations-Perfusions-Verhältnis in gleicher Richtung abnimmt und der optimale Wert (alveoläre Ventilation : kapilläre Perfusion = 0.8) dabei in der Mitte liegt. Die Diffusion ist ein passiver Transportvorgang, Teilchen wandern vom Ort höherer Konzentration zum Ort niedriger Konzentration. Gasaustausch in der Lunge: O2 gelangt aus der Luft in den Alveolen durch die Membran in die Kapillaren, CO2 aus dem Lungenkapillarblut in die Alveole. Perfusionsstörungen: Bei Gefäßverschlüssen ist die Perfusion im Verhältnis zur Ventilation eingeschränkt. Es kommt zu einem Missverhältnis von Durchblutung und Belüftung von Lungenabschnitten. Beispiele für solche gestörte regionale Ventilations-Perfusions-Verhältnisse sind Lungenembolie, Lungenfibrose (Verdickung der Alveolarmembran) und Lungenemphysem (Lungenüberblähung). Bei eingeschränkter oder fehlender Perfusion wird der Totraum vergrößert (der Raum, der nicht am Gasaustausch beteiligt ist). Diffusionsstörungen: Sind Gasaustauschstörungen, die zu einer Lungenfunktionsstörung führen. Das können sein: verlängerter Weg des Austausches von O2/CO2 bei Lungenfibrose durch Verdickung der Alveolarmembran oder beim Lungenödem durch Flüssigkeitseinlagerung. Verlust von Alveolen: Austauschfläche ist verkleinert bei Pneumonie und Lungenemphysem. Verkürzte Kontaktzeit: bei Lungenresektion. Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Peter Lotz: Anatomie und Physiologie des Respirationstrakts. In: J. Kilian, H. Benzer, Friedrich Wilhelm Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Auflage ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 3 45. Hilmar Burchardi: Ätiologie und Pathophysiologie der akuten respiratorischen Insuffizienz (ARI). In: J. Kilian, H. Benzer, F. W. Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Auflage ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 47 91; hier: S. 53 66. Thomas Pasch, S. Krayer, H. R. Brunner: Definition und Meßgrößen der akuten respiratorischen Insuffizienz: Ventilation, Gasaustausch, Atemmechanik. In: J. Kilian, H. Benzer, F. W. Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Auflage ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 95 108. Joachim Frey: Krankheiten der Atmungsorgane. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 599 746, hier: S. 626 631 (Prüfungen der Atmungsfunktionen). Wolfgang T. Ulmer, G. Reichel, Dieter Nolte, M. S. Islam (Hrsg.): Die Lungenfunktion., Physiologie und Pathophysiologie, Methodik. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 1983, ISBN 3-13-448803-5; 7. Auflage, hrsg. von Wolfgang T. Ulmer, Dieter Nolte, Josef Lecheler und Thorsten Schäfer, ebenda 2003, unter dem Titel Die Lungenfunktion. Methodik und klinische Anwendung. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wiktionary: Lungenfunktion Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Literatur von und über Lungenfunktion im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Lehrmaterial von Alfred Jaros Lungeninformationsdienst.de Lungenfunktion Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] O. Wolfgang: Atmen Atemhilfe: Atemphysiologie und Beatmungstechnik. 9., überarbeitete Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2012. Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! Normdaten (Sachbegriff): GND: 4168318-3 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Magen.txt |
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Magen (Begriffsklärung) aufgeführt.
Anatomische Zeichnung des menschlichen Magens (stomach) und der umgebenden Strukturen, die Leber wurde nach rechts und oben gezogen
Hier wurde das große Netz zwischen Magen und Querkolon durchtrennt und der Magen angehoben, so dass seine Rückseite und die dahinter liegende Bauchspeicheldrüse zu sehen sind
Der Magen (von mittelhochdeutsch mage; altgriechisch γαστήρ gaster, lateinisch ventriculus; auch griechisch-lateinisch stomachus) ist ein Verdauungsorgan fast aller Tiere. Die primitivste Form ist der Gastralraum der Nesseltiere, der zugleich Ausscheidungsorgan ist. Der Magen ist ein Hohlorgan aus Muskelgewebe, das innen mit einer Schleimhaut ausgekleidet ist. Im Gegensatz zum einhöhligen Magen des Menschen und der meisten Tierarten besitzt der Magen bei Wiederkäuern und Vögeln mehrere abgegrenzte Hohlraumsysteme (mehrhöhliger Magen) sowie hochspezialisierte Organe bei Insekten (Honigmagen, Saugmagen). Magenlos sind z. B. die Karpfenfische (man deutet dies als ursprüngliche Anpassung an Schnecken- und Muschel-Nahrung, deren Kalkschalen die Magensäure nutzlos machten).[1]
Das Fassungsvermögen des menschlichen Magens ist individuell unterschiedlich und beträgt etwa 1,5 l.[2] In diesem Hohlraum wird der Nahrungsbrei mit dem Magensaft vermengt, der im Wesentlichen aus dem eiweißspaltenden Enzym Pepsin und Salzsäure besteht. Der Magen bringt auch den Nahrungsbrei auf die gleiche Temperatur, außerdem schichtet und speichert er ihn. Im Ruhezustand sondern die Drüsen etwa 10 ml Magensaft pro Stunde ab. Bei Nahrungsaufnahme kann die Bildung von Magensaft auf bis zu 1000 ml pro Stunde erhöht werden. Die Bildung wird sowohl durch Nerven-Impulse (vor allem vor der Nahrungsaufnahme) als auch durch Hormone gesteuert. Durch Muskelkontraktionen (Peristaltik) wird der Nahrungsbrei weiter zum Pförtner transportiert. Dieser bildet als Sphinkter (Schließmuskel) einen Verschluss zwischen Magen und Zwölffingerdarm und kann sich für den Durchtritt des angedauten Speisebreis (Chymus) etwa 13 mm weit öffnen. Dieses geschieht regelmäßig, um den Nahrungsbrei gleichmäßig in den dem Magenausgang folgenden Zwölffingerdarm weiterzuleiten.
Biologische Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Vorverdauung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die eigentliche Verdauung und Resorption findet bei den meisten Tieren und beim Menschen im Darm oder spezieller im Dünndarm statt. Im Magen werden vor allem die Proteine (Eiweiße) in sogenannte Polypeptidketten vorverdaut. Die notwendigen Enzyme zur Eiweißverdauung, Pepsin und Kathepsin, haben durch den niedrigen pH-Wert höchste Aktivität. Sie werden von den Zellen des Magens als inaktive Vorstufen (Pepsinogen) abgesondert und erst durch Kontakt mit der Magensäure aktiviert. Fette passieren den Magen größtenteils ungehindert, sie werden durch die Peristaltik jedoch weicher gemacht (verflüssigt). Kohlenhydrate passieren den Magen genauso ungehindert, da die enzymatische Spaltung der α(1-4)-Glykosidbindung von Amylose durch α-Amylase (aus dem Speichel) durch den sauren pH-Wert im Magen wieder gehemmt wird.
Abtöten von Bakterien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der saure Magensaft verhindert effektiv das Überleben der meisten Bakterien und schützt so vor Infektionen. Lange Zeit galt die Lehrmeinung, dass im extrem sauren Milieu des menschlichen Magens ein Wachstum von Mikroorganismen prinzipiell nicht möglich sei. Mit der Entdeckung von Helicobacter pylori in der Magenschleimhaut im Jahr 1983 musste diese Ansicht jedoch revidiert werden. Fortan galt H. pylori als die einzige Ausnahme – ein Bakterium, das in der Lage ist, sich unterhalb der schützenden Schleimschicht anzusiedeln. Wissenschaftler der Stanford University konnten 2005/2006 jedoch nachweisen, dass die Flora (vgl. Darmflora) deutlich komplexer ist als bisher angenommen: Sie entdeckten insgesamt 128 weitere den Magen besiedelnde Bakterienarten, darunter auch einen Verwandten der extremophilen Gattung Deinococcus. Insgesamt etwa zehn Prozent der identifizierten Mikroorganismen unterschieden sich genetisch erheblich von allen bisher bekannten Bakterien.
Fälschlicherweise wird der im Magen vorherrschende pH-Wert oft mit konzentrierter Säure verglichen. Der Magensaft hat zwar auch einen sehr niedrigen pH-Wert von 0,8 bis 1,5,[3] die Konzentration der Salzsäure ist jedoch geringer. Dieser niedrige pH-Wert gilt allerdings nur bei leerem Magen. Bei Nahrungszufuhr steigt der Wert und kann abhängig von der Pufferkapazität des Speisebreis auf 4,5 bis 6,5 ansteigen.[4]
Regelmäßige weitere Verdauung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Magen ermöglicht es, dass Lebewesen mit wenigen größeren Mahlzeiten pro Tag auskommen. Er ist in der Lage, seine Wandspannung an die jeweilige Inhaltsmenge anzupassen (Akkommodation). Der Pförtner (Pylorus) sorgt dafür, dass alle Stoffe genügend lange im Magen verbleiben und ausreichend mit den Verdauungssäften versetzt werden. Der Speisebrei wird dann langsam und gleichmäßig dem Darm zugeführt.
Aufbau beim Menschen und Tieren mit einhöhligem Magen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Anatomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Makroskopischer Aufbau des Magens. (1) Korpus, (2) Fundus, (3) vordere Magenwand, (4) große Kurvatur, (5) kleine Kurvatur, (6) Kardia, (9) Sphincter pylori, (10) Antrum, (11) Canalis pyloricus, (12) Incisura angularis, (13) Magenrinne, (14) Schleimhautfalten (durch Fensterung)
Von außen gesehen unterscheidet man am Magen die vordere obere Fläche (Paries anterior) und die hintere untere Fläche (Paries posterior), die große Krümmung (Curvatura major), an der das Omentum majus zum Teil befestigt ist, sowie die kleine Krümmung (Curvatura minor), an der das Omentum minus befestigt ist.
Makroskopisch wird er in folgende Bereiche untergliedert:
Die Pars cardiaca (auch Cardia oder Kardia, „Mageneingang“) – mit dem Ostium cardiacum („Magenmund“) – stellt den Übergang zwischen Speiseröhre (Oesophagus) und dem Magen dar.
Der Fundus ventriculi (oder Fundus gastricus, Fornix ventriculi, Fornix gastricus, „Magengrund“, „Magenkuppel“, „Magengewölbe“) liegt unterhalb des Zwerchfells links und kranial vom Mageneingang und ist mit bei der Nahrungsaufnahme verschluckter Luft gefüllt. Auf dem Röntgenbild erscheint er als Magenblase. Bei Pferden wölbt er sich stark über den Mageneingang vor, was als Blindsack (Saccus caecus ventriculi) bezeichnet wird.[5]
Das Corpus ventriculi (oder Corpus gastricum, „Magenkorpus“, „Magenkörper“) macht den größten Anteil des Magens aus.
Die Pars pylorica ist enger als das Korpus, wobei der dem Duodenum nähere Teil, der Canalis pyloricus („Pförtnerkanal“), noch enger ist als der entferntere Teil, das Antrum pyloricum („Pförtnerhöhle“), genannt auch Vestibulum pyloricum.
Der Pylorus („Pförtner“) ist über das Ostium pyloricum („Pförtnermund“) die Verbindung zum Duodenum. Er erscheint von außen als harte Einschnürung und bildet gegen innen den Schließmuskel (Musculus sphincter pylori).
Die Form und Lage des Magens ist nicht konstant, sondern vielmehr abhängig von dessen Füllung und der Stellung des Menschen. Die Pars cardiaca ist aber durch Bindegewebe relativ stark befestigt, während der nur am Ligamentum hepatoduodenale befestigte Pylorus sich bei größerem Mageninhalt absenkt, wodurch der Magen die typische Hakenform bildet. Bei Frauen ist der Magen meist tiefer und steiler gelegen als bei Männern.
Siehe auch: Blutgefäße: Truncus coeliacus und Magenlymphknoten
Histologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Mikroskopisches Präparat normaler Magenschleimhaut
Mikroskopisch gesehen besteht der Magen aus:
der Magenschleimhaut (Tunica mucosa gastrica), die aus den Laminae epithelialis, propria und muscularis mucosae besteht. Sie ist durch Einsenkungen (Foveolae gastricae) in zahlreiche Felder (Areae gastricae) gegliedert, mit einer Vielzahl von Drüsen (Glandulae gastricae).
einer Bindegewebsschicht (Tela submucosa) mit Blutgefäßen
einer Muskelschicht (Tunica muscularis gastrica) aus glatter Muskulatur, die aus den Fibrae obliquae, dem Stratum circulare und dem Stratum longitudinale besteht
einem Überzug der Tunica serosa (Peritoneum)
Der Magen besitzt für die Sekretion von Hormonen und anderen Sekreten in seiner Schleimhaut verschiedene Zellarten, die an typischen Stellen des Magens lokalisiert sind, insbesondere
in Korpus und Fundus: Nebenzellen (bilden Schleim), Hauptzellen (bilden Pepsinogen), Parietal- oder Belegzellen (bilden Salzsäure und Intrinsic Factor),
im Antrum: G-Zellen (bilden Gastrin).
Embryologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Magen entsteht als spindelförmige Erweiterung des Vorderdarms (der vordere Abschnitt des primitiven Darmrohrs des Embryos). Diese ist über zwei Gekröse (Mesogastrium dorsale und ventrale) an der rückenseitigen beziehungsweise bauchseitigen Körperwand befestigt. Die zunächst in der Längsachse des Embryos stehende Magenanlage erweitert sich rückenseitig zur Curvatura major und wölbt sich bauchseitig zur flach konkaven Curvatura minor ein.
Die endgültige Form und Lage des Magens bildet sich durch unterschiedliches Wachstum der Magenwandabschnitte heraus. Die Lageveränderungen werden auch als „Magendrehungen“ (nicht mit der Erkrankung Magendrehung zu verwechseln) bezeichnet, obwohl dabei nicht passive Drehungen, sondern komplizierte Umbildungsprozesse der Magenanlage stattfinden. Die sogenannte „1. Magendrehung“ kann man sich als eine Verdrehung um die Längsachse nach links um 140 Grad vorstellen. Dadurch gelangt die große Magenkrümmung von der Rückenseite nach ventrolateral (links-bauchwärts), die kleine Magenkrümmung entsprechend nach rechts dorsolateral (seitlich-rückenwärts). Die „2. Magendrehung“ lässt sich als Drehung um die senkrechte Achse um 90 Grad nach links umschreiben. Dadurch gelangt der Mageneingang nach links und der Pylorus nach rechts. Die „3. Magendrehung“ erfolgt wiederum um die Längsachse nach rechts um etwa 45 Grad. Die Curvatura major zeigt nun nach links und kaudoventral, die Curvatura minor nach rechts und kraniodorsal.
Blutversorgung des Magens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Blutversorgung des menschlichen Magens
Der Magen wird arteriell über den Truncus coeliacus versorgt. Dieser kurze Gefäßstamm geht direkt von der Aorta ab und zweigt sich in drei Hauptäste auf: die Arteria hepatica communis, die Arteria gastrica sinistra und die Arteria splenica. Der Magen wird dabei direkt über die Arteria gastrica sinistra oder indirekt über weitere Abgänge der beiden anderen Äste versorgt. Der obere Teil der kleinen Kurvatur erhält sein sauerstoffreiches Blut direkt aus der Arteria gastrica sinistra. Sie läuft mit der Arteria gastrica dextra zusammen, die ursprünglich der Arteria hepatica communis entspringend den unteren Teil der kleinen Kurvatur versorgt. Beide verlaufen am Magen im kleinen Netz (Omentum minus), wo sie sich an der rechten Magenseite entlang schlängeln. Ebenfalls ursprünglich der Arteria hepatica communis entsprungen, versorgt die Arteria gastroomentalis dextra die untere Hälfte der großen Kurvatur. Sie läuft mit der Arteria gastroomentalis sinistra zusammen, die wiederum aus der Arteria splenica entstammt. Beide verlaufen am Magen im großen Netz (Omentum majus). Zusätzlich gibt die Arteria splenica noch einige Arteriae gastricae breves ab, die für die Versorgung des Fundus zuständig sind, sowie eine Arteria gastrica posterior, welche für die Durchblutung der Magenrückwand sorgt.
Vergleichende Anatomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Gegensatz zum einhöhligen Magen des Menschen (Ventriculus unilocularis) ist bei einigen Tiergruppen ein mehrhöhliger Magen (Ventriculus multilocularis) ausgebildet.
Magen der Wiederkäuer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei Wiederkäuern sind dem eigentlichen, mit einer drüsenhaltigen Schleimhaut ausgekleideten Magen, hier als Labmagen bezeichnet, noch drei Vormagenabschnitte vorgeschaltet. Dies sind Pansen, Netzmagen und Blättermagen. Sie besitzen eine drüsenlose Schleimhaut. In diesen Vormägen finden der mikrobiologische Aufschluss von Zellulose sowie erste Resorptionsvorgänge statt.
Magen der Vögel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Magen der Vögel ist in zwei Abschnitte unterteilt. Im eigentlichen Drüsenmagen (Ventriculus glandularis oder Proventriculus) werden ebenfalls Enzyme und Salzsäure abgegeben. Diesem Drüsenmagen ist der Muskelmagen (Ventriculus muscularis) nachgeschaltet. Er besteht aus kräftiger Muskulatur und dient der mechanischen Zerkleinerung der Nahrung und ersetzt so die Funktion der Zähne und des Kauens. Die Drüsen des Muskelmagens sondern ein Sekret ab, das durch die Salzsäure des Proventriculus zu einer Reibeplatte aushärtet (Koilinschicht). Zudem nehmen viele Vögel Steine (oder andere harte Partikel wie Muscheln bei Seevögeln) auf, die zusammen mit dieser Reibeplatte die Nahrung zermahlen. Diese Magensteine werden als Gastrolithen oder als Grit bezeichnet. Bei Vögeln, die sich von leichtverdaulicher oder weicher Nahrung ernähren, ist der Muskelmagen nur gering entwickelt.
Verlust des Magens im Laufe der Evolution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Magen ist vor etwa 450 Millionen Jahren erstmals bei den Wirbeltieren (Vertebrata) aufgetreten. Es wird vermutet, dass viele Wirbeltiere den Magen und vielfach auch die zugehörigen Gene (z. B. für Pepsinogen und die Protonen-Kalium-Pumpe) danach wieder verloren hätten, dazu gehören u. a. urtümliche Säugetiere wie das Schnabeltier und der Ameisenigel sowie etwa ein Viertel aller Fischarten, i. e. S. die echten Knochenfische (Teleostei).[6] Der Verlust des Magens bei zahlreichen Abstammungslinien könnte mit dem Fehlen bestimmter Protonenpumpen sowie pepsinogener Enzyme zusammenhängen.[7]
Physiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Magenentleerung
Geschluckte Speisen werden vorübergehend gespeichert und dabei zerkleinert. Diese Homogenisierung geschieht während einer Verweildauer von 1–6 Stunden. Durch eine Dehnung des Magens im oberen Korpusbereich durch den Chymus, werden peristaltische Wellen ausgelöst. Der Entleerungsvorgang des Magens hängt von zahlreichen Faktoren ab. Die Magenentleerung erfolgt reflektorisch und portionsweise durch Erschlaffung des Magenpförtners (Pylorus). Sie wird, neben dem vegetativen Nervensystem, zudem durch gastrointestinale Hormone und Peptide (deren genaue Funktion noch nicht geklärt ist) sowie durch die Nahrungszusammensetzung (z. B. Menge, Temperatur) gesteuert.[8] Ein weiterer Mechanismus zur Steuerung der Entleerungsrate sind Chemosensoren im Dünndarm.
Die Flüssigkeitsentleerung ist, durch den niedrigen Magenpförtnerdruck, vor allem vom Druckgradienten zwischen Magen und Zwölffingerdarm abhängig. Flüssigkeiten verlassen den Magen relativ schnell (Halbwertszeit von Wasser auf nüchternen Magen: 10–20 Minuten). Die Entleerung fester Bestandteile ist in erster Linie vom Magenpförtnerwiderstand und der Partikelgröße abhängig. Partikel verlassen den Magen ab einer Zerkleinerung auf zwei Millimeter.[8]
Große oder unverdauliche Nahrungsmittel verlassen den Magen in der Verdauungsruhe (interdigestive Motoraktivität).[8][9]
Fehlbildungen und Erkrankungen des Magens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Gutartiges Magengeschwür des Antrum pyloricum
→ Hauptartikel: Magenerkrankung
Ist der Magen nicht angelegt, spricht man von einer Agastrie. Bei der Mikrogastrie ist der Magen zu klein. Die wichtigsten Erkrankungen sind beim Menschen die Magenschleimhautentzündung (Gastritis), das Magengeschwür und der Magenkrebs.
Bei Tieren kommen eine Reihe von Parasiten vor, die sich vorzugsweise im Magen ansiedeln und daher als Magenwürmer bezeichnet werden.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Magenknurren
Magenband – eine medizinische Behandlungsmethode bei krankhafter Adipositas
Menenius: Parabel vom Magen und den Gliedern
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Franz X. Sailer: Magen. In: Chirurgie historisch gesehen: Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Hrsg. von Franz X. Sailer und Friedrich W. Gierhake, Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 43–71.
Franz-Viktor Salomon: Magen, Ventriculus (Gaster). In: Salomon u. a. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag Stuttgart, 2., erw. Auflage 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 272–293.
Hans Adolf Kühn: Krankheiten des Magens und Zwölffingerdarmes. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 767–804.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Mägen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Magen – Zitate
Wiktionary: Magen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Albertinen-Krankenhaus Hamburg: Endoskopieatlas mit Bildern und Videos des Magens
Lehrstuhl für Humanbiologie der Technischen Universität München: Magen-Darmmotorik mit Hilfe der Videofluoroskopie sichtbar gemacht: Der bewegte Darm von Hans Jörg Ehrlein und Michael Schemann
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Henryk Szarski (1965), Bull. Acad. Pol. Sci., Biol., 4: 155 f.
↑ Benninghoff, Drenckhahn: Anatomie. 16. Auflage, Elsevier Verlag (2002), S. 655.
↑ Mutschler: Arzneimittelwirkungen. 9. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8047-1952-1.
↑ Rehner, Daniel: Biochemie der Ernährung. 3. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, 2010, ISBN 978-3-8274-2041-1, S. 320.
↑ Klaus-Dieter Budras, Sabine Röck: Atlas der Anatomie des Pferdes: Lehrbuch für Tierärzte und Studierende. Schlütersche, 2004, ISBN 978-3-89993-002-3, S. 68.
↑ How The Platypus And A Quarter Of Fishes Lost Their Stomachs. Abgerufen am 1. April 2014.
↑ L. Filipe C. Castro, Odete Gonçalves, Sylvie Mazan, Boon-Hui Tay, Byrappa Venkatesh und Jonathan M. Wilson: Recurrent gene loss correlates with the evolution of stomach phenotypes in gnathostome history. Proceedings of the Royal Society B, Vol. 281, No. 1775; 2014. doi:10.1098/rspb.2013.2669
↑ a b c Robert F. Schmidt, Florian Lang, Manfred Heckmann: Physiologie des Menschen. mit Pathophysiologie. 31. Auflage. SpringerMedizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 803–809.
↑ Robert F. Schmidt, Florian Lang, Manfred Heckmann: Physiologie des Menschen. mit Pathophysiologie. 31. Auflage. SpringerMedizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 797.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4036943-2 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
| Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Magen (Begriffsklärung) aufgeführt. Anatomische Zeichnung des menschlichen Magens (stomach) und der umgebenden Strukturen, die Leber wurde nach rechts und oben gezogen Hier wurde das große Netz zwischen Magen und Querkolon durchtrennt und der Magen angehoben, so dass seine Rückseite und die dahinter liegende Bauchspeicheldrüse zu sehen sind Der Magen (von mittelhochdeutsch mage; altgriechisch gaster, lateinisch ventriculus; auch griechisch-lateinisch stomachus) ist ein Verdauungsorgan fast aller Tiere. Die primitivste Form ist der Gastralraum der Nesseltiere, der zugleich Ausscheidungsorgan ist. Der Magen ist ein Hohlorgan aus Muskelgewebe, das innen mit einer Schleimhaut ausgekleidet ist. Im Gegensatz zum einhöhligen Magen des Menschen und der meisten Tierarten besitzt der Magen bei Wiederkäuern und Vögeln mehrere abgegrenzte Hohlraumsysteme (mehrhöhliger Magen) sowie hochspezialisierte Organe bei Insekten (Honigmagen, Saugmagen). Magenlos sind z. B. die Karpfenfische (man deutet dies als ursprüngliche Anpassung an Schnecken- und Muschel-Nahrung, deren Kalkschalen die Magensäure nutzlos machten).[1] Das Fassungsvermögen des menschlichen Magens ist individuell unterschiedlich und beträgt etwa 1,5 l.[2] In diesem Hohlraum wird der Nahrungsbrei mit dem Magensaft vermengt, der im Wesentlichen aus dem eiweißspaltenden Enzym Pepsin und Salzsäure besteht. Der Magen bringt auch den Nahrungsbrei auf die gleiche Temperatur, außerdem schichtet und speichert er ihn. Im Ruhezustand sondern die Drüsen etwa 10 ml Magensaft pro Stunde ab. Bei Nahrungsaufnahme kann die Bildung von Magensaft auf bis zu 1000 ml pro Stunde erhöht werden. Die Bildung wird sowohl durch Nerven-Impulse (vor allem vor der Nahrungsaufnahme) als auch durch Hormone gesteuert. Durch Muskelkontraktionen (Peristaltik) wird der Nahrungsbrei weiter zum Pförtner transportiert. Dieser bildet als Sphinkter (Schließmuskel) einen Verschluss zwischen Magen und Zwölffingerdarm und kann sich für den Durchtritt des angedauten Speisebreis (Chymus) etwa 13 mm weit öffnen. Dieses geschieht regelmäßig, um den Nahrungsbrei gleichmäßig in den dem Magenausgang folgenden Zwölffingerdarm weiterzuleiten. Biologische Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Vorverdauung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die eigentliche Verdauung und Resorption findet bei den meisten Tieren und beim Menschen im Darm oder spezieller im Dünndarm statt. Im Magen werden vor allem die Proteine (Eiweiße) in sogenannte Polypeptidketten vorverdaut. Die notwendigen Enzyme zur Eiweißverdauung, Pepsin und Kathepsin, haben durch den niedrigen pH-Wert höchste Aktivität. Sie werden von den Zellen des Magens als inaktive Vorstufen (Pepsinogen) abgesondert und erst durch Kontakt mit der Magensäure aktiviert. Fette passieren den Magen größtenteils ungehindert, sie werden durch die Peristaltik jedoch weicher gemacht (verflüssigt). Kohlenhydrate passieren den Magen genauso ungehindert, da die enzymatische Spaltung der (1-4)-Glykosidbindung von Amylose durch -Amylase (aus dem Speichel) durch den sauren pH-Wert im Magen wieder gehemmt wird. Abtöten von Bakterien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der saure Magensaft verhindert effektiv das Überleben der meisten Bakterien und schützt so vor Infektionen. Lange Zeit galt die Lehrmeinung, dass im extrem sauren Milieu des menschlichen Magens ein Wachstum von Mikroorganismen prinzipiell nicht möglich sei. Mit der Entdeckung von Helicobacter pylori in der Magenschleimhaut im Jahr 1983 musste diese Ansicht jedoch revidiert werden. Fortan galt H. pylori als die einzige Ausnahme ein Bakterium, das in der Lage ist, sich unterhalb der schützenden Schleimschicht anzusiedeln. Wissenschaftler der Stanford University konnten 2005/2006 jedoch nachweisen, dass die Flora (vgl. Darmflora) deutlich komplexer ist als bisher angenommen: Sie entdeckten insgesamt 128 weitere den Magen besiedelnde Bakterienarten, darunter auch einen Verwandten der extremophilen Gattung Deinococcus. Insgesamt etwa zehn Prozent der identifizierten Mikroorganismen unterschieden sich genetisch erheblich von allen bisher bekannten Bakterien. Fälschlicherweise wird der im Magen vorherrschende pH-Wert oft mit konzentrierter Säure verglichen. Der Magensaft hat zwar auch einen sehr niedrigen pH-Wert von 0,8 bis 1,5,[3] die Konzentration der Salzsäure ist jedoch geringer. Dieser niedrige pH-Wert gilt allerdings nur bei leerem Magen. Bei Nahrungszufuhr steigt der Wert und kann abhängig von der Pufferkapazität des Speisebreis auf 4,5 bis 6,5 ansteigen.[4] Regelmäßige weitere Verdauung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Magen ermöglicht es, dass Lebewesen mit wenigen größeren Mahlzeiten pro Tag auskommen. Er ist in der Lage, seine Wandspannung an die jeweilige Inhaltsmenge anzupassen (Akkommodation). Der Pförtner (Pylorus) sorgt dafür, dass alle Stoffe genügend lange im Magen verbleiben und ausreichend mit den Verdauungssäften versetzt werden. Der Speisebrei wird dann langsam und gleichmäßig dem Darm zugeführt. Aufbau beim Menschen und Tieren mit einhöhligem Magen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Anatomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Makroskopischer Aufbau des Magens. (1) Korpus, (2) Fundus, (3) vordere Magenwand, (4) große Kurvatur, (5) kleine Kurvatur, (6) Kardia, (9) Sphincter pylori, (10) Antrum, (11) Canalis pyloricus, (12) Incisura angularis, (13) Magenrinne, (14) Schleimhautfalten (durch Fensterung) Von außen gesehen unterscheidet man am Magen die vordere obere Fläche (Paries anterior) und die hintere untere Fläche (Paries posterior), die große Krümmung (Curvatura major), an der das Omentum majus zum Teil befestigt ist, sowie die kleine Krümmung (Curvatura minor), an der das Omentum minus befestigt ist. Makroskopisch wird er in folgende Bereiche untergliedert: Die Pars cardiaca (auch Cardia oder Kardia, Mageneingang ) mit dem Ostium cardiacum ( Magenmund ) stellt den Übergang zwischen Speiseröhre (Oesophagus) und dem Magen dar. Der Fundus ventriculi (oder Fundus gastricus, Fornix ventriculi, Fornix gastricus, Magengrund , Magenkuppel , Magengewölbe ) liegt unterhalb des Zwerchfells links und kranial vom Mageneingang und ist mit bei der Nahrungsaufnahme verschluckter Luft gefüllt. Auf dem Röntgenbild erscheint er als Magenblase. Bei Pferden wölbt er sich stark über den Mageneingang vor, was als Blindsack (Saccus caecus ventriculi) bezeichnet wird.[5] Das Corpus ventriculi (oder Corpus gastricum, Magenkorpus , Magenkörper ) macht den größten Anteil des Magens aus. Die Pars pylorica ist enger als das Korpus, wobei der dem Duodenum nähere Teil, der Canalis pyloricus ( Pförtnerkanal ), noch enger ist als der entferntere Teil, das Antrum pyloricum ( Pförtnerhöhle ), genannt auch Vestibulum pyloricum. Der Pylorus ( Pförtner ) ist über das Ostium pyloricum ( Pförtnermund ) die Verbindung zum Duodenum. Er erscheint von außen als harte Einschnürung und bildet gegen innen den Schließmuskel (Musculus sphincter pylori). Die Form und Lage des Magens ist nicht konstant, sondern vielmehr abhängig von dessen Füllung und der Stellung des Menschen. Die Pars cardiaca ist aber durch Bindegewebe relativ stark befestigt, während der nur am Ligamentum hepatoduodenale befestigte Pylorus sich bei größerem Mageninhalt absenkt, wodurch der Magen die typische Hakenform bildet. Bei Frauen ist der Magen meist tiefer und steiler gelegen als bei Männern. Siehe auch: Blutgefäße: Truncus coeliacus und Magenlymphknoten Histologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Mikroskopisches Präparat normaler Magenschleimhaut Mikroskopisch gesehen besteht der Magen aus: der Magenschleimhaut (Tunica mucosa gastrica), die aus den Laminae epithelialis, propria und muscularis mucosae besteht. Sie ist durch Einsenkungen (Foveolae gastricae) in zahlreiche Felder (Areae gastricae) gegliedert, mit einer Vielzahl von Drüsen (Glandulae gastricae). einer Bindegewebsschicht (Tela submucosa) mit Blutgefäßen einer Muskelschicht (Tunica muscularis gastrica) aus glatter Muskulatur, die aus den Fibrae obliquae, dem Stratum circulare und dem Stratum longitudinale besteht einem Überzug der Tunica serosa (Peritoneum) Der Magen besitzt für die Sekretion von Hormonen und anderen Sekreten in seiner Schleimhaut verschiedene Zellarten, die an typischen Stellen des Magens lokalisiert sind, insbesondere in Korpus und Fundus: Nebenzellen (bilden Schleim), Hauptzellen (bilden Pepsinogen), Parietal- oder Belegzellen (bilden Salzsäure und Intrinsic Factor), im Antrum: G-Zellen (bilden Gastrin). Embryologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Magen entsteht als spindelförmige Erweiterung des Vorderdarms (der vordere Abschnitt des primitiven Darmrohrs des Embryos). Diese ist über zwei Gekröse (Mesogastrium dorsale und ventrale) an der rückenseitigen beziehungsweise bauchseitigen Körperwand befestigt. Die zunächst in der Längsachse des Embryos stehende Magenanlage erweitert sich rückenseitig zur Curvatura major und wölbt sich bauchseitig zur flach konkaven Curvatura minor ein. Die endgültige Form und Lage des Magens bildet sich durch unterschiedliches Wachstum der Magenwandabschnitte heraus. Die Lageveränderungen werden auch als Magendrehungen (nicht mit der Erkrankung Magendrehung zu verwechseln) bezeichnet, obwohl dabei nicht passive Drehungen, sondern komplizierte Umbildungsprozesse der Magenanlage stattfinden. Die sogenannte 1. Magendrehung kann man sich als eine Verdrehung um die Längsachse nach links um 140 Grad vorstellen. Dadurch gelangt die große Magenkrümmung von der Rückenseite nach ventrolateral (links-bauchwärts), die kleine Magenkrümmung entsprechend nach rechts dorsolateral (seitlich-rückenwärts). Die 2. Magendrehung lässt sich als Drehung um die senkrechte Achse um 90 Grad nach links umschreiben. Dadurch gelangt der Mageneingang nach links und der Pylorus nach rechts. Die 3. Magendrehung erfolgt wiederum um die Längsachse nach rechts um etwa 45 Grad. Die Curvatura major zeigt nun nach links und kaudoventral, die Curvatura minor nach rechts und kraniodorsal. Blutversorgung des Magens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Blutversorgung des menschlichen Magens Der Magen wird arteriell über den Truncus coeliacus versorgt. Dieser kurze Gefäßstamm geht direkt von der Aorta ab und zweigt sich in drei Hauptäste auf: die Arteria hepatica communis, die Arteria gastrica sinistra und die Arteria splenica. Der Magen wird dabei direkt über die Arteria gastrica sinistra oder indirekt über weitere Abgänge der beiden anderen Äste versorgt. Der obere Teil der kleinen Kurvatur erhält sein sauerstoffreiches Blut direkt aus der Arteria gastrica sinistra. Sie läuft mit der Arteria gastrica dextra zusammen, die ursprünglich der Arteria hepatica communis entspringend den unteren Teil der kleinen Kurvatur versorgt. Beide verlaufen am Magen im kleinen Netz (Omentum minus), wo sie sich an der rechten Magenseite entlang schlängeln. Ebenfalls ursprünglich der Arteria hepatica communis entsprungen, versorgt die Arteria gastroomentalis dextra die untere Hälfte der großen Kurvatur. Sie läuft mit der Arteria gastroomentalis sinistra zusammen, die wiederum aus der Arteria splenica entstammt. Beide verlaufen am Magen im großen Netz (Omentum majus). Zusätzlich gibt die Arteria splenica noch einige Arteriae gastricae breves ab, die für die Versorgung des Fundus zuständig sind, sowie eine Arteria gastrica posterior, welche für die Durchblutung der Magenrückwand sorgt. Vergleichende Anatomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im Gegensatz zum einhöhligen Magen des Menschen (Ventriculus unilocularis) ist bei einigen Tiergruppen ein mehrhöhliger Magen (Ventriculus multilocularis) ausgebildet. Magen der Wiederkäuer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei Wiederkäuern sind dem eigentlichen, mit einer drüsenhaltigen Schleimhaut ausgekleideten Magen, hier als Labmagen bezeichnet, noch drei Vormagenabschnitte vorgeschaltet. Dies sind Pansen, Netzmagen und Blättermagen. Sie besitzen eine drüsenlose Schleimhaut. In diesen Vormägen finden der mikrobiologische Aufschluss von Zellulose sowie erste Resorptionsvorgänge statt. Magen der Vögel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Magen der Vögel ist in zwei Abschnitte unterteilt. Im eigentlichen Drüsenmagen (Ventriculus glandularis oder Proventriculus) werden ebenfalls Enzyme und Salzsäure abgegeben. Diesem Drüsenmagen ist der Muskelmagen (Ventriculus muscularis) nachgeschaltet. Er besteht aus kräftiger Muskulatur und dient der mechanischen Zerkleinerung der Nahrung und ersetzt so die Funktion der Zähne und des Kauens. Die Drüsen des Muskelmagens sondern ein Sekret ab, das durch die Salzsäure des Proventriculus zu einer Reibeplatte aushärtet (Koilinschicht). Zudem nehmen viele Vögel Steine (oder andere harte Partikel wie Muscheln bei Seevögeln) auf, die zusammen mit dieser Reibeplatte die Nahrung zermahlen. Diese Magensteine werden als Gastrolithen oder als Grit bezeichnet. Bei Vögeln, die sich von leichtverdaulicher oder weicher Nahrung ernähren, ist der Muskelmagen nur gering entwickelt. Verlust des Magens im Laufe der Evolution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Magen ist vor etwa 450 Millionen Jahren erstmals bei den Wirbeltieren (Vertebrata) aufgetreten. Es wird vermutet, dass viele Wirbeltiere den Magen und vielfach auch die zugehörigen Gene (z. B. für Pepsinogen und die Protonen-Kalium-Pumpe) danach wieder verloren hätten, dazu gehören u. a. urtümliche Säugetiere wie das Schnabeltier und der Ameisenigel sowie etwa ein Viertel aller Fischarten, i. e. S. die echten Knochenfische (Teleostei).[6] Der Verlust des Magens bei zahlreichen Abstammungslinien könnte mit dem Fehlen bestimmter Protonenpumpen sowie pepsinogener Enzyme zusammenhängen.[7] Physiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Magenentleerung Geschluckte Speisen werden vorübergehend gespeichert und dabei zerkleinert. Diese Homogenisierung geschieht während einer Verweildauer von 1 6 Stunden. Durch eine Dehnung des Magens im oberen Korpusbereich durch den Chymus, werden peristaltische Wellen ausgelöst. Der Entleerungsvorgang des Magens hängt von zahlreichen Faktoren ab. Die Magenentleerung erfolgt reflektorisch und portionsweise durch Erschlaffung des Magenpförtners (Pylorus). Sie wird, neben dem vegetativen Nervensystem, zudem durch gastrointestinale Hormone und Peptide (deren genaue Funktion noch nicht geklärt ist) sowie durch die Nahrungszusammensetzung (z. B. Menge, Temperatur) gesteuert.[8] Ein weiterer Mechanismus zur Steuerung der Entleerungsrate sind Chemosensoren im Dünndarm. Die Flüssigkeitsentleerung ist, durch den niedrigen Magenpförtnerdruck, vor allem vom Druckgradienten zwischen Magen und Zwölffingerdarm abhängig. Flüssigkeiten verlassen den Magen relativ schnell (Halbwertszeit von Wasser auf nüchternen Magen: 10 20 Minuten). Die Entleerung fester Bestandteile ist in erster Linie vom Magenpförtnerwiderstand und der Partikelgröße abhängig. Partikel verlassen den Magen ab einer Zerkleinerung auf zwei Millimeter.[8] Große oder unverdauliche Nahrungsmittel verlassen den Magen in der Verdauungsruhe (interdigestive Motoraktivität).[8][9] Fehlbildungen und Erkrankungen des Magens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Gutartiges Magengeschwür des Antrum pyloricum Hauptartikel: Magenerkrankung Ist der Magen nicht angelegt, spricht man von einer Agastrie. Bei der Mikrogastrie ist der Magen zu klein. Die wichtigsten Erkrankungen sind beim Menschen die Magenschleimhautentzündung (Gastritis), das Magengeschwür und der Magenkrebs. Bei Tieren kommen eine Reihe von Parasiten vor, die sich vorzugsweise im Magen ansiedeln und daher als Magenwürmer bezeichnet werden. Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Magenknurren Magenband eine medizinische Behandlungsmethode bei krankhafter Adipositas Menenius: Parabel vom Magen und den Gliedern Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Franz X. Sailer: Magen. In: Chirurgie historisch gesehen: Anfang Entwicklung Differenzierung. Hrsg. von Franz X. Sailer und Friedrich W. Gierhake, Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 43 71. Franz-Viktor Salomon: Magen, Ventriculus (Gaster). In: Salomon u. a. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag Stuttgart, 2., erw. Auflage 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 272 293. Hans Adolf Kühn: Krankheiten des Magens und Zwölffingerdarmes. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 767 804. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Mägen Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wikiquote: Magen Zitate Wiktionary: Magen Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Albertinen-Krankenhaus Hamburg: Endoskopieatlas mit Bildern und Videos des Magens Lehrstuhl für Humanbiologie der Technischen Universität München: Magen-Darmmotorik mit Hilfe der Videofluoroskopie sichtbar gemacht: Der bewegte Darm von Hans Jörg Ehrlein und Michael Schemann Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Henryk Szarski (1965), Bull. Acad. Pol. Sci., Biol., 4: 155 f. Benninghoff, Drenckhahn: Anatomie. 16. Auflage, Elsevier Verlag (2002), S. 655. Mutschler: Arzneimittelwirkungen. 9. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8047-1952-1. Rehner, Daniel: Biochemie der Ernährung. 3. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, 2010, ISBN 978-3-8274-2041-1, S. 320. Klaus-Dieter Budras, Sabine Röck: Atlas der Anatomie des Pferdes: Lehrbuch für Tierärzte und Studierende. Schlütersche, 2004, ISBN 978-3-89993-002-3, S. 68. How The Platypus And A Quarter Of Fishes Lost Their Stomachs. Abgerufen am 1. April 2014. L. Filipe C. Castro, Odete Gon alves, Sylvie Mazan, Boon-Hui Tay, Byrappa Venkatesh und Jonathan M. Wilson: Recurrent gene loss correlates with the evolution of stomach phenotypes in gnathostome history. Proceedings of the Royal Society B, Vol. 281, No. 1775; 2014. doi:10.1098/rspb.2013.2669 a b c Robert F. Schmidt, Florian Lang, Manfred Heckmann: Physiologie des Menschen. mit Pathophysiologie. 31. Auflage. SpringerMedizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 803 809. Robert F. Schmidt, Florian Lang, Manfred Heckmann: Physiologie des Menschen. mit Pathophysiologie. 31. Auflage. SpringerMedizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 797. Normdaten (Sachbegriff): GND: 4036943-2 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
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Dieser Artikel erläutert die Krankheit; zur deutschen Band siehe Malaria!. Siehe auch: Maleria.
Klassifikation nach ICD-10
B50
Malaria tropica durch Plasmodium falciparum
B51
Malaria tertiana durch Plasmodium vivax
B52
Malaria quartana durch Plasmodium malariae
B53
Sonstige parasitologisch bestätigte Malaria
B54
Malaria, nicht näher bezeichnet
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
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Malaria – auch Sumpffieber, Paludismus, Wechselfieber, Marschenfieber, Febris intermittens, Kaltes Fieber oder veraltet Akklimatisationsfieber,[1] Klimafieber,[1] Küstenfieber,[1] Tropenfieber[1] genannt – ist eine Infektionskrankheit, die von einzelligen Parasiten der Gattung Plasmodium hervorgerufen wird. Sie wird heutzutage hauptsächlich in den Tropen und Subtropen durch den Stich einer weiblichen Stechmücke (Moskito) der Gattung Anopheles übertragen. Außerhalb dieser Gebiete verursachen gelegentlich durch den Luftverkehr eingeschleppte Moskitos die sogenannte „Flughafen-Malaria“. Alle Personen im direkten Umfeld von Flughäfen sind gefährdet, z. B. Flughafenbedienstete und Anwohner. Bis auf eine Übertragung durch Bluttransfusion und Laborunfälle ist eine Mensch-zu-Mensch-Ansteckung nur gelegentlich von der Mutter auf das ungeborene Kind möglich, wenn die Plazenta (besonders während der Geburt) verletzt wird. Der Mensch und die Anopheles-Mücken sind das wesentliche Erregerreservoir humanpathogener Plasmodien.
Die Malaria ist mit etwa 263 Millionen Erkrankten pro Jahr (2023) die häufigste Infektionskrankheit der Welt. Für das Jahr 2023 schätzte die WHO 597.000 Todesopfer weltweit.[2]
Früher galten nur vier Erreger als humanpathogen: Plasmodium falciparum, Plasmodium vivax, Plasmodium ovale und Plasmodium malariae. Mittlerweile ist bekannt, dass eine weitere Art aus Südostasien, die bislang hauptsächlich als für Makaken gefährlich galt, auch in größerer Zahl als bislang angenommen den Menschen infizieren kann: Plasmodium knowlesi.[3] Hinsichtlich ihres Krankheitsverlaufes und ihrer geographischen Verbreitung unterscheiden sich die Erreger erheblich. Plasmodium falciparum ist der klinisch bedeutsamste und bedrohlichste Erreger der früher auch als bösartiges Wechselfieber[4] bezeichneten Malaria.
Im Wesentlichen werden, entsprechend den verschiedenen Malariaparasiten, drei Krankheitsbilder unterschieden: Malaria tropica, Malaria tertiana und Malaria quartana. Die Symptome der Malaria sind hohes, wiederkehrendes bis periodisches (Wechsel-)Fieber, Schüttelfrost, Beschwerden des Magen-Darm-Trakts und Krämpfe. Besonders bei Kindern kann die Krankheit rasch zu Koma und Tod führen. Die Frequenz der Fieberschübe ergibt sich aus der Länge der Vermehrungszyklen der Erreger.
In Österreich und der Schweiz ist die Krankheit meldepflichtig, in Deutschland die Erreger.
Wortherkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Krankheitsname Malaria ist abgeleitet von italienisch mal’aria[5] („schlechte Luft“, die als schlechte Ausdünstung, genannt auch Miasma, insbesondere aus den Sümpfen steigt und seit der Antike für krankheitsverursachend, insbesondere beim Wechselfieber (Febris intermittens), gehalten wurde[6]), von lateinisch mala „schlecht“, und aer „Luft“. Der italienische Ausdruck mala aria bzw. mal aria für bösartige Wechselfieber findet sich 1709 in einem diese Erkrankung umfangreich behandelnden Werk des italienischen Mediziners Francesco Torti (1658–1741), eines Leibarztes von Francesco II. d’Este und Rinaldo d’Este,[7][8] der die Therapie mit Chinarinde förderte.[9] Der Anatom Jakob Henle erkannte später, dass die „Schlechte-Luft-Krankheit“ durch mikroskopisch kleine Lebewesen verursacht wird.[10]
Die Stechmücke Anopheles bei der Blutmahlzeit
Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Geographische Verteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die geographische Verteilung der Malaria (vgl. Karte 2020 – aktuelle Karte bei der DTG, Weblinks) ähnelt im 21. Jahrhundert der Temperaturverteilung der Erde. Die als Überträger geeigneten Anophelesarten kommen auf allen Kontinenten (außer der Antarktis) vor, wobei das Verbreitungsgebiet der Anopheles-Mücke auf niedrige Meereshöhen (unter 2500 m am Äquator und unter 1500 m in den restlichen Regionen) begrenzt ist. Malaria war insbesondere gegen Ende des Zweiten Weltkriegs bis in den Norden Europas und Nordamerikas verbreitet. Das Risiko in den einzelnen Endemiegebieten ist sehr unterschiedlich, was auch saisonale und geographische Gründe hat. Im subsaharischen Afrika überwiegt Plasmodium falciparum deutlich vor allen anderen Plasmodienarten.
Eine Rückkehr der Malaria nach Mitteleuropa durch die globale Erwärmung ist kontrovers diskutiert worden.[11][12][13]
Malariarisikogebiete (Stand: 2020)
Genetische Mutationen und Bedeutung der Malaria in der Menschheitsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Vermutete Ausbreitung des Homo sapiens (rot) in den letzten 200.000 Jahren.
Der moderne Mensch (Homo sapiens) war während des größten Teils der Menschheitsgeschichte der Bedrohung durch Malaria-Infektionen ausgesetzt. Man schätzt, dass die ersten Vertreter des Homo sapiens vor ungefähr 200.000 Jahren in Ostafrika auftraten. Von dort breiteten sie sich allmählich über die ganze Erde aus. Die klimatisch kalten und malariafreien Regionen der Welt wurden erst in den letzten 20.000–30.000 Jahren durch moderne Menschen besiedelt.
Im Laufe der Zeit sind in der menschlichen Population Mutationen aufgetreten, die eine gewisse Resistenz gegen die schweren Verlaufsformen der Malaria bieten. Diese Mutationen betreffen die Erythrozyten (roten Blutkörperchen), in denen sich der Malaria-Parasit entwickelt. Es handelt sich in erster Linie um Mutationen in den Genen des Hämoglobins (Hämoglobinopathien), aber auch um Mutationen im Stoffwechsel der Erythrozyten:
Bildung von Hämoglobin-Mutanten:
Sichelzellenanämie (Bildung von Hämoglobin S, im tropischen Afrika)
Hämoglobin C (in Westafrika)
Hämoglobin E (in Südostasien)
Hämoglobin D (in Indien)
Verminderte Synthese des Hämoglobins:
α-/β-Thalassämie (im Mittelmeerraum, ganz Südasien, Nordafrika)
Enzymdefekte im Erythrozytenstoffwechsel:
Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase (G6PDH)-Mangel
Heterozygote Anlageträger (mit nur einem mutierten Allel) können an Malaria erkranken, sind jedoch vor den schweren Verlaufsformen geschützt, da sich die Malariaparasiten nicht so gut in den Erythrozyten vermehren können. Homozygote Anlageträger (beide Allele mutiert) haben unbehandelt häufig eine deutlich verkürzte Lebenserwartung (z. B. bei Sichelzellanämie), da die Funktion der Erythrozyten gestört ist.
Weltweit gesehen sind etwa 8 % der heutigen Weltbevölkerung von einer der obigen Mutationen betroffen. Die Hämoglobinopathien sind damit die bei weitem häufigsten menschlichen Erbkrankheiten. In manchen Regionen der Welt (Gebiet um die ostafrikanischen Seen, Teile Südostasiens) sind bis zu 50 % der dortigen Bevölkerung Anlageträger.
Die Tatsache, dass sich derartige Mutationen, die größtenteils erhebliche Nachteile vor allem in homozygoter Form für den jeweiligen Träger mit sich bringen, in der menschlichen Population haben halten können, ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, welchen großen genetischen Druck die Malaria auf die Menschheitsentwicklung ausgeübt hat. In Gebieten mit seltenerem oder nur episodischem Auftreten der Malaria (Nordeuropa, Nordasien) sind die oben genannten Mutationen bei der einheimischen Bevölkerung nicht zu finden, sie sind durch den Selektionsdruck innerhalb einiger tausend Jahre eliminiert worden.
Daneben ist seit 2012 bekannt, dass es Genvariationen (Polymorphismen) in zwei Genen gibt, deren Träger seltener einen lebensgefährlichen Verlauf der Malaria zeigen. Das eine dieser Gene steuert die Zellmembranpumpe für Kalzium, die unter anderem auch auf Erythrozyten vorhanden ist, das andere spielt eine Rolle bei der Abdichtung von Gefäßwänden.
Bei Trägern der Blutgruppe 0 ist ebenso eine verringerte Wahrscheinlichkeit für einen schweren Krankheitsverlauf zu beobachten.[14]
Jährliche Opfer und Inzidenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Geschätzte Zahl der malariabedingten Todesopfer pro 100.000 Einwohner
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit jährlich knapp eine halbe Million Menschen an Malaria.[15] 90 % der Erkrankten leben auf dem afrikanischen Kontinent. Die Zahl der Malariakranken weltweit wird nach Zahlen des Robert Koch-Institutes auf 300–500 Millionen Fälle geschätzt.[16] Die WHO schätzte die Zahl der Malariafälle 2023 auf 263 Millionen, bei fast 600.000 Todesfällen.[2]
In Deutschland wurden bis 2013 jährlich ca. 700 Erkrankte gemeldet, von denen 3–8 starben (0,3–0,9 %). Der Großteil der Patienten ist in afrikanischen Endemiegebieten unterwegs gewesen (ca. 87 %).
Jahr
1980
1981
1982
1983
1984
1985
Gemeldete Fälle in der Bundesrepublik Deutschland mit West-Berlin
573
393
514
447
482
530
Jahr
1996
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Gemeldete Fälle in Deutschland[17]
> 1000
1008
931
800
1049
860
820
709
632
569
542
554
526
633
563
551
638
1007
1062
Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Liste humanpathogener Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Plasmodium
Inkubationszeit
Malariaform
Typischer Rhythmus der Fieberanfälle
P. falciparum
7–30 Tage (90 %) länger (10 %)*
Malaria tropica
unregelmäßig
P. malariae
16–50 Tage
Malaria quartana
etwa 72 Stunden, 1 Tag Fieber dann 2 Tage ohne Fieber
P. ovale
12–18 Tage länger (10 %)*
Malaria tertiana
etwa 48 Stunden, 1 Tag Fieber dann 1 Tag ohne Fieber
P. vivax
12–18 Tage länger (10 %)*
Malaria tertiana
etwa 48 Stunden, 1 Tag Fieber dann 1 Tag ohne Fieber[18]
P. knowlesi
10–12 Tage
Malaria quotidiana
24 Stunden, jeden Tag Fieber
(* bei unzureichender Malariaprophylaxe)
Der Erreger gehört zu den Apikomplexa. Für den Menschen gefährlich sind die Erreger Plasmodium falciparum[19], Plasmodium vivax, Plasmodium ovale, Plasmodium malariae und Plasmodium knowlesi.
Darüber hinaus kann auch Plasmodium semiovale Malaria auslösen. Bei Mehrfachinfektionen mit gleichen oder verschiedenen Plasmodien können die Fieberanfälle auch unregelmäßig sein. Das sonst regelmäßige typische Wechselfieber bleibt aus, es herrscht unregelmäßiges und gegebenenfalls dauerhaftes Fieber. Da der schizogone Zyklus von P. knowlesi 24 h beträgt, manifestiert sich diese Infektion in Malaria quotidiana mit täglichen Fieberanfällen.
Der eng mit Plasmodium malariae verwandte, primär bei Neuweltaffen verbreitete Plasmodium brasilianum[20] wurde ebenfalls auch schon beim Menschen nachgewiesen.[21]
Lebenszyklus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Lebenszyklus der Plasmodien
Im Laufe ihres Lebenszyklus vollziehen die Erreger der Malaria, die Plasmodien, einen Wirtswechsel. Der Mensch dient dabei als Zwischenwirt. Als Endwirt dienen Stechmücken, insbesondere der Gattung Anopheles. In ihnen vermehren sich die Plasmodien.
Im Menschen (asexuelle Phase / Schizogonie)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nachdem der Mensch von einer infizierten Anopheles-Mücke gestochen worden ist, sondert sie mit ihrem Speichel, der Gerinnungshemmer enthält, mehrere hundert Sporozoiten ab. Diese werden mit dem Blutstrom zur Leber geleitet, wo sie in die Milz und vor allem in die Zellen des Lebergewebes eindringen und darin zum Leberschizont heranreifen. Dort vermehren (Teilung) sie sich, exoerythrozytäre Schizogonie genannt. Dadurch entstehen bis zu 30.000 Merozoiten. Der Schizont löst sich auf und gibt die Merozoiten schrittweise in Vesikel eingeschlossen in die Blutbahn ab. Bei Plasmodium vivax und Plasmodium ovale gehen nicht alle Merozoiten diesen Weg, ein kleiner Teil kann als Hypnozoit ungeteilt in der Leberzelle überdauern. In diesem Ruhezustand können sie über Monate bis Jahre vom Immunsystem unentdeckt verbleiben. Durch einen unbekannten Stimulus reifen die Hypnozoiten zu Schizonten heran, was zu charakteristischen Rückfällen der Malaria tertiana führt.[22]
Die Merozoiten gehen in den Blutkreislauf über und heften sich an Rezeptormoleküle von roten Blutkörperchen, woraufhin sie in diese eindringen können und dort innerhalb einer membranbegrenzten, parasitophoren Vakuole eingeschlossen sind. Mit dem Befall der roten Blutkörperchen beginnt die Erythrozytäre Schizogonie. Die Merozoiten reifen daraufhin zu einem Trophozoiten heran. Der Erreger erscheint in diesem Stadium als Ring um seine eigene Nahrungsvakuole mit dunkel gefärbtem, randständigem Kern. Der Throphozoit reift weiter zu einem Schizonten, der sich hauptsächlich von Glukose und Hämoglobin ernährt. Dabei entsteht Häm, das allerdings sofort zu Hämozoin kristallisiert wird, da freies Häm für den Trophozoiten toxisch wirkt. Nach Vielfachteilung gehen aus dem Schizonten je nach Plasmodium-Art 6 bis 36 Merozoiten hervor. Diese sorgen durch ihre große Menge für ein Platzen des Erythrozyten und somit für ihre Verteilung im Blutplasma. Dort können die Merozoiten weitere Erythrozyten befallen und der asexuelle Zyklus beginnt von vorn.
Die Schizogoniezyklen verlaufen nach kurzer Initialphase synchronisiert in regelmäßigen Abständen von 48 (Plasmodium vivax, ovale, falciparum, Letzteres aber unsynchronisiert) und 72 Stunden (Plasmodium malariae). Das auf die Zerstörung des Erythrozyten folgende Fieber tritt durch die Synchronisation dieses Zyklus dementsprechend alle 2 bzw. 3 Tage[18] auf (Malaria tertiana und Malaria quartana).
Eine geringe Zahl der Merozoiten entwickeln sich weiter zu ihren Geschlechtsformen, den Gametozyten. Diese finden sich dann im Blut, wo sie nach einiger Zeit (Plasmodium vivax: 1 Tag, Plasmodium falciparum: bis zu 22 Tage) wieder absterben, sofern sie nicht von einer Anopheles-Mücke aufgenommen werden. Die männlichen Gametozyten werden Mikrogametozyten, die weiblichen Makrogametozyten genannt.
In der Mücke (sexuelle Phase/Sporogonie)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Beim erneuten Stich einer Mücke werden die Gametozyten in die Mücke aufgenommen. Sie entwickeln sich in ihrem Darm zu Gameten. Der Mikrogamet penetriert den Makrogameten, und es entsteht eine Zygote. Diese verändert sich, nimmt eine längliche Form an und wird motil (= beweglich). Diese Zelle heißt nun Ookinet. Er lagert sich zwischen den Gewebeschichten des Mückendarms an und verwandelt sich dort zur Oozyste. In ihr entstehen bis zu 1.000 neue Sporozoiten. Nach ihrer Freisetzung wandern sie in die Speicheldrüsen der Mücke und stehen nun zur Neuinfektion bereit. Der Zyklus in der Anopheles dauert abhängig von der Außentemperatur zwischen 8 und 16 Tage. Dabei ist eine Mindesttemperatur von 15 °C erforderlich. Unterhalb dieser Temperatur kommt kein Zyklus mehr zustande.
Infektionswege Mensch zu Mensch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ohne den Weg über eine Mücke kann Malaria von Mensch zu Mensch über Blut übertragen werden.
Dafür sind zwei Möglichkeiten bekannt:
über die verletzte Plazenta einer Schwangeren während der Geburt auf ihr Kind
durch eine Bluttransfusion
Nach dem Tod einer 84-Jährigen am 18. März 2019 nach einer Operation mit Bluttransfusionen im Februar zuvor in Kärnten wurde berichtet, dass laut Staatsanwaltschaft Malaria ihren Tod verursacht hatte. Die Blutbeutel sind zu den Spendern zurückverfolgbar.
Spendenwillige müssen Auslandsreisen angeben und dürfen innerhalb von sechs Monaten nach Rückkehr aus einem von Malaria betroffenen Gebiet nicht spenden. Gespendetes Blut wird in Österreich nicht auf Malariaerreger untersucht.[23]
Pathogenese[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Plasmodium im Zytoplasma einer befallenen Zelle (EM-Aufnahme in Falschfarben)
Plasmodium falciparum – Ringformen
Die mit Plasmodien infizierten, reifenden und platzenden roten Blutkörperchen setzen mit den Merozoiten Toxine (z. B. Phospholipide) frei, die wiederum zur Freisetzung von Zytokinen führen. Die Zytokine sind hauptsächlich für den Fieberanstieg und eine beobachtete Absenkung des Blutzuckerspiegels (Hypoglykämie) verantwortlich. Die mit einer Laktatazidose verbundene Hypoglykämie[24] wird nicht nur durch die Wirkung der Zytokine hervorgerufen, sondern ist auch eine Folge des Stoffwechsels der Parasiten. Ebenso kommt es bei hoher Parasitenanzahl im Blut (Hyperparasitämie) durch Auflösung (Lyse) der roten Blutkörperchen, Abbau von befallenen roten Blutkörperchen in der Milz und Dämpfung der Erythropoese im Knochenmark durch die Zytokinfreisetzung (insbesondere durch den Tumornekrosefaktor-Alpha) zu einer Anämie.
Immunologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei der Erstinfektion mit Malaria besteht das höchste Sterberisiko. Die Überlebenden entwickeln eine teilweise Immunität und Toleranz gegenüber den Plasmodien. Diese partielle Immunität verhindert allerdings keine Reinfektion und sinkt bei fehlendem Erregerkontakt schnell ab.[25] Der Erreger kann offensichtlich die immunologische Reaktion und das immunologische Gedächtnis behindern.[26] Das Zytokin MIF (macrophage migration inhibitory factor) spielt dabei eine besondere Rolle. Plasmodien können im Erythrozyten-Stadium PMIF (Plasmodium MIF) synthetisieren, welches die gleichen biologischen Wirkungen wie menschliches MIF hat.[27] PMIF kann die Differenzierung von Plasmodium-spezifischen CD4-T-Effektorzellen in langlebige Gedächtniszellen behindern.[28] Ohne langlebige Gedächtniszellen nimmt aber die Immunität nach einer Infektion viel rascher ab.
Darüber hinaus bestehen zwischen Plasmodium falciparum und den anderen Malariaerregern wichtige pathogenetische Unterschiede.
Plasmodium falciparum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In den roten Blutkörperchen produziert der Trophozoit Proteine, wie zum Beispiel Pf EMP1 (Plasmodium falciparum infected erythrocyte membrane protein 1), welches eine Bindung der infizierten Blutkörperchen an das Endothel der Blutgefäße bewirkt. Die damit verbundenen Mikrozirkulationsstörungen erklären zumindest teilweise den deutlich schwereren Verlauf der durch Plasmodium falciparum hervorgerufenen Malaria tropica.
Die Anhaftung der roten Blutkörperchen am Endothel und die mangelnde Verformbarkeit der befallenen Zellen führt zu einer Verengung der Kapillaren und somit zu einer Störung der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Umgebung. Dies hat im zentralen Nervensystem besonders dramatische Auswirkungen und die häufigen zentralen Komplikationen der Malaria tropica zur Folge. Besonders kleine Kinder können in ein lebensbedrohliches Koma verfallen (cerebrale Malaria).
Übrige Plasmodien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die übrigen Plasmodienarten sind nicht in der Lage, am Endothel zu haften, womit auch die geringere Anzahl an Durchblutungsstörungen und somit die geringe Gefährlichkeit zu erklären ist. Plasmodium malariae unterscheidet sich von den anderen humanpathogenen Plasmodien dadurch, dass es vereinzelt auch andere höhere Primaten befällt.
Klinisches Bild, Symptomatik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Anzeichen und Symptome von Malaria beginnen typischerweise 8–25 Tage nach der Infektion,[29] können aber später bei denen auftreten, die unzureichend Antimalariamittel als Prävention eingenommen haben.[30] Erste Erscheinungsformen der für alle Malariaarten häufigen Krankheit ähneln grippeähnlichen Symptomen[31] und können anderen Erkrankungen wie Sepsis, Gastroenteritis und Viruserkrankungen ähneln. Die Symptome können Kopfschmerzen, Fieber, Zittern, Gelenkschmerzen, Erbrechen, hämolytische Anämie, Gelbsucht, Hämoglobin im Urin, Netzhautstörungen und Krämpfe umfassen.[32]
Das klassische Symptom der Malaria ist Paroxysmus – ein zyklisches Auftreten von plötzlicher gefühlter Kälte, gefolgt von Zittern und dann von Fieber und Schwitzen, das bei P. vivax- und P. ovale-Infektionen alle zwei Tage und bei P. malariae alle drei Tage auftritt. Die P. falciparum-Infektion kann alle 36-48 Stunden ein wiederkehrendes Fieber oder ein weniger ausgeprägtes und fast kontinuierliches Fieber verursachen.[33]
Schwere Malaria wird in der Regel durch P. falciparum (oft als Falciparum-Malaria bezeichnet) verursacht. Symptome der Falciparum-Malaria treten 9–30 Tage nach der Infektion auf.[31] Personen mit zerebraler Malaria weisen häufig neurologische Symptome auf, einschließlich abnormaler Haltung, Nystagmus, Lähmung (Versagen der Augen, sich in die gleiche Richtung zu drehen), Opisthotonus, Anfällen oder Koma.[31]
Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Malaria hat mehrere schwerwiegende Komplikationen. Dazu gehört die Entwicklung von Atemwegsbeschwerden, die bei bis zu 25 % der Erwachsenen und 40 % der Kinder mit schwerer P. falciparum-Malaria auftritt. Mögliche Ursachen sind die Atmungskompensation bei metabolischer Azidose, nicht-kardiogenes Lungenödem, begleitende Lungenentzündung und schwerer Anämie. Obwohl bei Kleinkindern mit schwerer Malaria selten, tritt bei 5–25 % der Erwachsenen und bis zu 29 % der Schwangeren ein akutes Atemnotsyndrom auf.[34] Die Koinfektion von HIV mit Malaria erhöht die Sterblichkeit.[35] Nierenversagen ist ein Merkmal des Schwarzwasserfiebers, bei dem Hämoglobin aus lysierten roten Blutkörperchen in den Urin gelangt.[31]
Eine Infektion mit P. falciparum kann zu zerebraler Malaria führen, einer Form schwerer Malaria, die Enzephalopathie beinhaltet. Sie ist mit einer retinalen Aufhellung verbunden, die ein nützliches klinisches Zeichen sein kann, um Malaria von anderen Ursachen des Fiebers zu unterscheiden.[36] Eine vergrößerte Milz, eine vergrößerte Leber oder beides, schwere Kopfschmerzen, niedriger Blutzucker und Hämoglobin im Urin mit Nierenversagen können auftreten.[31] Komplikationen können spontane Blutungen, Koagulopathie und Schock sein.[37] Malaria bei schwangeren Frauen ist eine wichtige Ursache für Totgeburten, Säuglingssterblichkeit, Abtreibung und geringes Geburtsgewicht,[38] vor allem bei P. falciparum-Infektionen, aber auch bei P. vivax.[39]
Aufgrund des unterschiedlichen Verlaufs der Erkrankung kann zwischen der Malaria tropica, der Malaria tertiana und der Malaria quartana unterschieden werden. Die Malaria tropica ist dabei die schwerste Verlaufsform der Malaria.
Malaria tropica[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Malaria tropica oder kurz Tropica (wegen ihres oft tödlichen Verlaufs auch Malaria perniciosa und Tertiana maligna genannt[40]) wird durch den Erreger Plasmodium falciparum (früher auch Plasmodium immaculatum genannt) verursacht und ist in Europa die am häufigsten eingeschleppte Malariaart.[41] Charakteristisch für die komplizierte, lebensbedrohliche Malaria tropica sind Schüttelfrost und die hohe Parasitämie (mit einem Anteil von mindestens 5 % Parasiten im Blut[42]), die teils ausgeprägte Anämie und die häufig vorkommenden neurologischen Komplikationen. Es kann ein rhythmischer Fieberverlauf vorliegen. Ein Fehlen der Fieberrhythmik ist jedoch kein Ausschlusskriterium einer Malaria tropica.
Inkubationszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zwischen dem Stich der Anopheles-Mücke und dem Krankheitsausbruch liegen im Mittel zwölf (7 bis 14) Tage. Erheblich kürzere Zeitintervalle treten bei einer Infektion mit erregerhaltigem Blut auf. Längere Inkubationszeiten sind unter Einnahme einer unzureichenden Chemoprophylaxe möglich.
Fieber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das typische wechselnde hämorrhagische Fieber mit Schüttelfrost beim Fieberanstieg und Schweißausbrüchen bei Entfieberung, wie es bei anderen Malariaformen auftritt, wird bei der Malaria tropica in der Regel nicht beobachtet. Daher kann man eine Malaria, eine Malaria tropica insbesondere, nicht allein aufgrund der Tatsache ausschließen, dass keine typische Fieberrhythmik[43] vorliegt. Ein hohes Fieber über 39,5 °C tritt häufig bei Kindern auf und ist als prognostisch ungünstig zu beurteilen. Häufig kommt es zu zentralen Komplikationen und Koma.
Neurologische Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bewusstseinsstörungen, die bis zum Koma reichen können, stellen eine typische und auch lebensbedrohliche Komplikation der Malaria tropica dar. Dabei sind plötzliche Wechsel der Bewusstseinslage ohne Vorzeichen durchaus möglich. Es kann auch zu einer langsamen Eintrübung des Patienten kommen. Im Rahmen einer zerebralen Malaria können auch neurologische Herdsymptome wie Lähmungen und Krampfanfälle auftreten. Die normale neurologische Diagnostik führt hier kaum zu einer adäquaten Diagnose. Eine hohe Parasitenzahl im Blut dient als entscheidender Hinweis.
Bei Schwangeren und Kindern können Hypoglykämien auftreten, die allein oder mit der zentralen Problematik zum Koma führen.
Anämie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Anämien treten häufig bei schweren Infektionen auf und sind bei einem Hämoglobinwert unter 8 g/dL eines der Zeichen einer komplizierten Malaria. Eine besondere Risikogruppe für schwere Anämien stellen Säuglinge und Kleinkinder dar. Meist handelt es sich um eine hämolytische Anämie durch Zerstörung roter Blutkörperchen. Wie oben erwähnt besitzt auch die Hemmung der Erythropoese eine gewisse Bedeutung. Die Schwere der Anämie korreliert stark mit dem Ausmaß des Parasitenbefalls.
Hämoglobinurie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der durch die massive Hämolyse angestiegene Hämoglobin-Spiegel im Blut führt zu einer Hämoglobinurie (daher die frühere Bezeichnung Schwarzwasserfieber, welches vor allem bei Malaria tropica nach Chiningebrauch beobachtet wurde[44]), dem Ausscheiden von Hämoglobin über die Nieren. Die dadurch verursachte Erhöhung des Hämoglobinanteils im Urin färbt ihn deutlich dunkler. Die mit bloßem Auge sichtbare Hämoglobinurie zählt zu den Kriterien einer komplizierten Malaria und kann zu einem akuten Nierenversagen führen. Zur Therapie des Schwarzwasserfiebers gehört das Absetzen von Chininpräparaten und die Gabe von Chloroquin.[45]
Veränderungen anderer Organsysteme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Kind mit massiven Ödemen (Anasarka) aufgrund malariabedingter Niereninsuffizienz
Im Laufe der Erkrankung kann es zu einer für die Malaria charakteristischen Vergrößerung der Milz (Splenomegalie, „Milztumor“) kommen, bedingt durch die große Zahl dort abzubauender Trümmer roter Blutkörperchen. In seltenen Fällen führt das Gewebswachstum zu einer Spannung der Kapsel, so dass diese leicht einreißen kann (Milzruptur). Den Magen-Darm-Trakt betreffende Symptome wie Durchfälle sind häufig und differentialdiagnostisch von Bedeutung, da sie bei fehlendem oder schwach ausgeprägtem Fieber zur falschen Diagnose bakterielle Enteritis führen können.
In bis zu zehn Prozent der Fälle kann eine Lungenbeteiligung auftreten, die von leichten Symptomen bis zu einem Lungenödem als Kriterium einer komplizierten Malaria reichen kann.
Nicht selten kommt es durch eine Durchblutungsstörung der Niere zu einem akuten Nierenversagen. Das Nierenversagen (mit einem Kreatininwert von über 250 µmol/L) gehört zu den Kriterien einer komplizierten Malaria.[46] Nach ausgeheilter Infektion erholt sich die Niere meist.
Meist kann eine Thrombozytopenie nachgewiesen werden.[47]
Malaria tertiana[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die im Vergleich zur Malaria tropicana seltenere Malaria tertiana (ein kurz auch als Tertiana, Tertianfieber, früher auch Drittagfieber,[48] bezeichnetes „Wechselfieber bei Malaria mit fieberfreiem Intervall von einem Tag“[49] bzw. 48 Stunden) wird durch die Erreger Plasmodium vivax und Plasmodium ovale verursacht.[50][51] Sie ist eine der gutartigen Verlaufsformen der Malariaerkrankung. Es treten im Vergleich zur Malaria tropica kaum Komplikationen auf. Das Hauptproblem besteht darin, die unspezifischen Vorsymptome von der lebensbedrohlichen Malaria tropica abzugrenzen. Dies gelingt meist nur in der mikroskopischen Diagnostik.
Inkubationszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Inkubationszeit beträgt etwa zwischen 12 und 18 (zwischen 9 und 21[52]) Tagen, kann aber auch mehrere Monate dauern, wenn der Verlauf der Infektion durch die Chemoprophylaxe verlangsamt wird.
Fieber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach einer unspezifischen Prodromalphase von wenigen Tagen stellt sich normalerweise der typische Dreitagerhythmus des Fiebers ein, welcher der Malaria tertiana ihren Namen gab, d. h., am ersten und dritten Tag (sowie am fünften Tag usw.) kommt es (jeden zweiten Tag) zu einem Fieberschub. Innerhalb jedes 48-Stunden-Zeitraums gibt es in der Regel einen Fieberschub.
Die Fieberattacken gehorchen meist folgendem Schema:
Froststadium (1 Stunde): Der Patient leidet unter Schüttelfrost und dem subjektiven Gefühl starker Kälte. In dieser Phase steigt die Temperatur steil an.
Hitzestadium (4 Stunden): Die Haut brennt häufig quälend. Es treten schwere Übelkeit, Erbrechen und Mattigkeit auf. Die Temperatur kann über 40 °C betragen, die Haut ist im Gegensatz zum nächsten Stadium meist trocken.
Schweißstadium (3 Stunden): Unter starkem Schwitzen sinkt die Temperatur bis zum Normalwert von 37 °C, Nachlassen der Mattigkeit noch vor Entfieberung.
Wie bei allen anderen Malariaformen gilt auch hier, dass das Fehlen der Fieberrhythmik keineswegs ausreicht, um die Krankheit auszuschließen.
Malaria quartana[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die heute seltene, insbesondere in Afrika und Südostasien auftretende Malaria quartana (auch Quartana, von febris quartana, und viertägiges Fieber, früher auch Vierttagfieber,[53] genannt; veraltete deutsche Bezeichnung: „Quartanfieber“) wird durch den Erreger Plasmodium malariae verursacht. Auch hier handelt es sich um eine schwere fieberhafte, aber nur selten tödlich endende[54] Form der Malaria. Eine charakteristische Komplikation ist das nephrotische Syndrom. Besonders an dieser Form ist, dass es selbst nach über 50 Jahren noch zu Rezidiven kommen kann. Auch ist die Inkubationszeit erheblich länger als bei den beiden anderen Formen.
Inkubationszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Inkubationszeit beträgt zwischen 16 und 50 (meist zwischen 19 und 41) Tagen. Somit ist sie erheblich länger als bei den übrigen Krankheitsformen.
Fieber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Prodromalphase ist genauso unspezifisch wie die der Malaria tertiana. Schon nach wenigen Tagen stellt sich ein Viertagerhythmus des Fiebers ein.[55] Nach einem Tag mit Fieber sind zwei fieberfreie Tage zu beobachten, ehe am vierten Tag wieder Fieber folgt. Die Stadienabfolge (Frost-Hitze-Schweiß) am Fiebertag entspricht der Malaria tertiana. Auch hier gilt: fehlende Fieberrhythmik schließt die Diagnose Malaria nicht aus. Innerhalb jedes 72-Stunden-Zeitraums gibt es in der Regel (jeden dritten Tag) einen Fieberschub.
Nierenbeteiligung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Verlauf der Malaria quartana kann es zu einer schweren Nierenbeteiligung kommen. Diese wird unter anderem als Malarianephrose bezeichnet. Es handelt sich hierbei um ein nephrotisches Syndrom mit folgenden Symptomen:
niedriges Serumeiweiß Albumin (im Blutkreislauf mitverantwortlich für die Regulation des Wasserhaushalts)
Wasseransammlung im Bindegewebe (Ödeme) und der Bauchhöhle (Aszites) durch den Albuminmangel
erhöhtes Serumcholesterin
Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass diese Komplikation gehäuft bei Kindern zwischen zwei und zehn Jahren im tropischen Afrika auftritt.
Rezidive[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wie schon oben erwähnt, bilden sich im Lebenszyklus von Plasmodium vivax und Plasmodium ovale Ruheformen, die sogenannten Hypnozoiten, aus. Sie können der Anlass dafür sein, dass es nach einer Ruhephase von Monaten bis Jahren zum erneuten Ausbruch der Krankheit kommt. Diesem muss nicht unbedingt eine anamnestisch bekannte Malariaerkrankung vorausgehen. Die Rezidive sind besonders tückisch, da oft weder vom Patienten noch vom Arzt ein Zusammenhang mit der Malaria hergestellt wird. Das Besondere an Plasmodium malariae sind die Rezidive nach besonders langem krankheitsfreiem Intervall (mehrere Jahre). Rezidive nach Krankheitsfreiheit von mehr als 50 Jahren wurden beschrieben. Die Rezidive kommen aber hier nicht durch Hypnozoiten in der Leber zustande (es gibt keine Hypnozoitformen des Plasmodium malariae), sondern durch einen fortdauernden Parasitenbefall des Blutes. Dieser ist so gering, dass er mikroskopisch meist nicht nachgewiesen werden kann. Dies ist besonders in der Transfusionsmedizin in Endemiegebieten von großer klinischer Bedeutung, da es auch bei negativ getestetem Spender zu einer Malariaübertragung kommen kann, wenn Frischblut eingesetzt wird. Blutkonserven werden hingegen gekühlt gelagert, was Malaria-Erreger abtötet.[56] Rezidive können jedoch in der Regel durch medikamentöse Maßnahmen (in erster Linie unter Einsatz von Primaquin) langfristig unterbunden werden.
Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zu den vor einer Therapie hilfreichen Informationen gehören Angaben zum Reiseland, zu einer bestehenden Prophylaxe sowie Vorerkrankungen.
Die Diagnose Malaria sollte mit Hilfe labordiagnostischer Methoden zur parasitologischen Speziesdifferenzierung und Bestimmung der Parasitenzahl abgesichert werden. Die in der Praxis wichtigste und kostengünstigste Methode bei Malariaverdacht ist die mikroskopische Untersuchung von normalen Blutausstrichen (Dünner Tropfen) und dem bis zu 10-fach angereicherten Dicken Tropfen unter Verwendung der Giemsa-Färbung auf Plasmodien. Eine Differenzierung der vier Plasmodien ist anhand morphologischer Kriterien möglich (siehe Maurersche Fleckung oder Schüffnersche Tüpfelung). Die ermittelte Parasiten- und Leukozytenzahl ist ein Maß der Schwere der Erkrankung. Ein negatives Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung kann aufgrund der geringen Sensitivität dieser Methode eine Malaria jedoch nicht ausschließen.
Immunchromatographischer Malariaschnelltest (positiv für Antikörper gegen P. falciparum)
Alternativ können die Erreger der Malaria immunologisch und molekularbiologisch nachgewiesen werden. Die erstmals seit den frühen 1990er Jahren zur Verfügung stehenden Malaria-Schnelltests beruhen auf Nachweis parasitenspezifischer Antigene, sie geben binnen etwa 30 Minuten ein Ergebnis. Ein Testprogramm der Weltgesundheitsorganisation WHO für Malariaschnelltests von 2008 bis 2018 zeigte eine in diesem Zeitraum deutlich verbessertes Ergebnis der Tests, die in mit Malaria infizierten Blutproben den Erreger tatsächlich nachweisen können. Die Rate der falsch-positiven Tests (die eine Infektion anzeigen, obwohl keine besteht) stieg zunächst an, fiel aber in späteren Testperioden wieder ab. Die Schnelltests besitzen noch Defizite beim Nachweis der selteneren Erreger Plasmodium malariae, Plasmodium ovale und Plasmodium knowlesi.[57] Das mit Abstand sensitivste Verfahren für die Malaria-Diagnostik ist die Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Sie ist jedoch aufgrund des hohen Material- und Zeitaufwands für den Akutfall wenig geeignet.
Auch allgemeine Untersuchungen gehören gegebenenfalls zur Diagnostik (Labor zur Bestimmung von Blutbild, Leber- und Nierenfunktion, Blutgasanalyse, Beurteilung der Lunge mit einem Röntgenbild und der Milz durch Ultraschall sowie ein EKG).[58]
Vorbeugung und Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Da kein hundertprozentiger Schutz gegen Malaria besteht (fehlende Impfmöglichkeit gegen Malaria), sollte das Risiko einer Malariaerkrankung gesenkt werden. Der wirksamste Schutz ist der Verzicht auf Reisen in Gebiete, in denen Malaria übertragen wird (Endemiegebiete). Da dies nicht immer möglich ist, ist die Vermeidung von Insektenstichen (Expositionsprophylaxe) das wichtigste Element der Malariavorbeugung. Zusätzlich sollte durch vorbeugende Einnahme (Chemoprophylaxe) oder Mitführen (Stand-by-Therapie) von Malaria-Medikamenten das Risiko verringert werden, an einer schweren Malaria zu erkranken.[59]
Unabhängig davon, ob eine Chemoprophylaxe oder eine Stand-by-Therapie gewählt wurde, muss bei jedem unklaren Fieber in den Tropen und auch lange Zeit nach der Rückkehr umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Dieser sollte mittels eines geeigneten Bluttests den Malariaverdacht schnellstmöglich bestätigen oder ausschließen, da eine nicht rechtzeitig behandelte Malaria tropica tödlich sein kann.
Eine Spontanheilung tritt bei Malaria tropica nach maximal acht Monaten, bei Malaria tertiana nach maximal drei Jahren ein. Bei Malaria quartana gibt es keine definitive Spontanheilung.[60]
Impfung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Malariaimpfstoff
Seit vielen Jahren wird ein geeigneter Malariaimpfstoff erforscht, wobei mehrere Impfstoffkandidaten entwickelt wurden. Eine Pilotierung des Impfstoffs RTS,S erfolgt seit 2019 in Malawi, Ghana und Kenia.[61] Nach Pilotversuchen mit 800.000 Kindern, bei denen tödliche Krankheitsverläufe laut der WHO um 30 % zurückgegangen waren, sprach die WHO im Oktober 2021 eine Empfehlung für eine breite Anwendung von RTS,S bei Kindern in Subsahara-Afrika und in anderen Malaria-Regionen aus.[62]
Im September 2022 wurden die Daten des Impfstoffkandidaten R21/Matrix-M in einer Phase-I/IIb-Studie an 5 bis 17 Monate alten Säuglingen und Kleinkindern ausgewertet. Hierbei sind vierfach geimpfte Kinder (Boosterimpfung ein Jahr nach dreifacher Grundimmunisierung) ca. 80 Prozent besser vor Erkrankungen geschützt als Probanden in der Kontrollgruppe (Tollwutimpfstoff Rabivax-S). Damit überschreitet R21/Matrix-M erstmals eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gesetzten Schwelle von 75 % Wirksamkeit.[63] Die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Impfstoffkandidaten wird in einer Phase III-Studie mit 4800 Probanden an fünf Orten in Ost- und Westafrika untersucht.
Eine Reihe weiterer Impfstoffkandidaten befindet sich in klinischen Tests. Darunter sind auch Impfungen mit abgeschwächten Lebendparasiten oder solche auf mRNA-Basis (siehe Forschung).
Insektenschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Insektenschutz (als Expositionsprophylaxe) ist der wichtigste Bestandteil der Malariavorbeugung. Dazu zählt das Tragen heller, hautbedeckender, langer Kleidung, der Aufenthalt in mückensicheren Räumen (insbesondere nachts; Klimaanlage, Fliegengitter, Moskitonetz) sowie die Behandlung von Haut und Kleidung mit moskitoabweisenden Mitteln, sogenannten Repellentien (z. B. Icaridin oder DEET). Die zusätzliche Verwendung von Insektiziden in Sprays (allen voran Pyrethroide), Verdampfern, Räucherspiralen („mosquito coils“) und ähnlichem kann zusätzlichen Schutz bieten.
Nach wie vor schützen sich jedoch viele Reisende nicht konsequent gegen Mücken. So ergab eine im April 2006 veröffentlichte Untersuchung aus Frankreich, dass weniger als 10 % der an Malaria erkrankten Patienten Maßnahmen zur Abwehr von Insekten angewendet hatten.[64]
Chemoprophylaxe und Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Malariakranke deutsche Soldaten im Ersten Weltkrieg (1916)
Insbesondere die Therapie der lebensbedrohlichen Malaria tropica sollte schnellstmöglich und im Krankenhaus erfolgen. Die Malaria tertiana und die seltene Malaria quartana sind zwar auch schwere fieberhafte Erkrankungen, enden aber nur selten tödlich.[65]
Für viele Reiseziele reicht es aus, für den tatsächlichen Krankheitsfall ein Medikament zur notfallmäßigen Eigenbehandlung (Stand-by-Therapie) mitzuführen. Dennoch wird eine Chemoprophylaxe (Dauereinnahme von Malariamedikamenten wie z. B. Hydroxochloroquin) unter Beachtung möglicher Arzneimittelnebenwirkungen und unter Berücksichtigung der persönlichen Gesundheitssituation (Vorerkrankungen, Immunstatus, …) bei Reisen in Malariagebiete mit hohem Infektionsrisiko häufig empfohlen.
Seit dem 17. Jahrhundert wird die Chinarinde und somit das daraus gewonnene Chinin zur Therapie der Malaria verwendet – die Legende besagt, dass britische Kolonialisten daher regelmäßig stark chininhaltiges Tonic Water tranken und, um den damals sehr bitteren Geschmack zu verbessern, dieses oft mit Gin mischten und so den Gin Tonic erfanden. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich die Therapiemöglichkeiten vervielfacht und eine medikamentöse Vorbeugung ist möglich (Chemoprophylaxe). Das größte Problem bei der medikamentösen Vorbeugung und Behandlung ist eine zunehmende Resistenz des Erregers, insbesondere von Plasmodium falciparum. Zudem muss stets das Malariarisiko gegen das Risiko einer schwerwiegenden Arzneimittelnebenwirkung abgewogen werden. Die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e. V. empfiehlt im Regelfall (Stand 2018):[66]
in Gebieten mit mittlerem oder geringem Malariarisiko (z. B. Mittelamerika, Südostasien und Südamerika ohne Hochrisikogebiete): keine Prophylaxe, bei Erkrankung Notfalltherapie mit Artemether-Lumefantrin oder Atovaquon-Proguanil.
in Gebieten mit hohem Malariarisiko und bekannten Resistenzen (z. B. Hochrisikogebiete in Afrika, Neuguinea, auf den Salomonen, im Landesinneren von Französisch-Guayana, Suriname und Guyana): Prophylaxe mit Atovaquon-Proguanil, Doxycyclin oder (bei begründeter medizinischer Indikation und unter Beachtung der besonderen Warnhinweise) Mefloquin.[67]
in Gebieten mit sehr geringem Risiko (z. B. Ägypten, Paraguay): keine Prophylaxe, keine Notfalltherapie, bei Fieber Arzt aufsuchen und auf Reise hinweisen.
Des Weiteren stehen Chinin (zur Therapie, insbesondere bei der komplizierten Malaria tropica; nur unter ärztlicher Aufsicht), Dihydroartemisinin-Piperaquin (zur Behandlung; nur unter ärztlicher Aufsicht), Primaquin (Therapie der Malaria tertiana oder Malaria quartana; beugt Rezidiven vor; Verwendung zur Prophylaxe nur in Ausnahmefällen) und Proguanil (Prophylaxe; meist in Kombination mit Chloroquin; Verwendung nur noch in Ausnahmefällen) zur Verfügung.
In den frühen 1970er Jahren isolierte die chinesische Wissenschaftlerin Tu Youyou das Artemisinin, einen sekundären Pflanzenstoff, chemisch ein Sesquiterpen, der in den Blättern und Blüten des Einjährigen Beifußes (Artemisia annua) vorkommt. Sie zeigte in den folgenden Jahrzehnten die Wirksamkeit dieses Stoffes gegen Malaria auf.[68][69] Dafür wurde sie 2011 mit dem Albert Lasker Award for Clinical Medical Research[70] und 2015 mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin[71] ausgezeichnet. Vor allem in China, Südostasien und Afrika werden daher Artemisinin-haltige Präparate (einschließlich deren Abkömmlinge Artemether, Artesunat, Arteflene und Artemotil) eingesetzt. Diese im Rahmen einer Kombinationstherapie (Artemisinin-based combination therapy, ACT) eingesetzten Präparate werden von der WHO als Mittel erster Wahl für die Akutbehandlung der Malaria empfohlen.[72] In Deutschland wird die fixe Kombinationen aus Artemether-Lumefantrin sowie Dihydroartemisinin-Piperaquin eingesetzt. Artesunat, das in Deutschland nicht auf dem Markt ist, aber im Bedarfsfall importiert werden kann, wird zudem als Mittel der Wahl zur Therapie der komplizierten Malaria tropica empfohlen. Ist Artesunat nicht verfügbar (z. B. bei schwerer Allergie auf Artemisinine), ist der Beginn einer Therapie in einer tropenmedizinischen Einrichtung angezeigt; gegebenenfalls kann auf intravenöses Chinindihydrochlorid ausgewichen werden.[47]
Die Stand-by-Therapeutika Halofantrin und Amodiaquin wurden in Europa wegen schwerer Nebenwirkungen mittlerweile vom Markt genommen, sind jedoch noch vereinzelt in Malariagebieten als Notfallmedikamente verfügbar. Halofantrin wurde mit Herzrhythmusstörungen in Verbindung gebracht, während unter der Therapie mit Amodiaquin vermehrt Leberschäden und Blutbildschäden (Agranulozytose, aplastische Anämie) auftraten.
Insbesondere in Endemiegebieten ist zum Teil noch die Kombination von Sulfadoxin-Pyrimethamin (SP) verfügbar, diese beeinträchtigt die Biosynthese von Folat. Diese Arzneistoffkombination wurde jedoch in Deutschland aufgrund schwerer Hautreaktionen (Stevens-Johnson-Syndrom) vom Markt genommen. Darüber hinaus gibt es vielfach Malariaerreger, die gegen diese Wirkstoffkombination mittlerweile resistent sind – selbst wenn SP mittlerweile nicht mehr eingesetzt wird.[73]
Bei der Behandlung von Malaria sind zunächst die asexuellen Parasiten im Blut zu beseitigen. Die WHO empfiehlt bei einer Infektion mit Plasmodium vivax Chloroquin oder eine Artemisinin-basierte Kombinationstherapie.[74] Danach sind aber in der Leber ruhende Hypnozoiten vorhanden, die Rezidive auslösen können. Zur Beseitigung der Hypnozoiten kann Tafenoquin eingesetzt werden.[75] Da Tafenoquin eine Halbwertszeit von etwa 15 Tagen besitzt, ist eine einmalige Gabe ausreichend.[76] Durch die einmalige Gabe von 300 mg Tafenoquin in Kombination mit 1500 mg Chloroquin für 3 Tage konnte bei nachgewiesener Infektion mit Plasmodium vivax in 62,4 % eine Rezidivfreiheit nach 6 Monaten erzielt werden. Nach alleiniger Gabe von Chloroquin waren lediglich 27,7 % nach 6 Monaten rezidivfrei.
Es ist wichtig, sich rechtzeitig vor jeder Reise über die aktuelle Risiko- und Resistenzsituation zu informieren und mit einem tropenmedizinisch erfahrenen Arzt die persönliche Vorsorge zu planen.
Weltweit verbreitet sind medikamentöse Resistenzen bei Malaria tropica; vor allem in Südost-Asien und Ozeanien auch bei Malaria tertiana, bei der zudem auch eine Nachbehandlung der persistierenden Leberformen (Hypnozoiten) notwendig ist.[77]
Übersicht Medikamentöse Therapie der Malaria[47]
Therapie
M. quartana
M. tertiana
unkomplizierte M. tropica bzw. Knowlesi-Malaria
komplizierte M. tropica bzw. Knowlesi-Malaria
Chemoprophylaxe
Atovaquon-Proguanil
1. Wahl
Atovaquon-Proguanil, Dihydroartemisinin-Piperaquin
Artemether-Lumefantrin, Dihydroartemisinin-Piperaquin, Atovaquone-Proguanil
Artemether-Lumefantrin, Dihydroartemisinin-Piperaquin
Artesunat (parenteral)
nach Initialtherapie
Primaquin zur Abtötung der Dauerformen (Hypnozoiten)
Vektorkontrolle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Als Vektorkontrolle (Bekämpfung des Überträgers) bezeichnet man den Versuch, Neuinfektionen durch gezielte Bekämpfung der Anopheles-Mücke zu verhindern. Zu diesem Zweck werden Insektizide in den Wohnstätten der Menschen versprüht oder es wird die Verwendung von insektizidimprägnierten Bettnetzen (IIB) propagiert.
In den 1950er und 1960er Jahren wurde unter Federführung der WHO versucht, Malaria im Rahmen des Global Eradication of Malaria Program zu vernichten. Ein wichtiger Bestandteil der Kampagne war das Besprühen der Innenwände aller Wohnungen und Häuser mit DDT. Das Testgebiet Sardinien wurde 1950 von Malaria befreit, ohne jedoch den Vektor auszurotten.[78] Trotz der anfänglichen Erfolge wurde das Projekt Anfang der 1970er Jahre als gescheitert eingestellt.
Der Einsatz von DDT in Wohnhäusern (Innenraumbesprühung) ist umstritten. Die Zunahme von Resistenzen gegen DDT kann seine Wirksamkeit einschränken. Das Ausbringen von DDT in Innenräumen birgt möglicherweise gesundheitliche Risiken: Es gibt Hinweise darauf, dass das DDT zu einem höheren Risiko von Fehlgeburten oder Missbildungen führen, die Samenqualität bei Männern senken oder an der Entstehung verschiedener Formen von Krebs beteiligt sein könnte.[79] Bei Langzeitstudien an Ratten, Mäusen und Hamstern konnte die kanzerogene Wirkung von technischem DDT mit Bildung von Tumoren in Leber, Lunge und dem Lymphsystem nachgewiesen werden[80] und die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO stufte DDT im Jahr 2015 als „wahrscheinlich krebserregend bei Menschen“ (Gruppe 2A) ein.[81] Heute ist die Herstellung und Verwendung von DDT weltweit nur noch in wenigen Staaten zum Zwecke der Bekämpfung von Krankheitsüberträgern zugelassen. Doch selbst diese Zulassungen werden sukzessive zurückgenommen.
Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In Deutschland ist der Nachweis der Erreger Plasmodium spp. nach § 7 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) an das Gesundheitsamt namentlich zu melden. Diese Meldung bezieht sich auf direkte oder indirekte Nachweise, die auf eine akute Infektion hinweisen.[82] Meldepflichtig sind die Leitungen der Labore usw. nach § 8 IfSG. Nach dem Recht Sachsens[83] besteht eine namentliche Meldepflicht bezüglich Erkrankung und Tod an Malaria.
In Österreich ist Malaria eine anzeigepflichtige Krankheit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Epidemiegesetz 1950. Anzeigepflichtig sind Erkrankungs- und Todesfälle. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderem Ärzte und Labore (§ 3 Epidemiegesetz).
In der Schweiz besteht Meldepflicht für Malaria in Bezug auf einen positiven laboranalytischer Befund durch den behandelnden Arzt. Zudem bei positivem Laborbefund für die Erreger Plasmodium spp. durch das untersuchende Labor. Dies ergibt sich aus dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 bzw. Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen.
Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Therapieansätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Basensequenzen in den Genomen von Plasmodium falciparum und Anopheles gambiae wurden im Herbst 2002 vollständig entschlüsselt. Etwa zeitgleich wurden neue Malariatherapeutika, wie z. B. Atovaquon, Lumefantrin und die vom Naturstoff Artemisinin abgeleiteten Wirkstoffe Artesunat und Artemether auf den Markt gebracht. Erste erfolgversprechende Ergebnisse der Behandlung Malariakranker mit Tafenoquin und dem Antibiotikum Fosmidomycin wurden ebenso vorgestellt. Fosmidomycin blockiert den MEP-Weg (Methylerythritolphosphatweg), einen Stoffwechselweg zum Dimethylallylpyrophosphat (DMAPP). Den MEP-Weg benutzen Plasmodien, nicht aber der Mensch. Durch seine Blockade können wichtige, vom DMAPP ausgehende zelluläre Grundbausteine in Zellmembranen und Zellanker des Erregers nicht mehr synthetisiert werden.
Versuche, einen weltweit wirkenden Impfstoff gegen Malaria zu entwickeln, schlugen trotz einiger anfänglicher Erfolge jedoch bisher fehl. Das größte Problem bei der Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes ist die hohe Variabilität der Malaria-Antigene.[84] Ansatzpunkte bei der Impfstoffentwicklung sind die verschiedenen Entwicklungsphasen des Malariaerregers, neben Totimpfstoffen werden auch Lebendimpfstoffe in Form attenuierter Sporozoiten eingesetzt. Hierbei ist die Entwicklung von Impfstoffen gegenüber P. vivax im Vergleich zu P. falciparum in den Rückstand geraten. Dies hat verschiedene, unter anderem epidemiologische Gründe.[85]
Ein alternativer Therapieansatz könnte im Sinne einer passiven Immunisierung einen Antikörper gegen Plasmodien verwenden.
Ein weiterer Ansatz aktueller Forschung ist, die Vermehrung der Plasmodien zu verhindern. Untersuchungen an Mäusen zeigten, dass es prinzipiell möglich ist, über einen Impfstoff die Verschmelzung weiblicher und männlicher Keimzellen des Plasmodiums zu blockieren, und somit die Weitergabe des Erregers einzudämmen.[86][87]
Eine weitere Möglichkeit der Bekämpfung der Malaria ist das Unterbrechen der Infektionskette durch Bekämpfen der Anopheles-Mücke. Ein entsprechender Versuch zur Ausrottung der Malaria in den 1960er Jahren mit Hilfe von DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) war nur örtlich und zeitlich begrenzt erfolgreich; in der Folgezeit wurden umweltschädigende Wirkungen offenbar. Ein neuer Ansatz ist der Einsatz des Bakteriums Bacillus thuringiensis israelensis (Bti), das im Labor einfach vermehrt werden kann (siehe Bacillus thuringiensis). Bti ist gegenüber Stechmücken erprobt und hochwirksam, schont aber bei richtiger Anwendung „Nicht-Ziel-Organismen“ weitgehend. Zur Anwendung werden Bti-Sporen in von Anopheles-Larven bewohnte Gewässer ausgebracht. Die Larven nehmen die Bakterien mit der Nahrung auf. In ihrem Darm setzen Verdauungsenzyme ein Delta-Endotoxin aus der Sporenwand frei; dieses Eiweiß tötet Zellen der Darmwand, indem es kationen-durchlässige Poren in deren Membran erzeugt. Die Insekten stellen daraufhin ihre Nahrungsaufnahme ein und gehen noch im Larvenstadium zugrunde. Bti wird in flüssiger, Tabletten-, Pulver- und Granulatform kommerziell angeboten. Für den großflächigen Einsatz im Freiland hat sich die Verwendung von Granulat bewährt; bei starker Durchseuchung von Gewässern wird dieses mit Hubschraubern ausgebracht.
Außerdem forscht die gemeinsame Abteilung der IAEO und FAO an einer neuartigen Methode zur Bekämpfung der Anopheles-Mücke durch massenweise Aussetzung steriler Mückenmännchen (Sterile-Insekten-Technik).
In Anbetracht der zunehmenden Resistenz gegen die in den letzten Jahrzehnten entwickelten Wirkstoffe rückt seit 2002 die synergistische Wirkung der länger bekannten Wirkstoffe Methylenblau und Chloroquin ins Blickfeld der Forschung.[88][89]
In Zusammenarbeit mit der WHO erarbeiten gegenwärtig das Kenya Medical Research Institute und die britische Universität Oxford im Internet verfügbare Weltkarten, auf denen das gesamte Wissen über die Verbreitung der Malaria zusammengetragen wird (z. B. Infektionsrate Plasmodium falciparum, Plasmodium vivax). Dieses Malaria Atlas Project genannte Unterfangen wird vom englischen Wellcome Trust finanziert und ständig erweitert.[90]
Ein neuer Therapieansatz ist die Bekämpfung von Plasmodium im Mückendarm durch genetisch veränderte Mückendarmflora. Das mit Anopheles in Symbiose lebende Bakterium Pantoea agglomerans wird dabei so verändert, dass es gegen den Parasit wirksame Peptide ausscheidet. Mit dem Ansatz kann die Prävalenz infizierter Mücken stark gesenkt werden.[91]
In einer Studie wurden im Blut von Kleinkindern aus Tansania Antikörper gegen ein bisher unbekanntes Antigen PfSEA-1 entdeckt, die sie offenbar vor einer schweren Malariaform schützt.[92] Das neu entdeckte Antigen PfSEA-1 hilft dem Malaria-Parasiten, sich im Blut zu vermehren, indem es ihm ermöglicht, die roten Blutkörperchen zu verlassen und andere Blutzellen zu befallen. Die ebenfalls neu entdeckten Antikörper gegen das Antigen PfSEA-1 können genau diesen Effekt verhindern. Untersuchungen haben bei etwa sechs Prozent von mehr als 450 Kindern diesen natürlichen Schutzfaktor nachgewiesen und keines von diesen Betroffenen erkrankte an einer schweren Malaria. Diese Erkenntnisse wurden anschließend an etwa 140 jungen Erwachsenen aus dem Nachbarland Kenia überprüft. Dabei stellte sich heraus, dass bei Menschen mit dem Antikörper gegen PfSEA-1 die Parasitendichte im Blut etwa um die Hälfte verringert war. Im Schnitt hatten 56 von 100 Erwachsenen dieser Altersgruppe solche Antikörper. Die Forscher vermuten, dass der Kontakt zum Erreger die Produktion des Schutzproteins anregt, was auch erklären könnte, warum Malaria in diesen Ländern bei Erwachsenen tendenziell weniger schwer verläuft als bei Kindern.[93]
Anfang 2014 vermeldeten die University of Edinburgh und das Biotechunternehmen CILIAN AG, einen Impfstoff entdeckt zu haben, der eine Vielzahl von Genvariationen des Malaria-Erregers abdecke und bei Tieren eine starke Immunreaktion hervorgerufen habe. Die Produktion dieses Wirkstoffes erfolgt dabei durch biotechnische Bearbeitung von Einzellern.[94][95]
Das synthetische Spiroindolon-Derivat mit dem vorläufigen Namen Cipargamin (KAE609, ehemals NITD609) wurde von Novartis entwickelt und befindet sich in klinischer Prüfung. Es richtet sich gegen alle intraerythrozytären Stadien bei P. falciparum und deren Gametozyten.[96] Hierbei hemmt es die in der Parasiten-Plasmamembran lokalisierte Na+-ATPase 4 (PfATP4) die für die Natrium- und osmotische Zell-Homöostase wichtig ist.
Körpergeruch bei Erkrankten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass eine Infektion mit Plasmodium den Körpergeruch der Infizierten derart verändert, dass die Plasmodium übertragenden Insekten verstärkt von den Infizierten angelockt werden. Dies kann zur raschen und effektiven Verbreitung der Erreger beitragen.[97][98][99]
Armutsbedingte Krankheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Malaria wird auch als armutsbedingte Krankheit bezeichnet. Dabei besteht ein doppelter Zusammenhang: Arme Menschen erkranken häufiger an Malaria als wohlhabende und sozial bessergestellte. Andererseits sind an Malaria Erkrankte und Personen, die einfach in Malaria-Endemiegebieten leben, durch die Krankheit ärmer.[100] Ein Review von empirischen Studien über den Zusammenhang von Malaria und Armut erbrachte gemischte Resultate: Viele Studien legen einen Zusammenhang nahe, während andere keinen Einfluss nachweisen konnten.[101] Es ist aber ein klarer statistischer Zusammenhang nachgewiesen: Länder mit hoher Prävalenz von Malaria sind gleichzeitig besonders arm. 58 Prozent der Todesfälle durch Malaria erfolgen in den ärmsten 20 Prozent der Weltbevölkerung (Stand: 1990).[102] Die Einkommensentwicklung ist in Ländern mit hoher Malaria-Prävalenz auch dann schlechter, wenn andere sozioökonomische Faktoren kontrolliert werden. Die indirekten Folgen, etwa durch Effekte auf Mobilität und Demografie der Regionen, sind dabei nochmals weitaus höher als die direkten Kosten.[103] Arme Menschen haben schlechteren Zugang zum Gesundheitssystem, auch bekannte und erprobte Präventionsmaßnahmen wie Moskitonetze und Insektizide stehen ihnen nicht zur Verfügung. Durch Mangelernährung sind sie bei einer Infektion anfälliger. Oft mangelt es ihnen bereits an elementaren Informationen zu Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten. Diese Faktoren werden zusammengenommen als weitaus bedeutsamer angenommen als die Existenz eines Impfstoffs.[104] Gerade für Regionen, in denen die Malaria wie die Armut verbreitet sind, ist fraglich, ob die Bekämpfung der Malaria durch Entwicklung eines Impfstoffes im Vordergrund stehen sollte. Der Parasitologe Paul Prociv weist darauf hin, dass Erwachsene in Malariagebieten durch ständige Reinfektion praktisch immun gegen die Krankheit sind. Vorrang hätte die Hebung der allgemeinen Gesundheitsfürsorge und Lebensumstände. Von einem Malariaimpfstoff würden hauptsächlich westliche Besucher der Tropen profitieren, die die Nebenwirkungen der herkömmlichen Malariavorsorge scheuen.[105] Als armutsbedingte Erkrankung kann Malaria auch gelten, da in vielen Ländern der sogenannten Dritten Welt die Wohnverhältnisse der meisten Menschen nicht den Standards zur Infektionsvermeidung (geschlossene Wohnräume, Moskitonetze, Klimaanlage, Insektensprays usw.) entsprechen, keine Chemoprophylaxe zur Verfügung steht und Medikamente teuer und schwer zu beschaffen sind[11] (siehe auch Abschnitt Vorbeugung und Behandlung).
Es wird angenommen, dass Arzneimittelforscher auch weniger in die Entwicklung von Medikamenten gegen armutsbedingte Krankheiten wie Malaria investieren, da die Patienten vor allem in armen Ländern mit geringer Kaufkraft leben. Die Europäische Union will als Reaktion auf diesen Mechanismus die Entwicklung von Mitteln gegen armutsbedingte Krankheiten mit 600 Millionen Euro fördern.[106] 2019 gründete die Europäische Union den EU Malaria Fund Berlin, mit dem europäische Projekte und Unternehmen in der Forschung gegen Malaria unterstützt werden.[107]
Aufgrund der mangelnden finanziellen Unterstützung gab Bill Gates Ende Oktober 2005 bekannt, dass er zur Förderung der Malariaforschung eine Summe von 258,3 Millionen Dollar zur Verfügung stellen werde. Seiner Meinung nach stelle „es für die Welt eine Schande dar, dass sich in den letzten 20 Jahren jene durch Malaria hervorgerufenen Todesfälle verdoppelten, zumal gegen jene Krankheit sehr stark vorgegangen werden könnte.“[108]
Volkswirtschaftliche Auswirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach Jeffrey Sachs sind tropische Krankheiten, insbesondere aber Malaria, eine Hauptursache für die wirtschaftliche Misere der ärmsten Länder der Erde: Wo diese Krankheit auftritt, also vor allem in den Tropen und Subtropen, herrscht auch Armut. So hatten Mitte der 1990er Jahre von Malaria heimgesuchte Länder ein durchschnittliches Volkseinkommen von rund 1500 US-Dollar pro Kopf, während nicht betroffene Länder mit durchschnittlich 8200 US-Dollar über mehr als das Fünffache verfügten. Volkswirtschaften mit Malaria sind zwischen 1965 und 1990 durchschnittlich nur um 0,4 Prozent im Jahr gewachsen, die anderen dagegen um 2,3 Prozent.[109]
Der durch die Krankheit verursachte volkswirtschaftliche Schaden für Afrika allein wird umgerechnet auf rund 9,54 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Nach Studien liegt die durch Malaria verursachte Lähmung der Volkswirtschaften der betroffenen Länder nicht nur an den direkten Kosten für Medikamente und medizinische Behandlung. Malaria hat eine negative Auswirkung auf die Arbeitsproduktivität und somit auf das Bruttoinlandsprodukt des Landes, womit nötige Investitionen, wie beispielsweise in Bildung, ausbleiben. Zudem meiden ausländische Investoren solche Länder ebenso wie Touristen und Handelsunternehmen.[110]
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Aus einem Brief Dürers an seinen Arzt. Dürer zeigt auf seine schmerzende Milz. Er hatte sich möglicherweise bei einem Holland-Aufenthalt eine Malaria zugezogen.
Die frühesten Berichte von Malariaepidemien stammen von den Alten Ägyptern (u. a. aus dem Papyrus Ebers). aDNA von Plasmodium falciparum wurde auch von Münchener Pathologen um Andreas Nerlich in zwei ägyptischen Mumien aus Theben gefunden, die ca. 3500 Jahre alt sind.[111][112] Aber auch in rund 3000 Jahre alten indischen Schriften taucht das Wechselfieber als „Königin der Krankheiten“ auf. Die Chinesen hatten vor über 2000 Jahren sogar schon ein Gegenmittel. Sie nutzten den Einjährigen Beifuß (青蒿, qīnghāo). In der Neuzeit konnten Forscher tatsächlich einen wirksamen Stoff aus dieser Pflanze isolieren: das Artemisinin (chinesisch Qinghaosu).
In der Antike verbreitete sich die Malaria rund um das Mittelmeer. Hippokrates von Kos erkannte, dass Menschen aus Sumpfgebieten von dem bösartigen Sumpffieber[113] besonders häufig betroffen waren, jedoch vermutete er beziehungsweise vermuteten die hippokratischen Ärzte, dass das Trinken von abgestandenem Sumpfwasser die Körpersäfte (siehe Humoralpathologie) in ein Ungleichgewicht bringt. Von unsichtbaren Krankheitserregern wusste man damals noch nichts. Der Begründer der Humoralpathologie Polybos nahm als Ursache aller Fiebertypen einen Überschuss an Gelber Galle an.[114]
In Rom baute Galenos die antike Fieberlehre dann weiter aus[115] und ordnete dem Übermaß an Schwarzer Galle die „Quartana“ und an Gelber Galle die „Tertiana“ zu. Eine Fieberform mit täglichen Fieberschüben (febris quotidiana, tägliches Fieber,[116] auch Eintagsfieber und Eintagefieber[117] genannt) wurde seit Galenos als durch übermäßig vorhandenes bzw. verdorbenes Phlegma verursacht angesehen.[118][119]
Bei Hippokrates und auch später wurde von einer febris quintana (Fünfttagefieber, Quintana) berichtet, die als fehlgedeutete Malariaform wie als Wolhynisches Fieber gedeutet werden kann.[120]
Auch das Römische Reich wurde regelmäßig von schweren Malariaepidemien heimgesucht. Es ist dabei, entgegen älteren Theorien, wahrscheinlich, dass auch Plasmodium falciparum als Krankheitserreger seit prähistorischen Zeiten nicht nur in Afrika, sondern auch im Mittelmeerraum präsent war.[121] Dennoch erscheint es wahrscheinlich, dass sich die Malaria erst in historischer Zeit, von älteren Endemiegebieten auf Sizilien ausgehend, über Italien verbreitet hat, wobei Mittelitalien (Toskana und Latium) bereits zu Zeiten der Römischen Republik erreicht wurden, während die norditalienische Poebene erst in nachantiker Zeit infiziert wurde; sie galt in der Antike noch als gesundes Sumpfgebiet. Als möglicher Grund konnte die Ausbreitung von neuen Anopheles-Arten, die effektivere Vektoren waren, wahrscheinlich gemacht werden.[122] Dabei lagen schon in der Antike malariaverseuchte Fiebergebiete und gesunde Regionen dicht benachbart, bis hin zu sehr unterschiedlichen Todesraten in den Niederungen und auf den Hügeln in der Stadt Rom selbst.[123] Ein Niedergang des Römischen Reichs durch neue Ausbreitung der Malaria in seinem Kernland, wie von einigen älteren Historikern gemutmaßt, fand wohl tatsächlich nicht statt.
Um 1560 versuchte der italienische Anatom und in Palermo als Protomedicus tätige Giovanni Filippo Ingrassias (um 1510–1580) durch Trockenlegung von Sümpfen die Malaria zu bekämpfen.[124]
Im Mittelalter bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war die Malaria nicht nur in Süd-, sondern auch in Mitteleuropa verbreitet. Vor allem große Gebiete Italiens waren bis ins 20. Jahrhundert von Malaria geplagt. Im deutschen Sprachraum war die Malaria zuerst vor allem am Oberrhein und im Bodensee-Gebiet anzutreffen. In Norddeutschland war das Wechselfieber auch als Marschenfieber oder Tertianfieber (Malaria tertiana) bekannt.[125] Berühmte europäische Malariapatienten waren Albrecht Dürer (obwohl der Krankheitsverlauf Zweifel zulässt, ob es sich wirklich um eine Malaria-Erkrankung handelte), Landgraf Philipp I. von Hessen,[126] Oliver Cromwell, Friedrich Schiller und Johann Gottfried Tulla. Während die Malaria Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland noch weit verbreitet war, ging – bezeugt auch durch Angaben bei Robert Koch – die Zahl der daran Erkrankten gegen Ende des Jahrhunderts stark zurück.[127] Erst durch die systematische Trockenlegung von Sumpfgebieten, die Eindämmung von Überschwemmungen, dem systematischen Einsatz von Insektiziden und verbesserte medizinische Versorgung in Verbindung mit hygienischeren Wohnverhältnissen konnte die Malaria in den 1960er Jahren in Europa ausgerottet werden.[125]
Chinarinde (Chinchona sp.)
Aus Nord- und Südamerika sind die ersten Malariafälle erst im 16. Jahrhundert dokumentiert. Man geht heute davon aus, dass sie durch die Europäer bzw. durch den von ihnen organisierten Sklavenhandel dort eingeschleppt worden ist. Der Erreger verbreitete sich dort sehr schnell: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts starben beispielsweise im Süden der USA ein Prozent der Bevölkerung jährlich an Malaria, in den Sumpfgebieten des Mississippi lag die Mortalitätsrate sogar bei drei Prozent.[128] Das Heilmittel, das heute noch Verwendung findet, hat seinen Ursprung jedoch auch in Südamerika. Peruanische Arbeiter bekämpften Fieber erfolgreich mit der Rinde eines Baumes aus der Familie der Rötegewächse, zu denen auch die Kaffeepflanze gehört. Mitglieder des Jesuitenordens beobachteten diese Wirkung und brachten das Mittel in Pulverform erstmals 1640 nach Europa, wo es auch „Jesuitenpulver“ genannt wurde. Der Baum wurde später als „Chinarinde“ (Cinchonia) bekannt, das Medikament als „Chinin“. Chinin hat einen äußerst bitteren Geschmack. Es wird als Aromastoff für Tonic Water und Bitter Lemon verwendet. Bis heute hält sich die Legende, regelmäßiges Trinken von Gin Tonic schütze vor Malaria. Jedoch ist heutzutage die Chininkonzentration in einem Gin-Tonic-Drink viel zu gering.
Wie bereits russische Militärärzte 1853 in der Moldau, therapierten auch deutsche Militärärzte 1914 bis 1918 (etwa in Albanien) die Wechselfieber mit Chinin. Da dabei auch erfolglose Behandlungen vorkamen, kombinierten sie mit einer Neosalvarsantherapie.[129]
Der Malariaerreger in Form der Plasmodien wurde am 6. November 1880 vom Franzosen Alphonse Laveran entdeckt, der in Constantine (Algerien) am Militärkrankenhaus arbeitete. Er erhielt dafür 1907 den Nobelpreis für Medizin.
Ronald Ross
Im Jahr 1896 vermutete der Pathologe und Mitarbeiter von Giovanni Battista Grassi[130] Amico Bignami (1862–1929), dass die Malaria durch Mücken übertragen wird.[131] Ronald Ross, Chirurg und General aus England, fand 1897 den Zusammenhang zwischen dem Malariaerreger und dem Stich der Anophelesmücke heraus und erhielt dafür 1902 den (zweiten) Nobelpreis für Medizin.[132] Den Zusammenhang zwischen Mücken und Malaria hatten im Übrigen schon die alten Ägypter 3000 v. Chr. erkannt. Sie wurde als Fluch der Götter bzw. des Nils angesehen.
Ettoro Marchiafava und Angelo Celli unterschieden 1889 die Tertiana und Quartana von schwereren Formen der Sumpffieber.[133]
Julius Wagner-Jauregg infizierte 1917 einige seiner Patienten gezielt mit Malaria, um mit den auftretenden Fieberschüben die progressive Paralyse zu behandeln. Diese sogenannte Malariatherapie erwies sich als erfolgreich und wurde bis zum Aufkommen von Antibiotika praktiziert, 1927 erhielt Wagner-Jauregg dafür den Medizin-Nobelpreis. Wegen der damit verbundenen Risiken gilt der Einsatz von Malaria als Therapeutikum heute jedoch als nicht mehr vertretbar.
Im Jahr 1934 gelang Hans Andersag die Entdeckung des Chloroquins (Resochin genannt), eines sehr effektiven Wirkstoffs gegen Malaria, im Labor von Bayer in Wuppertal-Elberfeld (seinerzeit Teil der I. G. Farbenindustrie AG).
Deutsche Malariaforscher in der Zeit des Nationalsozialismus waren etwa Claus Schilling, Gerhard Rose, Franz Sioli, Heinrich Ruge und Wilhelm Sagel.[134]
In Berlin kam es 1946 zu einer der letzten Malaria-Epidemien; sie ging von befallenen Soldaten aus Afrika und Südosteuropa aus.
In den 1950er Jahren begann die WHO das Global Eradication of Malaria Program. Neuansteckungen durch Mückenstiche sollten durch Besprühen der Innenwände der Häuser mit DDT-Lösung verhindert werden. Parallel dazu sollten die bereits Erkrankten mit Chloroquin behandelt werden, um auch die eigentlichen Erreger, die Plasmodien, zu bekämpfen. Die Kampagne war nur teilweise erfolgreich. In den Niederlanden, Italien, Polen, Ungarn, Portugal, Spanien, Bulgarien, Rumänien und Jugoslawien wurde Malaria bis Ende der 1960er Jahre dauerhaft ausgerottet. Auch in vielen Ländern Asiens sowie Süd- und Mittelamerikas konnte die Zahl der Neuansteckungen mit Malaria drastisch gesenkt werden. Hier wurden häufig nach ersten Erfolgen Geld und medizinisches Personal aus den Anti-Malaria-Kampagnen abgezogen und anderweitig eingesetzt. Dadurch blieben neue Malariafälle unentdeckt oder konnten nicht ausreichend behandelt werden. Im Lauf der Jahre traten DDT-Resistenzen bei verschiedenen Arten der Anophelesmücke auf. Zudem waren auch die Plasmodien teilweise gegen Chloroquin resistent geworden.
Die WHO stellte ihr Programm zur Ausrottung der Malaria 1972 offiziell als gescheitert ein.
Die Chinesin Tu Youyou isolierte 1971 den zur Behandlung der Malaria eingesetzten sekundären Pflanzenstoff Artemisinin aus dem Einjährigen Beifuß (Artemisia annua, chinesisch: Qinghao) und wurde dafür 2015 mit dem Medizinnobelpreis ausgezeichnet.[135] Weiterhin wurden andere Ansätze zur Erlangung entsprechender Wirkmoleküle beschrieben, die auf Berichten der traditionellen Anwendung von Pflanzen in Westafrika fußen.[136]
2007 beschloss die WHO den Weltmalariatag (World Malaria Day), einen Aktionstag, der jährlich zum 25. April stattfindet.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Leitlinien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
S1-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Malaria der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit. In: AWMF online (Stand 2021)
Fachliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jürgen Knobloch: Malaria – Grundlagen und klinische Praxis. Uni-Med, Bremen 2002, ISBN 3-89599-623-8.
Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 214–217 (Malaria).
Stephen M. Rich et al.: The origin of malignant malaria. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. Band 106, Nr. 35, 1. September 2009, S. 14902–14907, doi:10.1073/pnas.0907740106, PMID 19666593, PMC 2720412 (freier Volltext) – (englisch).
Martin Kappas: Klimatologie: Klimaforschung im 21. Jahrhundert – Herausforderung für Natur- und Sozialwissenschaften. Spektrum, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-8274-1827-2; 7.2.1. Auswirkungen von Temperaturveränderungen auf die Malariaübertragung; 7.2.2. Auswirkungen von Niederschlagsveränderungen auf die Malariaübertragung eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
Gajanan K. Rathod et al.: New structural classes of antimalarials. In: European Journal of Medicinal Chemistry. Band 242, 15. November 2022, S. 114653, doi:10.1016/j.ejmech.2022.114653 (englisch).
Jeanne Rini Poespoprodjo et al.: Malaria. In: Lancet (London, England). Band 402, Nr. 10419, 16. Dezember 2023, S. 2328–2345, doi:10.1016/S0140-6736(23)01249-7, PMID 37924827 (englisch).
Camilla Rothe et al.: Empfehlungen zur Malariaprophylaxe. In: Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR. Band 31, Nr. 04, August 2024, S. 165–206, doi:10.1055/a-2351-8414.
Englischsprachige Bücher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Peter Perlmann, Marita Troye-Blomberg: Malaria Immunology. Karger, Basel 2002, ISBN 3-8055-7376-6.
David A. Warrell, Herbert M. Gilles: Essential Malariology. Arnold, London 2002, ISBN 0-340-74064-7.
Geschichte der Malaria[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Manfred Vasold: Wechselfieber. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1468.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wiktionary: Malaria – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Malaria – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikinews: Malaria – in den Nachrichten
Malaria – Informationen des Robert Koch-Instituts (Deutschland)
Malaria. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, 29. Juli 2024; abgerufen am 20. Oktober 2024 (Österreich).
Malaria. Bundesamt für Gesundheit BAG, 18. September 2024; abgerufen am 20. Oktober 2024 (Schweiz).
Empfehlungen zur Malariaprophylaxe der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e. V. (DTG)
WHO World Malaria Report 2021
Guidelines for the treatment of malaria (PDF; 2,6 MB) 3. Auflage.WHO, April 2015 (englisch) WHO-Empfehlungen für die Behandlung der Malaria
Erbgutsequenz von Plasmodium falciparum ist entschlüsselt. Nature
Geschichte der Malaria in den Nordseemarschen (englisch)
Heiner Schirmer: Parasit ohne Gnade. dctp.tv; Dokumentation.
TED-talk about "Cheese, dogs and a pill to kill mosquitoes and end malaria" at TEDxMaastricht,·Apr 2012
Volker Weinl: Malaria. Bestechendes Odeur. pektrum.de, 9. August 2005; abgerufen am 11. Oktober 2022.
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ a b c d Bernhard Nocht, Martin Mayer: Die Malaria. Eine Einführung in ihre Klinik, Parasitologie und Bekämpfung. Zweite erweiterte Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1936, ISBN 3-642-89400-3, S. 2 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – Softcover Reprint of the Hardcover 2nd Edition 1936).
↑ a b Weltgesundheitsorganisation (Hrsg.): World malaria report 2024. ISBN 978-92-4010444-0 (englisch, who.int [abgerufen am 21. April 2025]).
↑ A. Pain, U. Böhme u. a.: The genome of the simian and human malaria parasite Plasmodium knowlesi. In: Nature. Band 455, Nummer 7214, Oktober 2008, S. 799–803, ISSN 1476-4687. doi:10.1038/nature07306. PMID 18843368. PMC 2656934 (freier Volltext).
↑ Georg Sticker: Hippokrates: Der Volkskrankheiten erstes und drittes Buch (um das Jahr 434–430 v. Chr.). Aus dem Griechischen übersetzt, eingeleitet und erläutert von Georg Sticker. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1923 (= Klassiker der Medizin. Band 29); unveränderter Nachdruck: Zentralantiquariat der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig 1968, S. 109.
↑ D. Crotti: La Malaria, ossia la mal'aria: brevi note di una "storia sociale e populare". In: Le Infezioni in Medicina. Nr. 4, 2005, S. 265–270. (infezmed.it (Memento vom 25. Februar 2016 im Internet Archive))
↑ Max Höfler: Deutsches Krankheitsnamen-Buch. München 1899, S. 390.
↑ Wolf-Dieter Müller-Jahncke: Chinarinde. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. de Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 243.
↑ Planet Wissen: Geschichte der Malaria.
↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1960, S. 28.
↑ Gundolf Keil: Robert Koch (1843–1910). Ein Essai. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 73–109, hier: S. 73.
↑ a b Paul Reiter: Climate Change and Mosquito-Borne Disease. (PDF)
↑ Karin Rives: Study: Climate Change Contributes to Malaria Spread. But changing farming practices, migration also cause outbreaks in new areas. (Memento vom 9. Mai 2010 im Internet Archive) 14. April 2010.
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↑ a b Jörg Braun: Infektionskrankheiten. In: Jörg Braun, Roland Preuss (Hrsg.): Klinikleitfaden Intensivmedizin. 9. Auflage. Elsevier, München 2016, ISBN 978-3-437-23763-8, S. 437–519, hier: S. 470.
↑ Entgegen früherer Annahmen kommt P.falciparum nicht ausschließlich am Menschen vor. Auch Menschenaffen, insbesondere Gorillas, können alternative Zwischenwirte sein. Bei Menschenaffen ist eine Vielzahl nahe verwandter Erregerstämme gefunden worden, die verschiedene Formen der Malaria auslösen können. Franck Prugnolle, Patrick Durand, Cécile Neel, François Renaud: African great apes are natural hosts of multiple related malaria species, including Plasmodium falciparum. In: PNAS Proceedings of the National Academy of Sciences USA, 2010, 107 (4), S. 1458–1463. doi:10.1073/pnas.091444010
↑ L.O. Guimarães, M.M. Bajay, G. Wunderlich, M.G. Bueno, F. Röhe, J.L. Catão-Dias, A. Neves, R.S. Malafronte, I. Curado, K. Kirchgatter: The genetic diversity of Plasmodium malariae and Plasmodium brasilianum from human, simian and mosquito hosts in Brazil. In: Acta Tropica, 2012, 124, S. 27–32. doi:10.1016/j.actatropica.2012.05.016
↑ Albert Lalremruata, Magda Magris, Sarai Vivas-Martínez, Maike Koehler, Meral Esen, Prakasha Kempaiah, Sankarganesh Jeyaraj, Douglas Jay Perkins, Benjamin Mordmüller, Wolfram G. Metzger: Natural infection of Plasmodium brasilianum in humans: Man and monkey share quartan malaria parasites in the Venezuelan Amazon. In: eBio Medicine, 2015, 2 (9), S. 1186–1192. doi:10.1016/j.ebiom.2015.07.033
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↑ Frau nach Operation an Malaria gestorben. kaernten.orf.at, 20. März 2019; abgerufen am 20. März 2019.
↑ Zu den Kriterien einer komplizierten Malaria zählen eine Azidose mit einem pH-Wert unter 7,25 und eine Hypoglykämie mit einem Blutzuckerspiegel von unter 40 mg/dl. Siehe Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. ... Marburg 2009, S. 214.
↑ Tuan M. Tran, Shanping Li, Safiatou Doumbo, Didier Doumtabe, Chiung-Yu Huang: An Intensive Longitudinal Cohort Study of Malian Children and Adults Reveals No Evidence of Acquired Immunity to Plasmodium falciparum Infection. In: Clinical Infectious Diseases. Band 57, Nr. 1, 1. Juli 2013, ISSN 1537-6591, S. 40–47, doi:10.1093/cid/cit174, PMID 23487390, PMC 3669526 (freier Volltext) – (oup.com [abgerufen am 3. März 2021]).
↑ Michelle N. Wykes, Joshua M. Horne-Debets, Chiuan-Yee Leow, Deshapriya S. Karunarathne: Malaria drives T cells to exhaustion. In: Frontiers in Microbiology. Band 5, 27. Mai 2014, ISSN 1664-302X, doi:10.3389/fmicb.2014.00249, PMID 24904561, PMC 4034037 (freier Volltext) – (frontiersin.org [abgerufen am 3. März 2021]).
↑ Damien V. Cordery, Uday Kishore, Sue Kyes, Mohammed J. Shafi, Katherine R. Watkins: Characterization of a Plasmodium falciparum Macrophage-Migration Inhibitory Factor Homologue. In: The Journal of Infectious Diseases. Band 195, Nr. 6, 15. März 2007, ISSN 0022-1899, S. 905–912, doi:10.1086/511309 (oup.com [abgerufen am 3. März 2021]).
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↑ Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. 1961, S. 165.
↑ Jörg Braun: Infektionskrankheiten. In: Jörg Braun, Roland Preuss (Hrsg.): Klinikleitfaden Intensivmedizin. 9. Auflage. Elsevier, München 2016, ISBN 978-3-437-23763-8, S. 437–519, hier: S. 470–472: Malaria (Wechselfieber).
↑ Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. ... Marburg 2009, S. 214.
↑ Vgl. auch Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. 1961, S. 165–167.
↑ Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. 1961, S. 172.
↑ Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. 1961, S. 172.
↑ Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. ... Marburg 2009, S. 214.
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↑ Georg Sticker: Hippokrates: Der Volkskrankheiten erstes und drittes Buch (um das Jahr 434–430 v. Chr.). Aus dem Griechischen übersetzt, eingeleitet und erläutert von Georg Sticker. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1923 (= Klassiker der Medizin. Band 29); unveränderter Nachdruck: Zentralantiquariat der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig 1968, S. 109 f.
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↑ Georg Sticker: Hippokrates: Der Volkskrankheiten erstes und drittes Buch (um das Jahr 434–430 v. Chr.). Aus dem Griechischen übersetzt, eingeleitet und erläutert von Georg Sticker. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1923 (= Klassiker der Medizin. Band 29); unveränderter Nachdruck: Zentralantiquariat der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig 1968, S. 110–112.
↑ Vgl. Luigi Belloni: Beiträge der Universität Pavia zur mikroskopischen Diagnose der Ankylostomiasis, Malaria und Tollwut durch Battista Grassi, Camillo Golgi und Adelchi Negri. In: Christa Habrich, Frank Marguth, Jörn Henning Wolf (Hrsg.) unter Mitarbeit von Renate Wittern: Medizinische Diagnostik in Geschichte und Gegenwart. Festschrift für Heinz Goerke zum sechzigsten Geburtstag. München 1978 (= Neue Münchner Beiträge zur Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften: Medizinhistorische Reihe. Band 7/8), ISBN 3-87239-046-5, S. 309–326.
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↑ Vgl. auch Paul de Kruif: Ross gegen Grassi. Der Kampf gegen die Malaria. In: Paul de Kruif: Mikrobenjäger. (Originalausgabe: Microbe Hunters. Harcourt, Brace & Co., New York 1926) Orell Füssli Verlag, Zürich / Leipzig 1927; 8. Auflage ebenda 1940, S. 268–300.
↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1960, S. 49.
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| Dieser Artikel erläutert die Krankheit; zur deutschen Band siehe Malaria!. Siehe auch: Maleria. Klassifikation nach ICD-10 B50 Malaria tropica durch Plasmodium falciparum B51 Malaria tertiana durch Plasmodium vivax B52 Malaria quartana durch Plasmodium malariae B53 Sonstige parasitologisch bestätigte Malaria B54 Malaria, nicht näher bezeichnet {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Vorlage:Infobox ICD/Wartung/Para 05 Malaria auch Sumpffieber, Paludismus, Wechselfieber, Marschenfieber, Febris intermittens, Kaltes Fieber oder veraltet Akklimatisationsfieber,[1] Klimafieber,[1] Küstenfieber,[1] Tropenfieber[1] genannt ist eine Infektionskrankheit, die von einzelligen Parasiten der Gattung Plasmodium hervorgerufen wird. Sie wird heutzutage hauptsächlich in den Tropen und Subtropen durch den Stich einer weiblichen Stechmücke (Moskito) der Gattung Anopheles übertragen. Außerhalb dieser Gebiete verursachen gelegentlich durch den Luftverkehr eingeschleppte Moskitos die sogenannte Flughafen-Malaria . Alle Personen im direkten Umfeld von Flughäfen sind gefährdet, z. B. Flughafenbedienstete und Anwohner. Bis auf eine Übertragung durch Bluttransfusion und Laborunfälle ist eine Mensch-zu-Mensch-Ansteckung nur gelegentlich von der Mutter auf das ungeborene Kind möglich, wenn die Plazenta (besonders während der Geburt) verletzt wird. Der Mensch und die Anopheles-Mücken sind das wesentliche Erregerreservoir humanpathogener Plasmodien. Die Malaria ist mit etwa 263 Millionen Erkrankten pro Jahr (2023) die häufigste Infektionskrankheit der Welt. Für das Jahr 2023 schätzte die WHO 597.000 Todesopfer weltweit.[2] Früher galten nur vier Erreger als humanpathogen: Plasmodium falciparum, Plasmodium vivax, Plasmodium ovale und Plasmodium malariae. Mittlerweile ist bekannt, dass eine weitere Art aus Südostasien, die bislang hauptsächlich als für Makaken gefährlich galt, auch in größerer Zahl als bislang angenommen den Menschen infizieren kann: Plasmodium knowlesi.[3] Hinsichtlich ihres Krankheitsverlaufes und ihrer geographischen Verbreitung unterscheiden sich die Erreger erheblich. Plasmodium falciparum ist der klinisch bedeutsamste und bedrohlichste Erreger der früher auch als bösartiges Wechselfieber[4] bezeichneten Malaria. Im Wesentlichen werden, entsprechend den verschiedenen Malariaparasiten, drei Krankheitsbilder unterschieden: Malaria tropica, Malaria tertiana und Malaria quartana. Die Symptome der Malaria sind hohes, wiederkehrendes bis periodisches (Wechsel-)Fieber, Schüttelfrost, Beschwerden des Magen-Darm-Trakts und Krämpfe. Besonders bei Kindern kann die Krankheit rasch zu Koma und Tod führen. Die Frequenz der Fieberschübe ergibt sich aus der Länge der Vermehrungszyklen der Erreger. In Österreich und der Schweiz ist die Krankheit meldepflichtig, in Deutschland die Erreger. Wortherkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Krankheitsname Malaria ist abgeleitet von italienisch mal aria[5] ( schlechte Luft , die als schlechte Ausdünstung, genannt auch Miasma, insbesondere aus den Sümpfen steigt und seit der Antike für krankheitsverursachend, insbesondere beim Wechselfieber (Febris intermittens), gehalten wurde[6]), von lateinisch mala schlecht , und aer Luft . Der italienische Ausdruck mala aria bzw. mal aria für bösartige Wechselfieber findet sich 1709 in einem diese Erkrankung umfangreich behandelnden Werk des italienischen Mediziners Francesco Torti (1658 1741), eines Leibarztes von Francesco II. d Este und Rinaldo d Este,[7][8] der die Therapie mit Chinarinde förderte.[9] Der Anatom Jakob Henle erkannte später, dass die Schlechte-Luft-Krankheit durch mikroskopisch kleine Lebewesen verursacht wird.[10] Die Stechmücke Anopheles bei der Blutmahlzeit Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Geographische Verteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die geographische Verteilung der Malaria (vgl. Karte 2020 aktuelle Karte bei der DTG, Weblinks) ähnelt im 21. Jahrhundert der Temperaturverteilung der Erde. Die als Überträger geeigneten Anophelesarten kommen auf allen Kontinenten (außer der Antarktis) vor, wobei das Verbreitungsgebiet der Anopheles-Mücke auf niedrige Meereshöhen (unter 2500 m am Äquator und unter 1500 m in den restlichen Regionen) begrenzt ist. Malaria war insbesondere gegen Ende des Zweiten Weltkriegs bis in den Norden Europas und Nordamerikas verbreitet. Das Risiko in den einzelnen Endemiegebieten ist sehr unterschiedlich, was auch saisonale und geographische Gründe hat. Im subsaharischen Afrika überwiegt Plasmodium falciparum deutlich vor allen anderen Plasmodienarten. Eine Rückkehr der Malaria nach Mitteleuropa durch die globale Erwärmung ist kontrovers diskutiert worden.[11][12][13] Malariarisikogebiete (Stand: 2020) Genetische Mutationen und Bedeutung der Malaria in der Menschheitsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Vermutete Ausbreitung des Homo sapiens (rot) in den letzten 200.000 Jahren. Der moderne Mensch (Homo sapiens) war während des größten Teils der Menschheitsgeschichte der Bedrohung durch Malaria-Infektionen ausgesetzt. Man schätzt, dass die ersten Vertreter des Homo sapiens vor ungefähr 200.000 Jahren in Ostafrika auftraten. Von dort breiteten sie sich allmählich über die ganze Erde aus. Die klimatisch kalten und malariafreien Regionen der Welt wurden erst in den letzten 20.000 30.000 Jahren durch moderne Menschen besiedelt. Im Laufe der Zeit sind in der menschlichen Population Mutationen aufgetreten, die eine gewisse Resistenz gegen die schweren Verlaufsformen der Malaria bieten. Diese Mutationen betreffen die Erythrozyten (roten Blutkörperchen), in denen sich der Malaria-Parasit entwickelt. Es handelt sich in erster Linie um Mutationen in den Genen des Hämoglobins (Hämoglobinopathien), aber auch um Mutationen im Stoffwechsel der Erythrozyten: Bildung von Hämoglobin-Mutanten: Sichelzellenanämie (Bildung von Hämoglobin S, im tropischen Afrika) Hämoglobin C (in Westafrika) Hämoglobin E (in Südostasien) Hämoglobin D (in Indien) Verminderte Synthese des Hämoglobins: -/ -Thalassämie (im Mittelmeerraum, ganz Südasien, Nordafrika) Enzymdefekte im Erythrozytenstoffwechsel: Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase (G6PDH)-Mangel Heterozygote Anlageträger (mit nur einem mutierten Allel) können an Malaria erkranken, sind jedoch vor den schweren Verlaufsformen geschützt, da sich die Malariaparasiten nicht so gut in den Erythrozyten vermehren können. Homozygote Anlageträger (beide Allele mutiert) haben unbehandelt häufig eine deutlich verkürzte Lebenserwartung (z. B. bei Sichelzellanämie), da die Funktion der Erythrozyten gestört ist. Weltweit gesehen sind etwa 8 % der heutigen Weltbevölkerung von einer der obigen Mutationen betroffen. Die Hämoglobinopathien sind damit die bei weitem häufigsten menschlichen Erbkrankheiten. In manchen Regionen der Welt (Gebiet um die ostafrikanischen Seen, Teile Südostasiens) sind bis zu 50 % der dortigen Bevölkerung Anlageträger. Die Tatsache, dass sich derartige Mutationen, die größtenteils erhebliche Nachteile vor allem in homozygoter Form für den jeweiligen Träger mit sich bringen, in der menschlichen Population haben halten können, ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, welchen großen genetischen Druck die Malaria auf die Menschheitsentwicklung ausgeübt hat. In Gebieten mit seltenerem oder nur episodischem Auftreten der Malaria (Nordeuropa, Nordasien) sind die oben genannten Mutationen bei der einheimischen Bevölkerung nicht zu finden, sie sind durch den Selektionsdruck innerhalb einiger tausend Jahre eliminiert worden. Daneben ist seit 2012 bekannt, dass es Genvariationen (Polymorphismen) in zwei Genen gibt, deren Träger seltener einen lebensgefährlichen Verlauf der Malaria zeigen. Das eine dieser Gene steuert die Zellmembranpumpe für Kalzium, die unter anderem auch auf Erythrozyten vorhanden ist, das andere spielt eine Rolle bei der Abdichtung von Gefäßwänden. Bei Trägern der Blutgruppe 0 ist ebenso eine verringerte Wahrscheinlichkeit für einen schweren Krankheitsverlauf zu beobachten.[14] Jährliche Opfer und Inzidenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Geschätzte Zahl der malariabedingten Todesopfer pro 100.000 Einwohner Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit jährlich knapp eine halbe Million Menschen an Malaria.[15] 90 % der Erkrankten leben auf dem afrikanischen Kontinent. Die Zahl der Malariakranken weltweit wird nach Zahlen des Robert Koch-Institutes auf 300 500 Millionen Fälle geschätzt.[16] Die WHO schätzte die Zahl der Malariafälle 2023 auf 263 Millionen, bei fast 600.000 Todesfällen.[2] In Deutschland wurden bis 2013 jährlich ca. 700 Erkrankte gemeldet, von denen 3 8 starben (0,3 0,9 %). Der Großteil der Patienten ist in afrikanischen Endemiegebieten unterwegs gewesen (ca. 87 %). Jahr 1980 1981 1982 1983 1984 1985 Gemeldete Fälle in der Bundesrepublik Deutschland mit West-Berlin 573 393 514 447 482 530 Jahr 1996 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Gemeldete Fälle in Deutschland[17] > 1000 1008 931 800 1049 860 820 709 632 569 542 554 526 633 563 551 638 1007 1062 Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Liste humanpathogener Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Plasmodium Inkubationszeit Malariaform Typischer Rhythmus der Fieberanfälle P. falciparum 7 30 Tage (90 %) länger (10 %)* Malaria tropica unregelmäßig P. malariae 16 50 Tage Malaria quartana etwa 72 Stunden, 1 Tag Fieber dann 2 Tage ohne Fieber P. ovale 12 18 Tage länger (10 %)* Malaria tertiana etwa 48 Stunden, 1 Tag Fieber dann 1 Tag ohne Fieber P. vivax 12 18 Tage länger (10 %)* Malaria tertiana etwa 48 Stunden, 1 Tag Fieber dann 1 Tag ohne Fieber[18] P. knowlesi 10 12 Tage Malaria quotidiana 24 Stunden, jeden Tag Fieber (* bei unzureichender Malariaprophylaxe) Der Erreger gehört zu den Apikomplexa. Für den Menschen gefährlich sind die Erreger Plasmodium falciparum[19], Plasmodium vivax, Plasmodium ovale, Plasmodium malariae und Plasmodium knowlesi. Darüber hinaus kann auch Plasmodium semiovale Malaria auslösen. Bei Mehrfachinfektionen mit gleichen oder verschiedenen Plasmodien können die Fieberanfälle auch unregelmäßig sein. Das sonst regelmäßige typische Wechselfieber bleibt aus, es herrscht unregelmäßiges und gegebenenfalls dauerhaftes Fieber. Da der schizogone Zyklus von P. knowlesi 24 h beträgt, manifestiert sich diese Infektion in Malaria quotidiana mit täglichen Fieberanfällen. Der eng mit Plasmodium malariae verwandte, primär bei Neuweltaffen verbreitete Plasmodium brasilianum[20] wurde ebenfalls auch schon beim Menschen nachgewiesen.[21] Lebenszyklus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Lebenszyklus der Plasmodien Im Laufe ihres Lebenszyklus vollziehen die Erreger der Malaria, die Plasmodien, einen Wirtswechsel. Der Mensch dient dabei als Zwischenwirt. Als Endwirt dienen Stechmücken, insbesondere der Gattung Anopheles. In ihnen vermehren sich die Plasmodien. Im Menschen (asexuelle Phase / Schizogonie)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Nachdem der Mensch von einer infizierten Anopheles-Mücke gestochen worden ist, sondert sie mit ihrem Speichel, der Gerinnungshemmer enthält, mehrere hundert Sporozoiten ab. Diese werden mit dem Blutstrom zur Leber geleitet, wo sie in die Milz und vor allem in die Zellen des Lebergewebes eindringen und darin zum Leberschizont heranreifen. Dort vermehren (Teilung) sie sich, exoerythrozytäre Schizogonie genannt. Dadurch entstehen bis zu 30.000 Merozoiten. Der Schizont löst sich auf und gibt die Merozoiten schrittweise in Vesikel eingeschlossen in die Blutbahn ab. Bei Plasmodium vivax und Plasmodium ovale gehen nicht alle Merozoiten diesen Weg, ein kleiner Teil kann als Hypnozoit ungeteilt in der Leberzelle überdauern. In diesem Ruhezustand können sie über Monate bis Jahre vom Immunsystem unentdeckt verbleiben. Durch einen unbekannten Stimulus reifen die Hypnozoiten zu Schizonten heran, was zu charakteristischen Rückfällen der Malaria tertiana führt.[22] Die Merozoiten gehen in den Blutkreislauf über und heften sich an Rezeptormoleküle von roten Blutkörperchen, woraufhin sie in diese eindringen können und dort innerhalb einer membranbegrenzten, parasitophoren Vakuole eingeschlossen sind. Mit dem Befall der roten Blutkörperchen beginnt die Erythrozytäre Schizogonie. Die Merozoiten reifen daraufhin zu einem Trophozoiten heran. Der Erreger erscheint in diesem Stadium als Ring um seine eigene Nahrungsvakuole mit dunkel gefärbtem, randständigem Kern. Der Throphozoit reift weiter zu einem Schizonten, der sich hauptsächlich von Glukose und Hämoglobin ernährt. Dabei entsteht Häm, das allerdings sofort zu Hämozoin kristallisiert wird, da freies Häm für den Trophozoiten toxisch wirkt. Nach Vielfachteilung gehen aus dem Schizonten je nach Plasmodium-Art 6 bis 36 Merozoiten hervor. Diese sorgen durch ihre große Menge für ein Platzen des Erythrozyten und somit für ihre Verteilung im Blutplasma. Dort können die Merozoiten weitere Erythrozyten befallen und der asexuelle Zyklus beginnt von vorn. Die Schizogoniezyklen verlaufen nach kurzer Initialphase synchronisiert in regelmäßigen Abständen von 48 (Plasmodium vivax, ovale, falciparum, Letzteres aber unsynchronisiert) und 72 Stunden (Plasmodium malariae). Das auf die Zerstörung des Erythrozyten folgende Fieber tritt durch die Synchronisation dieses Zyklus dementsprechend alle 2 bzw. 3 Tage[18] auf (Malaria tertiana und Malaria quartana). Eine geringe Zahl der Merozoiten entwickeln sich weiter zu ihren Geschlechtsformen, den Gametozyten. Diese finden sich dann im Blut, wo sie nach einiger Zeit (Plasmodium vivax: 1 Tag, Plasmodium falciparum: bis zu 22 Tage) wieder absterben, sofern sie nicht von einer Anopheles-Mücke aufgenommen werden. Die männlichen Gametozyten werden Mikrogametozyten, die weiblichen Makrogametozyten genannt. In der Mücke (sexuelle Phase/Sporogonie)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Beim erneuten Stich einer Mücke werden die Gametozyten in die Mücke aufgenommen. Sie entwickeln sich in ihrem Darm zu Gameten. Der Mikrogamet penetriert den Makrogameten, und es entsteht eine Zygote. Diese verändert sich, nimmt eine längliche Form an und wird motil (= beweglich). Diese Zelle heißt nun Ookinet. Er lagert sich zwischen den Gewebeschichten des Mückendarms an und verwandelt sich dort zur Oozyste. In ihr entstehen bis zu 1.000 neue Sporozoiten. Nach ihrer Freisetzung wandern sie in die Speicheldrüsen der Mücke und stehen nun zur Neuinfektion bereit. Der Zyklus in der Anopheles dauert abhängig von der Außentemperatur zwischen 8 und 16 Tage. Dabei ist eine Mindesttemperatur von 15 C erforderlich. Unterhalb dieser Temperatur kommt kein Zyklus mehr zustande. Infektionswege Mensch zu Mensch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ohne den Weg über eine Mücke kann Malaria von Mensch zu Mensch über Blut übertragen werden. Dafür sind zwei Möglichkeiten bekannt: über die verletzte Plazenta einer Schwangeren während der Geburt auf ihr Kind durch eine Bluttransfusion Nach dem Tod einer 84-Jährigen am 18. März 2019 nach einer Operation mit Bluttransfusionen im Februar zuvor in Kärnten wurde berichtet, dass laut Staatsanwaltschaft Malaria ihren Tod verursacht hatte. Die Blutbeutel sind zu den Spendern zurückverfolgbar. Spendenwillige müssen Auslandsreisen angeben und dürfen innerhalb von sechs Monaten nach Rückkehr aus einem von Malaria betroffenen Gebiet nicht spenden. Gespendetes Blut wird in Österreich nicht auf Malariaerreger untersucht.[23] Pathogenese[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Plasmodium im Zytoplasma einer befallenen Zelle (EM-Aufnahme in Falschfarben) Plasmodium falciparum Ringformen Die mit Plasmodien infizierten, reifenden und platzenden roten Blutkörperchen setzen mit den Merozoiten Toxine (z. B. Phospholipide) frei, die wiederum zur Freisetzung von Zytokinen führen. Die Zytokine sind hauptsächlich für den Fieberanstieg und eine beobachtete Absenkung des Blutzuckerspiegels (Hypoglykämie) verantwortlich. Die mit einer Laktatazidose verbundene Hypoglykämie[24] wird nicht nur durch die Wirkung der Zytokine hervorgerufen, sondern ist auch eine Folge des Stoffwechsels der Parasiten. Ebenso kommt es bei hoher Parasitenanzahl im Blut (Hyperparasitämie) durch Auflösung (Lyse) der roten Blutkörperchen, Abbau von befallenen roten Blutkörperchen in der Milz und Dämpfung der Erythropoese im Knochenmark durch die Zytokinfreisetzung (insbesondere durch den Tumornekrosefaktor-Alpha) zu einer Anämie. Immunologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei der Erstinfektion mit Malaria besteht das höchste Sterberisiko. Die Überlebenden entwickeln eine teilweise Immunität und Toleranz gegenüber den Plasmodien. Diese partielle Immunität verhindert allerdings keine Reinfektion und sinkt bei fehlendem Erregerkontakt schnell ab.[25] Der Erreger kann offensichtlich die immunologische Reaktion und das immunologische Gedächtnis behindern.[26] Das Zytokin MIF (macrophage migration inhibitory factor) spielt dabei eine besondere Rolle. Plasmodien können im Erythrozyten-Stadium PMIF (Plasmodium MIF) synthetisieren, welches die gleichen biologischen Wirkungen wie menschliches MIF hat.[27] PMIF kann die Differenzierung von Plasmodium-spezifischen CD4-T-Effektorzellen in langlebige Gedächtniszellen behindern.[28] Ohne langlebige Gedächtniszellen nimmt aber die Immunität nach einer Infektion viel rascher ab. Darüber hinaus bestehen zwischen Plasmodium falciparum und den anderen Malariaerregern wichtige pathogenetische Unterschiede. Plasmodium falciparum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In den roten Blutkörperchen produziert der Trophozoit Proteine, wie zum Beispiel Pf EMP1 (Plasmodium falciparum infected erythrocyte membrane protein 1), welches eine Bindung der infizierten Blutkörperchen an das Endothel der Blutgefäße bewirkt. Die damit verbundenen Mikrozirkulationsstörungen erklären zumindest teilweise den deutlich schwereren Verlauf der durch Plasmodium falciparum hervorgerufenen Malaria tropica. Die Anhaftung der roten Blutkörperchen am Endothel und die mangelnde Verformbarkeit der befallenen Zellen führt zu einer Verengung der Kapillaren und somit zu einer Störung der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Umgebung. Dies hat im zentralen Nervensystem besonders dramatische Auswirkungen und die häufigen zentralen Komplikationen der Malaria tropica zur Folge. Besonders kleine Kinder können in ein lebensbedrohliches Koma verfallen (cerebrale Malaria). Übrige Plasmodien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die übrigen Plasmodienarten sind nicht in der Lage, am Endothel zu haften, womit auch die geringere Anzahl an Durchblutungsstörungen und somit die geringe Gefährlichkeit zu erklären ist. Plasmodium malariae unterscheidet sich von den anderen humanpathogenen Plasmodien dadurch, dass es vereinzelt auch andere höhere Primaten befällt. Klinisches Bild, Symptomatik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Anzeichen und Symptome von Malaria beginnen typischerweise 8 25 Tage nach der Infektion,[29] können aber später bei denen auftreten, die unzureichend Antimalariamittel als Prävention eingenommen haben.[30] Erste Erscheinungsformen der für alle Malariaarten häufigen Krankheit ähneln grippeähnlichen Symptomen[31] und können anderen Erkrankungen wie Sepsis, Gastroenteritis und Viruserkrankungen ähneln. Die Symptome können Kopfschmerzen, Fieber, Zittern, Gelenkschmerzen, Erbrechen, hämolytische Anämie, Gelbsucht, Hämoglobin im Urin, Netzhautstörungen und Krämpfe umfassen.[32] Das klassische Symptom der Malaria ist Paroxysmus ein zyklisches Auftreten von plötzlicher gefühlter Kälte, gefolgt von Zittern und dann von Fieber und Schwitzen, das bei P. vivax- und P. ovale-Infektionen alle zwei Tage und bei P. malariae alle drei Tage auftritt. Die P. falciparum-Infektion kann alle 36-48 Stunden ein wiederkehrendes Fieber oder ein weniger ausgeprägtes und fast kontinuierliches Fieber verursachen.[33] Schwere Malaria wird in der Regel durch P. falciparum (oft als Falciparum-Malaria bezeichnet) verursacht. Symptome der Falciparum-Malaria treten 9 30 Tage nach der Infektion auf.[31] Personen mit zerebraler Malaria weisen häufig neurologische Symptome auf, einschließlich abnormaler Haltung, Nystagmus, Lähmung (Versagen der Augen, sich in die gleiche Richtung zu drehen), Opisthotonus, Anfällen oder Koma.[31] Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Malaria hat mehrere schwerwiegende Komplikationen. Dazu gehört die Entwicklung von Atemwegsbeschwerden, die bei bis zu 25 % der Erwachsenen und 40 % der Kinder mit schwerer P. falciparum-Malaria auftritt. Mögliche Ursachen sind die Atmungskompensation bei metabolischer Azidose, nicht-kardiogenes Lungenödem, begleitende Lungenentzündung und schwerer Anämie. Obwohl bei Kleinkindern mit schwerer Malaria selten, tritt bei 5 25 % der Erwachsenen und bis zu 29 % der Schwangeren ein akutes Atemnotsyndrom auf.[34] Die Koinfektion von HIV mit Malaria erhöht die Sterblichkeit.[35] Nierenversagen ist ein Merkmal des Schwarzwasserfiebers, bei dem Hämoglobin aus lysierten roten Blutkörperchen in den Urin gelangt.[31] Eine Infektion mit P. falciparum kann zu zerebraler Malaria führen, einer Form schwerer Malaria, die Enzephalopathie beinhaltet. Sie ist mit einer retinalen Aufhellung verbunden, die ein nützliches klinisches Zeichen sein kann, um Malaria von anderen Ursachen des Fiebers zu unterscheiden.[36] Eine vergrößerte Milz, eine vergrößerte Leber oder beides, schwere Kopfschmerzen, niedriger Blutzucker und Hämoglobin im Urin mit Nierenversagen können auftreten.[31] Komplikationen können spontane Blutungen, Koagulopathie und Schock sein.[37] Malaria bei schwangeren Frauen ist eine wichtige Ursache für Totgeburten, Säuglingssterblichkeit, Abtreibung und geringes Geburtsgewicht,[38] vor allem bei P. falciparum-Infektionen, aber auch bei P. vivax.[39] Aufgrund des unterschiedlichen Verlaufs der Erkrankung kann zwischen der Malaria tropica, der Malaria tertiana und der Malaria quartana unterschieden werden. Die Malaria tropica ist dabei die schwerste Verlaufsform der Malaria. Malaria tropica[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Malaria tropica oder kurz Tropica (wegen ihres oft tödlichen Verlaufs auch Malaria perniciosa und Tertiana maligna genannt[40]) wird durch den Erreger Plasmodium falciparum (früher auch Plasmodium immaculatum genannt) verursacht und ist in Europa die am häufigsten eingeschleppte Malariaart.[41] Charakteristisch für die komplizierte, lebensbedrohliche Malaria tropica sind Schüttelfrost und die hohe Parasitämie (mit einem Anteil von mindestens 5 % Parasiten im Blut[42]), die teils ausgeprägte Anämie und die häufig vorkommenden neurologischen Komplikationen. Es kann ein rhythmischer Fieberverlauf vorliegen. Ein Fehlen der Fieberrhythmik ist jedoch kein Ausschlusskriterium einer Malaria tropica. Inkubationszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Zwischen dem Stich der Anopheles-Mücke und dem Krankheitsausbruch liegen im Mittel zwölf (7 bis 14) Tage. Erheblich kürzere Zeitintervalle treten bei einer Infektion mit erregerhaltigem Blut auf. Längere Inkubationszeiten sind unter Einnahme einer unzureichenden Chemoprophylaxe möglich. Fieber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das typische wechselnde hämorrhagische Fieber mit Schüttelfrost beim Fieberanstieg und Schweißausbrüchen bei Entfieberung, wie es bei anderen Malariaformen auftritt, wird bei der Malaria tropica in der Regel nicht beobachtet. Daher kann man eine Malaria, eine Malaria tropica insbesondere, nicht allein aufgrund der Tatsache ausschließen, dass keine typische Fieberrhythmik[43] vorliegt. Ein hohes Fieber über 39,5 C tritt häufig bei Kindern auf und ist als prognostisch ungünstig zu beurteilen. Häufig kommt es zu zentralen Komplikationen und Koma. Neurologische Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bewusstseinsstörungen, die bis zum Koma reichen können, stellen eine typische und auch lebensbedrohliche Komplikation der Malaria tropica dar. Dabei sind plötzliche Wechsel der Bewusstseinslage ohne Vorzeichen durchaus möglich. Es kann auch zu einer langsamen Eintrübung des Patienten kommen. Im Rahmen einer zerebralen Malaria können auch neurologische Herdsymptome wie Lähmungen und Krampfanfälle auftreten. Die normale neurologische Diagnostik führt hier kaum zu einer adäquaten Diagnose. Eine hohe Parasitenzahl im Blut dient als entscheidender Hinweis. Bei Schwangeren und Kindern können Hypoglykämien auftreten, die allein oder mit der zentralen Problematik zum Koma führen. Anämie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Anämien treten häufig bei schweren Infektionen auf und sind bei einem Hämoglobinwert unter 8 g/dL eines der Zeichen einer komplizierten Malaria. Eine besondere Risikogruppe für schwere Anämien stellen Säuglinge und Kleinkinder dar. Meist handelt es sich um eine hämolytische Anämie durch Zerstörung roter Blutkörperchen. Wie oben erwähnt besitzt auch die Hemmung der Erythropoese eine gewisse Bedeutung. Die Schwere der Anämie korreliert stark mit dem Ausmaß des Parasitenbefalls. Hämoglobinurie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der durch die massive Hämolyse angestiegene Hämoglobin-Spiegel im Blut führt zu einer Hämoglobinurie (daher die frühere Bezeichnung Schwarzwasserfieber, welches vor allem bei Malaria tropica nach Chiningebrauch beobachtet wurde[44]), dem Ausscheiden von Hämoglobin über die Nieren. Die dadurch verursachte Erhöhung des Hämoglobinanteils im Urin färbt ihn deutlich dunkler. Die mit bloßem Auge sichtbare Hämoglobinurie zählt zu den Kriterien einer komplizierten Malaria und kann zu einem akuten Nierenversagen führen. Zur Therapie des Schwarzwasserfiebers gehört das Absetzen von Chininpräparaten und die Gabe von Chloroquin.[45] Veränderungen anderer Organsysteme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Kind mit massiven Ödemen (Anasarka) aufgrund malariabedingter Niereninsuffizienz Im Laufe der Erkrankung kann es zu einer für die Malaria charakteristischen Vergrößerung der Milz (Splenomegalie, Milztumor ) kommen, bedingt durch die große Zahl dort abzubauender Trümmer roter Blutkörperchen. In seltenen Fällen führt das Gewebswachstum zu einer Spannung der Kapsel, so dass diese leicht einreißen kann (Milzruptur). Den Magen-Darm-Trakt betreffende Symptome wie Durchfälle sind häufig und differentialdiagnostisch von Bedeutung, da sie bei fehlendem oder schwach ausgeprägtem Fieber zur falschen Diagnose bakterielle Enteritis führen können. In bis zu zehn Prozent der Fälle kann eine Lungenbeteiligung auftreten, die von leichten Symptomen bis zu einem Lungenödem als Kriterium einer komplizierten Malaria reichen kann. Nicht selten kommt es durch eine Durchblutungsstörung der Niere zu einem akuten Nierenversagen. Das Nierenversagen (mit einem Kreatininwert von über 250 mol/L) gehört zu den Kriterien einer komplizierten Malaria.[46] Nach ausgeheilter Infektion erholt sich die Niere meist. Meist kann eine Thrombozytopenie nachgewiesen werden.[47] Malaria tertiana[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die im Vergleich zur Malaria tropicana seltenere Malaria tertiana (ein kurz auch als Tertiana, Tertianfieber, früher auch Drittagfieber,[48] bezeichnetes Wechselfieber bei Malaria mit fieberfreiem Intervall von einem Tag [49] bzw. 48 Stunden) wird durch die Erreger Plasmodium vivax und Plasmodium ovale verursacht.[50][51] Sie ist eine der gutartigen Verlaufsformen der Malariaerkrankung. Es treten im Vergleich zur Malaria tropica kaum Komplikationen auf. Das Hauptproblem besteht darin, die unspezifischen Vorsymptome von der lebensbedrohlichen Malaria tropica abzugrenzen. Dies gelingt meist nur in der mikroskopischen Diagnostik. Inkubationszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Inkubationszeit beträgt etwa zwischen 12 und 18 (zwischen 9 und 21[52]) Tagen, kann aber auch mehrere Monate dauern, wenn der Verlauf der Infektion durch die Chemoprophylaxe verlangsamt wird. Fieber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Nach einer unspezifischen Prodromalphase von wenigen Tagen stellt sich normalerweise der typische Dreitagerhythmus des Fiebers ein, welcher der Malaria tertiana ihren Namen gab, d. h., am ersten und dritten Tag (sowie am fünften Tag usw.) kommt es (jeden zweiten Tag) zu einem Fieberschub. Innerhalb jedes 48-Stunden-Zeitraums gibt es in der Regel einen Fieberschub. Die Fieberattacken gehorchen meist folgendem Schema: Froststadium (1 Stunde): Der Patient leidet unter Schüttelfrost und dem subjektiven Gefühl starker Kälte. In dieser Phase steigt die Temperatur steil an. Hitzestadium (4 Stunden): Die Haut brennt häufig quälend. Es treten schwere Übelkeit, Erbrechen und Mattigkeit auf. Die Temperatur kann über 40 C betragen, die Haut ist im Gegensatz zum nächsten Stadium meist trocken. Schweißstadium (3 Stunden): Unter starkem Schwitzen sinkt die Temperatur bis zum Normalwert von 37 C, Nachlassen der Mattigkeit noch vor Entfieberung. Wie bei allen anderen Malariaformen gilt auch hier, dass das Fehlen der Fieberrhythmik keineswegs ausreicht, um die Krankheit auszuschließen. Malaria quartana[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die heute seltene, insbesondere in Afrika und Südostasien auftretende Malaria quartana (auch Quartana, von febris quartana, und viertägiges Fieber, früher auch Vierttagfieber,[53] genannt; veraltete deutsche Bezeichnung: Quartanfieber ) wird durch den Erreger Plasmodium malariae verursacht. Auch hier handelt es sich um eine schwere fieberhafte, aber nur selten tödlich endende[54] Form der Malaria. Eine charakteristische Komplikation ist das nephrotische Syndrom. Besonders an dieser Form ist, dass es selbst nach über 50 Jahren noch zu Rezidiven kommen kann. Auch ist die Inkubationszeit erheblich länger als bei den beiden anderen Formen. Inkubationszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Inkubationszeit beträgt zwischen 16 und 50 (meist zwischen 19 und 41) Tagen. Somit ist sie erheblich länger als bei den übrigen Krankheitsformen. Fieber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Prodromalphase ist genauso unspezifisch wie die der Malaria tertiana. Schon nach wenigen Tagen stellt sich ein Viertagerhythmus des Fiebers ein.[55] Nach einem Tag mit Fieber sind zwei fieberfreie Tage zu beobachten, ehe am vierten Tag wieder Fieber folgt. Die Stadienabfolge (Frost-Hitze-Schweiß) am Fiebertag entspricht der Malaria tertiana. Auch hier gilt: fehlende Fieberrhythmik schließt die Diagnose Malaria nicht aus. Innerhalb jedes 72-Stunden-Zeitraums gibt es in der Regel (jeden dritten Tag) einen Fieberschub. Nierenbeteiligung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im Verlauf der Malaria quartana kann es zu einer schweren Nierenbeteiligung kommen. Diese wird unter anderem als Malarianephrose bezeichnet. Es handelt sich hierbei um ein nephrotisches Syndrom mit folgenden Symptomen: niedriges Serumeiweiß Albumin (im Blutkreislauf mitverantwortlich für die Regulation des Wasserhaushalts) Wasseransammlung im Bindegewebe (Ödeme) und der Bauchhöhle (Aszites) durch den Albuminmangel erhöhtes Serumcholesterin Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass diese Komplikation gehäuft bei Kindern zwischen zwei und zehn Jahren im tropischen Afrika auftritt. Rezidive[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wie schon oben erwähnt, bilden sich im Lebenszyklus von Plasmodium vivax und Plasmodium ovale Ruheformen, die sogenannten Hypnozoiten, aus. Sie können der Anlass dafür sein, dass es nach einer Ruhephase von Monaten bis Jahren zum erneuten Ausbruch der Krankheit kommt. Diesem muss nicht unbedingt eine anamnestisch bekannte Malariaerkrankung vorausgehen. Die Rezidive sind besonders tückisch, da oft weder vom Patienten noch vom Arzt ein Zusammenhang mit der Malaria hergestellt wird. Das Besondere an Plasmodium malariae sind die Rezidive nach besonders langem krankheitsfreiem Intervall (mehrere Jahre). Rezidive nach Krankheitsfreiheit von mehr als 50 Jahren wurden beschrieben. Die Rezidive kommen aber hier nicht durch Hypnozoiten in der Leber zustande (es gibt keine Hypnozoitformen des Plasmodium malariae), sondern durch einen fortdauernden Parasitenbefall des Blutes. Dieser ist so gering, dass er mikroskopisch meist nicht nachgewiesen werden kann. Dies ist besonders in der Transfusionsmedizin in Endemiegebieten von großer klinischer Bedeutung, da es auch bei negativ getestetem Spender zu einer Malariaübertragung kommen kann, wenn Frischblut eingesetzt wird. Blutkonserven werden hingegen gekühlt gelagert, was Malaria-Erreger abtötet.[56] Rezidive können jedoch in der Regel durch medikamentöse Maßnahmen (in erster Linie unter Einsatz von Primaquin) langfristig unterbunden werden. Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Zu den vor einer Therapie hilfreichen Informationen gehören Angaben zum Reiseland, zu einer bestehenden Prophylaxe sowie Vorerkrankungen. Die Diagnose Malaria sollte mit Hilfe labordiagnostischer Methoden zur parasitologischen Speziesdifferenzierung und Bestimmung der Parasitenzahl abgesichert werden. Die in der Praxis wichtigste und kostengünstigste Methode bei Malariaverdacht ist die mikroskopische Untersuchung von normalen Blutausstrichen (Dünner Tropfen) und dem bis zu 10-fach angereicherten Dicken Tropfen unter Verwendung der Giemsa-Färbung auf Plasmodien. Eine Differenzierung der vier Plasmodien ist anhand morphologischer Kriterien möglich (siehe Maurersche Fleckung oder Schüffnersche Tüpfelung). Die ermittelte Parasiten- und Leukozytenzahl ist ein Maß der Schwere der Erkrankung. Ein negatives Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung kann aufgrund der geringen Sensitivität dieser Methode eine Malaria jedoch nicht ausschließen. Immunchromatographischer Malariaschnelltest (positiv für Antikörper gegen P. falciparum) Alternativ können die Erreger der Malaria immunologisch und molekularbiologisch nachgewiesen werden. Die erstmals seit den frühen 1990er Jahren zur Verfügung stehenden Malaria-Schnelltests beruhen auf Nachweis parasitenspezifischer Antigene, sie geben binnen etwa 30 Minuten ein Ergebnis. Ein Testprogramm der Weltgesundheitsorganisation WHO für Malariaschnelltests von 2008 bis 2018 zeigte eine in diesem Zeitraum deutlich verbessertes Ergebnis der Tests, die in mit Malaria infizierten Blutproben den Erreger tatsächlich nachweisen können. Die Rate der falsch-positiven Tests (die eine Infektion anzeigen, obwohl keine besteht) stieg zunächst an, fiel aber in späteren Testperioden wieder ab. Die Schnelltests besitzen noch Defizite beim Nachweis der selteneren Erreger Plasmodium malariae, Plasmodium ovale und Plasmodium knowlesi.[57] Das mit Abstand sensitivste Verfahren für die Malaria-Diagnostik ist die Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Sie ist jedoch aufgrund des hohen Material- und Zeitaufwands für den Akutfall wenig geeignet. Auch allgemeine Untersuchungen gehören gegebenenfalls zur Diagnostik (Labor zur Bestimmung von Blutbild, Leber- und Nierenfunktion, Blutgasanalyse, Beurteilung der Lunge mit einem Röntgenbild und der Milz durch Ultraschall sowie ein EKG).[58] Vorbeugung und Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Da kein hundertprozentiger Schutz gegen Malaria besteht (fehlende Impfmöglichkeit gegen Malaria), sollte das Risiko einer Malariaerkrankung gesenkt werden. Der wirksamste Schutz ist der Verzicht auf Reisen in Gebiete, in denen Malaria übertragen wird (Endemiegebiete). Da dies nicht immer möglich ist, ist die Vermeidung von Insektenstichen (Expositionsprophylaxe) das wichtigste Element der Malariavorbeugung. Zusätzlich sollte durch vorbeugende Einnahme (Chemoprophylaxe) oder Mitführen (Stand-by-Therapie) von Malaria-Medikamenten das Risiko verringert werden, an einer schweren Malaria zu erkranken.[59] Unabhängig davon, ob eine Chemoprophylaxe oder eine Stand-by-Therapie gewählt wurde, muss bei jedem unklaren Fieber in den Tropen und auch lange Zeit nach der Rückkehr umgehend ein Arzt aufgesucht werden. Dieser sollte mittels eines geeigneten Bluttests den Malariaverdacht schnellstmöglich bestätigen oder ausschließen, da eine nicht rechtzeitig behandelte Malaria tropica tödlich sein kann. Eine Spontanheilung tritt bei Malaria tropica nach maximal acht Monaten, bei Malaria tertiana nach maximal drei Jahren ein. Bei Malaria quartana gibt es keine definitive Spontanheilung.[60] Impfung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Malariaimpfstoff Seit vielen Jahren wird ein geeigneter Malariaimpfstoff erforscht, wobei mehrere Impfstoffkandidaten entwickelt wurden. Eine Pilotierung des Impfstoffs RTS,S erfolgt seit 2019 in Malawi, Ghana und Kenia.[61] Nach Pilotversuchen mit 800.000 Kindern, bei denen tödliche Krankheitsverläufe laut der WHO um 30 % zurückgegangen waren, sprach die WHO im Oktober 2021 eine Empfehlung für eine breite Anwendung von RTS,S bei Kindern in Subsahara-Afrika und in anderen Malaria-Regionen aus.[62] Im September 2022 wurden die Daten des Impfstoffkandidaten R21/Matrix-M in einer Phase-I/IIb-Studie an 5 bis 17 Monate alten Säuglingen und Kleinkindern ausgewertet. Hierbei sind vierfach geimpfte Kinder (Boosterimpfung ein Jahr nach dreifacher Grundimmunisierung) ca. 80 Prozent besser vor Erkrankungen geschützt als Probanden in der Kontrollgruppe (Tollwutimpfstoff Rabivax-S). Damit überschreitet R21/Matrix-M erstmals eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gesetzten Schwelle von 75 % Wirksamkeit.[63] Die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Impfstoffkandidaten wird in einer Phase III-Studie mit 4800 Probanden an fünf Orten in Ost- und Westafrika untersucht. Eine Reihe weiterer Impfstoffkandidaten befindet sich in klinischen Tests. Darunter sind auch Impfungen mit abgeschwächten Lebendparasiten oder solche auf mRNA-Basis (siehe Forschung). Insektenschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Insektenschutz (als Expositionsprophylaxe) ist der wichtigste Bestandteil der Malariavorbeugung. Dazu zählt das Tragen heller, hautbedeckender, langer Kleidung, der Aufenthalt in mückensicheren Räumen (insbesondere nachts; Klimaanlage, Fliegengitter, Moskitonetz) sowie die Behandlung von Haut und Kleidung mit moskitoabweisenden Mitteln, sogenannten Repellentien (z. B. Icaridin oder DEET). Die zusätzliche Verwendung von Insektiziden in Sprays (allen voran Pyrethroide), Verdampfern, Räucherspiralen ( mosquito coils ) und ähnlichem kann zusätzlichen Schutz bieten. Nach wie vor schützen sich jedoch viele Reisende nicht konsequent gegen Mücken. So ergab eine im April 2006 veröffentlichte Untersuchung aus Frankreich, dass weniger als 10 % der an Malaria erkrankten Patienten Maßnahmen zur Abwehr von Insekten angewendet hatten.[64] Chemoprophylaxe und Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Malariakranke deutsche Soldaten im Ersten Weltkrieg (1916) Insbesondere die Therapie der lebensbedrohlichen Malaria tropica sollte schnellstmöglich und im Krankenhaus erfolgen. Die Malaria tertiana und die seltene Malaria quartana sind zwar auch schwere fieberhafte Erkrankungen, enden aber nur selten tödlich.[65] Für viele Reiseziele reicht es aus, für den tatsächlichen Krankheitsfall ein Medikament zur notfallmäßigen Eigenbehandlung (Stand-by-Therapie) mitzuführen. Dennoch wird eine Chemoprophylaxe (Dauereinnahme von Malariamedikamenten wie z. B. Hydroxochloroquin) unter Beachtung möglicher Arzneimittelnebenwirkungen und unter Berücksichtigung der persönlichen Gesundheitssituation (Vorerkrankungen, Immunstatus, ) bei Reisen in Malariagebiete mit hohem Infektionsrisiko häufig empfohlen. Seit dem 17. Jahrhundert wird die Chinarinde und somit das daraus gewonnene Chinin zur Therapie der Malaria verwendet die Legende besagt, dass britische Kolonialisten daher regelmäßig stark chininhaltiges Tonic Water tranken und, um den damals sehr bitteren Geschmack zu verbessern, dieses oft mit Gin mischten und so den Gin Tonic erfanden. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich die Therapiemöglichkeiten vervielfacht und eine medikamentöse Vorbeugung ist möglich (Chemoprophylaxe). Das größte Problem bei der medikamentösen Vorbeugung und Behandlung ist eine zunehmende Resistenz des Erregers, insbesondere von Plasmodium falciparum. Zudem muss stets das Malariarisiko gegen das Risiko einer schwerwiegenden Arzneimittelnebenwirkung abgewogen werden. Die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e. V. empfiehlt im Regelfall (Stand 2018):[66] in Gebieten mit mittlerem oder geringem Malariarisiko (z. B. Mittelamerika, Südostasien und Südamerika ohne Hochrisikogebiete): keine Prophylaxe, bei Erkrankung Notfalltherapie mit Artemether-Lumefantrin oder Atovaquon-Proguanil. in Gebieten mit hohem Malariarisiko und bekannten Resistenzen (z. B. Hochrisikogebiete in Afrika, Neuguinea, auf den Salomonen, im Landesinneren von Französisch-Guayana, Suriname und Guyana): Prophylaxe mit Atovaquon-Proguanil, Doxycyclin oder (bei begründeter medizinischer Indikation und unter Beachtung der besonderen Warnhinweise) Mefloquin.[67] in Gebieten mit sehr geringem Risiko (z. B. Ägypten, Paraguay): keine Prophylaxe, keine Notfalltherapie, bei Fieber Arzt aufsuchen und auf Reise hinweisen. Des Weiteren stehen Chinin (zur Therapie, insbesondere bei der komplizierten Malaria tropica; nur unter ärztlicher Aufsicht), Dihydroartemisinin-Piperaquin (zur Behandlung; nur unter ärztlicher Aufsicht), Primaquin (Therapie der Malaria tertiana oder Malaria quartana; beugt Rezidiven vor; Verwendung zur Prophylaxe nur in Ausnahmefällen) und Proguanil (Prophylaxe; meist in Kombination mit Chloroquin; Verwendung nur noch in Ausnahmefällen) zur Verfügung. In den frühen 1970er Jahren isolierte die chinesische Wissenschaftlerin Tu Youyou das Artemisinin, einen sekundären Pflanzenstoff, chemisch ein Sesquiterpen, der in den Blättern und Blüten des Einjährigen Beifußes (Artemisia annua) vorkommt. Sie zeigte in den folgenden Jahrzehnten die Wirksamkeit dieses Stoffes gegen Malaria auf.[68][69] Dafür wurde sie 2011 mit dem Albert Lasker Award for Clinical Medical Research[70] und 2015 mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin[71] ausgezeichnet. Vor allem in China, Südostasien und Afrika werden daher Artemisinin-haltige Präparate (einschließlich deren Abkömmlinge Artemether, Artesunat, Arteflene und Artemotil) eingesetzt. Diese im Rahmen einer Kombinationstherapie (Artemisinin-based combination therapy, ACT) eingesetzten Präparate werden von der WHO als Mittel erster Wahl für die Akutbehandlung der Malaria empfohlen.[72] In Deutschland wird die fixe Kombinationen aus Artemether-Lumefantrin sowie Dihydroartemisinin-Piperaquin eingesetzt. Artesunat, das in Deutschland nicht auf dem Markt ist, aber im Bedarfsfall importiert werden kann, wird zudem als Mittel der Wahl zur Therapie der komplizierten Malaria tropica empfohlen. Ist Artesunat nicht verfügbar (z. B. bei schwerer Allergie auf Artemisinine), ist der Beginn einer Therapie in einer tropenmedizinischen Einrichtung angezeigt; gegebenenfalls kann auf intravenöses Chinindihydrochlorid ausgewichen werden.[47] Die Stand-by-Therapeutika Halofantrin und Amodiaquin wurden in Europa wegen schwerer Nebenwirkungen mittlerweile vom Markt genommen, sind jedoch noch vereinzelt in Malariagebieten als Notfallmedikamente verfügbar. Halofantrin wurde mit Herzrhythmusstörungen in Verbindung gebracht, während unter der Therapie mit Amodiaquin vermehrt Leberschäden und Blutbildschäden (Agranulozytose, aplastische Anämie) auftraten. Insbesondere in Endemiegebieten ist zum Teil noch die Kombination von Sulfadoxin-Pyrimethamin (SP) verfügbar, diese beeinträchtigt die Biosynthese von Folat. Diese Arzneistoffkombination wurde jedoch in Deutschland aufgrund schwerer Hautreaktionen (Stevens-Johnson-Syndrom) vom Markt genommen. Darüber hinaus gibt es vielfach Malariaerreger, die gegen diese Wirkstoffkombination mittlerweile resistent sind selbst wenn SP mittlerweile nicht mehr eingesetzt wird.[73] Bei der Behandlung von Malaria sind zunächst die asexuellen Parasiten im Blut zu beseitigen. Die WHO empfiehlt bei einer Infektion mit Plasmodium vivax Chloroquin oder eine Artemisinin-basierte Kombinationstherapie.[74] Danach sind aber in der Leber ruhende Hypnozoiten vorhanden, die Rezidive auslösen können. Zur Beseitigung der Hypnozoiten kann Tafenoquin eingesetzt werden.[75] Da Tafenoquin eine Halbwertszeit von etwa 15 Tagen besitzt, ist eine einmalige Gabe ausreichend.[76] Durch die einmalige Gabe von 300 mg Tafenoquin in Kombination mit 1500 mg Chloroquin für 3 Tage konnte bei nachgewiesener Infektion mit Plasmodium vivax in 62,4 % eine Rezidivfreiheit nach 6 Monaten erzielt werden. Nach alleiniger Gabe von Chloroquin waren lediglich 27,7 % nach 6 Monaten rezidivfrei. Es ist wichtig, sich rechtzeitig vor jeder Reise über die aktuelle Risiko- und Resistenzsituation zu informieren und mit einem tropenmedizinisch erfahrenen Arzt die persönliche Vorsorge zu planen. Weltweit verbreitet sind medikamentöse Resistenzen bei Malaria tropica; vor allem in Südost-Asien und Ozeanien auch bei Malaria tertiana, bei der zudem auch eine Nachbehandlung der persistierenden Leberformen (Hypnozoiten) notwendig ist.[77] Übersicht Medikamentöse Therapie der Malaria[47] Therapie M. quartana M. tertiana unkomplizierte M. tropica bzw. Knowlesi-Malaria komplizierte M. tropica bzw. Knowlesi-Malaria Chemoprophylaxe Atovaquon-Proguanil 1. Wahl Atovaquon-Proguanil, Dihydroartemisinin-Piperaquin Artemether-Lumefantrin, Dihydroartemisinin-Piperaquin, Atovaquone-Proguanil Artemether-Lumefantrin, Dihydroartemisinin-Piperaquin Artesunat (parenteral) nach Initialtherapie Primaquin zur Abtötung der Dauerformen (Hypnozoiten) Vektorkontrolle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Als Vektorkontrolle (Bekämpfung des Überträgers) bezeichnet man den Versuch, Neuinfektionen durch gezielte Bekämpfung der Anopheles-Mücke zu verhindern. Zu diesem Zweck werden Insektizide in den Wohnstätten der Menschen versprüht oder es wird die Verwendung von insektizidimprägnierten Bettnetzen (IIB) propagiert. In den 1950er und 1960er Jahren wurde unter Federführung der WHO versucht, Malaria im Rahmen des Global Eradication of Malaria Program zu vernichten. Ein wichtiger Bestandteil der Kampagne war das Besprühen der Innenwände aller Wohnungen und Häuser mit DDT. Das Testgebiet Sardinien wurde 1950 von Malaria befreit, ohne jedoch den Vektor auszurotten.[78] Trotz der anfänglichen Erfolge wurde das Projekt Anfang der 1970er Jahre als gescheitert eingestellt. Der Einsatz von DDT in Wohnhäusern (Innenraumbesprühung) ist umstritten. Die Zunahme von Resistenzen gegen DDT kann seine Wirksamkeit einschränken. Das Ausbringen von DDT in Innenräumen birgt möglicherweise gesundheitliche Risiken: Es gibt Hinweise darauf, dass das DDT zu einem höheren Risiko von Fehlgeburten oder Missbildungen führen, die Samenqualität bei Männern senken oder an der Entstehung verschiedener Formen von Krebs beteiligt sein könnte.[79] Bei Langzeitstudien an Ratten, Mäusen und Hamstern konnte die kanzerogene Wirkung von technischem DDT mit Bildung von Tumoren in Leber, Lunge und dem Lymphsystem nachgewiesen werden[80] und die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO stufte DDT im Jahr 2015 als wahrscheinlich krebserregend bei Menschen (Gruppe 2A) ein.[81] Heute ist die Herstellung und Verwendung von DDT weltweit nur noch in wenigen Staaten zum Zwecke der Bekämpfung von Krankheitsüberträgern zugelassen. Doch selbst diese Zulassungen werden sukzessive zurückgenommen. Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In Deutschland ist der Nachweis der Erreger Plasmodium spp. nach 7 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) an das Gesundheitsamt namentlich zu melden. Diese Meldung bezieht sich auf direkte oder indirekte Nachweise, die auf eine akute Infektion hinweisen.[82] Meldepflichtig sind die Leitungen der Labore usw. nach 8 IfSG. Nach dem Recht Sachsens[83] besteht eine namentliche Meldepflicht bezüglich Erkrankung und Tod an Malaria. In Österreich ist Malaria eine anzeigepflichtige Krankheit gemäß 1 Abs. 1 Nr. 2 Epidemiegesetz 1950. Anzeigepflichtig sind Erkrankungs- und Todesfälle. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderem Ärzte und Labore ( 3 Epidemiegesetz). In der Schweiz besteht Meldepflicht für Malaria in Bezug auf einen positiven laboranalytischer Befund durch den behandelnden Arzt. Zudem bei positivem Laborbefund für die Erreger Plasmodium spp. durch das untersuchende Labor. Dies ergibt sich aus dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 bzw. Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Therapieansätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Basensequenzen in den Genomen von Plasmodium falciparum und Anopheles gambiae wurden im Herbst 2002 vollständig entschlüsselt. Etwa zeitgleich wurden neue Malariatherapeutika, wie z. B. Atovaquon, Lumefantrin und die vom Naturstoff Artemisinin abgeleiteten Wirkstoffe Artesunat und Artemether auf den Markt gebracht. Erste erfolgversprechende Ergebnisse der Behandlung Malariakranker mit Tafenoquin und dem Antibiotikum Fosmidomycin wurden ebenso vorgestellt. Fosmidomycin blockiert den MEP-Weg (Methylerythritolphosphatweg), einen Stoffwechselweg zum Dimethylallylpyrophosphat (DMAPP). Den MEP-Weg benutzen Plasmodien, nicht aber der Mensch. Durch seine Blockade können wichtige, vom DMAPP ausgehende zelluläre Grundbausteine in Zellmembranen und Zellanker des Erregers nicht mehr synthetisiert werden. Versuche, einen weltweit wirkenden Impfstoff gegen Malaria zu entwickeln, schlugen trotz einiger anfänglicher Erfolge jedoch bisher fehl. Das größte Problem bei der Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes ist die hohe Variabilität der Malaria-Antigene.[84] Ansatzpunkte bei der Impfstoffentwicklung sind die verschiedenen Entwicklungsphasen des Malariaerregers, neben Totimpfstoffen werden auch Lebendimpfstoffe in Form attenuierter Sporozoiten eingesetzt. Hierbei ist die Entwicklung von Impfstoffen gegenüber P. vivax im Vergleich zu P. falciparum in den Rückstand geraten. Dies hat verschiedene, unter anderem epidemiologische Gründe.[85] Ein alternativer Therapieansatz könnte im Sinne einer passiven Immunisierung einen Antikörper gegen Plasmodien verwenden. Ein weiterer Ansatz aktueller Forschung ist, die Vermehrung der Plasmodien zu verhindern. Untersuchungen an Mäusen zeigten, dass es prinzipiell möglich ist, über einen Impfstoff die Verschmelzung weiblicher und männlicher Keimzellen des Plasmodiums zu blockieren, und somit die Weitergabe des Erregers einzudämmen.[86][87] Eine weitere Möglichkeit der Bekämpfung der Malaria ist das Unterbrechen der Infektionskette durch Bekämpfen der Anopheles-Mücke. Ein entsprechender Versuch zur Ausrottung der Malaria in den 1960er Jahren mit Hilfe von DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) war nur örtlich und zeitlich begrenzt erfolgreich; in der Folgezeit wurden umweltschädigende Wirkungen offenbar. Ein neuer Ansatz ist der Einsatz des Bakteriums Bacillus thuringiensis israelensis (Bti), das im Labor einfach vermehrt werden kann (siehe Bacillus thuringiensis). Bti ist gegenüber Stechmücken erprobt und hochwirksam, schont aber bei richtiger Anwendung Nicht-Ziel-Organismen weitgehend. Zur Anwendung werden Bti-Sporen in von Anopheles-Larven bewohnte Gewässer ausgebracht. Die Larven nehmen die Bakterien mit der Nahrung auf. In ihrem Darm setzen Verdauungsenzyme ein Delta-Endotoxin aus der Sporenwand frei; dieses Eiweiß tötet Zellen der Darmwand, indem es kationen-durchlässige Poren in deren Membran erzeugt. Die Insekten stellen daraufhin ihre Nahrungsaufnahme ein und gehen noch im Larvenstadium zugrunde. Bti wird in flüssiger, Tabletten-, Pulver- und Granulatform kommerziell angeboten. Für den großflächigen Einsatz im Freiland hat sich die Verwendung von Granulat bewährt; bei starker Durchseuchung von Gewässern wird dieses mit Hubschraubern ausgebracht. Außerdem forscht die gemeinsame Abteilung der IAEO und FAO an einer neuartigen Methode zur Bekämpfung der Anopheles-Mücke durch massenweise Aussetzung steriler Mückenmännchen (Sterile-Insekten-Technik). In Anbetracht der zunehmenden Resistenz gegen die in den letzten Jahrzehnten entwickelten Wirkstoffe rückt seit 2002 die synergistische Wirkung der länger bekannten Wirkstoffe Methylenblau und Chloroquin ins Blickfeld der Forschung.[88][89] In Zusammenarbeit mit der WHO erarbeiten gegenwärtig das Kenya Medical Research Institute und die britische Universität Oxford im Internet verfügbare Weltkarten, auf denen das gesamte Wissen über die Verbreitung der Malaria zusammengetragen wird (z. B. Infektionsrate Plasmodium falciparum, Plasmodium vivax). Dieses Malaria Atlas Project genannte Unterfangen wird vom englischen Wellcome Trust finanziert und ständig erweitert.[90] Ein neuer Therapieansatz ist die Bekämpfung von Plasmodium im Mückendarm durch genetisch veränderte Mückendarmflora. Das mit Anopheles in Symbiose lebende Bakterium Pantoea agglomerans wird dabei so verändert, dass es gegen den Parasit wirksame Peptide ausscheidet. Mit dem Ansatz kann die Prävalenz infizierter Mücken stark gesenkt werden.[91] In einer Studie wurden im Blut von Kleinkindern aus Tansania Antikörper gegen ein bisher unbekanntes Antigen PfSEA-1 entdeckt, die sie offenbar vor einer schweren Malariaform schützt.[92] Das neu entdeckte Antigen PfSEA-1 hilft dem Malaria-Parasiten, sich im Blut zu vermehren, indem es ihm ermöglicht, die roten Blutkörperchen zu verlassen und andere Blutzellen zu befallen. Die ebenfalls neu entdeckten Antikörper gegen das Antigen PfSEA-1 können genau diesen Effekt verhindern. Untersuchungen haben bei etwa sechs Prozent von mehr als 450 Kindern diesen natürlichen Schutzfaktor nachgewiesen und keines von diesen Betroffenen erkrankte an einer schweren Malaria. Diese Erkenntnisse wurden anschließend an etwa 140 jungen Erwachsenen aus dem Nachbarland Kenia überprüft. Dabei stellte sich heraus, dass bei Menschen mit dem Antikörper gegen PfSEA-1 die Parasitendichte im Blut etwa um die Hälfte verringert war. Im Schnitt hatten 56 von 100 Erwachsenen dieser Altersgruppe solche Antikörper. Die Forscher vermuten, dass der Kontakt zum Erreger die Produktion des Schutzproteins anregt, was auch erklären könnte, warum Malaria in diesen Ländern bei Erwachsenen tendenziell weniger schwer verläuft als bei Kindern.[93] Anfang 2014 vermeldeten die University of Edinburgh und das Biotechunternehmen CILIAN AG, einen Impfstoff entdeckt zu haben, der eine Vielzahl von Genvariationen des Malaria-Erregers abdecke und bei Tieren eine starke Immunreaktion hervorgerufen habe. Die Produktion dieses Wirkstoffes erfolgt dabei durch biotechnische Bearbeitung von Einzellern.[94][95] Das synthetische Spiroindolon-Derivat mit dem vorläufigen Namen Cipargamin (KAE609, ehemals NITD609) wurde von Novartis entwickelt und befindet sich in klinischer Prüfung. Es richtet sich gegen alle intraerythrozytären Stadien bei P. falciparum und deren Gametozyten.[96] Hierbei hemmt es die in der Parasiten-Plasmamembran lokalisierte Na+-ATPase 4 (PfATP4) die für die Natrium- und osmotische Zell-Homöostase wichtig ist. Körpergeruch bei Erkrankten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass eine Infektion mit Plasmodium den Körpergeruch der Infizierten derart verändert, dass die Plasmodium übertragenden Insekten verstärkt von den Infizierten angelockt werden. Dies kann zur raschen und effektiven Verbreitung der Erreger beitragen.[97][98][99] Armutsbedingte Krankheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Malaria wird auch als armutsbedingte Krankheit bezeichnet. Dabei besteht ein doppelter Zusammenhang: Arme Menschen erkranken häufiger an Malaria als wohlhabende und sozial bessergestellte. Andererseits sind an Malaria Erkrankte und Personen, die einfach in Malaria-Endemiegebieten leben, durch die Krankheit ärmer.[100] Ein Review von empirischen Studien über den Zusammenhang von Malaria und Armut erbrachte gemischte Resultate: Viele Studien legen einen Zusammenhang nahe, während andere keinen Einfluss nachweisen konnten.[101] Es ist aber ein klarer statistischer Zusammenhang nachgewiesen: Länder mit hoher Prävalenz von Malaria sind gleichzeitig besonders arm. 58 Prozent der Todesfälle durch Malaria erfolgen in den ärmsten 20 Prozent der Weltbevölkerung (Stand: 1990).[102] Die Einkommensentwicklung ist in Ländern mit hoher Malaria-Prävalenz auch dann schlechter, wenn andere sozioökonomische Faktoren kontrolliert werden. Die indirekten Folgen, etwa durch Effekte auf Mobilität und Demografie der Regionen, sind dabei nochmals weitaus höher als die direkten Kosten.[103] Arme Menschen haben schlechteren Zugang zum Gesundheitssystem, auch bekannte und erprobte Präventionsmaßnahmen wie Moskitonetze und Insektizide stehen ihnen nicht zur Verfügung. Durch Mangelernährung sind sie bei einer Infektion anfälliger. Oft mangelt es ihnen bereits an elementaren Informationen zu Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten. Diese Faktoren werden zusammengenommen als weitaus bedeutsamer angenommen als die Existenz eines Impfstoffs.[104] Gerade für Regionen, in denen die Malaria wie die Armut verbreitet sind, ist fraglich, ob die Bekämpfung der Malaria durch Entwicklung eines Impfstoffes im Vordergrund stehen sollte. Der Parasitologe Paul Prociv weist darauf hin, dass Erwachsene in Malariagebieten durch ständige Reinfektion praktisch immun gegen die Krankheit sind. Vorrang hätte die Hebung der allgemeinen Gesundheitsfürsorge und Lebensumstände. Von einem Malariaimpfstoff würden hauptsächlich westliche Besucher der Tropen profitieren, die die Nebenwirkungen der herkömmlichen Malariavorsorge scheuen.[105] Als armutsbedingte Erkrankung kann Malaria auch gelten, da in vielen Ländern der sogenannten Dritten Welt die Wohnverhältnisse der meisten Menschen nicht den Standards zur Infektionsvermeidung (geschlossene Wohnräume, Moskitonetze, Klimaanlage, Insektensprays usw.) entsprechen, keine Chemoprophylaxe zur Verfügung steht und Medikamente teuer und schwer zu beschaffen sind[11] (siehe auch Abschnitt Vorbeugung und Behandlung). Es wird angenommen, dass Arzneimittelforscher auch weniger in die Entwicklung von Medikamenten gegen armutsbedingte Krankheiten wie Malaria investieren, da die Patienten vor allem in armen Ländern mit geringer Kaufkraft leben. Die Europäische Union will als Reaktion auf diesen Mechanismus die Entwicklung von Mitteln gegen armutsbedingte Krankheiten mit 600 Millionen Euro fördern.[106] 2019 gründete die Europäische Union den EU Malaria Fund Berlin, mit dem europäische Projekte und Unternehmen in der Forschung gegen Malaria unterstützt werden.[107] Aufgrund der mangelnden finanziellen Unterstützung gab Bill Gates Ende Oktober 2005 bekannt, dass er zur Förderung der Malariaforschung eine Summe von 258,3 Millionen Dollar zur Verfügung stellen werde. Seiner Meinung nach stelle es für die Welt eine Schande dar, dass sich in den letzten 20 Jahren jene durch Malaria hervorgerufenen Todesfälle verdoppelten, zumal gegen jene Krankheit sehr stark vorgegangen werden könnte. [108] Volkswirtschaftliche Auswirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Nach Jeffrey Sachs sind tropische Krankheiten, insbesondere aber Malaria, eine Hauptursache für die wirtschaftliche Misere der ärmsten Länder der Erde: Wo diese Krankheit auftritt, also vor allem in den Tropen und Subtropen, herrscht auch Armut. So hatten Mitte der 1990er Jahre von Malaria heimgesuchte Länder ein durchschnittliches Volkseinkommen von rund 1500 US-Dollar pro Kopf, während nicht betroffene Länder mit durchschnittlich 8200 US-Dollar über mehr als das Fünffache verfügten. Volkswirtschaften mit Malaria sind zwischen 1965 und 1990 durchschnittlich nur um 0,4 Prozent im Jahr gewachsen, die anderen dagegen um 2,3 Prozent.[109] Der durch die Krankheit verursachte volkswirtschaftliche Schaden für Afrika allein wird umgerechnet auf rund 9,54 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Nach Studien liegt die durch Malaria verursachte Lähmung der Volkswirtschaften der betroffenen Länder nicht nur an den direkten Kosten für Medikamente und medizinische Behandlung. Malaria hat eine negative Auswirkung auf die Arbeitsproduktivität und somit auf das Bruttoinlandsprodukt des Landes, womit nötige Investitionen, wie beispielsweise in Bildung, ausbleiben. Zudem meiden ausländische Investoren solche Länder ebenso wie Touristen und Handelsunternehmen.[110] Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Aus einem Brief Dürers an seinen Arzt. Dürer zeigt auf seine schmerzende Milz. Er hatte sich möglicherweise bei einem Holland-Aufenthalt eine Malaria zugezogen. Die frühesten Berichte von Malariaepidemien stammen von den Alten Ägyptern (u. a. aus dem Papyrus Ebers). aDNA von Plasmodium falciparum wurde auch von Münchener Pathologen um Andreas Nerlich in zwei ägyptischen Mumien aus Theben gefunden, die ca. 3500 Jahre alt sind.[111][112] Aber auch in rund 3000 Jahre alten indischen Schriften taucht das Wechselfieber als Königin der Krankheiten auf. Die Chinesen hatten vor über 2000 Jahren sogar schon ein Gegenmittel. Sie nutzten den Einjährigen Beifuß ( , q ngh o). In der Neuzeit konnten Forscher tatsächlich einen wirksamen Stoff aus dieser Pflanze isolieren: das Artemisinin (chinesisch Qinghaosu). In der Antike verbreitete sich die Malaria rund um das Mittelmeer. Hippokrates von Kos erkannte, dass Menschen aus Sumpfgebieten von dem bösartigen Sumpffieber[113] besonders häufig betroffen waren, jedoch vermutete er beziehungsweise vermuteten die hippokratischen Ärzte, dass das Trinken von abgestandenem Sumpfwasser die Körpersäfte (siehe Humoralpathologie) in ein Ungleichgewicht bringt. Von unsichtbaren Krankheitserregern wusste man damals noch nichts. Der Begründer der Humoralpathologie Polybos nahm als Ursache aller Fiebertypen einen Überschuss an Gelber Galle an.[114] In Rom baute Galenos die antike Fieberlehre dann weiter aus[115] und ordnete dem Übermaß an Schwarzer Galle die Quartana und an Gelber Galle die Tertiana zu. Eine Fieberform mit täglichen Fieberschüben (febris quotidiana, tägliches Fieber,[116] auch Eintagsfieber und Eintagefieber[117] genannt) wurde seit Galenos als durch übermäßig vorhandenes bzw. verdorbenes Phlegma verursacht angesehen.[118][119] Bei Hippokrates und auch später wurde von einer febris quintana (Fünfttagefieber, Quintana) berichtet, die als fehlgedeutete Malariaform wie als Wolhynisches Fieber gedeutet werden kann.[120] Auch das Römische Reich wurde regelmäßig von schweren Malariaepidemien heimgesucht. Es ist dabei, entgegen älteren Theorien, wahrscheinlich, dass auch Plasmodium falciparum als Krankheitserreger seit prähistorischen Zeiten nicht nur in Afrika, sondern auch im Mittelmeerraum präsent war.[121] Dennoch erscheint es wahrscheinlich, dass sich die Malaria erst in historischer Zeit, von älteren Endemiegebieten auf Sizilien ausgehend, über Italien verbreitet hat, wobei Mittelitalien (Toskana und Latium) bereits zu Zeiten der Römischen Republik erreicht wurden, während die norditalienische Poebene erst in nachantiker Zeit infiziert wurde; sie galt in der Antike noch als gesundes Sumpfgebiet. Als möglicher Grund konnte die Ausbreitung von neuen Anopheles-Arten, die effektivere Vektoren waren, wahrscheinlich gemacht werden.[122] Dabei lagen schon in der Antike malariaverseuchte Fiebergebiete und gesunde Regionen dicht benachbart, bis hin zu sehr unterschiedlichen Todesraten in den Niederungen und auf den Hügeln in der Stadt Rom selbst.[123] Ein Niedergang des Römischen Reichs durch neue Ausbreitung der Malaria in seinem Kernland, wie von einigen älteren Historikern gemutmaßt, fand wohl tatsächlich nicht statt. Um 1560 versuchte der italienische Anatom und in Palermo als Protomedicus tätige Giovanni Filippo Ingrassias (um 1510 1580) durch Trockenlegung von Sümpfen die Malaria zu bekämpfen.[124] Im Mittelalter bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war die Malaria nicht nur in Süd-, sondern auch in Mitteleuropa verbreitet. Vor allem große Gebiete Italiens waren bis ins 20. Jahrhundert von Malaria geplagt. Im deutschen Sprachraum war die Malaria zuerst vor allem am Oberrhein und im Bodensee-Gebiet anzutreffen. In Norddeutschland war das Wechselfieber auch als Marschenfieber oder Tertianfieber (Malaria tertiana) bekannt.[125] Berühmte europäische Malariapatienten waren Albrecht Dürer (obwohl der Krankheitsverlauf Zweifel zulässt, ob es sich wirklich um eine Malaria-Erkrankung handelte), Landgraf Philipp I. von Hessen,[126] Oliver Cromwell, Friedrich Schiller und Johann Gottfried Tulla. Während die Malaria Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland noch weit verbreitet war, ging bezeugt auch durch Angaben bei Robert Koch die Zahl der daran Erkrankten gegen Ende des Jahrhunderts stark zurück.[127] Erst durch die systematische Trockenlegung von Sumpfgebieten, die Eindämmung von Überschwemmungen, dem systematischen Einsatz von Insektiziden und verbesserte medizinische Versorgung in Verbindung mit hygienischeren Wohnverhältnissen konnte die Malaria in den 1960er Jahren in Europa ausgerottet werden.[125] Chinarinde (Chinchona sp.) Aus Nord- und Südamerika sind die ersten Malariafälle erst im 16. Jahrhundert dokumentiert. Man geht heute davon aus, dass sie durch die Europäer bzw. durch den von ihnen organisierten Sklavenhandel dort eingeschleppt worden ist. Der Erreger verbreitete sich dort sehr schnell: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts starben beispielsweise im Süden der USA ein Prozent der Bevölkerung jährlich an Malaria, in den Sumpfgebieten des Mississippi lag die Mortalitätsrate sogar bei drei Prozent.[128] Das Heilmittel, das heute noch Verwendung findet, hat seinen Ursprung jedoch auch in Südamerika. Peruanische Arbeiter bekämpften Fieber erfolgreich mit der Rinde eines Baumes aus der Familie der Rötegewächse, zu denen auch die Kaffeepflanze gehört. Mitglieder des Jesuitenordens beobachteten diese Wirkung und brachten das Mittel in Pulverform erstmals 1640 nach Europa, wo es auch Jesuitenpulver genannt wurde. Der Baum wurde später als Chinarinde (Cinchonia) bekannt, das Medikament als Chinin . Chinin hat einen äußerst bitteren Geschmack. Es wird als Aromastoff für Tonic Water und Bitter Lemon verwendet. Bis heute hält sich die Legende, regelmäßiges Trinken von Gin Tonic schütze vor Malaria. Jedoch ist heutzutage die Chininkonzentration in einem Gin-Tonic-Drink viel zu gering. Wie bereits russische Militärärzte 1853 in der Moldau, therapierten auch deutsche Militärärzte 1914 bis 1918 (etwa in Albanien) die Wechselfieber mit Chinin. Da dabei auch erfolglose Behandlungen vorkamen, kombinierten sie mit einer Neosalvarsantherapie.[129] Der Malariaerreger in Form der Plasmodien wurde am 6. November 1880 vom Franzosen Alphonse Laveran entdeckt, der in Constantine (Algerien) am Militärkrankenhaus arbeitete. Er erhielt dafür 1907 den Nobelpreis für Medizin. Ronald Ross Im Jahr 1896 vermutete der Pathologe und Mitarbeiter von Giovanni Battista Grassi[130] Amico Bignami (1862 1929), dass die Malaria durch Mücken übertragen wird.[131] Ronald Ross, Chirurg und General aus England, fand 1897 den Zusammenhang zwischen dem Malariaerreger und dem Stich der Anophelesmücke heraus und erhielt dafür 1902 den (zweiten) Nobelpreis für Medizin.[132] Den Zusammenhang zwischen Mücken und Malaria hatten im Übrigen schon die alten Ägypter 3000 v. Chr. erkannt. Sie wurde als Fluch der Götter bzw. des Nils angesehen. Ettoro Marchiafava und Angelo Celli unterschieden 1889 die Tertiana und Quartana von schwereren Formen der Sumpffieber.[133] Julius Wagner-Jauregg infizierte 1917 einige seiner Patienten gezielt mit Malaria, um mit den auftretenden Fieberschüben die progressive Paralyse zu behandeln. Diese sogenannte Malariatherapie erwies sich als erfolgreich und wurde bis zum Aufkommen von Antibiotika praktiziert, 1927 erhielt Wagner-Jauregg dafür den Medizin-Nobelpreis. Wegen der damit verbundenen Risiken gilt der Einsatz von Malaria als Therapeutikum heute jedoch als nicht mehr vertretbar. Im Jahr 1934 gelang Hans Andersag die Entdeckung des Chloroquins (Resochin genannt), eines sehr effektiven Wirkstoffs gegen Malaria, im Labor von Bayer in Wuppertal-Elberfeld (seinerzeit Teil der I. G. Farbenindustrie AG). Deutsche Malariaforscher in der Zeit des Nationalsozialismus waren etwa Claus Schilling, Gerhard Rose, Franz Sioli, Heinrich Ruge und Wilhelm Sagel.[134] In Berlin kam es 1946 zu einer der letzten Malaria-Epidemien; sie ging von befallenen Soldaten aus Afrika und Südosteuropa aus. In den 1950er Jahren begann die WHO das Global Eradication of Malaria Program. Neuansteckungen durch Mückenstiche sollten durch Besprühen der Innenwände der Häuser mit DDT-Lösung verhindert werden. Parallel dazu sollten die bereits Erkrankten mit Chloroquin behandelt werden, um auch die eigentlichen Erreger, die Plasmodien, zu bekämpfen. Die Kampagne war nur teilweise erfolgreich. In den Niederlanden, Italien, Polen, Ungarn, Portugal, Spanien, Bulgarien, Rumänien und Jugoslawien wurde Malaria bis Ende der 1960er Jahre dauerhaft ausgerottet. Auch in vielen Ländern Asiens sowie Süd- und Mittelamerikas konnte die Zahl der Neuansteckungen mit Malaria drastisch gesenkt werden. Hier wurden häufig nach ersten Erfolgen Geld und medizinisches Personal aus den Anti-Malaria-Kampagnen abgezogen und anderweitig eingesetzt. Dadurch blieben neue Malariafälle unentdeckt oder konnten nicht ausreichend behandelt werden. Im Lauf der Jahre traten DDT-Resistenzen bei verschiedenen Arten der Anophelesmücke auf. Zudem waren auch die Plasmodien teilweise gegen Chloroquin resistent geworden. Die WHO stellte ihr Programm zur Ausrottung der Malaria 1972 offiziell als gescheitert ein. Die Chinesin Tu Youyou isolierte 1971 den zur Behandlung der Malaria eingesetzten sekundären Pflanzenstoff Artemisinin aus dem Einjährigen Beifuß (Artemisia annua, chinesisch: Qinghao) und wurde dafür 2015 mit dem Medizinnobelpreis ausgezeichnet.[135] Weiterhin wurden andere Ansätze zur Erlangung entsprechender Wirkmoleküle beschrieben, die auf Berichten der traditionellen Anwendung von Pflanzen in Westafrika fußen.[136] 2007 beschloss die WHO den Weltmalariatag (World Malaria Day), einen Aktionstag, der jährlich zum 25. April stattfindet. Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Leitlinien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] S1-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Malaria der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit. In: AWMF online (Stand 2021) Fachliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Jürgen Knobloch: Malaria Grundlagen und klinische Praxis. Uni-Med, Bremen 2002, ISBN 3-89599-623-8. Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. 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Meningokokken
Neisseria meningitidis
Systematik
Abteilung:
Proteobacteria
Klasse:
Betaproteobacteria
Ordnung:
Neisseriales
Familie:
Neisseriaceae
Gattung:
Neisseria
Art:
Meningokokken
Wissenschaftlicher Name
Neisseria meningitidis
(Albrecht & Ghon 1901)Murray 1929
Meningokokken (Neisseria meningitidis, früher Meningococcus meningitis) sind gramnegative intrazelluläre Bakterien, die als Diplokokken auftreten. Sie besiedeln beim Menschen den Nasenrachenraum und können schwere Krankheiten auslösen, vor allem eine gefährliche Hirnhautentzündung (Meningitis). Etwa zehn Prozent der europäischen Bevölkerung tragen diese Bakterien im Nasenrachenraum, ohne dabei Krankheitsanzeichen zu entwickeln.
Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Meningokokken sind Bakterien der Art Neisseria meningitidis, die zu den aerob und fakultativ anaerob wachsenden, gramnegativen Kokken gehört. Die Bakterien können sich durch die Hochregulation von nitrat- statt sauerstoffabhängigen Enzymen ihres Zuckerstoffwechsels an die anaeroben Verhältnisse im infizierten Gewebe anpassen.[1] In flüssigen Nährmedien (sowie auch in der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit) lagern sich die Bakterien in Pärchen zusammen (Diplokokken), bei denen die Längsachsen der beiden Bakterien nebeneinander gelagert sind. Die Enden der Bakterien sind dabei abgerundet, sodass ein einzelnes Bakterium an eine Kaffeebohne, ein Pärchen jeweils entfernt an ein Brötchen erinnert (daher die Beschreibung als semmelförmige gramnegative Diplokokken). Bei einer durch diese Bakterien ausgelösten Meningitis findet man in der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) zusätzlich fast immer zahlreiche weiße Blutkörperchen (Granulozyten).
Meningokokken wurden erstmals 1887 durch Anton Weichselbaum kultiviert (aus Patienten mit einer Meningitis).[2] Sie wachsen im Labor auf reichhaltigen Nährböden wie z. B. Kochblutagar oder Columbia-Blutagar sowie aufgrund ihrer Resistenz gegen Colistin auch auf Spezialnährböden zur Anzucht von pathogenen Neisserienarten wie z. B. Thayer-Martin-Agar. Am besten gelingt die Kultur in einer Atmosphäre, die einen erhöhten Kohlendioxid-Gehalt (ca. 5–10 %) aufweist.[2] Die Kolonien sind nach 24 Stunden Wachstum klein (ca. 1 mm Durchmesser), glatt, rund und von gräulicher Farbe. Sie bilden Cytochrom-c-Oxidase und reagieren daher im Oxidase-Test positiv. In der Literatur sind auch flüssige Nährmedien beschrieben.[3][4]
Innerhalb der Art Neisseria meningitidis sind aufgrund der Zusammensetzung der Kapselpolysaccharide 12 verschiedene Serogruppen bekannt: A, B, C, E (ehemals 29E), H, I, K, L, W (ehemals W-135), X, Y und Z.[2][5] Die ehemalige Gruppe D hat sich als unbekapselte Variante der Gruppe C herausgestellt.[2] Bei Erkrankten werden in der Regel nur die Serogruppen A (vor allem im afrikanischen „Meningitisgürtel“), B, C, W, Y und selten auch X (ebenfalls vorwiegend in Afrika) nachgewiesen. Bei Meningokokken-Infektionen in Deutschland tritt am häufigsten die Serogruppe B auf, gefolgt von C. Die Serogruppen unterscheiden sich in ihrer Oberflächenstruktur, welche unter anderem aus speziellen Zuckermolekülen besteht. Diese und andere Moleküle bilden eine dicke Kapsel um die Bakterien, die diese vor den Angriffen des Immunsystems schützt. Durch molekulare Feintypisierung der variablen Regionen äußerer Membranproteine (Porine PorA und FetA bzw. PorB[2]) lassen sich Meningokokken ferner in Serosubtypen mit unterschiedlichen Virulenzeigenschaften klassifizieren (z. B. B:P1.7–2,4:F1–5).[6][5]
Übertragungswege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Meningokokken werden durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch beispielsweise beim Anhusten, Niesen oder Küssen übertragen. Begünstigt wird dies durch enge Unterkünfte oder Kindergärten bzw. Schulen.[6] Sie heften sich mithilfe kleiner Fortsätze (Pili) an die Schleimhäute des Nasenrachenraumes, wo sie wochen- oder monatelang bleiben können. Häufig verläuft die Besiedelung asymptomatisch.[6] Vor allem, wenn das Immunsystem geschwächt ist, etwa durch andere Infektionen, und abhängig vom Virulenzfaktor[2] vermehren sich die Bakterien, durchdringen die Schleimhäute (Mukosabarriere) und lösen Hirnhautentzündungen und Blutvergiftungen aus. Hierbei wirkt die Bekapselung einer Opsonisierung und Phagozytose des Immunsystems entgegen. Wenn die Bakterien im Blutstrom zirkulieren, ist die Milz an der Entfernung beteiligt. Daher besteht die Gefahr für Patienten mit eingeschränkter Milzfunktion, dass eine invasive Meningokokken-Infektion schwerer verläuft.[2]
Der Mensch ist das einzige Erregerreservoir für Meningokokken.[6]
Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Weltweit werden mehr als 90 Prozent der Meningokokken-Infektionen durch bestimmte Serotypen, Typ A, B, C, W und Y, hervorgerufen. In Deutschland wurden vor 2004 etwa 700 bis 800 invasive Meningokokken-Erkrankungen jährlich registriert.[7] Einige Fälle werden von Reisenden aus dem europäischen Ausland eingeschleppt. Die Inzidenz ist seit 2004 rückläufig: Sie sank auf jährlich 0,4 pro 100.000 Einwohnern (Stand 2014).[5] Einer weiteren Reduktion der Zahl invasiver Meningokokken-Fälle von 2019 (257) auf 2020 (138) wird vor allem den COVID-19-Schutzmaßnahmen zugeschrieben. Etwa 60 Prozent werden durch den Serotyp B verursacht, gefolgt von den Serotypen C, W und Y. Der Anteil der Erkrankungen vom Serotyp C, insbesondere bei Kleinkindern, ist seit Einführung der Meningokokken-C-Impfung zurückgegangen: 2006 wurden 137 Krankheitsfälle gemeldet, 2010 dann 76, 2015 noch 41 und 2019 schließlich 27 Erkrankungen. 2021 wurden 74 Fälle gezählt, 2022 waren es 127.[8][5][9]
Kinder unter vier Jahren sind besonders häufig betroffen und machen 40 Prozent aller Patienten aus. Mit Abstand am häufigsten sind Säuglinge im ersten Lebensjahr betroffen. Auch heute noch sterben etwa zehn Prozent der Patienten. Insgesamt liegt die Letalität bei etwa 8–10 %.[6]
Im Jahr 2012 wurde in der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben, erstmals ein erhöhtes Infektionsrisiko in Metropolen wie New York und Berlin festgestellt.[10] Verschiedene Ausbrüche unter anderem in Deutschland legen zudem nahe, dass Meningokokken sexuell übertragbar sein könnten.[11]
Epidemische Häufungen werden in gemäßigten Zonen im späten Winter bzw. frühen Frühling verzeichnet.[6] Dies lässt darauf schließen, dass eine geringe Luftfeuchtigkeit eine Infektion begünstigt.[6] Epidemien werden von November bis Mai gehäuft auch in Indien, vor allem Nordindien, und Nepal beobachtet.
Auch bei großen Menschenansammlungen können Meningokokken übertragen werden, so bei Rekruten in der Kaserne oder in College-Wohnheimen.[12] Auch bei der jährlichen muslimischen Pilgerfahrt Haddsch nach Mekka in Saudi-Arabien sind wiederholt Ausbrüche beschrieben worden. Daher besteht für Mekka-Pilger inzwischen eine Impfpflicht.[13]
Afrikanischer Meningitis-Gürtel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am Ende der Trockenzeit (März/April) kamen seit dem 19. Jahrhundert und bis 2010 Meningokokken-Epidemien überwiegend der Serogruppe A im afrikanischen „Meningitisgürtel“ vor. Dieser liegt in Afrika südlich der Sahara im Bereich der Trockensavanne und in südlichen Teilen der Sahelzone. Er reicht von Senegal und Gambia im Westen bis nach Äthiopien, Südsudan und ins nördliche Kenia im Osten.[14]
In dem Meningitis-Gürtel wurden Erkrankungsraten von 100 bis 800/100.000 Einwohner pro Jahr beobachtet,[15], dies sind die höchsten Fallzahlen und höchsten Sterblichkeiten weltweit.
Die Epidemien traten alle fünf bis zwölf Jahre in der Trockenzeit zwischen Dezember und Mai auf, manchmal mehrjährig, und dehnten sich teilweise in Regionen südlich des Meningitis-Gürtels aus. Ursächlich war der Serotyp A. Die Epidemie 1996–1997 war der schwerste bekannte Ausbruch mit geschätzt 250.000 Erkrankten und 25.000 Todesfällen.[16]
In der Folge entwickelte die WHO ein Forschungsprojekt, um einen Impfstoff zu entwickeln, in Zusammenarbeit unter anderem mit dem indischen Serum-Institut und mit finanzieller Unterstützung der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung. Der monovalente nur gegen Serotyp A gerichtete Impfstoff „MenAfriVac“ kostet etwa 0,50 US-Dollar und wurde zwischen 2010 und 2023 in über 26 afrikanischen Ländern vorwiegend des Meningitis-Gürtels eingesetzt und über 332 Millionen Personen konnten geimpft werden. Seither kam es nicht mehr zu einem großen Meningitis-Ausbruch in diesem Bereich, Serotyp A konnte praktisch eliminiert werden. Allerdings besteht weiterhin eine hohe endemische Häufigkeit an Meningitis-Fällen durch die Serogruppen C, W und X, weshalb neue Impfstoffe gegen vier bis fünf Serogruppen entwickelt werden.[14] Im April 2024 stellte die WHO den neuen Impfstoff Men5CV (MenFive) vor, der gegen die Serogruppen A, C, W, X und Y schützen soll.[17]
„Towards a world free of meningitis“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auf der Weltgesundheitsversammlung im November 2020, der Vollversammlung der WHO, wurde eine Vision für 2030 erarbeitet, hin „zu einer Meningitis-freien Welt“, und eine „Defeating Meningitis by 2030 global road map“, ein weltweites Programm zur Eliminierung der bakteriellen Meningitis bis 2030 verabschiedet. Dieses Programm hat drei konkrete Ziele: Ausbrüche/Epidemien bakterieller Meningitiden, also v. a. durch Meningokokken, sollen eliminiert werden, die Anzahl der Meningitis-Fälle, die durch Impfung verhinderbar wären, um 50 % reduziert werden, und die Zahl der impfpräventablen Todesfälle um 70 % reduziert werden. Außerdem sollen die Schwere und Häufigkeit verbleibender Behinderungen reduziert und die Lebensqualität der Personen, die eine Meningitis überlebt haben, verbessert werden.[14]
Krankheitsbild (Symptome)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Klassifikation nach ICD-10
A39
Meningokokkeninfektion
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Charlotte Cleverley-Bisman, ein neuseeländisches Kind, das im Alter von sieben Monaten eine Meningokokken-Infektion überlebte, dem aber alle vier Extremitäten teilweise amputiert werden mussten[18]
Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 3–4 Tage, kürzere und längere Inkubationszeiten (2–10 Tage) werden ebenfalls beobachtet.
Das Spektrum der Erkrankung reicht von leichten Verläufen mit spontaner Abheilung bis hin zu einem hochakuten Ausbruch, der trotz Behandlung in wenigen Stunden zum Tod führt. Bezeichnend für eine Entzündung der Hirnhäute (Pia mater und Arachnoidea)[6] ist die sogenannte Meningokokkenmeningitis, genannt auch Meningitis cerebrospinalis epidemica und übertragbare Genickstarre,[19] deren Erstbeschreibung im 19. Jahrhundert auf Franz von Rinecker zurückgeht.[20] Sie beginnt mit starkem Krankheitsgefühl wie Abgeschlagenheit, hohem Fieber, Übelkeit und Erbrechen, Schüttelfrost, Gelenk- und Muskelschmerzen, Krämpfen oder Bewusstseinsstörungen. Als typisches Zeichen einer Hirnhautentzündung tritt die Nackensteifigkeit auf; diese bewirkt dann das sogenannte Kissenbohren: wenn der Patient liegt, zeigt sich ein überstrecktes Hohlkreuz und der Kopf drückt sich in das Kissen (Opisthotonus). Ungefähr die Hälfte der Patienten hat Petechien wegen der hämatogenen Erregerstreuung (Bakteriämie oder Sepsis).[6]
Bei Säuglingen kann neben dem fast immer auftretenden Fieber die Symptomatik zunächst wenig eindeutig sein: Apathie oder Unruhe, Nahrungsverweigerung und Berührungsempfindlichkeit. Lichtempfindlichkeit ist ein mögliches Begleitsymptom.
Bewusstseinstrübung, punktförmige Hautblutungen und Kreislaufkollaps sind Hinweise auf einen lebensbedrohenden Krankheitsverlauf (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom). In schweren Fällen tritt der Tod schon innerhalb weniger Stunden ein.
Treten die Bakterien in die Blutbahn über und überschwemmen den Körper mit ihren Giftstoffen, spricht man von einer Sepsis. Sie ist lebensbedrohlich. Bei schnellem Verlauf hin zur Sepsis müssen die „meningitischen“ Symptome nicht auftreten; die Schock- und toxisch bedingten Symptome stehen dann im Vordergrund. Bei nicht zeitnaher Behandlung kann es durch die Sepsis zum Verlust von Gliedmaßen kommen.[21]
Entscheidend ist eine möglichst frühe Behandlung mit Antibiotika. Trotz Behandlung können Komplikationen und Spätfolgen wie Hörverlust, Blindheit, Lähmungen oder Krampfleiden auftreten und für jeden zehnten Patienten kommt jede Hilfe zu spät. Deshalb ist die vorbeugende Schutzimpfung für gefährdete Personen (beispielsweise aufgrund eines angeborenen oder erworbenen Immundefekts) besonders wichtig.
Enge Kontaktpersonen von Patienten mit einer invasiven Meningokokken-Infektion (IME) sollten eine vorbeugende Therapie mit einem Antibiotikum (etwa Rifampicin) sowie eine postexpositionelle Impfung erhalten, sofern sie über keinen aktuellen Impfschutz gegen die entsprechende Serogruppe verfügen.[22]
Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Sind Meningokokken als Erreger nachgewiesen worden, ist das Antibiotikum der Wahl Penicillin G oder ein Cephalosporin der 3. Generation (Ceftriaxon). Der Vorteil von Ceftriaxon ist das Erfassen weiterer bakterieller Meningitiserreger. Wichtig ist das frühzeitige Therapieren. Daher ist es in der Praxis üblich, bei Verdacht auf eine eitrige Meningitis sofort, noch vor dem Erregernachweis, Cephalosporine der 3. Generation zu verabreichen; zusätzlich ist die Gabe von Ampicillin zu erwägen, um auch eine Listerien-Meningitis antibiotisch abzudecken.
Chemoprophylaxe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Um bei Kontaktpersonen von Infizierten einer Erkrankung mit Meningokokken vorzubeugen, wird eine Chemoprophylaxe empfohlen. Die Prophylaxe ist indiziert, falls der Kontakt in den letzten sieben Tagen vor der Erkrankung stattgefunden hat. Die Behandlung sollte möglichst bald nach der Diagnosestellung beim Indexfall erfolgen, ist aber bis zu 10 Tage nach der letzten Exposition sinnvoll. Hierbei einsetzbare Chemotherapeutika sind Rifampicin und dessen Alternativen Ciprofloxacin, Ceftriaxon sowie Azithromycin. Auch der Erkrankte sollte, wenn er zur Behandlung nicht ein Cephalosporin der dritten Generation intravenös erhalten hatte, nach Abschluss seiner Therapie eine Prophylaxe mit Rifampicin erhalten.[22][23]
Impfung (Immunprophylaxe)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Erste Versuche der Impfstoffherstellung wurden Beginn des 20. Jahrhunderts mit abgetöteten Zellen des Erregers unternommen. Zwischen 1900 und 1940 gab es zwar viele Studien zur Wirksamkeit, diese waren aber von schlechter Qualität, was die Aussagekraft erheblich gesenkt hatte.[2] Durch die Entdeckung von Antibiotika wurde die Entwicklung geeigneter Impfstoffe zunächst zurückgestellt. Das Auftreten erster Sulfonamid-resistenter Stämme in den 1960er-Jahren stellte gerade für Militärrekruten während des Vietnamkrieges ein ernstzunehmendes Problem dar, was die Impfstoffentwicklung wieder bestärkte.[2] Ende der 1960er Jahre konnte durch die Arbeiten von Emil C. Gotschlich und Mitarbeitern Polysaccharide aus N. meningitidis isoliert und gereinigt werden, die sicher und ausreichend immunogen waren.[2] Aufgrund gewisser Limitationen der Polysaccharid-Impfstoffe (z. B. fehlende T-Zell-abhängige Immunantwort, keinen Einfluss auf den Trägerstatus der entsprechenden Meningokokkenserogruppen im Nasen-Rachen-Raum[6]) wurde aufgrund der guten Erfahrungen von Hib-Impfstoffen ebenfalls an Konjugatimpfstoffen für Meningokokken geforscht. Dies mündete 1999, auch auf Druck der Öffentlichkeit, in der Zulassung eines ersten, monovalenten Konjugatimpfstoffes gegen Meningokokken der Gruppe C in Großbritannien auf Grundlage von Immunogentiäts- und Verträglichkeitsdaten – ein Wirksamkeitsnachweis war vorher nicht erfolgt.[2][6]
Zur Vorbeugung einer Meningokokkeninfektion, etwa vor einer geplanten Milzentfernung, stehen Konjugatimpfstoffe gegen den Serotyp C zur Verfügung, der beispielsweise in England, Spanien oder auch in einigen Regionen Deutschlands gehäuft auftritt, zudem gegen die Typen A, W und Y. Außerdem wurden ab 2013 erste Impfstoffe gegen N. meningitidis der Gruppe B in Europa zugelassen. In Kuba wurde bereits 1988 ein Impfstoff gegen die Gruppe B eingesetzt.[24][25] Auch in Neuseeland gab es ab 2004 einen Impfstoff (MeNZB) gegen einen speziellen Erregertyp der Gruppe B, der damals nur dort vorgekommen ist; der Impfstoff wird heute nicht mehr hergestellt.[7][26]
Die Impfung ist die zuverlässigste Maßnahme zur Prävention invasiver Meningokokkeninfektionen.[6]
Polysaccharid-Impfstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei Polysaccharid-Impfstoffen verwendet man gereinigte, gruppenspezifische Kapselpolysaccharide (PS), damit Teile der Bakterienhülle.[6] Bei den früher erhältlichen Polysaccharid-Impfstoffen wurde ein Schutz gegen die Serotypen A und C (AC-Impfstoff, etwa Meningokokken-Impfstoff A+C Mérieux, nicht mehr vermarktet[27]) bzw. gegen die Serotypen A, C, W und Y (etwa der ehemalige Impfstoff Mencevax ACWY, dessen Vermarktung 2013 endete und nicht mehr ausgeliefert wird[28][6]) aufgebaut. Zwar stimulieren PS der Gruppe A im Gegensatz zu den PS der Gruppen C, W und Y im Säuglingsalter bereits das T-Zell-Immunsystem, sodass nach einmaliger Gabe IgG-Antikörper gebildet werden. Jedoch erreichen die Serumantikörper selbst nach Booster nach einem Jahr wieder die Ausgangswerte vor der Impfung. Zudem hat man bei einer Impfung unter zwei Jahren mit PS der Gruppe C beobachtet, dass sich eine anhaltende, einen Boostereffekt inhibierende Immuntoleranz bildet. Daher schützen beide Polysaccharid-Impfstoffe am besten ab einem Alter von zwei Jahren, da erst ab diesem Alter eine T-zellunabhängige B-Zellaktivierung möglich ist. Die altersabhängige Wirksamkeit der Impfung gegenüber Gruppe-C-Infektionen wurde aufgrund eines Meningokokkenausbruchs in Quebec ermittelt: Sie beträgt 41 % bei Kindern von 2–9 Jahren, 75 % bei Kindern von 10–14 Jahren und 83 % bei Kindern und jungen Erwachsenen von 15–20 Jahren.[6]
Polysaccharid-Impfstoffe werden unter die Haut gespritzt. Der Impfschutz hält mindestens drei Jahre. Für Erwachsene und Kinder genügt eine einmalige Injektion. Der AC-Impfstoff kann ab einem Alter von 18 Monaten eingesetzt werden. Der ACWY-Impfstoff ist ab zwei Jahren wirksam. Bei jüngeren Kindern ist ein Schutz gegen die Gruppen C, W und Y nicht gesichert und der Impfschutz hält höchstens zwei Jahre an. Um einen besseren Impfschutz zu erreichen, können Kinder unter zwei Jahren im Abstand von drei Monaten auch ein zweites Mal geimpft werden. Die Schutzwirkung der Impfung setzt etwa nach zwei Wochen ein. Bei bestehendem Infektionsrisiko ist nach drei Jahren eine Wiederholungsimpfung ratsam.
Polysaccharid-Impfstoffe wurden größtenteils durch Konjugatimpfstoffe ersetzt.[2]
Konjugatimpfstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Speziell für Kinder im Alter zwischen zwei Monaten und zwei Jahren sind sogenannte Konjugatimpfstoffe entwickelt worden. Sie können bei Bedarf aber auch bei älteren Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen eingesetzt werden. Bei einem Konjugatimpfstoff sind die Teile der Bakterienhülle zusätzlich an ein Eiweiß (Protein) gebunden, wodurch eine bessere T-Zell-abhängige Immunantwort erzielt wird. Die Kapselantigene können beispielsweise an der ungiftigen Variante des Diphtherietoxins CRM197 aus Corynebacterium diphtheriae (z. B. bei Menveo[29]) oder an ein Tetanustoxoid-Trägerprotein konjugiert sein (z. B. bei Nimenrix[30]).
In Deutschland sind drei C-Konjugatimpfstoffe ab dem Alter von 2 Monaten zugelassen: Meningitec, Menjugate und NeisVac-C.[27] Sie schützen vor Infektionen mit Meningokokken des Serotyps C, der in Deutschland etwa jede fünfte Erkrankung verursacht. Die Impfung mit solchen Konjugatimpfstoffen kann bei Bedarf ab dem dritten Lebensjahr mit einem Polysaccharidimpfstoff ergänzt werden. Als Adjuvans enthalten C-Konjugatimpfstoffe Aluminiumhydroxid.[6] Die Wirksamkeit der Impfung wurde anhand von Fall-Kontrollstudien in Großbritannien ermittelt, das als erstes Land ein nationales Impfprogramm gegen Meningokokken 1999 initiiert hatte.[6] Für Kinder im Alter von 1–2 Jahren und Jugendlichen im Alter von 15–17 Jahren wurde eine Wirksamkeit von 92 % bzw. 97 % ermittelt. Dies erklärt auch den schnellen und signifikanten Rückgang invasiver Meningokokkeninfektionen der Gruppe C.[6] Epidemiologische Beobachtungsstudien anderer Länder bestätigten die hohe Wirksamkeit des Konjugatimpfstoffes. Zudem reduzieren Konjugatimpfstoffe auch die entsprechenden Meningokokkenserogruppen im Nasen-Rachen-Raum.[6]
Im Oktober 2010 wurde in Europa ein tetravalenter Konjugatimpfstoff gegen A, C, W und Y (Menveo) zugelassen, ursprünglich für 11- bis 55-Jährige, ab 2011 auch für 2- bis 10-jährige Kinder.[31] 2012 folgte ein zweiter tetravalenter Konjugatimpfstoff, Nimenrix, ab einem Alter von 6 Wochen.[32] Diese beiden Impfstoffe sind nicht nur früher als der entsprechende Polysaccharidimpfstoff einsetzbar, sondern zudem auch auffrischbar, da hier – im Gegensatz zu Polysaccharidimpfstoffen – ein immunologisches Gedächtnis gebildet wird. Zudem erlaubt die T-Zellhilfe einen Klassenwechsel, sodass auch IgA gebildet werden kann (Polysaccharidimpfstoffe nur IgM) und damit der Trägerstatus vermindert werden sollte. Sie weisen damit eine bessere Immunogenität auf.[6]
Seit dem Januar 2013 ist in Europa ein wirksamer rekombinanter Adsorbatimpfstoff (Bexsero[33]) gegen den Serotyp B zugelassen. Er basiert nicht auf Kapsel-Antigenen wie bei den Serotypen A, C, W und Y, da die Kapsel des Serotyps B dem menschlichen neuronalen Zelladhäsionsprotein 1 (NCAM-1) ähnelt, sondern auf vier immunogenen Oberflächenantigenen („4CMenB“ bzw. „MenB-4C“).[34][35] Diese wurde durch sogenannte reverse Vakzinologie entwickelt (umgekehrte Impfstoffentwicklung). Hierbei wurden besonders immunogene, potenzielle Oberflächenproteinantigene mit Hilfe einer Computeranalyse des N.-meningitidis-Genoms identifiziert, anschließend exprimiert und dann Mäusen immunisiert: Es sind das Faktor-H-Bindungsprotein fHbp („factor H binding protein“), das Neisseria Adhäsin A NadA („Neisserial adhesin A“), das Neisseria-Heparin-Bindungsantigen NHBA („Neisserial Heparin Binding Antigen“) sowie das PorA-Protein („Porin A P1.4“).[35][36] Die Oberflächenproteine werden vom Großteil aller zirkulierenden MenB-Stämmen exprimiert (beziehungsweise wenigstens zu einem ausreichenden Grad).[35] Als Adjuvans wird Aluminiumhydroxid verwendet. Bexsero ist für die aktive Immunisierung im Alter ab 2 Monaten und älter gegen invasive Meningokokken-Erkrankungen indiziert. Die Impfung schützt aber nicht vor einer asymptomatischen Besiedlung des Nasen-Rachenraumes; es liegen noch keine Daten über die Dauer des Schutzes vor.
Ebenfalls zugelassen gegen N. meningitidis der Gruppe B ist Trumenba[37] („rLP2086“) für Personen ab einem Alter von 10 Jahren. Die fHbp-Komponenten sind lipidiert, da die Antigene in dieser Form zu einer verbesserten Immunantwort geführt hatten.[35] fHbp ist an Aluminiumphosphat adsorbiert.
In Nigeria ist außerdem der pentavalente Impfstoff Men5CV verfügbar, der sich gegen die Serotypen A, C, W, X und Y richtet.[17]
Impfempfehlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt seit 2006[38] die einmalige Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C mit dem C-Konjugat-Impfstoff standardmäßig für alle Kinder ab 12 Monate (Beginn des 2. Lebensjahres).[39][5] Dabei werden die Reduzierung der Morbidität invasiver Meningokokken-Erkrankungen durch diese Serogruppe und der resultierenden Folgen wie Hospitalisierung, schwere Komplikationen, Behinderung und Tod als primäres Ziel angesehen. Für noch nicht geimpfte Kinder und Jugendliche wird das Nachholen der Impfung bis zum 18. Lebensjahr empfohlen.[40] 2011 betrug die Impfquote von Kleinkindern etwa 80 %,[5] diese stieg 2017 auf fast 90 %.[8]
Allen Säuglingen ab dem Alter von zwei Monaten wird seit 2024 eine Standardimpfung mit dem Meningokokken-B-Impfstoff Bexsero empfohlen, die Impfung soll bei Kleinkindern bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden.[40] Das Erkrankungsrisiko ist im ersten Lebensjahr am höchsten, während die Neuerkrankungsrate der MenB-Erkrankungen bei 5- bis 19-Jährigen signifikant niedriger als bei Säuglingen ist – daher spricht das RKI für Kinder ab 5 Jahren keine Impfempfehlung aus. Die Impfung kann parallel zu anderen geplanten Impfungen (z. B. Impfung mit dem hexavalenten Impfstoff) erfolgen, eine solche Koadministration beeinträchtigt nicht die Wirksamkeit, kann aber stärkere Impfreaktionen hervorrufen. Bei Kindern unter zwei Jahren wird aufgrund der Reaktogenität des Meningokokken-B-Impfstoffes parallel oder kurz nach der Impfung eine Gabe von Paracetamol empfohlen, abhängig von Gewicht und Alter des Kindes.
Außerdem empfiehlt die STIKO die Immunisierung mit einem Meningokokken-ACWY-Konjugatimpfstoff sowie – falls im Säuglings- bzw. Kleinkindalter noch nicht erfolgt – mit einem Meningokokken-B-Impfstoff für alle Risikogruppen. Dazu zählen neben beruflich exponierten Personen (etwa Laborpersonal) insbesondere Menschen mit angeborener oder erworbener Immunschwäche.[22] Diese erkranken durchschnittlich häufiger an Infektionskrankheiten und erleiden öfter einen schweren Verlauf.[22][41] Da der Impfschutz gegen alle Meningokokken-Serogruppen mittels Totimpfstoffen erzeugt wird, besteht in der Regel kein erhöhtes Risiko für Komplikationen bei immungeschwächten Personen.[41][42]
Ursachen für die Immunschwäche können unter anderem sein:
Primäre oder erworbene Immundefekte, z. B. DiGeorge-Syndrom, Common Variable Immunodeficiency (CVID), Hypogammaglobulinämie, Defekte des Toll-like Rezeptor Signalwegs, HIV-Infektion, AIDS, Komplement-/Properdin-Defizienz, Asplenie[11][22]
Autoimmunerkrankungen wie Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen[22][41]
Immunmodulatorische Therapie, z. B. Behandlung mit C5-Komplement-Inhibitoren oder Therapie bei Psoriasis oder onkologischer Erkrankungen; mindestens 2 Wochen vor Beginn einer medikamentös hervorgerufenen Immunsuppression sollte der Impfschutz aktualisiert und bei längerfristiger Behandlung alle fünf Jahre aufgefrischt werden.[22][41][43]
Transplantation: Es wird ein erhöhtes Risiko für invasive Meningokokken-Erkrankungen (IME) nach Gewebe- oder Organtransplantationen angenommen, weshalb vor der Operation ein Impfschutz aufgebaut und anschließend alle fünf Jahre aufgefrischt werden sollte.[43]
Hämodialyse als Nierenersatzverfahren: Die amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) empfehlen die Impfung für Erwachsene unter einer Dialyse-Behandlung, wenn zusätzliche Risikofaktoren vorliegen.[44]
Auch Reisende in Gebiete, in denen Meningokokken-Infektionen häufig auftreten, tragen ein erhöhtes Infektionsrisiko, wenn sie sich dort länger aufhalten oder engen Kontakt zur Bevölkerung haben. Schließlich sollten Säuglinge, Kinder oder Jugendliche bei Vorliegen eines erhöhten Risikos für invasive Meningokokken-Erkrankungen entsprechend geimpft werden.[5] Der Berliner Impfbeirat empfiehlt seit Juli 2013 Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), sich mit einem Impfstoff impfen zu lassen, der eine Komponente gegen Meningokokken der Gruppe C enthält und für Erwachsene zugelassen ist. Anlass für die Impfempfehlung sind gehäufte Erkrankungsausbrüche im MSM-Kreis mit schweren, auch tödlichen Verläufen, wie sie jüngst auch aus New York, Paris und Berlin beschrieben wurden.[10][45][46][47]
Saudi-Arabien verlangt während der Mekka-Wallfahrten von Pilgern und Besuchern eine aktuelle Impfbescheinigung. Die Impfung muss mindestens zehn Tage vor der Einreise erfolgen. Konjugatimpfstoffe haben eine Gültigkeit von fünf Jahren, bei fehlender Angabe des Impfstofftyps oder Verwendung des Polysaccharidimpfstoffs beträgt die Gültigkeit drei Jahre.[48] Pflicht ist ein tetravalenter Impfstoff A,C,W,Y.
Ein Schutz wird nur gegen die jeweils genannten Serogruppen aufgebaut. Falls mit Bexsero geimpft wird, soll dies mit einem 2+1-Impfschema erfolgen: Für die Grundimmunisierung erhalten Kinder im Alter von 2, 4 und 12 Monaten je eine Impfstoffdosis.[40] Bei Nachholimpfungen erhalten 12–23 Monate alte Kinder zwei Impfungen (Mindestabstand 2 Monate), die dritte Dosis erfolgt schließlich 12–23 Monate nach der letzten Dosis. Bei Kindern ab 24 Monaten und Erwachsenen soll nur zwei Mal mit einem Mindestabstand von einem Monat geimpft werden, für Erwachsene über 50 Jahren liegen noch keine Daten vor.[8][40] Bei der Grundimmunisierung mit Trumenba werden Kinder über 10 Jahren zweimal geimpft (Mindestabstand 6 Monate); alternativ erhalten diese drei Impfstoffdosen (erster Mindestabstand 1 Monat, dann 4 Monate). Die Meningokokken-Impfung kann meistens gleichzeitig mit anderen Schutzimpfungen vorgenommen werden.
Nebenwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei den Polysaccharid- und Konjugatimpfstoffen werden ähnliche Nebenwirkungen beobachtet wie bei den Standardimpfungen anderer Totimpfstoffe, daher treten lokale Reaktionen, Fieber und andere unspezifische, systemische Nebenwirkungen ähnlich häufig auf.[6]
Nach der Impfung mit Konjugatimpfstoffen bei Säuglingen und Kleinkindern wurde häufig bis sehr häufig von geringgradigen Rötungen und Schwellungen an der Impfstelle sowie von Fieber (≥ 38 °C) berichtet. Es wird empfohlen, nach der Impfung die Temperatur zu überwachen, bevor es zu einem Fieberkrampf (> 39,5 °C) kommen kann.[49] Ferner traten Symptome wie Reizbarkeit, Schläfrigkeit oder Appetitlosigkeit auf.[49] In Zulassungsstudien wurden bei Jugendlichen, die den tetravalenten Konjugat- oder den Polysaccharidimpfstoff erhalten hatten, Schmerzen an der Impfstelle (49–56 %) und Kopfschmerzen (37–49 %) beobachtet. Auch Muskelschmerzen können eine mögliche Folge sein.[49]
Falls der Impfstoff gegen den Serotyp B zusammen mit dem Sechsfach- und dem Pneumokokkenimpfstoff verabreicht wird, wurden häufiger Nebenwirkungen – insbesondere Fieber, lokale Schmerzen sowie eine Schwellung und Rötung an der Einstichstelle – beobachtet.[40] Dieses lässt sich prophylaktisch durch die Gabe von Paracetamol abmildern, ohne dass die Bildung von Antikörpern beeinträchtigt wird. Es wurden Millionen Kinder mit Bexsero parallel zu anderen Impfstoffen geimpft.
Insgesamt liegt eine gute Verträglichkeit bei Meningokokken-Impfstoffen vor.[6]
Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In Deutschland ist Meningokokken-Meningitis eine meldepflichtige Krankheit nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Die namentliche Meldepflicht besteht bei Verdacht, Erkrankung und Tod. Meldepflichtig sind hinsichtlich der Erkrankung die feststellenden Ärzte usw. (§ 8 IfSG). Zudem ist der direkte Nachweis von Neisseria meningitidis namentlich meldepflichtig nach § 7 IfSG. Die Meldepflicht gilt nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, hämorrhagischen Hautinfiltraten oder anderen normalerweise sterilen Substraten. Meldepflichtig sind hinsichtlich des Nachweises des Erregers die Labore usw. (§ 8 IfSG).
In der Schweiz ist der positive laboranalytische Befund von N. meningitidis für Laboratorien meldepflichtig und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Zudem ist eine invasive Meningokokken-Erkrankung meldepflichtig für Ärzte, Spitäler usw. Grundlage sind die soeben genannten Normen und Anhang 1 der genannten Verordnung des EDI. Meldekriterien sind klinischer Verdacht und Veranlassung einer erregerspezifischen Labordiagnostik.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ulrich Vogel, Matthias Frosch: Gramnegative aerobe und fakultativ anaerobe Kokken. In: Birgid Neumeister, Heinrich K. Geiss, Rüdiger W. Braun, Peter Kimmig (Hrsg.): Mikrobiologische Diagnostik. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York 2009, ISBN 978-3-13-743602-7, S. 419–425.
Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 320 f., 327–329.
Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier: S. 177–184.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Meningokokken (Neisseria meningitidis) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Meningokokken-Erkrankungen – Informationen des Robert Koch-Instituts
Meningokokken, invasive Erkrankungen (Neisseria meningitidis). RKI-Ratgeber
www.meningococcus.de – Nationales Referenzzentrum für Meningokokken, Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Universität Würzburg
EpiscanGIS – Web-basiertes Geographisches Informationssystem zur Überwachung der Meningokokken-Erkrankungsfälle in Deutschland
Meningokokken-Netz – Vergleichende Genomanalyse zur Erfassung, Bewertung und Verhütung von Meningokokken-Erkrankungen
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ E. Bartolini et al.: Role of FNR and FNR-regulated, sugar fermentation genes in Neisseria meningitidis infection. In: Molecular Microbiology. (2006); 60, S. 963–972. doi:10.1111/j.1365-2958.2006.05163.x
↑ a b c d e f g h i j k l Lee H. Harrison, Dan M. Granoff, Andrew J. Pollard: Meningococcal Capsular Group A, C, W, and Y Conjugate Vaccines. In: Stanley A. Plotkin et al. (Hrsg.): Plotkin’s Vaccines. 7. Auflage. Elsevier, Philadelphia 2017, ISBN 978-0-323-35761-6, S. 619 ff., doi:10.1016/B978-0-323-35761-6.00038-9.
↑ Ivan D. Frantz: Growth Requirements of the Meningococcus. In: Journal of Bacteriology. Band 43, Nr. 6, Juni 1942, S. 757–761, PMID 16560537.
↑ Jeffrey Fu et al.: Recent Advances in the Large Scale Fermentation of Neisseria meningitidis Group B for the Production of an Outer Membrane Protein Complex. In: Bio/Technology. Band 13, Nr. 2, Februar 1995, S. 170–174, doi:10.1038/nbt0295-170.
↑ a b c d e f g Meningokokken, invasive Erkrankungen (Neisseria meningitidis). In: RKI-Ratgeber. RKI, 4. Juni 2021, abgerufen am 20. November 2023.
↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v Ulrich Heininger: Meningokokken. In: Heinz Spiess, Ulrich Heininger, Wolfgang Jilg (Hrsg.): Impfkompendium. 8. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2015, ISBN 978-3-13-498908-3, S. 220 ff., doi:10.1055/b-0035-127590.
↑ a b Lebensgefährliche Meningokokken. In: Pharmazeutische Zeitung. 13. Dezember 2004, abgerufen am 29. Dezember 2020.
↑ a b c Celine Müller: Warum ist der Meningokokken-B-Schutz keine Standardimpfung? In: Deutsche Apothekerzeitung. 24. August 2020, abgerufen am 29. Dezember 2020.
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↑ a b c David S; Stephens: Global control of meningococcal disease The New England Journal of Medicine 2023, Band 388, Ausgabe 21 vom 25. Mai 023, Seiten 2002–2004, doi:10.1056/NEJMe2301698
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↑ Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. 1961, S. 177.
↑ Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 525.
↑ Kein Taxi, kein Anruf, keine Hilfe. In: taz.de
↑ a b c d e f g Ständige Impfkommission (STIKO): Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2021. 26. August 2021, doi:10.25646/8824 (rki.de [abgerufen am 18. Oktober 2021]).
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↑ Petra Jungmayr: Zwei Fliegen mit einem Impfstoff. In: Deutsche Apothekerzeitung. 27. Juli 2017, abgerufen am 29. Dezember 2020.
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| Meningokokken Neisseria meningitidis Systematik Abteilung: Proteobacteria Klasse: Betaproteobacteria Ordnung: Neisseriales Familie: Neisseriaceae Gattung: Neisseria Art: Meningokokken Wissenschaftlicher Name Neisseria meningitidis (Albrecht & Ghon 1901)Murray 1929 Meningokokken (Neisseria meningitidis, früher Meningococcus meningitis) sind gramnegative intrazelluläre Bakterien, die als Diplokokken auftreten. Sie besiedeln beim Menschen den Nasenrachenraum und können schwere Krankheiten auslösen, vor allem eine gefährliche Hirnhautentzündung (Meningitis). Etwa zehn Prozent der europäischen Bevölkerung tragen diese Bakterien im Nasenrachenraum, ohne dabei Krankheitsanzeichen zu entwickeln. Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Meningokokken sind Bakterien der Art Neisseria meningitidis, die zu den aerob und fakultativ anaerob wachsenden, gramnegativen Kokken gehört. Die Bakterien können sich durch die Hochregulation von nitrat- statt sauerstoffabhängigen Enzymen ihres Zuckerstoffwechsels an die anaeroben Verhältnisse im infizierten Gewebe anpassen.[1] In flüssigen Nährmedien (sowie auch in der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit) lagern sich die Bakterien in Pärchen zusammen (Diplokokken), bei denen die Längsachsen der beiden Bakterien nebeneinander gelagert sind. Die Enden der Bakterien sind dabei abgerundet, sodass ein einzelnes Bakterium an eine Kaffeebohne, ein Pärchen jeweils entfernt an ein Brötchen erinnert (daher die Beschreibung als semmelförmige gramnegative Diplokokken). Bei einer durch diese Bakterien ausgelösten Meningitis findet man in der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) zusätzlich fast immer zahlreiche weiße Blutkörperchen (Granulozyten). Meningokokken wurden erstmals 1887 durch Anton Weichselbaum kultiviert (aus Patienten mit einer Meningitis).[2] Sie wachsen im Labor auf reichhaltigen Nährböden wie z. B. Kochblutagar oder Columbia-Blutagar sowie aufgrund ihrer Resistenz gegen Colistin auch auf Spezialnährböden zur Anzucht von pathogenen Neisserienarten wie z. B. Thayer-Martin-Agar. Am besten gelingt die Kultur in einer Atmosphäre, die einen erhöhten Kohlendioxid-Gehalt (ca. 5 10 %) aufweist.[2] Die Kolonien sind nach 24 Stunden Wachstum klein (ca. 1 mm Durchmesser), glatt, rund und von gräulicher Farbe. Sie bilden Cytochrom-c-Oxidase und reagieren daher im Oxidase-Test positiv. In der Literatur sind auch flüssige Nährmedien beschrieben.[3][4] Innerhalb der Art Neisseria meningitidis sind aufgrund der Zusammensetzung der Kapselpolysaccharide 12 verschiedene Serogruppen bekannt: A, B, C, E (ehemals 29E), H, I, K, L, W (ehemals W-135), X, Y und Z.[2][5] Die ehemalige Gruppe D hat sich als unbekapselte Variante der Gruppe C herausgestellt.[2] Bei Erkrankten werden in der Regel nur die Serogruppen A (vor allem im afrikanischen Meningitisgürtel ), B, C, W, Y und selten auch X (ebenfalls vorwiegend in Afrika) nachgewiesen. Bei Meningokokken-Infektionen in Deutschland tritt am häufigsten die Serogruppe B auf, gefolgt von C. Die Serogruppen unterscheiden sich in ihrer Oberflächenstruktur, welche unter anderem aus speziellen Zuckermolekülen besteht. Diese und andere Moleküle bilden eine dicke Kapsel um die Bakterien, die diese vor den Angriffen des Immunsystems schützt. Durch molekulare Feintypisierung der variablen Regionen äußerer Membranproteine (Porine PorA und FetA bzw. PorB[2]) lassen sich Meningokokken ferner in Serosubtypen mit unterschiedlichen Virulenzeigenschaften klassifizieren (z. B. B:P1.7 2,4:F1 5).[6][5] Übertragungswege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Meningokokken werden durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch beispielsweise beim Anhusten, Niesen oder Küssen übertragen. Begünstigt wird dies durch enge Unterkünfte oder Kindergärten bzw. Schulen.[6] Sie heften sich mithilfe kleiner Fortsätze (Pili) an die Schleimhäute des Nasenrachenraumes, wo sie wochen- oder monatelang bleiben können. Häufig verläuft die Besiedelung asymptomatisch.[6] Vor allem, wenn das Immunsystem geschwächt ist, etwa durch andere Infektionen, und abhängig vom Virulenzfaktor[2] vermehren sich die Bakterien, durchdringen die Schleimhäute (Mukosabarriere) und lösen Hirnhautentzündungen und Blutvergiftungen aus. Hierbei wirkt die Bekapselung einer Opsonisierung und Phagozytose des Immunsystems entgegen. Wenn die Bakterien im Blutstrom zirkulieren, ist die Milz an der Entfernung beteiligt. Daher besteht die Gefahr für Patienten mit eingeschränkter Milzfunktion, dass eine invasive Meningokokken-Infektion schwerer verläuft.[2] Der Mensch ist das einzige Erregerreservoir für Meningokokken.[6] Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Weltweit werden mehr als 90 Prozent der Meningokokken-Infektionen durch bestimmte Serotypen, Typ A, B, C, W und Y, hervorgerufen. In Deutschland wurden vor 2004 etwa 700 bis 800 invasive Meningokokken-Erkrankungen jährlich registriert.[7] Einige Fälle werden von Reisenden aus dem europäischen Ausland eingeschleppt. Die Inzidenz ist seit 2004 rückläufig: Sie sank auf jährlich 0,4 pro 100.000 Einwohnern (Stand 2014).[5] Einer weiteren Reduktion der Zahl invasiver Meningokokken-Fälle von 2019 (257) auf 2020 (138) wird vor allem den COVID-19-Schutzmaßnahmen zugeschrieben. Etwa 60 Prozent werden durch den Serotyp B verursacht, gefolgt von den Serotypen C, W und Y. Der Anteil der Erkrankungen vom Serotyp C, insbesondere bei Kleinkindern, ist seit Einführung der Meningokokken-C-Impfung zurückgegangen: 2006 wurden 137 Krankheitsfälle gemeldet, 2010 dann 76, 2015 noch 41 und 2019 schließlich 27 Erkrankungen. 2021 wurden 74 Fälle gezählt, 2022 waren es 127.[8][5][9] Kinder unter vier Jahren sind besonders häufig betroffen und machen 40 Prozent aller Patienten aus. Mit Abstand am häufigsten sind Säuglinge im ersten Lebensjahr betroffen. Auch heute noch sterben etwa zehn Prozent der Patienten. Insgesamt liegt die Letalität bei etwa 8 10 %.[6] Im Jahr 2012 wurde in der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben, erstmals ein erhöhtes Infektionsrisiko in Metropolen wie New York und Berlin festgestellt.[10] Verschiedene Ausbrüche unter anderem in Deutschland legen zudem nahe, dass Meningokokken sexuell übertragbar sein könnten.[11] Epidemische Häufungen werden in gemäßigten Zonen im späten Winter bzw. frühen Frühling verzeichnet.[6] Dies lässt darauf schließen, dass eine geringe Luftfeuchtigkeit eine Infektion begünstigt.[6] Epidemien werden von November bis Mai gehäuft auch in Indien, vor allem Nordindien, und Nepal beobachtet. Auch bei großen Menschenansammlungen können Meningokokken übertragen werden, so bei Rekruten in der Kaserne oder in College-Wohnheimen.[12] Auch bei der jährlichen muslimischen Pilgerfahrt Haddsch nach Mekka in Saudi-Arabien sind wiederholt Ausbrüche beschrieben worden. Daher besteht für Mekka-Pilger inzwischen eine Impfpflicht.[13] Afrikanischer Meningitis-Gürtel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Am Ende der Trockenzeit (März/April) kamen seit dem 19. Jahrhundert und bis 2010 Meningokokken-Epidemien überwiegend der Serogruppe A im afrikanischen Meningitisgürtel vor. Dieser liegt in Afrika südlich der Sahara im Bereich der Trockensavanne und in südlichen Teilen der Sahelzone. Er reicht von Senegal und Gambia im Westen bis nach Äthiopien, Südsudan und ins nördliche Kenia im Osten.[14] In dem Meningitis-Gürtel wurden Erkrankungsraten von 100 bis 800/100.000 Einwohner pro Jahr beobachtet,[15], dies sind die höchsten Fallzahlen und höchsten Sterblichkeiten weltweit. Die Epidemien traten alle fünf bis zwölf Jahre in der Trockenzeit zwischen Dezember und Mai auf, manchmal mehrjährig, und dehnten sich teilweise in Regionen südlich des Meningitis-Gürtels aus. Ursächlich war der Serotyp A. Die Epidemie 1996 1997 war der schwerste bekannte Ausbruch mit geschätzt 250.000 Erkrankten und 25.000 Todesfällen.[16] In der Folge entwickelte die WHO ein Forschungsprojekt, um einen Impfstoff zu entwickeln, in Zusammenarbeit unter anderem mit dem indischen Serum-Institut und mit finanzieller Unterstützung der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung. Der monovalente nur gegen Serotyp A gerichtete Impfstoff MenAfriVac kostet etwa 0,50 US-Dollar und wurde zwischen 2010 und 2023 in über 26 afrikanischen Ländern vorwiegend des Meningitis-Gürtels eingesetzt und über 332 Millionen Personen konnten geimpft werden. Seither kam es nicht mehr zu einem großen Meningitis-Ausbruch in diesem Bereich, Serotyp A konnte praktisch eliminiert werden. Allerdings besteht weiterhin eine hohe endemische Häufigkeit an Meningitis-Fällen durch die Serogruppen C, W und X, weshalb neue Impfstoffe gegen vier bis fünf Serogruppen entwickelt werden.[14] Im April 2024 stellte die WHO den neuen Impfstoff Men5CV (MenFive) vor, der gegen die Serogruppen A, C, W, X und Y schützen soll.[17] Towards a world free of meningitis [Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Auf der Weltgesundheitsversammlung im November 2020, der Vollversammlung der WHO, wurde eine Vision für 2030 erarbeitet, hin zu einer Meningitis-freien Welt , und eine Defeating Meningitis by 2030 global road map , ein weltweites Programm zur Eliminierung der bakteriellen Meningitis bis 2030 verabschiedet. Dieses Programm hat drei konkrete Ziele: Ausbrüche/Epidemien bakterieller Meningitiden, also v. a. durch Meningokokken, sollen eliminiert werden, die Anzahl der Meningitis-Fälle, die durch Impfung verhinderbar wären, um 50 % reduziert werden, und die Zahl der impfpräventablen Todesfälle um 70 % reduziert werden. Außerdem sollen die Schwere und Häufigkeit verbleibender Behinderungen reduziert und die Lebensqualität der Personen, die eine Meningitis überlebt haben, verbessert werden.[14] Krankheitsbild (Symptome)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Klassifikation nach ICD-10 A39 Meningokokkeninfektion {{{02-BEZEICHNUNG}}} {{{03-BEZEICHNUNG}}} {{{04-BEZEICHNUNG}}} {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Charlotte Cleverley-Bisman, ein neuseeländisches Kind, das im Alter von sieben Monaten eine Meningokokken-Infektion überlebte, dem aber alle vier Extremitäten teilweise amputiert werden mussten[18] Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 3 4 Tage, kürzere und längere Inkubationszeiten (2 10 Tage) werden ebenfalls beobachtet. Das Spektrum der Erkrankung reicht von leichten Verläufen mit spontaner Abheilung bis hin zu einem hochakuten Ausbruch, der trotz Behandlung in wenigen Stunden zum Tod führt. Bezeichnend für eine Entzündung der Hirnhäute (Pia mater und Arachnoidea)[6] ist die sogenannte Meningokokkenmeningitis, genannt auch Meningitis cerebrospinalis epidemica und übertragbare Genickstarre,[19] deren Erstbeschreibung im 19. Jahrhundert auf Franz von Rinecker zurückgeht.[20] Sie beginnt mit starkem Krankheitsgefühl wie Abgeschlagenheit, hohem Fieber, Übelkeit und Erbrechen, Schüttelfrost, Gelenk- und Muskelschmerzen, Krämpfen oder Bewusstseinsstörungen. Als typisches Zeichen einer Hirnhautentzündung tritt die Nackensteifigkeit auf; diese bewirkt dann das sogenannte Kissenbohren: wenn der Patient liegt, zeigt sich ein überstrecktes Hohlkreuz und der Kopf drückt sich in das Kissen (Opisthotonus). Ungefähr die Hälfte der Patienten hat Petechien wegen der hämatogenen Erregerstreuung (Bakteriämie oder Sepsis).[6] Bei Säuglingen kann neben dem fast immer auftretenden Fieber die Symptomatik zunächst wenig eindeutig sein: Apathie oder Unruhe, Nahrungsverweigerung und Berührungsempfindlichkeit. Lichtempfindlichkeit ist ein mögliches Begleitsymptom. Bewusstseinstrübung, punktförmige Hautblutungen und Kreislaufkollaps sind Hinweise auf einen lebensbedrohenden Krankheitsverlauf (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom). In schweren Fällen tritt der Tod schon innerhalb weniger Stunden ein. Treten die Bakterien in die Blutbahn über und überschwemmen den Körper mit ihren Giftstoffen, spricht man von einer Sepsis. Sie ist lebensbedrohlich. Bei schnellem Verlauf hin zur Sepsis müssen die meningitischen Symptome nicht auftreten; die Schock- und toxisch bedingten Symptome stehen dann im Vordergrund. Bei nicht zeitnaher Behandlung kann es durch die Sepsis zum Verlust von Gliedmaßen kommen.[21] Entscheidend ist eine möglichst frühe Behandlung mit Antibiotika. Trotz Behandlung können Komplikationen und Spätfolgen wie Hörverlust, Blindheit, Lähmungen oder Krampfleiden auftreten und für jeden zehnten Patienten kommt jede Hilfe zu spät. Deshalb ist die vorbeugende Schutzimpfung für gefährdete Personen (beispielsweise aufgrund eines angeborenen oder erworbenen Immundefekts) besonders wichtig. Enge Kontaktpersonen von Patienten mit einer invasiven Meningokokken-Infektion (IME) sollten eine vorbeugende Therapie mit einem Antibiotikum (etwa Rifampicin) sowie eine postexpositionelle Impfung erhalten, sofern sie über keinen aktuellen Impfschutz gegen die entsprechende Serogruppe verfügen.[22] Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Sind Meningokokken als Erreger nachgewiesen worden, ist das Antibiotikum der Wahl Penicillin G oder ein Cephalosporin der 3. Generation (Ceftriaxon). Der Vorteil von Ceftriaxon ist das Erfassen weiterer bakterieller Meningitiserreger. Wichtig ist das frühzeitige Therapieren. Daher ist es in der Praxis üblich, bei Verdacht auf eine eitrige Meningitis sofort, noch vor dem Erregernachweis, Cephalosporine der 3. Generation zu verabreichen; zusätzlich ist die Gabe von Ampicillin zu erwägen, um auch eine Listerien-Meningitis antibiotisch abzudecken. Chemoprophylaxe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Um bei Kontaktpersonen von Infizierten einer Erkrankung mit Meningokokken vorzubeugen, wird eine Chemoprophylaxe empfohlen. Die Prophylaxe ist indiziert, falls der Kontakt in den letzten sieben Tagen vor der Erkrankung stattgefunden hat. Die Behandlung sollte möglichst bald nach der Diagnosestellung beim Indexfall erfolgen, ist aber bis zu 10 Tage nach der letzten Exposition sinnvoll. Hierbei einsetzbare Chemotherapeutika sind Rifampicin und dessen Alternativen Ciprofloxacin, Ceftriaxon sowie Azithromycin. Auch der Erkrankte sollte, wenn er zur Behandlung nicht ein Cephalosporin der dritten Generation intravenös erhalten hatte, nach Abschluss seiner Therapie eine Prophylaxe mit Rifampicin erhalten.[22][23] Impfung (Immunprophylaxe)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Erste Versuche der Impfstoffherstellung wurden Beginn des 20. Jahrhunderts mit abgetöteten Zellen des Erregers unternommen. Zwischen 1900 und 1940 gab es zwar viele Studien zur Wirksamkeit, diese waren aber von schlechter Qualität, was die Aussagekraft erheblich gesenkt hatte.[2] Durch die Entdeckung von Antibiotika wurde die Entwicklung geeigneter Impfstoffe zunächst zurückgestellt. Das Auftreten erster Sulfonamid-resistenter Stämme in den 1960er-Jahren stellte gerade für Militärrekruten während des Vietnamkrieges ein ernstzunehmendes Problem dar, was die Impfstoffentwicklung wieder bestärkte.[2] Ende der 1960er Jahre konnte durch die Arbeiten von Emil C. Gotschlich und Mitarbeitern Polysaccharide aus N. meningitidis isoliert und gereinigt werden, die sicher und ausreichend immunogen waren.[2] Aufgrund gewisser Limitationen der Polysaccharid-Impfstoffe (z. B. fehlende T-Zell-abhängige Immunantwort, keinen Einfluss auf den Trägerstatus der entsprechenden Meningokokkenserogruppen im Nasen-Rachen-Raum[6]) wurde aufgrund der guten Erfahrungen von Hib-Impfstoffen ebenfalls an Konjugatimpfstoffen für Meningokokken geforscht. Dies mündete 1999, auch auf Druck der Öffentlichkeit, in der Zulassung eines ersten, monovalenten Konjugatimpfstoffes gegen Meningokokken der Gruppe C in Großbritannien auf Grundlage von Immunogentiäts- und Verträglichkeitsdaten ein Wirksamkeitsnachweis war vorher nicht erfolgt.[2][6] Zur Vorbeugung einer Meningokokkeninfektion, etwa vor einer geplanten Milzentfernung, stehen Konjugatimpfstoffe gegen den Serotyp C zur Verfügung, der beispielsweise in England, Spanien oder auch in einigen Regionen Deutschlands gehäuft auftritt, zudem gegen die Typen A, W und Y. Außerdem wurden ab 2013 erste Impfstoffe gegen N. meningitidis der Gruppe B in Europa zugelassen. In Kuba wurde bereits 1988 ein Impfstoff gegen die Gruppe B eingesetzt.[24][25] Auch in Neuseeland gab es ab 2004 einen Impfstoff (MeNZB) gegen einen speziellen Erregertyp der Gruppe B, der damals nur dort vorgekommen ist; der Impfstoff wird heute nicht mehr hergestellt.[7][26] Die Impfung ist die zuverlässigste Maßnahme zur Prävention invasiver Meningokokkeninfektionen.[6] Polysaccharid-Impfstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei Polysaccharid-Impfstoffen verwendet man gereinigte, gruppenspezifische Kapselpolysaccharide (PS), damit Teile der Bakterienhülle.[6] Bei den früher erhältlichen Polysaccharid-Impfstoffen wurde ein Schutz gegen die Serotypen A und C (AC-Impfstoff, etwa Meningokokken-Impfstoff A+C M rieux, nicht mehr vermarktet[27]) bzw. gegen die Serotypen A, C, W und Y (etwa der ehemalige Impfstoff Mencevax ACWY, dessen Vermarktung 2013 endete und nicht mehr ausgeliefert wird[28][6]) aufgebaut. Zwar stimulieren PS der Gruppe A im Gegensatz zu den PS der Gruppen C, W und Y im Säuglingsalter bereits das T-Zell-Immunsystem, sodass nach einmaliger Gabe IgG-Antikörper gebildet werden. Jedoch erreichen die Serumantikörper selbst nach Booster nach einem Jahr wieder die Ausgangswerte vor der Impfung. Zudem hat man bei einer Impfung unter zwei Jahren mit PS der Gruppe C beobachtet, dass sich eine anhaltende, einen Boostereffekt inhibierende Immuntoleranz bildet. Daher schützen beide Polysaccharid-Impfstoffe am besten ab einem Alter von zwei Jahren, da erst ab diesem Alter eine T-zellunabhängige B-Zellaktivierung möglich ist. Die altersabhängige Wirksamkeit der Impfung gegenüber Gruppe-C-Infektionen wurde aufgrund eines Meningokokkenausbruchs in Quebec ermittelt: Sie beträgt 41 % bei Kindern von 2 9 Jahren, 75 % bei Kindern von 10 14 Jahren und 83 % bei Kindern und jungen Erwachsenen von 15 20 Jahren.[6] Polysaccharid-Impfstoffe werden unter die Haut gespritzt. Der Impfschutz hält mindestens drei Jahre. Für Erwachsene und Kinder genügt eine einmalige Injektion. Der AC-Impfstoff kann ab einem Alter von 18 Monaten eingesetzt werden. Der ACWY-Impfstoff ist ab zwei Jahren wirksam. Bei jüngeren Kindern ist ein Schutz gegen die Gruppen C, W und Y nicht gesichert und der Impfschutz hält höchstens zwei Jahre an. Um einen besseren Impfschutz zu erreichen, können Kinder unter zwei Jahren im Abstand von drei Monaten auch ein zweites Mal geimpft werden. Die Schutzwirkung der Impfung setzt etwa nach zwei Wochen ein. Bei bestehendem Infektionsrisiko ist nach drei Jahren eine Wiederholungsimpfung ratsam. Polysaccharid-Impfstoffe wurden größtenteils durch Konjugatimpfstoffe ersetzt.[2] Konjugatimpfstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Speziell für Kinder im Alter zwischen zwei Monaten und zwei Jahren sind sogenannte Konjugatimpfstoffe entwickelt worden. Sie können bei Bedarf aber auch bei älteren Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen eingesetzt werden. Bei einem Konjugatimpfstoff sind die Teile der Bakterienhülle zusätzlich an ein Eiweiß (Protein) gebunden, wodurch eine bessere T-Zell-abhängige Immunantwort erzielt wird. Die Kapselantigene können beispielsweise an der ungiftigen Variante des Diphtherietoxins CRM197 aus Corynebacterium diphtheriae (z. B. bei Menveo[29]) oder an ein Tetanustoxoid-Trägerprotein konjugiert sein (z. B. bei Nimenrix[30]). In Deutschland sind drei C-Konjugatimpfstoffe ab dem Alter von 2 Monaten zugelassen: Meningitec, Menjugate und NeisVac-C.[27] Sie schützen vor Infektionen mit Meningokokken des Serotyps C, der in Deutschland etwa jede fünfte Erkrankung verursacht. Die Impfung mit solchen Konjugatimpfstoffen kann bei Bedarf ab dem dritten Lebensjahr mit einem Polysaccharidimpfstoff ergänzt werden. Als Adjuvans enthalten C-Konjugatimpfstoffe Aluminiumhydroxid.[6] Die Wirksamkeit der Impfung wurde anhand von Fall-Kontrollstudien in Großbritannien ermittelt, das als erstes Land ein nationales Impfprogramm gegen Meningokokken 1999 initiiert hatte.[6] Für Kinder im Alter von 1 2 Jahren und Jugendlichen im Alter von 15 17 Jahren wurde eine Wirksamkeit von 92 % bzw. 97 % ermittelt. Dies erklärt auch den schnellen und signifikanten Rückgang invasiver Meningokokkeninfektionen der Gruppe C.[6] Epidemiologische Beobachtungsstudien anderer Länder bestätigten die hohe Wirksamkeit des Konjugatimpfstoffes. Zudem reduzieren Konjugatimpfstoffe auch die entsprechenden Meningokokkenserogruppen im Nasen-Rachen-Raum.[6] Im Oktober 2010 wurde in Europa ein tetravalenter Konjugatimpfstoff gegen A, C, W und Y (Menveo) zugelassen, ursprünglich für 11- bis 55-Jährige, ab 2011 auch für 2- bis 10-jährige Kinder.[31] 2012 folgte ein zweiter tetravalenter Konjugatimpfstoff, Nimenrix, ab einem Alter von 6 Wochen.[32] Diese beiden Impfstoffe sind nicht nur früher als der entsprechende Polysaccharidimpfstoff einsetzbar, sondern zudem auch auffrischbar, da hier im Gegensatz zu Polysaccharidimpfstoffen ein immunologisches Gedächtnis gebildet wird. Zudem erlaubt die T-Zellhilfe einen Klassenwechsel, sodass auch IgA gebildet werden kann (Polysaccharidimpfstoffe nur IgM) und damit der Trägerstatus vermindert werden sollte. Sie weisen damit eine bessere Immunogenität auf.[6] Seit dem Januar 2013 ist in Europa ein wirksamer rekombinanter Adsorbatimpfstoff (Bexsero[33]) gegen den Serotyp B zugelassen. Er basiert nicht auf Kapsel-Antigenen wie bei den Serotypen A, C, W und Y, da die Kapsel des Serotyps B dem menschlichen neuronalen Zelladhäsionsprotein 1 (NCAM-1) ähnelt, sondern auf vier immunogenen Oberflächenantigenen ( 4CMenB bzw. MenB-4C ).[34][35] Diese wurde durch sogenannte reverse Vakzinologie entwickelt (umgekehrte Impfstoffentwicklung). Hierbei wurden besonders immunogene, potenzielle Oberflächenproteinantigene mit Hilfe einer Computeranalyse des N.-meningitidis-Genoms identifiziert, anschließend exprimiert und dann Mäusen immunisiert: Es sind das Faktor-H-Bindungsprotein fHbp ( factor H binding protein ), das Neisseria Adhäsin A NadA ( Neisserial adhesin A ), das Neisseria-Heparin-Bindungsantigen NHBA ( Neisserial Heparin Binding Antigen ) sowie das PorA-Protein ( Porin A P1.4 ).[35][36] Die Oberflächenproteine werden vom Großteil aller zirkulierenden MenB-Stämmen exprimiert (beziehungsweise wenigstens zu einem ausreichenden Grad).[35] Als Adjuvans wird Aluminiumhydroxid verwendet. Bexsero ist für die aktive Immunisierung im Alter ab 2 Monaten und älter gegen invasive Meningokokken-Erkrankungen indiziert. Die Impfung schützt aber nicht vor einer asymptomatischen Besiedlung des Nasen-Rachenraumes; es liegen noch keine Daten über die Dauer des Schutzes vor. Ebenfalls zugelassen gegen N. meningitidis der Gruppe B ist Trumenba[37] ( rLP2086 ) für Personen ab einem Alter von 10 Jahren. Die fHbp-Komponenten sind lipidiert, da die Antigene in dieser Form zu einer verbesserten Immunantwort geführt hatten.[35] fHbp ist an Aluminiumphosphat adsorbiert. In Nigeria ist außerdem der pentavalente Impfstoff Men5CV verfügbar, der sich gegen die Serotypen A, C, W, X und Y richtet.[17] Impfempfehlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt seit 2006[38] die einmalige Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C mit dem C-Konjugat-Impfstoff standardmäßig für alle Kinder ab 12 Monate (Beginn des 2. Lebensjahres).[39][5] Dabei werden die Reduzierung der Morbidität invasiver Meningokokken-Erkrankungen durch diese Serogruppe und der resultierenden Folgen wie Hospitalisierung, schwere Komplikationen, Behinderung und Tod als primäres Ziel angesehen. Für noch nicht geimpfte Kinder und Jugendliche wird das Nachholen der Impfung bis zum 18. Lebensjahr empfohlen.[40] 2011 betrug die Impfquote von Kleinkindern etwa 80 %,[5] diese stieg 2017 auf fast 90 %.[8] Allen Säuglingen ab dem Alter von zwei Monaten wird seit 2024 eine Standardimpfung mit dem Meningokokken-B-Impfstoff Bexsero empfohlen, die Impfung soll bei Kleinkindern bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden.[40] Das Erkrankungsrisiko ist im ersten Lebensjahr am höchsten, während die Neuerkrankungsrate der MenB-Erkrankungen bei 5- bis 19-Jährigen signifikant niedriger als bei Säuglingen ist daher spricht das RKI für Kinder ab 5 Jahren keine Impfempfehlung aus. Die Impfung kann parallel zu anderen geplanten Impfungen (z. B. Impfung mit dem hexavalenten Impfstoff) erfolgen, eine solche Koadministration beeinträchtigt nicht die Wirksamkeit, kann aber stärkere Impfreaktionen hervorrufen. Bei Kindern unter zwei Jahren wird aufgrund der Reaktogenität des Meningokokken-B-Impfstoffes parallel oder kurz nach der Impfung eine Gabe von Paracetamol empfohlen, abhängig von Gewicht und Alter des Kindes. Außerdem empfiehlt die STIKO die Immunisierung mit einem Meningokokken-ACWY-Konjugatimpfstoff sowie falls im Säuglings- bzw. Kleinkindalter noch nicht erfolgt mit einem Meningokokken-B-Impfstoff für alle Risikogruppen. Dazu zählen neben beruflich exponierten Personen (etwa Laborpersonal) insbesondere Menschen mit angeborener oder erworbener Immunschwäche.[22] Diese erkranken durchschnittlich häufiger an Infektionskrankheiten und erleiden öfter einen schweren Verlauf.[22][41] Da der Impfschutz gegen alle Meningokokken-Serogruppen mittels Totimpfstoffen erzeugt wird, besteht in der Regel kein erhöhtes Risiko für Komplikationen bei immungeschwächten Personen.[41][42] Ursachen für die Immunschwäche können unter anderem sein: Primäre oder erworbene Immundefekte, z. B. DiGeorge-Syndrom, Common Variable Immunodeficiency (CVID), Hypogammaglobulinämie, Defekte des Toll-like Rezeptor Signalwegs, HIV-Infektion, AIDS, Komplement-/Properdin-Defizienz, Asplenie[11][22] Autoimmunerkrankungen wie Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen[22][41] Immunmodulatorische Therapie, z. B. Behandlung mit C5-Komplement-Inhibitoren oder Therapie bei Psoriasis oder onkologischer Erkrankungen; mindestens 2 Wochen vor Beginn einer medikamentös hervorgerufenen Immunsuppression sollte der Impfschutz aktualisiert und bei längerfristiger Behandlung alle fünf Jahre aufgefrischt werden.[22][41][43] Transplantation: Es wird ein erhöhtes Risiko für invasive Meningokokken-Erkrankungen (IME) nach Gewebe- oder Organtransplantationen angenommen, weshalb vor der Operation ein Impfschutz aufgebaut und anschließend alle fünf Jahre aufgefrischt werden sollte.[43] Hämodialyse als Nierenersatzverfahren: Die amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) empfehlen die Impfung für Erwachsene unter einer Dialyse-Behandlung, wenn zusätzliche Risikofaktoren vorliegen.[44] Auch Reisende in Gebiete, in denen Meningokokken-Infektionen häufig auftreten, tragen ein erhöhtes Infektionsrisiko, wenn sie sich dort länger aufhalten oder engen Kontakt zur Bevölkerung haben. Schließlich sollten Säuglinge, Kinder oder Jugendliche bei Vorliegen eines erhöhten Risikos für invasive Meningokokken-Erkrankungen entsprechend geimpft werden.[5] Der Berliner Impfbeirat empfiehlt seit Juli 2013 Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), sich mit einem Impfstoff impfen zu lassen, der eine Komponente gegen Meningokokken der Gruppe C enthält und für Erwachsene zugelassen ist. Anlass für die Impfempfehlung sind gehäufte Erkrankungsausbrüche im MSM-Kreis mit schweren, auch tödlichen Verläufen, wie sie jüngst auch aus New York, Paris und Berlin beschrieben wurden.[10][45][46][47] Saudi-Arabien verlangt während der Mekka-Wallfahrten von Pilgern und Besuchern eine aktuelle Impfbescheinigung. Die Impfung muss mindestens zehn Tage vor der Einreise erfolgen. Konjugatimpfstoffe haben eine Gültigkeit von fünf Jahren, bei fehlender Angabe des Impfstofftyps oder Verwendung des Polysaccharidimpfstoffs beträgt die Gültigkeit drei Jahre.[48] Pflicht ist ein tetravalenter Impfstoff A,C,W,Y. Ein Schutz wird nur gegen die jeweils genannten Serogruppen aufgebaut. Falls mit Bexsero geimpft wird, soll dies mit einem 2+1-Impfschema erfolgen: Für die Grundimmunisierung erhalten Kinder im Alter von 2, 4 und 12 Monaten je eine Impfstoffdosis.[40] Bei Nachholimpfungen erhalten 12 23 Monate alte Kinder zwei Impfungen (Mindestabstand 2 Monate), die dritte Dosis erfolgt schließlich 12 23 Monate nach der letzten Dosis. Bei Kindern ab 24 Monaten und Erwachsenen soll nur zwei Mal mit einem Mindestabstand von einem Monat geimpft werden, für Erwachsene über 50 Jahren liegen noch keine Daten vor.[8][40] Bei der Grundimmunisierung mit Trumenba werden Kinder über 10 Jahren zweimal geimpft (Mindestabstand 6 Monate); alternativ erhalten diese drei Impfstoffdosen (erster Mindestabstand 1 Monat, dann 4 Monate). Die Meningokokken-Impfung kann meistens gleichzeitig mit anderen Schutzimpfungen vorgenommen werden. Nebenwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei den Polysaccharid- und Konjugatimpfstoffen werden ähnliche Nebenwirkungen beobachtet wie bei den Standardimpfungen anderer Totimpfstoffe, daher treten lokale Reaktionen, Fieber und andere unspezifische, systemische Nebenwirkungen ähnlich häufig auf.[6] Nach der Impfung mit Konjugatimpfstoffen bei Säuglingen und Kleinkindern wurde häufig bis sehr häufig von geringgradigen Rötungen und Schwellungen an der Impfstelle sowie von Fieber ( 38 C) berichtet. Es wird empfohlen, nach der Impfung die Temperatur zu überwachen, bevor es zu einem Fieberkrampf (> 39,5 C) kommen kann.[49] Ferner traten Symptome wie Reizbarkeit, Schläfrigkeit oder Appetitlosigkeit auf.[49] In Zulassungsstudien wurden bei Jugendlichen, die den tetravalenten Konjugat- oder den Polysaccharidimpfstoff erhalten hatten, Schmerzen an der Impfstelle (49 56 %) und Kopfschmerzen (37 49 %) beobachtet. Auch Muskelschmerzen können eine mögliche Folge sein.[49] Falls der Impfstoff gegen den Serotyp B zusammen mit dem Sechsfach- und dem Pneumokokkenimpfstoff verabreicht wird, wurden häufiger Nebenwirkungen insbesondere Fieber, lokale Schmerzen sowie eine Schwellung und Rötung an der Einstichstelle beobachtet.[40] Dieses lässt sich prophylaktisch durch die Gabe von Paracetamol abmildern, ohne dass die Bildung von Antikörpern beeinträchtigt wird. Es wurden Millionen Kinder mit Bexsero parallel zu anderen Impfstoffen geimpft. Insgesamt liegt eine gute Verträglichkeit bei Meningokokken-Impfstoffen vor.[6] Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In Deutschland ist Meningokokken-Meningitis eine meldepflichtige Krankheit nach 6 Absatz 1 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Die namentliche Meldepflicht besteht bei Verdacht, Erkrankung und Tod. Meldepflichtig sind hinsichtlich der Erkrankung die feststellenden Ärzte usw. ( 8 IfSG). Zudem ist der direkte Nachweis von Neisseria meningitidis namentlich meldepflichtig nach 7 IfSG. Die Meldepflicht gilt nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, hämorrhagischen Hautinfiltraten oder anderen normalerweise sterilen Substraten. Meldepflichtig sind hinsichtlich des Nachweises des Erregers die Labore usw. ( 8 IfSG). In der Schweiz ist der positive laboranalytische Befund von N. meningitidis für Laboratorien meldepflichtig und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Zudem ist eine invasive Meningokokken-Erkrankung meldepflichtig für Ärzte, Spitäler usw. Grundlage sind die soeben genannten Normen und Anhang 1 der genannten Verordnung des EDI. Meldekriterien sind klinischer Verdacht und Veranlassung einer erregerspezifischen Labordiagnostik. Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ulrich Vogel, Matthias Frosch: Gramnegative aerobe und fakultativ anaerobe Kokken. In: Birgid Neumeister, Heinrich K. Geiss, Rüdiger W. Braun, Peter Kimmig (Hrsg.): Mikrobiologische Diagnostik. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York 2009, ISBN 978-3-13-743602-7, S. 419 425. Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 320 f., 327 329. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9 223, hier: S. 177 184. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Meningokokken (Neisseria meningitidis) Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Meningokokken-Erkrankungen Informationen des Robert Koch-Instituts Meningokokken, invasive Erkrankungen (Neisseria meningitidis). RKI-Ratgeber www.meningococcus.de Nationales Referenzzentrum für Meningokokken, Institut für Hygiene und Mikrobiologie, Universität Würzburg EpiscanGIS Web-basiertes Geographisches Informationssystem zur Überwachung der Meningokokken-Erkrankungsfälle in Deutschland Meningokokken-Netz Vergleichende Genomanalyse zur Erfassung, Bewertung und Verhütung von Meningokokken-Erkrankungen Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] E. Bartolini et al.: Role of FNR and FNR-regulated, sugar fermentation genes in Neisseria meningitidis infection. In: Molecular Microbiology. (2006); 60, S. 963 972. doi:10.1111/j.1365-2958.2006.05163.x a b c d e f g h i j k l Lee H. Harrison, Dan M. Granoff, Andrew J. Pollard: Meningococcal Capsular Group A, C, W, and Y Conjugate Vaccines. In: Stanley A. Plotkin et al. (Hrsg.): Plotkin s Vaccines. 7. Auflage. Elsevier, Philadelphia 2017, ISBN 978-0-323-35761-6, S. 619 ff., doi:10.1016/B978-0-323-35761-6.00038-9. Ivan D. 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Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlin.de Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, Pressemitteilung vom 18. Juli 2013. Rundschreiben über die öffentlich empfohlene Meningokokken-Schutzimpfung (PDF) Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, 7. Dezember 2014. Wiebke Hellenbrand, Heike Claus, Susanne Schink, Ulrich Marcus, Ole Wichmann: Risk of Invasive Meningococcal Disease in Men Who Have Sex with Men: Lessons Learned from an Outbreak in Germany, 2012 2013. In: PLOS ONE. Band 11, Nr. 8, 8. März 2016, ISSN 1932-6203, S. e0160126, doi:10.1371/journal.pone.0160126, PMID 27486669, PMC 4972413 (freier Volltext) (plos.org [abgerufen am 13. Oktober 2021]). Reisemedizinische Länderinformationen Saudi-Arabien (2021). Centrum für Reisemedizin, 2021, abgerufen am 13. Oktober 2021. a b c Meningokokken: die Krankheit und der Impfstoff. In: Infovac. 27. November 2020, abgerufen am 1. Januar 2021. Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! |
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Dieser Artikel behandelt das Körperorgan Milz. Für andere Bedeutungen siehe Milz (Begriffsklärung).
Lage und (grobes) Schema der Milz
Laparoskopische Ansicht einer menschlichen Milz
Die Milz (lateinisch lien, altgriechisch σπλήν splēn) ist ein in den Blutkreislauf eingeschaltetes Organ des lymphatischen Systems und liegt in der Bauchhöhle in der Nähe des Magens. Die Milz hat drei grundlegende Aufgaben: Zum einen dient sie der Vermehrung der zu den weißen Blutkörperchen gehörenden Lymphozyten und spielt daher eine Rolle bei der Abwehr körperfremder Stoffe (Antigene). Zweitens ist sie ein wichtiger Speicherort für die ebenfalls zu den weißen Blutkörperchen zählenden Monozyten.[1] Drittens dient sie der Aussonderung überalterter roter Blutkörperchen. In der späten Fetalentwicklung und bei jungen Säugetieren spielt die Milz darüber hinaus auch eine Rolle bei der Bildung roter Blutkörperchen.
Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das im Neuhochdeutschen weibliche Wort Milz (mittelhochdeutsch noch männlich milz neben milze) geht auf althochdeutsch milzi (Neutrum) zurück und ist einer der ausgeprägtesten „Geschlechtswechsler“[2] unter den deutschen anatomischen Bezeichnungen. Als „erweichende, schmelzende Drüse“ ist das Wort verwandt mit „Malz“, somit ableitbar von einer germanischen Wortwurzel *melt- (vgl. englisch melt und altnordisch melta: „sich auflösen, zerfließen“), und „schmelzen“ (vgl. angelsächsisch meltan „schmelzen, verbrennen, verdauen“).[3]
Anatomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Milz einer Katze, real 8 cm lang
Feinaufbau der Milz: (1) Sekundärer Lymphfollikel (weiße Pulpa), (2) Zentralarterie, (3) Periarterielle Lymphscheide, (4) rote Pulpa
Die Milz ist beim Menschen ein etwa 11 cm × 7 cm × 4 cm großes („Siebenundvierzig-Elf-Regel“)[4] und 150–200 g schweres Organ, das im linken Oberbauch unterhalb des Zwerchfells, hinter dem Magen und oberhalb der linken Niere liegt. Bei Säugetieren kann die Milz erhebliche Ausmaße einnehmen, beim Pferd ist sie 50 cm lang. Bei Vögeln ist die Milz kugelförmig. Sie ist das größte lymphoretikuläre Organ mesodermaler Herkunft, das in Segmente unterteilt ist.
Beim Menschen unterscheidet man die konkave Eingeweidefläche (Facies visceralis) und die konvexe Zwerchfellfläche (Facies diaphragmatica). Getrennt werden diese Flächen durch den dorsalen, stumpfen Rand (Margo inferior obtusus) und den ventralen, scharfen, häufig gekerbten Rand (Margo superior acutus). Auf der Facies visceralis liegt der Milzhilus (Hilus lienis) – eine meist V-förmige Struktur, durch die Gefäße und Nerven ziehen. Vom Hilus ziehen die vordere Bauchfellfalte (Ligamentum gastrosplenicum) zur großen Kurvatur des Magens sowie die hintere Bauchfellfalte (Ligamentum phrenicolienale) zum Zwerchfell.
Die Milz wird von einer bindegewebigen, von Peritonealepithel bedeckten Kapsel umgeben, von der ein bälkchenartiges (trabekuläres) Bindegewebsgerüst und einige glatte Muskelzellen in das Parenchym, die Milzpulpa (von lateinisch pulpa „Fruchtfleisch“), einstrahlen. Sie liegt also intraperitoneal.
Die Milz vereint in Bau und Struktur zwei Organe. Die weiße Pulpa als Innenorgan übernimmt als lymphatisches Organ immunologische Aufgaben. Die rote Pulpa entfernt schädliche Partikel aus dem Blut mittels ihrer Fresszellen (Phagozyten), die als Uferzellen die Sinusoide auskleiden. Sie speichert auch weiße Blutkörperchen und Blutplättchen, welche sie ausschütten kann.
Das dichtmaschige Retikulum enthält die makroskopisch weißlichen und in ihrer Gesamtheit als weiße Pulpa (Pulpa alba) bezeichneten Milzknötchen (Milzfollikel), auch bekannt als Malpighi-Körperchen (benannt nach dem Anatomen Marcello Malpighi, der sich insbesondere mit der Milz beschäftigte[5]). Es handelt sich dabei um Lymphfollikel, bestehend aus lymphatischem Gewebe mit B-Lymphozyten. Zudem gehören zur weißen Pulpa die um die Gefäße angeordneten periarteriellen lymphatischen Scheiden (PALS) mit T-Lymphozyten. Der Endabschnitt einer Arterie nach der Passage durch ein Milzknötchen verzweigt sich pinselartig in zwei bis drei Kapillaren und wird daher als Pinselarteriole bezeichnet. Sie setzen sich in die Hülsenkapillaren der roten Milzpulpa fort.
Der Raum zwischen den Knötchen ist von einem weitmaschigen Retikulum ausgefüllt, das von Blut durchströmt und als rote Pulpa (Pulpa rubra) bezeichnet wird. Das Blut der Pinselarteriolen führt über Kapillaren, die von einer Schicht phagozytierender Zellen (Makrophagen, Retikulumzellen) und argyrophilen Fasern umgeben sind (Schweigger-Seidel-Hülse) und deshalb als Hülsenkapillaren bezeichnet werden. Von hier aus gelangt das Blut entweder in die Blutsinus oder die Interzellularräume. Um die Blutsinus verlaufen Retikuläre Fasern, beim Menschen quer zur Längsachse der Sinus, und umgreifen diese. Sie werden daher auch als Ringfasern bezeichnet.[6] In der roten Pulpa werden gealterte rote Blutkörperchen (Erythrozyten) abgebaut, indem sie sich durch das enge bindegewebige Netzwerk der Milzstränge zwängen. Alte Erythrozyten sind nicht mehr so gut verformbar wie junge und verfangen sich in den Maschen. Schließlich werden sie von Makrophagen (Fresszellen) beseitigt. In den unter der Milzkapsel gelegenen Arealen der roten Pulpa werden Monozyten in größeren Zellansammlungen gespeichert.[1]
Die Blutversorgung erfolgt über die am Gefäßpol (Hilus) eintretende Arteria splenica. Sie verzweigt sich in Trabekel- und Balkenarterien, aus denen die im Zentrum der Milzfollikel mündenden Zentralarterien hervorgehen. Die Vena splenica (auch Vena lienalis) führt Blut zur Pfortader (Vena portae) ab. Der Lymphabfluss erfolgt über die Milzlymphknoten.[7]
Nebenmilzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei einigen Individuen existieren neben der „Hauptmilz“ eine oder mehrere Nebenmilzen (Splen accessorius). Das Vorkommen mehrerer Milzen nennt man Polylienie. Nebenmilzen sind kleine knötchenförmige Organe aus Milzgewebe, mit gleichem Feinbau und Funktion. Das kommt bei 5–30 % der untersuchten Menschen vor. Sie befinden sich meistens in der Nähe der Milzpforte (Hilum splenicum), am Schwanz der Bauchspeicheldrüse, im Ligamentum gastrosplenicum (Band zwischen Magen und Milz) oder im großen Netz.[8]
Klinisch relevant werden sie, wenn eine operative Entfernung der Milz (Splenektomie) nötig ist, da einige Krankheiten erst dann erfolgreich abheilen können, wenn sämtliche Milzen entfernt wurden.
Die wichtigsten Aufgaben der Milz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Milz werden überalterte und in ihrer Verformbarkeit veränderte oder durch Membran- oder Enzymdefekte geschädigte Blutzellen, vor allem rote Blutkörperchen (Erythrozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten), phagozytiert und durch Makrophagen abgebaut. Auch Zellen, die mit Antikörpern beladen sind, Mikroorganismen, Immunkomplexe, Fibrinmonomere, kolloidale und andere Partikel werden auf diese Weise ausgesondert.
Im Rahmen der Immunabwehr findet in der Milz die antigeninduzierte Differenzierung und Vermehrung von B- und T-Lymphozyten statt.
Bei Föten und Kindern bis zum sechsten Lebensjahr ist die Milz wesentlich an der Bildung der roten Blutkörperchen beteiligt. Bei Erkrankungen des blutbildenden Knochenmarks kann die Milz auch im Alter wieder zu einem blutbildenden Organ werden.
Untersuchungsmöglichkeiten der Milz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Milz ist nur bei deutlicher Vergrößerung unter dem linken Rippenbogen tastbar. Als bildgebende Verfahren werden Ultraschall, kontrastmittelverstärkter Ultraschall, Computertomographie (CT, siehe Tigermilz) und Magnetresonanztomographie (NMR, MRT) eingesetzt. Mit einer Angiographie lassen sich die Milzgefäße darstellen. Eine Biopsie der Milz zur Gewebsuntersuchung ist unüblich und gefährlich, da die Milz ein gut durchblutetes Organ ist.
Krankheiten der Milz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zweizeitige Milzruptur (Operationspräparat nach Splenektomie)
Die Milz ist ein Organ, das selten Probleme bereitet. Erkrankungen der Milz werden allgemein als Splenopathie bezeichnet. Eine gefährliche Situation ist die Milzverletzung mit Milzruptur beim stumpfen Bauchtrauma, Schuss- oder Stichverletzungen oder Rippenbrüchen links, da hierbei die Möglichkeit der Verblutung in die Bauchhöhle besteht.
Weitere Erkrankungen sind:
Milzentzündung (Splenitis)
Milzvergrößerung (Splenomegalie): Eine Milzvergrößerung kann viele Ursachen haben. Unter anderem kann sie ein Zeichen einer Leukämie, einer Malaria-Infektion oder einer Viruserkrankung (z. B. Epstein-Barr-Virus-Infektion) sein.
Hypersplenismus, die übermäßig gesteigerte Funktion einer vergrößerten Milz
Milztumoren und Milzmetastasen
Wandermilz (Lien mobilis): Bezeichnung für eine nach unten verlagerte Milz, deren Verlagerung unter anderem durch eine krankhafte Vergrößerung der Milz oder eine Absenkung der Eingeweide verursacht werden kann.[9][10]
Milzinfarkt (Gewebeuntergang aufgrund erheblich gestörter Blutversorgung)
Amyloidose der Lymphfollikel (Sagomilz)
Postsplenektomie-Syndrom (OPSI-Syndrom, overwhelming postsplenectomy infection): septische Erkrankung nach Entfernung der Milz (Splenektomie)
Bei Menschen mit funktionsunfähiger oder fehlender (Asplenie) Milz besteht eine Abwehrschwäche vor allem für bekapselte Bakterien (z. B. Haemophilus influenzae B, Pneumokokken). Bei diesen Menschen kommt es in seltenen Fällen zu einem OPSI-Syndrom, d. h. einer schnell verlaufenden bakteriellen Infektion und Sepsis mit hoher Sterblichkeit.
Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In manchen Fällen wird die Milz vom Schwein oder Rind auch in der Küche verwendet, z. B. bei der Milzwurst oder beim Alt-Wiener Suppentopf. Hier wird die Milz zusammen mit Rindfleisch kalt aufgesetzt und zwei bis vier Stunden geköchelt.[11]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Spleen
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Robert Herrlinger: Die Milz. Wehr/Baden 1958 (= Ciba-Zeitschrift 8, 1958, Nr. 90, S. 2982–3012).
Andrew Wear: The spleen in renaissance anatomy. In: Medical History, Band 21, 1977, S. 43–60.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Milz – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Milz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ a b Filip K. Swirski et al.: Identification of Splenic Reservoir Monocytes and Their Deployment to Inflammatory Sites. In: Science 325 (2009), S. 612–616.
↑ Joseph Hyrtl: Die alten deutschen Kunstworte der Anatomie. Wien 1884; Neudruck München 1966, S. 114.
↑ Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage. Hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 479 (Milz), 457 (Malz) und 663 (schmelzen).
↑ Die Milz – Zentralorgan des lymphatischen Systems
↑ R. Lerner: Anatomie und Physiologie der Milz bei Marcello Malpighi (1628–1694). Medizinische Dissertation Würzburg 1957.
↑ T.H. Schiebler, F. Schneider: Histologie: Zytologie, Histologie und mikroskopische Anatomie des Menschen Unter Berücksichtigung der Histophysiologie. Springer-Verlag, 3. Auflage 2013, ISBN 978-3-662-21994-2, S. 369.
↑ Friedrich Anderhuber, Franz Pera, Johannes Streicher: Waldeyer – Anatomie des Menschen. Walter de Gruyter, 19. Auflage 2012, ISBN 978-3-11-022863-2, S. 555.
↑ Benninghoff & Drenckhahn: Anatomie. Band 2. ISBN 3-437-42350-9, S. 160.
↑ www.wissen.de: Wandermilz.
↑ Zu einer Kasuistik aus dem 19. Jahrhundert vgl. auch Gabriel von Engel: Zur Kasuistik der Wandermilz. In: Centralblatt für Gynäkologie. Band 10, Nr. 5, 30. Januar 1886, S. 65–69.
↑ https://www.ganz-wien.at/lifestyle/essen-trinken/rezepte/alt-wiener-suppentopf.html
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4039388-4 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
| Dieser Artikel behandelt das Körperorgan Milz. Für andere Bedeutungen siehe Milz (Begriffsklärung). Lage und (grobes) Schema der Milz Laparoskopische Ansicht einer menschlichen Milz Die Milz (lateinisch lien, altgriechisch spl n) ist ein in den Blutkreislauf eingeschaltetes Organ des lymphatischen Systems und liegt in der Bauchhöhle in der Nähe des Magens. Die Milz hat drei grundlegende Aufgaben: Zum einen dient sie der Vermehrung der zu den weißen Blutkörperchen gehörenden Lymphozyten und spielt daher eine Rolle bei der Abwehr körperfremder Stoffe (Antigene). Zweitens ist sie ein wichtiger Speicherort für die ebenfalls zu den weißen Blutkörperchen zählenden Monozyten.[1] Drittens dient sie der Aussonderung überalterter roter Blutkörperchen. In der späten Fetalentwicklung und bei jungen Säugetieren spielt die Milz darüber hinaus auch eine Rolle bei der Bildung roter Blutkörperchen. Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das im Neuhochdeutschen weibliche Wort Milz (mittelhochdeutsch noch männlich milz neben milze) geht auf althochdeutsch milzi (Neutrum) zurück und ist einer der ausgeprägtesten Geschlechtswechsler [2] unter den deutschen anatomischen Bezeichnungen. Als erweichende, schmelzende Drüse ist das Wort verwandt mit Malz , somit ableitbar von einer germanischen Wortwurzel *melt- (vgl. englisch melt und altnordisch melta: sich auflösen, zerfließen ), und schmelzen (vgl. angelsächsisch meltan schmelzen, verbrennen, verdauen ).[3] Anatomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Milz einer Katze, real 8 cm lang Feinaufbau der Milz: (1) Sekundärer Lymphfollikel (weiße Pulpa), (2) Zentralarterie, (3) Periarterielle Lymphscheide, (4) rote Pulpa Die Milz ist beim Menschen ein etwa 11 cm 7 cm 4 cm großes ( Siebenundvierzig-Elf-Regel )[4] und 150 200 g schweres Organ, das im linken Oberbauch unterhalb des Zwerchfells, hinter dem Magen und oberhalb der linken Niere liegt. Bei Säugetieren kann die Milz erhebliche Ausmaße einnehmen, beim Pferd ist sie 50 cm lang. Bei Vögeln ist die Milz kugelförmig. Sie ist das größte lymphoretikuläre Organ mesodermaler Herkunft, das in Segmente unterteilt ist. Beim Menschen unterscheidet man die konkave Eingeweidefläche (Facies visceralis) und die konvexe Zwerchfellfläche (Facies diaphragmatica). Getrennt werden diese Flächen durch den dorsalen, stumpfen Rand (Margo inferior obtusus) und den ventralen, scharfen, häufig gekerbten Rand (Margo superior acutus). Auf der Facies visceralis liegt der Milzhilus (Hilus lienis) eine meist V-förmige Struktur, durch die Gefäße und Nerven ziehen. Vom Hilus ziehen die vordere Bauchfellfalte (Ligamentum gastrosplenicum) zur großen Kurvatur des Magens sowie die hintere Bauchfellfalte (Ligamentum phrenicolienale) zum Zwerchfell. Die Milz wird von einer bindegewebigen, von Peritonealepithel bedeckten Kapsel umgeben, von der ein bälkchenartiges (trabekuläres) Bindegewebsgerüst und einige glatte Muskelzellen in das Parenchym, die Milzpulpa (von lateinisch pulpa Fruchtfleisch ), einstrahlen. Sie liegt also intraperitoneal. Die Milz vereint in Bau und Struktur zwei Organe. Die weiße Pulpa als Innenorgan übernimmt als lymphatisches Organ immunologische Aufgaben. Die rote Pulpa entfernt schädliche Partikel aus dem Blut mittels ihrer Fresszellen (Phagozyten), die als Uferzellen die Sinusoide auskleiden. Sie speichert auch weiße Blutkörperchen und Blutplättchen, welche sie ausschütten kann. Das dichtmaschige Retikulum enthält die makroskopisch weißlichen und in ihrer Gesamtheit als weiße Pulpa (Pulpa alba) bezeichneten Milzknötchen (Milzfollikel), auch bekannt als Malpighi-Körperchen (benannt nach dem Anatomen Marcello Malpighi, der sich insbesondere mit der Milz beschäftigte[5]). Es handelt sich dabei um Lymphfollikel, bestehend aus lymphatischem Gewebe mit B-Lymphozyten. Zudem gehören zur weißen Pulpa die um die Gefäße angeordneten periarteriellen lymphatischen Scheiden (PALS) mit T-Lymphozyten. Der Endabschnitt einer Arterie nach der Passage durch ein Milzknötchen verzweigt sich pinselartig in zwei bis drei Kapillaren und wird daher als Pinselarteriole bezeichnet. Sie setzen sich in die Hülsenkapillaren der roten Milzpulpa fort. Der Raum zwischen den Knötchen ist von einem weitmaschigen Retikulum ausgefüllt, das von Blut durchströmt und als rote Pulpa (Pulpa rubra) bezeichnet wird. Das Blut der Pinselarteriolen führt über Kapillaren, die von einer Schicht phagozytierender Zellen (Makrophagen, Retikulumzellen) und argyrophilen Fasern umgeben sind (Schweigger-Seidel-Hülse) und deshalb als Hülsenkapillaren bezeichnet werden. Von hier aus gelangt das Blut entweder in die Blutsinus oder die Interzellularräume. Um die Blutsinus verlaufen Retikuläre Fasern, beim Menschen quer zur Längsachse der Sinus, und umgreifen diese. Sie werden daher auch als Ringfasern bezeichnet.[6] In der roten Pulpa werden gealterte rote Blutkörperchen (Erythrozyten) abgebaut, indem sie sich durch das enge bindegewebige Netzwerk der Milzstränge zwängen. Alte Erythrozyten sind nicht mehr so gut verformbar wie junge und verfangen sich in den Maschen. Schließlich werden sie von Makrophagen (Fresszellen) beseitigt. In den unter der Milzkapsel gelegenen Arealen der roten Pulpa werden Monozyten in größeren Zellansammlungen gespeichert.[1] Die Blutversorgung erfolgt über die am Gefäßpol (Hilus) eintretende Arteria splenica. Sie verzweigt sich in Trabekel- und Balkenarterien, aus denen die im Zentrum der Milzfollikel mündenden Zentralarterien hervorgehen. Die Vena splenica (auch Vena lienalis) führt Blut zur Pfortader (Vena portae) ab. Der Lymphabfluss erfolgt über die Milzlymphknoten.[7] Nebenmilzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei einigen Individuen existieren neben der Hauptmilz eine oder mehrere Nebenmilzen (Splen accessorius). Das Vorkommen mehrerer Milzen nennt man Polylienie. Nebenmilzen sind kleine knötchenförmige Organe aus Milzgewebe, mit gleichem Feinbau und Funktion. Das kommt bei 5 30 % der untersuchten Menschen vor. Sie befinden sich meistens in der Nähe der Milzpforte (Hilum splenicum), am Schwanz der Bauchspeicheldrüse, im Ligamentum gastrosplenicum (Band zwischen Magen und Milz) oder im großen Netz.[8] Klinisch relevant werden sie, wenn eine operative Entfernung der Milz (Splenektomie) nötig ist, da einige Krankheiten erst dann erfolgreich abheilen können, wenn sämtliche Milzen entfernt wurden. Die wichtigsten Aufgaben der Milz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In der Milz werden überalterte und in ihrer Verformbarkeit veränderte oder durch Membran- oder Enzymdefekte geschädigte Blutzellen, vor allem rote Blutkörperchen (Erythrozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten), phagozytiert und durch Makrophagen abgebaut. Auch Zellen, die mit Antikörpern beladen sind, Mikroorganismen, Immunkomplexe, Fibrin monomere, kolloidale und andere Partikel werden auf diese Weise ausgesondert. Im Rahmen der Immunabwehr findet in der Milz die antigeninduzierte Differenzierung und Vermehrung von B- und T-Lymphozyten statt. Bei Föten und Kindern bis zum sechsten Lebensjahr ist die Milz wesentlich an der Bildung der roten Blutkörperchen beteiligt. Bei Erkrankungen des blutbildenden Knochenmarks kann die Milz auch im Alter wieder zu einem blutbildenden Organ werden. Untersuchungsmöglichkeiten der Milz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Milz ist nur bei deutlicher Vergrößerung unter dem linken Rippenbogen tastbar. Als bildgebende Verfahren werden Ultraschall, kontrastmittelverstärkter Ultraschall, Computertomographie (CT, siehe Tigermilz) und Magnetresonanztomographie (NMR, MRT) eingesetzt. Mit einer Angiographie lassen sich die Milzgefäße darstellen. Eine Biopsie der Milz zur Gewebsuntersuchung ist unüblich und gefährlich, da die Milz ein gut durchblutetes Organ ist. Krankheiten der Milz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Zweizeitige Milzruptur (Operationspräparat nach Splenektomie) Die Milz ist ein Organ, das selten Probleme bereitet. Erkrankungen der Milz werden allgemein als Splenopathie bezeichnet. Eine gefährliche Situation ist die Milzverletzung mit Milzruptur beim stumpfen Bauchtrauma, Schuss- oder Stichverletzungen oder Rippenbrüchen links, da hierbei die Möglichkeit der Verblutung in die Bauchhöhle besteht. Weitere Erkrankungen sind: Milzentzündung (Splenitis) Milzvergrößerung (Splenomegalie): Eine Milzvergrößerung kann viele Ursachen haben. Unter anderem kann sie ein Zeichen einer Leukämie, einer Malaria-Infektion oder einer Viruserkrankung (z. B. Epstein-Barr-Virus-Infektion) sein. Hypersplenismus, die übermäßig gesteigerte Funktion einer vergrößerten Milz Milztumoren und Milzmetastasen Wandermilz (Lien mobilis): Bezeichnung für eine nach unten verlagerte Milz, deren Verlagerung unter anderem durch eine krankhafte Vergrößerung der Milz oder eine Absenkung der Eingeweide verursacht werden kann.[9][10] Milzinfarkt (Gewebeuntergang aufgrund erheblich gestörter Blutversorgung) Amyloidose der Lymphfollikel (Sagomilz) Postsplenektomie-Syndrom (OPSI-Syndrom, overwhelming postsplenectomy infection): septische Erkrankung nach Entfernung der Milz (Splenektomie) Bei Menschen mit funktionsunfähiger oder fehlender (Asplenie) Milz besteht eine Abwehrschwäche vor allem für bekapselte Bakterien (z. B. Haemophilus influenzae B, Pneumokokken). Bei diesen Menschen kommt es in seltenen Fällen zu einem OPSI-Syndrom, d. h. einer schnell verlaufenden bakteriellen Infektion und Sepsis mit hoher Sterblichkeit. Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In manchen Fällen wird die Milz vom Schwein oder Rind auch in der Küche verwendet, z. B. bei der Milzwurst oder beim Alt-Wiener Suppentopf. Hier wird die Milz zusammen mit Rindfleisch kalt aufgesetzt und zwei bis vier Stunden geköchelt.[11] Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Spleen Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Robert Herrlinger: Die Milz. Wehr/Baden 1958 (= Ciba-Zeitschrift 8, 1958, Nr. 90, S. 2982 3012). Andrew Wear: The spleen in renaissance anatomy. In: Medical History, Band 21, 1977, S. 43 60. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Milz Album mit Bildern, Videos und Audiodateien Wiktionary: Milz Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] a b Filip K. Swirski et al.: Identification of Splenic Reservoir Monocytes and Their Deployment to Inflammatory Sites. In: Science 325 (2009), S. 612 616. Joseph Hyrtl: Die alten deutschen Kunstworte der Anatomie. Wien 1884; Neudruck München 1966, S. 114. Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage. Hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck ( 21. unveränderte Auflage ) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 479 (Milz), 457 (Malz) und 663 (schmelzen). Die Milz Zentralorgan des lymphatischen Systems R. Lerner: Anatomie und Physiologie der Milz bei Marcello Malpighi (1628 1694). Medizinische Dissertation Würzburg 1957. T.H. Schiebler, F. Schneider: Histologie: Zytologie, Histologie und mikroskopische Anatomie des Menschen Unter Berücksichtigung der Histophysiologie. Springer-Verlag, 3. Auflage 2013, ISBN 978-3-662-21994-2, S. 369. Friedrich Anderhuber, Franz Pera, Johannes Streicher: Waldeyer Anatomie des Menschen. Walter de Gruyter, 19. Auflage 2012, ISBN 978-3-11-022863-2, S. 555. Benninghoff & Drenckhahn: Anatomie. Band 2. ISBN 3-437-42350-9, S. 160. www.wissen.de: Wandermilz. Zu einer Kasuistik aus dem 19. Jahrhundert vgl. auch Gabriel von Engel: Zur Kasuistik der Wandermilz. In: Centralblatt für Gynäkologie. Band 10, Nr. 5, 30. Januar 1886, S. 65 69. https://www.ganz-wien.at/lifestyle/essen-trinken/rezepte/alt-wiener-suppentopf.html Normdaten (Sachbegriff): GND: 4039388-4 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! |
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Muskeln.txt | Die Muskulatur der Brust (Zeichnung von Bernardino Genga Anatomia per uso et intelligenza del disegno ricercata non solo su gl’ossi, e muscoli del corpo humano)
Muskeltorso aus dem Lehrbuch der Anatomie von Hermann Braus (1921). Links: Oberflächliche Muskelschicht. Rechts: Hautrelief.
Sportstudenten der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK), Leipzig, April 1956
Die Muskulatur ist ein Organsystem in Gewebetieren und bezeichnet eine Gesamtheit von Muskeln. Der Begriff bezieht sich z. B. bei den Bezeichnungen Bauchmuskulatur oder Rückenmuskulatur auf die Muskelgruppen des jeweiligen Körperabschnitts und ihre Wechselwirkung.
Ein Muskel (lateinisch musculus ‚Mäuschen‘, mittelhochdeutsch auch mūs[1] – ein angespannter Muskel sieht unter der Haut wie eine Maus aus) ist ein kontraktiles Organ, welches durch die Abfolge von Kontraktion und Relaxation innere und äußere Strukturen des Organismus bewegen kann. Diese Bewegung ist sowohl die Grundlage der aktiven Fortbewegung des Individuums und der Gestaltveränderung des Körpers als auch vieler innerer Körperfunktionen. Die Lehre von den Muskeln nennt man Myologie.
Die grundlegende Einteilung der Muskulatur bei Säugetieren einschließlich des Menschen erfolgt über den histologischen Aufbau und den Mechanismus der Kontraktion. Demnach unterscheidet man glatte Muskulatur und quergestreifte Muskulatur. Letztere lässt sich weiter in die Herzmuskulatur und die Skelettmuskulatur unterteilen. Weitere Unterscheidungsmöglichkeiten ergeben sich durch die Form, die Fasertypen und funktionelle Aspekte (siehe unten). Das einem Muskel zugrundeliegende Gewebe ist das Muskelgewebe, welches aus charakteristischen Muskelzellen besteht. Beim Skelettmuskel werden die Muskelzellen als Muskelfasern bezeichnet.
Muskelarten im Vergleich
Glatte Muskulatur
Herzmuskulatur
Skelettmuskulatur
Aufbau
• motorische Endplatte
keine
keine
ja
• Fasern
fusiform, kurz (<0,4 mm)
verzweigt
zylindrisch, lang (<15 cm)
• Mitochondrien
wenige
viele
wenige bis viele (je nach Muskeltyp)
• Zellkerne/Faser
1
1
viele
• Sarkomere
keine
ja, max. Länge 2,6 µm
ja, max. Länge 3,7 µm
• Synzytium
nein (Einzelzellen)
nein (aber funktionelles Synzytium)
ja
• sarkopl. Retikulum
wenig entwickelt
mäßig entwickelt
stark entwickelt
ATPase
wenig
mittel
viel
Funktion
• Schrittmacher
spontan aktiv (langsam)
ja (schnell)
nein (benötigt Nervenreiz)
• Reizantwort
abgestuft
„Alles-oder-Nichts“
„Alles-oder-Nichts“
• tetanisierbar
ja
nein
ja
• Arbeitsbereich
Kraft/Längen-Kurve ist variabel
im Anstieg der Kraft/Längen-Kurve
am Maximum der Kraft/Längen-Kurve
Reizantwort
Histologie
Die Bezeichnung der zytologischen Strukturen der Muskelzellen unterliegt einer für die Muskulatur spezifischen Nomenklatur und unterscheidet sich deshalb teilweise von der anderer Zellen:
Muskelzelle
andere Zellen des Organismus
Sarkoplasma
Zytoplasma
sarkoplasmatisches Retikulum
glattes Endoplasmatisches Retikulum
Sarkosom
Mitochondrium
Sarkolemm(a)
Zellmembran
Skelettmuskeln sind die willkürlich steuerbaren Teile der Muskulatur und gewährleisten die Beweglichkeit. Sie heißen auch gestreifte – bzw. quergestreifte Muskeln, da ihre Myofibrillen im Gegensatz zu den glatten Muskeln ganz regelmäßig angeordnet sind und dadurch ein erkennbares Ringmuster aus roten Myosinfilamenten und weißen Aktinfilamenten erzeugen. Sämtliche Skelettmuskeln werden der somatischen Muskulatur zugeordnet.
Der Herzmuskel arbeitet rhythmisch, kann nicht krampfen, hat ein eigenes Erregungsleitungssystem, kann spontan depolarisieren, enthält die kardiale Isoform des Troponin I und T. Er weist die Querstreifung von Skelettmuskeln auf, ist allerdings unwillkürlich in erster Linie über den Sinusknoten gesteuert und stellt somit eine eigene Muskelart dar.
Die glatte Muskulatur ist nicht der bewussten Kontrolle unterworfen, sondern vom vegetativen Nervensystem innerviert und gesteuert. Dazu zählt zum Beispiel die Muskulatur des Darms. Sämtliche glatte Muskeln werden der viszeralen Muskulatur zugeordnet.
Die gestreifte Muskulatur stammt von den Myotomen der Somiten der Leibeswand ab, die glatte aus dem Mesoderm der Splanchnopleura, sodass diese auch als Eingeweidemuskulatur bezeichnet wird. Im Bereich des Kopfdarms wird die viszerale Muskulatur von den Hirnnerven innerviert und ist quergestreift, während die restliche Eingeweidemuskulatur aus glatten Muskelfasern besteht.
Andere Kategorisierungsmöglichkeiten
Ein Muskel lässt sich auf verschiedene Weise einordnen, wobei diese Einteilung nicht direkt und eindeutig ist. Oft überschneiden sich die Eigenschaften. Je nach Blickwinkel werden sie durch ihre Zellstruktur, Form oder Funktion unterschieden. Weiterhin lassen sich Typen von Muskelfasern unterscheiden, die in einem Muskel vermischt vorkommen.
Anatomisch
Ringmuskel
Beispiele: Ziliarmuskel zur Verformung der Linse des Auges, Schließmuskeln um After, Mund, Auge, Blasenausgang und Magenausgang (Pylorus)
Hohlmuskel
Beispiele: Speiseröhre, Magen, Darm, Herz
spindelförmige Muskeln
Beispiel: Musculus soleus
federförmige Muskeln
mehrbäuchige Muskeln
Beispiel: Musculus rectus abdominis
mehrköpfige Muskeln
Beispiele: Musculus biceps brachii, Musculus triceps brachii und Musculus quadriceps femoris
Unterteilt wird auch in:
Zytologisch (s. o.) und Funktional (s. u.)
Einteilung der Muskelfasertypen
Nach Enzymaktivität
Typ-I-Fasern: SO (englisch slow oxidative fibers = ‚langsame oxidative Fasern‘)
Typ-II-Fasern:
Typ-II-A-Fasern: FOG (engl. fast oxydative glycolytic fibers = ‚schnelle oxidative/glykolytische Fasern‘)[2]
Typ-II-X-Fasern: FG (engl. fast glycolytic fibers = ‚schnelle glykolytische Fasern‘). Man unterscheidet je nach Tierart verschiedene Typen (B oder C).
Nach Kontraktionseigenschaft
Extrafusale Fasern (auch twitch fibers = ‚Zuckungsfasern‘) (Arbeitsmuskulatur)
ST-Fasern (engl. slow twitch fibers = ‚langsam zuckende Fasern‘) sind sehr ausdauernd, entwickeln allerdings nicht hohe Kräfte (entspricht SO).
Intermediärtyp (entspricht FOG)
FT-Fasern (engl. fast twitch fibers = ‚schnell zuckende Fasern‘) können hohe Kräfte entwickeln, ermüden aber sehr schnell (entspricht FG).
Tonusfasern können nur eine langsame, wurmförmige Kontraktion ausüben. Sie kommen selten, beispielsweise in den äußeren Augenmuskeln, im Musculus tensor tympani und in Muskelspindeln, vor.
Intrafusale Fasern (Muskelspindeln) dienen als Dehnungsrezeptoren und zur Einstellung der Empfindlichkeit der Muskelspindeln.
Nach Farbe
Rote Muskeln (entspricht SO)
Weiße Muskeln (entspricht FG)
Haben in vielen Tieren (nicht aber beim Menschen) wegen des niedrigen Myoglobingehalts eine helle Farbe.
Das Verhältnis der Zusammensetzung eines Skelettmuskels aus verschiedenen Muskelfasertypen ist weitestgehend genetisch bestimmt und ist durch ein gezieltes Ausdauer- beziehungsweise Krafttraining begrenzt veränderbar. Dieses verändert nicht das Verhältnis zwischen Typ-I- und Typ-II-Fasern, aber wohl das zwischen Typ-II-A und Typ-II-X. Aus vielen II-X-Fasern werden II-A-Fasern gebildet (z. B. im Musculus trapezius bei Krafttraining Gehalt an II-A von 27 % auf bis zu 44 % aller Fasern). Die Verteilung der verschiedenen Muskelfasern in einem Muskel ist nicht homogen, sondern unterschiedlich an Ursprung, Ansatz bzw. im Inneren und an der Oberfläche des Muskels.
Muskelkontraktion
→ Hauptartikel: Muskelkontraktion
Beschreibung
Die Kontraktion ist ein mechanischer Vorgang, der durch einen Nervenimpuls ausgelöst wird. Dabei schieben sich Proteine (Aktin und Myosin) ineinander. Dieses wird durch schnell aufeinanderfolgende Konformationsänderungen der chemischen Struktur möglich, wodurch die Fortsätze der Myosinfilamente – vergleichbar mit schnellen Ruderbewegungen – die Myosinfilamente in die Aktinfilamente hineinziehen. Hört der Nerv auf, den Muskel mit Impulsen zu versorgen, erschlafft der Muskel, man spricht dann von Muskelrelaxation.
Kontraktionsarten
Je nach Kraft- (Spannungs-) bzw. Längenänderung des Muskels lassen sich mehrere Arten der Kontraktion unterscheiden:
isotonisch („gleichgespannt“): Der Muskel verkürzt sich ohne Kraftänderung.
isometrisch („gleichen Maßes“): Die Kraft erhöht sich bei gleichbleibender Länge des Muskels (haltend-statisch). Im physikalischen Sinne wird keine Arbeit geleistet, da der zurückgelegte Weg gleich null ist.
auxotonisch („verschiedengespannt“): Sowohl Kraft als auch Länge ändern sich. Das ist der häufigste Kontraktionstyp bei Alltagsbewegungen.
Aus diesen elementaren Arten der Kontraktion lassen sich komplexere Kontraktionsformen zusammensetzen. Sie werden im alltäglichen Leben am häufigsten benutzt. Das sind z. B.
die Unterstützungszuckung: erst isometrische, dann isotonische Kontraktion. Beispiel: Anheben eines Gewichtes vom Boden und anschließendes Anwinkeln des Unterarms.
die Anschlagszuckung: erst isotonische, dann isometrische Kontraktion. Beispiel: Kaubewegung, Ohrfeige.
Hinsichtlich der resultierenden Längenänderung des Muskels und der Geschwindigkeit, mit der diese erfolgt, lassen sich Kontraktionen z. B. folgendermaßen charakterisieren:
isokinetisch („gleich schnell“): Der Widerstand wird mit einer gleich bleibenden Geschwindigkeit überwunden.
konzentrisch: der Muskel überwindet den Widerstand und wird dadurch kürzer (positiv-dynamisch, überwindend). Die intramuskuläre Spannung ändert sich, und die Muskeln verkürzen sich.
exzentrisch: ob gewollt oder nicht, der Widerstand ist größer als die Spannung im Muskel, dadurch wird der Muskel gedehnt (negativ, dynamisch, nachgebend). Es kommt zu Spannungsänderungen und Verlängerung/Dehnung der Muskeln.
Aufbau und Funktion der quergestreiften Skelettmuskulatur
Schemazeichnung nach dem M. brachialis am Oberarm (a). Die Muskelfasern sind verhältnismäßig viel zu groß wiedergegeben. Muskelfaser x beginnt und endigt sehnig am Knochen, y endigt mit einem Ende im Muskel, z endigt mit beiden Enden im Muskel. b: Eine einzelne Muskelfaser, stark vergrößert. Aus: Braus 1921, S. 63.
Lichtmikroskopisches Längsschnittbild quergestreifter Skelettmuskelfasern (Paraffinschnitt, Hämatoxylin-Eosin-Färbung)
Schematischer Aufbau eines Skelettmuskels
Jeder Muskel ist von einer elastischen Hülle aus Bindegewebe (Faszie) ummantelt, die mehrere Fleischfasern (auch Sekundärbündel) umschließt, welche wiederum mit Bindegewebe (Perimysium externum und Epimysium) umschlossen und zusammengehalten werden, das von Nerven und Blutgefäßen durchsetzt ist und sich an der Faszie befestigt. Jede Fleischfaser unterteilt sich in mehrere Faserbündel (auch Primärbündel), die zueinander verschiebbar gelagert sind, damit der Muskel biegsam und anschmiegend ist. Diese Faserbündel sind eine Vereinigung von bis zu zwölf Muskelfasern, die durch feines Bindegewebe mit Kapillargefäßen vereint sind.
Aktiv wird der Muskel, indem er sich anspannt (Kontraktion), anschließend wieder entspannt, eine Bewegung und eine Kraft ausübt. Eine Muskelkontraktion wird von elektrischen Impulsen (Aktionspotentialen) ausgelöst, die vom Gehirn oder Rückenmark ausgesandt und über die Nerven weitergeleitet worden sind.
Bei der Muskelfaser handelt es sich um ein Syncytium, das heißt um eine Zelle, die aus mehreren determinierten Vorläuferzellen (Myoblasten) entsteht und daher mehrere Kerne enthält. Die Muskelfaser kann eine beachtliche Länge von mehr als 30 cm und ungefähr 0,1 Millimeter Dicke erreichen. Sie ist teilungsunfähig, was der Grund ist, warum bei einem Verlust der Faser kein Ersatz nachwachsen kann und bei Muskelzuwachs sich lediglich die Faser verdickt. Das heißt, dass von Geburt an die Obergrenze der Muskelfasern festgelegt ist. Neben den üblichen Bestandteilen einer tierischen Zelle machen hauptsächlich Myofibrillen, das sind feinste Fäserchen, zu etwa 80 Prozent die Fasermasse aus. Die Membranhülle von Muskelfasern nennt man Sarkolemma.
Funktionelle Einteilung der Skelettmuskulatur
Im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit werden Muskeln in gegenspielende und zusammenwirkende unterteilt. Agonisten (Spieler) und Antagonisten (Gegenspieler) haben zueinander eine entgegengesetzte Wirkung. Synergisten dagegen haben eine gleiche oder ähnliche Wirkung und arbeiten deshalb bei vielen Bewegungsabläufen zusammen.
Beispiel: Antagonisten: Bizeps und Trizeps;
Beispiel: Synergisten: für Liegestütze braucht man den Trizeps und die Brustmuskeln (pectoralis major, - minor).
Muskeln, die Extremitäten an den Körper heranziehen, heißen Adduktoren (Anzieher), ihre Antagonisten, die Abduktoren (Abzieher), sorgen dafür, dass die Extremitäten vom Körper abgespreizt werden.
Beispiel: äußere und innere Muskeln des Oberschenkels, mit welchen man die Beine spreizen und zusammenführen kann.
Flexoren (Beuger) dagegen knicken Finger und Zehen ein, ihre Antagonisten sind die Extensoren (Strecker).
Rotatoren (führen Drehbewegungen aus, z. B. des Unterarmes oder des Kopfes).
Skelettmuskulatur des Menschen
Bodybuilder
Jeder gesunde Mensch besitzt 656 Muskeln, wobei diese beim Mann etwa 40 %, bei der Frau etwa 32 % der Gesamtkörpermasse ausmachen, die Muskulosität hängt insgesamt aber von der Lebensweise ab.
Der flächenmäßig größte Muskel des Menschen ist der Große Rückenmuskel (Musculus latissimus dorsi), der dem Volumen nach größte Muskel ist der Musculus gluteus maximus (größter Gesäßmuskel), der stärkste der Kaumuskel (Musculus masseter), der längste der Schneidermuskel (Musculus sartorius), die aktivsten die Augenmuskeln und der kleinste der Steigbügelmuskel (Musculus stapedius). Aufgrund des Umfangs mechanischer Arbeit, die die Muskeln leisten müssen, sind sie neben dem Nervensystem einer der Hauptabnehmer von Körperenergie (siehe Muskelarbeit und Muskelleistung).
Postnatale Entwicklung
Beim Neugeborenen ist die Muskulatur im Rumpf weiter entwickelt als die in den Extremitäten. Der Muskelanteil beträgt etwa 21 Prozent des Körpergewichts. Während des Wachstums nimmt die Muskelmasse beim Mann etwa um das 32,8-Fache zu, die Gesamtkörpermasse jedoch nur etwa um das 19,4-Fache. Bei Männern schließt die Entwicklung der Muskulatur im Zeitraum zwischen dem 23. und dem 27. Lebensjahr ab, bei Frauen zwischen dem 19. und 23. Lebensjahr. Die Muskelmasse beim Mann liegt bei etwa 37–57 %, während sie bei der Frau etwa 27–43 % beträgt.
Muskelmasse in Prozent
Alter
Mann
Frau
10–19 a
43–57
35–43
20–49 a
40–54
31–39
50–100 a
37–48
27–34
Im höheren Alter geht die Entwicklung der Muskeln zurück zu einem Zustand ähnlich dem vor der vollständigen Ausbildung. Dies betrifft also vor allem einen Abbau der Muskeln in den Beinen.[3]
Physiologische Muskelinsuffizienz
Aufgrund seiner mikroskopischen Anatomie kann sich ein Muskel weder vollkommen zusammenziehen (das Sarkomer kann sich nur um ca. 30 % verkürzen), noch unbegrenzt dehnen (das Sarkomer würde ansonsten reißen). Daraus ergeben sich zwei verschiedene Formen physiologischer Insuffizienz eines Muskels:
Aktive Muskelinsuffizienz tritt auf, wenn der Agonist nicht mehr weiter kontrahieren kann, weil er schon maximal kontrahiert ist.
Passive Muskelinsuffizienz tritt auf, wenn der Agonist nicht weiter kontrahieren kann, da sein Antagonist bereits maximal gedehnt ist.
Bei zweigelenkigen Muskeln ist es möglich, der Muskelinsuffizienz (bezüglich der Muskelwirkung auf ein Gelenk) entgegenzuwirken, indem man den Muskel im anderen Gelenk dehnt (bzw. den Antagonisten verkürzt). So wirkt beispielsweise der Musculus biceps brachii bezüglich seiner Beugekraft im Ellbogengelenk stärker, wenn der Arm retrovertiert ist (also das Ellenbogengelenk hinter dem Körper), da nun der aktiven Insuffizienz des Muskels durch Dehnung im Schultergelenk (der lange Bizepskopf überzieht beide Gelenke) entgegengewirkt wird.
Erkrankungen und Verletzungen der Skelettmuskulatur
Botulismus
Makrophagische Myofasciitis (Muskelschwächeerkrankung durch einwandernde Makrophagen)
Muskelatrophie (Muskelschwund)
Muskelbruch (Hernie)
Muskeldystrophie
Muskelfaserriss
Muskelhärte (Myogelose)
Muskelverhärtung
Muskelhartspann (Myosklerose, Muskelhypertonus)
Muskelkater
Muskelkrampf
Muskelprellung
Muskelverkalkung
Muskelzerrung
muskuläre Dysbalance
Myalgie (Muskelschmerz)
Myasthenie (Muskelschwäche)
Myoklonie
Myokymie
Myopathie
Parese
Plegie (Paralyse)
Rhabdomyolyse
Spastik
Die Kontraktur ist eine Versteifung eines Gelenks infolge einer Verkürzung der Muskeln und Sehnen, z. B. verursacht durch Immobilisation, lange Ruhigstellung, fehlendes Muskelspiel unter anderem bei Nervenschädigungen und schließlich Schäden im Gelenkspalt. Durch die längere Inaktivität kommt es zunächst zum Muskelabbau.
Siehe auch:
Muskelfunktionstest, Sehnenentzündung, Sehnenriss, Sehnenzerrung
Siehe auch
Motorische Endplatte
Mikrofilamente
Bodybuilding
Krafttraining
Totenstarre
Anabolika
Sarkopenie
Liste der Skelettmuskeln
Literatur
Hermann Braus: Anatomie des Menschen. Ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte. Erster Band. Bewegungsapparat. Julius Springer, Berlin 1921; 2. und 3. Auflage besorgt von Curt Elze.
Schmidt, Unsicher (Hrsg.): Lehrbuch Vorklinik – Teil B. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2003, ISBN 3-7691-0442-0.
Frédéric Delavier: Der neue Muskel-Guide. Gezieltes Krafttraining, Anatomie (englischer Originaltitel Guide des mouvements de musculation). BLV, München 2006, ISBN 3-8354-0014-2.
Sigrid Thaller, Leopold Mathelitsch: Was leistet ein Sportler? Kraft, Leistung und Energie im Muskel. In: Physik in unserer Zeit. Band 37, 2006, Nr. 2, S. 86–89.
Detlev Drenckhahn (Hrsg.): Anatomie Band 1. Urban & Fischer, München 2008.
Weblinks
Commons: Muskulatur – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Muskulatur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Literatur von und über Muskulatur im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Uni Mainz: Die Muskulatur des Menschen in Tabellen
zu Kontraktur siehe die Artikel bei Pflegewiki Kontraktur und Kontrakturenprophylaxe
Einzelnachweise
↑ Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 153 (mūs: Muskel, besonders am Oberarm).
↑ Dass bei der Muskelarbeit Glykogen verbraucht wird, erkannte 1859 der Physiologe Claude Bernard. In der Muskelfaser nachgewiesen wurde Glykogen um 1869 von Otto Nasse und Victor Hensen. Vgl. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 41.
↑ Franz Daffner: Das Wachstum des Menschen. Anthropologische Studie. 2. Auflage. Engelmann, Leipzig 1902. S. 342.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4138611-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85088687 | NDL: 00565842
| Die Muskulatur der Brust (Zeichnung von Bernardino Genga Anatomia per uso et intelligenza del disegno ricercata non solo su gl ossi, e muscoli del corpo humano) Muskeltorso aus dem Lehrbuch der Anatomie von Hermann Braus (1921). Links: Oberflächliche Muskelschicht. Rechts: Hautrelief. Sportstudenten der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK), Leipzig, April 1956 Die Muskulatur ist ein Organsystem in Gewebetieren und bezeichnet eine Gesamtheit von Muskeln. Der Begriff bezieht sich z. B. bei den Bezeichnungen Bauchmuskulatur oder Rückenmuskulatur auf die Muskelgruppen des jeweiligen Körperabschnitts und ihre Wechselwirkung. Ein Muskel (lateinisch musculus Mäuschen , mittelhochdeutsch auch m s[1] ein angespannter Muskel sieht unter der Haut wie eine Maus aus) ist ein kontraktiles Organ, welches durch die Abfolge von Kontraktion und Relaxation innere und äußere Strukturen des Organismus bewegen kann. Diese Bewegung ist sowohl die Grundlage der aktiven Fortbewegung des Individuums und der Gestaltveränderung des Körpers als auch vieler innerer Körperfunktionen. Die Lehre von den Muskeln nennt man Myologie. Die grundlegende Einteilung der Muskulatur bei Säugetieren einschließlich des Menschen erfolgt über den histologischen Aufbau und den Mechanismus der Kontraktion. Demnach unterscheidet man glatte Muskulatur und quergestreifte Muskulatur. Letztere lässt sich weiter in die Herzmuskulatur und die Skelettmuskulatur unterteilen. Weitere Unterscheidungsmöglichkeiten ergeben sich durch die Form, die Fasertypen und funktionelle Aspekte (siehe unten). Das einem Muskel zugrundeliegende Gewebe ist das Muskelgewebe, welches aus charakteristischen Muskelzellen besteht. Beim Skelettmuskel werden die Muskelzellen als Muskelfasern bezeichnet. Muskelarten im Vergleich Glatte Muskulatur Herzmuskulatur Skelettmuskulatur Aufbau motorische Endplatte keine keine ja Fasern fusiform, kurz (<0,4 mm) verzweigt zylindrisch, lang (<15 cm) Mitochondrien wenige viele wenige bis viele (je nach Muskeltyp) Zellkerne/Faser 1 1 viele Sarkomere keine ja, max. Länge 2,6 m ja, max. Länge 3,7 m Synzytium nein (Einzelzellen) nein (aber funktionelles Synzytium) ja sarkopl. Retikulum wenig entwickelt mäßig entwickelt stark entwickelt ATPase wenig mittel viel Funktion Schrittmacher spontan aktiv (langsam) ja (schnell) nein (benötigt Nervenreiz) Reizantwort abgestuft Alles-oder-Nichts Alles-oder-Nichts tetanisierbar ja nein ja Arbeitsbereich Kraft/Längen-Kurve ist variabel im Anstieg der Kraft/Längen-Kurve am Maximum der Kraft/Längen-Kurve Reizantwort Histologie Die Bezeichnung der zytologischen Strukturen der Muskelzellen unterliegt einer für die Muskulatur spezifischen Nomenklatur und unterscheidet sich deshalb teilweise von der anderer Zellen: Muskelzelle andere Zellen des Organismus Sarkoplasma Zytoplasma sarkoplasmatisches Retikulum glattes Endoplasmatisches Retikulum Sarkosom Mitochondrium Sarkolemm(a) Zellmembran Skelettmuskeln sind die willkürlich steuerbaren Teile der Muskulatur und gewährleisten die Beweglichkeit. Sie heißen auch gestreifte bzw. quergestreifte Muskeln, da ihre Myofibrillen im Gegensatz zu den glatten Muskeln ganz regelmäßig angeordnet sind und dadurch ein erkennbares Ringmuster aus roten Myosinfilamenten und weißen Aktinfilamenten erzeugen. Sämtliche Skelettmuskeln werden der somatischen Muskulatur zugeordnet. Der Herzmuskel arbeitet rhythmisch, kann nicht krampfen, hat ein eigenes Erregungsleitungssystem, kann spontan depolarisieren, enthält die kardiale Isoform des Troponin I und T. Er weist die Querstreifung von Skelettmuskeln auf, ist allerdings unwillkürlich in erster Linie über den Sinusknoten gesteuert und stellt somit eine eigene Muskelart dar. Die glatte Muskulatur ist nicht der bewussten Kontrolle unterworfen, sondern vom vegetativen Nervensystem innerviert und gesteuert. Dazu zählt zum Beispiel die Muskulatur des Darms. Sämtliche glatte Muskeln werden der viszeralen Muskulatur zugeordnet. Die gestreifte Muskulatur stammt von den Myotomen der Somiten der Leibeswand ab, die glatte aus dem Mesoderm der Splanchnopleura, sodass diese auch als Eingeweidemuskulatur bezeichnet wird. Im Bereich des Kopfdarms wird die viszerale Muskulatur von den Hirnnerven innerviert und ist quergestreift, während die restliche Eingeweidemuskulatur aus glatten Muskelfasern besteht. Andere Kategorisierungsmöglichkeiten Ein Muskel lässt sich auf verschiedene Weise einordnen, wobei diese Einteilung nicht direkt und eindeutig ist. Oft überschneiden sich die Eigenschaften. Je nach Blickwinkel werden sie durch ihre Zellstruktur, Form oder Funktion unterschieden. Weiterhin lassen sich Typen von Muskelfasern unterscheiden, die in einem Muskel vermischt vorkommen. Anatomisch Ringmuskel Beispiele: Ziliarmuskel zur Verformung der Linse des Auges, Schließmuskeln um After, Mund, Auge, Blasenausgang und Magenausgang (Pylorus) Hohlmuskel Beispiele: Speiseröhre, Magen, Darm, Herz spindelförmige Muskeln Beispiel: Musculus soleus federförmige Muskeln mehrbäuchige Muskeln Beispiel: Musculus rectus abdominis mehrköpfige Muskeln Beispiele: Musculus biceps brachii, Musculus triceps brachii und Musculus quadriceps femoris Unterteilt wird auch in: Zytologisch (s. o.) und Funktional (s. u.) Einteilung der Muskelfasertypen Nach Enzymaktivität Typ-I-Fasern: SO (englisch slow oxidative fibers = langsame oxidative Fasern ) Typ-II-Fasern: Typ-II-A-Fasern: FOG (engl. fast oxydative glycolytic fibers = schnelle oxidative/glykolytische Fasern )[2] Typ-II-X-Fasern: FG (engl. fast glycolytic fibers = schnelle glykolytische Fasern ). Man unterscheidet je nach Tierart verschiedene Typen (B oder C). Nach Kontraktionseigenschaft Extrafusale Fasern (auch twitch fibers = Zuckungsfasern ) (Arbeitsmuskulatur) ST-Fasern (engl. slow twitch fibers = langsam zuckende Fasern ) sind sehr ausdauernd, entwickeln allerdings nicht hohe Kräfte (entspricht SO). Intermediärtyp (entspricht FOG) FT-Fasern (engl. fast twitch fibers = schnell zuckende Fasern ) können hohe Kräfte entwickeln, ermüden aber sehr schnell (entspricht FG). Tonusfasern können nur eine langsame, wurmförmige Kontraktion ausüben. Sie kommen selten, beispielsweise in den äußeren Augenmuskeln, im Musculus tensor tympani und in Muskelspindeln, vor. Intrafusale Fasern (Muskelspindeln) dienen als Dehnungsrezeptoren und zur Einstellung der Empfindlichkeit der Muskelspindeln. Nach Farbe Rote Muskeln (entspricht SO) Weiße Muskeln (entspricht FG) Haben in vielen Tieren (nicht aber beim Menschen) wegen des niedrigen Myoglobingehalts eine helle Farbe. Das Verhältnis der Zusammensetzung eines Skelettmuskels aus verschiedenen Muskelfasertypen ist weitestgehend genetisch bestimmt und ist durch ein gezieltes Ausdauer- beziehungsweise Krafttraining begrenzt veränderbar. Dieses verändert nicht das Verhältnis zwischen Typ-I- und Typ-II-Fasern, aber wohl das zwischen Typ-II-A und Typ-II-X. Aus vielen II-X-Fasern werden II-A-Fasern gebildet (z. B. im Musculus trapezius bei Krafttraining Gehalt an II-A von 27 % auf bis zu 44 % aller Fasern). Die Verteilung der verschiedenen Muskelfasern in einem Muskel ist nicht homogen, sondern unterschiedlich an Ursprung, Ansatz bzw. im Inneren und an der Oberfläche des Muskels. Muskelkontraktion Hauptartikel: Muskelkontraktion Beschreibung Die Kontraktion ist ein mechanischer Vorgang, der durch einen Nervenimpuls ausgelöst wird. Dabei schieben sich Proteine (Aktin und Myosin) ineinander. Dieses wird durch schnell aufeinanderfolgende Konformationsänderungen der chemischen Struktur möglich, wodurch die Fortsätze der Myosinfilamente vergleichbar mit schnellen Ruderbewegungen die Myosinfilamente in die Aktinfilamente hineinziehen. Hört der Nerv auf, den Muskel mit Impulsen zu versorgen, erschlafft der Muskel, man spricht dann von Muskelrelaxation. Kontraktionsarten Je nach Kraft- (Spannungs-) bzw. Längenänderung des Muskels lassen sich mehrere Arten der Kontraktion unterscheiden: isotonisch ( gleichgespannt ): Der Muskel verkürzt sich ohne Kraftänderung. isometrisch ( gleichen Maßes ): Die Kraft erhöht sich bei gleichbleibender Länge des Muskels (haltend-statisch). Im physikalischen Sinne wird keine Arbeit geleistet, da der zurückgelegte Weg gleich null ist. auxotonisch ( verschiedengespannt ): Sowohl Kraft als auch Länge ändern sich. Das ist der häufigste Kontraktionstyp bei Alltagsbewegungen. Aus diesen elementaren Arten der Kontraktion lassen sich komplexere Kontraktionsformen zusammensetzen. Sie werden im alltäglichen Leben am häufigsten benutzt. Das sind z. B. die Unterstützungszuckung: erst isometrische, dann isotonische Kontraktion. Beispiel: Anheben eines Gewichtes vom Boden und anschließendes Anwinkeln des Unterarms. die Anschlagszuckung: erst isotonische, dann isometrische Kontraktion. Beispiel: Kaubewegung, Ohrfeige. Hinsichtlich der resultierenden Längenänderung des Muskels und der Geschwindigkeit, mit der diese erfolgt, lassen sich Kontraktionen z. B. folgendermaßen charakterisieren: isokinetisch ( gleich schnell ): Der Widerstand wird mit einer gleich bleibenden Geschwindigkeit überwunden. konzentrisch: der Muskel überwindet den Widerstand und wird dadurch kürzer (positiv-dynamisch, überwindend). Die intramuskuläre Spannung ändert sich, und die Muskeln verkürzen sich. exzentrisch: ob gewollt oder nicht, der Widerstand ist größer als die Spannung im Muskel, dadurch wird der Muskel gedehnt (negativ, dynamisch, nachgebend). Es kommt zu Spannungsänderungen und Verlängerung/Dehnung der Muskeln. Aufbau und Funktion der quergestreiften Skelettmuskulatur Schemazeichnung nach dem M. brachialis am Oberarm (a). Die Muskelfasern sind verhältnismäßig viel zu groß wiedergegeben. Muskelfaser x beginnt und endigt sehnig am Knochen, y endigt mit einem Ende im Muskel, z endigt mit beiden Enden im Muskel. b: Eine einzelne Muskelfaser, stark vergrößert. Aus: Braus 1921, S. 63. Lichtmikroskopisches Längsschnittbild quergestreifter Skelettmuskelfasern (Paraffinschnitt, Hämatoxylin-Eosin-Färbung) Schematischer Aufbau eines Skelettmuskels Jeder Muskel ist von einer elastischen Hülle aus Bindegewebe (Faszie) ummantelt, die mehrere Fleischfasern (auch Sekundärbündel) umschließt, welche wiederum mit Bindegewebe (Perimysium externum und Epimysium) umschlossen und zusammengehalten werden, das von Nerven und Blutgefäßen durchsetzt ist und sich an der Faszie befestigt. Jede Fleischfaser unterteilt sich in mehrere Faserbündel (auch Primärbündel), die zueinander verschiebbar gelagert sind, damit der Muskel biegsam und anschmiegend ist. Diese Faserbündel sind eine Vereinigung von bis zu zwölf Muskelfasern, die durch feines Bindegewebe mit Kapillargefäßen vereint sind. Aktiv wird der Muskel, indem er sich anspannt (Kontraktion), anschließend wieder entspannt, eine Bewegung und eine Kraft ausübt. Eine Muskelkontraktion wird von elektrischen Impulsen (Aktionspotentialen) ausgelöst, die vom Gehirn oder Rückenmark ausgesandt und über die Nerven weitergeleitet worden sind. Bei der Muskelfaser handelt es sich um ein Syncytium, das heißt um eine Zelle, die aus mehreren determinierten Vorläuferzellen (Myoblasten) entsteht und daher mehrere Kerne enthält. Die Muskelfaser kann eine beachtliche Länge von mehr als 30 cm und ungefähr 0,1 Millimeter Dicke erreichen. Sie ist teilungsunfähig, was der Grund ist, warum bei einem Verlust der Faser kein Ersatz nachwachsen kann und bei Muskelzuwachs sich lediglich die Faser verdickt. Das heißt, dass von Geburt an die Obergrenze der Muskelfasern festgelegt ist. Neben den üblichen Bestandteilen einer tierischen Zelle machen hauptsächlich Myofibrillen, das sind feinste Fäserchen, zu etwa 80 Prozent die Fasermasse aus. Die Membranhülle von Muskelfasern nennt man Sarkolemma. Funktionelle Einteilung der Skelettmuskulatur Im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit werden Muskeln in gegenspielende und zusammenwirkende unterteilt. Agonisten (Spieler) und Antagonisten (Gegenspieler) haben zueinander eine entgegengesetzte Wirkung. Synergisten dagegen haben eine gleiche oder ähnliche Wirkung und arbeiten deshalb bei vielen Bewegungsabläufen zusammen. Beispiel: Antagonisten: Bizeps und Trizeps; Beispiel: Synergisten: für Liegestütze braucht man den Trizeps und die Brustmuskeln (pectoralis major, - minor). Muskeln, die Extremitäten an den Körper heranziehen, heißen Adduktoren (Anzieher), ihre Antagonisten, die Abduktoren (Abzieher), sorgen dafür, dass die Extremitäten vom Körper abgespreizt werden. Beispiel: äußere und innere Muskeln des Oberschenkels, mit welchen man die Beine spreizen und zusammenführen kann. Flexoren (Beuger) dagegen knicken Finger und Zehen ein, ihre Antagonisten sind die Extensoren (Strecker). Rotatoren (führen Drehbewegungen aus, z. B. des Unterarmes oder des Kopfes). Skelettmuskulatur des Menschen Bodybuilder Jeder gesunde Mensch besitzt 656 Muskeln, wobei diese beim Mann etwa 40 %, bei der Frau etwa 32 % der Gesamtkörpermasse ausmachen, die Muskulosität hängt insgesamt aber von der Lebensweise ab. Der flächenmäßig größte Muskel des Menschen ist der Große Rückenmuskel (Musculus latissimus dorsi), der dem Volumen nach größte Muskel ist der Musculus gluteus maximus (größter Gesäßmuskel), der stärkste der Kaumuskel (Musculus masseter), der längste der Schneidermuskel (Musculus sartorius), die aktivsten die Augenmuskeln und der kleinste der Steigbügelmuskel (Musculus stapedius). Aufgrund des Umfangs mechanischer Arbeit, die die Muskeln leisten müssen, sind sie neben dem Nervensystem einer der Hauptabnehmer von Körperenergie (siehe Muskelarbeit und Muskelleistung). Postnatale Entwicklung Beim Neugeborenen ist die Muskulatur im Rumpf weiter entwickelt als die in den Extremitäten. Der Muskelanteil beträgt etwa 21 Prozent des Körpergewichts. Während des Wachstums nimmt die Muskelmasse beim Mann etwa um das 32,8-Fache zu, die Gesamtkörpermasse jedoch nur etwa um das 19,4-Fache. Bei Männern schließt die Entwicklung der Muskulatur im Zeitraum zwischen dem 23. und dem 27. Lebensjahr ab, bei Frauen zwischen dem 19. und 23. Lebensjahr. Die Muskelmasse beim Mann liegt bei etwa 37 57 %, während sie bei der Frau etwa 27 43 % beträgt. Muskelmasse in Prozent Alter Mann Frau 10 19 a 43 57 35 43 20 49 a 40 54 31 39 50 100 a 37 48 27 34 Im höheren Alter geht die Entwicklung der Muskeln zurück zu einem Zustand ähnlich dem vor der vollständigen Ausbildung. Dies betrifft also vor allem einen Abbau der Muskeln in den Beinen.[3] Physiologische Muskelinsuffizienz Aufgrund seiner mikroskopischen Anatomie kann sich ein Muskel weder vollkommen zusammenziehen (das Sarkomer kann sich nur um ca. 30 % verkürzen), noch unbegrenzt dehnen (das Sarkomer würde ansonsten reißen). Daraus ergeben sich zwei verschiedene Formen physiologischer Insuffizienz eines Muskels: Aktive Muskelinsuffizienz tritt auf, wenn der Agonist nicht mehr weiter kontrahieren kann, weil er schon maximal kontrahiert ist. Passive Muskelinsuffizienz tritt auf, wenn der Agonist nicht weiter kontrahieren kann, da sein Antagonist bereits maximal gedehnt ist. Bei zweigelenkigen Muskeln ist es möglich, der Muskelinsuffizienz (bezüglich der Muskelwirkung auf ein Gelenk) entgegenzuwirken, indem man den Muskel im anderen Gelenk dehnt (bzw. den Antagonisten verkürzt). So wirkt beispielsweise der Musculus biceps brachii bezüglich seiner Beugekraft im Ellbogengelenk stärker, wenn der Arm retrovertiert ist (also das Ellenbogengelenk hinter dem Körper), da nun der aktiven Insuffizienz des Muskels durch Dehnung im Schultergelenk (der lange Bizepskopf überzieht beide Gelenke) entgegengewirkt wird. Erkrankungen und Verletzungen der Skelettmuskulatur Botulismus Makrophagische Myofasciitis (Muskelschwächeerkrankung durch einwandernde Makrophagen) Muskelatrophie (Muskelschwund) Muskelbruch (Hernie) Muskeldystrophie Muskelfaserriss Muskelhärte (Myogelose) Muskelverhärtung Muskelhartspann (Myosklerose, Muskelhypertonus) Muskelkater Muskelkrampf Muskelprellung Muskelverkalkung Muskelzerrung muskuläre Dysbalance Myalgie (Muskelschmerz) Myasthenie (Muskelschwäche) Myoklonie Myokymie Myopathie Parese Plegie (Paralyse) Rhabdomyolyse Spastik Die Kontraktur ist eine Versteifung eines Gelenks infolge einer Verkürzung der Muskeln und Sehnen, z. B. verursacht durch Immobilisation, lange Ruhigstellung, fehlendes Muskelspiel unter anderem bei Nervenschädigungen und schließlich Schäden im Gelenkspalt. Durch die längere Inaktivität kommt es zunächst zum Muskelabbau. Siehe auch: Muskelfunktionstest, Sehnenentzündung, Sehnenriss, Sehnenzerrung Siehe auch Motorische Endplatte Mikrofilamente Bodybuilding Krafttraining Totenstarre Anabolika Sarkopenie Liste der Skelettmuskeln Literatur Hermann Braus: Anatomie des Menschen. Ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte. Erster Band. Bewegungsapparat. Julius Springer, Berlin 1921; 2. und 3. Auflage besorgt von Curt Elze. Schmidt, Unsicher (Hrsg.): Lehrbuch Vorklinik Teil B. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2003, ISBN 3-7691-0442-0. Fr d ric Delavier: Der neue Muskel-Guide. Gezieltes Krafttraining, Anatomie (englischer Originaltitel Guide des mouvements de musculation). BLV, München 2006, ISBN 3-8354-0014-2. Sigrid Thaller, Leopold Mathelitsch: Was leistet ein Sportler? Kraft, Leistung und Energie im Muskel. In: Physik in unserer Zeit. Band 37, 2006, Nr. 2, S. 86 89. Detlev Drenckhahn (Hrsg.): Anatomie Band 1. Urban & Fischer, München 2008. Weblinks Commons: Muskulatur Album mit Bildern, Videos und Audiodateien Wiktionary: Muskulatur Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Literatur von und über Muskulatur im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Uni Mainz: Die Muskulatur des Menschen in Tabellen zu Kontraktur siehe die Artikel bei Pflegewiki Kontraktur und Kontrakturenprophylaxe Einzelnachweise Jürgen Martin: Die Ulmer Wundarznei . Einleitung Text Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 153 (m s: Muskel, besonders am Oberarm). Dass bei der Muskelarbeit Glykogen verbraucht wird, erkannte 1859 der Physiologe Claude Bernard. In der Muskelfaser nachgewiesen wurde Glykogen um 1869 von Otto Nasse und Victor Hensen. Vgl. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 41. Franz Daffner: Das Wachstum des Menschen. Anthropologische Studie. 2. Auflage. Engelmann, Leipzig 1902. S. 342. Normdaten (Sachbegriff): GND: 4138611-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85088687 | NDL: 00565842 |
Muskulatur.txt | Die Muskulatur der Brust (Zeichnung von Bernardino Genga Anatomia per uso et intelligenza del disegno ricercata non solo su gl’ossi, e muscoli del corpo humano)
Muskeltorso aus dem Lehrbuch der Anatomie von Hermann Braus (1921). Links: Oberflächliche Muskelschicht. Rechts: Hautrelief.
Sportstudenten der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK), Leipzig, April 1956
Die Muskulatur ist ein Organsystem in Gewebetieren und bezeichnet eine Gesamtheit von Muskeln. Der Begriff bezieht sich z. B. bei den Bezeichnungen Bauchmuskulatur oder Rückenmuskulatur auf die Muskelgruppen des jeweiligen Körperabschnitts und ihre Wechselwirkung.
Ein Muskel (lateinisch musculus ‚Mäuschen‘, mittelhochdeutsch auch mūs[1] – ein angespannter Muskel sieht unter der Haut wie eine Maus aus) ist ein kontraktiles Organ, welches durch die Abfolge von Kontraktion und Relaxation innere und äußere Strukturen des Organismus bewegen kann. Diese Bewegung ist sowohl die Grundlage der aktiven Fortbewegung des Individuums und der Gestaltveränderung des Körpers als auch vieler innerer Körperfunktionen. Die Lehre von den Muskeln nennt man Myologie.
Die grundlegende Einteilung der Muskulatur bei Säugetieren einschließlich des Menschen erfolgt über den histologischen Aufbau und den Mechanismus der Kontraktion. Demnach unterscheidet man glatte Muskulatur und quergestreifte Muskulatur. Letztere lässt sich weiter in die Herzmuskulatur und die Skelettmuskulatur unterteilen. Weitere Unterscheidungsmöglichkeiten ergeben sich durch die Form, die Fasertypen und funktionelle Aspekte (siehe unten). Das einem Muskel zugrundeliegende Gewebe ist das Muskelgewebe, welches aus charakteristischen Muskelzellen besteht. Beim Skelettmuskel werden die Muskelzellen als Muskelfasern bezeichnet.
Muskelarten im Vergleich
Glatte Muskulatur
Herzmuskulatur
Skelettmuskulatur
Aufbau
• motorische Endplatte
keine
keine
ja
• Fasern
fusiform, kurz (<0,4 mm)
verzweigt
zylindrisch, lang (<15 cm)
• Mitochondrien
wenige
viele
wenige bis viele (je nach Muskeltyp)
• Zellkerne/Faser
1
1
viele
• Sarkomere
keine
ja, max. Länge 2,6 µm
ja, max. Länge 3,7 µm
• Synzytium
nein (Einzelzellen)
nein (aber funktionelles Synzytium)
ja
• sarkopl. Retikulum
wenig entwickelt
mäßig entwickelt
stark entwickelt
ATPase
wenig
mittel
viel
Funktion
• Schrittmacher
spontan aktiv (langsam)
ja (schnell)
nein (benötigt Nervenreiz)
• Reizantwort
abgestuft
„Alles-oder-Nichts“
„Alles-oder-Nichts“
• tetanisierbar
ja
nein
ja
• Arbeitsbereich
Kraft/Längen-Kurve ist variabel
im Anstieg der Kraft/Längen-Kurve
am Maximum der Kraft/Längen-Kurve
Reizantwort
Histologie
Die Bezeichnung der zytologischen Strukturen der Muskelzellen unterliegt einer für die Muskulatur spezifischen Nomenklatur und unterscheidet sich deshalb teilweise von der anderer Zellen:
Muskelzelle
andere Zellen des Organismus
Sarkoplasma
Zytoplasma
sarkoplasmatisches Retikulum
glattes Endoplasmatisches Retikulum
Sarkosom
Mitochondrium
Sarkolemm(a)
Zellmembran
Skelettmuskeln sind die willkürlich steuerbaren Teile der Muskulatur und gewährleisten die Beweglichkeit. Sie heißen auch gestreifte – bzw. quergestreifte Muskeln, da ihre Myofibrillen im Gegensatz zu den glatten Muskeln ganz regelmäßig angeordnet sind und dadurch ein erkennbares Ringmuster aus roten Myosinfilamenten und weißen Aktinfilamenten erzeugen. Sämtliche Skelettmuskeln werden der somatischen Muskulatur zugeordnet.
Der Herzmuskel arbeitet rhythmisch, kann nicht krampfen, hat ein eigenes Erregungsleitungssystem, kann spontan depolarisieren, enthält die kardiale Isoform des Troponin I und T. Er weist die Querstreifung von Skelettmuskeln auf, ist allerdings unwillkürlich in erster Linie über den Sinusknoten gesteuert und stellt somit eine eigene Muskelart dar.
Die glatte Muskulatur ist nicht der bewussten Kontrolle unterworfen, sondern vom vegetativen Nervensystem innerviert und gesteuert. Dazu zählt zum Beispiel die Muskulatur des Darms. Sämtliche glatte Muskeln werden der viszeralen Muskulatur zugeordnet.
Die gestreifte Muskulatur stammt von den Myotomen der Somiten der Leibeswand ab, die glatte aus dem Mesoderm der Splanchnopleura, sodass diese auch als Eingeweidemuskulatur bezeichnet wird. Im Bereich des Kopfdarms wird die viszerale Muskulatur von den Hirnnerven innerviert und ist quergestreift, während die restliche Eingeweidemuskulatur aus glatten Muskelfasern besteht.
Andere Kategorisierungsmöglichkeiten
Ein Muskel lässt sich auf verschiedene Weise einordnen, wobei diese Einteilung nicht direkt und eindeutig ist. Oft überschneiden sich die Eigenschaften. Je nach Blickwinkel werden sie durch ihre Zellstruktur, Form oder Funktion unterschieden. Weiterhin lassen sich Typen von Muskelfasern unterscheiden, die in einem Muskel vermischt vorkommen.
Anatomisch
Ringmuskel
Beispiele: Ziliarmuskel zur Verformung der Linse des Auges, Schließmuskeln um After, Mund, Auge, Blasenausgang und Magenausgang (Pylorus)
Hohlmuskel
Beispiele: Speiseröhre, Magen, Darm, Herz
spindelförmige Muskeln
Beispiel: Musculus soleus
federförmige Muskeln
mehrbäuchige Muskeln
Beispiel: Musculus rectus abdominis
mehrköpfige Muskeln
Beispiele: Musculus biceps brachii, Musculus triceps brachii und Musculus quadriceps femoris
Unterteilt wird auch in:
Zytologisch (s. o.) und Funktional (s. u.)
Einteilung der Muskelfasertypen
Nach Enzymaktivität
Typ-I-Fasern: SO (englisch slow oxidative fibers = ‚langsame oxidative Fasern‘)
Typ-II-Fasern:
Typ-II-A-Fasern: FOG (engl. fast oxydative glycolytic fibers = ‚schnelle oxidative/glykolytische Fasern‘)[2]
Typ-II-X-Fasern: FG (engl. fast glycolytic fibers = ‚schnelle glykolytische Fasern‘). Man unterscheidet je nach Tierart verschiedene Typen (B oder C).
Nach Kontraktionseigenschaft
Extrafusale Fasern (auch twitch fibers = ‚Zuckungsfasern‘) (Arbeitsmuskulatur)
ST-Fasern (engl. slow twitch fibers = ‚langsam zuckende Fasern‘) sind sehr ausdauernd, entwickeln allerdings nicht hohe Kräfte (entspricht SO).
Intermediärtyp (entspricht FOG)
FT-Fasern (engl. fast twitch fibers = ‚schnell zuckende Fasern‘) können hohe Kräfte entwickeln, ermüden aber sehr schnell (entspricht FG).
Tonusfasern können nur eine langsame, wurmförmige Kontraktion ausüben. Sie kommen selten, beispielsweise in den äußeren Augenmuskeln, im Musculus tensor tympani und in Muskelspindeln, vor.
Intrafusale Fasern (Muskelspindeln) dienen als Dehnungsrezeptoren und zur Einstellung der Empfindlichkeit der Muskelspindeln.
Nach Farbe
Rote Muskeln (entspricht SO)
Weiße Muskeln (entspricht FG)
Haben in vielen Tieren (nicht aber beim Menschen) wegen des niedrigen Myoglobingehalts eine helle Farbe.
Das Verhältnis der Zusammensetzung eines Skelettmuskels aus verschiedenen Muskelfasertypen ist weitestgehend genetisch bestimmt und ist durch ein gezieltes Ausdauer- beziehungsweise Krafttraining begrenzt veränderbar. Dieses verändert nicht das Verhältnis zwischen Typ-I- und Typ-II-Fasern, aber wohl das zwischen Typ-II-A und Typ-II-X. Aus vielen II-X-Fasern werden II-A-Fasern gebildet (z. B. im Musculus trapezius bei Krafttraining Gehalt an II-A von 27 % auf bis zu 44 % aller Fasern). Die Verteilung der verschiedenen Muskelfasern in einem Muskel ist nicht homogen, sondern unterschiedlich an Ursprung, Ansatz bzw. im Inneren und an der Oberfläche des Muskels.
Muskelkontraktion
→ Hauptartikel: Muskelkontraktion
Beschreibung
Die Kontraktion ist ein mechanischer Vorgang, der durch einen Nervenimpuls ausgelöst wird. Dabei schieben sich Proteine (Aktin und Myosin) ineinander. Dieses wird durch schnell aufeinanderfolgende Konformationsänderungen der chemischen Struktur möglich, wodurch die Fortsätze der Myosinfilamente – vergleichbar mit schnellen Ruderbewegungen – die Myosinfilamente in die Aktinfilamente hineinziehen. Hört der Nerv auf, den Muskel mit Impulsen zu versorgen, erschlafft der Muskel, man spricht dann von Muskelrelaxation.
Kontraktionsarten
Je nach Kraft- (Spannungs-) bzw. Längenänderung des Muskels lassen sich mehrere Arten der Kontraktion unterscheiden:
isotonisch („gleichgespannt“): Der Muskel verkürzt sich ohne Kraftänderung.
isometrisch („gleichen Maßes“): Die Kraft erhöht sich bei gleichbleibender Länge des Muskels (haltend-statisch). Im physikalischen Sinne wird keine Arbeit geleistet, da der zurückgelegte Weg gleich null ist.
auxotonisch („verschiedengespannt“): Sowohl Kraft als auch Länge ändern sich. Das ist der häufigste Kontraktionstyp bei Alltagsbewegungen.
Aus diesen elementaren Arten der Kontraktion lassen sich komplexere Kontraktionsformen zusammensetzen. Sie werden im alltäglichen Leben am häufigsten benutzt. Das sind z. B.
die Unterstützungszuckung: erst isometrische, dann isotonische Kontraktion. Beispiel: Anheben eines Gewichtes vom Boden und anschließendes Anwinkeln des Unterarms.
die Anschlagszuckung: erst isotonische, dann isometrische Kontraktion. Beispiel: Kaubewegung, Ohrfeige.
Hinsichtlich der resultierenden Längenänderung des Muskels und der Geschwindigkeit, mit der diese erfolgt, lassen sich Kontraktionen z. B. folgendermaßen charakterisieren:
isokinetisch („gleich schnell“): Der Widerstand wird mit einer gleich bleibenden Geschwindigkeit überwunden.
konzentrisch: der Muskel überwindet den Widerstand und wird dadurch kürzer (positiv-dynamisch, überwindend). Die intramuskuläre Spannung ändert sich, und die Muskeln verkürzen sich.
exzentrisch: ob gewollt oder nicht, der Widerstand ist größer als die Spannung im Muskel, dadurch wird der Muskel gedehnt (negativ, dynamisch, nachgebend). Es kommt zu Spannungsänderungen und Verlängerung/Dehnung der Muskeln.
Aufbau und Funktion der quergestreiften Skelettmuskulatur
Schemazeichnung nach dem M. brachialis am Oberarm (a). Die Muskelfasern sind verhältnismäßig viel zu groß wiedergegeben. Muskelfaser x beginnt und endigt sehnig am Knochen, y endigt mit einem Ende im Muskel, z endigt mit beiden Enden im Muskel. b: Eine einzelne Muskelfaser, stark vergrößert. Aus: Braus 1921, S. 63.
Lichtmikroskopisches Längsschnittbild quergestreifter Skelettmuskelfasern (Paraffinschnitt, Hämatoxylin-Eosin-Färbung)
Schematischer Aufbau eines Skelettmuskels
Jeder Muskel ist von einer elastischen Hülle aus Bindegewebe (Faszie) ummantelt, die mehrere Fleischfasern (auch Sekundärbündel) umschließt, welche wiederum mit Bindegewebe (Perimysium externum und Epimysium) umschlossen und zusammengehalten werden, das von Nerven und Blutgefäßen durchsetzt ist und sich an der Faszie befestigt. Jede Fleischfaser unterteilt sich in mehrere Faserbündel (auch Primärbündel), die zueinander verschiebbar gelagert sind, damit der Muskel biegsam und anschmiegend ist. Diese Faserbündel sind eine Vereinigung von bis zu zwölf Muskelfasern, die durch feines Bindegewebe mit Kapillargefäßen vereint sind.
Aktiv wird der Muskel, indem er sich anspannt (Kontraktion), anschließend wieder entspannt, eine Bewegung und eine Kraft ausübt. Eine Muskelkontraktion wird von elektrischen Impulsen (Aktionspotentialen) ausgelöst, die vom Gehirn oder Rückenmark ausgesandt und über die Nerven weitergeleitet worden sind.
Bei der Muskelfaser handelt es sich um ein Syncytium, das heißt um eine Zelle, die aus mehreren determinierten Vorläuferzellen (Myoblasten) entsteht und daher mehrere Kerne enthält. Die Muskelfaser kann eine beachtliche Länge von mehr als 30 cm und ungefähr 0,1 Millimeter Dicke erreichen. Sie ist teilungsunfähig, was der Grund ist, warum bei einem Verlust der Faser kein Ersatz nachwachsen kann und bei Muskelzuwachs sich lediglich die Faser verdickt. Das heißt, dass von Geburt an die Obergrenze der Muskelfasern festgelegt ist. Neben den üblichen Bestandteilen einer tierischen Zelle machen hauptsächlich Myofibrillen, das sind feinste Fäserchen, zu etwa 80 Prozent die Fasermasse aus. Die Membranhülle von Muskelfasern nennt man Sarkolemma.
Funktionelle Einteilung der Skelettmuskulatur
Im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit werden Muskeln in gegenspielende und zusammenwirkende unterteilt. Agonisten (Spieler) und Antagonisten (Gegenspieler) haben zueinander eine entgegengesetzte Wirkung. Synergisten dagegen haben eine gleiche oder ähnliche Wirkung und arbeiten deshalb bei vielen Bewegungsabläufen zusammen.
Beispiel: Antagonisten: Bizeps und Trizeps;
Beispiel: Synergisten: für Liegestütze braucht man den Trizeps und die Brustmuskeln (pectoralis major, - minor).
Muskeln, die Extremitäten an den Körper heranziehen, heißen Adduktoren (Anzieher), ihre Antagonisten, die Abduktoren (Abzieher), sorgen dafür, dass die Extremitäten vom Körper abgespreizt werden.
Beispiel: äußere und innere Muskeln des Oberschenkels, mit welchen man die Beine spreizen und zusammenführen kann.
Flexoren (Beuger) dagegen knicken Finger und Zehen ein, ihre Antagonisten sind die Extensoren (Strecker).
Rotatoren (führen Drehbewegungen aus, z. B. des Unterarmes oder des Kopfes).
Skelettmuskulatur des Menschen
Bodybuilder
Jeder gesunde Mensch besitzt 656 Muskeln, wobei diese beim Mann etwa 40 %, bei der Frau etwa 32 % der Gesamtkörpermasse ausmachen, die Muskulosität hängt insgesamt aber von der Lebensweise ab.
Der flächenmäßig größte Muskel des Menschen ist der Große Rückenmuskel (Musculus latissimus dorsi), der dem Volumen nach größte Muskel ist der Musculus gluteus maximus (größter Gesäßmuskel), der stärkste der Kaumuskel (Musculus masseter), der längste der Schneidermuskel (Musculus sartorius), die aktivsten die Augenmuskeln und der kleinste der Steigbügelmuskel (Musculus stapedius). Aufgrund des Umfangs mechanischer Arbeit, die die Muskeln leisten müssen, sind sie neben dem Nervensystem einer der Hauptabnehmer von Körperenergie (siehe Muskelarbeit und Muskelleistung).
Postnatale Entwicklung
Beim Neugeborenen ist die Muskulatur im Rumpf weiter entwickelt als die in den Extremitäten. Der Muskelanteil beträgt etwa 21 Prozent des Körpergewichts. Während des Wachstums nimmt die Muskelmasse beim Mann etwa um das 32,8-Fache zu, die Gesamtkörpermasse jedoch nur etwa um das 19,4-Fache. Bei Männern schließt die Entwicklung der Muskulatur im Zeitraum zwischen dem 23. und dem 27. Lebensjahr ab, bei Frauen zwischen dem 19. und 23. Lebensjahr. Die Muskelmasse beim Mann liegt bei etwa 37–57 %, während sie bei der Frau etwa 27–43 % beträgt.
Muskelmasse in Prozent
Alter
Mann
Frau
10–19 a
43–57
35–43
20–49 a
40–54
31–39
50–100 a
37–48
27–34
Im höheren Alter geht die Entwicklung der Muskeln zurück zu einem Zustand ähnlich dem vor der vollständigen Ausbildung. Dies betrifft also vor allem einen Abbau der Muskeln in den Beinen.[3]
Physiologische Muskelinsuffizienz
Aufgrund seiner mikroskopischen Anatomie kann sich ein Muskel weder vollkommen zusammenziehen (das Sarkomer kann sich nur um ca. 30 % verkürzen), noch unbegrenzt dehnen (das Sarkomer würde ansonsten reißen). Daraus ergeben sich zwei verschiedene Formen physiologischer Insuffizienz eines Muskels:
Aktive Muskelinsuffizienz tritt auf, wenn der Agonist nicht mehr weiter kontrahieren kann, weil er schon maximal kontrahiert ist.
Passive Muskelinsuffizienz tritt auf, wenn der Agonist nicht weiter kontrahieren kann, da sein Antagonist bereits maximal gedehnt ist.
Bei zweigelenkigen Muskeln ist es möglich, der Muskelinsuffizienz (bezüglich der Muskelwirkung auf ein Gelenk) entgegenzuwirken, indem man den Muskel im anderen Gelenk dehnt (bzw. den Antagonisten verkürzt). So wirkt beispielsweise der Musculus biceps brachii bezüglich seiner Beugekraft im Ellbogengelenk stärker, wenn der Arm retrovertiert ist (also das Ellenbogengelenk hinter dem Körper), da nun der aktiven Insuffizienz des Muskels durch Dehnung im Schultergelenk (der lange Bizepskopf überzieht beide Gelenke) entgegengewirkt wird.
Erkrankungen und Verletzungen der Skelettmuskulatur
Botulismus
Makrophagische Myofasciitis (Muskelschwächeerkrankung durch einwandernde Makrophagen)
Muskelatrophie (Muskelschwund)
Muskelbruch (Hernie)
Muskeldystrophie
Muskelfaserriss
Muskelhärte (Myogelose)
Muskelverhärtung
Muskelhartspann (Myosklerose, Muskelhypertonus)
Muskelkater
Muskelkrampf
Muskelprellung
Muskelverkalkung
Muskelzerrung
muskuläre Dysbalance
Myalgie (Muskelschmerz)
Myasthenie (Muskelschwäche)
Myoklonie
Myokymie
Myopathie
Parese
Plegie (Paralyse)
Rhabdomyolyse
Spastik
Die Kontraktur ist eine Versteifung eines Gelenks infolge einer Verkürzung der Muskeln und Sehnen, z. B. verursacht durch Immobilisation, lange Ruhigstellung, fehlendes Muskelspiel unter anderem bei Nervenschädigungen und schließlich Schäden im Gelenkspalt. Durch die längere Inaktivität kommt es zunächst zum Muskelabbau.
Siehe auch:
Muskelfunktionstest, Sehnenentzündung, Sehnenriss, Sehnenzerrung
Siehe auch
Motorische Endplatte
Mikrofilamente
Bodybuilding
Krafttraining
Totenstarre
Anabolika
Sarkopenie
Liste der Skelettmuskeln
Literatur
Hermann Braus: Anatomie des Menschen. Ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte. Erster Band. Bewegungsapparat. Julius Springer, Berlin 1921; 2. und 3. Auflage besorgt von Curt Elze.
Schmidt, Unsicher (Hrsg.): Lehrbuch Vorklinik – Teil B. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2003, ISBN 3-7691-0442-0.
Frédéric Delavier: Der neue Muskel-Guide. Gezieltes Krafttraining, Anatomie (englischer Originaltitel Guide des mouvements de musculation). BLV, München 2006, ISBN 3-8354-0014-2.
Sigrid Thaller, Leopold Mathelitsch: Was leistet ein Sportler? Kraft, Leistung und Energie im Muskel. In: Physik in unserer Zeit. Band 37, 2006, Nr. 2, S. 86–89.
Detlev Drenckhahn (Hrsg.): Anatomie Band 1. Urban & Fischer, München 2008.
Weblinks
Commons: Muskulatur – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Muskulatur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Literatur von und über Muskulatur im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Uni Mainz: Die Muskulatur des Menschen in Tabellen
zu Kontraktur siehe die Artikel bei Pflegewiki Kontraktur und Kontrakturenprophylaxe
Einzelnachweise
↑ Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 153 (mūs: Muskel, besonders am Oberarm).
↑ Dass bei der Muskelarbeit Glykogen verbraucht wird, erkannte 1859 der Physiologe Claude Bernard. In der Muskelfaser nachgewiesen wurde Glykogen um 1869 von Otto Nasse und Victor Hensen. Vgl. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 41.
↑ Franz Daffner: Das Wachstum des Menschen. Anthropologische Studie. 2. Auflage. Engelmann, Leipzig 1902. S. 342.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4138611-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85088687 | NDL: 00565842
| Die Muskulatur der Brust (Zeichnung von Bernardino Genga Anatomia per uso et intelligenza del disegno ricercata non solo su gl ossi, e muscoli del corpo humano) Muskeltorso aus dem Lehrbuch der Anatomie von Hermann Braus (1921). Links: Oberflächliche Muskelschicht. Rechts: Hautrelief. Sportstudenten der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK), Leipzig, April 1956 Die Muskulatur ist ein Organsystem in Gewebetieren und bezeichnet eine Gesamtheit von Muskeln. Der Begriff bezieht sich z. B. bei den Bezeichnungen Bauchmuskulatur oder Rückenmuskulatur auf die Muskelgruppen des jeweiligen Körperabschnitts und ihre Wechselwirkung. Ein Muskel (lateinisch musculus Mäuschen , mittelhochdeutsch auch m s[1] ein angespannter Muskel sieht unter der Haut wie eine Maus aus) ist ein kontraktiles Organ, welches durch die Abfolge von Kontraktion und Relaxation innere und äußere Strukturen des Organismus bewegen kann. Diese Bewegung ist sowohl die Grundlage der aktiven Fortbewegung des Individuums und der Gestaltveränderung des Körpers als auch vieler innerer Körperfunktionen. Die Lehre von den Muskeln nennt man Myologie. Die grundlegende Einteilung der Muskulatur bei Säugetieren einschließlich des Menschen erfolgt über den histologischen Aufbau und den Mechanismus der Kontraktion. Demnach unterscheidet man glatte Muskulatur und quergestreifte Muskulatur. Letztere lässt sich weiter in die Herzmuskulatur und die Skelettmuskulatur unterteilen. Weitere Unterscheidungsmöglichkeiten ergeben sich durch die Form, die Fasertypen und funktionelle Aspekte (siehe unten). Das einem Muskel zugrundeliegende Gewebe ist das Muskelgewebe, welches aus charakteristischen Muskelzellen besteht. Beim Skelettmuskel werden die Muskelzellen als Muskelfasern bezeichnet. Muskelarten im Vergleich Glatte Muskulatur Herzmuskulatur Skelettmuskulatur Aufbau motorische Endplatte keine keine ja Fasern fusiform, kurz (<0,4 mm) verzweigt zylindrisch, lang (<15 cm) Mitochondrien wenige viele wenige bis viele (je nach Muskeltyp) Zellkerne/Faser 1 1 viele Sarkomere keine ja, max. Länge 2,6 m ja, max. Länge 3,7 m Synzytium nein (Einzelzellen) nein (aber funktionelles Synzytium) ja sarkopl. Retikulum wenig entwickelt mäßig entwickelt stark entwickelt ATPase wenig mittel viel Funktion Schrittmacher spontan aktiv (langsam) ja (schnell) nein (benötigt Nervenreiz) Reizantwort abgestuft Alles-oder-Nichts Alles-oder-Nichts tetanisierbar ja nein ja Arbeitsbereich Kraft/Längen-Kurve ist variabel im Anstieg der Kraft/Längen-Kurve am Maximum der Kraft/Längen-Kurve Reizantwort Histologie Die Bezeichnung der zytologischen Strukturen der Muskelzellen unterliegt einer für die Muskulatur spezifischen Nomenklatur und unterscheidet sich deshalb teilweise von der anderer Zellen: Muskelzelle andere Zellen des Organismus Sarkoplasma Zytoplasma sarkoplasmatisches Retikulum glattes Endoplasmatisches Retikulum Sarkosom Mitochondrium Sarkolemm(a) Zellmembran Skelettmuskeln sind die willkürlich steuerbaren Teile der Muskulatur und gewährleisten die Beweglichkeit. Sie heißen auch gestreifte bzw. quergestreifte Muskeln, da ihre Myofibrillen im Gegensatz zu den glatten Muskeln ganz regelmäßig angeordnet sind und dadurch ein erkennbares Ringmuster aus roten Myosinfilamenten und weißen Aktinfilamenten erzeugen. Sämtliche Skelettmuskeln werden der somatischen Muskulatur zugeordnet. Der Herzmuskel arbeitet rhythmisch, kann nicht krampfen, hat ein eigenes Erregungsleitungssystem, kann spontan depolarisieren, enthält die kardiale Isoform des Troponin I und T. Er weist die Querstreifung von Skelettmuskeln auf, ist allerdings unwillkürlich in erster Linie über den Sinusknoten gesteuert und stellt somit eine eigene Muskelart dar. Die glatte Muskulatur ist nicht der bewussten Kontrolle unterworfen, sondern vom vegetativen Nervensystem innerviert und gesteuert. Dazu zählt zum Beispiel die Muskulatur des Darms. Sämtliche glatte Muskeln werden der viszeralen Muskulatur zugeordnet. Die gestreifte Muskulatur stammt von den Myotomen der Somiten der Leibeswand ab, die glatte aus dem Mesoderm der Splanchnopleura, sodass diese auch als Eingeweidemuskulatur bezeichnet wird. Im Bereich des Kopfdarms wird die viszerale Muskulatur von den Hirnnerven innerviert und ist quergestreift, während die restliche Eingeweidemuskulatur aus glatten Muskelfasern besteht. Andere Kategorisierungsmöglichkeiten Ein Muskel lässt sich auf verschiedene Weise einordnen, wobei diese Einteilung nicht direkt und eindeutig ist. Oft überschneiden sich die Eigenschaften. Je nach Blickwinkel werden sie durch ihre Zellstruktur, Form oder Funktion unterschieden. Weiterhin lassen sich Typen von Muskelfasern unterscheiden, die in einem Muskel vermischt vorkommen. Anatomisch Ringmuskel Beispiele: Ziliarmuskel zur Verformung der Linse des Auges, Schließmuskeln um After, Mund, Auge, Blasenausgang und Magenausgang (Pylorus) Hohlmuskel Beispiele: Speiseröhre, Magen, Darm, Herz spindelförmige Muskeln Beispiel: Musculus soleus federförmige Muskeln mehrbäuchige Muskeln Beispiel: Musculus rectus abdominis mehrköpfige Muskeln Beispiele: Musculus biceps brachii, Musculus triceps brachii und Musculus quadriceps femoris Unterteilt wird auch in: Zytologisch (s. o.) und Funktional (s. u.) Einteilung der Muskelfasertypen Nach Enzymaktivität Typ-I-Fasern: SO (englisch slow oxidative fibers = langsame oxidative Fasern ) Typ-II-Fasern: Typ-II-A-Fasern: FOG (engl. fast oxydative glycolytic fibers = schnelle oxidative/glykolytische Fasern )[2] Typ-II-X-Fasern: FG (engl. fast glycolytic fibers = schnelle glykolytische Fasern ). Man unterscheidet je nach Tierart verschiedene Typen (B oder C). Nach Kontraktionseigenschaft Extrafusale Fasern (auch twitch fibers = Zuckungsfasern ) (Arbeitsmuskulatur) ST-Fasern (engl. slow twitch fibers = langsam zuckende Fasern ) sind sehr ausdauernd, entwickeln allerdings nicht hohe Kräfte (entspricht SO). Intermediärtyp (entspricht FOG) FT-Fasern (engl. fast twitch fibers = schnell zuckende Fasern ) können hohe Kräfte entwickeln, ermüden aber sehr schnell (entspricht FG). Tonusfasern können nur eine langsame, wurmförmige Kontraktion ausüben. Sie kommen selten, beispielsweise in den äußeren Augenmuskeln, im Musculus tensor tympani und in Muskelspindeln, vor. Intrafusale Fasern (Muskelspindeln) dienen als Dehnungsrezeptoren und zur Einstellung der Empfindlichkeit der Muskelspindeln. Nach Farbe Rote Muskeln (entspricht SO) Weiße Muskeln (entspricht FG) Haben in vielen Tieren (nicht aber beim Menschen) wegen des niedrigen Myoglobingehalts eine helle Farbe. Das Verhältnis der Zusammensetzung eines Skelettmuskels aus verschiedenen Muskelfasertypen ist weitestgehend genetisch bestimmt und ist durch ein gezieltes Ausdauer- beziehungsweise Krafttraining begrenzt veränderbar. Dieses verändert nicht das Verhältnis zwischen Typ-I- und Typ-II-Fasern, aber wohl das zwischen Typ-II-A und Typ-II-X. Aus vielen II-X-Fasern werden II-A-Fasern gebildet (z. B. im Musculus trapezius bei Krafttraining Gehalt an II-A von 27 % auf bis zu 44 % aller Fasern). Die Verteilung der verschiedenen Muskelfasern in einem Muskel ist nicht homogen, sondern unterschiedlich an Ursprung, Ansatz bzw. im Inneren und an der Oberfläche des Muskels. Muskelkontraktion Hauptartikel: Muskelkontraktion Beschreibung Die Kontraktion ist ein mechanischer Vorgang, der durch einen Nervenimpuls ausgelöst wird. Dabei schieben sich Proteine (Aktin und Myosin) ineinander. Dieses wird durch schnell aufeinanderfolgende Konformationsänderungen der chemischen Struktur möglich, wodurch die Fortsätze der Myosinfilamente vergleichbar mit schnellen Ruderbewegungen die Myosinfilamente in die Aktinfilamente hineinziehen. Hört der Nerv auf, den Muskel mit Impulsen zu versorgen, erschlafft der Muskel, man spricht dann von Muskelrelaxation. Kontraktionsarten Je nach Kraft- (Spannungs-) bzw. Längenänderung des Muskels lassen sich mehrere Arten der Kontraktion unterscheiden: isotonisch ( gleichgespannt ): Der Muskel verkürzt sich ohne Kraftänderung. isometrisch ( gleichen Maßes ): Die Kraft erhöht sich bei gleichbleibender Länge des Muskels (haltend-statisch). Im physikalischen Sinne wird keine Arbeit geleistet, da der zurückgelegte Weg gleich null ist. auxotonisch ( verschiedengespannt ): Sowohl Kraft als auch Länge ändern sich. Das ist der häufigste Kontraktionstyp bei Alltagsbewegungen. Aus diesen elementaren Arten der Kontraktion lassen sich komplexere Kontraktionsformen zusammensetzen. Sie werden im alltäglichen Leben am häufigsten benutzt. Das sind z. B. die Unterstützungszuckung: erst isometrische, dann isotonische Kontraktion. Beispiel: Anheben eines Gewichtes vom Boden und anschließendes Anwinkeln des Unterarms. die Anschlagszuckung: erst isotonische, dann isometrische Kontraktion. Beispiel: Kaubewegung, Ohrfeige. Hinsichtlich der resultierenden Längenänderung des Muskels und der Geschwindigkeit, mit der diese erfolgt, lassen sich Kontraktionen z. B. folgendermaßen charakterisieren: isokinetisch ( gleich schnell ): Der Widerstand wird mit einer gleich bleibenden Geschwindigkeit überwunden. konzentrisch: der Muskel überwindet den Widerstand und wird dadurch kürzer (positiv-dynamisch, überwindend). Die intramuskuläre Spannung ändert sich, und die Muskeln verkürzen sich. exzentrisch: ob gewollt oder nicht, der Widerstand ist größer als die Spannung im Muskel, dadurch wird der Muskel gedehnt (negativ, dynamisch, nachgebend). Es kommt zu Spannungsänderungen und Verlängerung/Dehnung der Muskeln. Aufbau und Funktion der quergestreiften Skelettmuskulatur Schemazeichnung nach dem M. brachialis am Oberarm (a). Die Muskelfasern sind verhältnismäßig viel zu groß wiedergegeben. Muskelfaser x beginnt und endigt sehnig am Knochen, y endigt mit einem Ende im Muskel, z endigt mit beiden Enden im Muskel. b: Eine einzelne Muskelfaser, stark vergrößert. Aus: Braus 1921, S. 63. Lichtmikroskopisches Längsschnittbild quergestreifter Skelettmuskelfasern (Paraffinschnitt, Hämatoxylin-Eosin-Färbung) Schematischer Aufbau eines Skelettmuskels Jeder Muskel ist von einer elastischen Hülle aus Bindegewebe (Faszie) ummantelt, die mehrere Fleischfasern (auch Sekundärbündel) umschließt, welche wiederum mit Bindegewebe (Perimysium externum und Epimysium) umschlossen und zusammengehalten werden, das von Nerven und Blutgefäßen durchsetzt ist und sich an der Faszie befestigt. Jede Fleischfaser unterteilt sich in mehrere Faserbündel (auch Primärbündel), die zueinander verschiebbar gelagert sind, damit der Muskel biegsam und anschmiegend ist. Diese Faserbündel sind eine Vereinigung von bis zu zwölf Muskelfasern, die durch feines Bindegewebe mit Kapillargefäßen vereint sind. Aktiv wird der Muskel, indem er sich anspannt (Kontraktion), anschließend wieder entspannt, eine Bewegung und eine Kraft ausübt. Eine Muskelkontraktion wird von elektrischen Impulsen (Aktionspotentialen) ausgelöst, die vom Gehirn oder Rückenmark ausgesandt und über die Nerven weitergeleitet worden sind. Bei der Muskelfaser handelt es sich um ein Syncytium, das heißt um eine Zelle, die aus mehreren determinierten Vorläuferzellen (Myoblasten) entsteht und daher mehrere Kerne enthält. Die Muskelfaser kann eine beachtliche Länge von mehr als 30 cm und ungefähr 0,1 Millimeter Dicke erreichen. Sie ist teilungsunfähig, was der Grund ist, warum bei einem Verlust der Faser kein Ersatz nachwachsen kann und bei Muskelzuwachs sich lediglich die Faser verdickt. Das heißt, dass von Geburt an die Obergrenze der Muskelfasern festgelegt ist. Neben den üblichen Bestandteilen einer tierischen Zelle machen hauptsächlich Myofibrillen, das sind feinste Fäserchen, zu etwa 80 Prozent die Fasermasse aus. Die Membranhülle von Muskelfasern nennt man Sarkolemma. Funktionelle Einteilung der Skelettmuskulatur Im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit werden Muskeln in gegenspielende und zusammenwirkende unterteilt. Agonisten (Spieler) und Antagonisten (Gegenspieler) haben zueinander eine entgegengesetzte Wirkung. Synergisten dagegen haben eine gleiche oder ähnliche Wirkung und arbeiten deshalb bei vielen Bewegungsabläufen zusammen. Beispiel: Antagonisten: Bizeps und Trizeps; Beispiel: Synergisten: für Liegestütze braucht man den Trizeps und die Brustmuskeln (pectoralis major, - minor). Muskeln, die Extremitäten an den Körper heranziehen, heißen Adduktoren (Anzieher), ihre Antagonisten, die Abduktoren (Abzieher), sorgen dafür, dass die Extremitäten vom Körper abgespreizt werden. Beispiel: äußere und innere Muskeln des Oberschenkels, mit welchen man die Beine spreizen und zusammenführen kann. Flexoren (Beuger) dagegen knicken Finger und Zehen ein, ihre Antagonisten sind die Extensoren (Strecker). Rotatoren (führen Drehbewegungen aus, z. B. des Unterarmes oder des Kopfes). Skelettmuskulatur des Menschen Bodybuilder Jeder gesunde Mensch besitzt 656 Muskeln, wobei diese beim Mann etwa 40 %, bei der Frau etwa 32 % der Gesamtkörpermasse ausmachen, die Muskulosität hängt insgesamt aber von der Lebensweise ab. Der flächenmäßig größte Muskel des Menschen ist der Große Rückenmuskel (Musculus latissimus dorsi), der dem Volumen nach größte Muskel ist der Musculus gluteus maximus (größter Gesäßmuskel), der stärkste der Kaumuskel (Musculus masseter), der längste der Schneidermuskel (Musculus sartorius), die aktivsten die Augenmuskeln und der kleinste der Steigbügelmuskel (Musculus stapedius). Aufgrund des Umfangs mechanischer Arbeit, die die Muskeln leisten müssen, sind sie neben dem Nervensystem einer der Hauptabnehmer von Körperenergie (siehe Muskelarbeit und Muskelleistung). Postnatale Entwicklung Beim Neugeborenen ist die Muskulatur im Rumpf weiter entwickelt als die in den Extremitäten. Der Muskelanteil beträgt etwa 21 Prozent des Körpergewichts. Während des Wachstums nimmt die Muskelmasse beim Mann etwa um das 32,8-Fache zu, die Gesamtkörpermasse jedoch nur etwa um das 19,4-Fache. Bei Männern schließt die Entwicklung der Muskulatur im Zeitraum zwischen dem 23. und dem 27. Lebensjahr ab, bei Frauen zwischen dem 19. und 23. Lebensjahr. Die Muskelmasse beim Mann liegt bei etwa 37 57 %, während sie bei der Frau etwa 27 43 % beträgt. Muskelmasse in Prozent Alter Mann Frau 10 19 a 43 57 35 43 20 49 a 40 54 31 39 50 100 a 37 48 27 34 Im höheren Alter geht die Entwicklung der Muskeln zurück zu einem Zustand ähnlich dem vor der vollständigen Ausbildung. Dies betrifft also vor allem einen Abbau der Muskeln in den Beinen.[3] Physiologische Muskelinsuffizienz Aufgrund seiner mikroskopischen Anatomie kann sich ein Muskel weder vollkommen zusammenziehen (das Sarkomer kann sich nur um ca. 30 % verkürzen), noch unbegrenzt dehnen (das Sarkomer würde ansonsten reißen). Daraus ergeben sich zwei verschiedene Formen physiologischer Insuffizienz eines Muskels: Aktive Muskelinsuffizienz tritt auf, wenn der Agonist nicht mehr weiter kontrahieren kann, weil er schon maximal kontrahiert ist. Passive Muskelinsuffizienz tritt auf, wenn der Agonist nicht weiter kontrahieren kann, da sein Antagonist bereits maximal gedehnt ist. Bei zweigelenkigen Muskeln ist es möglich, der Muskelinsuffizienz (bezüglich der Muskelwirkung auf ein Gelenk) entgegenzuwirken, indem man den Muskel im anderen Gelenk dehnt (bzw. den Antagonisten verkürzt). So wirkt beispielsweise der Musculus biceps brachii bezüglich seiner Beugekraft im Ellbogengelenk stärker, wenn der Arm retrovertiert ist (also das Ellenbogengelenk hinter dem Körper), da nun der aktiven Insuffizienz des Muskels durch Dehnung im Schultergelenk (der lange Bizepskopf überzieht beide Gelenke) entgegengewirkt wird. Erkrankungen und Verletzungen der Skelettmuskulatur Botulismus Makrophagische Myofasciitis (Muskelschwächeerkrankung durch einwandernde Makrophagen) Muskelatrophie (Muskelschwund) Muskelbruch (Hernie) Muskeldystrophie Muskelfaserriss Muskelhärte (Myogelose) Muskelverhärtung Muskelhartspann (Myosklerose, Muskelhypertonus) Muskelkater Muskelkrampf Muskelprellung Muskelverkalkung Muskelzerrung muskuläre Dysbalance Myalgie (Muskelschmerz) Myasthenie (Muskelschwäche) Myoklonie Myokymie Myopathie Parese Plegie (Paralyse) Rhabdomyolyse Spastik Die Kontraktur ist eine Versteifung eines Gelenks infolge einer Verkürzung der Muskeln und Sehnen, z. B. verursacht durch Immobilisation, lange Ruhigstellung, fehlendes Muskelspiel unter anderem bei Nervenschädigungen und schließlich Schäden im Gelenkspalt. Durch die längere Inaktivität kommt es zunächst zum Muskelabbau. Siehe auch: Muskelfunktionstest, Sehnenentzündung, Sehnenriss, Sehnenzerrung Siehe auch Motorische Endplatte Mikrofilamente Bodybuilding Krafttraining Totenstarre Anabolika Sarkopenie Liste der Skelettmuskeln Literatur Hermann Braus: Anatomie des Menschen. Ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte. Erster Band. Bewegungsapparat. Julius Springer, Berlin 1921; 2. und 3. Auflage besorgt von Curt Elze. Schmidt, Unsicher (Hrsg.): Lehrbuch Vorklinik Teil B. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2003, ISBN 3-7691-0442-0. Fr d ric Delavier: Der neue Muskel-Guide. Gezieltes Krafttraining, Anatomie (englischer Originaltitel Guide des mouvements de musculation). BLV, München 2006, ISBN 3-8354-0014-2. Sigrid Thaller, Leopold Mathelitsch: Was leistet ein Sportler? Kraft, Leistung und Energie im Muskel. In: Physik in unserer Zeit. Band 37, 2006, Nr. 2, S. 86 89. Detlev Drenckhahn (Hrsg.): Anatomie Band 1. Urban & Fischer, München 2008. Weblinks Commons: Muskulatur Album mit Bildern, Videos und Audiodateien Wiktionary: Muskulatur Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Literatur von und über Muskulatur im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Uni Mainz: Die Muskulatur des Menschen in Tabellen zu Kontraktur siehe die Artikel bei Pflegewiki Kontraktur und Kontrakturenprophylaxe Einzelnachweise Jürgen Martin: Die Ulmer Wundarznei . Einleitung Text Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 153 (m s: Muskel, besonders am Oberarm). Dass bei der Muskelarbeit Glykogen verbraucht wird, erkannte 1859 der Physiologe Claude Bernard. In der Muskelfaser nachgewiesen wurde Glykogen um 1869 von Otto Nasse und Victor Hensen. Vgl. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 41. Franz Daffner: Das Wachstum des Menschen. Anthropologische Studie. 2. Auflage. Engelmann, Leipzig 1902. S. 342. Normdaten (Sachbegriff): GND: 4138611-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85088687 | NDL: 00565842 |
Nervensystem.txt | Übersicht über das menschliche Nervensystem
Das Nervensystem (lateinisch Systema nervosum) umfasst die gesamten Nervenzellen und Gliazellen eines Organismus im gemeinsamen Zusammenhang. Dieses Organsystem der Gewebetiere hat die Aufgabe, Veränderungen der äußeren Umwelt und inneren Umgebung eines Organismus als Signal aufzunehmen, aufeinander zu beziehen und mit früheren zu vergleichen.
So kann es gegebenenfalls Veränderungen des Organismus als Reaktionen veranlassen, mit denen eine bessere Anpassung an wechselnde Umgebungsbedingungen möglich wird. Damit realisiert das Nervensystem die Reizbarkeit und Erregbarkeit eines vielzelligen tierischen Lebewesens, welche die Grundeigenschaften seines Lebens sind.
Kopffüßer und Wirbeltiere |
Nervensystem des Tintenfisches(unbekannter Autor, 1876)
Nervensystem einer Erdkröte (Bufo bufo)
Besonders stark zentralisiert sind die Nervensysteme von Kopffüßern und Wirbeltieren. Bei ihnen werden sehr viele Funktionen des Nervensystems und der Muskeln zentral gesteuert. Man spricht daher von einem Zentralnervensystem (ZNS). Dieses besteht aus dem Gehirn und dem Rückenmark, die knöchern umhüllt sind. Die außerhalb des Zentralnervensystems liegenden neuronalen Strukturen werden als peripheres Nervensystem (PNS) bezeichnet und weisen eine Bindegewebshülle auf. Abgesehen von dieser topographischen Einteilung kann das Nervensystem auch funktionell in das somatische Nervensystem (auch animalisches Nervensystem genannt) und das vegetative Nervensystem (auch viszerales oder autonomes Nervensystem) eingeteilt werden. Dabei ist das somatische Nervensystem für die Wahrnehmung äußerer Reize und die Ausführung willkürlicher Bewegung zuständig, während das vegetative Nervensystem vorwiegend mit der Steuerung der Tätigkeit der außerhalb des Bewusstseins ablaufenden Körperfunktionen betraut ist. Das vegetative Nervensystem besteht aus dem Sympathikus und Parasympathikus als Gegenspielern und dem enterischen Nervensystem.
Aufbau |
Ein Nervensystem besteht aus vernetzten Nervenzellen sowie Gliazellen. Bei höheren Lebewesen besteht das Nervengewebe aus einem Neuronen-Netz, dessen Tätigkeit von Gliazellen unterstützt wird. Durch Modulation der extrazellulären Konzentrationen von Ionen und Transmittern sowie der Regulation des lokalen Blutflusses, von dem Sauerstoffversorgung und die Verfügbarkeit hormonaler Neuromodulatoren (Bsp. NO) abhängen, beeinflussen sie auch die Signalweitergabe von Neuron zu Neuron.
Das Nervensystem des Menschen gliedert sich in das zentrale Nervensystem mit Rückenmark und Gehirn, das periphere Nervensystem, das alle Nerven umfasst, die eine Verbindung zwischen zentralem Nervensystem und Körperperipherie schaffen (z. B. Sinnesorgane, Muskeln), sowie das autonome Nervensystem.
Erkrankungen |
Erkrankungen des Nervensystems oder neurologische Erkrankungen, wie sie vom Fachgebiet der Neurologie behandelt werden,[1] treten meist erst im Laufe des Lebens auf. Sie haben weitreichende Folgen und schränken die Handlungsfreiheit ein. Beispiele:
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine degenerative Krankheit des motorischen Nervensystems.
Die Parkinson-Krankheit ist eine Krankheit des zentralen Nervensystems, die mit dem Verlust spezifischer, dopaminproduzierender Gehirnzellen einhergeht.
Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Entmarkungserkrankung des zentralen Nervensystems, deren Ursache noch nicht geklärt ist.
Weitere Entmarkungskrankheiten
Enzephalitis: Entzündungen des Gehirns wie Herdenzephalitis und Chorea minor
Meningitis: Entzündungen der Hirnhäute
Weitere Erkrankungen der Hirnhäute
Poliomyelitis
Neurolues (Neurosyphilis, progressive Paralyse, Tabes dorsalis)
Europäische Schlafkrankheit
Gefäßerkrankungen wie der ischämische Hirninfarkt und die verschiedenen Formen der Hirnblutungen sowie Aneurysmen und Thrombosen
Epilepsie
organische Psychosen
Erkrankungen peripherer Nerven
Hirntumoren
Fehlbildungen des Nervensystems werden als Dysraphie bezeichnet und sind angeborenen Fehlbildungen aufgrund eines gestörten Schlusses des Neuralrohres in der Embryonalzeit. Dazu gehört die Spina bifida (angeborene Querschnittlähmung) mit Meningozele.
Verletzungen |
Verletzungen des Nervensystems, etwa Hirnverletzungen, gehören in das Fachgebiet der Neurochirurgie.[2]
| Übersicht über das menschliche Nervensystem Das Nervensystem (lateinisch Systema nervosum) umfasst die gesamten Nervenzellen und Gliazellen eines Organismus im gemeinsamen Zusammenhang. Dieses Organsystem der Gewebetiere hat die Aufgabe, Veränderungen der äußeren Umwelt und inneren Umgebung eines Organismus als Signal aufzunehmen, aufeinander zu beziehen und mit früheren zu vergleichen. So kann es gegebenenfalls Veränderungen des Organismus als Reaktionen veranlassen, mit denen eine bessere Anpassung an wechselnde Umgebungsbedingungen möglich wird. Damit realisiert das Nervensystem die Reizbarkeit und Erregbarkeit eines vielzelligen tierischen Lebewesens, welche die Grundeigenschaften seines Lebens sind. Kopffüßer und Wirbeltiere | Nervensystem des Tintenfisches(unbekannter Autor, 1876) Nervensystem einer Erdkröte (Bufo bufo) Besonders stark zentralisiert sind die Nervensysteme von Kopffüßern und Wirbeltieren. Bei ihnen werden sehr viele Funktionen des Nervensystems und der Muskeln zentral gesteuert. Man spricht daher von einem Zentralnervensystem (ZNS). Dieses besteht aus dem Gehirn und dem Rückenmark, die knöchern umhüllt sind. Die außerhalb des Zentralnervensystems liegenden neuronalen Strukturen werden als peripheres Nervensystem (PNS) bezeichnet und weisen eine Bindegewebshülle auf. Abgesehen von dieser topographischen Einteilung kann das Nervensystem auch funktionell in das somatische Nervensystem (auch animalisches Nervensystem genannt) und das vegetative Nervensystem (auch viszerales oder autonomes Nervensystem) eingeteilt werden. Dabei ist das somatische Nervensystem für die Wahrnehmung äußerer Reize und die Ausführung willkürlicher Bewegung zuständig, während das vegetative Nervensystem vorwiegend mit der Steuerung der Tätigkeit der außerhalb des Bewusstseins ablaufenden Körperfunktionen betraut ist. Das vegetative Nervensystem besteht aus dem Sympathikus und Parasympathikus als Gegenspielern und dem enterischen Nervensystem. Aufbau | Ein Nervensystem besteht aus vernetzten Nervenzellen sowie Gliazellen. Bei höheren Lebewesen besteht das Nervengewebe aus einem Neuronen-Netz, dessen Tätigkeit von Gliazellen unterstützt wird. Durch Modulation der extrazellulären Konzentrationen von Ionen und Transmittern sowie der Regulation des lokalen Blutflusses, von dem Sauerstoffversorgung und die Verfügbarkeit hormonaler Neuromodulatoren (Bsp. NO) abhängen, beeinflussen sie auch die Signalweitergabe von Neuron zu Neuron. Das Nervensystem des Menschen gliedert sich in das zentrale Nervensystem mit Rückenmark und Gehirn, das periphere Nervensystem, das alle Nerven umfasst, die eine Verbindung zwischen zentralem Nervensystem und Körperperipherie schaffen (z. B. Sinnesorgane, Muskeln), sowie das autonome Nervensystem. Erkrankungen | Erkrankungen des Nervensystems oder neurologische Erkrankungen, wie sie vom Fachgebiet der Neurologie behandelt werden,[1] treten meist erst im Laufe des Lebens auf. Sie haben weitreichende Folgen und schränken die Handlungsfreiheit ein. Beispiele: Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine degenerative Krankheit des motorischen Nervensystems. Die Parkinson-Krankheit ist eine Krankheit des zentralen Nervensystems, die mit dem Verlust spezifischer, dopaminproduzierender Gehirnzellen einhergeht. Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Entmarkungserkrankung des zentralen Nervensystems, deren Ursache noch nicht geklärt ist. Weitere Entmarkungskrankheiten Enzephalitis: Entzündungen des Gehirns wie Herdenzephalitis und Chorea minor Meningitis: Entzündungen der Hirnhäute Weitere Erkrankungen der Hirnhäute Poliomyelitis Neurolues (Neurosyphilis, progressive Paralyse, Tabes dorsalis) Europäische Schlafkrankheit Gefäßerkrankungen wie der ischämische Hirninfarkt und die verschiedenen Formen der Hirnblutungen sowie Aneurysmen und Thrombosen Epilepsie organische Psychosen Erkrankungen peripherer Nerven Hirntumoren Fehlbildungen des Nervensystems werden als Dysraphie bezeichnet und sind angeborenen Fehlbildungen aufgrund eines gestörten Schlusses des Neuralrohres in der Embryonalzeit. Dazu gehört die Spina bifida (angeborene Querschnittlähmung) mit Meningozele. Verletzungen | Verletzungen des Nervensystems, etwa Hirnverletzungen, gehören in das Fachgebiet der Neurochirurgie.[2] |
Niere.txt |
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Niere (Begriffsklärung) aufgeführt.
Querschnitt der Niere, mit Nebenniere (1918)
Die Niere (mittelhochdeutsch nier, niere;[1] lateinisch ren, normalerweise nur im Plural renes, das davon abgeleitete Adjektiv ist renalis; altgriechisch νεφρός nephrós, entwicklungsgeschichtlich: Metanephros) ist ein paarig angelegtes Organ des Harnsystems zur Harnbereitung und Regulation des Wasser- und Elektrolythaushalts von Wirbeltieren. In den beiden Nieren werden Blutanteile unterhalb einer gewissen Größe abfiltriert, für den Organismus wichtige Moleküle größtenteils rückresorbiert, andere Substanzen zusätzlich sezerniert und die wässrige Lösung vor ihrer Ausscheidung konzentriert. Mit den Erkrankungen der Nieren beschäftigen sich vor allem die Nephrologie als Teilgebiet der Inneren Medizin und die Urologie.
Funktionen der Nieren sind:
Ausscheidung von Endprodukten des Stoffwechsels, den sogenannten harnpflichtigen Substanzen, und von Giftstoffen aus dem Körper durch Bildung des Harns, welcher schließlich über die Harnwege aus dem Körper ausgeschieden wird;
Osmoregulation (Ausbalancierung des Wasserhaushalts);
Volumenregulation (langfristige Blutdruckeinstellung);
Regulation und Kontrolle der Zusammensetzung des Harns und Kontrolle des Elektrolythaushalts und des Säure-Basen-Haushalts.
Weiterhin ist die Niere ein bedeutendes Organ für den Zwischenstoffwechsel des Körpers (sie betreibt Gluconeogenese). Die Niere produziert darüber hinaus Hormone, wie beispielsweise Erythropoetin für die Blutbildung, und ist der Abbauort von Peptidhormonen. Umgekehrt werden viele Nierenfunktionen durch Hormone gesteuert; über das in der Niere selbst gebildete Renin kann ein für ihre Durchblutung hinreichend hoher Blutdruck herbeigeführt werden.
Jedes Glomerulum bildet zusammen mit seiner Bowmanschen Kapsel ein Nierenkörperchen (Corpusculum renale Malpighii). Und jedes Malpighische Nierenkörperchen bildet zusammen mit dem zugehörigen Nierenkanälchen (Tubulus) ein Nephron (von altgriechisch νεφρός nephros, deutsch ‚Niere‘) als kleinste funktionelle (morphologische, physiologische) Untereinheit der Niere von Menschen und anderen Wirbeltieren.[2]
Die funktionelle Grundeinheit der Niere ist das Nephron, das aus Nierenkörperchen und Nierenkanälchen besteht. Jede menschliche Niere verfügt über etwa eine Million Nephrone, und damit über ebenso viele Nierenkörperchen, Nierenknäuelchen und Nierenkanälchen.[3] Die Nierenkanälchen werden mitunter auch als Harnkanälchen beschrieben, weil in ihnen der Primärharn zum Sekundärharn (oder Endharn, Urin) konzentriert wird; analog werden die Nierenknäuelchen als Filterkörperchen erklärt.
Die prinzipielle Funktionsweise eines Nephrons lässt sich grob in zwei Prozesse unterteilen:
Im ersten Prozess, der im Nierenkörperchen stattfindet, wird aus dem Blut durch Querstromfiltration der Primärharn abgepresst. Bei dieser Filtration werden Bestandteile oberhalb einer bestimmten Größe, darunter die Blutkörperchen und größere Moleküle, zurückgehalten. Damit sind in dem Ultrafiltrat nur die niedermolekularen Bestandteile des Blutplasmas enthalten, darunter solche, die ausgeschieden werden sollen. Dieser Primärharn enthält aber auch – und überwiegend – zahlreiche Stoffe, die für den Körper wertvoll sind. Schon Galenos hat über die Nierenfiltration nachgedacht.[4] William Bowman bewies, dass Glomeruli und Tubuli eine funktionelle Einheit bilden.
In einem zweiten Prozess, der im Anschluss in den Nierenkanälchen abläuft, werden wertvolle Stoffe wie Zucker, Aminosäuren und Elektrolyte wieder kontrolliert in den Blutkreislauf zurückgeholt – resorbiert (Rückresorption). Weiterhin wird auch ein Großteil des abgefilterten Wassers resorbiert, das dem Körper nicht verloren gehen soll. Diese Vorgänge der Resorption laufen in verschiedenen Abschnitten des sich anschließenden, schlauchartigen Tubulussystems ab – und zusätzlich solche aktiver Sekretion von ausscheidungspflichtigen Substanzen in den Harn. Dieses Zusammenspiel von Rückresorption und Sekretion bezeichnet man als tubulären Transport; gewissermaßen entscheiden die Tubuli so über die Harnpflicht der einzelnen Elektrolyte. Die Nierenkanälchen konzentrieren den Primärharn somit zum Sekundärharn (Endharn), der sich im Nierenbecken (Pelvis renalis) sammelt – dem Beginn der Harnwege.
Von hier wird der Harn kontinuierlich über den Harnleiter (Ureter) zur Harnblase geleitet. Aus der Blase wird er gelegentlich über die Harnröhre (Urethra) ausgeschieden.
Pro Tag durchfließen bei einem erwachsenen Menschen etwa 1800 Liter Blut die Nieren (renaler Blutfluss), was etwa dem 300fachen des Blutvolumens des Körpers entspricht. Daraus filtern die beiden Organe täglich etwa 180 Liter Primärharn (glomeruläre Filtration), der auf weniger als zwei Liter Endharn (Urin) konzentriert wird.
Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Substantiv Niere (die nioro oder der nier) wurde im Althochdeutschen schon im 9. Jahrhundert gebraucht. Es entwickelte sich aus dem Germanischen neuran mit den Bedeutungen Niere oder Hoden. Vermutet wird die indogermanische Wortwurzel negro. Daraus entwickelten sich im Griechischen der Plural nephroi und im Italienischen die nefrones.[5] Unabhängig davon entstanden der lateinische Fachbegriff ren und der englische Ausdruck kidney. Die Etymologie von kidney ist unklar; die ersten Nachweise stammen aus dem frühen 14. Jahrhundert. Ebenso unklar ist die Herkunft von ren.[6]
Der Talmud beschrieb die beiden Nieren mythologisch: „Zwei Nieren sind im Menschen, die eine rät ihm zum Guten und die andere rät ihm zum Bösen, und es ist wahrscheinlich, dass die gute zu seiner Rechten und die böse zu seiner Linken [ist].“[7]
Makroskopische Anatomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Beim Menschen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Lage und Nachbarschaftsbeziehungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Lage der Nieren, gesehen von hinten. Die Farbe hat Symbolcharakter und entspricht nicht der Realität.
Beim Menschen liegen die Nieren primär retroperitoneal (hinter dem Bauchfell), beiderseits der Wirbelsäule, welche sie nach vorn nicht überragen, unterhalb des Zwerchfells, in der Fossa lumbalis. Die Nieren liegen etwa in Höhe des zwölften Brustwirbels bis dritten Lendenwirbels, die rechte (wegen des großen rechten Leberlappens) ungefähr eine halbe Wirbelhöhe tiefer als die linke. Die oberen Nierenpole (siehe unter Form) sind etwa 7 cm voneinander entfernt, die unteren etwa 11 cm. Die Längsachsen beider Organe zeigen folglich nach oben in Richtung Körpermitte. Die unteren Nierenpole sind beim Mann rechts 3 cm, links 4 cm, bei der Frau 2,5 cm bzw. 3 cm vom Beckenkamm entfernt, können aber variabel auch den Beckenkamm erreichen. Die Lage der Nieren ist atemabhängig. Sie bewegen sich bei der Einatmung wie auch das Zwerchfell nach caudal. Beim Neugeborenen ist die Niere immer vergleichsweise größer als andere Strukturen und überragt daher regelhaft den Beckenkamm.
Die Nieren haben – außer unmittelbar zu den Nebennieren – getrennt durch die Fettkapsel Kontaktflächen zu mehreren Organen des Bauchraums. Die Kontaktflächen unterscheiden sich bei linker und rechter Niere:
Die linke Niere wird von Magen, Milz, den Milzgefäßen (A. und V. splenica), Bauchspeicheldrüsenschwanz (Cauda pancreatis) und Grimmdarm (Colon transversum) überlagert. Sie bildet mit einer dreieckigen Fläche, die Kontakt zum Bauchfell hat, einen Teil der Rückfläche der Bursa omentalis. Die rechte Niere wird vor allem von der Leber, aber auch von Grimmdarm und Duodenum (Pars transversum duodeni), überlagert. Wegen des Platzbedarfs des rechten Leberlappens der im Körper rechts gelegenen Leber (mit der Impressio renalis) ist die rechte Niere tiefer gelegen als die linke. Auf beiden Nieren sitzt häubchenartig die halbmondförmige Nebenniere.
Die Nerven Nervus subcostalis, Nervus iliohypogastricus und Nervus ilioinguinalis verlaufen die Rückseite der Niere querend in enger Nachbarschaft und können bei Erkrankungen mitbetroffen werden. Dies kann zu Empfindungen führen, die den Innervationsgebieten dieser Nerven zugeordnet werden, so auch zu Schmerzen in der Unterbauchgegend.
Form, Farbe und Größe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Nieren sind bohnenförmig und braunrot. Sie haben eine Länge von 10 bis 12 cm, eine Breite von 5 bis 6,5 cm und eine Dicke von 3 bis 5 cm (Merkwert: 12 cm × 6 cm × 3 cm). Die Masse einer Niere variiert zwischen 120 und 200 g. Gewöhnlich ist die linke Niere etwas größer und schwerer. Ist eine Niere deutlich verkleinert oder fehlt sie, so ist die andere meist vergrößert. Beim Menschen zeigen zwei sogenannte Nierenpole nach oben und unten, zwei Flächen nach vorne und hinten (ventral und dorsal) und zwei Ränder nach medial und lateral. Der nach außen gerichtete Rand ist konvex, der nach medial gerichtete Rand ist konkav und bildet eine Einziehung, in der das Hilum renale, die Ein- und Austrittspforte der Leitungsbahnen, liegt.
Nierenhilus und Leitungsbahnen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Aorta im Bauchraum mit Abgängen (rot)
Am Nierenstiel oder Nierenhilus (Hilus renalis) verzweigen sich von ventral nach dorsal Vena renalis, Arteria renalis und der Ureter sowie einige Lymphgefäße und Nerven. Der Hilus erweitert sich im Inneren der Niere in den Sinus renalis, der vom Nierenbecken (Harnwege) und Fettgewebe ausgefüllt wird.
Jede Niere wird von meist einer (sehr selten mehreren) direkt aus der Aorta entspringenden Arteria renalis mit Blut versorgt. Die A. renalis zweigt von der Aorta beiderseits in Höhe der Arteria mesenterica superior ab, zeigt abwärts und teilt sich bereits vor dem Hilum in einen vorderen und hinteren Hauptstamm (Ramus anterior et posterior), die nach ihrer Lage zum Nierenbecken benannt sind und die Segmentarterien abgeben:
Aus dem vorderen Hauptstamm entspringen vor dem Hilus vier Segmentarterien, die A. segmenti superioris, A. segmenti anterioris superioris, A. segmenti anterioris inferioris, A. segmenti inferioris. Der hintere Hauptstamm gibt eine A. segmenti posterioris ab und versorgt nur ein Segment an der Rückseite der Niere. Auf die Arteriae segmentorum folgen die Arteriae interlobares, darauf die Arteriae arcuatae, darauf die Arteriae interlobulares (auch Arteriae corticales radiatae), die schließlich die Vasa afferentia für die Nierenkörperchen der Nephrone abgeben. Zur genaueren Beschreibung der arteriellen Versorgung siehe den Abschnitt Feinbau und den Artikel Nephron.
Die Nierenarterie und jeder ihrer Endäste sind Endarterien, es liegen keine Anastomosen vor, sodass der Verschluss eines Astes jeweils zum Absterben des von ihm versorgten Nierengewebes führt (Nekrose, Niereninfarkt).
Die Vena renalis führt das Blut unmittelbar in die Vena cava inferior. Im Körper liegt die Aorta links, die Vena cava inferior rechts, weshalb die linke Vena renalis länger ist als die rechte. Sie liegt vor der Aorta, unter dem Abgang der Arteria mesenterica superior (→ Nussknacker-Syndrom) und nimmt die V. testicularis bzw. ovarica sinistra auf.
Der von der Niere ins Nierenbecken abgegebene Urin wird durch den Harnleiter (Ureter) zur Harnblase transportiert.
Lymphkapillarnetze im Inneren der Niere sammeln die Lymphe der Niere und bilden am Hilus wenige Hiluslymphgefäße.
Die sympathischen Nerven der Niere entstammen als postganglionäre Fasern dem Plexus coeliacus und verlaufen mit der Arteria renalis. Sie versorgen neben dem Nierenparenchym die schmerzempfindliche Kapsel. Die parasympathischen Nerven der Niere entstammen als Rami renales direkt dem Nervus vagus (X. Hirnnerv).
Hüllen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Zu den Hüllen der Nieren gehören die Capsula fibrosa, Capsula adiposa und Fascia renalis (= Gerota-Faszie[8]):
Beide Nieren sind jeweils von einer dünnen, festen und glatten bindegewebigen Organkapsel (Capsula fibrosa) umhüllt. Sie enthält nur sehr wenige elastische Fasern und ist kaum dehnbar. Im Jahr 1901 hatte Georg Michael Edebohl (1853–1908) erstmals operativ eine Entkapselung der Niere[9] durchgeführt.
Zusammen mit den Nebennieren folgt ein lockerer Fettgewebskörper aus Baufett, die Capsula adiposa, welche die Niere einbettet und abpolstert. Die Capsula adiposa ist rückenseitig und seitlich stärker ausgebildet als bauchwärts und setzt sich in das Fett des Sinus renalis im Niereninneren fort. Der Fettkörper kann bei starker Unterernährung abgebaut werden.
All dies umhüllt die Fascia renalis, ein Fasziensack, der die Niere, Nebenniere und den Fettkörper nach vorne, seitlich und hinten einfasst, dabei aber nach medial oben und unten unverschlossen ist. Hinter dem Nierenfasciensack liegt das retrorenale Fett (Massa adiposa pararenalis, auch Corpus adiposum pararenale), in welchem Nerven des Plexus lumbalis verlaufen.
Innerer Aufbau: Rinde und Mark[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schema des makroskopischen Aufbaus der Niere:1. Nierenmark mit Markkegeln (Pyramides renales)2. Vas afferens3. Nierenarterie (Arteria renalis)4. Nierenvene (Vena renalis)5. Hilum renale6. Nierenbecken (Pelvis renalis)7. Harnleiter (Ureter)8. kleine Nierenkelche (Calices minores renales)9. Nierenkapsel (Capsula fibrosa renalis)10. unterer Nierenpol (Extremitas inferior)11. oberer Nierenpol (Extremitas superior)12. Vas efferens13. Nephron14. Nierenbucht (Sinus renalis)15. große Nierenkelche (Calices majores renales)16. Spitzen der Markkegel (Papillae renales)17. Bertin-Säule (Columna renalis)
Das Nierenparenchym, die eigentliche Organmasse der Niere, wird in die außen liegende Nierenrinde (Cortex renalis) und das nach innen zum Hilum gerichtete Nierenmark (Medulla renalis) unterteilt. Das Mark besitzt dabei die Form von Pyramiden (10 bis 12 Markpyramiden oder Nierenpyramiden), die mit ihrer Basis nach außen und mit ihrer Spitze nach innen zum Hilum zeigen. Diese Spitzen, die Papillen, reichen frei in den Hohlraum der Nierenkelche (Calix renalis), die sich in variabler Form zum Nierenbecken (Pelvis renalis) zusammenschließen, aus dem der Ureter hervorgeht. In dieser Anordnung fließt der Urin aus den Papillen in Richtung Ureter.
Die Nierenrinde liegt wie eine Kappe zwischen den Basen der Markpyramiden und der Organkapsel (subkapsulärer Anteil), erreicht aber zwischen den Pyramiden in säulenförmigen Abschnitten (Columnae renales, nach dem französischen Anatomen Exupère Joseph Bertin[10] seit 1744 auch Columnae renales Bertini oder Bertinsche Säulen genannt) den Sinus renalis. Der subkapsuläre Anteil der Rinde wird von gut sichtbaren, feinen Strichen durchzogen, den Markstrahlen (Radii medullares), die radiär aus den Markpyramiden in Richtung der Organkapsel ausstrahlen und Teil des Marks sind. Im Mark selbst lassen sich durch ihre leicht unterschiedliche Farbe ein äußeres Mark, bestehend aus einem Außen- und einem Innenstreifen, und ein zum Nierenbecken gelegenes inneres Mark unterscheiden.
Die strukturelle Gliederung des Nierenmarks in Innen- und Außenzone sowie die Aufteilung in Innenstreifen und Außenstreifen der Außenzone beschrieb, aufgrund von durch seinen Würzburger Lehrer Philipp Stöhr angeregten, bereits 1904/05 begonnenen Untersuchungen, erstmals der Anatom Karl Peter (1870–1955).[11]
Bei anderen Säugetieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die prinzipielle Lage ist auch bei den anderen Säugetieren typisch, hier liegen die Nieren (entsprechend der horizontalen Körperorientierung) hinter dem Zwerchfell. Bei vielen Säugetieren liegt die rechte Niere etwas weiter vorn. Bei Wiederkäuern ist die linke Niere durch die Ausbildung des Pansens nach rechts, hinter die rechte Niere verlagert (physiologische Wanderniere).
Bei den einzelnen Säugetieren ist die Niere unterschiedlich aufgebaut. In der einfachsten Form besteht die Niere aus einzelnen, kegelförmigen Nierenlappen (Lobi renales). Diese mehrlappige Niere ist typisch für Meeressäugetiere und Bären. Jeder Nierenlappen besteht aus einer Rindenkappe und einer Markpyramide, die in einer Nierenpapille (Papilla renalis, das spitze Ende des Kegels) endet.
Bei den meisten Säugetieren verschmelzen diese Nierenlappen (beim Menschen 6 Lappen) in unterschiedlichem Ausmaß. Die verschmelzenden Rindenkappen bilden die Nierenrinde (Cortex renis), die Pyramiden das Nierenmark (Medulla renis).
Bei Rindern verschmelzen nur die Mittelteile der einzelnen Nierenlappen, wodurch an der Oberfläche Furchen entstehen und die Nierenpapillen ebenfalls erhalten bleiben. Diese Bauform nennt man mehrwarzig-gefurchte Niere. Diese Form tritt zwischenzeitlich auch in der fetalen Entwicklung der Niere bei den Säugetieren auf, die durch weitere Verschmelzungsvorgänge gekennzeichnet sind. Auch das menschliche Neugeborene besitzt noch eine mehrwarzig-gefurchte Niere.
Bei Primaten (einschl. Mensch) und Schweinen verschmelzen die Rindenanteile nach der Geburt vollständig, sodass die Organoberfläche glatt erscheint. Die einzelnen Papillen bleiben jedoch erhalten. Man spricht von einer mehrwarzig-glatten Niere.
Bei den meisten Säugetieren verschmelzen nun auch die einzelnen Nierenpapillen zu einer Nierenleiste (Crista renalis), sodass man von einer einwarzig-glatten Niere spricht.
Feinbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Feinbau der Niere, schematisch
Der Feinbau der Niere zeichnet sich durch ein hochdifferenziertes Tubulussystem und eine spezifisch angepasste Blutversorgung aus. Das Tubulussystem lässt sich aufgrund der Embryonalentwicklung in zwei Teile gliedern, das Nephron und das Sammelrohr. Beide bilden eine funktionelle Einheit. Der letzte, das heißt sammelrohrnahe Nephronabschnitt ist embryologisch dem Sammelrohr zugeordnet.
Blutversorgung der Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Nieren werden normalerweise von etwa 20 % des Herzzeitvolumens (bei erwachsenen Menschen also von etwa 1000 ml/min) perfundiert. Ungefähr 20 % des renalen Plasmaflusses werden in den Bowman-Raum filtriert.[12] So führt die renale Perfusion zur glomerulären Filtration (GFR). Deswegen ist die GFR weitgehend proportional zum Herzzeitvolumen HZV. Deswegen ist das Stadium der Niereninsuffizienz grundsätzlich niemals kleiner als das Stadium der Herzinsuffizienz.
Verzweigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Segmentarterien (siehe oben) teilen sich weiter auf. Eine Arteria interlobaris versorgt je zwei angrenzende Markpyramiden und entsprechende Rindenbereiche. Sie verläuft in den Rindensäulen entlang der Seiten der Pyramiden in Richtung Rinde, verzweigt sich aber an der Basis der Pyramide in Arteriae arcuatae. Diese verlaufen bogenförmig an der Mark-Rinden-Grenze und geben in rechtem Winkel die radiär nach oben durch die Rinde verlaufenden Arteriae corticales radiatae sowie ebenfalls nahezu rechtwinklig in Markrichtung die Arteriae rectae ab.
Erstes und zweites Kapillarbett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Aus diesen gehen schließlich die Vasa afferentia hervor, die sich zu je einem Kapillarknäuel, dem Glomerulus (siehe unten), aufteilen. Aus diesem ersten Kapillargebiet läuft das immer noch sauerstoffreiche Blut wieder im Vas efferens zusammen. Von dort tritt das Blut in ein zweites Kapillarbett ein, diesmal zur Versorgung des Nierengewebes. Dabei muss man zwei Fälle je nach Lage des Glomerulus unterscheiden: Aus oberflächlichen Glomeruli, die im oberen Bereich der Rinde zur Organkapsel hin liegen, gelangt das Blut in das peritubuläre Kapillarnetz der Rinde, das die dort gelegenen Tubuli umspinnt. Aus juxtamedullären Glomeruli jedoch, die tiefer zur Mark-Rinden-Grenze hin liegen, entspringen die Gefäße zur Versorgung des Marks.
Die Versorgung des Marks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Diese kapillären Gefäße zur Versorgung des Marks sind die Vasa recta, die ganz gerade oft bis zur Papillenspitze absteigen und wieder in umgekehrter Richtung aufsteigen. Es gibt zahlreiche Querverbindungen zwischen ab- und aufsteigendem Schenkel. Die besondere Gefäßarchitektur des Marks ist von großer funktioneller Bedeutung für die Fähigkeit der Niere zur Harnkonzentrierung. Mit Hilfe des Gegenstromprinzips erzeugt die Niere zur Papillenspitze hin einen erheblichen osmotischen Gradienten (siehe unten), der ausgewaschen würde, wäre das Mark mit einem normalen Kapillarnetz versorgt. Der Preis dafür ist aber eine sehr schlechte Sauerstoffversorgung des Nierenmarks, da der Sauerstoff aus dem sauerstoffreichen, absteigenden Schenkel der Vasa recta direkt schon oben in den aufsteigenden, sauerstoffarmen Schenkel diffundieren kann.
Venöses System[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Beide Kapillarnetze erreichen schließlich das venöse System der Niere, das – mit Ausnahme der Glomerula und ihren afferenten und efferenten Arteriolen – analog zum arteriellen System aufgebaut ist.
Nephron[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Nephron
Lichtmikroskopisches Schnittpräparat der Nierenrinde. * markiert den Harnpol (s. Text) eines Nierenkörperchens
Die Niere besteht aus zahlreichen Einheiten, den Nephronen, in denen der Harn gebildet wird. Jede der menschlichen Nieren enthält 1 bis 1,4 Mio. Nephrone. Das Nephron selbst besteht aus einem Nierenkörperchen (Corpusculum renis) und einem Tubulusapparat.
Im Nierenkörperchen befindet sich der Glomerulus (auch das Glomerulum genannt), ein Gefäßknäuel, durch dessen gefensterte Kapillarwände der Primärharn abfiltriert wird. Der Primärharn tritt am Harnpol (siehe Abbildung) aus dem Nierenkörperchen in den proximalen Tubulus und in die Henlesche Schleife über, wo er nach dem Gegenstromprinzip aufkonzentriert wird. Es folgen der distale Tubulus und ein Sammelrohr (Tubulus renalis colligens).
Glomerulus im Rasterelektronenmikroskop (REM)Bildbreite ca. 115 µm
Glomerulus im REMBildbreite ca. 22,8 µm
Glomerulus mit gebrochener Kapillare im REMBildbreite ca. 11,5 µm
Innenansicht des gefensterten Endothels (Fenestrae) im Glomerulus der Mäuseniere im REMBildbreite ca. 1,1 µm
Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Während der Embryonalentwicklung entstehen bei den Amnioten (Nabeltiere) drei Nierengenerationen: Vorniere (Pronephros), Urniere (Mesonephros) und Nachniere (Metanephros). Die Vorniere übernimmt noch keine Funktion im Embryo. Diese Aufgabe wird erst von der Urniere begonnen und von der Nachniere übernommen. Das Gewebe der Nachniere wächst schließlich zur endgültigen Niere heran.
Die Nachniere entsteht aus zwei Anlagen: Dem metanephrogenen Blastem, dem später harnbereitenden Abschnitt, und der Ureterknospe, dem später harnableitenden und die Harnmenge steuernden Abschnitt. Aus Ersterem entsteht das Nierenparenchym mit den Nephronen, in welche die Äste aus der Aorta einsprossen. Eine Persistenz des fetalen Blastemgewebes kann zu einer Nephroblastomatose führen.
Aus der Ureterknospe entstehen der Ureter, das Nierenbecken mit den Nierenkelchen, die Sammelrohre sowie die an das Sammelrohr angrenzenden letzten Abschnitte des Nephrons.
Die Nieren erfahren aufgrund des Längenwachstums des Embryos einen Aufstieg (Ascensus). Dabei verlagern sie sich aus dem Bereich des Beckens nach oben. Verwachsen die beiden unteren Nierenpole, kann eine einzelne Hufeisenniere entstehen. Bleibt der Aufstieg einer Niere aus, verbleibt sie im Bereich des Beckens (Beckenniere). Steigt die Niere zu hoch, kann sie im Brustkorb liegen (intrathorakale Niere).[13]
Zunächst versorgen mehrere mesonephrische Arterien die Urniere, von denen sich die meisten zurückbilden und in der Regel nur eine Nierenarterie verbleibt. Allerdings ist eine zweite Nierenarterie relativ häufig. Von akzessorischen Nierenarterien spricht man bei einer zusätzlichen Arterie, die in den Hilus mündet, von einer aberranten Arterie, wenn das Gefäß nicht am Hilus, sondern unabhängig – oft an einem Pol – mündet. Mehr als zwei Nierenarterien können vorkommen, sind aber sehr selten.[14]
Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Funktionen der Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Niere ist an folgenden Körperfunktionen beteiligt:
Regulation des Wasserhaushalts des Körpers.
Langfristige Regulation des Blutdrucks.
Ausscheidung harnpflichtiger (z. B. Harnsäure, Harnstoff, Kreatinin) und giftiger (z. B. Medikamente) Substanzen.
Regulation des Säure-Basen-Haushalts des Körpers. Der pH-Wert des Blutes darf nur in einem engen Bereich schwanken, da größere Änderungen in Richtung saurer oder alkalischer Werte zum Tod führen.
Regulation des Gehalts an gelösten Elektrolyten im Blut (Homöostase): Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium, Phosphat, Bicarbonat.
Bildung von verschiedenen Hormonen: Renin (Enzym, kurzfristige Blutdruckregulation), Erythropoetin (Stimulation der Blutbildung), Calcitriol (Vitamin D, beteiligt am Calciumstoffwechsel), Kinine und Prostaglandine.
Maßgebliche Beteiligung an der Synthese von Glucose (Traubenzucker) als Gluconeogenese, neben der Leber.
Messung der Nierenleistung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Funktion der Niere kann anhand der Urinmenge, der Urinkonzentration und der Konzentration der harnpflichtigen Substanzen (Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure, Kalium) im Blut abgeschätzt werden.
Die genaue Leistung der Nieren wird über die renale Clearance ermittelt. Hierzu gibt es verschiedene Verfahren:
Die renale Clearance ist ein Maß für die Eliminierung eines Stoffes aus dem Blutplasma und damit für die Klärfunktion der Niere. Sinkt die Clearance ab, nimmt also die Leistung der Niere ab, spricht man von einer Niereninsuffizienz.
Die Inulin-Clearance misst das Filtrationsvermögen der Niere. Hierzu wird dem Patienten Inulin verabreicht und gemessen, wie viel vom verabreichten Stoff pro Zeit wieder ausgeschieden wird. Da Inulin zwar filtriert, nicht aber rückresorbiert wird, ist die Inulin-Clearance identisch mit der glomerulären Filtrationsrate (GFR). Für den gesunden Jugendlichen liegt der Wert bei etwa 125 ml/min. Eine Abnahme des Wertes deutet auf eine Störung in der Nierenfunktion hin (Niereninsuffizienz). Mit zunehmendem Alter nimmt die GFR physiologisch auf 60–65 ml/min ab. Dies ist bei der Dosierung von Arzneistoffen, die über die Niere ausgeschieden werden, wichtig, da bei älteren Patienten wegen der geringeren GFR oft eine Verringerung der Dosis vorgenommen werden muss.
Die Creatinin-Clearance wird wegen ihrer einfacheren Durchführung in der Klinik der Inulin-Clearance vorgezogen. Es wird die Ausscheidung von Kreatinin gemessen, die annähernd der von Inulin entspricht. Die Kreatinin-Plasmaspiegel, deren Wert von der Muskelmasse abhängt, schwanken nur wenig, was diese Messung überhaupt erst möglich macht. Vorteilhaft ist weiterhin, dass die Infusion, die bei der Messung der Inulin-Clearance erforderlich ist, entfällt.
Cystatin-Clearance: Cystatin C wird in den Körperzellen konstant gebildet und in den Glomeruli frei filtriert. Es wird anschließend tubulär rückresorbiert, dann aber noch in den Tubuli vollständig zerstört. Es kehrt also nicht in die Blutzirkulation zurück. Deswegen ist es ein besserer Filtrationsmarker als Kreatinin oder Harnstoff, insbesondere auch bei leichter Nierenfunktionseinschränkung und bei vermehrter Muskelmasse[15] oder bei akutem Nierenversagen.[16][17] Es gibt zahlreiche GFR-Schätzformeln, in denen nach Cystatin C gefragt wird; die einfachste lautet GFR = 80/Cys.[18]
Autoregulation der Nierendurchblutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die treibende Kraft des Filtriervorgangs ist der in den Glomerulusgefäßen des ersten Kapillarbetts herrschende Blutdruck. Der (systemische) Blutdruck des Körpers unterliegt normalerweise im Verlauf eines Tages typischen Schwankungen, ist im Schlaf niedriger, bei körperlicher Anstrengung oder bei Stress höher und kann bei bestimmten Erkrankungen andauernd erhöht sein (arterielle Hypertonie). Für die Filtration in den Glomeruli ist ein hinreichender Druck notwendig, günstigenfalls nur wenig schwankend. Die Niere hat selbst die Fähigkeit, den Blutdruck im glomerulären Kapillarnetz auch ohne nervöse Impulse zu regulieren und die glomeruläre Filtrationsrate so weitgehend konstant zu halten, dass sich auch starke Schwankungen des systemischen Blutdrucks kaum auswirken. Man nennt diese Autoregulation der Niere den Bayliss-Effekt.
Die Autoregulation wird lokal drucksensorisch vermittelt und erfolgt durch angepasste Änderungen der Gefäßspannung bzw. Gefäßweite in den zu- und abführenden Blutgefäßen des Nierenkörperchens. Bei Anstieg des systemischen Blutdrucks werden die renalen Arterien enger gestellt, sodass der renale Blutfluss kaum ansteigt und in den dahinterliegenden zuführenden (afferenten) Gefäßen der Nierenkörperchen der Druck nicht übermäßig wird. Ist der Filtrationsdruck zu niedrig, so wird der Widerstand im vom Glomerulus abgehenden (efferenten) Gefäß erhöht und zugleich im zuführenden gesenkt. Damit kann der effektive Filtrationsdruck auch unabhängig vom renalen Blutfluss geregelt werden. Im Mittel beträgt der glomeruläre Kapillardruck ungefähr 50 mmHg.
Normale Blutdruckschwankungen haben kaum Auswirkung auf die Nierendurchblutung. Derart bleiben auch Schwankungen des systolischen Blutdrucks zwischen 80 und 180 mmHg ohne Einfluss auf die glomeruläre Filtrationsleistung. Gewissermaßen überwachen die Nieren mit ihren empfindlichen Drucksensoren den systemischen Blutdruck ständig und können bei einem übermäßigen Abfall regulierend eingreifen (vgl. Blutdruckregulation der Nieren).
Energieverbrauch der Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Nieren haben einen hohen Energieverbrauch, dieser ist vergleichbar mit dem Herzen. Wenn man die Nieren- und Herzphysiologie vergleicht, werden die Ähnlichkeiten und Unterschiede deutlich, da die Herz- und Nierenmasse ungefähr gleich sind (0,4–0,5 % der Körpermasse), ebenso wie die Stoffwechselrate Ki, die im Körper am höchsten ist Ki 440 (in Kcal/Kg/Tag), während der Sauerstoff-Verbrauch im Herzen mit 11 % gegenüber 7 % höher ist, obwohl der Blutfluss zugunsten der Nieren mit 25 % höher gegenüber dem Herzen (7 %) ist.[19]
→ Hauptartikel: Energieverbrauch im Tubulus
Untersuchungsmethoden der Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Körperliche Untersuchung
Betasten
Beklopfen
Laboruntersuchungen
Urinuntersuchung
Teststäbchen auf Nitrit, Leukozyten, Eiweiß, Blut, Zucker etc.
Urinsediment
Kreatinin-Clearance
Elektrolyte
Der Urin wird auch per Inaugenscheinnahme und anhand des Geruchs beurteilt (Harnschau, Uroskopie)
Blutuntersuchung
Kreatinin
Kalium
Harnstoff
Harnsäure
Cystatin C
Steinuntersuchungen
Bildgebung
Ultraschall
Röntgen Kontrastmitteldarstellung der Niere = iv-Pyelogramm
CT der Niere
Magnetresonanztomografie der Niere
Angiografie der Niere
Nuklearmedizinische Verfahren
Statische Nierenszintigrafie
Nierenausscheidungsszintigrafie
Nierenperfusionsszintigrafie
histologische Untersuchungen
Biopsie
Krankheiten der Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Krankhafte Veränderungen des Nierengewebes können bei akuter Nierenerkrankung oder chronischem Nierenversagen die Glomerula (Glomerulonephritiden) oder die Nierentubuli (Tubulointerstitielle Nierenerkrankungen) betreffen. Bei Ersteren spielen mehr autoimmune Prozesse eine Rolle, bei Letzteren Intoxikationen und Infektionen (akut v. a. bakterielle Infektionen). Daneben können beide durch autoimmune oder metabolische Systemerkrankungen mitbetroffen sein. Genetisch bedingte Erkrankungen betreffen meist die Funktion der Tubuli. Die verschiedenen Prozesse unterscheiden sich klinisch kaum, man unterscheidet zwischen akutem und chronischem Nierenversagen bzw. akuten und chronischen Glomerulonephritiden. Sie führen unbehandelt zu Glomerulosklerose und Niereninsuffizienz mit Dialysepflichtigkeit. Es gibt auch Anlagefehler, Nierentumoren, Nierensteine.
Eine schwere Schädigung der Nieren hat andererseits Störungen der Blutdruck- und Hormonregulation des Organismus zur Folge. Es kommt, wie Franz Volhard 1906 erkannt hatte, zu renaler Hypertonie, renalem Vitamin-D-Mangel und sekundärem Hyperparathyreoidismus, bei schwerer chronischer Niereninsuffizienz zum urämischen Syndrom mit Organschäden und unter anderem Juckreiz. Die Schädigungen können evtl. durch salz- und eiweißarme Ernährung und viel Trinken verlangsamt werden, oder die Dialysetherapie wird notwendig.
Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Fehlbildungen der Nieren
numerische Anomalien: z. B. fehlende oder zusätzliche Niere, siehe Nierenagenesie, Nierenhypoplasie, Doppelniere
Lage-, Fusions- und Rotationsanomalien: Nierenfehllagen, Wanderniere, gekreuzte Nierendystopie, Hufeisenniere, Malrotation der Nieren.
Fehlbildungen der Nierengefäße
Fehlbildungen des Kelchsystems: z. B. Kelchdivertikel oder die Megakalikose.
vererbbare oder genetisch verursachte zystische Nierenerkrankungen:
autosomal rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD) → Zystenniere
autosomal dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) → Zystenniere
juvenile Nephronophthisis
medulläre zystische Erkrankung
kongenitales Nephrose-Syndrom
Fehlbildungssyndrome wie Von-Hippel-Lindau-Syndrom, Tuberöse Hirnsklerose
nicht-vererbbare zystische Nierenerkrankungen:
einfache Nierenzyste
parapelvine Nierenzysten
benigne multilokuläre Nierenzyste
multizystische Nierendysplasie
Markschwammniere
Glomerulonephritiden / Glomerulopathie (Autoimmunentzündung der Nieren)
akut (mit Nephritischem Syndrom)
Rapidly Progressive Glomerulonephritis
postinfektiöse Glomerulonephritis
chronisch (mit Nephrotischem Syndrom)
C1q-Nephropathie
IgA-Nephritis
fokal segmentale Glomerulonephritis, siehe unter Nephrotisches Syndrom
membranöse Glomerulonephritis
membranoproliferative Glomerulonephritis Typ I, II und III, eventuell durch ein Alport-Syndrom (Defekt des Typ IV-Kollagens, geht einher mit einer Hämaturie, einem progredienten Nierenversagen und einer Innenohrschwerhörigkeit)
Minimal-Change-Glomerulonephritis
tubulointerstitielle Nierenerkrankungen
akut
bakteriell (Pyelonephritis, Nierenbeckenentzündung)
viral (Hantaviren)
parainfektiös (Streptokokken‚ Epstein-Barr-Virus)
allergisch/toxisch
chronisch
Analgetikanephropathie und andere Intoxikationen/Überempfindlichkeitsreaktionen
Sarkoidose
Systemerkrankungen mit Nierenbeteiligung
Vaskulitiden (autoimmune Gefäßentzündungen)
Granulomatose mit Polyangiitis
Lupus erythematodes
Purpura Schönlein-Henoch
andere Gefäßveränderungen
hypertensive Nephropathie
hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS), thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)
metabolische Beeinträchtigungen
diabetische Nephropathie
Amyloidose
multiples Myelom
Gicht
erbliche Nierenkrankheiten
tubuläre Funktionsstörungen
Bartter-Syndrom (selten)
Fanconi-Syndrom
Renal-tubuläre Azidose
Phosphatdiabetes
angeborener renaler Diabetes insipidus
Diabetes renalis
Zystinurie
Balkan-Nephritis
Gitelman-Syndrom
Morbus Fabry
glomeruläre Erkrankungen
familiäre fokal segmentale Glomerulosklerose
Alport-Syndrom
Glomerulopathie vom Typ der dünnen Basalmembran
Nierensteine und Nephrokalzinose
Nierenabsenkung (umgangssprachlich „Wanderniere“)
Tumor
bösartig: Nierenzellkarzinom
gutartig: z. B. Angiomyolipom, Onkozytom
mechanische Kompression (Page-Niere)
Syndrome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
akutes Nierenversagen
chronisches Nierenversagen
kardiorenales Syndrom
hepatorenales Syndrom
nephrotisches Syndrom und nephritisches Syndrom
renale Hypertonie
renale Anämie
nephrogener Vitamin-D-Mangel (sekundärer Hyperparathyreoidismus)
renale Osteodystrophie
Urämie
Polyurie‚ Nykturie‚ Polydipsie‚ Oligurie‚ Anurie
Auswirkung des Verlusts einer Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach Verlust einer Niere, beispielsweise nach einer Nephrektomie (zum Beispiel nach einem Unfall, wegen eines Hypernephroms oder zur Nierentransplantation) kann die verbleibende Restniere bis zu 80 % der Filtrationsleistung beider Nieren erreichen.[20] Erreicht wird diese Hyperfiltration durch eine Hypertrophie der Glomeruli. Dies wirkt sich über Jahrzehnte nicht nachteilig auf die verbliebene Niere aus.[20]
Niere als Lebensmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Niere (Lebensmittel)
Vor allem Schweine-, Kalbs- und Lämmernieren werden als Lebensmittel verwendet. Sie werden zumeist in Form von Ragouts zubereitet.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Johanna Bleker: Die Geschichte der Nierenkrankheiten. (= Medizinhistorische Schriftenreihe der Studienreihe Boehringer Mannheim. Band 2). Mannheim 1972.
Joachim Frey: Krankheiten der Niere, des Wasser- und Salzhaushaltes, der Harnwege und der männlichen Geschlechtsorgane. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/ Göttingen/ Heidelberg 1955. (2. Auflage ebenda 1961, S. 893–996.)
Frank Henry Netter, Eckehard Renner: Farbatlanten der Medizin. Band 2: Niere und Harnwege. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-13-524102-5.
Uwe Gille: Harn- und Geschlechtssystem, Apparatus urogenitalis. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2., erweiterte Auflage. Enke-Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1.
Wilhelm Haberling: Geschichtliches über Erkrankungen und Verletzungen der Nieren. In: Medizinische Welt. Band 9, (Berlin) 1935, S. 1449–1451.
A. Werner Mondorf, Jürgen E. Scherberich: Die normale Niere. Bildatlas. Vieweg Verlag, Wiesbaden/ Braunschweig 1986, ISBN 3-528-07926-6.
Handbuch der inneren Medizin 1. Auflage
Band 3, 2 Teile, Autoren: Karl Kißling, Julius Strasburger, Friedrich Umber, Franz Volhard
Teil 2: Mundhöhle und Speiseröhre, Magen, Darm, Peritoneum, Nieren, Nierenbecken und Harnleiter, 1918, S. 187–1911 mit 245 teils farbigen Abbildungen und drei farbigen Tafeln, darin: Die doppelseitigen hämatogenen Nierenerkrankungen (Bright'sche Krankheit) von Franz Volhard, davon erschien 1918 ein Separatdruck, VIII, 576 Seiten, mit 24 meist farbigen Abbildungen und 8 farbigen Tafeln (Nachdruck ISBN 978-3-662-42272-4)
Handbuch der inneren Medizin 2. Auflage
Band 6, 2 Teile, Nieren und ableitende Harnwege, bearbeitet von Franz Volhard und Friedrich Suter, Berlin 1931
Teil 1 (Allgemeiner Teil): von Kapitel I Die doppelseitigen hämatogenen Nierenerkrankungen bis Kapitel VII Geschichte und Einteilung der hämatogenen Nierenerkrankungen von Franz Volhard, XIV, 1024 Seiten
Teil 2 (Besonderer Teil): von Kapitel VIII Die Nephrosen, die primären Parenchym- und Mesenchymdegenerationen bis Kapitel XI Die Sklerosen von Franz Volhard; Die ein- und beidseitig auftretenden Nierenkrankheiten (sog. chirurgische Nierenaffektionen) und Erkrankungen der Blase, der Prostata, der Hoden und Nebenhoden, der Samenblasen. Funktionelle Sexualstörungen von Friedrich Suter, Nachdruck ISBN 978-3-662-42701-9, S. 1025–2148.
Handbuch der inneren Medizin 4. Auflage
Band 8, Nieren und ableitende Harnwege: Die hämatogenen Nierenerkrankungen, die ein- und beidseitig auftretenden Nierenkrankheiten, Erkrankungen der Blase, der Prostata, der Hoden und Nebenhoden, der Samenblasen. Funktionelle Sexualstörungen, bearbeitet von Walter Frey und Friedrich Suter, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1951, XII, 1168 Seiten
Handbuch der inneren Medizin 5. Auflage
Band 8, Nierenkrankheiten, 3 Teile, 1968 (herausgegeben von Herbert Schwiegk, ISBN 3-540-04152-4)
Teil 1 (bearbeitet von Eberhard Buchborn, Karel Čapek, Peter Deetjen, J. Eigler, Konrad Federlin, Robert Heintz, J. Heller, Hans Jesserer, Arnold Kleinschmidt, Friedrich Krück, J. Martinek, Ernst-Friedrich Pfeiffer, Roland Richterich, Gerhard Riecker, Klaus Thurau, F. Wahlig, H. Wirz, Hans Ulrich Zollinger), XX, 1192 Seiten
Teil 2 (bearbeitet von Heinrich Berning, Eberhard Buchborn, Paul Theodor Cottier, H. Edel, Volker Friedberg, Franz Gross, Konrad Hugo Jarausch, H. M. Keller, Reinhold Kluthe, Friedrich Linneweh, Hellmut Nieth, François Reubi, Hans Joachim Sarre, W. Teller, K. G. Thiele), XX, 1084 Seiten
Teil 3 (bearbeitet von Nils Alwall, Friedrich Arnholdt, D. Beck, Horst Bickel, Alexis Labhart, Friedrich Linneweh, Heinz Losse, Gustav Adolf Martini, Erich Matouschek, J. Moeller, Eberhard Ritz, Walter Scheitlin, Egbert Schmiedt, Walter Siegenthaler, Nepomuk Zöllner), XVI, 896 Seiten
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Nieren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Niere – Lern- und Lehrmaterialien
Wiktionary: Niere – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Unifr.ch: Ausführliche Beschreibung des Harnapparates (Memento vom 16. November 2010 im Internet Archive)
Elektronenmikroskopische Abbildungen
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Matthias Lexer Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. 38. Auflage, Salomon Hirzel Verlag, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1992, ISBN 978-3-7776-0493-0, S. 151.
↑ Karl Julius Ullrich, Klaus Hierholzer (Hrsg.): Normale und pathologische Funktionen des Nierentubulus. Verlag Hans Huber, Bern 1965, 466 Seiten.
↑ Alle diese drei deutschen Begriffe finden sich nicht in den modernen nephrologischen Lehrbüchern, kaum in den einschlägigen medizinischen Wörterbüchern und auch nicht im 228-seitigen Sachverzeichnis am Ende des dreiteiligen Nierenbandes im Handbuch der inneren Medizin (5. Auflage. 8. Band, 3. Teil, Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg/ New York 1968; drei Teile mit 3228 Seiten, ISBN 3-540-04152-4). Quellen für Nierenkanälchen: Peter Reuter: Springer Klinisches Wörterbuch 2007/2008. Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-34601-2, S. 1294; „Nierenkrebs geht oft von den Tubuli oder Nierenkanälchen aus.“ Zitat: Apotheken-Umschau, Online-Ausgabe, aktualisiert am 17. Mai 2018. Quellen für Nierenknäuelchen: Joseph Julius Czermak: Über die Nierenknäuelchen, Isis 1836, S. 783; Medicinische Jahrbücher des kaiserlich königlichen österreichischen Staates, 32. Band, Wien 1840, S. 557; Theodor Fahr: Harnorgane – Männliche Geschlechtsorgane, 1. Teil, Verlag von Julius Springer, Berlin 1925, ISBN 978-3-7091-3039-1, S. 17; Dieter Vaitl (Hrsg.): Essentielle Hypertonie, Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 1982, ISBN 3-540-10975-7, S. 41; Ergebnisse der inneren Medizin und Kinderheilkunde. 35. Band, Verlag von Julius Springer, Berlin 1929, S. 471; Kenneth A. Anderson (Hrsg.): Springer Lexikon Pflege. 2. Auflage. 2. Band, Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 2002, ISBN 978-3-662-01100-3, S. 384, doi:10.1007/978-3-662-01099-0; Rheinische Post online: NRW-Wissenschaftspreis für Kölner Nierenexperten, 3. Mai 2018; Heiner Fangerau, Stefan Schulz, Thorsten Noack, Irmgard Müller: Medizinische Terminologie. 6. Auflage. Lehmanns Media, Berlin 2017, ISBN 978-3-86541-934-7, S. 69. Quellen für Nierenkörperchen: Günter Thiele: Handlexikon der Medizin. Verlag Urban & Schwarzenberg, München/ Wien/ Baltimore ohne Jahr [1980], Teil III (L–R), S. 1734; Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch., 268. Auflage. Verlag Walter de Gruyter, Berlin/ Boston 2020, ISBN 978-3-11-068325-7, S. 1230, mit Verweisung auf das Malpighi-Körperchen; Duden: Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Mannheim/ Wien/ Zürich 1985, ISBN 3-411-02426-7, S. 482, mit Verweisung auf die Corpuscula renis.
↑ Johanna Bleker: Die Geschichte der Nierenkrankheiten. Boehringer Mannheim, Mannheim 1972, S. 15.
↑ Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25. Auflage. Verlag Walter de Gruyter, Berlin/ Boston 2011, ISBN 978-3-11-022364-4, S. 655.
↑ Ludwig August Kraus: Kritisch-etymologisches medicinisches Lexikon. 3. Auflage. Verlag der Deuerlich- und Dieterichschen Buchhandlung, Göttingen 1844, S. 884. (Digitalisat der Ausgabe von 1844, Internet Archive.)
↑ Der babylonische Talmud. Bd.12. Limitierte Sonderausgabe reproduziert nach dem Nachdruck 1996 Auflage. Band 12. Jüdischer Verlag im Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main 1996, ISBN 978-3-633-54200-0. Fehler in Vorlage:Literatur – *** Parameterproblem: Dateiformat/Größe/Abruf nur bei externem Link
↑ Benannt nach dem rumänischen Anatomen Dimitrie Gerota.
↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 59.
↑ Reinhard Hildebrand: Bertin, Exupère Joseph. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 170.
↑ Wolfram F. Neiss: Zur Entstehungsgeschichte der „Untersuchungen über Bau und Entwicklung der Niere“ (1909): Ein Handschreiben Karl Peters an Philipp Stöhr sen. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 6, 1988, S. 293–300; hier: S. 293 und 297 f.
↑ Tinsley Randolph Harrison: Harrisons Innere Medizin. 19. Auflage. McGraw-Hill, Berlin 2016, ISBN 978-3-88624-560-4, elektronisches Kapitel 332e.
↑ Hyewon Hahn u. a.: Quiz Page January 2009: Retrocardiac Mass Identified at Birth. In: American Journal of Kidney Diseases. Nr. 53, 2009, S. A27–A28 (Artikel).
↑ Sahib J. Tuteja, Bence Forgacs: Multiple renal arteries. In: New England Journal of Medicine. Band 381, Nr. 9 vom 29. August 2019, S. 862, doi:10.1056/NEJMicm1902894
↑ Alessandra Calábria Baxmann u. a.: Influence of Muscle Mass and Physical Activity on Serum and Urinary Creatinine and Serum Cystatin C. In: Clinical Journal of the American Society of Nephrology. Nr. 3, 2008, S. 348–354 (cjasn.asnjournals.org).
↑ M. Mussap, M. Plebani: Biochemistry and clinical role of human cystatin C. In: Critical Reviews in Clinical Laboratory Sciences. Nr. 41(5-6), 2004, S. 467–550, PMID 15603510.
↑ O. F. Laterza u. a.: Cystatin C: An Improved Estimator of Glomerular Filtration Rate? In: Clinical Chemistry. Nr. 48, 2002, S. 699–707 (clinchem.org Abstract).
↑ Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 267. Auflage. De Gruyter, Berlin/ Boston 2017, ISBN 978-3-11-049497-6, S. 343.
↑ E. Gronda et al.: Renal Oxygen Demand and Nephron Function: Is Glucose a Friend or Foe? In: Int. J. Mol. Sci. Band 24, Nr. 12, 2023, doi:10.3390/ijms24129957.
↑ a b Ulrich Welsch, Wolfgang Kummer, Thomas Deller: Lehrbuch Histologie. 4. Auflage. Elsevier, Urban & Fischer, München u. a. 2015, ISBN 978-3-437-44433-3, S. 457.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4042270-7 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
| Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Niere (Begriffsklärung) aufgeführt. Querschnitt der Niere, mit Nebenniere (1918) Die Niere (mittelhochdeutsch nier, niere;[1] lateinisch ren, normalerweise nur im Plural renes, das davon abgeleitete Adjektiv ist renalis; altgriechisch nephr s, entwicklungsgeschichtlich: Metanephros) ist ein paarig angelegtes Organ des Harnsystems zur Harnbereitung und Regulation des Wasser- und Elektrolythaushalts von Wirbeltieren. In den beiden Nieren werden Blutanteile unterhalb einer gewissen Größe abfiltriert, für den Organismus wichtige Moleküle größtenteils rückresorbiert, andere Substanzen zusätzlich sezerniert und die wässrige Lösung vor ihrer Ausscheidung konzentriert. Mit den Erkrankungen der Nieren beschäftigen sich vor allem die Nephrologie als Teilgebiet der Inneren Medizin und die Urologie. Funktionen der Nieren sind: Ausscheidung von Endprodukten des Stoffwechsels, den sogenannten harnpflichtigen Substanzen, und von Gift stoffen aus dem Körper durch Bildung des Harns, welcher schließlich über die Harnwege aus dem Körper ausgeschieden wird; Osmoregulation (Ausbalancierung des Wasserhaushalts); Volumenregulation (langfristige Blutdruck einstellung); Regulation und Kontrolle der Zusammensetzung des Harns und Kontrolle des Elektrolyt haushalts und des Säure-Basen-Haushalts. Weiterhin ist die Niere ein bedeutendes Organ für den Zwischenstoffwechsel des Körpers (sie betreibt Gluconeogenese). Die Niere produziert darüber hinaus Hormone, wie beispielsweise Erythropoetin für die Blutbildung, und ist der Abbauort von Peptidhormonen. Umgekehrt werden viele Nierenfunktionen durch Hormone gesteuert; über das in der Niere selbst gebildete Renin kann ein für ihre Durchblutung hinreichend hoher Blutdruck herbeigeführt werden. Jedes Glomerulum bildet zusammen mit seiner Bowmanschen Kapsel ein Nierenkörperchen (Corpusculum renale Malpighii). Und jedes Malpighische Nierenkörperchen bildet zusammen mit dem zugehörigen Nierenkanälchen (Tubulus) ein Nephron (von altgriechisch nephros, deutsch Niere ) als kleinste funktionelle (morphologische, physiologische) Untereinheit der Niere von Menschen und anderen Wirbeltieren.[2] Die funktionelle Grundeinheit der Niere ist das Nephron, das aus Nierenkörperchen und Nierenkanälchen besteht. Jede menschliche Niere verfügt über etwa eine Million Nephrone, und damit über ebenso viele Nierenkörperchen, Nierenknäuelchen und Nierenkanälchen.[3] Die Nierenkanälchen werden mitunter auch als Harnkanälchen beschrieben, weil in ihnen der Primärharn zum Sekundärharn (oder Endharn, Urin) konzentriert wird; analog werden die Nierenknäuelchen als Filterkörperchen erklärt. Die prinzipielle Funktionsweise eines Nephrons lässt sich grob in zwei Prozesse unterteilen: Im ersten Prozess, der im Nierenkörperchen stattfindet, wird aus dem Blut durch Querstromfiltration der Primärharn abgepresst. Bei dieser Filtration werden Bestandteile oberhalb einer bestimmten Größe, darunter die Blutkörperchen und größere Moleküle, zurückgehalten. Damit sind in dem Ultrafiltrat nur die niedermolekularen Bestandteile des Blutplasmas enthalten, darunter solche, die ausgeschieden werden sollen. Dieser Primärharn enthält aber auch und überwiegend zahlreiche Stoffe, die für den Körper wertvoll sind. Schon Galenos hat über die Nierenfiltration nachgedacht.[4] William Bowman bewies, dass Glomeruli und Tubuli eine funktionelle Einheit bilden. In einem zweiten Prozess, der im Anschluss in den Nierenkanälchen abläuft, werden wertvolle Stoffe wie Zucker, Aminosäuren und Elektrolyte wieder kontrolliert in den Blutkreislauf zurückgeholt resorbiert (Rückresorption). Weiterhin wird auch ein Großteil des abgefilterten Wassers resorbiert, das dem Körper nicht verloren gehen soll. Diese Vorgänge der Resorption laufen in verschiedenen Abschnitten des sich anschließenden, schlauchartigen Tubulussystems ab und zusätzlich solche aktiver Sekretion von ausscheidungspflichtigen Substanzen in den Harn. Dieses Zusammenspiel von Rückresorption und Sekretion bezeichnet man als tubulären Transport; gewissermaßen entscheiden die Tubuli so über die Harnpflicht der einzelnen Elektrolyte. Die Nierenkanälchen konzentrieren den Primärharn somit zum Sekundärharn (Endharn), der sich im Nierenbecken (Pelvis renalis) sammelt dem Beginn der Harnwege. Von hier wird der Harn kontinuierlich über den Harnleiter (Ureter) zur Harnblase geleitet. Aus der Blase wird er gelegentlich über die Harnröhre (Urethra) ausgeschieden. Pro Tag durchfließen bei einem erwachsenen Menschen etwa 1800 Liter Blut die Nieren (renaler Blutfluss), was etwa dem 300fachen des Blutvolumens des Körpers entspricht. Daraus filtern die beiden Organe täglich etwa 180 Liter Primärharn (glomeruläre Filtration), der auf weniger als zwei Liter Endharn (Urin) konzentriert wird. Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Substantiv Niere (die nioro oder der nier) wurde im Althochdeutschen schon im 9. Jahrhundert gebraucht. Es entwickelte sich aus dem Germanischen neuran mit den Bedeutungen Niere oder Hoden. Vermutet wird die indogermanische Wortwurzel negro. Daraus entwickelten sich im Griechischen der Plural nephroi und im Italienischen die nefrones.[5] Unabhängig davon entstanden der lateinische Fachbegriff ren und der englische Ausdruck kidney. Die Etymologie von kidney ist unklar; die ersten Nachweise stammen aus dem frühen 14. Jahrhundert. Ebenso unklar ist die Herkunft von ren.[6] Der Talmud beschrieb die beiden Nieren mythologisch: Zwei Nieren sind im Menschen, die eine rät ihm zum Guten und die andere rät ihm zum Bösen, und es ist wahrscheinlich, dass die gute zu seiner Rechten und die böse zu seiner Linken [ist]. [7] Makroskopische Anatomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Beim Menschen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Lage und Nachbarschaftsbeziehungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Lage der Nieren, gesehen von hinten. Die Farbe hat Symbolcharakter und entspricht nicht der Realität. Beim Menschen liegen die Nieren primär retroperitoneal (hinter dem Bauchfell), beiderseits der Wirbelsäule, welche sie nach vorn nicht überragen, unterhalb des Zwerchfells, in der Fossa lumbalis. Die Nieren liegen etwa in Höhe des zwölften Brustwirbels bis dritten Lendenwirbels, die rechte (wegen des großen rechten Leberlappens) ungefähr eine halbe Wirbelhöhe tiefer als die linke. Die oberen Nierenpole (siehe unter Form) sind etwa 7 cm voneinander entfernt, die unteren etwa 11 cm. Die Längsachsen beider Organe zeigen folglich nach oben in Richtung Körpermitte. Die unteren Nierenpole sind beim Mann rechts 3 cm, links 4 cm, bei der Frau 2,5 cm bzw. 3 cm vom Beckenkamm entfernt, können aber variabel auch den Beckenkamm erreichen. Die Lage der Nieren ist atemabhängig. Sie bewegen sich bei der Einatmung wie auch das Zwerchfell nach caudal. Beim Neugeborenen ist die Niere immer vergleichsweise größer als andere Strukturen und überragt daher regelhaft den Beckenkamm. Die Nieren haben außer unmittelbar zu den Nebennieren getrennt durch die Fettkapsel Kontaktflächen zu mehreren Organen des Bauchraums. Die Kontaktflächen unterscheiden sich bei linker und rechter Niere: Die linke Niere wird von Magen, Milz, den Milzgefäßen (A. und V. splenica), Bauchspeicheldrüsen schwanz (Cauda pancreatis) und Grimmdarm (Colon transversum) überlagert. Sie bildet mit einer dreieckigen Fläche, die Kontakt zum Bauchfell hat, einen Teil der Rückfläche der Bursa omentalis. Die rechte Niere wird vor allem von der Leber, aber auch von Grimmdarm und Duodenum (Pars transversum duodeni), überlagert. Wegen des Platzbedarfs des rechten Leberlappens der im Körper rechts gelegenen Leber (mit der Impressio renalis) ist die rechte Niere tiefer gelegen als die linke. Auf beiden Nieren sitzt häubchenartig die halbmondförmige Nebenniere. Die Nerven Nervus subcostalis, Nervus iliohypogastricus und Nervus ilioinguinalis verlaufen die Rückseite der Niere querend in enger Nachbarschaft und können bei Erkrankungen mitbetroffen werden. Dies kann zu Empfindungen führen, die den Innervationsgebieten dieser Nerven zugeordnet werden, so auch zu Schmerzen in der Unterbauchgegend. Form, Farbe und Größe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Nieren sind bohnenförmig und braunrot. Sie haben eine Länge von 10 bis 12 cm, eine Breite von 5 bis 6,5 cm und eine Dicke von 3 bis 5 cm (Merkwert: 12 cm 6 cm 3 cm). Die Masse einer Niere variiert zwischen 120 und 200 g. Gewöhnlich ist die linke Niere etwas größer und schwerer. Ist eine Niere deutlich verkleinert oder fehlt sie, so ist die andere meist vergrößert. Beim Menschen zeigen zwei sogenannte Nierenpole nach oben und unten, zwei Flächen nach vorne und hinten (ventral und dorsal) und zwei Ränder nach medial und lateral. Der nach außen gerichtete Rand ist konvex, der nach medial gerichtete Rand ist konkav und bildet eine Einziehung, in der das Hilum renale, die Ein- und Austrittspforte der Leitungsbahnen, liegt. Nierenhilus und Leitungsbahnen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Aorta im Bauchraum mit Abgängen (rot) Am Nierenstiel oder Nierenhilus (Hilus renalis) verzweigen sich von ventral nach dorsal Vena renalis, Arteria renalis und der Ureter sowie einige Lymphgefäße und Nerven. Der Hilus erweitert sich im Inneren der Niere in den Sinus renalis, der vom Nierenbecken (Harnwege) und Fettgewebe ausgefüllt wird. Jede Niere wird von meist einer (sehr selten mehreren) direkt aus der Aorta entspringenden Arteria renalis mit Blut versorgt. Die A. renalis zweigt von der Aorta beiderseits in Höhe der Arteria mesenterica superior ab, zeigt abwärts und teilt sich bereits vor dem Hilum in einen vorderen und hinteren Hauptstamm (Ramus anterior et posterior), die nach ihrer Lage zum Nierenbecken benannt sind und die Segmentarterien abgeben: Aus dem vorderen Hauptstamm entspringen vor dem Hilus vier Segmentarterien, die A. segmenti superioris, A. segmenti anterioris superioris, A. segmenti anterioris inferioris, A. segmenti inferioris. Der hintere Hauptstamm gibt eine A. segmenti posterioris ab und versorgt nur ein Segment an der Rückseite der Niere. Auf die Arteriae segmentorum folgen die Arteriae interlobares, darauf die Arteriae arcuatae, darauf die Arteriae interlobulares (auch Arteriae corticales radiatae), die schließlich die Vasa afferentia für die Nierenkörperchen der Nephrone abgeben. Zur genaueren Beschreibung der arteriellen Versorgung siehe den Abschnitt Feinbau und den Artikel Nephron. Die Nierenarterie und jeder ihrer Endäste sind Endarterien, es liegen keine Anastomosen vor, sodass der Verschluss eines Astes jeweils zum Absterben des von ihm versorgten Nierengewebes führt (Nekrose, Niereninfarkt). Die Vena renalis führt das Blut unmittelbar in die Vena cava inferior. Im Körper liegt die Aorta links, die Vena cava inferior rechts, weshalb die linke Vena renalis länger ist als die rechte. Sie liegt vor der Aorta, unter dem Abgang der Arteria mesenterica superior ( Nussknacker-Syndrom) und nimmt die V. testicularis bzw. ovarica sinistra auf. Der von der Niere ins Nierenbecken abgegebene Urin wird durch den Harnleiter (Ureter) zur Harnblase transportiert. Lymphkapillarnetze im Inneren der Niere sammeln die Lymphe der Niere und bilden am Hilus wenige Hiluslymphgefäße. Die sympathischen Nerven der Niere entstammen als postganglionäre Fasern dem Plexus coeliacus und verlaufen mit der Arteria renalis. Sie versorgen neben dem Nierenparenchym die schmerzempfindliche Kapsel. Die parasympathischen Nerven der Niere entstammen als Rami renales direkt dem Nervus vagus (X. Hirnnerv). Hüllen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Zu den Hüllen der Nieren gehören die Capsula fibrosa, Capsula adiposa und Fascia renalis (= Gerota-Faszie[8]): Beide Nieren sind jeweils von einer dünnen, festen und glatten bindegewebigen Organkapsel (Capsula fibrosa) umhüllt. Sie enthält nur sehr wenige elastische Fasern und ist kaum dehnbar. Im Jahr 1901 hatte Georg Michael Edebohl (1853 1908) erstmals operativ eine Entkapselung der Niere[9] durchgeführt. Zusammen mit den Nebennieren folgt ein lockerer Fettgewebskörper aus Baufett, die Capsula adiposa, welche die Niere einbettet und abpolstert. Die Capsula adiposa ist rückenseitig und seitlich stärker ausgebildet als bauchwärts und setzt sich in das Fett des Sinus renalis im Niereninneren fort. Der Fettkörper kann bei starker Unterernährung abgebaut werden. All dies umhüllt die Fascia renalis, ein Faszien sack, der die Niere, Nebenniere und den Fettkörper nach vorne, seitlich und hinten einfasst, dabei aber nach medial oben und unten unverschlossen ist. Hinter dem Nierenfasciensack liegt das retrorenale Fett (Massa adiposa pararenalis, auch Corpus adiposum pararenale), in welchem Nerven des Plexus lumbalis verlaufen. Innerer Aufbau: Rinde und Mark[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Schema des makroskopischen Aufbaus der Niere:1. Nierenmark mit Markkegeln (Pyramides renales)2. Vas afferens3. Nierenarterie (Arteria renalis)4. Nierenvene (Vena renalis)5. Hilum renale6. Nierenbecken (Pelvis renalis)7. Harnleiter (Ureter)8. kleine Nierenkelche (Calices minores renales)9. Nierenkapsel (Capsula fibrosa renalis)10. unterer Nierenpol (Extremitas inferior)11. oberer Nierenpol (Extremitas superior)12. Vas efferens13. Nephron14. Nierenbucht (Sinus renalis)15. große Nierenkelche (Calices majores renales)16. Spitzen der Markkegel (Papillae renales)17. Bertin-Säule (Columna renalis) Das Nierenparenchym, die eigentliche Organmasse der Niere, wird in die außen liegende Nierenrinde (Cortex renalis) und das nach innen zum Hilum gerichtete Nierenmark (Medulla renalis) unterteilt. Das Mark besitzt dabei die Form von Pyramiden (10 bis 12 Markpyramiden oder Nierenpyramiden), die mit ihrer Basis nach außen und mit ihrer Spitze nach innen zum Hilum zeigen. Diese Spitzen, die Papillen, reichen frei in den Hohlraum der Nierenkelche (Calix renalis), die sich in variabler Form zum Nierenbecken (Pelvis renalis) zusammenschließen, aus dem der Ureter hervorgeht. In dieser Anordnung fließt der Urin aus den Papillen in Richtung Ureter. Die Nierenrinde liegt wie eine Kappe zwischen den Basen der Markpyramiden und der Organkapsel (subkapsulärer Anteil), erreicht aber zwischen den Pyramiden in säulenförmigen Abschnitten (Columnae renales, nach dem französischen Anatomen Exup re Joseph Bertin[10] seit 1744 auch Columnae renales Bertini oder Bertinsche Säulen genannt) den Sinus renalis. Der subkapsuläre Anteil der Rinde wird von gut sichtbaren, feinen Strichen durchzogen, den Markstrahlen (Radii medullares), die radiär aus den Markpyramiden in Richtung der Organkapsel ausstrahlen und Teil des Marks sind. Im Mark selbst lassen sich durch ihre leicht unterschiedliche Farbe ein äußeres Mark, bestehend aus einem Außen- und einem Innenstreifen, und ein zum Nierenbecken gelegenes inneres Mark unterscheiden. Die strukturelle Gliederung des Nierenmarks in Innen- und Außenzone sowie die Aufteilung in Innenstreifen und Außenstreifen der Außenzone beschrieb, aufgrund von durch seinen Würzburger Lehrer Philipp Stöhr angeregten, bereits 1904/05 begonnenen Untersuchungen, erstmals der Anatom Karl Peter (1870 1955).[11] Bei anderen Säugetieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die prinzipielle Lage ist auch bei den anderen Säugetieren typisch, hier liegen die Nieren (entsprechend der horizontalen Körperorientierung) hinter dem Zwerchfell. Bei vielen Säugetieren liegt die rechte Niere etwas weiter vorn. Bei Wiederkäuern ist die linke Niere durch die Ausbildung des Pansens nach rechts, hinter die rechte Niere verlagert (physiologische Wanderniere). Bei den einzelnen Säugetieren ist die Niere unterschiedlich aufgebaut. In der einfachsten Form besteht die Niere aus einzelnen, kegelförmigen Nierenlappen (Lobi renales). Diese mehrlappige Niere ist typisch für Meeressäugetiere und Bären. Jeder Nierenlappen besteht aus einer Rindenkappe und einer Markpyramide, die in einer Nierenpapille (Papilla renalis, das spitze Ende des Kegels) endet. Bei den meisten Säugetieren verschmelzen diese Nierenlappen (beim Menschen 6 Lappen) in unterschiedlichem Ausmaß. Die verschmelzenden Rindenkappen bilden die Nierenrinde (Cortex renis), die Pyramiden das Nierenmark (Medulla renis). Bei Rindern verschmelzen nur die Mittelteile der einzelnen Nierenlappen, wodurch an der Oberfläche Furchen entstehen und die Nierenpapillen ebenfalls erhalten bleiben. Diese Bauform nennt man mehrwarzig-gefurchte Niere. Diese Form tritt zwischenzeitlich auch in der fetalen Entwicklung der Niere bei den Säugetieren auf, die durch weitere Verschmelzungsvorgänge gekennzeichnet sind. Auch das menschliche Neugeborene besitzt noch eine mehrwarzig-gefurchte Niere. Bei Primaten (einschl. Mensch) und Schweinen verschmelzen die Rindenanteile nach der Geburt vollständig, sodass die Organoberfläche glatt erscheint. Die einzelnen Papillen bleiben jedoch erhalten. Man spricht von einer mehrwarzig-glatten Niere. Bei den meisten Säugetieren verschmelzen nun auch die einzelnen Nierenpapillen zu einer Nierenleiste (Crista renalis), sodass man von einer einwarzig-glatten Niere spricht. Feinbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Feinbau der Niere, schematisch Der Feinbau der Niere zeichnet sich durch ein hochdifferenziertes Tubulussystem und eine spezifisch angepasste Blutversorgung aus. Das Tubulussystem lässt sich aufgrund der Embryonalentwicklung in zwei Teile gliedern, das Nephron und das Sammelrohr. Beide bilden eine funktionelle Einheit. Der letzte, das heißt sammelrohrnahe Nephronabschnitt ist embryologisch dem Sammelrohr zugeordnet. Blutversorgung der Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Nieren werden normalerweise von etwa 20 % des Herzzeitvolumens (bei erwachsenen Menschen also von etwa 1000 ml/min) perfundiert. Ungefähr 20 % des renalen Plasmaflusses werden in den Bowman-Raum filtriert.[12] So führt die renale Perfusion zur glomerulären Filtration (GFR). Deswegen ist die GFR weitgehend proportional zum Herzzeitvolumen HZV. Deswegen ist das Stadium der Niereninsuffizienz grundsätzlich niemals kleiner als das Stadium der Herzinsuffizienz. Verzweigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Segmentarterien (siehe oben) teilen sich weiter auf. Eine Arteria interlobaris versorgt je zwei angrenzende Markpyramiden und entsprechende Rindenbereiche. Sie verläuft in den Rindensäulen entlang der Seiten der Pyramiden in Richtung Rinde, verzweigt sich aber an der Basis der Pyramide in Arteriae arcuatae. Diese verlaufen bogenförmig an der Mark-Rinden-Grenze und geben in rechtem Winkel die radiär nach oben durch die Rinde verlaufenden Arteriae corticales radiatae sowie ebenfalls nahezu rechtwinklig in Markrichtung die Arteriae rectae ab. Erstes und zweites Kapillarbett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Aus diesen gehen schließlich die Vasa afferentia hervor, die sich zu je einem Kapillarknäuel, dem Glomerulus (siehe unten), aufteilen. Aus diesem ersten Kapillargebiet läuft das immer noch sauerstoffreiche Blut wieder im Vas efferens zusammen. Von dort tritt das Blut in ein zweites Kapillarbett ein, diesmal zur Versorgung des Nierengewebes. Dabei muss man zwei Fälle je nach Lage des Glomerulus unterscheiden: Aus oberflächlichen Glomeruli, die im oberen Bereich der Rinde zur Organkapsel hin liegen, gelangt das Blut in das peritubuläre Kapillarnetz der Rinde, das die dort gelegenen Tubuli umspinnt. Aus juxtamedullären Glomeruli jedoch, die tiefer zur Mark-Rinden-Grenze hin liegen, entspringen die Gefäße zur Versorgung des Marks. Die Versorgung des Marks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Diese kapillären Gefäße zur Versorgung des Marks sind die Vasa recta, die ganz gerade oft bis zur Papillenspitze absteigen und wieder in umgekehrter Richtung aufsteigen. Es gibt zahlreiche Querverbindungen zwischen ab- und aufsteigendem Schenkel. Die besondere Gefäßarchitektur des Marks ist von großer funktioneller Bedeutung für die Fähigkeit der Niere zur Harnkonzentrierung. Mit Hilfe des Gegenstromprinzips erzeugt die Niere zur Papillenspitze hin einen erheblichen osmotischen Gradienten (siehe unten), der ausgewaschen würde, wäre das Mark mit einem normalen Kapillarnetz versorgt. Der Preis dafür ist aber eine sehr schlechte Sauerstoffversorgung des Nierenmarks, da der Sauerstoff aus dem sauerstoffreichen, absteigenden Schenkel der Vasa recta direkt schon oben in den aufsteigenden, sauerstoffarmen Schenkel diffundieren kann. Venöses System[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Beide Kapillarnetze erreichen schließlich das venöse System der Niere, das mit Ausnahme der Glomerula und ihren afferenten und efferenten Arteriolen analog zum arteriellen System aufgebaut ist. Nephron[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Nephron Lichtmikroskopisches Schnittpräparat der Nierenrinde. * markiert den Harnpol (s. Text) eines Nierenkörperchens Die Niere besteht aus zahlreichen Einheiten, den Nephronen, in denen der Harn gebildet wird. Jede der menschlichen Nieren enthält 1 bis 1,4 Mio. Nephrone. Das Nephron selbst besteht aus einem Nierenkörperchen (Corpusculum renis) und einem Tubulusapparat. Im Nierenkörperchen befindet sich der Glomerulus (auch das Glomerulum genannt), ein Gefäßknäuel, durch dessen gefensterte Kapillarwände der Primärharn abfiltriert wird. Der Primärharn tritt am Harnpol (siehe Abbildung) aus dem Nierenkörperchen in den proximalen Tubulus und in die Henlesche Schleife über, wo er nach dem Gegenstromprinzip aufkonzentriert wird. Es folgen der distale Tubulus und ein Sammelrohr (Tubulus renalis colligens). Glomerulus im Rasterelektronenmikroskop (REM)Bildbreite ca. 115 m Glomerulus im REMBildbreite ca. 22,8 m Glomerulus mit gebrochener Kapillare im REMBildbreite ca. 11,5 m Innenansicht des gefensterten Endothels (Fenestrae) im Glomerulus der Mäuseniere im REMBildbreite ca. 1,1 m Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Während der Embryonalentwicklung entstehen bei den Amnioten (Nabeltiere) drei Nierengenerationen: Vorniere (Pronephros), Urniere (Mesonephros) und Nachniere (Metanephros). Die Vorniere übernimmt noch keine Funktion im Embryo. Diese Aufgabe wird erst von der Urniere begonnen und von der Nachniere übernommen. Das Gewebe der Nachniere wächst schließlich zur endgültigen Niere heran. Die Nachniere entsteht aus zwei Anlagen: Dem metanephrogenen Blastem, dem später harnbereitenden Abschnitt, und der Ureterknospe, dem später harnableitenden und die Harnmenge steuernden Abschnitt. Aus Ersterem entsteht das Nierenparenchym mit den Nephronen, in welche die Äste aus der Aorta einsprossen. Eine Persistenz des fetalen Blastemgewebes kann zu einer Nephroblastomatose führen. Aus der Ureterknospe entstehen der Ureter, das Nierenbecken mit den Nierenkelchen, die Sammelrohre sowie die an das Sammelrohr angrenzenden letzten Abschnitte des Nephrons. Die Nieren erfahren aufgrund des Längenwachstums des Embryos einen Aufstieg (Ascensus). Dabei verlagern sie sich aus dem Bereich des Beckens nach oben. Verwachsen die beiden unteren Nierenpole, kann eine einzelne Hufeisenniere entstehen. Bleibt der Aufstieg einer Niere aus, verbleibt sie im Bereich des Beckens (Beckenniere). Steigt die Niere zu hoch, kann sie im Brustkorb liegen (intrathorakale Niere).[13] Zunächst versorgen mehrere mesonephrische Arterien die Urniere, von denen sich die meisten zurückbilden und in der Regel nur eine Nierenarterie verbleibt. Allerdings ist eine zweite Nierenarterie relativ häufig. Von akzessorischen Nierenarterien spricht man bei einer zusätzlichen Arterie, die in den Hilus mündet, von einer aberranten Arterie, wenn das Gefäß nicht am Hilus, sondern unabhängig oft an einem Pol mündet. Mehr als zwei Nierenarterien können vorkommen, sind aber sehr selten.[14] Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Funktionen der Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Niere ist an folgenden Körperfunktionen beteiligt: Regulation des Wasserhaushalts des Körpers. Langfristige Regulation des Blutdrucks. Ausscheidung harnpflichtiger (z. B. Harnsäure, Harnstoff, Kreatinin) und giftiger (z. B. Medikamente) Substanzen. Regulation des Säure-Basen-Haushalts des Körpers. Der pH-Wert des Blutes darf nur in einem engen Bereich schwanken, da größere Änderungen in Richtung saurer oder alkalischer Werte zum Tod führen. Regulation des Gehalts an gelösten Elektrolyten im Blut (Homöostase): Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium, Phosphat, Bicarbonat. Bildung von verschiedenen Hormonen: Renin (Enzym, kurzfristige Blutdruckregulation), Erythropoetin (Stimulation der Blutbildung), Calcitriol (Vitamin D, beteiligt am Calciumstoffwechsel), Kinine und Prostaglandine. Maßgebliche Beteiligung an der Synthese von Glucose (Traubenzucker) als Gluconeogenese, neben der Leber. Messung der Nierenleistung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Funktion der Niere kann anhand der Urinmenge, der Urinkonzentration und der Konzentration der harnpflichtigen Substanzen (Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure, Kalium) im Blut abgeschätzt werden. Die genaue Leistung der Nieren wird über die renale Clearance ermittelt. Hierzu gibt es verschiedene Verfahren: Die renale Clearance ist ein Maß für die Eliminierung eines Stoffes aus dem Blutplasma und damit für die Klärfunktion der Niere. Sinkt die Clearance ab, nimmt also die Leistung der Niere ab, spricht man von einer Niereninsuffizienz. Die Inulin-Clearance misst das Filtrationsvermögen der Niere. Hierzu wird dem Patienten Inulin verabreicht und gemessen, wie viel vom verabreichten Stoff pro Zeit wieder ausgeschieden wird. Da Inulin zwar filtriert, nicht aber rückresorbiert wird, ist die Inulin-Clearance identisch mit der glomerulären Filtrationsrate (GFR). Für den gesunden Jugendlichen liegt der Wert bei etwa 125 ml/min. Eine Abnahme des Wertes deutet auf eine Störung in der Nierenfunktion hin (Niereninsuffizienz). Mit zunehmendem Alter nimmt die GFR physiologisch auf 60 65 ml/min ab. Dies ist bei der Dosierung von Arzneistoffen, die über die Niere ausgeschieden werden, wichtig, da bei älteren Patienten wegen der geringeren GFR oft eine Verringerung der Dosis vorgenommen werden muss. Die Creatinin-Clearance wird wegen ihrer einfacheren Durchführung in der Klinik der Inulin-Clearance vorgezogen. Es wird die Ausscheidung von Kreatinin gemessen, die annähernd der von Inulin entspricht. Die Kreatinin-Plasmaspiegel, deren Wert von der Muskelmasse abhängt, schwanken nur wenig, was diese Messung überhaupt erst möglich macht. Vorteilhaft ist weiterhin, dass die Infusion, die bei der Messung der Inulin-Clearance erforderlich ist, entfällt. Cystatin-Clearance: Cystatin C wird in den Körperzellen konstant gebildet und in den Glomeruli frei filtriert. Es wird anschließend tubulär rückresorbiert, dann aber noch in den Tubuli vollständig zerstört. Es kehrt also nicht in die Blutzirkulation zurück. Deswegen ist es ein besserer Filtrationsmarker als Kreatinin oder Harnstoff, insbesondere auch bei leichter Nierenfunktionseinschränkung und bei vermehrter Muskelmasse[15] oder bei akutem Nierenversagen.[16][17] Es gibt zahlreiche GFR-Schätzformeln, in denen nach Cystatin C gefragt wird; die einfachste lautet GFR = 80/Cys.[18] Autoregulation der Nierendurchblutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die treibende Kraft des Filtriervorgangs ist der in den Glomerulusgefäßen des ersten Kapillarbetts herrschende Blutdruck. Der (systemische) Blutdruck des Körpers unterliegt normalerweise im Verlauf eines Tages typischen Schwankungen, ist im Schlaf niedriger, bei körperlicher Anstrengung oder bei Stress höher und kann bei bestimmten Erkrankungen andauernd erhöht sein (arterielle Hypertonie). Für die Filtration in den Glomeruli ist ein hinreichender Druck notwendig, günstigenfalls nur wenig schwankend. Die Niere hat selbst die Fähigkeit, den Blutdruck im glomerulären Kapillarnetz auch ohne nervöse Impulse zu regulieren und die glomeruläre Filtrationsrate so weitgehend konstant zu halten, dass sich auch starke Schwankungen des systemischen Blutdrucks kaum auswirken. Man nennt diese Autoregulation der Niere den Bayliss-Effekt. Die Autoregulation wird lokal drucksensorisch vermittelt und erfolgt durch angepasste Änderungen der Gefäßspannung bzw. Gefäßweite in den zu- und abführenden Blutgefäßen des Nierenkörperchens. Bei Anstieg des systemischen Blutdrucks werden die renalen Arterien enger gestellt, sodass der renale Blutfluss kaum ansteigt und in den dahinterliegenden zuführenden (afferenten) Gefäßen der Nierenkörperchen der Druck nicht übermäßig wird. Ist der Filtrationsdruck zu niedrig, so wird der Widerstand im vom Glomerulus abgehenden (efferenten) Gefäß erhöht und zugleich im zuführenden gesenkt. Damit kann der effektive Filtrationsdruck auch unabhängig vom renalen Blutfluss geregelt werden. Im Mittel beträgt der glomeruläre Kapillardruck ungefähr 50 mmHg. Normale Blutdruckschwankungen haben kaum Auswirkung auf die Nierendurchblutung. Derart bleiben auch Schwankungen des systolischen Blutdrucks zwischen 80 und 180 mmHg ohne Einfluss auf die glomeruläre Filtrationsleistung. Gewissermaßen überwachen die Nieren mit ihren empfindlichen Drucksensoren den systemischen Blutdruck ständig und können bei einem übermäßigen Abfall regulierend eingreifen (vgl. Blutdruckregulation der Nieren). Energieverbrauch der Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Nieren haben einen hohen Energieverbrauch, dieser ist vergleichbar mit dem Herzen. Wenn man die Nieren- und Herzphysiologie vergleicht, werden die Ähnlichkeiten und Unterschiede deutlich, da die Herz- und Nierenmasse ungefähr gleich sind (0,4 0,5 % der Körpermasse), ebenso wie die Stoffwechselrate Ki, die im Körper am höchsten ist Ki 440 (in Kcal/Kg/Tag), während der Sauerstoff-Verbrauch im Herzen mit 11 % gegenüber 7 % höher ist, obwohl der Blutfluss zugunsten der Nieren mit 25 % höher gegenüber dem Herzen (7 %) ist.[19] Hauptartikel: Energieverbrauch im Tubulus Untersuchungsmethoden der Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Körperliche Untersuchung Betasten Beklopfen Laboruntersuchungen Urinuntersuchung Teststäbchen auf Nitrit, Leukozyten, Eiweiß, Blut, Zucker etc. Urinsediment Kreatinin-Clearance Elektrolyte Der Urin wird auch per Inaugenscheinnahme und anhand des Geruchs beurteilt (Harnschau, Uroskopie) Blutuntersuchung Kreatinin Kalium Harnstoff Harnsäure Cystatin C Steinuntersuchungen Bildgebung Ultraschall Röntgen Kontrastmitteldarstellung der Niere = iv-Pyelogramm CT der Niere Magnetresonanztomografie der Niere Angiografie der Niere Nuklearmedizinische Verfahren Statische Nierenszintigrafie Nierenausscheidungsszintigrafie Nierenperfusionsszintigrafie histologische Untersuchungen Biopsie Krankheiten der Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Krankhafte Veränderungen des Nierengewebes können bei akuter Nierenerkrankung oder chronischem Nierenversagen die Glomerula (Glomerulonephritiden) oder die Nierentubuli (Tubulointerstitielle Nierenerkrankungen) betreffen. Bei Ersteren spielen mehr autoimmune Prozesse eine Rolle, bei Letzteren Intoxikationen und Infektionen (akut v. a. bakterielle Infektionen). Daneben können beide durch autoimmune oder metabolische Systemerkrankungen mitbetroffen sein. Genetisch bedingte Erkrankungen betreffen meist die Funktion der Tubuli. Die verschiedenen Prozesse unterscheiden sich klinisch kaum, man unterscheidet zwischen akutem und chronischem Nierenversagen bzw. akuten und chronischen Glomerulonephritiden. Sie führen unbehandelt zu Glomerulosklerose und Niereninsuffizienz mit Dialyse pflichtigkeit. Es gibt auch Anlagefehler, Nierentumoren, Nierensteine. Eine schwere Schädigung der Nieren hat andererseits Störungen der Blutdruck- und Hormonregulation des Organismus zur Folge. Es kommt, wie Franz Volhard 1906 erkannt hatte, zu renaler Hypertonie, renalem Vitamin-D-Mangel und sekundärem Hyperparathyreoidismus, bei schwerer chronischer Niereninsuffizienz zum urämischen Syndrom mit Organschäden und unter anderem Juckreiz. Die Schädigungen können evtl. durch salz- und eiweißarme Ernährung und viel Trinken verlangsamt werden, oder die Dialysetherapie wird notwendig. Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Fehlbildungen der Nieren numerische Anomalien: z. B. fehlende oder zusätzliche Niere, siehe Nierenagenesie, Nierenhypoplasie, Doppelniere Lage-, Fusions- und Rotationsanomalien: Nierenfehllagen, Wanderniere, gekreuzte Nierendystopie, Hufeisenniere, Malrotation der Nieren. Fehlbildungen der Nierengefäße Fehlbildungen des Kelchsystems: z. B. Kelchdivertikel oder die Megakalikose. vererbbare oder genetisch verursachte zystische Nierenerkrankungen: autosomal rezessive polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD) Zystenniere autosomal dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) Zystenniere juvenile Nephronophthisis medulläre zystische Erkrankung kongenitales Nephrose-Syndrom Fehlbildungssyndrome wie Von-Hippel-Lindau-Syndrom, Tuberöse Hirnsklerose nicht-vererbbare zystische Nierenerkrankungen: einfache Nierenzyste parapelvine Nierenzysten benigne multilokuläre Nierenzyste multizystische Nierendysplasie Markschwammniere Glomerulonephritiden / Glomerulopathie (Autoimmunentzündung der Nieren) akut (mit Nephritischem Syndrom) Rapidly Progressive Glomerulonephritis postinfektiöse Glomerulonephritis chronisch (mit Nephrotischem Syndrom) C1q-Nephropathie IgA-Nephritis fokal segmentale Glomerulonephritis, siehe unter Nephrotisches Syndrom membranöse Glomerulonephritis membranoproliferative Glomerulonephritis Typ I, II und III, eventuell durch ein Alport-Syndrom (Defekt des Typ IV-Kollagens, geht einher mit einer Hämaturie, einem progredienten Nierenversagen und einer Innenohrschwerhörigkeit) Minimal-Change-Glomerulonephritis tubulointerstitielle Nierenerkrankungen akut bakteriell (Pyelonephritis, Nierenbeckenentzündung) viral (Hantaviren) parainfektiös (Streptokokken Epstein-Barr-Virus) allergisch/toxisch chronisch Analgetikanephropathie und andere Intoxikationen/Überempfindlichkeitsreaktionen Sarkoidose Systemerkrankungen mit Nierenbeteiligung Vaskulitiden (autoimmune Gefäßentzündungen) Granulomatose mit Polyangiitis Lupus erythematodes Purpura Schönlein-Henoch andere Gefäßveränderungen hypertensive Nephropathie hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS), thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) metabolische Beeinträchtigungen diabetische Nephropathie Amyloidose multiples Myelom Gicht erbliche Nierenkrankheiten tubuläre Funktionsstörungen Bartter-Syndrom (selten) Fanconi-Syndrom Renal-tubuläre Azidose Phosphatdiabetes angeborener renaler Diabetes insipidus Diabetes renalis Zystinurie Balkan-Nephritis Gitelman-Syndrom Morbus Fabry glomeruläre Erkrankungen familiäre fokal segmentale Glomerulosklerose Alport-Syndrom Glomerulopathie vom Typ der dünnen Basalmembran Nierensteine und Nephrokalzinose Nierenabsenkung (umgangssprachlich Wanderniere ) Tumor bösartig: Nierenzellkarzinom gutartig: z. B. Angiomyolipom, Onkozytom mechanische Kompression (Page-Niere) Syndrome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] akutes Nierenversagen chronisches Nierenversagen kardiorenales Syndrom hepatorenales Syndrom nephrotisches Syndrom und nephritisches Syndrom renale Hypertonie renale Anämie nephrogener Vitamin-D-Mangel (sekundärer Hyperparathyreoidismus) renale Osteodystrophie Urämie Polyurie Nykturie Polydipsie Oligurie Anurie Auswirkung des Verlusts einer Niere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Nach Verlust einer Niere, beispielsweise nach einer Nephrektomie (zum Beispiel nach einem Unfall, wegen eines Hypernephroms oder zur Nierentransplantation) kann die verbleibende Restniere bis zu 80 % der Filtrationsleistung beider Nieren erreichen.[20] Erreicht wird diese Hyperfiltration durch eine Hypertrophie der Glomeruli. Dies wirkt sich über Jahrzehnte nicht nachteilig auf die verbliebene Niere aus.[20] Niere als Lebensmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Niere (Lebensmittel) Vor allem Schweine-, Kalbs- und Lämmernieren werden als Lebensmittel verwendet. Sie werden zumeist in Form von Ragouts zubereitet. Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Johanna Bleker: Die Geschichte der Nierenkrankheiten. (= Medizinhistorische Schriftenreihe der Studienreihe Boehringer Mannheim. Band 2). Mannheim 1972. Joachim Frey: Krankheiten der Niere, des Wasser- und Salzhaushaltes, der Harnwege und der männlichen Geschlechtsorgane. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/ Göttingen/ Heidelberg 1955. (2. Auflage ebenda 1961, S. 893 996.) Frank Henry Netter, Eckehard Renner: Farbatlanten der Medizin. Band 2: Niere und Harnwege. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-13-524102-5. Uwe Gille: Harn- und Geschlechtssystem, Apparatus urogenitalis. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2., erweiterte Auflage. Enke-Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1. Wilhelm Haberling: Geschichtliches über Erkrankungen und Verletzungen der Nieren. In: Medizinische Welt. Band 9, (Berlin) 1935, S. 1449 1451. A. Werner Mondorf, Jürgen E. Scherberich: Die normale Niere. Bildatlas. Vieweg Verlag, Wiesbaden/ Braunschweig 1986, ISBN 3-528-07926-6. Handbuch der inneren Medizin 1. Auflage Band 3, 2 Teile, Autoren: Karl Kißling, Julius Strasburger, Friedrich Umber, Franz Volhard Teil 2: Mundhöhle und Speiseröhre, Magen, Darm, Peritoneum, Nieren, Nierenbecken und Harnleiter, 1918, S. 187 1911 mit 245 teils farbigen Abbildungen und drei farbigen Tafeln, darin: Die doppelseitigen hämatogenen Nierenerkrankungen (Bright'sche Krankheit) von Franz Volhard, davon erschien 1918 ein Separatdruck, VIII, 576 Seiten, mit 24 meist farbigen Abbildungen und 8 farbigen Tafeln (Nachdruck ISBN 978-3-662-42272-4) Handbuch der inneren Medizin 2. Auflage Band 6, 2 Teile, Nieren und ableitende Harnwege, bearbeitet von Franz Volhard und Friedrich Suter, Berlin 1931 Teil 1 (Allgemeiner Teil): von Kapitel I Die doppelseitigen hämatogenen Nierenerkrankungen bis Kapitel VII Geschichte und Einteilung der hämatogenen Nierenerkrankungen von Franz Volhard, XIV, 1024 Seiten Teil 2 (Besonderer Teil): von Kapitel VIII Die Nephrosen, die primären Parenchym- und Mesenchymdegenerationen bis Kapitel XI Die Sklerosen von Franz Volhard; Die ein- und beidseitig auftretenden Nierenkrankheiten (sog. chirurgische Nierenaffektionen) und Erkrankungen der Blase, der Prostata, der Hoden und Nebenhoden, der Samenblasen. Funktionelle Sexualstörungen von Friedrich Suter, Nachdruck ISBN 978-3-662-42701-9, S. 1025 2148. Handbuch der inneren Medizin 4. Auflage Band 8, Nieren und ableitende Harnwege: Die hämatogenen Nierenerkrankungen, die ein- und beidseitig auftretenden Nierenkrankheiten, Erkrankungen der Blase, der Prostata, der Hoden und Nebenhoden, der Samenblasen. Funktionelle Sexualstörungen, bearbeitet von Walter Frey und Friedrich Suter, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1951, XII, 1168 Seiten Handbuch der inneren Medizin 5. Auflage Band 8, Nierenkrankheiten, 3 Teile, 1968 (herausgegeben von Herbert Schwiegk, ISBN 3-540-04152-4) Teil 1 (bearbeitet von Eberhard Buchborn, Karel apek, Peter Deetjen, J. Eigler, Konrad Federlin, Robert Heintz, J. Heller, Hans Jesserer, Arnold Kleinschmidt, Friedrich Krück, J. Martinek, Ernst-Friedrich Pfeiffer, Roland Richterich, Gerhard Riecker, Klaus Thurau, F. Wahlig, H. Wirz, Hans Ulrich Zollinger), XX, 1192 Seiten Teil 2 (bearbeitet von Heinrich Berning, Eberhard Buchborn, Paul Theodor Cottier, H. Edel, Volker Friedberg, Franz Gross, Konrad Hugo Jarausch, H. M. Keller, Reinhold Kluthe, Friedrich Linneweh, Hellmut Nieth, Fran ois Reubi, Hans Joachim Sarre, W. Teller, K. G. Thiele), XX, 1084 Seiten Teil 3 (bearbeitet von Nils Alwall, Friedrich Arnholdt, D. Beck, Horst Bickel, Alexis Labhart, Friedrich Linneweh, Heinz Losse, Gustav Adolf Martini, Erich Matouschek, J. Moeller, Eberhard Ritz, Walter Scheitlin, Egbert Schmiedt, Walter Siegenthaler, Nepomuk Zöllner), XVI, 896 Seiten Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Nieren Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wikibooks: Niere Lern- und Lehrmaterialien Wiktionary: Niere Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Unifr.ch: Ausführliche Beschreibung des Harnapparates (Memento vom 16. November 2010 im Internet Archive) Elektronenmikroskopische Abbildungen Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Matthias Lexer Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. 38. Auflage, Salomon Hirzel Verlag, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1992, ISBN 978-3-7776-0493-0, S. 151. Karl Julius Ullrich, Klaus Hierholzer (Hrsg.): Normale und pathologische Funktionen des Nierentubulus. Verlag Hans Huber, Bern 1965, 466 Seiten. Alle diese drei deutschen Begriffe finden sich nicht in den modernen nephrologischen Lehrbüchern, kaum in den einschlägigen medizinischen Wörterbüchern und auch nicht im 228-seitigen Sachverzeichnis am Ende des dreiteiligen Nierenbandes im Handbuch der inneren Medizin (5. Auflage. 8. Band, 3. Teil, Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg/ New York 1968; drei Teile mit 3228 Seiten, ISBN 3-540-04152-4). Quellen für Nierenkanälchen: Peter Reuter: Springer Klinisches Wörterbuch 2007/2008. Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-34601-2, S. 1294; Nierenkrebs geht oft von den Tubuli oder Nierenkanälchen aus. Zitat: Apotheken-Umschau, Online-Ausgabe, aktualisiert am 17. Mai 2018. Quellen für Nierenknäuelchen: Joseph Julius Czermak: Über die Nierenknäuelchen, Isis 1836, S. 783; Medicinische Jahrbücher des kaiserlich königlichen österreichischen Staates, 32. Band, Wien 1840, S. 557; Theodor Fahr: Harnorgane Männliche Geschlechtsorgane, 1. Teil, Verlag von Julius Springer, Berlin 1925, ISBN 978-3-7091-3039-1, S. 17; Dieter Vaitl (Hrsg.): Essentielle Hypertonie, Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 1982, ISBN 3-540-10975-7, S. 41; Ergebnisse der inneren Medizin und Kinderheilkunde. 35. Band, Verlag von Julius Springer, Berlin 1929, S. 471; Kenneth A. Anderson (Hrsg.): Springer Lexikon Pflege. 2. Auflage. 2. Band, Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 2002, ISBN 978-3-662-01100-3, S. 384, doi:10.1007/978-3-662-01099-0; Rheinische Post online: NRW-Wissenschaftspreis für Kölner Nierenexperten, 3. Mai 2018; Heiner Fangerau, Stefan Schulz, Thorsten Noack, Irmgard Müller: Medizinische Terminologie. 6. Auflage. Lehmanns Media, Berlin 2017, ISBN 978-3-86541-934-7, S. 69. Quellen für Nierenkörperchen: Günter Thiele: Handlexikon der Medizin. Verlag Urban & Schwarzenberg, München/ Wien/ Baltimore ohne Jahr [1980], Teil III (L R), S. 1734; Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch., 268. Auflage. Verlag Walter de Gruyter, Berlin/ Boston 2020, ISBN 978-3-11-068325-7, S. 1230, mit Verweisung auf das Malpighi-Körperchen; Duden: Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Mannheim/ Wien/ Zürich 1985, ISBN 3-411-02426-7, S. 482, mit Verweisung auf die Corpuscula renis. Johanna Bleker: Die Geschichte der Nierenkrankheiten. Boehringer Mannheim, Mannheim 1972, S. 15. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25. Auflage. Verlag Walter de Gruyter, Berlin/ Boston 2011, ISBN 978-3-11-022364-4, S. 655. Ludwig August Kraus: Kritisch-etymologisches medicinisches Lexikon. 3. Auflage. Verlag der Deuerlich- und Dieterichschen Buchhandlung, Göttingen 1844, S. 884. (Digitalisat der Ausgabe von 1844, Internet Archive.) Der babylonische Talmud. Bd.12. Limitierte Sonderausgabe reproduziert nach dem Nachdruck 1996 Auflage. Band 12. Jüdischer Verlag im Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main 1996, ISBN 978-3-633-54200-0. Fehler in Vorlage:Literatur *** Parameterproblem: Dateiformat/Größe/Abruf nur bei externem Link Benannt nach dem rumänischen Anatomen Dimitrie Gerota. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 59. Reinhard Hildebrand: Bertin, Exup re Joseph. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 170. Wolfram F. Neiss: Zur Entstehungsgeschichte der Untersuchungen über Bau und Entwicklung der Niere (1909): Ein Handschreiben Karl Peters an Philipp Stöhr sen. 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Laterza u. a.: Cystatin C: An Improved Estimator of Glomerular Filtration Rate? In: Clinical Chemistry. Nr. 48, 2002, S. 699 707 (clinchem.org Abstract). Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 267. Auflage. De Gruyter, Berlin/ Boston 2017, ISBN 978-3-11-049497-6, S. 343. E. Gronda et al.: Renal Oxygen Demand and Nephron Function: Is Glucose a Friend or Foe? In: Int. J. Mol. Sci. Band 24, Nr. 12, 2023, doi:10.3390/ijms24129957. a b Ulrich Welsch, Wolfgang Kummer, Thomas Deller: Lehrbuch Histologie. 4. Auflage. Elsevier, Urban & Fischer, München u. a. 2015, ISBN 978-3-437-44433-3, S. 457. Normdaten (Sachbegriff): GND: 4042270-7 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Paratyphus.txt |
Klassifikation nach ICD-10
A01.1
Paratyphus A
A01.2
Paratyphus B
A01.3
Paratyphus C
A01.4
Paratyphus, nicht näher bezeichnet
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Als Paratyphus bezeichnet man ein durch Salmonellen ausgelöstes typhöses Krankheitsbild, bei dem der Erreger nicht Salmonella Typhi, sondern Salmonella Paratyphi ist.
Paratyphus ist eine generalisierte, zyklische Infektionserkrankung, die ohne weitere diagnostische Mittel nicht von Typhus zu unterscheiden ist, jedoch milder verlaufen kann.[1] Es existieren drei Serovare: A, B und C, die sich genetisch unterscheiden. Paratyphi A und C kommen eher in wärmeren Klimazonen vor, während Paratyphus B weltweit verbreitet ist.
Paratyphus-Erreger sind gramnegative, nicht-sporenbildende, bewegliche Stäbchenbakterien, die 1900/1901 von Hugo Schottmüller (Salmonella Paratyphi A)[2] entdeckt wurden, womit der Paratyphus als neues Krankheitsbild abgegrenzt war. Von 1990 bis 2017 erkrankten in schwankender Häufigkeit weltweit jährlich zwischen 14,3 und 25,9 Millionen Menschen an Typhus bzw. Paratyphus[3], 128.000 bis 161.000 von ihnen starben daran, besonders viele in tropischen Ländern.[4]
Epidemiologisch werden Typhus und Paratyphus international als „enteric fever“ erfasst. Dies ergibt sich aus der Art und Schwere der Erkrankungen, die von Typhus und Paratyphus ausgelöst werden.[5][6] Die gemeinsame Benennung erschwert die Abgrenzung der Inzidenz von Paratyphus- zu Typhus-Erkrankungen, ist jedoch aus praktischer Sicht verständlich. Gewöhnlich (ohne Vorliegen eines Verdachts auf besondere Resistenzen) wird mit Fluorchinolonen (hauptsächlich Ciprofloxacin) behandelt, außer bei einem Verdacht auf besondere Resistenzen; für das behandelnde medizinische Personal hat eine Differenzierung zunächst keine weitere Konsequenz.
Für China wurde 2014 eine Inzidenz von Paratyphus A mit 150 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr angegeben,[7] während in Deutschland im Jahr 2015 nur 36 Fälle von Paratyphus pro ca. 80 Millionen Menschen gezählt wurden und überwiegend bei Reiserückkehrern vom indischen Subkontinent auftraten.[8] Laut ECDC (Europäisches Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten) entfielen im Jahr 2015 etwa 42 % der nach Europa eingeführten Fälle des enterischen Fiebers auf Salmonella Paratyphi. Möglicherweise verschiebt sich derzeit dieses Verhältnis von Typhus zu Paratyphus, zumindest in manchen Ländern. Beispielsweise finden sich für Thailand und das Jahr 2018 sinkende Typhusfallzahlen bei numerisch stagnierenden Paratyphusfällen.[9] Weltweit werden derzeit jährlich etwa 5,5 Millionen Neuerkrankungen gezählt. In Mitteleuropa sind Paratyphus-Fälle selten geworden, Erkrankte sind in der Regel Reiserückkehrer aus LMIC (low and middle income countries) insbesondere vom indischen Subkontinent.[10]
Von Salmonella Paratyphi B existiert eine Variante, die ausschließlich enteritische (eine Darmentzündung auslösende), also nicht systemische Krankheitsverläufe verursacht. Entsprechend dem Nachweisverfahren wird die ursprünglich nach der Region ihres Vorkommens als „Salmonella Java“ benannte Variante als „d-tartrat-positive“ Variante bezeichnet.
Systematik und Nomenklatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Salmonellen wurden im 19. Jahrhundert entdeckt und im Jahr 1900 nach Daniel Elmer Salmon benannt.[11] Seither hat es eine Vielzahl von weiteren Erkenntnissen und dementsprechend Veränderungen gegeben, die zum heutigen System der Nomenklatur geführt haben. Salmonellen gehören zur Familie der Enterobacteriaceae (sogenannte gramnegative Darmbakterien) und weisen nur zwei Spezies auf: Salmonella bongori und Salmonella enterica. Salmonellen der Spezies Salmonella enterica werden nach aktuellem Stand in sechs Gruppen zusammengefasst (siehe Salmonellen). Humanmedizinisch relevant sind hauptsächlich Vertreter der Subspezies (abgekürzt ssp.) von Gruppe I.
Das heißt für die Praxis, dass es sich, wenn die Diagnose Paratyphus korrekt gestellt wird, um Salmonella enterica ssp. enterica handelt (Gattung und Spezies werden regulär kursiv dargestellt) und ein sogenanntes Serovar identifiziert wurde, welches Paratyphus A, B oder C zugeordnet werden kann. Serovare (man kennt inzwischen über 2.600)[12] werden, anders als Spezies oder Subspezies, großgeschrieben. Der Einfachheit halber wird in der Benennung üblicherweise einiges weggelassen. Im Falle von Paratyphus B gestaltet sich die Benennung folgendermaßen: Salmonella Paratyphus B statt Salmonella enterica ssp. enterica Serovar Paratyphus B.
Infektionsweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Während für Typhus einzig der Mensch als Reservoir beschrieben wird, wird für Paratyphus gelegentlich von einem zoonotischen Reservoir berichtet; Ansteckungen erfolgen dann über Reptilien oder Geflügel.[13][14] In der Regel jedoch ist der Mensch als Erkrankter, Rekonvaleszenter oder Ausscheider der Ausgangspunkt neuer Erkrankungen.[15] Diese werden durch die Aufnahme verunreinigter Nahrungsmittel oder Trinkwasser hervorgerufen, aber auch durch Schmierinfektionen. Paratyphussalmonellen werden von Erkrankten mit dem Stuhl ausgeschieden. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel etwa 10 Tage, kann sich jedoch je nach aufgenommener Infektionsdosis und Abwehrlage des Erkrankten von wenigen Tagen bis auf mehr als zwei Monate erstrecken. Die Paratyphus-Erreger erreichen nach der oralen Aufnahme den Magen, wo im Allgemeinen die meisten Krankheitserreger durch die Magensäure abgetötet werden.
Bei Einnahme von Medikamenten zur Erhöhung des normalerweise sehr niedrigen pH-Werts im Magen (etwa Protonenpumpeninhibitoren zum Schutz bei Einnahme von zum Beispiel Schmerzmitteln oder alkalischen „Säureblockern“ wie Natron gegen Sodbrennen) reichen kleinere Infektionsdosen, damit Erreger in infektionswirksamer Menge bis in den Dünndarm gelangen, weil sie die Magenpassage überleben.[16] Im Dünndarm befallen sie M-Zellen, davon ausgehend die Peyer-Plaques des Lymphsystems, infizieren dort Makrophagen und finden Eingang in die Blutbahn. Anschließend erfolgt die systemische Ausbreitung (Generalisationsstadium), während deren die Körpertemperatur bis zu einem Plateau von bis zu über 40 °C ansteigen kann.[17][18] Die Krankheit kann über mehrere Wochen andauern und komplikativ verlaufen.[19] Bei frühzeitigem Therapiebeginn sterben weniger als 1 % der Patienten, 1–4 % werden zu Dauerausscheidern.[19]
Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Krankheitsverläufe und Symptomatik sind variabel und entsprechen dem von Typhus:[20]
Mattigkeit, Kopfschmerzen, eingetrübtes Bewusstsein
rosafarbene Hauterscheinungen am Ende der ersten Krankheitswoche: Roseolen (bakterielle Embolien) besonders am Rumpf
treppenförmiger Fieberanstieg
Obstipation (Verstopfung)
Diarrhoe (Durchfall) ist in der zweiten bzw. dritten Krankheitswoche möglich[21]
mögliche Komplikationen: Milzschwellung, Darmperforation (Entstehen von Löchern oder Rissen der Darmwand), Abszesse, Osteomyelitis (Knochenmarkentzündung), Meningitis (Hirnhautentzündung)
nach Überschreiten des Erkrankungsgipfels schrittweises Absinken des Fiebers mit unter Umständen langwieriger Rekonvaleszenz
Diagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei Paratyphus wie Typhus finden sich eine Verminderung weißer Blutkörperchen (Leukopenie), insbesondere der eosinophilen Granulozyten (Eosinopenie bis Aneosinophilie) sowie weitere unspezifische Veränderungen des Blutbilds und der Entzündungsparameter. Da die Symptome bei beiden Erkrankungsformen ähnlich und unspezifisch sind (also auch bei anderen Erkrankungen auftreten), muss die Diagnosesicherung durch einen direkten Erregernachweis erfolgen, zum Beispiel aus Blut, Knochenmark, Harn, Stuhl oder Duodenalsekret. Die höchste Signifikanz hat der Nachweis aus dem Knochenmark.[22][23] Da eine Knochenmarkaspiration, also die Gewinnung von Zellen aus dem Knochenmark, ein recht invasives Verfahren ist, erfolgt die Kultivierung (Anzucht und Vermehrung um einen Nachweis führen zu können) der Erreger meist anhand des Blutes (Blutkultur). Erst ab dem Ende der zweiten Krankheitswoche ist eine Stuhlkultur (Anzucht aus Stuhl) sinnvoll, da sich zuvor keine relevanter Anzahl von Erregern im Darm befindet.[24] Antikörpernachweise (indirekte Nachweise) haben in der Erstdiagnostik keine Relevanz, unter anderem deshalb, weil sie erst nach Wochen positive Ergebnisse liefern können, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die meisten Betroffenen bereits in der Heilungsphase befinden. Als Bestätigungstests gelten direkte Nachweisverfahren mittels PCR oder LAMP (Loop-mediated isothermal amplification).[25] Gelegentlich können Paratyphussalmonellen auch im Urin nachgewiesen werden.[26]
Therapie und Prävention[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Entscheidet man sich für eine antibakterielle Therapie, ist die Gabe von Antibiotika über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen erforderlich. Im Jahr 1947 war das gegen Typhus- und Paratyphus-B-Erreger hochwirksame Chloramphenicol isoliert worden.[27] Das Mittel der Wahl war bis vor kurzem ohne jede Einschränkung Ciprofloxacin, was sich jedoch durch die gegenwärtige (Stand 2018) weltweite Zunahme von Resistenzen, insbesondere in Pakistan und in Indien, ändern könnte.[28] Alternativ kann beispielsweise Ceftriaxon angewendet werden. Zur Kontrolle des therapeutischen Erfolgs kann der Stuhl des Patienten auf die Kultivierbarkeit von Salmonella Paratyphi untersucht werden, was ohnehin sinnvoll ist, da sich so auch klären lässt, ob Dauerausscheidung vorliegt. Da sich 1–4 % der Betroffenen zu Dauerausscheidern entwickeln, kann auch hier der Versuch einer antibiotischen Sanierung mittels einer zwei- bis vierwöchigen Therapie erfolgreich sein.[29] Oft ist jedoch die Entfernung der Gallenblase indiziert, da sich die Paratyphusbakterien dort ansiedeln können, ohne dass Krankheitssymptome bemerkt werden.[30] Für die Zeit der Dauerausscheidung besteht ein Beschäftigungsverbot nach § 42 IfSG.
Ein zugelassener Impfstoff existiert nicht.[31] In der Fachliteratur finden sich vieldiskutierte Hinweise auf eine Kreuzimmunität der oralen Vakzine gegen manche Salmonella Paratyphi-Stämme.[32]
Melde-, Anzeige- und Benachrichtigungspflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Paratyphus muss in Deutschland nach § 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) bei Verdacht, Erkrankung oder Tod dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden. Namentlich meldepflichtig sind hinsichtlich der Erkrankung die feststellenden Ärzte usw. (§ 8 IfSG). Inwieweit die aus der Corona-Pandemie resultierenden Beschränkungen der Reisetätigkeit die Inzidenz beeinflusst haben, muss noch abgeschätzt werden. Das Robert Koch-Institut gibt für die vergangenen Jahre in Deutschland die folgenden Fallzahlen an:
Paratyphus- und Typhus-Fallzahlen
(Deutschland 2017 – 2023 einschließlich)
Jahr
Fallzahl Paratyphus
in Deutschland
Fallzahl Typhus
in Deutschland
2017
44
78
2018
30
58
2019
36
86
2020
10
26
2021
10
18[33]
2022
26[34]
46[34]
2023
38[35]
79[35]
2024
52[35]
74[35]
Erkrankte und bis zu einer Genehmigung auch Ausscheider unterliegen in Deutschland Aufenthaltsverboten in Gemeinschaftseinrichtungen; das leitende Personal von Gemeinschaftseinrichtungen ist zur Benachrichtigung des zuständigen Gesundheitsamts verpflichtet (siehe § 34 Absätze 1, 3 und 4 IfSG).
In Österreich sind Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle gemäß § 1 Epidemiegesetz 1950 anzeigepflichtig. Ausscheider sind dort nach § 2 Absatz 2 Epidemiegesetz 1950 der Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt) zu bekanntzugeben. Verpflichtet sind unter anderen Ärzte und Labore (§ 3 Epidemiegesetz 1950).
In der Schweiz bestehen für Ärzte, Spitäler usw. umfangreiche Meldepflichten nach einem Labornachweis. Dies ergibt sich aus dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Manfred Bornemann: Paratyphus im Kreisgebiet. Vor 50 Jahren wurde ein Teil des Kreises zum Sperrgebiet. In: Heute und einst – 2001' Verlag Neukirchner, 2001 (= 9. Jahrbuch des Landkreises Nordhausen).
Typhus abdominalis, Paratyphus. RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten – Merkblätter für Ärzte. Stand Mai 2007.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Paratyphus – Informationen des Robert Koch-Instituts
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
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↑ Typhus abdominalis, Paratyphus RKI-Ratgeber. Abgerufen am 24. September 2021.
↑ What is the difference between paratyphoid fever and typhoid fever (enteric fever)? Abgerufen am 24. September 2021.
↑ Pathogenesis of enteric (typhoid and paratyphoid) fever. Abgerufen am 24. September 2021.
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↑ Timeline Index. Abgerufen am 6. Januar 2022.
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↑ Wolfgang Kiehl: Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten. Hrsg.: Robert Koch-Institut. Berlin 2011, ISBN 978-3-89606-240-6.
↑ Simon Brisebois, Albert Merati, John Paul Giliberto: Proton pump inhibitors: Review of reported risks and controversies: Risks of Proton Pump Inhibitors. In: Laryngoscope Investigative Otolaryngology. Band 3, Nr. 6, Dezember 2018, S. 457–462, doi:10.1002/lio2.187, PMID 30599030, PMC 6302736 (freier Volltext).
↑ Rosemarie Blatz: Medizinische Mikrobiologie und Immunologie systematisch. 1. Auflage. UNI-MED, Bremen 1999, ISBN 978-3-89599-139-4, S. 110–112.
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↑ Gerd Herold: Innere Medizin 2017 eine vorlesungsorientierte Darstellung: unter Berücksichtigung des Gegenstandskataloges für die Ärztliche Prüfung: mit ICD 10-Schlüssel im Text und Stichwortverzeichnis. Köln 2017, ISBN 978-3-9814660-6-5, S. 861.
↑ Gerd Herold: Innere Medizin 2017. Eine vorlesungsorientierte Darstellung unter Berücksichtigung des Gegenstandskataloges für die Ärztliche Prüfung mit ICD 10-Schlüssel im Text und Stichwortverzeichnis. Hrsg.: Gerd Herold. Köln 2018, ISBN 978-3-9814660-6-5, S. 860–861.
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↑ a b c d Epidemiologisches Bulletin des RKI. 2. Januar 2025
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
| Klassifikation nach ICD-10 A01.1 Paratyphus A A01.2 Paratyphus B A01.3 Paratyphus C A01.4 Paratyphus, nicht näher bezeichnet {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Als Paratyphus bezeichnet man ein durch Salmonellen ausgelöstes typhöses Krankheitsbild, bei dem der Erreger nicht Salmonella Typhi, sondern Salmonella Paratyphi ist. Paratyphus ist eine generalisierte, zyklische Infektionserkrankung, die ohne weitere diagnostische Mittel nicht von Typhus zu unterscheiden ist, jedoch milder verlaufen kann.[1] Es existieren drei Serovare: A, B und C, die sich genetisch unterscheiden. Paratyphi A und C kommen eher in wärmeren Klimazonen vor, während Paratyphus B weltweit verbreitet ist. Paratyphus-Erreger sind gramnegative, nicht-sporenbildende, bewegliche Stäbchenbakterien, die 1900/1901 von Hugo Schottmüller (Salmonella Paratyphi A)[2] entdeckt wurden, womit der Paratyphus als neues Krankheitsbild abgegrenzt war. Von 1990 bis 2017 erkrankten in schwankender Häufigkeit weltweit jährlich zwischen 14,3 und 25,9 Millionen Menschen an Typhus bzw. Paratyphus[3], 128.000 bis 161.000 von ihnen starben daran, besonders viele in tropischen Ländern.[4] Epidemiologisch werden Typhus und Paratyphus international als enteric fever erfasst. Dies ergibt sich aus der Art und Schwere der Erkrankungen, die von Typhus und Paratyphus ausgelöst werden.[5][6] Die gemeinsame Benennung erschwert die Abgrenzung der Inzidenz von Paratyphus- zu Typhus-Erkrankungen, ist jedoch aus praktischer Sicht verständlich. Gewöhnlich (ohne Vorliegen eines Verdachts auf besondere Resistenzen) wird mit Fluorchinolonen (hauptsächlich Ciprofloxacin) behandelt, außer bei einem Verdacht auf besondere Resistenzen; für das behandelnde medizinische Personal hat eine Differenzierung zunächst keine weitere Konsequenz. Für China wurde 2014 eine Inzidenz von Paratyphus A mit 150 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr angegeben,[7] während in Deutschland im Jahr 2015 nur 36 Fälle von Paratyphus pro ca. 80 Millionen Menschen gezählt wurden und überwiegend bei Reiserückkehrern vom indischen Subkontinent auftraten.[8] Laut ECDC (Europäisches Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten) entfielen im Jahr 2015 etwa 42 % der nach Europa eingeführten Fälle des enterischen Fiebers auf Salmonella Paratyphi. Möglicherweise verschiebt sich derzeit dieses Verhältnis von Typhus zu Paratyphus, zumindest in manchen Ländern. Beispielsweise finden sich für Thailand und das Jahr 2018 sinkende Typhusfallzahlen bei numerisch stagnierenden Paratyphusfällen.[9] Weltweit werden derzeit jährlich etwa 5,5 Millionen Neuerkrankungen gezählt. In Mitteleuropa sind Paratyphus-Fälle selten geworden, Erkrankte sind in der Regel Reiserückkehrer aus LMIC (low and middle income countries) insbesondere vom indischen Subkontinent.[10] Von Salmonella Paratyphi B existiert eine Variante, die ausschließlich enteritische (eine Darmentzündung auslösende), also nicht systemische Krankheitsverläufe verursacht. Entsprechend dem Nachweisverfahren wird die ursprünglich nach der Region ihres Vorkommens als Salmonella Java benannte Variante als d-tartrat-positive Variante bezeichnet. Systematik und Nomenklatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Salmonellen wurden im 19. Jahrhundert entdeckt und im Jahr 1900 nach Daniel Elmer Salmon benannt.[11] Seither hat es eine Vielzahl von weiteren Erkenntnissen und dementsprechend Veränderungen gegeben, die zum heutigen System der Nomenklatur geführt haben. Salmonellen gehören zur Familie der Enterobacteriaceae (sogenannte gramnegative Darmbakterien) und weisen nur zwei Spezies auf: Salmonella bongori und Salmonella enterica. Salmonellen der Spezies Salmonella enterica werden nach aktuellem Stand in sechs Gruppen zusammengefasst (siehe Salmonellen). Humanmedizinisch relevant sind hauptsächlich Vertreter der Subspezies (abgekürzt ssp.) von Gruppe I. Das heißt für die Praxis, dass es sich, wenn die Diagnose Paratyphus korrekt gestellt wird, um Salmonella enterica ssp. enterica handelt (Gattung und Spezies werden regulär kursiv dargestellt) und ein sogenanntes Serovar identifiziert wurde, welches Paratyphus A, B oder C zugeordnet werden kann. Serovare (man kennt inzwischen über 2.600)[12] werden, anders als Spezies oder Subspezies, großgeschrieben. Der Einfachheit halber wird in der Benennung üblicherweise einiges weggelassen. Im Falle von Paratyphus B gestaltet sich die Benennung folgendermaßen: Salmonella Paratyphus B statt Salmonella enterica ssp. enterica Serovar Paratyphus B. Infektionsweg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Während für Typhus einzig der Mensch als Reservoir beschrieben wird, wird für Paratyphus gelegentlich von einem zoonotischen Reservoir berichtet; Ansteckungen erfolgen dann über Reptilien oder Geflügel.[13][14] In der Regel jedoch ist der Mensch als Erkrankter, Rekonvaleszenter oder Ausscheider der Ausgangspunkt neuer Erkrankungen.[15] Diese werden durch die Aufnahme verunreinigter Nahrungsmittel oder Trinkwasser hervorgerufen, aber auch durch Schmierinfektionen. Paratyphussalmonellen werden von Erkrankten mit dem Stuhl ausgeschieden. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel etwa 10 Tage, kann sich jedoch je nach aufgenommener Infektionsdosis und Abwehrlage des Erkrankten von wenigen Tagen bis auf mehr als zwei Monate erstrecken. Die Paratyphus-Erreger erreichen nach der oralen Aufnahme den Magen, wo im Allgemeinen die meisten Krankheitserreger durch die Magensäure abgetötet werden. Bei Einnahme von Medikamenten zur Erhöhung des normalerweise sehr niedrigen pH-Werts im Magen (etwa Protonenpumpeninhibitoren zum Schutz bei Einnahme von zum Beispiel Schmerzmitteln oder alkalischen Säureblockern wie Natron gegen Sodbrennen) reichen kleinere Infektionsdosen, damit Erreger in infektionswirksamer Menge bis in den Dünndarm gelangen, weil sie die Magenpassage überleben.[16] Im Dünndarm befallen sie M-Zellen, davon ausgehend die Peyer-Plaques des Lymphsystems, infizieren dort Makrophagen und finden Eingang in die Blutbahn. Anschließend erfolgt die systemische Ausbreitung (Generalisationsstadium), während deren die Körpertemperatur bis zu einem Plateau von bis zu über 40 C ansteigen kann.[17][18] Die Krankheit kann über mehrere Wochen andauern und komplikativ verlaufen.[19] Bei frühzeitigem Therapiebeginn sterben weniger als 1 % der Patienten, 1 4 % werden zu Dauerausscheidern.[19] Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Krankheitsverläufe und Symptomatik sind variabel und entsprechen dem von Typhus:[20] Mattigkeit, Kopfschmerzen, eingetrübtes Bewusstsein rosafarbene Hauterscheinungen am Ende der ersten Krankheitswoche: Roseolen (bakterielle Embolien) besonders am Rumpf treppenförmiger Fieberanstieg Obstipation (Verstopfung) Diarrhoe (Durchfall) ist in der zweiten bzw. dritten Krankheitswoche möglich[21] mögliche Komplikationen: Milzschwellung, Darmperforation (Entstehen von Löchern oder Rissen der Darmwand), Abszesse, Osteomyelitis (Knochenmarkentzündung), Meningitis (Hirnhautentzündung) nach Überschreiten des Erkrankungsgipfels schrittweises Absinken des Fiebers mit unter Umständen langwieriger Rekonvaleszenz Diagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei Paratyphus wie Typhus finden sich eine Verminderung weißer Blutkörperchen (Leukopenie), insbesondere der eosinophilen Granulozyten (Eosinopenie bis Aneosinophilie) sowie weitere unspezifische Veränderungen des Blutbilds und der Entzündungsparameter. Da die Symptome bei beiden Erkrankungsformen ähnlich und unspezifisch sind (also auch bei anderen Erkrankungen auftreten), muss die Diagnosesicherung durch einen direkten Erregernachweis erfolgen, zum Beispiel aus Blut, Knochenmark, Harn, Stuhl oder Duodenalsekret. Die höchste Signifikanz hat der Nachweis aus dem Knochenmark.[22][23] Da eine Knochenmarkaspiration, also die Gewinnung von Zellen aus dem Knochenmark, ein recht invasives Verfahren ist, erfolgt die Kultivierung (Anzucht und Vermehrung um einen Nachweis führen zu können) der Erreger meist anhand des Blutes (Blutkultur). Erst ab dem Ende der zweiten Krankheitswoche ist eine Stuhlkultur (Anzucht aus Stuhl) sinnvoll, da sich zuvor keine relevanter Anzahl von Erregern im Darm befindet.[24] Antikörpernachweise (indirekte Nachweise) haben in der Erstdiagnostik keine Relevanz, unter anderem deshalb, weil sie erst nach Wochen positive Ergebnisse liefern können, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die meisten Betroffenen bereits in der Heilungsphase befinden. Als Bestätigungstests gelten direkte Nachweisverfahren mittels PCR oder LAMP (Loop-mediated isothermal amplification).[25] Gelegentlich können Paratyphussalmonellen auch im Urin nachgewiesen werden.[26] Therapie und Prävention[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Entscheidet man sich für eine antibakterielle Therapie, ist die Gabe von Antibiotika über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen erforderlich. Im Jahr 1947 war das gegen Typhus- und Paratyphus-B-Erreger hochwirksame Chloramphenicol isoliert worden.[27] Das Mittel der Wahl war bis vor kurzem ohne jede Einschränkung Ciprofloxacin, was sich jedoch durch die gegenwärtige (Stand 2018) weltweite Zunahme von Resistenzen, insbesondere in Pakistan und in Indien, ändern könnte.[28] Alternativ kann beispielsweise Ceftriaxon angewendet werden. Zur Kontrolle des therapeutischen Erfolgs kann der Stuhl des Patienten auf die Kultivierbarkeit von Salmonella Paratyphi untersucht werden, was ohnehin sinnvoll ist, da sich so auch klären lässt, ob Dauerausscheidung vorliegt. Da sich 1 4 % der Betroffenen zu Dauerausscheidern entwickeln, kann auch hier der Versuch einer antibiotischen Sanierung mittels einer zwei- bis vierwöchigen Therapie erfolgreich sein.[29] Oft ist jedoch die Entfernung der Gallenblase indiziert, da sich die Paratyphusbakterien dort ansiedeln können, ohne dass Krankheitssymptome bemerkt werden.[30] Für die Zeit der Dauerausscheidung besteht ein Beschäftigungsverbot nach 42 IfSG. Ein zugelassener Impfstoff existiert nicht.[31] In der Fachliteratur finden sich vieldiskutierte Hinweise auf eine Kreuzimmunität der oralen Vakzine gegen manche Salmonella Paratyphi-Stämme.[32] Melde-, Anzeige- und Benachrichtigungspflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Paratyphus muss in Deutschland nach 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) bei Verdacht, Erkrankung oder Tod dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden. Namentlich meldepflichtig sind hinsichtlich der Erkrankung die feststellenden Ärzte usw. ( 8 IfSG). Inwieweit die aus der Corona-Pandemie resultierenden Beschränkungen der Reisetätigkeit die Inzidenz beeinflusst haben, muss noch abgeschätzt werden. Das Robert Koch-Institut gibt für die vergangenen Jahre in Deutschland die folgenden Fallzahlen an: Paratyphus- und Typhus-Fallzahlen (Deutschland 2017 2023 einschließlich) Jahr Fallzahl Paratyphus in Deutschland Fallzahl Typhus in Deutschland 2017 44 78 2018 30 58 2019 36 86 2020 10 26 2021 10 18[33] 2022 26[34] 46[34] 2023 38[35] 79[35] 2024 52[35] 74[35] Erkrankte und bis zu einer Genehmigung auch Ausscheider unterliegen in Deutschland Aufenthaltsverboten in Gemeinschaftseinrichtungen; das leitende Personal von Gemeinschaftseinrichtungen ist zur Benachrichtigung des zuständigen Gesundheitsamts verpflichtet (siehe 34 Absätze 1, 3 und 4 IfSG). In Österreich sind Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle gemäß 1 Epidemiegesetz 1950 anzeigepflichtig. Ausscheider sind dort nach 2 Absatz 2 Epidemiegesetz 1950 der Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt) zu bekanntzugeben. Verpflichtet sind unter anderen Ärzte und Labore ( 3 Epidemiegesetz 1950). In der Schweiz bestehen für Ärzte, Spitäler usw. umfangreiche Meldepflichten nach einem Labornachweis. Dies ergibt sich aus dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Manfred Bornemann: Paratyphus im Kreisgebiet. Vor 50 Jahren wurde ein Teil des Kreises zum Sperrgebiet. In: Heute und einst 2001' Verlag Neukirchner, 2001 (= 9. Jahrbuch des Landkreises Nordhausen). Typhus abdominalis, Paratyphus. RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten Merkblätter für Ärzte. Stand Mai 2007. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Paratyphus Informationen des Robert Koch-Instituts Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Typhoid & Paratyphoid Fever. Abgerufen am 24. September 2021. Werner Köhler: Infektionskrankheiten. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 667 671, hier: S. 670. Jeffrey D Stanaway, Robert C Reiner, Brigette F. Blacker, Ellen M Goldberg, Ibrahim A. Khalil: The global burden of typhoid and paratyphoid fevers: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. In: The Lancet Infectious Diseases. Band 19, Nr. 4, April 2019, S. 369 381, doi:10.1016/S1473-3099(18)30685-6, PMID 30792131, PMC 6437314 (freier Volltext) (elsevier.com [abgerufen am 24. September 2021]). Typhus abdominalis, Paratyphus RKI-Ratgeber. Abgerufen am 24. September 2021. 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Peripheres Nervensystem.txt | Darstellung des peripheren Nervensystems von Andreas Vesalius (1543)
Das periphere Nervensystem (PNS) umfasst den Teil des Nervensystems, der außerhalb des Gehirns und Rückenmarks gelegen ist. Letztere bilden das zentrale Nervensystem (ZNS). Im Gegensatz zu diesem ist das PNS nicht durch Knochen oder die Blut-Hirn-Schranke geschützt. Sowohl das ZNS als auch das PNS sind weiter unterteilt in das somatische Nervensystem und das autonome Nervensystem.
Eine starre Abgrenzung des PNS vom ZNS ist aus funktioneller Sicht allerdings nicht sinnvoll. Nervenzellen (Neuronen) bestehen stets aus einem um den Zellkern gelagerten Zellkörper (Soma) sowie dessen Fortsätzen (Dendriten und Axone). Die motorischen (für die Bewegung zuständigen) und die präganglionären vegetativen (für die Funktion der inneren Organe zuständigen) Neuronen haben alle ihr Soma im ZNS. Die sensiblen (für Empfindungen zuständigen) Neuronen dagegen haben ihr Soma zwar fast ausnahmslos in Nervenknoten (Ganglien) im PNS selbst, ihre Fortsätze aber münden fast ebenso sämtlich in das ZNS, wo die eigentliche Informationsverarbeitung stattfindet und bewusste oder unbewusste (Reflexe) Reaktionen ausgelöst werden. Das PNS existiert demnach nicht als selbständiges System, sondern als lediglich rein topographisch abgegrenzte Abteilung. Eine Ausnahme hiervon macht allein das intramurale Nervensystem (Nerven in der Wand von inneren Organen), bei dem die Informationsverarbeitung zum Teil unabhängig vom ZNS erfolgt.
Zum peripheren Nervensystem gehören:
Hirnnerven
Spinalnerven (Nerven aus dem Rückenmark)
enterisches Nervensystem (abdominal brain)
einschließlich ihrer Rezeptoren und Erfolgsorgane (wie z. B. motorische Endplatten und Ganglien).
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Organsysteme
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille: Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag, Stuttgart, 2. erw. Aufl. 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1
Theodor Heinrich Schiebler (Hrsg.): Anatomie. Springer-Verlag, 9. Aufl., 2005, ISBN 3-540-21966-8
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4173794-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
| Darstellung des peripheren Nervensystems von Andreas Vesalius (1543) Das periphere Nervensystem (PNS) umfasst den Teil des Nervensystems, der außerhalb des Gehirns und Rückenmarks gelegen ist. Letztere bilden das zentrale Nervensystem (ZNS). Im Gegensatz zu diesem ist das PNS nicht durch Knochen oder die Blut-Hirn-Schranke geschützt. Sowohl das ZNS als auch das PNS sind weiter unterteilt in das somatische Nervensystem und das autonome Nervensystem. Eine starre Abgrenzung des PNS vom ZNS ist aus funktioneller Sicht allerdings nicht sinnvoll. Nervenzellen (Neuronen) bestehen stets aus einem um den Zellkern gelagerten Zellkörper (Soma) sowie dessen Fortsätzen (Dendriten und Axone). Die motorischen (für die Bewegung zuständigen) und die präganglionären vegetativen (für die Funktion der inneren Organe zuständigen) Neuronen haben alle ihr Soma im ZNS. Die sensiblen (für Empfindungen zuständigen) Neuronen dagegen haben ihr Soma zwar fast ausnahmslos in Nervenknoten (Ganglien) im PNS selbst, ihre Fortsätze aber münden fast ebenso sämtlich in das ZNS, wo die eigentliche Informationsverarbeitung stattfindet und bewusste oder unbewusste (Reflexe) Reaktionen ausgelöst werden. Das PNS existiert demnach nicht als selbständiges System, sondern als lediglich rein topographisch abgegrenzte Abteilung. Eine Ausnahme hiervon macht allein das intramurale Nervensystem (Nerven in der Wand von inneren Organen), bei dem die Informationsverarbeitung zum Teil unabhängig vom ZNS erfolgt. Zum peripheren Nervensystem gehören: Hirnnerven Spinalnerven (Nerven aus dem Rückenmark) enterisches Nervensystem (abdominal brain) einschließlich ihrer Rezeptoren und Erfolgsorgane (wie z. B. motorische Endplatten und Ganglien). Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Organsysteme Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille: Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag, Stuttgart, 2. erw. Aufl. 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1 Theodor Heinrich Schiebler (Hrsg.): Anatomie. Springer-Verlag, 9. Aufl., 2005, ISBN 3-540-21966-8 Normdaten (Sachbegriff): GND: 4173794-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
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Klassifikation nach ICD-10
A02.0
Salmonellenenteritis
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Eine Salmonellose oder auch Salmonellenenteritis ist eine von Salmonellen (Bakterien) verursachte infektiöse Gastroenteritis, die aufgrund mangelnder Hygienemaßnahmen durch den Genuss verseuchten Trinkwassers bzw. den Verzehr infektiöser Lebensmittel hervorgerufen wird und daher auch als Lebensmittelinfektion bezeichnet werden kann.
Es sind an die 2600 verschiedene Salmonella-Serotypen bekannt. Im April 2004 wurde die Unterart Salmonella choleraesuis entdeckt, die gegen die meisten bisher verfügbaren Antibiotika resistent ist. Eine Infektion mit diesem sehr virulenten Erreger kann tödlich verlaufen.
Die wesentlichen durch Salmonellen verursachten Erkrankungen beim Menschen sind:
Brech-Durchfall durch Salmonella Enteritidis, Salmonella Typhimurium, u. a. als Salmonellose im engeren Sinn oder Salmonellenenteritis
Typhus durch Salmonella Typhi
Paratyphus durch Salmonella Paratyphi
Da sich Typhus und Paratyphus als systemische Erkrankungen mit Darmbeteiligung im Krankheitsbild von der gewöhnlichen Salmonellose deutlich unterscheiden, werden diese in ihren jeweils eigenen Artikeln behandelt.
Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Gegensatz zu S. Typhi und S. Paratyphi, deren einziger bislang bekannter Wirt der Mensch ist, sind bei den übrigen Salmonellen-Serotypen auch Tiere – Geflügel, Schweine, Rinder, Reptilien u. a. – Träger der Erreger. Diese sind in tierischen Produkten (Fleisch, Milch, Eier, Muscheln etc.) zu finden. Darüber hinaus können Salmonellen auch bei der Schlachtung und Verarbeitung durch mangelhafte Hygiene und durch Salmonellenausscheider im Personal auf Lebensmittel übertragen werden. Verunreinigtes Trinkwasser ist demgegenüber in Ländern mit ungenügenden hygienischen Standards eine weitere mögliche Infektionsquelle. Die notwendige Infektionsdosis für einen ansonsten gesunden erwachsenen Menschen liegt bei 10.000 bis 1.000.000 Keimen. Bei Abwehrschwäche bzw. Säuglingen, Kleinkindern und alten Menschen wurden auch Erkrankungen bereits bei Infektionsdosen unter 100 Keimen beobachtet.
In den USA hat sich die Erkrankungsrate in den letzten 25 Jahren verdoppelt. Insgesamt wird vor allem eine Zunahme der Infektionen durch kontaminierte Hühnereier beobachtet. Ursache ist, dass S. Enteritidis bei Hühnern Infektionen der Eileiter und Eierstöcken verursacht, so dass die Eier die Erreger schon enthalten, bevor sich eine Schale bildet. Die Keime können aber vor allem bei hoher Luftfeuchtigkeit und hoher Umgebungstemperatur besonders dünne oder beschädigte Eischalen auch durchwandern.
In der Schweiz ist die Anzahl der an das Bundesamt für Gesundheit gemeldeten Fälle seit 1999 rückläufig.
In Deutschland wurden im Jahr 2019 13.636 Nachweise[1] an das Robert Koch-Institut gemeldet nach 16.222 Fällen für 2014 und noch circa 55.000 Fällen in 2005, 57.000 in 2004 und etwa 63.000 in 2003, womit sich der seit 1992 rückläufige Trend fortsetzte. 2014 wurden 17 bestätigte Todesfälle im Zusammenhang mit einer solchen Infektion gemeldet, im Jahr 2005 waren es noch 46 Todesfälle (2004: 51). Wenn man bedenkt, dass das Statistische Bundesamt (Fachserie 12 Reihe 4) für ICD-10 A00 – A09 „Infektiöse Darmkrankheiten“ für 2004 942 Todesfälle angibt, erscheint das einigermaßen wenig, denn die Enteritis infectiosa wird überwiegend von Salmonellen ausgelöst. Das Nationale Referenzzentrum für Krankenhaushygiene (NRZ) schätzt, dass etwa 10 % der tatsächlich vorkommenden Erkrankungsfälle gemeldet wurden. Die Serovare Enteritidis und Typhimurium sind die am häufigsten nachgewiesenen Erreger.
Erkrankung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Symptome einer Salmonelleninfektion im engeren Sinn sind Erbrechen und Durchfall. Diese können wenige Stunden bis drei (maximal sieben) Tage nach dem Verzehr des befallenen Lebensmittels auftauchen. Die mittlere Inkubationszeit beträgt 20–24 Stunden. Die Erkrankungsdauer beträgt in der Regel nur wenige Stunden oder Tage; in diesen unkomplizierten Fällen erfolgt keine antibiotische Behandlung – u. a. um die weitere Entwicklung multiresistenter Stämme zu verhindern. Doch kann die Erkrankung in Ausnahmefällen auch mehrere Monate dauern. Nach dem Abklingen der Krankheitssymptome ist weiterhin eine Ausscheidung von Salmonellenbakterien möglich, die oft mehrere Wochen andauert. Eine Bakterienausscheidung kann ohne Anzeichen einer Erkrankung auftreten.
Bei bis zu 5 % der Infizierten verläuft die Erkrankung zusätzlich systemisch mit einem schweren Erkrankungsbild: Fieber zwischen 38 und 39 °C, massive Flüssigkeitsverluste und rasche Gewichtsabnahme, so dass die Notwendigkeit einer Krankenhauseinweisung besteht. Gefährdet sind hier vor allem Kinder, ältere und immungeschwächte Personen.
Als problematisch ist zu betrachten, dass man durch bestimmte Salmonellenstämme zum Dauerausscheider werden kann.
Nachweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Regel wird die Erkrankung durch Anzucht des Erregers aus Stuhl nachgewiesen.
Differenzierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Aus Stuhl isolierte Keime können auf folgenden Selektivnährmedien gegenüber anderen Enterobakterien abgegrenzt werden:
Önöz-Agar
Xylose-Lysin-Desoxycholat-Agar
Hectoen-Agar
Die Identifizierung des Subtyps erfolgt über die Grubersche Antigenanalyse, nachdem die isolierten Keime zunächst mit einer omnivalenten Antikörper-Suspension (Typhus-Paratyphus-Enteritidis-Serum, kurz: TPE-Serum) vorgetestet wurden, folgen gruppenspezifische Antikörper-Suspensionen und zuletzt monospezifische Antikörper. Schrittweise lässt sich so der Erreger in das Kauffmann-White-Schema einordnen, was für epidemiologische Aspekte sinnvoll ist.
Als Parameter für die Einteilung werden die O-Antigene (somatische Antigene), die spezifisch für jeden Subtyp sind, herangezogen.
Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Salmonellen vermehren sich bei Temperaturen von 10 bis etwa 50 °C. Die Lagerung von rohen Lebensmitteln im Kühlschrank (bei ca. 7 °C) verhindert ein weiteres Ausbreiten der Erreger. Salmonellen werden nur sicher abgetötet, wenn im Inneren des Lebensmittels für mindestens 10 Minuten Temperaturen von über 70 °C erreicht werden. Bei Tiefkühllagerung vermehren sich Salmonellen zwar nicht, überleben jedoch. Deshalb muss bei Lebensmitteln wie Geflügel die Auftauflüssigkeit weggeschüttet werden. Die weit verbreitete Vorgehensweise, tiefgekühlte Lebensmittel durch Einlegen in warmes Wasser schneller aufzutauen, ist besonders nachteilig, da das warme Wasser eine rasche Vermehrung der Salmonellen begünstigt.
Oft erfolgt auch eine unbewusste Rekontamination mit Salmonellen, indem beispielsweise Geflügel zwar richtig gebraten wird, dann aber wieder auf das zuvor kontaminierte Schneidbrett gelegt und mit vorher verwendetem Besteck portioniert wird (Kreuzkontamination). Auch die Hände müssen unmittelbar nach dem Kontakt mit rohem Geflügelfleisch gewaschen werden.
Industriell gefertigte Eiprodukte müssen pasteurisiert werden.
Nach dem Recht der EU haben Lebensmittelunternehmer auf allen Stufen der Herstellung, der Verarbeitung und des Vertriebs von Lebensmitteln durch auf den HACCP-Grundsätzen beruhende Verfahren und durch Beachtung der Regeln der guten Hygienepraxis die Einhaltung mikrobiologischer Lebensmittelsicherheitskriterien insbesondere bei Salmonellen zu gewährleisten:[2] So haben sie planmäßig Proben aus den Verarbeitungsbereichen und Ausrüstungsgegenständen zu nehmen und auf diesen Erreger untersuchen zu lassen. Sie haben abzusichern, dass in bestimmten sensiblen Erzeugnissen wie Hackfleisch, Rohmilcherzeugnissen oder verzehrfertigen Lebensmitteln mit rohem Ei während der versprochenen Haltbarkeitsdauer keine Salmonellen nachweisbar sind. Ansonsten gilt ein Lebensmittel als unsicher und nicht verkehrsfähig, so dass das Herstellen oder Inverkehrbringen verboten und die gesamte Partie dieses Lebensmittels vom Markt zu nehmen ist und veräußerte Erzeugnisse zurückzurufen sind.[3] Wer solche kontaminierten Lebensmittel dennoch herstellt oder in Verkehr bringt, macht sich in Deutschland auch bei Fahrlässigkeit strafbar.[4]
In Deutschland müssen zur Ermöglichung einer Überwachung und einer Reaktion auf drohende größere Ausbrüche oder Hygienemängel alle direkten oder indirekten Nachweise, die auf eine akute Infektion hinweisen, den Gesundheitsbehörden namentlich gemeldet werden.[5] Unterbleibt das, kann das gravierende Folgen haben, wenn eine Person betroffen ist, die im Lebensmittelbereich tätig ist, oder ein epidemischer Zusammenhang vermutet werden kann. Zudem ist der Verdacht auf und die Erkrankung an einer akuten infektiösen Gastroenteritis namentlich meldepflichtig, wenn die betroffene Person Umgang mit Lebensmitteln hat oder in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung beschäftigt ist oder wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.[6] Es wird geschätzt, dass maximal 10 % der Erkrankungen gemeldet werden, u. a. weil viele Betroffene beim Auftreten von Symptomen diese nicht als Salmonellose erkennen und keinen Arzt aufsuchen.
Salmonellosen bei Tieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Salmonellose der Rinder
Salmonellose der Schweine
Während die Salmonellose der Rinder in Deutschland der Anzeigepflicht unterliegt,[7] besteht für Salmonellenerkrankungen anderer Tierarten eine Meldepflicht.[8]
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Salmonellose – Informationen des Robert Koch-Instituts
Informationen. Schweizerisches Bundesamt für Gesundheit
Salmonellosen bei Tieren (Memento vom 9. Februar 2006 im Internet Archive)
Bilderserie: Salmonellose beim Schwein
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ 3/2020 (PDF; 2,5 MB) Epidemiologisches Bulletin (RKI), 16. Januar 2020, S. 16
↑ dazu und zu folgendem: Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 der Kommission vom 15. November 2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel in der konsolidierten Fassung vom 28. Februar 2019, in ihrem Anhang 1 ab Ziff.1.4 zu Salmonella
↑ Art. 7 Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 „Unbefriedigende Ergebnisse“
↑ § 58 Abs. 2 und § 5 Abs. 1 LFGB in Verbindung mit Art. 14 Verordnung (EG) Nr. 178/2002
↑ § 7 Abs. 1 Ziff. 42 bis 44 Infektionsschutzgesetz, bei s. typhi und s. paratyphi jedoch nur bei direktem Nachweis
↑ § 6 Abs. 1 Ziff. 2 Infektionsschutzgesetz
↑ Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juli 2011 (BGBl. I S. 1404), geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 3. Mai 2016 (BGBl. I S. 1057), zuletzt durch Artikel 4 der Verordnung vom 31. März 2020 (BGBl. I S. 752) geändert.
↑ Anlage zu § 1 der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten (TKrMeldpflV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 2011 (BGBl. I S. 252), geändert durch Artikel 381 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), geändert durch Artikel 5 der Verordnung vom 31. März 2020 (BGBl. I S. 752), zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Juli 2020 (BGBl. I S. 1604) geändert.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
| Klassifikation nach ICD-10 A02.0 Salmonellenenteritis {{{02-BEZEICHNUNG}}} {{{03-BEZEICHNUNG}}} {{{04-BEZEICHNUNG}}} {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Eine Salmonellose oder auch Salmonellenenteritis ist eine von Salmonellen (Bakterien) verursachte infektiöse Gastroenteritis, die aufgrund mangelnder Hygienemaßnahmen durch den Genuss verseuchten Trinkwassers bzw. den Verzehr infektiöser Lebensmittel hervorgerufen wird und daher auch als Lebensmittelinfektion bezeichnet werden kann. Es sind an die 2600 verschiedene Salmonella-Serotypen bekannt. Im April 2004 wurde die Unterart Salmonella choleraesuis entdeckt, die gegen die meisten bisher verfügbaren Antibiotika resistent ist. Eine Infektion mit diesem sehr virulenten Erreger kann tödlich verlaufen. Die wesentlichen durch Salmonellen verursachten Erkrankungen beim Menschen sind: Brech-Durchfall durch Salmonella Enteritidis, Salmonella Typhimurium, u. a. als Salmonellose im engeren Sinn oder Salmonellenenteritis Typhus durch Salmonella Typhi Paratyphus durch Salmonella Paratyphi Da sich Typhus und Paratyphus als systemische Erkrankungen mit Darmbeteiligung im Krankheitsbild von der gewöhnlichen Salmonellose deutlich unterscheiden, werden diese in ihren jeweils eigenen Artikeln behandelt. Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im Gegensatz zu S. Typhi und S. Paratyphi, deren einziger bislang bekannter Wirt der Mensch ist, sind bei den übrigen Salmonellen-Serotypen auch Tiere Geflügel, Schweine, Rinder, Reptilien u. a. Träger der Erreger. Diese sind in tierischen Produkten (Fleisch, Milch, Eier, Muscheln etc.) zu finden. Darüber hinaus können Salmonellen auch bei der Schlachtung und Verarbeitung durch mangelhafte Hygiene und durch Salmonellenausscheider im Personal auf Lebensmittel übertragen werden. Verunreinigtes Trinkwasser ist demgegenüber in Ländern mit ungenügenden hygienischen Standards eine weitere mögliche Infektionsquelle. Die notwendige Infektionsdosis für einen ansonsten gesunden erwachsenen Menschen liegt bei 10.000 bis 1.000.000 Keimen. Bei Abwehrschwäche bzw. Säuglingen, Kleinkindern und alten Menschen wurden auch Erkrankungen bereits bei Infektionsdosen unter 100 Keimen beobachtet. In den USA hat sich die Erkrankungsrate in den letzten 25 Jahren verdoppelt. Insgesamt wird vor allem eine Zunahme der Infektionen durch kontaminierte Hühnereier beobachtet. Ursache ist, dass S. Enteritidis bei Hühnern Infektionen der Eileiter und Eierstöcken verursacht, so dass die Eier die Erreger schon enthalten, bevor sich eine Schale bildet. Die Keime können aber vor allem bei hoher Luftfeuchtigkeit und hoher Umgebungstemperatur besonders dünne oder beschädigte Eischalen auch durchwandern. In der Schweiz ist die Anzahl der an das Bundesamt für Gesundheit gemeldeten Fälle seit 1999 rückläufig. In Deutschland wurden im Jahr 2019 13.636 Nachweise[1] an das Robert Koch-Institut gemeldet nach 16.222 Fällen für 2014 und noch circa 55.000 Fällen in 2005, 57.000 in 2004 und etwa 63.000 in 2003, womit sich der seit 1992 rückläufige Trend fortsetzte. 2014 wurden 17 bestätigte Todesfälle im Zusammenhang mit einer solchen Infektion gemeldet, im Jahr 2005 waren es noch 46 Todesfälle (2004: 51). Wenn man bedenkt, dass das Statistische Bundesamt (Fachserie 12 Reihe 4) für ICD-10 A00 A09 Infektiöse Darmkrankheiten für 2004 942 Todesfälle angibt, erscheint das einigermaßen wenig, denn die Enteritis infectiosa wird überwiegend von Salmonellen ausgelöst. Das Nationale Referenzzentrum für Krankenhaushygiene (NRZ) schätzt, dass etwa 10 % der tatsächlich vorkommenden Erkrankungsfälle gemeldet wurden. Die Serovare Enteritidis und Typhimurium sind die am häufigsten nachgewiesenen Erreger. Erkrankung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Symptome einer Salmonelleninfektion im engeren Sinn sind Erbrechen und Durchfall. Diese können wenige Stunden bis drei (maximal sieben) Tage nach dem Verzehr des befallenen Lebensmittels auftauchen. Die mittlere Inkubationszeit beträgt 20 24 Stunden. Die Erkrankungsdauer beträgt in der Regel nur wenige Stunden oder Tage; in diesen unkomplizierten Fällen erfolgt keine antibiotische Behandlung u. a. um die weitere Entwicklung multiresistenter Stämme zu verhindern. Doch kann die Erkrankung in Ausnahmefällen auch mehrere Monate dauern. Nach dem Abklingen der Krankheitssymptome ist weiterhin eine Ausscheidung von Salmonellenbakterien möglich, die oft mehrere Wochen andauert. Eine Bakterienausscheidung kann ohne Anzeichen einer Erkrankung auftreten. Bei bis zu 5 % der Infizierten verläuft die Erkrankung zusätzlich systemisch mit einem schweren Erkrankungsbild: Fieber zwischen 38 und 39 C, massive Flüssigkeitsverluste und rasche Gewichtsabnahme, so dass die Notwendigkeit einer Krankenhauseinweisung besteht. Gefährdet sind hier vor allem Kinder, ältere und immungeschwächte Personen. Als problematisch ist zu betrachten, dass man durch bestimmte Salmonellenstämme zum Dauerausscheider werden kann. Nachweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In der Regel wird die Erkrankung durch Anzucht des Erregers aus Stuhl nachgewiesen. Differenzierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Aus Stuhl isolierte Keime können auf folgenden Selektivnährmedien gegenüber anderen Enterobakterien abgegrenzt werden: Önöz-Agar Xylose-Lysin-Desoxycholat-Agar Hectoen-Agar Die Identifizierung des Subtyps erfolgt über die Grubersche Antigenanalyse, nachdem die isolierten Keime zunächst mit einer omnivalenten Antikörper-Suspension (Typhus-Paratyphus-Enteritidis-Serum, kurz: TPE-Serum) vorgetestet wurden, folgen gruppenspezifische Antikörper-Suspensionen und zuletzt monospezifische Antikörper. Schrittweise lässt sich so der Erreger in das Kauffmann-White-Schema einordnen, was für epidemiologische Aspekte sinnvoll ist. Als Parameter für die Einteilung werden die O-Antigene (somatische Antigene), die spezifisch für jeden Subtyp sind, herangezogen. Vorbeugung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Salmonellen vermehren sich bei Temperaturen von 10 bis etwa 50 C. Die Lagerung von rohen Lebensmitteln im Kühlschrank (bei ca. 7 C) verhindert ein weiteres Ausbreiten der Erreger. Salmonellen werden nur sicher abgetötet, wenn im Inneren des Lebensmittels für mindestens 10 Minuten Temperaturen von über 70 C erreicht werden. Bei Tiefkühllagerung vermehren sich Salmonellen zwar nicht, überleben jedoch. Deshalb muss bei Lebensmitteln wie Geflügel die Auftauflüssigkeit weggeschüttet werden. Die weit verbreitete Vorgehensweise, tiefgekühlte Lebensmittel durch Einlegen in warmes Wasser schneller aufzutauen, ist besonders nachteilig, da das warme Wasser eine rasche Vermehrung der Salmonellen begünstigt. Oft erfolgt auch eine unbewusste Rekontamination mit Salmonellen, indem beispielsweise Geflügel zwar richtig gebraten wird, dann aber wieder auf das zuvor kontaminierte Schneidbrett gelegt und mit vorher verwendetem Besteck portioniert wird (Kreuzkontamination). Auch die Hände müssen unmittelbar nach dem Kontakt mit rohem Geflügelfleisch gewaschen werden. Industriell gefertigte Eiprodukte müssen pasteurisiert werden. Nach dem Recht der EU haben Lebensmittelunternehmer auf allen Stufen der Herstellung, der Verarbeitung und des Vertriebs von Lebensmitteln durch auf den HACCP-Grundsätzen beruhende Verfahren und durch Beachtung der Regeln der guten Hygienepraxis die Einhaltung mikrobiologischer Lebensmittelsicherheitskriterien insbesondere bei Salmonellen zu gewährleisten:[2] So haben sie planmäßig Proben aus den Verarbeitungsbereichen und Ausrüstungsgegenständen zu nehmen und auf diesen Erreger untersuchen zu lassen. Sie haben abzusichern, dass in bestimmten sensiblen Erzeugnissen wie Hackfleisch, Rohmilcherzeugnissen oder verzehrfertigen Lebensmitteln mit rohem Ei während der versprochenen Haltbarkeitsdauer keine Salmonellen nachweisbar sind. Ansonsten gilt ein Lebensmittel als unsicher und nicht verkehrsfähig, so dass das Herstellen oder Inverkehrbringen verboten und die gesamte Partie dieses Lebensmittels vom Markt zu nehmen ist und veräußerte Erzeugnisse zurückzurufen sind.[3] Wer solche kontaminierten Lebensmittel dennoch herstellt oder in Verkehr bringt, macht sich in Deutschland auch bei Fahrlässigkeit strafbar.[4] In Deutschland müssen zur Ermöglichung einer Überwachung und einer Reaktion auf drohende größere Ausbrüche oder Hygienemängel alle direkten oder indirekten Nachweise, die auf eine akute Infektion hinweisen, den Gesundheitsbehörden namentlich gemeldet werden.[5] Unterbleibt das, kann das gravierende Folgen haben, wenn eine Person betroffen ist, die im Lebensmittelbereich tätig ist, oder ein epidemischer Zusammenhang vermutet werden kann. Zudem ist der Verdacht auf und die Erkrankung an einer akuten infektiösen Gastroenteritis namentlich meldepflichtig, wenn die betroffene Person Umgang mit Lebensmitteln hat oder in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung beschäftigt ist oder wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.[6] Es wird geschätzt, dass maximal 10 % der Erkrankungen gemeldet werden, u. a. weil viele Betroffene beim Auftreten von Symptomen diese nicht als Salmonellose erkennen und keinen Arzt aufsuchen. Salmonellosen bei Tieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Salmonellose der Rinder Salmonellose der Schweine Während die Salmonellose der Rinder in Deutschland der Anzeigepflicht unterliegt,[7] besteht für Salmonellenerkrankungen anderer Tierarten eine Meldepflicht.[8] Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Salmonellose Informationen des Robert Koch-Instituts Informationen. Schweizerisches Bundesamt für Gesundheit Salmonellosen bei Tieren (Memento vom 9. Februar 2006 im Internet Archive) Bilderserie: Salmonellose beim Schwein Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] 3/2020 (PDF; 2,5 MB) Epidemiologisches Bulletin (RKI), 16. Januar 2020, S. 16 dazu und zu folgendem: Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 der Kommission vom 15. November 2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel in der konsolidierten Fassung vom 28. Februar 2019, in ihrem Anhang 1 ab Ziff.1.4 zu Salmonella Art. 7 Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 Unbefriedigende Ergebnisse 58 Abs. 2 und 5 Abs. 1 LFGB in Verbindung mit Art. 14 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 7 Abs. 1 Ziff. 42 bis 44 Infektionsschutzgesetz, bei s. typhi und s. paratyphi jedoch nur bei direktem Nachweis 6 Abs. 1 Ziff. 2 Infektionsschutzgesetz Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juli 2011 (BGBl. I S. 1404), geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 3. Mai 2016 (BGBl. I S. 1057), zuletzt durch Artikel 4 der Verordnung vom 31. März 2020 (BGBl. I S. 752) geändert. Anlage zu 1 der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten (TKrMeldpflV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 2011 (BGBl. I S. 252), geändert durch Artikel 381 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), geändert durch Artikel 5 der Verordnung vom 31. März 2020 (BGBl. I S. 752), zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Juli 2020 (BGBl. I S. 1604) geändert. Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! |
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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Scharlach (Begriffsklärung) aufgeführt.
Klassifikation nach ICD-10
A38
Scharlach
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Himbeerzunge[1] (auch Erdbeerzunge) mit weißem Belag
Der Scharlach oder (lateinisch) Scarlatina (englisch scarlet fever) ist eine plötzlich auftretende (akute) Kinderkrankheit mit einem Hautausschlag, die vor allem im Alter von vier bis sieben Jahren auftritt. Dabei handelt es sich um eine bakterielle Infektionskrankheit durch β-hämolysierende Streptokokken. Die Krankheit beginnt nach einer Inkubationszeit von ein bis drei Tagen typischerweise mit Fieber, Schüttelfrost, Erbrechen und einer Rachenentzündung (Pharyngitis), kann aber auch von Bauch- oder Kopfschmerzen begleitet sein. Nach ein bis vier Tagen zeigt sich der charakteristische Ausschlag mit dicht beieinander stehenden, stecknadelkopfgroßen, intensiv rot gefärbten, leicht erhabenen Flecken.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der vermutlich bereits im Altertum existierende und im 9. Jahrhundert nach Europa eingeschleppte Scharlach war vor Einführung der Antibiotika als Infektionskrankheit hoch gefährlich. Die ersten morphologischen Beschreibungen sind 1556 von Giovanni Filipo Ingrassia von Palermo (als Rossania) und 1578 von Jean Coyttard (Purpurfieber) belegt. Die Abgrenzung der harmlosen Form des Scharlach (febris scarlatina „Scharlachfieber“[2]) erfolgte 1676 durch den Engländer Thomas Sydenham.[3][4][5][6] Der in Breslau geborene Mediziner und Wittenberger Professor Daniel Sennert wurde neben seinen innovativen Methoden auch durch seine die Diagnose ermöglichenden Beschreibung des Scharlachs bekannt.[7] Eine weitgehende Aufklärung der lange Zeit umstrittenen Ätiologie erfolgte 1924 durch das amerikanische Forscherehepaar Gladys und George Dick, nach dem der Dick-Test (positiv bei Hautrötung nach intrakutaner Toxinineinspritzung) benannt ist.[8][9] Um 1902 erfolgten erste Versuche der Serumbehandlung des Scharlachs durch den österreichischen Kinderarzt Paul Moser.[10]
Besonders in den Schwellenländern Osteuropas ist der Scharlach wieder regelmäßig epidemisch im Vormarsch.
Am 3. April 2009 wurde auch für England eine Scharlach-Epidemie gemeldet. Die Häufigkeit der Erkrankung übersteigt die Zahlen der letzten 20 Jahre. Für die hochgefährlichen Scharlacherkrankungen (Scarlatina maligna) wurde eine hohe Sterblichkeit gemeldet und eine nationale Notfall-Warnung ausgesprochen.[11]
Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Streptococcus pyogenes (Pappenheim-Färbung)
Scharlach wird durch Bakterien, und zwar Streptokokken der Lancefield-Gruppe A ausgelöst, vor allem von Streptococcus pyogenes. Die Ansteckung erfolgt meistens durch Tröpfcheninfektion oder Kontaktinfektion über Mund und Rachen. Auch über offene Wunden kann der Erreger übertragen werden (Wundscharlach). Viele Gesunde tragen unbemerkt den Keim in sich und sind die primäre Infektionsquelle.
Es gibt drei verschiedene Toxine: speA (oder SPE-A), speB (SPE-B) und speC (SPE-C).
Die Bakterien müssen einen Bakteriophagen (d. h. ein Bakterienvirus) besitzen, der die Produktion eines Scharlach-Toxins bewirkt; bekannt sind die – mit Stand September 2020 noch nicht vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) bestätigten – Kandidaten „Streptococcus-Phage T12“ (Akronym: T12, Familie: Drexlerviridae, Morphotyp: Siphoviren)[12][13] für speA, und „Bakteriophage CS112“ (ΦCS112) für speC.[14][15] Die betreffenden (Phagen-)Gene sind (in Kursivschrift): speA, speB respektive speC.[16]
Durch die Infektion mit Eiter erzeugenden (pyogenen) Streptokokken, die Fieber hervorrufende (pyrogene) Exotoxine bilden, kommt es zu einer eitrigen Mandelentzündung, die mit einem Antibiotikum behandelt werden kann. Der für Scharlach typische Ausschlag tritt auf, wenn das Toxin in die Haut gelangt.[17] In der Folge besteht eine Immunität gegen das jeweilige Toxin. Wegen der drei verschiedenen Toxine (SPE-A, -B und -C) können Menschen im Lauf des Lebens mehrfach an Scharlach erkranken. Mehrfachinfektionen können ebenfalls durch die nicht lebenslange Immunität bedingt sein.[18] Aufgrund wiederkehrender natürlicher Auffrischungen („Boostering“) durch die hohe Verbreitung der Erreger hält die Immunität jedoch lange an.[19]
In jedem Fall verhindert Immunität gegen die Scharlachtoxine nicht die zugrunde liegende Infektion mit den eigentlichen A-Streptokokken, von denen mehr als 80 Serotypen existieren.[20]
Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Periorale Blässe
Schuppung der Haut an den Fingerkuppen
Die Krankheit beginnt nach einer Inkubationszeit von ein bis drei Tagen (selten länger) typischerweise mit Fieber (Scharlachfieber), Schüttelfrost, Erbrechen und einer Rachenentzündung (Pharyngitis), kann aber auch von Bauch- oder Kopfschmerzen begleitet sein. Der Rachen ist dabei typischerweise tief rot, und die Gaumenmandeln sind geschwollen (Scharlach-Angina), im weiteren Verlauf treten fleckige weißliche Beläge auf. Es kommt zu Schluckschmerzen und Schwellung submandibulärer Lymphknoten. Die Zunge ist zunächst weiß belegt, später lösen sich die Beläge, und die Zunge erscheint glänzend rot mit hervorstehenden Geschmacksknospen. Dies wird als Himbeerzunge[1] oder Erdbeerzunge bezeichnet. Dieses Symptom kann mit der Himbeerzunge beim Kawasaki-Syndrom verwechselt werden und dieses muss deshalb in Erwägung gezogen werden.
Nach einem bis vier Tagen zeigt sich der charakteristische Ausschlag mit dicht beieinanderstehenden, stecknadelkopfgroßen, intensiv rot gefärbten, leicht erhabenen Flecken. Bevorzugte Stellen sind die Achseln und die Leisten, es kann aber auch der ganze Körper befallen sein, allerdings bleibt das Mund-Kinn-Dreieck frei. Diese periorale Blässe wird mitunter umgangssprachlich auch als Milchbart[21] bezeichnet. Etwa 14 Tage nach Beginn kann es zu einer ebenfalls charakteristischen Abschuppung der Haut an den Finger- oder Zehenkuppen oder auch an den gesamten Handflächen und Fußsohlen kommen. Dadurch lässt sich manchmal die Scharlachdiagnose auch noch im Nachhinein stellen.
Das Auftreten eines solchen scarlatiniformen Exanthems beweist noch nicht, dass der Betroffene an Scharlach erkrankt ist. Auch viele andere Erkrankungen, allen voran diverse Viruserkrankungen, sowie allergische Reaktionen auf Medikamente oder andere Substanzen können einen solchen Ausschlag zur Folge haben.
Der Verlauf dieser Krankheit kann sowohl schwer, also mit starken Schmerzen, hohem Fieber und deutlichen Ausschlägen, als auch leicht ausfallen, wobei lediglich leichte Halsschmerzen und wenige Auffälligkeiten auftreten. Scharlach kann auch ohne Fieber, rote Zunge und Ausschlag auftreten, sodass er nicht immer als Scharlach erkannt wird. Immer ist jedoch eine mehr oder weniger ausgeprägte Mandelentzündung oder – falls die Mandeln schon entfernt wurden – eine Rachenentzündung vorhanden.
Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Scharlach spricht gut auf eine orale Behandlung mit Penicillin V an. Wegen des erhöhten Risikos von Komplikationen und Spätfolgen bei unbehandelten oder zu früh abgebrochenem Verlauf sollte diese Therapie auch konsequent bis zehn Tage lang durchgeführt werden. Liegt eine Penicillin-Allergie vor, kann auf ein Makrolidantibiotikum wie Erythromycin oder Clarithromycin ausgewichen werden. Laut RKI ist ein auf 5 Tage verkürztes Regime mit oralen Cephalosporinen für Kinder gleichwertig.[22]
Daneben gehören zur Behandlung symptomatische Maßnahmen wie Fiebersenkung, Linderung der Schluckbeschwerden durch Gurgeln oder lokal schmerzlindernde Lutschtabletten.
Prävention[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Als Prävention wird zur Kontaktvermeidung zu Erkrankten während der potentiellen Ansteckungszeit geraten, bei unvermeidbaren Kontakten zu regelmäßigem Händewaschen mit Seife zur Vermeidung einer Schmierinfektion. Eine präventive Behandlung von Kontaktpersonen mit Antibiotika wird nur für an einer Abwehrschwäche oder unter schweren Grundkrankheiten leidenden und somit besonders gefährdeten Menschen empfohlen.[23]
Erkrankte Personen sollten während der ansteckenden Phase den Kontakt mit anderen Personen möglichst einschränken und sich insbesondere beim Husten und Niesen von diesen abwenden. Besonders empfohlen wird, nicht in die Handfläche, sondern in ein Papiertaschentuch o. ä. zu niesen oder zu husten und dieses im Anschluss unmittelbar in einen Abfallbehälter mit Deckel zu entsorgen.[24]
Eine Schutzimpfung gegen Scharlach existiert derzeit nicht.[25] Ein ehemaliges Produkt namens Diphtherie-Scharlach-Impfstoff Behring bestand aus einer Mischung zu gleichen Teilen von Diphtherie-Impfstoff Al. F. T. und Scharlach-Adsorbat-Impfstoff.[26] Dieser seit 1949[27] produzierte Dreifachimpfstoff verlor aber durch die Einführung von Antibiotika an Bedeutung und wird seit Mitte der 1960er Jahre nicht mehr verimpft.[28]
Ansteckung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Scharlach ist ansteckend, sobald und solange ein Patient den entsprechenden Erreger in sich trägt, mindestens jedoch bereits zwei bis vier Tage, bevor die ersten Symptome auftreten. Die Ansteckungsgefahr hält mindestens bis zum Abklingen der Symptome an. In der Regel dauert dies bis zu zwei Wochen nach Beginn der Beschwerden. Bei einer Antibiotikabehandlung geht man davon aus, dass nach 24 Stunden keine Ansteckungsgefahr mehr besteht. Etwa jeder Fünfte ist Keimträger, ohne selbst krank zu sein.[29] Gesunde Keimträger spielen jedoch als Krankheitsüberträger eine geringere Rolle.[30]
Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Als Komplikationen gefürchtet sind vor allem die sogenannten Streptokokken-Nacherkrankungen: die Poststreptokokken-Glomerulonephritis und das rheumatische Fieber mit rheumatischer Endokarditis. Dabei handelt es sich um immunologische Erkrankungen durch die Abwehrreaktion des Immunsystems gegen die Scharlach-Erreger, die etwa vier bis sechs Wochen nach Erkrankung auftreten können.
Ferner gibt es Hinweise darauf, dass die Streptokokken-Infektion zu neuropsychiatrischen Autoimmunerkrankungen führen kann (siehe PANDAS, Tourette-Syndrom, Chorea minor).
Des Weiteren kann das gefährliche Streptokokken-induzierte toxische Schocksyndrom auftreten, sollten die Erreger in die Blutbahn gelangen.
Rechtslage/Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In Deutschland dürfen sich gemäß § 34 des Infektionsschutzgesetzes an Scharlach und Streptococcus pyogenes Erkrankte sowie einer Infektion verdächtigte Personen nicht in Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. Schulen) aufhalten. Die Leitung der Gemeinschaftseinrichtung hat gegenüber dem Gesundheitsamt eine Meldepflicht bzw. Benachrichtigungspflicht.
Nach dem Recht Thüringens[31] besteht eine namentliche Meldepflicht bezüglich Erkrankung und Tod an Scharlach.
In Österreich unterliegen Erkrankungs- und Todesfälle an Scharlach der Anzeigepflicht gemäß § 1 Absatz 1 Ziffer 2 Epidemiegesetzes 1950.
In der Schweiz gibt es keine grundsätzliche Meldepflicht beim Auftreten von Erkrankungs- und Todesfällen an Scharlach. Für Scharlach gilt wie für andere nicht meldepflichtige Krankheiten, dass sie nur dann gemeldet werden müssen, wenn das erwartete Ausmaß für den betreffenden Zeitraum oder Ort überschritten wird.[32][33]
Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auch in die Dichtung fand die Krankheit Eingang: Um 1830 entstanden die Kindertodtenlieder des Dichters Friedrich Rückert, nachdem zwei seiner Kinder an Scharlach verstorben waren.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Exanthem#Vierte Krankheit: Filatows oder Dukes Krankheit (Rubeola scarlatinosa)
Historische Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Johann H. Behne: Der Scharlach. Medizinische Dissertation Würzburg 1825.
D. F. Erhard: Ueber die äußerliche Anwendung des kalten Wassers als Heilmittel im Scharlachfieber. Beck, Nördlingen 1824 (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)
William Charles Wells: Observations on the Dropsy, which succeeds Scarlet Fever (Read November 4, 1806). In: Transactions of a Society for the Improvement of Medical and Chirurgical Knowledge. Band 3, London 1812, S. 167–186.
Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier: S. 78–84.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Scharlach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Scharlach – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Scharlach – Informationen des Robert Koch-Instituts
Scharlach bei infektionsschutz.de, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Mike McRae: A Historical Epidemic Has Been Making a Scary Comeback Due to a Bacterial 'Clone', auf: sciencealert vom 7. Oktober 2020 (englisch)
Nadja Podbregar: Scharlach: Rückkehr durch „Superantigene“, auf scinexx.de vom 8. Oktober 2020
Bahman Sotoodian; William D James (Hrsg.): Scarlet Fever, auf eMedicine vom 21. Juni 2019 (englisch)
Supercharged Bacterial “Clones” Spark Scarlet Fever’s Global Re-emergence, auf SciTechDaily vom 6. Oktober 2020, Quelle: University of Queensland (englisch)
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ a b Pschyrembel – Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2014, S. 1897.
↑ Vgl. etwa Franz Heinrich Meinolphus Wilhelm: Historiam febris scarlatina anno 1766 Herbipoli epidemice grassantis programmatis loco recenset, […]. Nitribit, Würzburg 1768.
↑ Max Micoud: Die ansteckenden Krankheiten. Klinische Beobachtung. In: Illustrierte Geschichte der Medizin Band 4, S. 2196.
↑ Albrecht N. Rauch: Krankheitsnamen im Deutschen. Eine dialektologische und etymologische Untersuchung der Bezeichnungen für Diphtherie, Febris scarlatina, Morbilli, Parotitis epidemica und Varicellae. Stuttgart 1995 (= Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik. Beiheft 84).
↑ Paul Richter: Beiträge zur Geschichte des Scharlachs. In: Sudhoffs Archiv. Band 1, 1908, S. 161–204.
↑ Werner Köhler: Scharlach. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1289.
↑ Norbert Conrads: Anna Würster, die erste privilegierte Medizinerin Schlesiens (1657). In: Konrad Goehl, Johannes Gottfried Mayer (Hrsg.): Editionen und Studien zur lateinischen und deutschen Fachprosa des Mittelalters. Festgabe für Gundolf Keil zum 65. Geburtstag. Königshausen & Neumann, Würzburg 2000 (= Texte und Wissen. Band 3), ISBN 3-8260-1851-6, S. 1–15, hier: S. 2.
↑ Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier: S. 78.
↑ Green Art Lab Alliance: Scharlach.
↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 60.
↑ Group A streptococcal infections: third update on seasonal activity, 2008/09, The National Archives – UK Government Web Archive, Health Protection Report, News Archives Volume 3 No 13; 3. April 2009, Abruf 24. Juli 2017.
↑ NCBI: Bacteriophage T12 (species)
↑ Thomas B. Broudy, Vincent A. Fischetti: In Vivo Lysogenic Conversion of Tox− Streptococcus pyogenes to Tox+ with Lysogenic Streptococci or Free Phage. In: Infect Immun., Band 71, Nr. 7, Juli 2003, S. 3782 –3786; doi:10.1128/IAI.71.7.3782-3786.2003, PMC 161974 (freier Volltext), PMID 12819060.
↑ Stephen C. Goshorn, Patrick M. Schlievert: Bacteriophage association of streptococcal pyrogenic exotoxin type C. In: J Bacteriol. Band 171, Nr. 6, Juni 1989, S. 3068–3073. doi:10.1128/jb.171.6.3068-3073.1989, PMC 210016 (freier Volltext), PMID 2566595.
↑ SIB: Viral exotoxin. ViralZone
↑ Tlou Mmolawa: Molecular analysis of temperate prophages in Salmonella enterica serovar Typhimurioum DT 64 isolated in Australia (PDF; 21 MB) Doktorarbeit an der University of Adelaide, Januar 2001.
↑ Mims, Dockrell: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Elsevier, 2006.
↑ Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. DGPI Handbuch, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Pädiatr. Infektiologie. Georg Thieme Verlag, 2013; S. 97.
↑ Erreger. RKI Merkblatt, Robert Koch-Institut.
↑ Hahn, Kaufmann, Schulz, Suerbaum: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, 2009, S. 209.
↑ Ausbildung-Heilberufe – Scharlach: Prüfungsfragen, Abruf 23. Juli 2017.
↑ RKI-Ratgeber - Streptococcus pyogenes-Infektionen. Abgerufen am 29. April 2024.
↑ „Scharlach“ – Wie kann ich mich schützen? infektionsschutz.de, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); abgerufen am 23. Juli 2017.
↑ "Scharlach" – Was muss ich bei einer Erkrankung beachten? bei infektionsschutz.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Abruf 23. Juli 2017.
↑ Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen. RKI Merkblatt, Robert Koch-Institut.
↑ Rudolf Franck: Moderne Therapie in Innerer Medizin und Allgemeinpraxis - Ein Handbuch der Medikamentösen, Physikalischen und Diätetischen Behandlungsweisen der Letzten Jahre. Springer Verlag; abgerufen im 1. Januar 1
↑ Die Vierfach-Spritze. In: Der Spiegel. 16. September 1958, abgerufen am 15. Februar 2023.
↑ R. H. Regamey, H. Stickl: Die Scharlachschutzimpfung. In: A. Herrlich (Hrsg.): Handbuch der Schutzimpfungen. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 1965, ISBN 978-3-642-92898-7, S. 530–542, doi:10.1007/978-3-642-92897-0_18.
↑ Reservoir. RKI Merkblatt, Robert Koch-Institut.
↑ Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. Scharlach.
↑ Thüringer Verordnung über die Anpassung der Meldepflicht für Infektionskrankheiten (Thüringer Infektionskrankheitenmeldeverordnung - ThürIfKrMVO -) Vom 15. Februar 2003. Fundstelle: GVBl. 2003, 107. Abgerufen am 21. Oktober 2024 (Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Februar 2015 (GVBl. S. 3)).
↑ Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger 2024. (PDF; 1 MB) Bundesamt für Gesundheit BAG, Abteilung Übertragbare Krankheiten, 27. März 2024, S. 4, abgerufen am 21. Oktober 2024.
↑ Dies ergibt sich aus dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 bzw. Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4395395-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
| Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Scharlach (Begriffsklärung) aufgeführt. Klassifikation nach ICD-10 A38 Scharlach {{{02-BEZEICHNUNG}}} {{{03-BEZEICHNUNG}}} {{{04-BEZEICHNUNG}}} {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Himbeerzunge[1] (auch Erdbeerzunge) mit weißem Belag Der Scharlach oder (lateinisch) Scarlatina (englisch scarlet fever) ist eine plötzlich auftretende (akute) Kinderkrankheit mit einem Hautausschlag, die vor allem im Alter von vier bis sieben Jahren auftritt. Dabei handelt es sich um eine bakterielle Infektionskrankheit durch -hämolysierende Streptokokken. Die Krankheit beginnt nach einer Inkubationszeit von ein bis drei Tagen typischerweise mit Fieber, Schüttelfrost, Erbrechen und einer Rachenentzündung (Pharyngitis), kann aber auch von Bauch- oder Kopfschmerzen begleitet sein. Nach ein bis vier Tagen zeigt sich der charakteristische Ausschlag mit dicht beieinander stehenden, stecknadelkopfgroßen, intensiv rot gefärbten, leicht erhabenen Flecken. Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der vermutlich bereits im Altertum existierende und im 9. Jahrhundert nach Europa eingeschleppte Scharlach war vor Einführung der Antibiotika als Infektionskrankheit hoch gefährlich. Die ersten morphologischen Beschreibungen sind 1556 von Giovanni Filipo Ingrassia von Palermo (als Rossania) und 1578 von Jean Coyttard (Purpurfieber) belegt. Die Abgrenzung der harmlosen Form des Scharlach (febris scarlatina Scharlachfieber [2]) erfolgte 1676 durch den Engländer Thomas Sydenham.[3][4][5][6] Der in Breslau geborene Mediziner und Wittenberger Professor Daniel Sennert wurde neben seinen innovativen Methoden auch durch seine die Diagnose ermöglichenden Beschreibung des Scharlachs bekannt.[7] Eine weitgehende Aufklärung der lange Zeit umstrittenen Ätiologie erfolgte 1924 durch das amerikanische Forscherehepaar Gladys und George Dick, nach dem der Dick-Test (positiv bei Hautrötung nach intrakutaner Toxinineinspritzung) benannt ist.[8][9] Um 1902 erfolgten erste Versuche der Serumbehandlung des Scharlachs durch den österreichischen Kinderarzt Paul Moser.[10] Besonders in den Schwellenländern Osteuropas ist der Scharlach wieder regelmäßig epidemisch im Vormarsch. Am 3. April 2009 wurde auch für England eine Scharlach-Epidemie gemeldet. Die Häufigkeit der Erkrankung übersteigt die Zahlen der letzten 20 Jahre. Für die hochgefährlichen Scharlacherkrankungen (Scarlatina maligna) wurde eine hohe Sterblichkeit gemeldet und eine nationale Notfall-Warnung ausgesprochen.[11] Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Streptococcus pyogenes (Pappenheim-Färbung) Scharlach wird durch Bakterien, und zwar Streptokokken der Lancefield-Gruppe A ausgelöst, vor allem von Streptococcus pyogenes. Die Ansteckung erfolgt meistens durch Tröpfcheninfektion oder Kontaktinfektion über Mund und Rachen. Auch über offene Wunden kann der Erreger übertragen werden (Wundscharlach). Viele Gesunde tragen unbemerkt den Keim in sich und sind die primäre Infektionsquelle. Es gibt drei verschiedene Toxine: speA (oder SPE-A), speB (SPE-B) und speC (SPE-C). Die Bakterien müssen einen Bakteriophagen (d. h. ein Bakterienvirus) besitzen, der die Produktion eines Scharlach-Toxins bewirkt; bekannt sind die mit Stand September 2020 noch nicht vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) bestätigten Kandidaten Streptococcus-Phage T12 (Akronym: T12, Familie: Drexlerviridae, Morphotyp: Siphoviren)[12][13] für speA, und Bakteriophage CS112 ( CS112) für speC.[14][15] Die betreffenden (Phagen-)Gene sind (in Kursivschrift): speA, speB respektive speC.[16] Durch die Infektion mit Eiter erzeugenden (pyogenen) Streptokokken, die Fieber hervorrufende (pyrogene) Exotoxine bilden, kommt es zu einer eitrigen Mandelentzündung, die mit einem Antibiotikum behandelt werden kann. Der für Scharlach typische Ausschlag tritt auf, wenn das Toxin in die Haut gelangt.[17] In der Folge besteht eine Immunität gegen das jeweilige Toxin. Wegen der drei verschiedenen Toxine (SPE-A, -B und -C) können Menschen im Lauf des Lebens mehrfach an Scharlach erkranken. Mehrfachinfektionen können ebenfalls durch die nicht lebenslange Immunität bedingt sein.[18] Aufgrund wiederkehrender natürlicher Auffrischungen ( Boostering ) durch die hohe Verbreitung der Erreger hält die Immunität jedoch lange an.[19] In jedem Fall verhindert Immunität gegen die Scharlachtoxine nicht die zugrunde liegende Infektion mit den eigentlichen A-Streptokokken, von denen mehr als 80 Serotypen existieren.[20] Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Periorale Blässe Schuppung der Haut an den Fingerkuppen Die Krankheit beginnt nach einer Inkubationszeit von ein bis drei Tagen (selten länger) typischerweise mit Fieber (Scharlachfieber), Schüttelfrost, Erbrechen und einer Rachenentzündung (Pharyngitis), kann aber auch von Bauch- oder Kopfschmerzen begleitet sein. Der Rachen ist dabei typischerweise tief rot, und die Gaumenmandeln sind geschwollen (Scharlach-Angina), im weiteren Verlauf treten fleckige weißliche Beläge auf. Es kommt zu Schluckschmerzen und Schwellung submandibulärer Lymphknoten. Die Zunge ist zunächst weiß belegt, später lösen sich die Beläge, und die Zunge erscheint glänzend rot mit hervorstehenden Geschmacksknospen. Dies wird als Himbeerzunge[1] oder Erdbeerzunge bezeichnet. Dieses Symptom kann mit der Himbeerzunge beim Kawasaki-Syndrom verwechselt werden und dieses muss deshalb in Erwägung gezogen werden. Nach einem bis vier Tagen zeigt sich der charakteristische Ausschlag mit dicht beieinanderstehenden, stecknadelkopfgroßen, intensiv rot gefärbten, leicht erhabenen Flecken. Bevorzugte Stellen sind die Achseln und die Leisten, es kann aber auch der ganze Körper befallen sein, allerdings bleibt das Mund-Kinn-Dreieck frei. Diese periorale Blässe wird mitunter umgangssprachlich auch als Milchbart[21] bezeichnet. Etwa 14 Tage nach Beginn kann es zu einer ebenfalls charakteristischen Abschuppung der Haut an den Finger- oder Zehenkuppen oder auch an den gesamten Handflächen und Fußsohlen kommen. Dadurch lässt sich manchmal die Scharlachdiagnose auch noch im Nachhinein stellen. Das Auftreten eines solchen scarlatiniformen Exanthems beweist noch nicht, dass der Betroffene an Scharlach erkrankt ist. Auch viele andere Erkrankungen, allen voran diverse Viruserkrankungen, sowie allergische Reaktionen auf Medikamente oder andere Substanzen können einen solchen Ausschlag zur Folge haben. Der Verlauf dieser Krankheit kann sowohl schwer, also mit starken Schmerzen, hohem Fieber und deutlichen Ausschlägen, als auch leicht ausfallen, wobei lediglich leichte Halsschmerzen und wenige Auffälligkeiten auftreten. Scharlach kann auch ohne Fieber, rote Zunge und Ausschlag auftreten, sodass er nicht immer als Scharlach erkannt wird. Immer ist jedoch eine mehr oder weniger ausgeprägte Mandelentzündung oder falls die Mandeln schon entfernt wurden eine Rachenentzündung vorhanden. Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Scharlach spricht gut auf eine orale Behandlung mit Penicillin V an. Wegen des erhöhten Risikos von Komplikationen und Spätfolgen bei unbehandelten oder zu früh abgebrochenem Verlauf sollte diese Therapie auch konsequent bis zehn Tage lang durchgeführt werden. Liegt eine Penicillin-Allergie vor, kann auf ein Makrolidantibiotikum wie Erythromycin oder Clarithromycin ausgewichen werden. Laut RKI ist ein auf 5 Tage verkürztes Regime mit oralen Cephalosporinen für Kinder gleichwertig.[22] Daneben gehören zur Behandlung symptomatische Maßnahmen wie Fiebersenkung, Linderung der Schluckbeschwerden durch Gurgeln oder lokal schmerzlindernde Lutschtabletten. Prävention[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Als Prävention wird zur Kontaktvermeidung zu Erkrankten während der potentiellen Ansteckungszeit geraten, bei unvermeidbaren Kontakten zu regelmäßigem Händewaschen mit Seife zur Vermeidung einer Schmierinfektion. Eine präventive Behandlung von Kontaktpersonen mit Antibiotika wird nur für an einer Abwehrschwäche oder unter schweren Grundkrankheiten leidenden und somit besonders gefährdeten Menschen empfohlen.[23] Erkrankte Personen sollten während der ansteckenden Phase den Kontakt mit anderen Personen möglichst einschränken und sich insbesondere beim Husten und Niesen von diesen abwenden. Besonders empfohlen wird, nicht in die Handfläche, sondern in ein Papiertaschentuch o. ä. zu niesen oder zu husten und dieses im Anschluss unmittelbar in einen Abfallbehälter mit Deckel zu entsorgen.[24] Eine Schutzimpfung gegen Scharlach existiert derzeit nicht.[25] Ein ehemaliges Produkt namens Diphtherie-Scharlach-Impfstoff Behring bestand aus einer Mischung zu gleichen Teilen von Diphtherie-Impfstoff Al. F. T. und Scharlach-Adsorbat-Impfstoff.[26] Dieser seit 1949[27] produzierte Dreifachimpfstoff verlor aber durch die Einführung von Antibiotika an Bedeutung und wird seit Mitte der 1960er Jahre nicht mehr verimpft.[28] Ansteckung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Scharlach ist ansteckend, sobald und solange ein Patient den entsprechenden Erreger in sich trägt, mindestens jedoch bereits zwei bis vier Tage, bevor die ersten Symptome auftreten. Die Ansteckungsgefahr hält mindestens bis zum Abklingen der Symptome an. In der Regel dauert dies bis zu zwei Wochen nach Beginn der Beschwerden. Bei einer Antibiotikabehandlung geht man davon aus, dass nach 24 Stunden keine Ansteckungsgefahr mehr besteht. Etwa jeder Fünfte ist Keimträger, ohne selbst krank zu sein.[29] Gesunde Keimträger spielen jedoch als Krankheitsüberträger eine geringere Rolle.[30] Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Als Komplikationen gefürchtet sind vor allem die sogenannten Streptokokken-Nacherkrankungen: die Poststreptokokken-Glomerulonephritis und das rheumatische Fieber mit rheumatischer Endokarditis. Dabei handelt es sich um immunologische Erkrankungen durch die Abwehrreaktion des Immunsystems gegen die Scharlach-Erreger, die etwa vier bis sechs Wochen nach Erkrankung auftreten können. Ferner gibt es Hinweise darauf, dass die Streptokokken-Infektion zu neuropsychiatrischen Autoimmunerkrankungen führen kann (siehe PANDAS, Tourette-Syndrom, Chorea minor). Des Weiteren kann das gefährliche Streptokokken-induzierte toxische Schocksyndrom auftreten, sollten die Erreger in die Blutbahn gelangen. Rechtslage/Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In Deutschland dürfen sich gemäß 34 des Infektionsschutzgesetzes an Scharlach und Streptococcus pyogenes Erkrankte sowie einer Infektion verdächtigte Personen nicht in Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. Schulen) aufhalten. Die Leitung der Gemeinschaftseinrichtung hat gegenüber dem Gesundheitsamt eine Meldepflicht bzw. Benachrichtigungspflicht. Nach dem Recht Thüringens[31] besteht eine namentliche Meldepflicht bezüglich Erkrankung und Tod an Scharlach. In Österreich unterliegen Erkrankungs- und Todesfälle an Scharlach der Anzeigepflicht gemäß 1 Absatz 1 Ziffer 2 Epidemiegesetzes 1950. In der Schweiz gibt es keine grundsätzliche Meldepflicht beim Auftreten von Erkrankungs- und Todesfällen an Scharlach. Für Scharlach gilt wie für andere nicht meldepflichtige Krankheiten, dass sie nur dann gemeldet werden müssen, wenn das erwartete Ausmaß für den betreffenden Zeitraum oder Ort überschritten wird.[32][33] Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Auch in die Dichtung fand die Krankheit Eingang: Um 1830 entstanden die Kindertodtenlieder des Dichters Friedrich Rückert, nachdem zwei seiner Kinder an Scharlach verstorben waren. Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Exanthem#Vierte Krankheit: Filatows oder Dukes Krankheit (Rubeola scarlatinosa) Historische Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Johann H. Behne: Der Scharlach. Medizinische Dissertation Würzburg 1825. D. F. Erhard: Ueber die äußerliche Anwendung des kalten Wassers als Heilmittel im Scharlachfieber. Beck, Nördlingen 1824 (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf) William Charles Wells: Observations on the Dropsy, which succeeds Scarlet Fever (Read November 4, 1806). In: Transactions of a Society for the Improvement of Medical and Chirurgical Knowledge. Band 3, London 1812, S. 167 186. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9 223, hier: S. 78 84. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Scharlach Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wiktionary: Scharlach Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Scharlach Informationen des Robert Koch-Instituts Scharlach bei infektionsschutz.de, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Mike McRae: A Historical Epidemic Has Been Making a Scary Comeback Due to a Bacterial 'Clone', auf: sciencealert vom 7. Oktober 2020 (englisch) Nadja Podbregar: Scharlach: Rückkehr durch Superantigene , auf scinexx.de vom 8. Oktober 2020 Bahman Sotoodian; William D James (Hrsg.): Scarlet Fever, auf eMedicine vom 21. Juni 2019 (englisch) Supercharged Bacterial Clones Spark Scarlet Fever s Global Re-emergence, auf SciTechDaily vom 6. Oktober 2020, Quelle: University of Queensland (englisch) Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] a b Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2014, S. 1897. Vgl. etwa Franz Heinrich Meinolphus Wilhelm: Historiam febris scarlatina anno 1766 Herbipoli epidemice grassantis programmatis loco recenset, [ ]. Nitribit, Würzburg 1768. Max Micoud: Die ansteckenden Krankheiten. Klinische Beobachtung. In: Illustrierte Geschichte der Medizin Band 4, S. 2196. Albrecht N. Rauch: Krankheitsnamen im Deutschen. Eine dialektologische und etymologische Untersuchung der Bezeichnungen für Diphtherie, Febris scarlatina, Morbilli, Parotitis epidemica und Varicellae. Stuttgart 1995 (= Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik. Beiheft 84). Paul Richter: Beiträge zur Geschichte des Scharlachs. In: Sudhoffs Archiv. Band 1, 1908, S. 161 204. Werner Köhler: Scharlach. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1289. Norbert Conrads: Anna Würster, die erste privilegierte Medizinerin Schlesiens (1657). In: Konrad Goehl, Johannes Gottfried Mayer (Hrsg.): Editionen und Studien zur lateinischen und deutschen Fachprosa des Mittelalters. Festgabe für Gundolf Keil zum 65. Geburtstag. Königshausen & Neumann, Würzburg 2000 (= Texte und Wissen. Band 3), ISBN 3-8260-1851-6, S. 1 15, hier: S. 2. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9 223, hier: S. 78. Green Art Lab Alliance: Scharlach. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 60. 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ViralZone Tlou Mmolawa: Molecular analysis of temperate prophages in Salmonella enterica serovar Typhimurioum DT 64 isolated in Australia (PDF; 21 MB) Doktorarbeit an der University of Adelaide, Januar 2001. Mims, Dockrell: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Elsevier, 2006. Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. DGPI Handbuch, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Pädiatr. Infektiologie. Georg Thieme Verlag, 2013; S. 97. Erreger. RKI Merkblatt, Robert Koch-Institut. Hahn, Kaufmann, Schulz, Suerbaum: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, 2009, S. 209. Ausbildung-Heilberufe Scharlach: Prüfungsfragen, Abruf 23. Juli 2017. RKI-Ratgeber - Streptococcus pyogenes-Infektionen. Abgerufen am 29. April 2024. Scharlach Wie kann ich mich schützen? infektionsschutz.de, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA); abgerufen am 23. Juli 2017. "Scharlach" Was muss ich bei einer Erkrankung beachten? bei infektionsschutz.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Abruf 23. Juli 2017. Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen. RKI Merkblatt, Robert Koch-Institut. Rudolf Franck: Moderne Therapie in Innerer Medizin und Allgemeinpraxis - Ein Handbuch der Medikamentösen, Physikalischen und Diätetischen Behandlungsweisen der Letzten Jahre. Springer Verlag; abgerufen im 1. Januar 1 Die Vierfach-Spritze. In: Der Spiegel. 16. September 1958, abgerufen am 15. Februar 2023. R. H. Regamey, H. Stickl: Die Scharlachschutzimpfung. In: A. Herrlich (Hrsg.): Handbuch der Schutzimpfungen. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 1965, ISBN 978-3-642-92898-7, S. 530 542, doi:10.1007/978-3-642-92897-0_18. Reservoir. RKI Merkblatt, Robert Koch-Institut. Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. Scharlach. Thüringer Verordnung über die Anpassung der Meldepflicht für Infektionskrankheiten (Thüringer Infektionskrankheitenmeldeverordnung - ThürIfKrMVO -) Vom 15. Februar 2003. Fundstelle: GVBl. 2003, 107. Abgerufen am 21. Oktober 2024 (Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Februar 2015 (GVBl. S. 3)). Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger 2024. (PDF; 1 MB) Bundesamt für Gesundheit BAG, Abteilung Übertragbare Krankheiten, 27. März 2024, S. 4, abgerufen am 21. Oktober 2024. Dies ergibt sich aus dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 bzw. Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Normdaten (Sachbegriff): GND: 4395395-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. 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Entwicklungsstadien des Kindes während der Schwangerschaft
Eine Frau im achten Monat der Schwangerschaft
Die Schwangerschaft (fachsprachlich auch Gestation oder Gravidität, lateinisch graviditas) ist der Zeitraum, in dem eine befruchtete Eizelle im Körper einer werdenden Mutter, genannt Schwangere, zu einem Kind heranreift. Die Schwangerschaft bei Menschen dauert bei normalem Verlauf von der Befruchtung bis zur Geburt durchschnittlich 38 Wochen, mit einer Schwankungsbreite von mehreren Wochen.[1]
In den ersten acht Wochen nach der Befruchtung der Eizelle wird das heranreifende Kind als Embryo bezeichnet. Nachdem die inneren Organe ausgebildet sind (ab der neunten Entwicklungswoche), wird die Bezeichnung Fötus (auch Fetus) verwendet.
Sprachliches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Adjektiv schwanger (von althochdeutsch swangar, mittelhochdeutsch und mittelniederdeutsch swanger) ist in unveränderter Bedeutung seit dem 8. Jahrhundert nachweisbar, also schon in einigen der ältesten Zeugnisse der deutschen Sprache. Die weitere Herleitung ist nicht ganz klar. Eine exakte Entsprechung findet sich nur im niederländischen zwanger, das indes eine späte Entlehnung (16./17. Jh.) aus dem Deutschen darstellt.[2] Sicher verwandt ist sonst nur das altenglische swongor, swangor, „schwer, schwerfällig, langsam, träge“, in dem sich wohl die ursprüngliche, auf indogermanisch su(e)nk (‚schwerfällig, schwanger, schwer sein‘) zurückführbare Bedeutung des Wortes (west- oder urgermanisch (?) *swangra) erhalten hat, anschließen lässt sich vielleicht auch litauisch sunkùs, „beschwerlich.“[3][4]
Das Substantiv Schwangerschaft wird im Allgemeinen nur in Bezug auf Menschen gebraucht, bei anderen lebendgebärenden Säugetieren (Eutheria) spricht man von „Trächtigkeit“. In der Fachsprache der Medizin wird die Schwangerschaft auch mit den lateinischen Begriffen graviditas oder gestatio bezeichnet, eingedeutscht auch „Gravidität“ bzw. „Gestation“.[5] Ereignisse, die während der Schwangerschaft eintreten, werden als „präpartal“, „antepartal“ oder „peripartal“ bezeichnet, so sie die Mutter betreffen (bspw. präpartale Blutung), hingegen als „pränatal“, „antenatal“ oder „perinatal“, so sie den Fötus betreffen (bspw. pränatale Wachstumsretardierung).
Redensartlich gibt es zahlreiche Umschreibungen für Schwangerschaft. Ein verbreiteter Euphemismus ist „in Umständen sein“ (auch in „anderen Umständen“ oder „besonderen Umständen“), ihm verdankt sich die Bezeichnung „Umstandskleidung“ für Kleidungsstücke, die dem „Babybauch“ schwangerer Frauen Rechnung tragen. Im Englischen entspricht ihm die Wendung interesting condition (wörtlich „interessanter Zustand“), der eine beträchtliche Rolle in der Deutung eines Werks der Weltliteratur zukommt: in William Makepeace Thackerays Roman Vanity Fair (1847/1848, dt. „Jahrmarkt der Eitelkeit“) bemerkt der Erzähler beiläufig, dass die Protagonistin Amelia Sedley – eine der keuschesten Jungfern der englischen Literatur – sich in einer most interesting situation befinde, dies allerdings schon im 26. Kapitel, also durchaus vor ihrer Hochzeit.[6]
„Ein Kind unter dem Herzen tragen“ geht auf Martin Luthers Bibelübersetzung zurück (Tob 4,4 EU und 2 Makk 7,27 EU), wird aber ebenso wie „guter Hoffnung sein“ fast nur noch ironisch gebraucht. Veraltet sind „schweren Leibes“ oder auch „gesegneten Leibes sein/gehen“, und gehoben ausgedrückt „Mutterfreuden entgegensehen“.[7] Derbe Redewendungen sind „einen Braten in der Röhre haben“[8] oder „ein Brot im Ofen haben“.[9] Neutral und allgemein gebräuchlich ist „ein Kind erwarten“, unverfänglich ist auch „werdende Mutter“ für „schwangere Frau“, ideologisch geladen ist jedoch die Bezeichnung „ungeborenes Kind“ und besonders stark aufgeladen „werdendes Leben“ für den Fötus, da sie in der gesellschaftlichen Debatte um den Schwangerschaftsabbruch vor allem von Abtreibungsgegnern (der Lebensrechtsbewegung) gebraucht wird, ihren Gegnern aber als Kampfbegriff gilt.[10] In der Rechtswissenschaft wird an ihrer statt oft der zwar eigentlich gleichbedeutende, aber diskursiv neutrale lateinische Begriff Nasciturus („der geboren werden wird“) verwendet.
Feststellung der Schwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Schwangerschaftszeichen und Schwangerschaftstest
Positiver Schwangerschaftstest
Der Beginn der Schwangerschaft kann erst nach ein paar Tagen nach dem Geschlechtsverkehr auf verschiedene Art und Weise festgestellt werden. In der Abgrenzung zu Scheinschwangerschaften unterscheidet man zwischen unsicheren, wahrscheinlichen und sicheren Schwangerschaftszeichen. Das Ausbleiben der Monatsblutung, morgendliches Erbrechen und Übelkeit sind unsichere Schwangerschaftszeichen. Ein Schwangerschaftstest über die Messung der Konzentration des „Schwangerschaftshormons“ (hCG-Hormon) im Blut oder im Urin gilt als wahrscheinliches, jedoch nicht sicheres Schwangerschaftszeichen. Als sicher gilt der Nachweis eines Fötus, beispielsweise durch Sonografie, das Hören von Herztönen oder Fühlen von Kindsbewegungen.
Führt man die erste Ultraschalluntersuchung vor oder am Anfang der fünften Schwangerschaftswoche durch, kann trotz bestehender Schwangerschaft eine embryonale Anlage, insbesondere in der Nähe der Eileiter, zuweilen noch nicht dargestellt werden. Dies wird umgangssprachlich auch als Eckenhocker bezeichnet.
Berechnung des Geburtstermins[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Schwangerschaftsdauer
Die Schwangerschaft dauert von der Befruchtung bis zur Geburt durchschnittlich 268 Tage. Üblicherweise wird die Dauer der Schwangerschaft jedoch ab dem ersten Tag der letzten Menstruation gerechnet, da dies für viele Frauen die einzig bekannte Bezugsgröße darstellt. Die Berechnung erfolgt mit der Naegele-Regel, in die außerdem die Dauer des Menstruationszyklus einfließt. Die Befruchtung findet nach dieser Rechenweise in der zweiten Schwangerschaftswoche (SSW) statt.
Die ab dem ersten Tag der letzten Menstruation gerechnete Schwangerschaft dauert durchschnittlich etwa 280 Tage oder 40 Wochen.[11] Traditionell wird die Dauer der Schwangerschaft mit neun Monaten angegeben. Mediziner nehmen zur Vereinfachung jedoch Monate zu jeweils vier Wochen an (sogenannte Mondmonate, die ein bis zwei Tage kürzer als astronomische oder kalendarische Mondmonate sind, siehe Lunation); die Schwangerschaft dauert demnach zehn Mondmonate statt neun Kalendermonate.
Exakt am Tag des berechneten Termins kommen vier Prozent der Kinder zur Welt, innerhalb von einer Woche (Termin ± 3 Tage) um den errechneten Geburtstermin herum 26 % und innerhalb von drei Wochen (= ± 10 Tage) um den errechneten Geburtstermin 66 %. Eine Geburt vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche (–21 Tage) wird als Frühgeburt bezeichnet.[1]
In Industrieländern wird, besonders in einem frühen Stadium der Schwangerschaft, der tatsächliche Fortschritt der Schwangerschaft anhand von Ultraschalluntersuchungen verifiziert.
Schwangerschaftsverlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Schwangerschaftsverlauf wird eingeteilt in drei Abschnitte zu drei Monaten (medizinisch Trimenon oder Trimester), beziehungsweise je 13 Schwangerschaftswochen. Die Bezeichnung Trimenon wurde von Ernst Moro eingeführt.
Das Alter der Schwangerschaft vom Tag der Empfängnis wird mit post conceptionem (p.c.) bezeichnet. Da der Empfängnistermin (Syn. Konzeptionstermin) selten genau festgelegt werden kann, wird in der Medizin vom ersten Tag der letzten Menstruation an, post menstruationem (p.m.), gerechnet. Das Alter des Embryos/Fötus beträgt effektiv also etwa zwei Wochen weniger als die Schwangerschaftswoche (SSW). In der Folge wird, ohne weiteren Hinweis, die Schwangerschaftsdauer in SSW (p.m.) angegeben.
Erstes Trimenon[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im ersten Trimenon entwickelt sich der Embryo besonders rasch. Für die Schwangere geht der Beginn der Schwangerschaft mit sehr großen hormonellen Umstellungen einher, was bei etwa 50 bis 90 % der Betroffenen zu teilweise sehr stark ausgeprägter Übelkeit, bei 25 bis 50 % auch zu Erbrechen führt, die sich aber im weiteren Verlauf der Schwangerschaft meist wieder legt.[12][13] Ab der dritten Woche kann die Empfindlichkeit der Brust zunehmen, meist einhergehend mit einem Spannungsgefühl. Da die meisten Spontanaborte (Abgänge) bis zur zwölften SSW vorkommen, wird bis zu diesem Zeitpunkt oft auf eine Bekanntgabe der Schwangerschaft verzichtet.
Erster Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Embryogenese und Embryologie
Schwangerschaftswoche 3–4: Befruchtung und Einnistung
Die natürlicherweise beim Geschlechtsverkehr beziehungsweise bei der (u. U. auch künstlichen) Insemination in die Vagina gelangten Spermien wandern durch die Gebärmutter (Uterus) bis in die Ampulle des Eileiters. Dort treffen sie auf die nach der Ovulation (Eisprung) vom Fimbrientrichter aufgenommene Eizelle. Nach dem Eindringen (Imprägnation) kommt es zur zweiten Reifeteilung mit Verlust eines Polkörperchens. Die beiden Chromosomensätze von Eizelle und Spermium verschmelzen miteinander (Konjugation) und bilden nun eine entwicklungsfähige Zelle (Zygote), die innerhalb von drei Tagen unter hormoneller Steuerung in die Gebärmutter wandert.
In dieser Zeit erfolgen die Zellteilungen über die Morula zur Keimblase oder Blastozyste. 24 Stunden nach der Befruchtung beginnt aus den Zellen der frühen Form der Plazenta (Mutterkuchen) – dem so genannten Synzytiotrophoblast – die Produktion des Hormons hCG. Dieses stimuliert im Gelbkörper im Eierstock die Ausschüttung eines weiteren Hormons, Progesteron, welches den Eierstöcken signalisiert, dass für die nächste Zeit keine Eisprünge notwendig sind – die Menstruation bleibt aus. Gleichzeitig haben diese Hormone für die Auflockerung der Gebärmutterschleimhaut gesorgt, um die Einnistung der Blastozyste zu erleichtern. Die Einnistung in der Gebärmutterwand beginnt circa am fünften Tag nach der Befruchtung und ist nach 14 Tagen abgeschlossen. Bis dahin ist die Zwillingsbildung möglich. Die Blastozyste teilt sich nun in ihre äußere Schicht, den Trophoblasten, woraus sich die Plazenta entwickelt, und den Embryoblasten, aus welchem der Embryo entsteht. Das die beiden Teile verbindende Gewebe wird zur Nabelschnur.
Zweiter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schwangerschaftswoche 5–8: Anlage der größeren Organe
Der Körper der Schwangeren stellt sich nun auf die Schwangerschaft ein. Dies ist sehr häufig mit Beschwerden wie morgendlicher Übelkeit, Brechreiz und Schwangerschaftserbrechen verbunden, die durch das Schwangerschaftshormon hCG ausgelöst werden. Darüber hinaus kommen oft starke Müdigkeit, Heißhungerattacken und Stimmungsschwankungen vor. Das erste Fruchtwasser beginnt sich zu bilden. Das Dehnen der Mutterbänder führt manchmal zu einem Ziehen in der Leistengegend.
Beim Embryo beginnt sich in der sechsten Woche allmählich die Wirbelsäule zu bilden.[14] Das Neuralrohr, aus dem Gehirn und Rückenmark entstehen, schließt sich Ende der sechsten Woche. Im Ultraschall kann jetzt die Herzaktivität nachgewiesen werden. In der siebten Woche beginnen Kopf und Rumpf Form anzunehmen. Es sind kleine Knospen zu erkennen, aus denen sich später die Gliedmaßen entwickeln. Der Embryo misst jetzt ca. 3 bis 8 mm (Scheitel-Steiß-Länge).
Ende der achten Woche sind an den Handplatten die Stellen erkennbar, wo sich später die Finger ausbilden werden. Augen- und Ohranlagen werden sichtbar.[15] Allmählich werden alle Organe und Organsysteme angelegt. In der achten SSW misst der Embryo 9 bis 15 mm,[16][17] sein Herz schlägt 140- bis 150-mal in der Minute.
Dritter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Darstellung von Kindesbewegungen mit 3D-Ultraschall mit 12 Schwangerschaftswochen
Schwangerschaftswoche 9–12: Weitere Ausdifferenzierung
Die Blutmenge im mütterlichen Kreislauf erhöht sich von ca. 5 auf 6,5 l, um die Versorgung des Fötus zu gewährleisten. Aufgrund der größeren Blutmenge schlägt das Herz schneller, was die körperliche Leistungsfähigkeit herabsetzt. Als Folge der hormonellen Gefäßerweiterungen können Besenreiser oder Krampfadern auftreten. Gelegentlich kommt es auch zu einer verstopften Nase, Nasenbluten oder Zahnfleischbluten. Östrogene bewirken eine vermehrte Flüssigkeitseinlagerung im Gewebe. Das Hormon Progesteron führt zu einer Entspannung der Muskulatur. Da davon auch die Schließ-Muskulatur betroffen ist, ist oft ein erhöhter Harndrang zu bemerken. Dies wird verstärkt durch den erhöhten Stoffwechsel zwischen der Schwangeren und dem Embryo, auch durch die stetige Erneuerung des Fruchtwassers.
Ende der neunten Woche sind erste Ansätze für die Ausbildung von Zehen und Nase zu erkennen, in der zehnten Woche auch der Ohrmuscheln. Die Netzhaut pigmentiert sich. Das Augenpaar steht weit auseinander; die Augen sind zunächst offen, die Augenlider beginnen sich zu bilden. Erste Bewegungen sind möglich. Ende der zehnten SSW sind alle Organanlagen vorhanden. Die Knospen für die 20 Milchzähne werden ausgebildet. Der Embryo ist am Ende dieser Phase (Ende zwölfte Schwangerschaftswoche) 5 bis 6 cm groß und wiegt etwa 14 Gramm. Die Embryonalperiode wird nun von der Fetogenese abgelöst.[17]
Zweites Trimenon[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im zweiten Schwangerschaftsabschnitt verschwinden meist die anfänglichen Komplikationen wie Übelkeit. Deshalb, und weil das Risiko einer Fehlgeburt jetzt deutlich abgenommen hat, empfinden viele Frauen diese Zeit als sehr angenehm. Hatten manche im ersten Trimenon noch mit Wechselbädern der Gefühle zu kämpfen, ist dieses Trimenon meist gekennzeichnet von Ausgeglichenheit und Zufriedenheit. Aus diesen Gründen wird das zweite Trimenon von Hebammen als idealer Zeitraum für Reisen angesehen. Die ersten Bewegungen des Fötus werden jetzt spürbar.
Vierter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Linea nigra
Schwangerschaftswoche 13–16: Kindsbewegungen
Die stabilere Phase der Schwangerschaft beginnt jetzt. Die Hormonproduktion aus dem Eierstock wird nicht mehr benötigt, da die Plazenta so weit ausgereift ist, dass sie die schwangerschaftserhaltenden Hormone selbst bilden kann. Deshalb ist die hCG-Konzentration ab der zwölften SSW weniger hoch, eine eventuell vorhandene morgendliche Übelkeit bessert sich jetzt in der Regel. Die Gewichtszunahme beträgt nach Faustregel ca. 1 bis 1,5 kg pro Monat, beziehungsweise ca. 250 g pro Woche. Rötliche oder bräunliche Schwangerschaftsstreifen können aufgrund der Dehnung des Bindegewebes auftreten. Häufig tritt eine dunkle Linie (Linea nigra) auf, die zwischen Bauchnabel und Schambein verläuft. Diese hormonbedingte Farbveränderung bildet sich in der Regel nach der Schwangerschaft zurück. Die vermehrten Wassereinlagerungen können zur Schwellung von Armen und Beinen beziehungsweise Händen und Füßen führen.
Beim Fötus setzt im vierten Monat ein rasches Wachstum ein, die Organe bilden sich weiter aus. Die Augenlider schließen sich und öffnen sich erst in drei Monaten wieder. Spontane Bewegungen von Kopf, Armen und Beinen setzen ein. Die Schluckmuskulatur entwickelt sich. Die Lunge und das Verdauungssystem entwickeln sich weiter, indem der Fötus durch Zusammenziehen und Ausdehnen des Zwerchfells Fruchtwasser „ein- und ausatmet“ respektive „trinkt“, er hat Schluckauf. Speicheldrüsen, Magen, Nieren und Darm arbeiten bereits. Das geschluckte Fruchtwasser wird als Urin wieder ins Fruchtwasser abgegeben, welches alle zehn bis zwölf Stunden durch Neuproduktion ausgetauscht wird. Über die Plazenta erhält der Fötus Nährstoffe und Antikörper, gleichzeitig werden Abfallstoffe ausgeschieden. Das sogenannte Woll- oder Lanugohaar bildet sich. Es bildet sich bis zur Geburt wieder nahezu zurück. Gegen Ende dieses Schwangerschaftsmonats entwickeln sich die Genitalien. Das Geschlecht kann bei günstiger Lage des Ungeborenen per Ultraschall festgestellt werden. Der Fötus ist in der 16. SSW ca. 10 cm groß und wiegt bis zu 100 g. Sein Kopfdurchmesser ist ca. 35 mm.
Fünfter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schwangerschaftswoche 17–20: Kindsbewegungen meist spürbar
Die Gebärmutter ist jetzt etwa so groß wie eine Honigmelone und fast in Nabelhöhe. Ab der 18. bis 20. Schwangerschaftswoche sind für die Schwangere gewöhnlich die ersten Kindsbewegungen als feines, leichtes Kribbeln zu spüren. Ein relativ beschwerdefreier Schwangerschaftsabschnitt beginnt. In diesem Zeitraum können jedoch eventuell Veränderungen der Sehschärfe, Rückenschmerzen und Krämpfe in den Beinen auftreten.
Der Fötus misst am Ende des Monats 14 bis 16 cm und wiegt zwischen 150 und 300 g.
Sechster Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schwangerschaftswoche 21–24: Kind beginnt, auf äußere Reize zu reagieren
Gegen Ende des Monats erreicht die Gebärmutter Nabelhöhe. Die Brüste vergrößern sich unter dem Einfluss der Hormone hCG, Östrogen und Progesteron. Eventuell kann Sodbrennen durch Lageveränderung des Magens auftreten.
Beim Fötus beginnt sich das Unterhautfettgewebe zu vermehren. Die Haut selbst wird von einer schützenden Fettschicht (Vernix caseosa, auch Käseschmiere) überzogen. Diese ermöglicht später ein leichteres Gleiten im Geburtskanal. Die Haut ist noch rötlich durchschimmernd, Finger- und Fußnägel sind fast vollständig entwickelt. Die Haare beginnen zu wachsen und die Verknöcherung des Skeletts schreitet voran. Ein rasches Wachstum des Gehirns setzt ein. Gegen Ende des Monats reagiert das werdende Kind auf akustische und optische Reize von außen (Stimmen, Schall, Licht). Ob zu diesem Zeitpunkt bereits Schmerzwahrnehmungen möglich sind, ist umstritten. Eine Analyse der vorhandenen Forschungsergebnisse kam zu dem Schluss, dass Schmerzempfindungen vor dem dritten Trimenon unwahrscheinlich sind.[18] Am Ende des sechsten Monats ist der Fötus ca. 26 cm groß (vom Scheitel bis zur Sohle)[19] und wiegt 500 g.
Drittes Trimenon[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im letzten Schwangerschaftsabschnitt reift der Fötus vollständig heran und der Körper der werdenden Mutter bereitet sich auf die Geburt vor. Für die Frau kann dieser Abschnitt hauptsächlich wegen des zusätzlichen Gewichts wieder unangenehmer sein, vor allem im Sommer. Durch eine intensivmedizinische Behandlung ist ein Überleben des Kindes bei einer Frühgeburt in diesem Zeitraum schon möglich.
Siebter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schwangere Frau in der 26. Woche
Schwangerschaftswoche 25–28: Öffnen der Augenlider
Bei der Schwangeren können die Wassereinlagerungen in Armen und Beinen aufgrund des hohen Austauschbedarfes an frischem Fruchtwasser zunehmen. Der sich ausbreitende Uterus drückt auf die Verdauungsorgane und die Lunge, die Folge sind Kurzatmigkeit und die Gefahr von Hämorrhoiden. Das zunehmende Gewicht kann im letzten Trimenon Rücken- und Fußschmerzen verursachen. Der Ausfluss aus den Brüsten (Kolostrum) kann einsetzen.
Gegen Ende des Monats öffnen sich die Augenlider des Fötus wieder. Er misst jetzt etwa 35 cm und wiegt etwa 1000 g. Ab ca. der 23. SSW hat das Kind bei einer Frühgeburt eine geringe Chance, außerhalb der Gebärmutter unter hohem intensivmedizinischem Aufwand zu überleben. Die Überlebenschancen in der 25. SSW betragen ca. 32 bis 43 %, in der 28. SSW 79 %. Je früher das Kind geboren wird, desto größer sind die Risiken bleibender gesundheitlicher Schäden. Vor Ende der 25. Woche liegt dieses Risiko bei 50 %.[20]
Achter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schwangerschaftswoche 29–32: Erste Übungswehen
Jetzt können erste schmerzlose Kontraktionen (auch Senkwehen, Vorwehen, Übungswehen oder Vorbereitungswehen) auftreten. Der Bauch verhärtet sich durch rhythmisches Zusammenziehen der Gebärmutter. Eventuell werden jetzt auch Schließmuskel- und Blasenschwäche deutlich, was gegebenenfalls durch Training des Schließmuskels gelindert werden kann. Die größer werdende Gebärmutter verdrängt weiter die anderen im Bauchraum befindlichen Organe. Durch den gestörten pH-Wert der Vaginalschleimhaut können vermehrt Pilzinfektionen oder bakterielle Infektionen auftreten.[21]
Bis auf die Lunge sind alle Organe des werdenden Kindes fast vollständig entwickelt. Am Ende des Monats misst es rund 40 cm und wiegt 1700 bis 2000 g.
Neunter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Fötus in Schädellage
Schwangerschaftswoche 33–36: Senkung des Kindes
Die Schwangere hat im Durchschnitt 10–12 kg zugenommen. Gegen Ende der 36. SSW tritt der Kopf des Kindes in das kleine Becken ein, die Gebärmutter senkt sich etwas nach unten. Die Atmung fällt der Schwangeren so wieder leichter. Oft treten jetzt Schlafstörungen auf.
Ab der 35. SSW ist die Lungenreifung abgeschlossen. Die meisten ungeborenen Kinder (92 bis 93 %) liegen nun in der richtigen Geburtslage mit dem Kopf nach unten.[22] Bis zur 37. SSW kann sich das Kind noch von einer Steißlage in die Schädellage drehen. Bewegungen sind dem Kind aber nur noch eingeschränkt möglich. Gegen Ende des Monats ist es ca. 45 cm groß und wiegt etwa 2800 g.
Zehnter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schwangerschaftswoche 37–40: Geburt steht bevor
Die durchschnittliche Gewichtszunahme der werdenden Mutter im Verlauf der Schwangerschaft beträgt ca. 10–15 kg. Das Gewicht stagniert bei vielen Schwangeren kurz vor der Geburt, kann sogar leicht abnehmen. Es können häufiger Vorwehen eintreten.
In den letzten Wochen nimmt das Kind vor allem an Gewicht zu. Über die Plazenta nimmt es Antikörper aus dem Blutkreislauf der Mutter auf. Das Baby misst bei der Geburt ca. 48 cm bis 54 cm und wiegt 2800 g bis 4000 g. Der Durchmesser des Kopfes liegt zwischen 9,5 cm und 10,5 cm.
Geburt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Geburt
Die Schwangerschaft endet in der Regel mit der Niederkunft der Mutter (der Geburt des Kindes). Sie kann sich durch folgende Symptome ankündigen:
durch das Einsetzen der Eröffnungswehen (Dauer ca. 30 bis 60 Sekunden, alle zehn Minuten über einen Zeitraum von ein bis zwei Stunden)
durch einen eventuell leicht blutigen Ausfluss infolge des sich lösenden Schleimpfropfes vom Muttermund (einige Tage vor der Geburt)
den Blasensprung (das Platzen der Fruchtblase)
Durchfall oder Erbrechen
Nach der Geburt beginnt die Schwangerschaftsrückbildung, also die Regeneration von Bauchdecke, Gebärmutter, Beckenbodenmuskulatur, Vaginalkanal, Vagina und Hormonhaushalt. Die Rückbildungsdauer ist individuell verschieden, dauert aber ungefähr so lange wie die Schwangerschaft.
Vorgeburtliche Untersuchungen und Behandlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Schwangerschaftsvorsorge
In Deutschland hat jede werdende Mutter einen Anspruch auf Betreuung durch eine Hebamme oder einen Arzt während der Schwangerschaft, bei der Geburt und einige Wochen nach der Geburt. Empfohlen sind, bei komplikationsloser Schwangerschaft, zunächst Besuche in einem Abstand von vier Wochen nach Bekanntwerden der Schwangerschaft, ab der 32. Schwangerschaftswoche in einem Abstand von zwei Wochen und bei Überschreitung des Geburtstermins schließlich alle zwei Tage. Alle Befunde werden in den Mutterpass (oder Mutter-Kind-Pass in Österreich) eingetragen.
Ultraschalluntersuchungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Sonografie
Die Sonografie, umgangssprachlich Ultraschall, ist ein bildgebendes Verfahren, das die medizinische Praxis der vorgeburtlichen Untersuchungen in den letzten Jahrzehnten sehr verändert hat. Sie ermöglicht unter anderem eine Überwachung der Entwicklung des Fötus, die Feststellung von Mehrlingsschwangerschaften und des Geschlechts. Ultraschalluntersuchungen gelten als unbedenklich für den Fötus.
Bei adipösen Schwangeren ist die Darstellung des Kindes mittels Ultraschall schwieriger oder nicht einwandfrei möglich. Da es besonders bei übergewichtigen Frauen oft zu Fehlbildungen des Kindes kommt, empfehlen Experten, die Untersuchung in sitzender Position von oben oder in seitlich liegender Position von der Flanke aus durchzuführen.[23]
Im Rahmen der allgemeinen Schwangerschaftsvorsorge sehen die deutschen Mutterschafts-Richtlinien drei Ultraschall-Untersuchungen vor.[24]
Pränataldiagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Pränataldiagnostik
Das Ziel der Pränataldiagnostik ist es, Erkrankungen der werdenden Mutter und Krankheiten oder Behinderungen (z. B. Down-Syndrom/Trisomie 21) beim heranwachsenden Kind bereits frühzeitig festzustellen beziehungsweise eine individuelle Wahrscheinlichkeit zu errechnen. Eine positive Diagnose impliziert oft einen Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation, da eine Behandlung im Mutterleib (Therapie in utero) nur in wenigen Fällen möglich ist.
Daher sind viele Untersuchungen umstritten. Ethisch fragwürdig ist unter anderem, wie ein ungeborenes Leben als lebenswert oder unlebenswert beurteilt werden kann, zumal sichere Aussagen zur nachgeburtlichen Entwicklung des Kindes nur in vergleichsweise wenigen Fällen möglich sind. Insbesondere die nicht-invasiven Methoden der Pränataldiagnostik wie beispielsweise die Nackentransparenz-Messung, das Erst-Trimester-Screening oder der Triple-Test können die Eltern oft stark psychisch belasten, da sie nie ein sicheres Ergebnis, sondern lediglich Wahrscheinlichkeiten anhand statistischer Durchschnittswerte angeben, indem sie z. B. das Alter der Mutter, den Zustand des Embryos usw. berücksichtigen. Hingegen gibt ein DNA-Test anhand einer Blutprobe der Mutter ab der 9. Schwangerschaftswoche ein sicheres Ergebnis ab, da hierbei die fetale DNA selbst untersucht wird, die sich ab dieser Schwangerschaftsphase im mütterlichen Blut nachweisen lässt. Mit dieser Methode ist auch ein Vaterschaftstest beim Ungeborenen möglich.
Risikoschwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Siehe auch: Risikogeburt
Wesentliches Ziel der ärztlichen Betreuung ist die Erkennung von möglichen oder bereits vorhandenen Risiken für Schwangere und ihr Kind. Im Jahre 1990 wurden in Deutschland 34 % aller Schwangerschaften als Risikoschwangerschaft klassifiziert. Die Bayerische Arbeitsgemeinschaft zur Qualitätskontrolle spricht für das Jahr 2002 von 65 % und in Niedersachsen von etwa 73 %.
Der Anteil der Risikoschwangerschaften unter allen Schwangerschaften stieg von 2001 bis 2010 von 68,5 auf 73,4 Prozent.[25] Tatsächlich kommen jedoch 95 % der in Deutschland geborenen Kinder gesund zur Welt.
Die hohe Anzahl von so genannten „Risikoschwangerschaften“ lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass viele Paare heutzutage Kinder erst recht spät einplanen. Risikoschwangere erhalten als Konsequenz durch die Krankenkassen über die Standardleistungen hinaus weitere ärztliche Leistungen wie häufigere Kontrollen, Überweisungen an entsprechende Spezialisten, den Einsatz weiterer diagnostischer Mittel wie zum Beispiel Fruchtwasseruntersuchung, Hormonanalysen oder gegebenenfalls die Einweisung in ein geburtshilfliches Zentrum mit intensivmedizinischer Betreuung.
Folgende Faktoren führen unter anderem zur Einstufung einer Risikoschwangerschaft:
Alter unter 18 Jahre oder über 35 Jahre (Erstgebärende) beziehungsweise über 40 Jahre (Spätgebärende)
Mehrlingsschwangerschaften
Vielgebärende, die schon mehr als vier Kinder geboren haben
Sterilitätsbehandlungen
zwei oder mehr der Schwangerschaft vorausgehende Fehlgeburten
Komplikationen bei früheren Geburten
Rhesus-Inkompatibilität
Lageanomalien des Kindes
Schwangerschaftsdiabetes beziehungsweise Zuckerkrankheit, Schwangerschaftsbluthochdruck
anhaltender Medikamenten-, Alkohol-, Nikotin- oder anderer Drogenkonsum
verzögertes Wachstum oder abnorm großes Kind
Veränderungen des Fruchtwassergehaltes
akute Allgemeinerkrankungen oder Infektionen
Gebärmutterhalsschwäche (Cervixinsuffizienz)
Niereninsuffizienz beziehungsweise fehlende Organe wie eine Niere
Gerinnungsstörungen, wie Faktor-V-Leiden-Mutation
Komplikationen und Probleme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Während einer Schwangerschaft kann es bei der Mutter zu Störungen beziehungsweise Beeinträchtigungen kommen, die nur während der Schwangerschaft auftreten (medizinisch Gestosen). Für andere Erkrankungen wie zum Beispiel die tiefe Beinvenenthrombose oder die sehr seltene Sinusthrombose stellt die Schwangerschaftssituation ein erhöhtes Risiko dar; das für eine tiefe Beinvenenthrombose ist um Faktor 5 erhöht und trifft ein bis zwei Schwangere pro Tausend.
Manche chronische Erkrankungen machen sich während der Schwangerschaft weniger bemerkbar: so kann die Schubhäufigkeit bei Schwangeren mit Multipler Sklerose oder Rheumatoider Arthritis während der Schwangerschaft reduziert sein.[26] Bereits 1937 beobachtete Philip Showalter Hench eine Besserung rheumatischer Erkrankungen bei Schwangerschaft.[27]
Der Theologieprofessor und Reformator Martin Luther schrieb im 16. Jahrhundert über schwangere Frauen noch: „Ob sie sich aber auch müde und zuletzt todt tragen, das schadt nicht, laß nur todt tragen, sie sind darum da“.[28] Jedes Jahr sterben weltweit ca. 600.000 Frauen und Mädchen an Komplikationen während der Schwangerschaft oder Geburt, davon 99 % in Entwicklungsländern.[29] In Afrika südlich der Sahara stirbt eine von 16 Frauen an den Folgen einer Schwangerschaft oder Geburt, da die Mehrzahl der Geburten auch bei Komplikationen ohne medizinische Betreuung stattfindet.[30] In Industrieländern beträgt das Risiko 1:2800.
Schwangerschaftsspezifische Erkrankungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Gestose
Nach dem Zeitpunkt ihres Auftretens wird die Gestose unterteilt in Früh- (Erstes Trimenon) und Spätgestose (Drittes Trimenon). Hauptvertreter sind übermäßiges Schwangerschaftserbrechen (Hyperemesis gravidarum) und schwangerschaftsinduzierter Bluthochdruck (Schwangerschaftshypertonie). Bluthochdruck kann ein Zeichen einer beginnenden Präeklampsie sein, daher wird er in der Schwangerschaftsvorsorge regelmäßig gemessen. Weitere Symptome sind Wassereinlagerungen (Ödeme) und Eiweißausscheidung im Urin. Die Eklampsie ist die schwerste Form einer Gestose, Symptome sind Krämpfe und/oder Bewusstlosigkeit.[31] Die Patientinnen hatten meist zuvor eine Präeklampsie. Selten kann es auch zu einer Osteoporose kommen.
Psychische Erkrankungen in der Schwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine groß angelegte englische Studie berichtet über die Häufung von Depressionen in der Schwangerschaft (siehe auch Schwangerschaftsdepressionen), circa 10 % aller Frauen sind hiervon betroffen. Die Symptome können extrem unterschiedlich sein. Hauptsymptom ist eine herabgesetzte Stimmung, wobei dies nicht Trauer im engeren Sinn sein muss, sondern von den betroffenen Patientinnen auch oft mit Begriffen wie „innere Leere“, „Verzweiflung“ und „Gleichgültigkeit“ beschrieben wird. Es dominieren negative Zukunftsaussichten und das Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Das Selbstwertgefühl ist niedrig. Die depressive Symptomatik in der Schwangerschaft wird oft von schwangerschaftstypischen „Themen“ beeinflusst. Dies können etwa Befürchtungen in Bezug auf die Mutterrolle oder die Gesundheit des Kindes sein.[32]
Das erstmalige Auftreten einer psychotischen Störung in der Schwangerschaft ist selten. Häufiger verschlimmern sich bestehende psychotische Erkrankungen. Dies liegt zum einen an der besonderen biologischen und seelischen Situation der Schwangeren, zum anderen kann es durch eine Reduzierung oder ein Absetzen antipsychotischer Medikamente verursacht sein.[33] Zwangsstörungen können sich in der Schwangerschaft verschlimmern. Bei der Panikstörung ist dies ebenfalls der Fall. Bei einigen Patientinnen, die vorher nur leichte Symptome hatten, kann es während der Zeit der Schwangerschaft zu einer massiven Häufung von Panikattacken kommen.[34]
Siehe auch: Gedächtnisstörungen in der Schwangerschaft
Suchtmittel und Medikamente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Baby mit typischen Gesichtsmerkmalen des Fetalen Alkoholsyndroms (kleine Augen, glattes Philtrum, schmale Oberlippe), ausgelöst durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft
Psychotrope Substanzen
Alkoholkonsum und Rauchen sind schädlich für das ungeborene Kind.[35][36]
Alkoholkonsum
Eine englische Studie (2012), die etwa 4000 Schwangere umfasste, kam zu dem Ergebnis, dass sich auch kleine Mengen Alkohol auf die Intelligenz des Kindes negativ auswirken.[37] Selbst geringer Alkoholkonsum während der Schwangerschaft kann zu alkoholbedingten Schädigungen (Fetal Alcohol Spectrum Disorder, FASD) führen; das Vollbild der Störung ist das fetale Alkoholsyndrom (FAS), eine Kombination schwerwiegender geistiger und körperlicher Schäden, die zu den häufigsten angeborenen Behinderungen in Deutschland zählt. Nach Schätzungen werden bundesweit jährlich 10.000 Babys mit FASD geboren, davon etwa 4000 mit FAS.[38]
Rauchen
Rauchende Schwangere haben ein vermehrtes Risiko einer Fehlgeburt, eine Verdopplung der Häufigkeit einer Frühgeburt und weisen ein dreifach erhöhtes Risiko einer Totgeburt bzw. der perinatalen Mortalität auf.[39][40] Das Risiko, dass das Kind eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) aufweist, liegt bei Müttern, die während der Schwangerschaft rauchen, bei 16,5 %, sonst bei 4,6 % – es ist also 3,6 Mal höher als bei Nichtrauchenden.[41] Rauchen während der Schwangerschaft erhöht ferner das Risiko für ein späteres kindliches Asthma und bewirkt ein deutlich niedrigeres Geburtsgewicht.[42][43][44] Insbesondere kann es zum fetalen Tabaksyndrom führen.
Kokain und Heroin
Der Konsum von Kokain kann zu Fehlbildungen beim Kind und durch die gefäßverengende Wirkung zu Durchblutungsstörungen in unterschiedlichen Organen und zu Schwangerschaftskomplikationen führen, zum Beispiel zu vorzeitiger Plazentaablösung und Frühgeburt.[45]
Plant eine drogenabhängige Frau schwanger zu werden, ist die Beendigung des Drogenkonsums vor dem Antritt der Schwangerschaft angezeigt, da die Wirkung der Drogen die Gesundheit des Fötus beeinträchtigt.[46]
Wird eine Heroin- (oder polytoxikoman-) abhängige Frau schwanger, ist die Aufnahme in ein Substitutionsprogramm angezeigt, da die regelhaft vorkommenden Schwankungen zwischen Sättigung/Überdosierung und Entzug eine Gefahr für die Schwangerschaft an sich und das ungeborene Kind im Besonderen darstellen.[45]
Der Nutzen einer Substitutionstherapie für Mutter und Kind übersteigt die Gefahren eines (möglichen) Entzugssyndroms des Neugeborenen, wenn die Mutter keinen Beikonsum betreibt.
In einer Studie der TU Dresden wurde nachgewiesen, dass ca. 58,9 % der Personen, die an einem Substitutionsprogramm teilnehmen, Beikonsum betreiben.[47]
Die Substitution der Mutter hat Auswirkungen auf die Gesundheit und die Entwicklung des Fötus. Es gibt zahlreiche Gegenanzeigen der bei Schwangerschaft im Substitutionsprogramm verabreichten Medikamente. Diese sind in den jeweiligen Fach- und Gebrauchsinformationen und Beipackzetteln der Hersteller beschrieben und durch die Zulassung der Arzneimittel durch das BfArM beschrieben, wie zum Beispiel: Methadon.
Methadon
Methaddict:
Es wurden neurologische Befunde mit Hörstörungen, geistigen und motorischen Entwicklungsverzögerungen, Augenanomalien und eine erhöhte Inzidenz von Otitis media beobachtet. Es wird empfohlen die Substitution mit Methadon vor der Geburt ausschleichend zu beenden. Wenn das Ausschleichen nicht möglich ist, muss der Entzug des Neugeborenen auf einer Kinderintensivstation durchgeführt werden.[48]
L-Polamidon
L-Polamidon:
Ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von L-Polamidon und dem plötzlichen Kindstod wird angenommen. Es wurden neurologische Befunde mit Hörstörungen, geistige und motorische Entwicklungsverzögerungen und Augenanomalien und eine erhöhte Inzidenz von Otitis media beobachtet.[49]
Buprenorphin
Subutex
Subutex:
Es wurden Atemdepressionen bei Neugeborenen beobachtet, wenn gegen Ende der Schwangerschaft hohe Dosen Subutex (auch nach kurzer Dauer der Substitution) konsumiert wurden. Die Reproduktionstoxizität für Tiere wurde durch experimentelle Studien nachgewiesen. Bisher ist das potentielle Risiko in Bezug auf die Reproduktionstoxizität für die Schwangere und den Fötus unbekannt.[50]
Langzeitanwendung während der drei Monate vor der Geburt kann zum neonatalen Abstinenzsyndrom führen. Beobachtet wurden zum Beispiel Hypertonie, neonataler Tremor, neonatale Agitation, Myoklonus oder Krämpfe.[51]
Ein hohes Risiko für die Gesundheit des Fötus stellt der Beikonsum, der zusätzlich zu der Teilnahme an einem Substitutionsprogramm ausgeführt werden kann, dar. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnt „Ein missbräuchlicher nicht bestimmungsgemäßer Beikonsum von Drogen/Suchtstoffen/Arzneimitteln muss insbesondere in der Schwangerschaft und Stillzeit strikt vermieden werden.“[52]
Der Beikonsum der Schwangeren während der Teilnahme an einem Substitutionsprogramm führt laut einer Studie von Ruthard Stachowske, die zwischen Oktober 1996 und Dezember 2006 in der Fachklinik und Jugendhilfeeinrichtung „Therapeutische Gemeinschaft Wilschenbruch“ in Lüneburg mit 100 untersuchten Schwangerschaften (von denen 24 Schwangerschaften unter Substitution mit Beikonsum stattfanden) durchgeführt wurde, zu folgenden Krankheiten: 22 von den geborenen Kindern litten unter neonatalem Abstinenzsyndrom bis zu drei Monate nach dem Entzug; hatten Verhaltens- und emotionale Störungen. 21,7 % der befragten Mütter hatten eine Frühgeburt. Von 24 Müttern machten 21 Mütter falsche Angaben bei ihrem Substitutionsarzt, wie zum Beispiel gefälschte Drogentests. Weitere Krankheiten und Auffälligkeiten werden in der wissenschaftlichen Veröffentlichung der Forschungsarbeit beschrieben.[53]
Naltrexon
Eine Naltrexon-Belastung (die Verabreichung eines Opioid-Antagonisten) soll in der Schwangerschaft nicht vorhanden sein, da es dadurch zu Fehlgeburten und vorzeitigem Wehenbeginn kommen kann. Die vor- und nachgeburtliche Betreuung sollen der betreuende Gynäkologe und ein in Abhängigkeitsfragen geschulter Spezialist in Zusammenarbeit durchführen.[54]
Marihuana
Zu Auswirkungen von Konsum von Marihuana während der Schwangerschaft sind die Daten inkonsistent. Sehr oft werden gleichzeitig andere Substanzen wie Zigaretten und Alkohol konsumiert; zudem könnten die Studienergebnisse durch soziodemographische Risikofaktoren verfälscht werden. Die verfügbaren Erkenntnisse lassen jedoch befürchten, dass das Wachstum des Fötus negativ beeinflusst wird.[55]
Kokain und Crack
Werden während der Schwangerschaft Kokain und Crack konsumiert, erhöht sich das Risiko einer Frühgeburt. Auch das Risiko einer Plazentalösung steigt durch den Konsum dieser Drogen während der Schwangerschaft an. Des Weiteren erhöht Kokain die Wahrscheinlichkeit von Geburtsfehlern, neurologischen Problemen, Krämpfen und Entwicklungsproblemen.
Betäubungsmittel und Opiate
Findet während der Schwangerschaft ein erheblicher und dauerhafter Konsum von Betäubungsmitteln und Opiaten statt, hat dies schädigende Folgen für das Ungeborene. Es kann zu Wachstumsproblemen des Fötus, einer Frühgeburt, dauerhaften Schäden des Gehirns und einer unterdurchschnittlichen Kopfgröße kommen.
Amphetamine und Aufputschmittel
Es gibt wenig Informationen über jene Nebeneffekte, die durch den Konsum von Amphetaminen und Aufputschmitteln während einer Schwangerschaft auftreten. Es ist allerdings bekannt, dass diese Substanzen den Appetit zügeln, wodurch es zu einer Beeinträchtigung des Wachstums des Fötus kommen kann. Untersuchungen haben ergeben, dass ein erhöhtes Risiko von Wachstumsproblemen des Fötus, einschließlich einer kleinen Kopfgröße besteht.
Zudem kann es zu einer Plazentalösung sowie dauerhaften Schäden des Gehirns des Fötus kommen. Der Konsum von Amphetaminen und Aufputschmitteln während einer Schwangerschaft kann dazu führen, dass der Fötus stirbt.
Medikamente
Fast alle Medikamente, auch nicht apothekenpflichtige, können auch auf das werdende Kind besondere Auswirkungen haben. Daher wird die Einnahme in der Regel mit dem behandelnden Arzt abgesprochen. Umfassende Übersichten zur Arzneimittelanwendung während Schwangerschaft und Stillzeit liegen vor; das deutsche Bundesministerium für Gesundheit bietet seit 2008 die Datenbank www.arzneimittel-in-der-schwangerschaft.de.[56][57]
Einige Medikamente haben teratogene Wirkung (beispielsweise Thalidomid (Contergan®)), das heißt, ihre Einnahme kann zu Fehlbildungen führen.
Arzneimittel (auch rezeptfreie und pflanzliche) sollen während der Schwangerschaft nur nach Rücksprache mit einem Arzt oder Apotheker eingenommen werden.
Infektionen während der Schwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Infektionen können zu Fehlgeburten führen und auf das ungeborene bzw. während der Geburt auf das neugeborene Kind übertragen werden und schwere Erkrankungen, bleibende Schäden und den Tod zur Folge haben. Da es bisher für wenige Infektionskrankheiten Impfungen gibt, sollte der Impfschutz der zukünftigen Mutter schon bei Kinderwunsch während der Familienplanung überprüft und ggf. ergänzt werden. Zum Beispiel können die in der Folge genannten Erreger in der Schwangerschaft gefährlich werden.
Bakterien:
Chlamydien (Chlamydia trachomatis): Chlamydien-Konjunktivitis und Pneumonie des Neugeborenen
Gonokokken (Neisseria gonorrhoeae): Gonoblennorrhoe
Listeriose (Listeria monocytogenes): Granulomatosis infantiseptica
Streptokokken der Gruppe B (Streptococcus agalactiae): Sepsis (early-onset) und Meningitis (late-onset) bei Neugeborenen
Syphilis (Treponema pallidum): Lues connata
Protozoen:
Malaria (Plasmodium falciparum)
Toxoplasmose (Toxoplasma gondii)[58][59]
Viren:
COVID-19 (SARS-CoV-2): Während der Schwangerschaft besteht ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19.[60]
Hepatitis B (Hepatitis-B-Virus, HBV)
Hepatitis E (Hepatitis-E-Virus, HEV): ausschließlich asiatischer Genotyp HEV-1, europäischer Typ HEV-3 bei Schwangerschaften irrelevant
Herpes simplex (Herpes-simplex-Virus, HSV): Herpes neonatorum
Humanes Immundefizienz-Virus (HIV): Das HI-Virus wird nicht zwangsläufig von einer infizierten Schwangeren auf das ungeborene Kind übertragen. Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung während der Geburt ist jedoch hoch, wenn keine geeigneten medizinischen Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Das Risiko einer Infektion eines Kindes durch eine HIV-infizierte Mutter während der Schwangerschaft oder während der Geburt wird ohne Behandlung auf etwa 15 bis 30 % geschätzt.
Bei bekannter HIV-Infektion der Mutter kann das Risiko einer Übertragung auf das Kind durch die Gabe antiretroviraler Medikamente und die Geburt durch Kaiserschnitt auf weniger als fünf Prozent vermindert werden.[61][62]
Die notwendigen Maßnahmen zur Vorbeugung gegen die Mutter-Kind-Übertragung von HIV können nur dann erfolgreich eingesetzt werden, wenn die HIV-Infektion der Mutter bekannt ist. Daher empfiehlt die AWMF jeder Schwangeren ein HIV-Antikörpertest anzubieten. Dessen Durchführung ist an die ausdrückliche Zustimmung der werdenden Mutter gebunden.[63]
Influenzavirus
Lymphozytäres Choriomeningitis-Virus (LCMV)
Masern (Masernvirus)
Mumps (Rubulavirus): ausschließlich selten Fehlgeburt im 1. Trimenon
Ringelröteln (Parvovirus B19): fetale Anämie, Hydrops fetalis
Röteln (Rubellavirus): Rötelnembryofetopathie
Windpocken (Varizella-Zoster-Virus, VZV): Varizellenembryofetopathie, perinatal: Neonatale Varizellen
Zytomegalie (Humanes Cytomegalievirus, CMV)
Impfungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Fällige Impfungen mit Totimpfstoffen können den werdenden Müttern nach aktuellen Empfehlungen des in Deutschland dafür zuständigen Robert Koch-Instituts im zweiten und dritten Drittel der Schwangerschaft bedenkenlos verabreicht werden; im ersten Drittel sollten dagegen nur dringend durchzuführende Totstoff-Impfungen vorgenommen werden. Vor einer Schwangerschaft erfolgte Totstoff-Impfungen sind kein Grund zum Aufschub einer Schwangerschaft. Kontraindiziert sind Impfungen mit Lebendimpfstoffen (wie gegen Masern, Mumps und Röteln) ab drei Monaten vor einer und während der gesamten Schwangerschaft. In der anschließenden Stillzeit sind Impfungen generell ohne Beschränkungen möglich.[64]
Zur Impfung gegen COVID-19 siehe auch: COVID-19-Impfung in Deutschland#Schwangere und Stillende
Allogene immunologische Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hat die Schwangere bestimmte Merkmale auf ihren Blutzellen nicht, die aber vom Vater auf das Kind im Mutterleib vererbt wurden, kann die Mutter diese Merkmale als fremd erkennen. Dann bildet die Mutter Antikörper gegen diese. Die Antikörper können in das Kind eindringen und dort die Merkmal-tragenden Blutzellen zerstören. Man spricht bei den Erythrozyten (roten Blutkörperchen) von Rhesus-Inkompatibilität, bei den Thrombozyten (Blutplättchen) von fetaler oder (nach der Geburt) neonataler Alloimmun-Thrombozytopenie und bei den neutrophilen Granulozyten (weiße Blutkörperchen) von fetaler bzw. neonataler Alloimmun-Neutropenie (FAIN bzw. NAIN).
Fehlgeburten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Fehlgeburt
In den ersten drei Monaten der Schwangerschaft ist das Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, relativ groß. Schätzungsweise ein Viertel aller Schwangerschaften enden in den ersten zwölf Wochen (Frühabort). Es wird davon ausgegangen, dass bis zu 50 % der sich in der Gebärmutter einnistenden Eizellen als Frühabort enden. Diese Fehlgeburt wird als verspätete Monatsblutung angesehen und bleibt meist unbemerkt.[65] Eine bewusst wahrgenommene Fehlgeburt kann ein stark traumatisches Erlebnis für eine Frau sein. Um eventuellen Enttäuschungen und dem sozialen Druck zu begegnen, ist es verbreitet, bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche mit der offiziellen Verkündung der Schwangerschaft zu warten.
Schwangerschaftsabbruch aus medizinischen Gründen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Schwangerschaftsabbruch
Im Gegensatz zu Früh- und Fehlgeburten wird bei einer Abtreibung die Schwangerschaft willentlich abgebrochen. Als medizinischer Grund wird eine gesundheitliche Gefährdung der Schwangeren oder eine ihr psychisch nicht zumutbare schwere Behinderung des Fötus angesehen. Abtreibungen aus medizinischen Gründen sind allerdings recht selten. In Deutschland wurden im Jahr 2007 insgesamt 116.871 Schwangerschaften abgebrochen, d. h. 17 pro 100 Geburten.[66]
2014 waren es 99.700 Schwangerschaftsabbrüche, lediglich vier Prozent der Fälle erfolgten durch medizinische und kriminologische Indikationen.[67]
Sonstige Beeinträchtigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schwangerschaftsstreifen (Striae gravidarum) werden sichtbarer nach der Geburt durch Rückbildung des Bauches
Vor, während oder nach einer Schwangerschaft kann es zu weiteren Beeinträchtigungen kommen. Siehe hierzu:
Unfruchtbarkeit
Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (Extrauteringravidität), z. B. Eileiterschwangerschaft
Dehnungsstreifen im Gewebe
Dammriss bei der Geburt
Postpartale Stimmungskrisen
Postnatale Depression
Schwangerschaftstumor (Granuloma gravidarum)
Pruritische urticarielle Papeln und Plaques der Schwangerschaft (schwangerschaftsbedingte Hauterkrankung)
Etwa 35 bis 50 % aller Schwangeren bekommen während ihrer Schwangerschaft eine Gingivitis.[68][69]
Die Atmung der Mutter verändert sich in der Schwangerschaft: Eine erhöhte Atemfrequenz und tiefere Atemzüge erhöhen die Aufnahme von zusätzlichem Sauerstoff für das Kind. Weil dabei Kohlendioxid vermehrt ausgeatmet wird, kommt es zu einer leichten respiratorischen Alkalose des Blutes. Der mütterliche Kohlendioxidwert im arteriellen Blut wird mit 32 mmHg als üblicher Wert angegeben. Gleichzeitig ist die Menge von Bikarbonat im Blut erniedrigt, so dass bei mangelnder Pufferkapazität Schwangere z. B. bei Atmungsproblemen schneller eine Azidose entwickeln.
Sodbrennen in der Schwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Neben den bekannten Erscheinungen während einer Schwangerschaft wie Übelkeit und Rückenschmerzen kann Sodbrennen zu einem Problem werden. Eine Studie hat ergeben, dass mehr als 70 Prozent der Frauen während der Schwangerschaft unter anhaltendem Sodbrennen leiden, diese Beschwerden also mit zu den häufigsten während der Schwangerschaft zählen. Bei vielen Frauen tritt das Sodbrennen erst im letzten Drittel der Schwangerschaft auf und verschwindet nach der Geburt wieder. Für das Sodbrennen während der Schwangerschaft sind zwei Faktoren verantwortlich. Während der Schwangerschaft erzeugt der Mutterkuchen das Hormon Progesteron. Es bewirkt eine Entspannung des Uterusmuskels. Gleichzeitig wird der Schließmuskel, der zwischen der Speiseröhre und dem Magen liegt, mitentspannt. Die Magensäure kann somit in die Speiseröhre aufsteigen.
Die Speiseröhre wird durch die Magensäure gereizt und es entsteht Sodbrennen. Außerdem wird durch das Hormon Progesteron die Verdauung der Frau verlangsamt, und das Kind ist am Ende der Schwangerschaft so weit herangewachsen, dass es den größten Teil des Bauchraums in Anspruch nimmt; dadurch wird der Magen nach oben gedrückt, gleichzeitig wird auch die Magensäure mit nach oben befördert. Das Aufsteigen der Magensäure wird durch diese Position des Magens begünstigt. Durch häufiges Hinlegen wird der Rückfluss der Magensäure ebenfalls erleichtert. Die typischen Symptome für Sodbrennen sind ein brennender Magen, eine brennende Speiseröhre und saures Aufstoßen. Bei anhaltendem Sodbrennen kann es dazu kommen, dass ein Übelkeitsgefühl auftritt. Laut Wissenschaftlern und Ärzten ist das Sodbrennen für Mutter und Kind nicht schädlich.
Frauen, die unter schwangerschaftsbedingtem Sodbrennen leiden, sollten die klassischen Auslöser meiden. Wissenschaftler haben festgestellt, dass in 60 Prozent der Fälle die Ernährung während der Schwangerschaft das Sodbrennen auslöst. Schwangere sollten fettiges und reichliches Essen meiden, auch zu scharfes Essen ist ein guter Nährboden für Sodbrennen. Außerdem sollte man Stress verhindern. Um Sodbrennen in der Schwangerschaft zu verhindern, sollte die Schwangere enge Kleidung vermeiden. Sollte das Sodbrennen für die Schwangere zu unangenehm werden, raten Ärzte dazu einen Termin beim Frauenarzt wahrzunehmen, um über eine eventuelle medikamentöse Behandlung zu sprechen. Man kann Sodbrennen aber auch mit Hausmitteln wie Milch, Wasser oder Bananen entgegenwirken.[70]
Ernährung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig für die Entwicklung des ungeborenen Kindes. Da viele Frauen während der Schwangerschaft zu Obstipation neigen, ist noch mehr als sonst auf eine ballaststoffreiche Mischkost zu achten. Diese sollte außerdem hochwertige Proteine enthalten (etwa 15 %), ausreichend Kohlenhydrate (55 %, möglichst keine schnell resorbierbaren, wegen herabgesetzter Glukosetoleranz) und Fette mit überwiegend ungesättigten Fettsäuren (30 %). Der durchschnittliche Energiebedarf einer Schwangeren beträgt ungefähr 2000 bis 2200 kcal/d, nach dem vierten Monat liegt er bei 2200 bis 2500 kcal/d.
Übergewicht der Mutter führt häufig zu gesundheitlichen Problemen, Geburtsstörungen und Entwicklungsstörungen des Kindes (→ Perinatale Übergewichtsprävention). Die Ernährung spielt nicht nur während der Schwangerschaft, sondern bereits vor der Befruchtung eine wichtige Rolle. So haben schlanke Frauen, die vor und während der Schwangerschaft mindestens dreimal täglich Obst verzehren, weniger Probleme in der Schwangerschaft als andere.[71]
Es wird empfohlen, während der Schwangerschaft auf rohe Lebensmittel vom Tier weitestgehend zu verzichten. Hierzu zählen unter anderem:
Rohmilch und Rohmilchprodukte wie zum Beispiel Weichkäse aus Rohmilch,
rohes Fleisch und Rohwurst wie zum Beispiel Salami oder Teewurst,
roher Fisch und geräucherter Fisch sowie Fischerzeugnisse aus dem Kühlregal.
Diese Lebensmittel bergen Infektionsgefahren, vor allem durch Listerien und Toxoplasmose. Das Gleiche gilt für ungewaschenes Obst und Gemüse.[72]
Vegetarierinnen und Veganerinnen sollten besonders auf eine ausreichende Vitamin-B12-Zufuhr achten und dies eventuell ärztlich kontrollieren lassen.[73]
Darüber hinaus gibt es die folgenden speziellen Bedürfnisse während der Schwangerschaft:
Folsäure[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Folsäure (auch Vitamin B9 genannt) wird besonders zu Beginn der Schwangerschaft in ausreichender Menge benötigt, und damit in einem Zeitraum, in dem die Schwangere möglicherweise von ihrer Schwangerschaft noch gar nicht weiß oder nur einen Kinderwunsch hat.[74]
Folsäure dient dazu, einem Neuralrohrdefekt vorzubeugen. Das Risiko einer schweren Missbildung kann minimiert werden durch Einnahme von Folsäure als Nahrungsergänzungsmittel.[75] Folsäure ist enthalten in Vollkornprodukten, grünem Blattgemüse, Spinat, Brokkoli, Karotten, Spargel, Rosenkohl, Tomaten, Eigelb, Nüssen und Leber. Wobei auf Leber während der Schwangerschaft verzichtet werden soll, weil die hohe Konzentration von Vitamin A toxisch wirken könnte und die Möglichkeit einer Übertragung von in der Leber gespeicherten Schadstoffen besteht. In mehreren Ländern, darunter der Schweiz, Kanada und den USA, wird Folsäure künstlich Lebensmitteln zugesetzt.
Calcium, Eisen und Vitamin D[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Vitamin D#In der Schwangerschaft
Calcium und Eisen werden vom schnell wachsenden Fötus in einem besonders hohen Maße benötigt. Calcium ist in besonders hohen Konzentrationen in Hartkäse und anderen Milchprodukten enthalten; Eisen ist besonders reichhaltig in Fleisch, Hülsenfrüchten und Vollkornbrot enthalten. Leber enthält zwar viel Eisen, jedoch ist der Vitamin-A-Gehalt so hoch, dass er das Kind schädigen kann.[76]
Bei drohendem Eisenmangel (Anämie) können auch Eisenpräparate eingenommen werden. Da Calcium nur bei Vorhandensein von Vitamin D aufgenommen wird, und dieses durch Sonnenlicht gebildet wird, sollte auf einen ausreichenden Aufenthalt im Freien geachtet werden. Auch fettes Fischfleisch (beispielsweise Lachs) ist eine Quelle von Vitamin D. Die Supplementation von Vitamin D in der Schwangerschaft kann unzureichend sein. Defizite fanden Lisa Bodnar und Kollegen in einer Studie bei 80 % der Afroamerikanerinnen und knapp der Hälfte der weißen US-amerikanischen Frauen, und dies obwohl neun von zehn der insgesamt 400 Schwangeren eine Vitamin-Supplementation betrieben.[77]
Omega-3-Fettsäuren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Omega-3-Fettsäuren können vom Körper nicht selbst gebildet werden. Aus der Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure werden hormonähnliche Substanzen gebildet, die Einfluss auf die Dauer der Schwangerschaft haben, während eine andere Omega-3-Fettsäure, Docosahexaensäure, für Aufbau und Funktion von Hirn und Auge (z. B. Bildung von Neuronal-Membranen) wichtig ist. Besonders Seefische wie Lachs, Sardelle, Sardine, Makrele oder Thunfisch liefern die beiden langkettigen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaen- und Docosahexaensäure. Langlebige Raubfische wie Thun- oder Schwertfisch weisen jedoch häufig einen relativ hohen Quecksilberanteil auf, so dass sie für Schwangere wenig geeignet sind.[78]
Roher Fisch sollte vermieden werden.[79] In Lein-, Hanf-, Walnuss- und Rapsöl ist die pflanzliche Omega-3-Fettsäure alpha-Linolensäure enthalten, die bei unseren Ernährungsgewohnheiten nur unzureichend zu Eicosapentaen- und zu Docosahexaensäure verwandelt wird.[80]
In der Plazenta sitzt ein Protein, das die Versorgung des heranwachsenden Kindes vor allem mit Docosahexaensäure sicherstellt – auf Kosten der Mutter.[81] Ist die Versorgung der Mutter mit Omega-3-Fettsäuren besonders gut, dann treten weniger Frühgeburtsbestrebungen auf, die Schwangerschaft wird etwas länger (plus 1,6 bis 2,6 Tage), und es treten weniger Wochenbettdepressionen auf.[82]
Die Autoren empfehlen, während der Schwangerschaft mindestens 200 mg DHA/Tag einzunehmen, wobei darauf hingewiesen wurde, dass bis 2,7 g/Tag Omega-3-Fettsäuren in wissenschaftlichen Studien ohne bedeutende Nebenwirkungen vertragen wurden. Früh in der Schwangerschaft sollten Mängel in der Ernährung erkannt werden.[82] Hierzu eignet sich der Omega-3-Index (Gehalt an Omega-3-Fettsäuren im Langzeitspeicher, den roten Blutkörperchen).
Jod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jodmangel in der Schwangerschaft kann Ursache für eine Kropfbildung beim Ungeborenen sein, aber auch Auslöser für mangelhaftes Wachstum, eine Störung der Gehirnentwicklung oder Fehl- und Totgeburten sein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt regelmäßig Milch und Milchprodukte zu essen sowie ausschließlich jodiertes Speisesalz zu verwenden. Häufig ist eine zusätzliche Einnahme von Jodidtabletten notwendig.[83]
Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nüsse gelten als wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung (→ Wirkung von Nüssen auf die Gesundheit). Früher wurde empfohlen, während der Schwangerschaft keine Erdnüsse und andere Nüsse zu essen. Das könne beim Kind in der Zukunft zu einer Unverträglichkeit oder Allergie führen.[84]
Eine 2014 erschienene Studie hat gezeigt, dass gerade die frühzeitige Konfrontation mit Allergenen spätere Allergien verhindern kann.[85] Demnach ist ein Verzehr von Nüssen in Maßen zu empfehlen.
Durch das Essen von 76 g Datteln täglich ab vier Wochen vor dem Entbindungstermin lässt sich die Geburt deutlich beschleunigen (von durchschnittlich 10 Stunden auf 6 Stunden), wie eine randomisierte Studie aus dem Iran 2017 fand.[86][87] Damit wurde das Ergebnis einer jordanischen Forschergruppe aus dem Jahr 2011 bestätigt (kontrolliert-randomisierte Studie).[88]
Vorbereitung auf die Geburt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Positive Verhaltensweisen der Mutter auf das ungeborene Kind
Sport in der Schwangerschaft
Linda May hat die Auswirkungen von Sport in der Schwangerschaft auf die Gesundheit des kindlichen Herzens untersucht. Bei Frauen, die in der Schwangerschaft mindestens dreimal pro Woche Sport getrieben haben, war die Herzrate des Fötus langsamer und variabler. Dies gilt als ein Zeichen für ein gesundes Herz. Die Ungeborenen zeigen einen Trainingseffekt, obwohl in erster Linie die Mütter sich anstrengen. Die Untersuchung der Babys nach der Geburt zeigte, dass sich die Neugeborenen umso trainierter erwiesen, je mehr sich die Mütter während der Schwangerschaft bewegt hatten. May führt als mögliche Erklärung an, dass während des Sports Hormone ausgeschüttet werden und durch die Plazenta ins Babyblut gelangen. Dort sollen die Hormone das Herz des Ungeborenen stimulieren.[89]
Überlastung sollte jedoch vermieden werden, da eine höhere Verletzungsgefahr durch gelockerte Bänder, Sehnen und Gelenke besteht. Auch eine Überhitzung durch Anstrengung vor allem zu Schwangerschaftsbeginn ist nicht gut für die Embryonalentwicklung.
Klassische Musik hören
Die Auswirkungen von klassischer Musik in der Schwangerschaft haben Völckers und Weisner untersucht. Unter Musikeinfluss scheint sich das Kind im Bauch weniger zu bewegen, die Herzfrequenz scheint zu sinken.[90]
Geburtsvorbereitungskurse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Geburtsvorbereitung
Zur Vorbereitung auf die Geburt können Schwangere zusammen mit dem Partner einen Geburtsvorbereitungskurs besuchen, der als regelmäßiger wöchentlicher Termin oder als Wochenendkurs von Hebammenpraxen, Geburts- und Krankenhäusern angeboten wird. Inhalte dieser Kurse sind unter anderem Aufstellen eines Geburtsplans (Wahl des Geburtsorts, Geburtspositionen), natürliche Schmerzverarbeitung, künstliche Schmerzmittel und Anästhesietechniken, Beckenbodentraining, Entspannungsübungen, psychologische und soziale Aspekte der Familiengründung, Stillen und Säuglingspflege. Eine Unterstützung zur Geburtsvorbereitung ist die Haptonomie.
Geburtsort[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bis 1950 war es in Deutschland selbstverständlich, zu Hause zu gebären. Seitdem sind die Hausgeburten stetig rückläufig und heute werden 97 % der Kinder in Krankenhäusern geboren, insbesondere bei Risikoschwangerschaften.[91] Daneben gibt es die Alternativen einer Geburt im Geburtshaus. In Entwicklungsländern wird aufgrund der allgemein schlechten medizinischen Versorgung nur eine von zwei Geburten von einem Arzt oder einer Hebamme betreut (siehe Müttersterblichkeit).
Vorgeburtliche Kontaktaufnahme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ungefähr ab der 18. Schwangerschaftswoche können Bewegungen des Fötus für die Schwangere spürbar sein. Frühestens ab der 23. Woche lässt sich der Herzschlag mit einem Stethoskop hören. Andere Personen können ab dem sechsten Monat Bewegungen des Ungeborenen durch die Bauchdecke spüren. Durch moderne medizinische Methoden (beispielsweise Sonografie) lässt sich nachweisen, dass der Fötus bereits im Mutterleib weit entwickelte Sinne besitzt und seine Außenwelt wahrnehmen kann (Stimme der Mutter, Musik, Bewegung).
Gesellschaftliche Aspekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Venus von Willendorf
Allgemeines[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In den meisten Kulturkreisen besitzt die schwangere Frau einen besonderen gesellschaftlichen Status, und es wird ihr eine besondere (schonende) Behandlung zuteil. Gleichzeitig werden Erwartungen an sie gerichtet, die großen psychischen Druck auf sie ausüben können, beispielsweise Söhne als Stammhalter zu gebären (Indien, China, Naher Osten). In vielen traditionellen Gesellschaften muss einer Schwangerschaft eine Ehe vorausgehen, anderenfalls hat dies die soziale Ächtung der werdenden Mutter und des unehelichen Kindes zur Folge.
Dem Bild einer Schwangeren wird oft als Fruchtbarkeitssymbol mystische Bedeutung zugemessen. Ein Hinweis auf einen Fruchtbarkeitskult in Mitteleuropa in prähistorischer Zeit ist die Venus von Willendorf, 25.000 v. Chr. mit ihren überzeichneten weiblichen Geschlechtsmerkmalen (große Brüste, üppiger Bauch, prominenter Venushügel).
Insgesamt begleiten zahlreiche, (zumeist von der Volkskunde und Ethnologie untersuchte) Bräuche die Schwangerschaft, etwa mit volksmedizinischem oder religiösem Hintergrund.[92]
Ein moderner Brauch ist die Babyparty. Der finnische Gesundheitsdienst schenkt werdenden Eltern, die an den vorgesehenen Vorsorgeuntersuchungen teilgenommen haben, nach der 22. Schwangerschaftswoche ein Mutterschaftspaket mit einer Babyausstattung für das erste Lebensjahr.
Auch in der Familiensoziologie ist die Schwangerschaft ein bedeutsames Thema, denn das kommende Kind wird in mannigfachen sozialen Rollen (z. B. als künftiger Erbe oder Sozialhilfeempfänger) schon vorab sozial platziert werden müssen (dies beschleunigt z. B. Hochzeiten), und das Verhältnis der Eltern zueinander und in ihrem sozialen Umfeld (etwa in der Ehe) wird gleichfalls vorab geändert (auffällig in Erbmonarchien).
Giotto di BondoneMariä Heimsuchung, um 1305
Künstlerische Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In den Bildenden Künsten besteht infolge der Bedeutung der Muttergottes im Christentum eine lange Tradition von Darstellungen der Schwangeren. Moderne Künstlerinnen wie Vanessa Beecroft, Louise Bourgeois, Annegret Soltau oder Ron Mueck haben sich bemüht, die Schönheit der schwangeren Frau im Spannungsfeld von Biologie und Selbstbestimmung darzustellen. In der Kunstphilosophie ist dafür der schillernde Begriff „Wunderbauch“ geprägt worden.[93]
In der Literatur ist auf zahlreiche Behandlungen hinzuweisen, vor allem auch im Zusammenhang einer unehelichen Schwangerschaft – ein klassisches Beispiel ist die „Gretchentragödie“ in Goethes Faust.
Demografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Durchschnittsalter der Erstgebärenden ist in vielen europäischen Ländern angestiegen. In Westdeutschland lag es 1975 bei 24,8 Jahren, in Ostdeutschland bei 21,8 Jahren. Im Jahr 2000 betrug das durchschnittliche Alter westdeutscher Erstgebärender 29 Jahre, in Ostdeutschland 28,4 Jahre.
In den meisten westlichen Industrieländern gibt es ein Geburtendefizit (siehe auch Demografie, Demografie Deutschlands).[94]
Gewollte, ungewollte und erzwungene Schwangerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Reproduktionsmedizin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Reproduktionsmedizin bietet heute ungewollt kinderlosen Paaren eine Reihe von möglichen Maßnahmen: Fertilitätsbehandlung, künstliche Befruchtung (Retortenbaby), Leihmutterschaft.
Erzwungene Schwangerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Unter einer erzwungenen Schwangerschaft versteht man eine solche Schwangerschaft, die der Mutter aufgezwungen wurde, etwa im Rahmen von Sklaverei, einer Zwangsheirat oder eines Genozids. Erzwungene Schwangerschaften können im Völkerstrafrecht als Kriegsverbrechen,[95] Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord strafbar sein.
Ungewollte Schwangerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In den Jahren von 2015 bis 2019 wurden jedes Jahr durchschnittlich ca. 6 von 100 Frauen weltweit ungeplant schwanger (d. h. insgesamt 121 Millionen Schwangerschaften jährlich). Vor 30 Jahren (1990 bis 1994) hatten noch ca. 8 von 100 Frauen (im Alter von 15 bis 49 Jahren) eine ungewollte Schwangerschaft. Weltweit werden 61 Prozent der nicht geplanten Schwangerschaften abgebrochen.[96]
Laut einer Studie aus dem Jahr 2003 sind 92 % aller Schwangerschaften bei Teenagern ungeplant. Geringe Bildung und mangelnde sexuelle Aufklärung gehören zu den Ursachen für ungewollte Schwangerschaften bei jungen Mädchen, wobei sich die Zahlen der Schwangerschaftsabbrüche aber auch der minderjährigen Mütter erhöhen.[97][98]
Schwangerschaftsabbruch aus sozialen Gründen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Schwangerschaftsabbruch
Ein Versagen der Verhütung, ungenügende Empfängnisverhütung, schlechte Familienplanung oder auch Straftaten (Vergewaltigung) können zu ungewollten Schwangerschaften führen. Derzeit stellen die sozialen Gründe in Deutschland die Hauptmotive für Abtreibungen.
Von den 110.694 Schwangerschaftsabbrüchen im Jahr 2009 waren nur 2,9 % medizinisch oder kriminologisch (bei Vorliegen dringender Gründe für die Annahme, dass die Schwangerschaft auf einem Sexualdelikt beruht[99]) indiziert.
Vor einigen Jahrzehnten noch kriminalisiert, ist in den meisten westeuropäischen Staaten ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft inzwischen straffrei. Sehr streng ist die Handhabung in Malta und Polen. In Deutschland kann ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb der vollendeten ersten 14 Wochen, gerechnet ab der letzten Monatsblutung (12 Wochen ab Befruchtung) stattfinden, sofern ihm eine Schwangerschaftskonfliktberatung vorausgegangen ist.
Bei bestehender medizinischer Notwendigkeit (ernsthafte Gefahr für die Gesundheit der Mutter) ist ein Schwangerschaftsabbruch theoretisch bis zur Geburt möglich (s. o.).[100]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Körpergeschichte
Psychische Folgen ungewollter Mutterschaft
Umstandskleidung
Verdrängte Schwangerschaft
Gesetzliche Schutzmaßnahmen der Schwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
An eine Schwangerschaft sind in den meisten europäischen Ländern verschiedene gesetzliche Regelungen zum Schutz von Mutter und Kind gekoppelt, z. B. Kündigungsschutz. Bestimmte Tätigkeiten wie das Heben schwerer Lasten oder Nachtarbeit dürfen nicht mehr ausgeführt werden. In Deutschland beginnt der Mutterschutz sechs Wochen vor dem mutmaßlichen Entbindungstermin und erstreckt sich bis acht Wochen nach der Geburt, bei Frühgeburten und Mehrlingsgeburten bis zwölf Wochen danach.
Absicherung in der Schwangerschaft und Erziehungszeit in DeutschlandVereinfachte Darstellung
Zeitraum/ -punkt
Vor der Schwanger- schaft
Beginn der Schwanger- schaft
Mitteilung an den Arbeit- geber
restliche Zeit der Schwanger- schaft
6 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin
Tag der Geburt
8 Wochen nach der Geburt
bis 4 Monatenach der Geburt
bis 12 Monatenach der Geburt
max. bis zur Vollendung des 3. Lebensjahrs (teilw. bis zur Vollendung des 8. Lebensjahrs)
Wieder- einstieg in die Arbeit
Kinder- erziehung
Nach der Kinder- erziehung
Arbeitsentgelt und andere finanzielle Leistungen:
Nettogehalt x € / Monat§ 611 BGB
Mutterschaftsgeld: 13 € / Tag§§ 19-20 MuSchG
Nettogehalt x € / Monat§ 611 BGB
Anspruch auf Entgeltfortzahlung, § 18 MuSchG
Nettogehalt x € / Monat abzgl. Mutterschaftsgeld§§ 19-20 MuSchG
Elterngeldminimal 300 €, max. 1800 €§§ 1–6 BEEG
Kindergeld 250 € / Monat, bzw. Kinderfreibetrag, §§ 31–32, 62–78 EStG
Recht auf unbezahlte Freistellung:
Elternzeit, §§ 15–16 BEEG
Recht auf Teilzeitarbeit:
§ 8 TzBfG
§§ 15–16 BEEG
§ 8 TzBfG
Besonderer Arbeitsschutz:
Mutterschutz, MuSchArbV (EG-Mutterschutz-Richtlinie)
Beschäftigungsverbot:
ggf. Beschäftigungsverbot gemäß §§ 3 bis 6 MuSchG
Mutterschutz, §§ 3 bis 6 MuSchG
optional
gesetzlich vorgeschrieben(12 statt 8 Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten oder ärztlich festgestellter Behinderung)
Kündigungsschutz:
§ 17 MuSchG (der Kündigungsschutz besteht auch nach einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche für 4 Monate fort)
§§ 18–19 BEEG
Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!
Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die jüngste Person, die ein gesundes Kind zur Welt brachte, war die Peruanerin Lina Medina (siehe auch: Mutterschaft Minderjähriger). Der Beginn der Schwangerschaft erfolgte im Alter von vier Jahren, bei der Geburt ihres Sohnes war sie fünfeinhalb Jahre alt. Der weltweite Altersrekord bei einer Entbindung wird derzeit von einer Spanierin aus Barcelona gehalten, die 2006 nach einer künstlichen Befruchtung im Alter von 67 Jahren Zwillinge zur Welt brachte.[101]
Die jüngste Mutter von sieben Kindern dürfte ein 16-jähriges Mädchen aus Argentinien sein, das 2008 zum zweiten Mal Drillinge, wieder drei Mädchen, bekommen hat.[102] Nachdem sie mit 14 Jahren als erstes Kind einen Sohn bekommen hatte, brachte sie 2006 Drillinge zur Welt. Vor der Geburt ihres Sohnes hatte sie nach eigener Aussage bereits ein Kind durch eine Fehlgeburt verloren.[103]
Aus dem Urin schwangerer Frauen wurde in den 1930er Jahren in der Sowjetunion „Gravidan“ gewonnen, das angeblich Glücksgefühle hervorrufen soll.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Barbara Duden, Jürgen Schlumbohm, Patrice Veit (Hrsg.): Geschichte des Ungeborenen: Zur Erfahrungs- und Wissenschaftsgeschichte der Schwangerschaft, 17.–20. Jahrhunderts. 2. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-35182-8.
Roman Hippéli, Gundolf Keil: Zehn Monde Menschwerdung. Ein Schöpfungsbericht „Vom Ei bis zur Geburt“. Gezeichnet, erzählt und ausgeschmückt mit Themen aus der Reihe Ars phanatomica. Basotherm, Biberach an der Riß 1982; 4. Auflage ebenda 1984.
Jürgen Kleinebrecht [Begr.], Klaus Friese, Klaus Mörike, Gerd Neumann, Adolf Windorfer: Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit – ein Leitfaden für Ärzte und Apotheker, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2016, 8. völlig neu bearbeitete Auflage, Erscheint auch als Online-Ausgabe: Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit, ISBN 978-3-8047-2948-3.
Jörg Otto Meier, Babys machen Mütter stark. Frauen über Schwangerschaft und Geburt, Väter und Kinder. Rowohlt, Reinbek 2000, ISBN 3-499-60954-1.
Lennart Nilsson: Ein Kind entsteht. Bilddokumentation über die Entwicklung des Lebens im Mutterleib. Fotos: Lennart Nilsson. Text: Lars Hamberger. Übersetzung: Angelika Kutsch. Mosaik, München 1995, ISBN 3-576-04918-5.
Werner Rath, Klaus Friese: Erkrankungen in der Schwangerschaft. Thieme, Stuttgart 2004, ISBN 3-13-136271-5.
Franz Renggli: Das goldene Tor zum Leben. Wie unser Trauma aus Geburt und Schwangerschaft ausheilen kann. 1. Auflage. Arkana (Verlagsgruppe Random House GmbH), München 2013, ISBN 978-3-442-34141-2.
Christof Schaefer, Horst Spielmann, Klaus Vetter: Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit. Urban & Fischer, 2006, ISBN 3-437-21332-6.
Andrea Stiefel, Christine Geist: Hebammenkunde. Hippokrates, 2005, ISBN 3-8304-5311-6.
Renate Berger: Zwischen Leben und Tod, Zur Mutterimago bei Niki de St. Phalle, Ulrike Rosenbach, Mary Kelly und Annegret Soltau. In: Renate Möhrmann (Hrsg.): Verklärt, verkitscht, vergessen, Die Mutter als ästhetische Figur. Metzler, Stuttgart / Weimar 1996, ISBN 3-476-01302-2, S. 354–371.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wiktionary: Schwangerschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Schwangerschaft – Sammlung von Bildern
Literatur von und über Schwangerschaft im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Schwangerschaft und Geburt – Informationen bei Gesundheitsinformation.de (Online-Angebot des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen)
Frauenärzte-im-Netz.de – Information zu Schwangerschaft und Geburt
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ a b Joachim W. Dudenhausen, Willibald Pschyrembel, Michael Obladen, Dieter Grab: Praktische Geburtshilfe. Walter de Gruyter, 2011, ISBN 978-3-11-022869-4, S. 19.
↑ zwanger (een kind dragend). In: Marlies Philippa et al.: Etymologisch Woordenboek van het Nederlands. Amsterdam University Press, Amsterdam 2003–2009.
↑ schwanger. In: Friederich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25. erweiterte und durchgesehene Auflage, bearbeitet von Elmar Seebold. De Gruyter, Berlin/Boston 2011.
↑ schwanger. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 15: Schiefeln–Seele – (IX). S. Hirzel, Leipzig 1899, Sp. 2230–2237 (woerterbuchnetz.de).
↑ Wolfgang Caspar: Medizinische Terminologie. 2. Ausgabe. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2007, S. 151.
↑ John Sutherland: Introduction zu W. M. Thackeray: Vanity Fair. Oxford University Press, Oxford und New York 1983, S. xxiv, sowie Neal B. Houston: A Brief Inquiry into the Morality of Amelia in Vanity Fair, in: The Victorian Newsletter 30, 1966, S. 23–24.
↑ Duden – Das Synonymwörterbuch. Ein Wörterbuch sinnverwandter Wörter. 4. Auflage. Dudenverlag, Mannheim [u. a.] 2006, S. 803, s. v. schwanger und schwanger sein.
↑ Braten. In: Duden – Redewendungen. Wörterbuch der deutschen Idiomatik. 3. überarb. und aktualisierte Auflage. Dudenverlag, Mannheim [u. a.] 2008, S. 132.
↑ sprachnudel.de
↑ Karin Böke: Vom „werdenden Leben“ zum „ungeborenen Kind“. Redestrategien in der Diskussion um die Reform des § 218. In: Frank Liedtke, Martin Wengeler, Karin Böke (Hrsg.): Begriffe besetzen: Strategien des Sprachgebrauchs in der Politik. Westdeutscher Verlag, Opladen 1991, S. 205–219.
↑ Eine Schwangerschaft dauert entsprechend der ursprünglichen Berechnung zehn Lunarmonate, d. h. jeder Monat wird mit 28 Tagen angenommen (daraus ergibt sich: 10 × 28 Tage = 40 Wochen) siehe Mamiweb.de, 40 Schwangerschaftswochen.
↑ S. Müller-Lissner, C. Benkwitz: Schwangerschaftsbedingte Funktionsstörungen. In: G. Adler: Klinische Gastroenterologie und Stoffwechsel. Springer Verlag, 2000, ISBN 3-540-65059-8, S. 1005.
↑ Franz Kainer: Facharzt Geburtsmedizin. Elsevier, Urban & Fischer Verlag, 2005, ISBN 3-437-23750-0, S. 399.
↑ Musculoskeletal System. (Memento vom 2. Januar 2013 im Webarchiv archive.today) (englisch)
↑ Die wichtigsten Ereignisse von der dritten bis zur achten Woche der Entwicklung (Memento vom 1. Mai 2013 im Internet Archive)
↑ The Visible Embryo.
↑ a b F. P. Hadlock u. a.: Fetal Crown-Rump Length: Reevaluation of Relation to Menstrual Age (5–18 weeks) with High-Resolution Real-Time US. In: Radiology. 182, 1992, S. 501–505.
↑ Susan J. Lee, Henry J. Peter Ralston, Eleanor A. Drey, John Colin Partridge, Mark A. Rosen: Fetal Pain: A Systematic Multidisciplinary Review of the Evidence. In: Journal of the American Medical Association. 294 (8) 2005, S. 947–954.
↑ Ab dem sechsten Monat wird die Größe des Fötus in der Regel nicht mehr vom Scheitel bis zum Steiß, sondern bis zur Fußsohle angegeben.
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↑ Gemeinsamer Bundesausschuss: Mutterschafts-Richtlinien - Richtlinien über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung. Abgerufen am 3. August 2021.
↑ Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Cornelia Möhring, Birgit Wöllert, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/738 – Wirtschaftliche Lage der Hebammen und Entbindungspfleger. Nr. 18/900, 21. März 2014, ISSN 0722-8333, S. 11 (bundestag.de [PDF]).
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↑ Beipackzettel Methadicct 5 mg Tabletten von Hexal. Bearbeitungsstand 4. September 2013.
↑ Beipackzettel L-Polamidon Lösung z. Substitution. Bearbeitungsstand 1. Juni 2010.
↑ Beipackzettel Subutex 2 mg Sublingualtabletten. Bearbeitungsstand 18. August 2010.
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| Schwangere Frau Entwicklungsstadien des Kindes während der Schwangerschaft Eine Frau im achten Monat der Schwangerschaft Die Schwangerschaft (fachsprachlich auch Gestation oder Gravidität, lateinisch graviditas) ist der Zeitraum, in dem eine befruchtete Eizelle im Körper einer werdenden Mutter, genannt Schwangere, zu einem Kind heranreift. Die Schwangerschaft bei Menschen dauert bei normalem Verlauf von der Befruchtung bis zur Geburt durchschnittlich 38 Wochen, mit einer Schwankungsbreite von mehreren Wochen.[1] In den ersten acht Wochen nach der Befruchtung der Eizelle wird das heranreifende Kind als Embryo bezeichnet. Nachdem die inneren Organe ausgebildet sind (ab der neunten Entwicklungswoche), wird die Bezeichnung Fötus (auch Fetus) verwendet. Sprachliches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Adjektiv schwanger (von althochdeutsch swangar, mittelhochdeutsch und mittelniederdeutsch swanger) ist in unveränderter Bedeutung seit dem 8. Jahrhundert nachweisbar, also schon in einigen der ältesten Zeugnisse der deutschen Sprache. Die weitere Herleitung ist nicht ganz klar. Eine exakte Entsprechung findet sich nur im niederländischen zwanger, das indes eine späte Entlehnung (16./17. Jh.) aus dem Deutschen darstellt.[2] Sicher verwandt ist sonst nur das altenglische swongor, swangor, schwer, schwerfällig, langsam, träge , in dem sich wohl die ursprüngliche, auf indogermanisch su(e)nk ( schwerfällig, schwanger, schwer sein ) zurückführbare Bedeutung des Wortes (west- oder urgermanisch (?) *swangra) erhalten hat, anschließen lässt sich vielleicht auch litauisch sunk s, beschwerlich. [3][4] Das Substantiv Schwangerschaft wird im Allgemeinen nur in Bezug auf Menschen gebraucht, bei anderen lebendgebärenden Säugetieren (Eutheria) spricht man von Trächtigkeit . In der Fachsprache der Medizin wird die Schwangerschaft auch mit den lateinischen Begriffen graviditas oder gestatio bezeichnet, eingedeutscht auch Gravidität bzw. Gestation .[5] Ereignisse, die während der Schwangerschaft eintreten, werden als präpartal , antepartal oder peripartal bezeichnet, so sie die Mutter betreffen (bspw. präpartale Blutung), hingegen als pränatal , antenatal oder perinatal , so sie den Fötus betreffen (bspw. pränatale Wachstumsretardierung). Redensartlich gibt es zahlreiche Umschreibungen für Schwangerschaft. Ein verbreiteter Euphemismus ist in Umständen sein (auch in anderen Umständen oder besonderen Umständen ), ihm verdankt sich die Bezeichnung Umstandskleidung für Kleidungsstücke, die dem Babybauch schwangerer Frauen Rechnung tragen. Im Englischen entspricht ihm die Wendung interesting condition (wörtlich interessanter Zustand ), der eine beträchtliche Rolle in der Deutung eines Werks der Weltliteratur zukommt: in William Makepeace Thackerays Roman Vanity Fair (1847/1848, dt. Jahrmarkt der Eitelkeit ) bemerkt der Erzähler beiläufig, dass die Protagonistin Amelia Sedley eine der keuschesten Jungfern der englischen Literatur sich in einer most interesting situation befinde, dies allerdings schon im 26. Kapitel, also durchaus vor ihrer Hochzeit.[6] Ein Kind unter dem Herzen tragen geht auf Martin Luthers Bibelübersetzung zurück (Tob 4,4 EU und 2 Makk 7,27 EU), wird aber ebenso wie guter Hoffnung sein fast nur noch ironisch gebraucht. Veraltet sind schweren Leibes oder auch gesegneten Leibes sein/gehen , und gehoben ausgedrückt Mutterfreuden entgegensehen .[7] Derbe Redewendungen sind einen Braten in der Röhre haben [8] oder ein Brot im Ofen haben .[9] Neutral und allgemein gebräuchlich ist ein Kind erwarten , unverfänglich ist auch werdende Mutter für schwangere Frau , ideologisch geladen ist jedoch die Bezeichnung ungeborenes Kind und besonders stark aufgeladen werdendes Leben für den Fötus, da sie in der gesellschaftlichen Debatte um den Schwangerschaftsabbruch vor allem von Abtreibungsgegnern (der Lebensrechtsbewegung) gebraucht wird, ihren Gegnern aber als Kampfbegriff gilt.[10] In der Rechtswissenschaft wird an ihrer statt oft der zwar eigentlich gleichbedeutende, aber diskursiv neutrale lateinische Begriff Nasciturus ( der geboren werden wird ) verwendet. Feststellung der Schwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Schwangerschaftszeichen und Schwangerschaftstest Positiver Schwangerschaftstest Der Beginn der Schwangerschaft kann erst nach ein paar Tagen nach dem Geschlechtsverkehr auf verschiedene Art und Weise festgestellt werden. In der Abgrenzung zu Scheinschwangerschaften unterscheidet man zwischen unsicheren, wahrscheinlichen und sicheren Schwangerschaftszeichen. Das Ausbleiben der Monatsblutung, morgendliches Erbrechen und Übelkeit sind unsichere Schwangerschaftszeichen. Ein Schwangerschaftstest über die Messung der Konzentration des Schwangerschaftshormons (hCG-Hormon) im Blut oder im Urin gilt als wahrscheinliches, jedoch nicht sicheres Schwangerschaftszeichen. Als sicher gilt der Nachweis eines Fötus, beispielsweise durch Sonografie, das Hören von Herztönen oder Fühlen von Kindsbewegungen. Führt man die erste Ultraschalluntersuchung vor oder am Anfang der fünften Schwangerschaftswoche durch, kann trotz bestehender Schwangerschaft eine embryonale Anlage, insbesondere in der Nähe der Eileiter, zuweilen noch nicht dargestellt werden. Dies wird umgangssprachlich auch als Eckenhocker bezeichnet. Berechnung des Geburtstermins[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Schwangerschaftsdauer Die Schwangerschaft dauert von der Befruchtung bis zur Geburt durchschnittlich 268 Tage. Üblicherweise wird die Dauer der Schwangerschaft jedoch ab dem ersten Tag der letzten Menstruation gerechnet, da dies für viele Frauen die einzig bekannte Bezugsgröße darstellt. Die Berechnung erfolgt mit der Naegele-Regel, in die außerdem die Dauer des Menstruationszyklus einfließt. Die Befruchtung findet nach dieser Rechenweise in der zweiten Schwangerschaftswoche (SSW) statt. Die ab dem ersten Tag der letzten Menstruation gerechnete Schwangerschaft dauert durchschnittlich etwa 280 Tage oder 40 Wochen.[11] Traditionell wird die Dauer der Schwangerschaft mit neun Monaten angegeben. Mediziner nehmen zur Vereinfachung jedoch Monate zu jeweils vier Wochen an (sogenannte Mondmonate, die ein bis zwei Tage kürzer als astronomische oder kalendarische Mondmonate sind, siehe Lunation); die Schwangerschaft dauert demnach zehn Mondmonate statt neun Kalendermonate. Exakt am Tag des berechneten Termins kommen vier Prozent der Kinder zur Welt, innerhalb von einer Woche (Termin 3 Tage) um den errechneten Geburtstermin herum 26 % und innerhalb von drei Wochen (= 10 Tage) um den errechneten Geburtstermin 66 %. Eine Geburt vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche ( 21 Tage) wird als Frühgeburt bezeichnet.[1] In Industrieländern wird, besonders in einem frühen Stadium der Schwangerschaft, der tatsächliche Fortschritt der Schwangerschaft anhand von Ultraschalluntersuchungen verifiziert. Schwangerschaftsverlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Schwangerschaftsverlauf wird eingeteilt in drei Abschnitte zu drei Monaten (medizinisch Trimenon oder Trimester), beziehungsweise je 13 Schwangerschaftswochen. Die Bezeichnung Trimenon wurde von Ernst Moro eingeführt. Das Alter der Schwangerschaft vom Tag der Empfängnis wird mit post conceptionem (p.c.) bezeichnet. Da der Empfängnistermin (Syn. Konzeptionstermin) selten genau festgelegt werden kann, wird in der Medizin vom ersten Tag der letzten Menstruation an, post menstruationem (p.m.), gerechnet. Das Alter des Embryos/Fötus beträgt effektiv also etwa zwei Wochen weniger als die Schwangerschaftswoche (SSW). In der Folge wird, ohne weiteren Hinweis, die Schwangerschaftsdauer in SSW (p.m.) angegeben. Erstes Trimenon[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im ersten Trimenon entwickelt sich der Embryo besonders rasch. Für die Schwangere geht der Beginn der Schwangerschaft mit sehr großen hormonellen Umstellungen einher, was bei etwa 50 bis 90 % der Betroffenen zu teilweise sehr stark ausgeprägter Übelkeit, bei 25 bis 50 % auch zu Erbrechen führt, die sich aber im weiteren Verlauf der Schwangerschaft meist wieder legt.[12][13] Ab der dritten Woche kann die Empfindlichkeit der Brust zunehmen, meist einhergehend mit einem Spannungsgefühl. Da die meisten Spontanaborte (Abgänge) bis zur zwölften SSW vorkommen, wird bis zu diesem Zeitpunkt oft auf eine Bekanntgabe der Schwangerschaft verzichtet. Erster Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Embryogenese und Embryologie Schwangerschaftswoche 3 4: Befruchtung und Einnistung Die natürlicherweise beim Geschlechtsverkehr beziehungsweise bei der (u. U. auch künstlichen) Insemination in die Vagina gelangten Spermien wandern durch die Gebärmutter (Uterus) bis in die Ampulle des Eileiters. Dort treffen sie auf die nach der Ovulation (Eisprung) vom Fimbrientrichter aufgenommene Eizelle. Nach dem Eindringen (Imprägnation) kommt es zur zweiten Reifeteilung mit Verlust eines Polkörperchens. Die beiden Chromosomensätze von Eizelle und Spermium verschmelzen miteinander (Konjugation) und bilden nun eine entwicklungsfähige Zelle (Zygote), die innerhalb von drei Tagen unter hormoneller Steuerung in die Gebärmutter wandert. In dieser Zeit erfolgen die Zellteilungen über die Morula zur Keimblase oder Blastozyste. 24 Stunden nach der Befruchtung beginnt aus den Zellen der frühen Form der Plazenta (Mutterkuchen) dem so genannten Synzytiotrophoblast die Produktion des Hormons hCG. Dieses stimuliert im Gelbkörper im Eierstock die Ausschüttung eines weiteren Hormons, Progesteron, welches den Eierstöcken signalisiert, dass für die nächste Zeit keine Eisprünge notwendig sind die Menstruation bleibt aus. Gleichzeitig haben diese Hormone für die Auflockerung der Gebärmutterschleimhaut gesorgt, um die Einnistung der Blastozyste zu erleichtern. Die Einnistung in der Gebärmutterwand beginnt circa am fünften Tag nach der Befruchtung und ist nach 14 Tagen abgeschlossen. Bis dahin ist die Zwillingsbildung möglich. Die Blastozyste teilt sich nun in ihre äußere Schicht, den Trophoblasten, woraus sich die Plazenta entwickelt, und den Embryoblasten, aus welchem der Embryo entsteht. Das die beiden Teile verbindende Gewebe wird zur Nabelschnur. Zweiter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Schwangerschaftswoche 5 8: Anlage der größeren Organe Der Körper der Schwangeren stellt sich nun auf die Schwangerschaft ein. Dies ist sehr häufig mit Beschwerden wie morgendlicher Übelkeit, Brechreiz und Schwangerschaftserbrechen verbunden, die durch das Schwangerschaftshormon hCG ausgelöst werden. Darüber hinaus kommen oft starke Müdigkeit, Heißhungerattacken und Stimmungsschwankungen vor. Das erste Fruchtwasser beginnt sich zu bilden. Das Dehnen der Mutterbänder führt manchmal zu einem Ziehen in der Leistengegend. Beim Embryo beginnt sich in der sechsten Woche allmählich die Wirbelsäule zu bilden.[14] Das Neuralrohr, aus dem Gehirn und Rückenmark entstehen, schließt sich Ende der sechsten Woche. Im Ultraschall kann jetzt die Herzaktivität nachgewiesen werden. In der siebten Woche beginnen Kopf und Rumpf Form anzunehmen. Es sind kleine Knospen zu erkennen, aus denen sich später die Gliedmaßen entwickeln. Der Embryo misst jetzt ca. 3 bis 8 mm (Scheitel-Steiß-Länge). Ende der achten Woche sind an den Handplatten die Stellen erkennbar, wo sich später die Finger ausbilden werden. Augen- und Ohranlagen werden sichtbar.[15] Allmählich werden alle Organe und Organsysteme angelegt. In der achten SSW misst der Embryo 9 bis 15 mm,[16][17] sein Herz schlägt 140- bis 150-mal in der Minute. Dritter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Darstellung von Kindesbewegungen mit 3D-Ultraschall mit 12 Schwangerschaftswochen Schwangerschaftswoche 9 12: Weitere Ausdifferenzierung Die Blutmenge im mütterlichen Kreislauf erhöht sich von ca. 5 auf 6,5 l, um die Versorgung des Fötus zu gewährleisten. Aufgrund der größeren Blutmenge schlägt das Herz schneller, was die körperliche Leistungsfähigkeit herabsetzt. Als Folge der hormonellen Gefäßerweiterungen können Besenreiser oder Krampfadern auftreten. Gelegentlich kommt es auch zu einer verstopften Nase, Nasenbluten oder Zahnfleischbluten. Östrogene bewirken eine vermehrte Flüssigkeitseinlagerung im Gewebe. Das Hormon Progesteron führt zu einer Entspannung der Muskulatur. Da davon auch die Schließ-Muskulatur betroffen ist, ist oft ein erhöhter Harndrang zu bemerken. Dies wird verstärkt durch den erhöhten Stoffwechsel zwischen der Schwangeren und dem Embryo, auch durch die stetige Erneuerung des Fruchtwassers. Ende der neunten Woche sind erste Ansätze für die Ausbildung von Zehen und Nase zu erkennen, in der zehnten Woche auch der Ohrmuscheln. Die Netzhaut pigmentiert sich. Das Augenpaar steht weit auseinander; die Augen sind zunächst offen, die Augenlider beginnen sich zu bilden. Erste Bewegungen sind möglich. Ende der zehnten SSW sind alle Organanlagen vorhanden. Die Knospen für die 20 Milchzähne werden ausgebildet. Der Embryo ist am Ende dieser Phase (Ende zwölfte Schwangerschaftswoche) 5 bis 6 cm groß und wiegt etwa 14 Gramm. Die Embryonalperiode wird nun von der Fetogenese abgelöst.[17] Zweites Trimenon[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im zweiten Schwangerschaftsabschnitt verschwinden meist die anfänglichen Komplikationen wie Übelkeit. Deshalb, und weil das Risiko einer Fehlgeburt jetzt deutlich abgenommen hat, empfinden viele Frauen diese Zeit als sehr angenehm. Hatten manche im ersten Trimenon noch mit Wechselbädern der Gefühle zu kämpfen, ist dieses Trimenon meist gekennzeichnet von Ausgeglichenheit und Zufriedenheit. Aus diesen Gründen wird das zweite Trimenon von Hebammen als idealer Zeitraum für Reisen angesehen. Die ersten Bewegungen des Fötus werden jetzt spürbar. Vierter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Linea nigra Schwangerschaftswoche 13 16: Kindsbewegungen Die stabilere Phase der Schwangerschaft beginnt jetzt. Die Hormonproduktion aus dem Eierstock wird nicht mehr benötigt, da die Plazenta so weit ausgereift ist, dass sie die schwangerschaftserhaltenden Hormone selbst bilden kann. Deshalb ist die hCG-Konzentration ab der zwölften SSW weniger hoch, eine eventuell vorhandene morgendliche Übelkeit bessert sich jetzt in der Regel. Die Gewichtszunahme beträgt nach Faustregel ca. 1 bis 1,5 kg pro Monat, beziehungsweise ca. 250 g pro Woche. Rötliche oder bräunliche Schwangerschaftsstreifen können aufgrund der Dehnung des Bindegewebes auftreten. Häufig tritt eine dunkle Linie (Linea nigra) auf, die zwischen Bauchnabel und Schambein verläuft. Diese hormonbedingte Farbveränderung bildet sich in der Regel nach der Schwangerschaft zurück. Die vermehrten Wassereinlagerungen können zur Schwellung von Armen und Beinen beziehungsweise Händen und Füßen führen. Beim Fötus setzt im vierten Monat ein rasches Wachstum ein, die Organe bilden sich weiter aus. Die Augenlider schließen sich und öffnen sich erst in drei Monaten wieder. Spontane Bewegungen von Kopf, Armen und Beinen setzen ein. Die Schluckmuskulatur entwickelt sich. Die Lunge und das Verdauungssystem entwickeln sich weiter, indem der Fötus durch Zusammenziehen und Ausdehnen des Zwerchfells Fruchtwasser ein- und ausatmet respektive trinkt , er hat Schluckauf. Speicheldrüsen, Magen, Nieren und Darm arbeiten bereits. Das geschluckte Fruchtwasser wird als Urin wieder ins Fruchtwasser abgegeben, welches alle zehn bis zwölf Stunden durch Neuproduktion ausgetauscht wird. Über die Plazenta erhält der Fötus Nährstoffe und Antikörper, gleichzeitig werden Abfallstoffe ausgeschieden. Das sogenannte Woll- oder Lanugohaar bildet sich. Es bildet sich bis zur Geburt wieder nahezu zurück. Gegen Ende dieses Schwangerschaftsmonats entwickeln sich die Genitalien. Das Geschlecht kann bei günstiger Lage des Ungeborenen per Ultraschall festgestellt werden. Der Fötus ist in der 16. SSW ca. 10 cm groß und wiegt bis zu 100 g. Sein Kopfdurchmesser ist ca. 35 mm. Fünfter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Schwangerschaftswoche 17 20: Kindsbewegungen meist spürbar Die Gebärmutter ist jetzt etwa so groß wie eine Honigmelone und fast in Nabelhöhe. Ab der 18. bis 20. Schwangerschaftswoche sind für die Schwangere gewöhnlich die ersten Kindsbewegungen als feines, leichtes Kribbeln zu spüren. Ein relativ beschwerdefreier Schwangerschaftsabschnitt beginnt. In diesem Zeitraum können jedoch eventuell Veränderungen der Sehschärfe, Rückenschmerzen und Krämpfe in den Beinen auftreten. Der Fötus misst am Ende des Monats 14 bis 16 cm und wiegt zwischen 150 und 300 g. Sechster Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Schwangerschaftswoche 21 24: Kind beginnt, auf äußere Reize zu reagieren Gegen Ende des Monats erreicht die Gebärmutter Nabelhöhe. Die Brüste vergrößern sich unter dem Einfluss der Hormone hCG, Östrogen und Progesteron. Eventuell kann Sodbrennen durch Lageveränderung des Magens auftreten. Beim Fötus beginnt sich das Unterhautfettgewebe zu vermehren. Die Haut selbst wird von einer schützenden Fettschicht (Vernix caseosa, auch Käseschmiere) überzogen. Diese ermöglicht später ein leichteres Gleiten im Geburtskanal. Die Haut ist noch rötlich durchschimmernd, Finger- und Fußnägel sind fast vollständig entwickelt. Die Haare beginnen zu wachsen und die Verknöcherung des Skeletts schreitet voran. Ein rasches Wachstum des Gehirns setzt ein. Gegen Ende des Monats reagiert das werdende Kind auf akustische und optische Reize von außen (Stimmen, Schall, Licht). Ob zu diesem Zeitpunkt bereits Schmerzwahrnehmungen möglich sind, ist umstritten. Eine Analyse der vorhandenen Forschungsergebnisse kam zu dem Schluss, dass Schmerzempfindungen vor dem dritten Trimenon unwahrscheinlich sind.[18] Am Ende des sechsten Monats ist der Fötus ca. 26 cm groß (vom Scheitel bis zur Sohle)[19] und wiegt 500 g. Drittes Trimenon[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im letzten Schwangerschaftsabschnitt reift der Fötus vollständig heran und der Körper der werdenden Mutter bereitet sich auf die Geburt vor. Für die Frau kann dieser Abschnitt hauptsächlich wegen des zusätzlichen Gewichts wieder unangenehmer sein, vor allem im Sommer. Durch eine intensivmedizinische Behandlung ist ein Überleben des Kindes bei einer Frühgeburt in diesem Zeitraum schon möglich. Siebter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Schwangere Frau in der 26. Woche Schwangerschaftswoche 25 28: Öffnen der Augenlider Bei der Schwangeren können die Wassereinlagerungen in Armen und Beinen aufgrund des hohen Austauschbedarfes an frischem Fruchtwasser zunehmen. Der sich ausbreitende Uterus drückt auf die Verdauungsorgane und die Lunge, die Folge sind Kurzatmigkeit und die Gefahr von Hämorrhoiden. Das zunehmende Gewicht kann im letzten Trimenon Rücken- und Fußschmerzen verursachen. Der Ausfluss aus den Brüsten (Kolostrum) kann einsetzen. Gegen Ende des Monats öffnen sich die Augenlider des Fötus wieder. Er misst jetzt etwa 35 cm und wiegt etwa 1000 g. Ab ca. der 23. SSW hat das Kind bei einer Frühgeburt eine geringe Chance, außerhalb der Gebärmutter unter hohem intensivmedizinischem Aufwand zu überleben. Die Überlebenschancen in der 25. SSW betragen ca. 32 bis 43 %, in der 28. SSW 79 %. Je früher das Kind geboren wird, desto größer sind die Risiken bleibender gesundheitlicher Schäden. Vor Ende der 25. Woche liegt dieses Risiko bei 50 %.[20] Achter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Schwangerschaftswoche 29 32: Erste Übungswehen Jetzt können erste schmerzlose Kontraktionen (auch Senkwehen, Vorwehen, Übungswehen oder Vorbereitungswehen) auftreten. Der Bauch verhärtet sich durch rhythmisches Zusammenziehen der Gebärmutter. Eventuell werden jetzt auch Schließmuskel- und Blasenschwäche deutlich, was gegebenenfalls durch Training des Schließmuskels gelindert werden kann. Die größer werdende Gebärmutter verdrängt weiter die anderen im Bauchraum befindlichen Organe. Durch den gestörten pH-Wert der Vaginalschleimhaut können vermehrt Pilzinfektionen oder bakterielle Infektionen auftreten.[21] Bis auf die Lunge sind alle Organe des werdenden Kindes fast vollständig entwickelt. Am Ende des Monats misst es rund 40 cm und wiegt 1700 bis 2000 g. Neunter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Fötus in Schädellage Schwangerschaftswoche 33 36: Senkung des Kindes Die Schwangere hat im Durchschnitt 10 12 kg zugenommen. Gegen Ende der 36. SSW tritt der Kopf des Kindes in das kleine Becken ein, die Gebärmutter senkt sich etwas nach unten. Die Atmung fällt der Schwangeren so wieder leichter. Oft treten jetzt Schlafstörungen auf. Ab der 35. SSW ist die Lungenreifung abgeschlossen. Die meisten ungeborenen Kinder (92 bis 93 %) liegen nun in der richtigen Geburtslage mit dem Kopf nach unten.[22] Bis zur 37. SSW kann sich das Kind noch von einer Steißlage in die Schädellage drehen. Bewegungen sind dem Kind aber nur noch eingeschränkt möglich. Gegen Ende des Monats ist es ca. 45 cm groß und wiegt etwa 2800 g. Zehnter Monat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Schwangerschaftswoche 37 40: Geburt steht bevor Die durchschnittliche Gewichtszunahme der werdenden Mutter im Verlauf der Schwangerschaft beträgt ca. 10 15 kg. Das Gewicht stagniert bei vielen Schwangeren kurz vor der Geburt, kann sogar leicht abnehmen. Es können häufiger Vorwehen eintreten. In den letzten Wochen nimmt das Kind vor allem an Gewicht zu. Über die Plazenta nimmt es Antikörper aus dem Blutkreislauf der Mutter auf. Das Baby misst bei der Geburt ca. 48 cm bis 54 cm und wiegt 2800 g bis 4000 g. Der Durchmesser des Kopfes liegt zwischen 9,5 cm und 10,5 cm. Geburt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Geburt Die Schwangerschaft endet in der Regel mit der Niederkunft der Mutter (der Geburt des Kindes). Sie kann sich durch folgende Symptome ankündigen: durch das Einsetzen der Eröffnungswehen (Dauer ca. 30 bis 60 Sekunden, alle zehn Minuten über einen Zeitraum von ein bis zwei Stunden) durch einen eventuell leicht blutigen Ausfluss infolge des sich lösenden Schleimpfropfes vom Muttermund (einige Tage vor der Geburt) den Blasensprung (das Platzen der Fruchtblase) Durchfall oder Erbrechen Nach der Geburt beginnt die Schwangerschaftsrückbildung, also die Regeneration von Bauchdecke, Gebärmutter, Beckenbodenmuskulatur, Vaginalkanal, Vagina und Hormonhaushalt. Die Rückbildungsdauer ist individuell verschieden, dauert aber ungefähr so lange wie die Schwangerschaft. Vorgeburtliche Untersuchungen und Behandlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Schwangerschaftsvorsorge In Deutschland hat jede werdende Mutter einen Anspruch auf Betreuung durch eine Hebamme oder einen Arzt während der Schwangerschaft, bei der Geburt und einige Wochen nach der Geburt. Empfohlen sind, bei komplikationsloser Schwangerschaft, zunächst Besuche in einem Abstand von vier Wochen nach Bekanntwerden der Schwangerschaft, ab der 32. Schwangerschaftswoche in einem Abstand von zwei Wochen und bei Überschreitung des Geburtstermins schließlich alle zwei Tage. Alle Befunde werden in den Mutterpass (oder Mutter-Kind-Pass in Österreich) eingetragen. Ultraschalluntersuchungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Sonografie Die Sonografie, umgangssprachlich Ultraschall, ist ein bildgebendes Verfahren, das die medizinische Praxis der vorgeburtlichen Untersuchungen in den letzten Jahrzehnten sehr verändert hat. Sie ermöglicht unter anderem eine Überwachung der Entwicklung des Fötus, die Feststellung von Mehrlingsschwangerschaften und des Geschlechts. Ultraschalluntersuchungen gelten als unbedenklich für den Fötus. Bei adipösen Schwangeren ist die Darstellung des Kindes mittels Ultraschall schwieriger oder nicht einwandfrei möglich. Da es besonders bei übergewichtigen Frauen oft zu Fehlbildungen des Kindes kommt, empfehlen Experten, die Untersuchung in sitzender Position von oben oder in seitlich liegender Position von der Flanke aus durchzuführen.[23] Im Rahmen der allgemeinen Schwangerschaftsvorsorge sehen die deutschen Mutterschafts-Richtlinien drei Ultraschall-Untersuchungen vor.[24] Pränataldiagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Pränataldiagnostik Das Ziel der Pränataldiagnostik ist es, Erkrankungen der werdenden Mutter und Krankheiten oder Behinderungen (z. B. Down-Syndrom/Trisomie 21) beim heranwachsenden Kind bereits frühzeitig festzustellen beziehungsweise eine individuelle Wahrscheinlichkeit zu errechnen. Eine positive Diagnose impliziert oft einen Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation, da eine Behandlung im Mutterleib (Therapie in utero) nur in wenigen Fällen möglich ist. Daher sind viele Untersuchungen umstritten. Ethisch fragwürdig ist unter anderem, wie ein ungeborenes Leben als lebenswert oder unlebenswert beurteilt werden kann, zumal sichere Aussagen zur nachgeburtlichen Entwicklung des Kindes nur in vergleichsweise wenigen Fällen möglich sind. Insbesondere die nicht-invasiven Methoden der Pränataldiagnostik wie beispielsweise die Nackentransparenz-Messung, das Erst-Trimester-Screening oder der Triple-Test können die Eltern oft stark psychisch belasten, da sie nie ein sicheres Ergebnis, sondern lediglich Wahrscheinlichkeiten anhand statistischer Durchschnittswerte angeben, indem sie z. B. das Alter der Mutter, den Zustand des Embryos usw. berücksichtigen. Hingegen gibt ein DNA-Test anhand einer Blutprobe der Mutter ab der 9. Schwangerschaftswoche ein sicheres Ergebnis ab, da hierbei die fetale DNA selbst untersucht wird, die sich ab dieser Schwangerschaftsphase im mütterlichen Blut nachweisen lässt. Mit dieser Methode ist auch ein Vaterschaftstest beim Ungeborenen möglich. Risikoschwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Siehe auch: Risikogeburt Wesentliches Ziel der ärztlichen Betreuung ist die Erkennung von möglichen oder bereits vorhandenen Risiken für Schwangere und ihr Kind. Im Jahre 1990 wurden in Deutschland 34 % aller Schwangerschaften als Risikoschwangerschaft klassifiziert. Die Bayerische Arbeitsgemeinschaft zur Qualitätskontrolle spricht für das Jahr 2002 von 65 % und in Niedersachsen von etwa 73 %. Der Anteil der Risikoschwangerschaften unter allen Schwangerschaften stieg von 2001 bis 2010 von 68,5 auf 73,4 Prozent.[25] Tatsächlich kommen jedoch 95 % der in Deutschland geborenen Kinder gesund zur Welt. Die hohe Anzahl von so genannten Risikoschwangerschaften lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass viele Paare heutzutage Kinder erst recht spät einplanen. Risikoschwangere erhalten als Konsequenz durch die Krankenkassen über die Standardleistungen hinaus weitere ärztliche Leistungen wie häufigere Kontrollen, Überweisungen an entsprechende Spezialisten, den Einsatz weiterer diagnostischer Mittel wie zum Beispiel Fruchtwasseruntersuchung, Hormonanalysen oder gegebenenfalls die Einweisung in ein geburtshilfliches Zentrum mit intensivmedizinischer Betreuung. Folgende Faktoren führen unter anderem zur Einstufung einer Risikoschwangerschaft: Alter unter 18 Jahre oder über 35 Jahre (Erstgebärende) beziehungsweise über 40 Jahre (Spätgebärende) Mehrlingsschwangerschaften Vielgebärende, die schon mehr als vier Kinder geboren haben Sterilitätsbehandlungen zwei oder mehr der Schwangerschaft vorausgehende Fehlgeburten Komplikationen bei früheren Geburten Rhesus-Inkompatibilität Lageanomalien des Kindes Schwangerschaftsdiabetes beziehungsweise Zuckerkrankheit, Schwangerschaftsbluthochdruck anhaltender Medikamenten-, Alkohol-, Nikotin- oder anderer Drogenkonsum verzögertes Wachstum oder abnorm großes Kind Veränderungen des Fruchtwassergehaltes akute Allgemeinerkrankungen oder Infektionen Gebärmutterhalsschwäche (Cervixinsuffizienz) Niereninsuffizienz beziehungsweise fehlende Organe wie eine Niere Gerinnungsstörungen, wie Faktor-V-Leiden-Mutation Komplikationen und Probleme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Während einer Schwangerschaft kann es bei der Mutter zu Störungen beziehungsweise Beeinträchtigungen kommen, die nur während der Schwangerschaft auftreten (medizinisch Gestosen). Für andere Erkrankungen wie zum Beispiel die tiefe Beinvenenthrombose oder die sehr seltene Sinusthrombose stellt die Schwangerschaftssituation ein erhöhtes Risiko dar; das für eine tiefe Beinvenenthrombose ist um Faktor 5 erhöht und trifft ein bis zwei Schwangere pro Tausend. Manche chronische Erkrankungen machen sich während der Schwangerschaft weniger bemerkbar: so kann die Schubhäufigkeit bei Schwangeren mit Multipler Sklerose oder Rheumatoider Arthritis während der Schwangerschaft reduziert sein.[26] Bereits 1937 beobachtete Philip Showalter Hench eine Besserung rheumatischer Erkrankungen bei Schwangerschaft.[27] Der Theologieprofessor und Reformator Martin Luther schrieb im 16. Jahrhundert über schwangere Frauen noch: Ob sie sich aber auch müde und zuletzt todt tragen, das schadt nicht, laß nur todt tragen, sie sind darum da .[28] Jedes Jahr sterben weltweit ca. 600.000 Frauen und Mädchen an Komplikationen während der Schwangerschaft oder Geburt, davon 99 % in Entwicklungsländern.[29] In Afrika südlich der Sahara stirbt eine von 16 Frauen an den Folgen einer Schwangerschaft oder Geburt, da die Mehrzahl der Geburten auch bei Komplikationen ohne medizinische Betreuung stattfindet.[30] In Industrieländern beträgt das Risiko 1:2800. Schwangerschaftsspezifische Erkrankungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Gestose Nach dem Zeitpunkt ihres Auftretens wird die Gestose unterteilt in Früh- (Erstes Trimenon) und Spätgestose (Drittes Trimenon). Hauptvertreter sind übermäßiges Schwangerschaftserbrechen (Hyperemesis gravidarum) und schwangerschaftsinduzierter Bluthochdruck (Schwangerschaftshypertonie). Bluthochdruck kann ein Zeichen einer beginnenden Präeklampsie sein, daher wird er in der Schwangerschaftsvorsorge regelmäßig gemessen. Weitere Symptome sind Wassereinlagerungen (Ödeme) und Eiweißausscheidung im Urin. Die Eklampsie ist die schwerste Form einer Gestose, Symptome sind Krämpfe und/oder Bewusstlosigkeit.[31] Die Patientinnen hatten meist zuvor eine Präeklampsie. Selten kann es auch zu einer Osteoporose kommen. Psychische Erkrankungen in der Schwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine groß angelegte englische Studie berichtet über die Häufung von Depressionen in der Schwangerschaft (siehe auch Schwangerschaftsdepressionen), circa 10 % aller Frauen sind hiervon betroffen. Die Symptome können extrem unterschiedlich sein. Hauptsymptom ist eine herabgesetzte Stimmung, wobei dies nicht Trauer im engeren Sinn sein muss, sondern von den betroffenen Patientinnen auch oft mit Begriffen wie innere Leere , Verzweiflung und Gleichgültigkeit beschrieben wird. Es dominieren negative Zukunftsaussichten und das Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Das Selbstwertgefühl ist niedrig. Die depressive Symptomatik in der Schwangerschaft wird oft von schwangerschaftstypischen Themen beeinflusst. Dies können etwa Befürchtungen in Bezug auf die Mutterrolle oder die Gesundheit des Kindes sein.[32] Das erstmalige Auftreten einer psychotischen Störung in der Schwangerschaft ist selten. Häufiger verschlimmern sich bestehende psychotische Erkrankungen. Dies liegt zum einen an der besonderen biologischen und seelischen Situation der Schwangeren, zum anderen kann es durch eine Reduzierung oder ein Absetzen antipsychotischer Medikamente verursacht sein.[33] Zwangsstörungen können sich in der Schwangerschaft verschlimmern. Bei der Panikstörung ist dies ebenfalls der Fall. Bei einigen Patientinnen, die vorher nur leichte Symptome hatten, kann es während der Zeit der Schwangerschaft zu einer massiven Häufung von Panikattacken kommen.[34] Siehe auch: Gedächtnisstörungen in der Schwangerschaft Suchtmittel und Medikamente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Baby mit typischen Gesichtsmerkmalen des Fetalen Alkoholsyndroms (kleine Augen, glattes Philtrum, schmale Oberlippe), ausgelöst durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft Psychotrope Substanzen Alkoholkonsum und Rauchen sind schädlich für das ungeborene Kind.[35][36] Alkoholkonsum Eine englische Studie (2012), die etwa 4000 Schwangere umfasste, kam zu dem Ergebnis, dass sich auch kleine Mengen Alkohol auf die Intelligenz des Kindes negativ auswirken.[37] Selbst geringer Alkoholkonsum während der Schwangerschaft kann zu alkoholbedingten Schädigungen (Fetal Alcohol Spectrum Disorder, FASD) führen; das Vollbild der Störung ist das fetale Alkoholsyndrom (FAS), eine Kombination schwerwiegender geistiger und körperlicher Schäden, die zu den häufigsten angeborenen Behinderungen in Deutschland zählt. Nach Schätzungen werden bundesweit jährlich 10.000 Babys mit FASD geboren, davon etwa 4000 mit FAS.[38] Rauchen Rauchende Schwangere haben ein vermehrtes Risiko einer Fehlgeburt, eine Verdopplung der Häufigkeit einer Frühgeburt und weisen ein dreifach erhöhtes Risiko einer Totgeburt bzw. der perinatalen Mortalität auf.[39][40] Das Risiko, dass das Kind eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) aufweist, liegt bei Müttern, die während der Schwangerschaft rauchen, bei 16,5 %, sonst bei 4,6 % es ist also 3,6 Mal höher als bei Nichtrauchenden.[41] Rauchen während der Schwangerschaft erhöht ferner das Risiko für ein späteres kindliches Asthma und bewirkt ein deutlich niedrigeres Geburtsgewicht.[42][43][44] Insbesondere kann es zum fetalen Tabaksyndrom führen. Kokain und Heroin Der Konsum von Kokain kann zu Fehlbildungen beim Kind und durch die gefäßverengende Wirkung zu Durchblutungsstörungen in unterschiedlichen Organen und zu Schwangerschaftskomplikationen führen, zum Beispiel zu vorzeitiger Plazentaablösung und Frühgeburt.[45] Plant eine drogenabhängige Frau schwanger zu werden, ist die Beendigung des Drogenkonsums vor dem Antritt der Schwangerschaft angezeigt, da die Wirkung der Drogen die Gesundheit des Fötus beeinträchtigt.[46] Wird eine Heroin- (oder polytoxikoman-) abhängige Frau schwanger, ist die Aufnahme in ein Substitutionsprogramm angezeigt, da die regelhaft vorkommenden Schwankungen zwischen Sättigung/Überdosierung und Entzug eine Gefahr für die Schwangerschaft an sich und das ungeborene Kind im Besonderen darstellen.[45] Der Nutzen einer Substitutionstherapie für Mutter und Kind übersteigt die Gefahren eines (möglichen) Entzugssyndroms des Neugeborenen, wenn die Mutter keinen Beikonsum betreibt. In einer Studie der TU Dresden wurde nachgewiesen, dass ca. 58,9 % der Personen, die an einem Substitutionsprogramm teilnehmen, Beikonsum betreiben.[47] Die Substitution der Mutter hat Auswirkungen auf die Gesundheit und die Entwicklung des Fötus. Es gibt zahlreiche Gegenanzeigen der bei Schwangerschaft im Substitutionsprogramm verabreichten Medikamente. Diese sind in den jeweiligen Fach- und Gebrauchsinformationen und Beipackzetteln der Hersteller beschrieben und durch die Zulassung der Arzneimittel durch das BfArM beschrieben, wie zum Beispiel: Methadon. Methadon Methaddict: Es wurden neurologische Befunde mit Hörstörungen, geistigen und motorischen Entwicklungsverzögerungen, Augenanomalien und eine erhöhte Inzidenz von Otitis media beobachtet. Es wird empfohlen die Substitution mit Methadon vor der Geburt ausschleichend zu beenden. Wenn das Ausschleichen nicht möglich ist, muss der Entzug des Neugeborenen auf einer Kinderintensivstation durchgeführt werden.[48] L-Polamidon L-Polamidon: Ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von L-Polamidon und dem plötzlichen Kindstod wird angenommen. Es wurden neurologische Befunde mit Hörstörungen, geistige und motorische Entwicklungsverzögerungen und Augenanomalien und eine erhöhte Inzidenz von Otitis media beobachtet.[49] Buprenorphin Subutex Subutex: Es wurden Atemdepressionen bei Neugeborenen beobachtet, wenn gegen Ende der Schwangerschaft hohe Dosen Subutex (auch nach kurzer Dauer der Substitution) konsumiert wurden. Die Reproduktionstoxizität für Tiere wurde durch experimentelle Studien nachgewiesen. Bisher ist das potentielle Risiko in Bezug auf die Reproduktionstoxizität für die Schwangere und den Fötus unbekannt.[50] Langzeitanwendung während der drei Monate vor der Geburt kann zum neonatalen Abstinenzsyndrom führen. Beobachtet wurden zum Beispiel Hypertonie, neonataler Tremor, neonatale Agitation, Myoklonus oder Krämpfe.[51] Ein hohes Risiko für die Gesundheit des Fötus stellt der Beikonsum, der zusätzlich zu der Teilnahme an einem Substitutionsprogramm ausgeführt werden kann, dar. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) warnt Ein missbräuchlicher nicht bestimmungsgemäßer Beikonsum von Drogen/Suchtstoffen/Arzneimitteln muss insbesondere in der Schwangerschaft und Stillzeit strikt vermieden werden. [52] Der Beikonsum der Schwangeren während der Teilnahme an einem Substitutionsprogramm führt laut einer Studie von Ruthard Stachowske, die zwischen Oktober 1996 und Dezember 2006 in der Fachklinik und Jugendhilfeeinrichtung Therapeutische Gemeinschaft Wilschenbruch in Lüneburg mit 100 untersuchten Schwangerschaften (von denen 24 Schwangerschaften unter Substitution mit Beikonsum stattfanden) durchgeführt wurde, zu folgenden Krankheiten: 22 von den geborenen Kindern litten unter neonatalem Abstinenzsyndrom bis zu drei Monate nach dem Entzug; hatten Verhaltens- und emotionale Störungen. 21,7 % der befragten Mütter hatten eine Frühgeburt. Von 24 Müttern machten 21 Mütter falsche Angaben bei ihrem Substitutionsarzt, wie zum Beispiel gefälschte Drogentests. Weitere Krankheiten und Auffälligkeiten werden in der wissenschaftlichen Veröffentlichung der Forschungsarbeit beschrieben.[53] Naltrexon Eine Naltrexon-Belastung (die Verabreichung eines Opioid-Antagonisten) soll in der Schwangerschaft nicht vorhanden sein, da es dadurch zu Fehlgeburten und vorzeitigem Wehenbeginn kommen kann. Die vor- und nachgeburtliche Betreuung sollen der betreuende Gynäkologe und ein in Abhängigkeitsfragen geschulter Spezialist in Zusammenarbeit durchführen.[54] Marihuana Zu Auswirkungen von Konsum von Marihuana während der Schwangerschaft sind die Daten inkonsistent. Sehr oft werden gleichzeitig andere Substanzen wie Zigaretten und Alkohol konsumiert; zudem könnten die Studienergebnisse durch soziodemographische Risikofaktoren verfälscht werden. Die verfügbaren Erkenntnisse lassen jedoch befürchten, dass das Wachstum des Fötus negativ beeinflusst wird.[55] Kokain und Crack Werden während der Schwangerschaft Kokain und Crack konsumiert, erhöht sich das Risiko einer Frühgeburt. Auch das Risiko einer Plazentalösung steigt durch den Konsum dieser Drogen während der Schwangerschaft an. Des Weiteren erhöht Kokain die Wahrscheinlichkeit von Geburtsfehlern, neurologischen Problemen, Krämpfen und Entwicklungsproblemen. Betäubungsmittel und Opiate Findet während der Schwangerschaft ein erheblicher und dauerhafter Konsum von Betäubungsmitteln und Opiaten statt, hat dies schädigende Folgen für das Ungeborene. Es kann zu Wachstumsproblemen des Fötus, einer Frühgeburt, dauerhaften Schäden des Gehirns und einer unterdurchschnittlichen Kopfgröße kommen. Amphetamine und Aufputschmittel Es gibt wenig Informationen über jene Nebeneffekte, die durch den Konsum von Amphetaminen und Aufputschmitteln während einer Schwangerschaft auftreten. Es ist allerdings bekannt, dass diese Substanzen den Appetit zügeln, wodurch es zu einer Beeinträchtigung des Wachstums des Fötus kommen kann. Untersuchungen haben ergeben, dass ein erhöhtes Risiko von Wachstumsproblemen des Fötus, einschließlich einer kleinen Kopfgröße besteht. Zudem kann es zu einer Plazentalösung sowie dauerhaften Schäden des Gehirns des Fötus kommen. Der Konsum von Amphetaminen und Aufputschmitteln während einer Schwangerschaft kann dazu führen, dass der Fötus stirbt. Medikamente Fast alle Medikamente, auch nicht apothekenpflichtige, können auch auf das werdende Kind besondere Auswirkungen haben. Daher wird die Einnahme in der Regel mit dem behandelnden Arzt abgesprochen. Umfassende Übersichten zur Arzneimittelanwendung während Schwangerschaft und Stillzeit liegen vor; das deutsche Bundesministerium für Gesundheit bietet seit 2008 die Datenbank www.arzneimittel-in-der-schwangerschaft.de.[56][57] Einige Medikamente haben teratogene Wirkung (beispielsweise Thalidomid (Contergan )), das heißt, ihre Einnahme kann zu Fehlbildungen führen. Arzneimittel (auch rezeptfreie und pflanzliche) sollen während der Schwangerschaft nur nach Rücksprache mit einem Arzt oder Apotheker eingenommen werden. Infektionen während der Schwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Infektionen können zu Fehlgeburten führen und auf das ungeborene bzw. während der Geburt auf das neugeborene Kind übertragen werden und schwere Erkrankungen, bleibende Schäden und den Tod zur Folge haben. Da es bisher für wenige Infektionskrankheiten Impfungen gibt, sollte der Impfschutz der zukünftigen Mutter schon bei Kinderwunsch während der Familienplanung überprüft und ggf. ergänzt werden. Zum Beispiel können die in der Folge genannten Erreger in der Schwangerschaft gefährlich werden. Bakterien: Chlamydien (Chlamydia trachomatis): Chlamydien-Konjunktivitis und Pneumonie des Neugeborenen Gonokokken (Neisseria gonorrhoeae): Gonoblennorrhoe Listeriose (Listeria monocytogenes): Granulomatosis infantiseptica Streptokokken der Gruppe B (Streptococcus agalactiae): Sepsis (early-onset) und Meningitis (late-onset) bei Neugeborenen Syphilis (Treponema pallidum): Lues connata Protozoen: Malaria (Plasmodium falciparum) Toxoplasmose (Toxoplasma gondii)[58][59] Viren: COVID-19 (SARS-CoV-2): Während der Schwangerschaft besteht ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19.[60] Hepatitis B (Hepatitis-B-Virus, HBV) Hepatitis E (Hepatitis-E-Virus, HEV): ausschließlich asiatischer Genotyp HEV-1, europäischer Typ HEV-3 bei Schwangerschaften irrelevant Herpes simplex (Herpes-simplex-Virus, HSV): Herpes neonatorum Humanes Immundefizienz-Virus (HIV): Das HI-Virus wird nicht zwangsläufig von einer infizierten Schwangeren auf das ungeborene Kind übertragen. Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung während der Geburt ist jedoch hoch, wenn keine geeigneten medizinischen Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Das Risiko einer Infektion eines Kindes durch eine HIV-infizierte Mutter während der Schwangerschaft oder während der Geburt wird ohne Behandlung auf etwa 15 bis 30 % geschätzt. Bei bekannter HIV-Infektion der Mutter kann das Risiko einer Übertragung auf das Kind durch die Gabe antiretroviraler Medikamente und die Geburt durch Kaiserschnitt auf weniger als fünf Prozent vermindert werden.[61][62] Die notwendigen Maßnahmen zur Vorbeugung gegen die Mutter-Kind-Übertragung von HIV können nur dann erfolgreich eingesetzt werden, wenn die HIV-Infektion der Mutter bekannt ist. Daher empfiehlt die AWMF jeder Schwangeren ein HIV-Antikörpertest anzubieten. Dessen Durchführung ist an die ausdrückliche Zustimmung der werdenden Mutter gebunden.[63] Influenzavirus Lymphozytäres Choriomeningitis-Virus (LCMV) Masern (Masernvirus) Mumps (Rubulavirus): ausschließlich selten Fehlgeburt im 1. Trimenon Ringelröteln (Parvovirus B19): fetale Anämie, Hydrops fetalis Röteln (Rubellavirus): Rötelnembryofetopathie Windpocken (Varizella-Zoster-Virus, VZV): Varizellenembryofetopathie, perinatal: Neonatale Varizellen Zytomegalie (Humanes Cytomegalievirus, CMV) Impfungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Fällige Impfungen mit Totimpfstoffen können den werdenden Müttern nach aktuellen Empfehlungen des in Deutschland dafür zuständigen Robert Koch-Instituts im zweiten und dritten Drittel der Schwangerschaft bedenkenlos verabreicht werden; im ersten Drittel sollten dagegen nur dringend durchzuführende Totstoff-Impfungen vorgenommen werden. Vor einer Schwangerschaft erfolgte Totstoff-Impfungen sind kein Grund zum Aufschub einer Schwangerschaft. Kontraindiziert sind Impfungen mit Lebendimpfstoffen (wie gegen Masern, Mumps und Röteln) ab drei Monaten vor einer und während der gesamten Schwangerschaft. In der anschließenden Stillzeit sind Impfungen generell ohne Beschränkungen möglich.[64] Zur Impfung gegen COVID-19 siehe auch: COVID-19-Impfung in Deutschland#Schwangere und Stillende Allogene immunologische Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hat die Schwangere bestimmte Merkmale auf ihren Blutzellen nicht, die aber vom Vater auf das Kind im Mutterleib vererbt wurden, kann die Mutter diese Merkmale als fremd erkennen. Dann bildet die Mutter Antikörper gegen diese. Die Antikörper können in das Kind eindringen und dort die Merkmal-tragenden Blutzellen zerstören. Man spricht bei den Erythrozyten (roten Blutkörperchen) von Rhesus-Inkompatibilität, bei den Thrombozyten (Blutplättchen) von fetaler oder (nach der Geburt) neonataler Alloimmun-Thrombozytopenie und bei den neutrophilen Granulozyten (weiße Blutkörperchen) von fetaler bzw. neonataler Alloimmun-Neutropenie (FAIN bzw. NAIN). Fehlgeburten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Fehlgeburt In den ersten drei Monaten der Schwangerschaft ist das Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, relativ groß. Schätzungsweise ein Viertel aller Schwangerschaften enden in den ersten zwölf Wochen (Frühabort). Es wird davon ausgegangen, dass bis zu 50 % der sich in der Gebärmutter einnistenden Eizellen als Frühabort enden. Diese Fehlgeburt wird als verspätete Monatsblutung angesehen und bleibt meist unbemerkt.[65] Eine bewusst wahrgenommene Fehlgeburt kann ein stark traumatisches Erlebnis für eine Frau sein. Um eventuellen Enttäuschungen und dem sozialen Druck zu begegnen, ist es verbreitet, bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche mit der offiziellen Verkündung der Schwangerschaft zu warten. Schwangerschaftsabbruch aus medizinischen Gründen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Schwangerschaftsabbruch Im Gegensatz zu Früh- und Fehlgeburten wird bei einer Abtreibung die Schwangerschaft willentlich abgebrochen. Als medizinischer Grund wird eine gesundheitliche Gefährdung der Schwangeren oder eine ihr psychisch nicht zumutbare schwere Behinderung des Fötus angesehen. Abtreibungen aus medizinischen Gründen sind allerdings recht selten. In Deutschland wurden im Jahr 2007 insgesamt 116.871 Schwangerschaften abgebrochen, d. h. 17 pro 100 Geburten.[66] 2014 waren es 99.700 Schwangerschaftsabbrüche, lediglich vier Prozent der Fälle erfolgten durch medizinische und kriminologische Indikationen.[67] Sonstige Beeinträchtigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Schwangerschaftsstreifen (Striae gravidarum) werden sichtbarer nach der Geburt durch Rückbildung des Bauches Vor, während oder nach einer Schwangerschaft kann es zu weiteren Beeinträchtigungen kommen. Siehe hierzu: Unfruchtbarkeit Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (Extrauteringravidität), z. B. Eileiterschwangerschaft Dehnungsstreifen im Gewebe Dammriss bei der Geburt Postpartale Stimmungskrisen Postnatale Depression Schwangerschaftstumor (Granuloma gravidarum) Pruritische urticarielle Papeln und Plaques der Schwangerschaft (schwangerschaftsbedingte Hauterkrankung) Etwa 35 bis 50 % aller Schwangeren bekommen während ihrer Schwangerschaft eine Gingivitis.[68][69] Die Atmung der Mutter verändert sich in der Schwangerschaft: Eine erhöhte Atemfrequenz und tiefere Atemzüge erhöhen die Aufnahme von zusätzlichem Sauerstoff für das Kind. Weil dabei Kohlendioxid vermehrt ausgeatmet wird, kommt es zu einer leichten respiratorischen Alkalose des Blutes. Der mütterliche Kohlendioxidwert im arteriellen Blut wird mit 32 mmHg als üblicher Wert angegeben. Gleichzeitig ist die Menge von Bikarbonat im Blut erniedrigt, so dass bei mangelnder Pufferkapazität Schwangere z. B. bei Atmungsproblemen schneller eine Azidose entwickeln. Sodbrennen in der Schwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Neben den bekannten Erscheinungen während einer Schwangerschaft wie Übelkeit und Rückenschmerzen kann Sodbrennen zu einem Problem werden. Eine Studie hat ergeben, dass mehr als 70 Prozent der Frauen während der Schwangerschaft unter anhaltendem Sodbrennen leiden, diese Beschwerden also mit zu den häufigsten während der Schwangerschaft zählen. Bei vielen Frauen tritt das Sodbrennen erst im letzten Drittel der Schwangerschaft auf und verschwindet nach der Geburt wieder. Für das Sodbrennen während der Schwangerschaft sind zwei Faktoren verantwortlich. Während der Schwangerschaft erzeugt der Mutterkuchen das Hormon Progesteron. Es bewirkt eine Entspannung des Uterusmuskels. Gleichzeitig wird der Schließmuskel, der zwischen der Speiseröhre und dem Magen liegt, mitentspannt. Die Magensäure kann somit in die Speiseröhre aufsteigen. Die Speiseröhre wird durch die Magensäure gereizt und es entsteht Sodbrennen. Außerdem wird durch das Hormon Progesteron die Verdauung der Frau verlangsamt, und das Kind ist am Ende der Schwangerschaft so weit herangewachsen, dass es den größten Teil des Bauchraums in Anspruch nimmt; dadurch wird der Magen nach oben gedrückt, gleichzeitig wird auch die Magensäure mit nach oben befördert. Das Aufsteigen der Magensäure wird durch diese Position des Magens begünstigt. Durch häufiges Hinlegen wird der Rückfluss der Magensäure ebenfalls erleichtert. Die typischen Symptome für Sodbrennen sind ein brennender Magen, eine brennende Speiseröhre und saures Aufstoßen. Bei anhaltendem Sodbrennen kann es dazu kommen, dass ein Übelkeitsgefühl auftritt. Laut Wissenschaftlern und Ärzten ist das Sodbrennen für Mutter und Kind nicht schädlich. Frauen, die unter schwangerschaftsbedingtem Sodbrennen leiden, sollten die klassischen Auslöser meiden. Wissenschaftler haben festgestellt, dass in 60 Prozent der Fälle die Ernährung während der Schwangerschaft das Sodbrennen auslöst. Schwangere sollten fettiges und reichliches Essen meiden, auch zu scharfes Essen ist ein guter Nährboden für Sodbrennen. Außerdem sollte man Stress verhindern. Um Sodbrennen in der Schwangerschaft zu verhindern, sollte die Schwangere enge Kleidung vermeiden. Sollte das Sodbrennen für die Schwangere zu unangenehm werden, raten Ärzte dazu einen Termin beim Frauenarzt wahrzunehmen, um über eine eventuelle medikamentöse Behandlung zu sprechen. Man kann Sodbrennen aber auch mit Hausmitteln wie Milch, Wasser oder Bananen entgegenwirken.[70] Ernährung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig für die Entwicklung des ungeborenen Kindes. Da viele Frauen während der Schwangerschaft zu Obstipation neigen, ist noch mehr als sonst auf eine ballaststoffreiche Mischkost zu achten. Diese sollte außerdem hochwertige Proteine enthalten (etwa 15 %), ausreichend Kohlenhydrate (55 %, möglichst keine schnell resorbierbaren, wegen herabgesetzter Glukosetoleranz) und Fette mit überwiegend ungesättigten Fettsäuren (30 %). Der durchschnittliche Energiebedarf einer Schwangeren beträgt ungefähr 2000 bis 2200 kcal/d, nach dem vierten Monat liegt er bei 2200 bis 2500 kcal/d. Übergewicht der Mutter führt häufig zu gesundheitlichen Problemen, Geburtsstörungen und Entwicklungsstörungen des Kindes ( Perinatale Übergewichtsprävention). Die Ernährung spielt nicht nur während der Schwangerschaft, sondern bereits vor der Befruchtung eine wichtige Rolle. So haben schlanke Frauen, die vor und während der Schwangerschaft mindestens dreimal täglich Obst verzehren, weniger Probleme in der Schwangerschaft als andere.[71] Es wird empfohlen, während der Schwangerschaft auf rohe Lebensmittel vom Tier weitestgehend zu verzichten. Hierzu zählen unter anderem: Rohmilch und Rohmilchprodukte wie zum Beispiel Weichkäse aus Rohmilch, rohes Fleisch und Rohwurst wie zum Beispiel Salami oder Teewurst, roher Fisch und geräucherter Fisch sowie Fischerzeugnisse aus dem Kühlregal. Diese Lebensmittel bergen Infektionsgefahren, vor allem durch Listerien und Toxoplasmose. Das Gleiche gilt für ungewaschenes Obst und Gemüse.[72] Vegetarierinnen und Veganerinnen sollten besonders auf eine ausreichende Vitamin-B12-Zufuhr achten und dies eventuell ärztlich kontrollieren lassen.[73] Darüber hinaus gibt es die folgenden speziellen Bedürfnisse während der Schwangerschaft: Folsäure[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Folsäure (auch Vitamin B9 genannt) wird besonders zu Beginn der Schwangerschaft in ausreichender Menge benötigt, und damit in einem Zeitraum, in dem die Schwangere möglicherweise von ihrer Schwangerschaft noch gar nicht weiß oder nur einen Kinderwunsch hat.[74] Folsäure dient dazu, einem Neuralrohrdefekt vorzubeugen. Das Risiko einer schweren Missbildung kann minimiert werden durch Einnahme von Folsäure als Nahrungsergänzungsmittel.[75] Folsäure ist enthalten in Vollkornprodukten, grünem Blattgemüse, Spinat, Brokkoli, Karotten, Spargel, Rosenkohl, Tomaten, Eigelb, Nüssen und Leber. Wobei auf Leber während der Schwangerschaft verzichtet werden soll, weil die hohe Konzentration von Vitamin A toxisch wirken könnte und die Möglichkeit einer Übertragung von in der Leber gespeicherten Schadstoffen besteht. In mehreren Ländern, darunter der Schweiz, Kanada und den USA, wird Folsäure künstlich Lebensmitteln zugesetzt. Calcium, Eisen und Vitamin D[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Vitamin D#In der Schwangerschaft Calcium und Eisen werden vom schnell wachsenden Fötus in einem besonders hohen Maße benötigt. Calcium ist in besonders hohen Konzentrationen in Hartkäse und anderen Milchprodukten enthalten; Eisen ist besonders reichhaltig in Fleisch, Hülsenfrüchten und Vollkornbrot enthalten. Leber enthält zwar viel Eisen, jedoch ist der Vitamin-A-Gehalt so hoch, dass er das Kind schädigen kann.[76] Bei drohendem Eisenmangel (Anämie) können auch Eisenpräparate eingenommen werden. Da Calcium nur bei Vorhandensein von Vitamin D aufgenommen wird, und dieses durch Sonnenlicht gebildet wird, sollte auf einen ausreichenden Aufenthalt im Freien geachtet werden. Auch fettes Fischfleisch (beispielsweise Lachs) ist eine Quelle von Vitamin D. Die Supplementation von Vitamin D in der Schwangerschaft kann unzureichend sein. Defizite fanden Lisa Bodnar und Kollegen in einer Studie bei 80 % der Afroamerikanerinnen und knapp der Hälfte der weißen US-amerikanischen Frauen, und dies obwohl neun von zehn der insgesamt 400 Schwangeren eine Vitamin-Supplementation betrieben.[77] Omega-3-Fettsäuren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Omega-3-Fettsäuren können vom Körper nicht selbst gebildet werden. Aus der Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure werden hormonähnliche Substanzen gebildet, die Einfluss auf die Dauer der Schwangerschaft haben, während eine andere Omega-3-Fettsäure, Docosahexaensäure, für Aufbau und Funktion von Hirn und Auge (z. B. Bildung von Neuronal-Membranen) wichtig ist. Besonders Seefische wie Lachs, Sardelle, Sardine, Makrele oder Thunfisch liefern die beiden langkettigen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaen- und Docosahexaensäure. Langlebige Raubfische wie Thun- oder Schwertfisch weisen jedoch häufig einen relativ hohen Quecksilberanteil auf, so dass sie für Schwangere wenig geeignet sind.[78] Roher Fisch sollte vermieden werden.[79] In Lein-, Hanf-, Walnuss- und Rapsöl ist die pflanzliche Omega-3-Fettsäure alpha-Linolensäure enthalten, die bei unseren Ernährungsgewohnheiten nur unzureichend zu Eicosapentaen- und zu Docosahexaensäure verwandelt wird.[80] In der Plazenta sitzt ein Protein, das die Versorgung des heranwachsenden Kindes vor allem mit Docosahexaensäure sicherstellt auf Kosten der Mutter.[81] Ist die Versorgung der Mutter mit Omega-3-Fettsäuren besonders gut, dann treten weniger Frühgeburtsbestrebungen auf, die Schwangerschaft wird etwas länger (plus 1,6 bis 2,6 Tage), und es treten weniger Wochenbettdepressionen auf.[82] Die Autoren empfehlen, während der Schwangerschaft mindestens 200 mg DHA/Tag einzunehmen, wobei darauf hingewiesen wurde, dass bis 2,7 g/Tag Omega-3-Fettsäuren in wissenschaftlichen Studien ohne bedeutende Nebenwirkungen vertragen wurden. Früh in der Schwangerschaft sollten Mängel in der Ernährung erkannt werden.[82] Hierzu eignet sich der Omega-3-Index (Gehalt an Omega-3-Fettsäuren im Langzeitspeicher, den roten Blutkörperchen). Jod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Jodmangel in der Schwangerschaft kann Ursache für eine Kropfbildung beim Ungeborenen sein, aber auch Auslöser für mangelhaftes Wachstum, eine Störung der Gehirnentwicklung oder Fehl- und Totgeburten sein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt regelmäßig Milch und Milchprodukte zu essen sowie ausschließlich jodiertes Speisesalz zu verwenden. Häufig ist eine zusätzliche Einnahme von Jodidtabletten notwendig.[83] Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Nüsse gelten als wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung ( Wirkung von Nüssen auf die Gesundheit). Früher wurde empfohlen, während der Schwangerschaft keine Erdnüsse und andere Nüsse zu essen. Das könne beim Kind in der Zukunft zu einer Unverträglichkeit oder Allergie führen.[84] Eine 2014 erschienene Studie hat gezeigt, dass gerade die frühzeitige Konfrontation mit Allergenen spätere Allergien verhindern kann.[85] Demnach ist ein Verzehr von Nüssen in Maßen zu empfehlen. Durch das Essen von 76 g Datteln täglich ab vier Wochen vor dem Entbindungstermin lässt sich die Geburt deutlich beschleunigen (von durchschnittlich 10 Stunden auf 6 Stunden), wie eine randomisierte Studie aus dem Iran 2017 fand.[86][87] Damit wurde das Ergebnis einer jordanischen Forschergruppe aus dem Jahr 2011 bestätigt (kontrolliert-randomisierte Studie).[88] Vorbereitung auf die Geburt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Positive Verhaltensweisen der Mutter auf das ungeborene Kind Sport in der Schwangerschaft Linda May hat die Auswirkungen von Sport in der Schwangerschaft auf die Gesundheit des kindlichen Herzens untersucht. Bei Frauen, die in der Schwangerschaft mindestens dreimal pro Woche Sport getrieben haben, war die Herzrate des Fötus langsamer und variabler. Dies gilt als ein Zeichen für ein gesundes Herz. Die Ungeborenen zeigen einen Trainingseffekt, obwohl in erster Linie die Mütter sich anstrengen. Die Untersuchung der Babys nach der Geburt zeigte, dass sich die Neugeborenen umso trainierter erwiesen, je mehr sich die Mütter während der Schwangerschaft bewegt hatten. May führt als mögliche Erklärung an, dass während des Sports Hormone ausgeschüttet werden und durch die Plazenta ins Babyblut gelangen. Dort sollen die Hormone das Herz des Ungeborenen stimulieren.[89] Überlastung sollte jedoch vermieden werden, da eine höhere Verletzungsgefahr durch gelockerte Bänder, Sehnen und Gelenke besteht. Auch eine Überhitzung durch Anstrengung vor allem zu Schwangerschaftsbeginn ist nicht gut für die Embryonalentwicklung. Klassische Musik hören Die Auswirkungen von klassischer Musik in der Schwangerschaft haben Völckers und Weisner untersucht. Unter Musikeinfluss scheint sich das Kind im Bauch weniger zu bewegen, die Herzfrequenz scheint zu sinken.[90] Geburtsvorbereitungskurse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Geburtsvorbereitung Zur Vorbereitung auf die Geburt können Schwangere zusammen mit dem Partner einen Geburtsvorbereitungskurs besuchen, der als regelmäßiger wöchentlicher Termin oder als Wochenendkurs von Hebammenpraxen, Geburts- und Krankenhäusern angeboten wird. Inhalte dieser Kurse sind unter anderem Aufstellen eines Geburtsplans (Wahl des Geburtsorts, Geburtspositionen), natürliche Schmerzverarbeitung, künstliche Schmerzmittel und Anästhesietechniken, Beckenbodentraining, Entspannungsübungen, psychologische und soziale Aspekte der Familiengründung, Stillen und Säuglingspflege. Eine Unterstützung zur Geburtsvorbereitung ist die Haptonomie. Geburtsort[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bis 1950 war es in Deutschland selbstverständlich, zu Hause zu gebären. Seitdem sind die Hausgeburten stetig rückläufig und heute werden 97 % der Kinder in Krankenhäusern geboren, insbesondere bei Risikoschwangerschaften.[91] Daneben gibt es die Alternativen einer Geburt im Geburtshaus. In Entwicklungsländern wird aufgrund der allgemein schlechten medizinischen Versorgung nur eine von zwei Geburten von einem Arzt oder einer Hebamme betreut (siehe Müttersterblichkeit). Vorgeburtliche Kontaktaufnahme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ungefähr ab der 18. Schwangerschaftswoche können Bewegungen des Fötus für die Schwangere spürbar sein. Frühestens ab der 23. Woche lässt sich der Herzschlag mit einem Stethoskop hören. Andere Personen können ab dem sechsten Monat Bewegungen des Ungeborenen durch die Bauchdecke spüren. Durch moderne medizinische Methoden (beispielsweise Sonografie) lässt sich nachweisen, dass der Fötus bereits im Mutterleib weit entwickelte Sinne besitzt und seine Außenwelt wahrnehmen kann (Stimme der Mutter, Musik, Bewegung). Gesellschaftliche Aspekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Venus von Willendorf Allgemeines[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In den meisten Kulturkreisen besitzt die schwangere Frau einen besonderen gesellschaftlichen Status, und es wird ihr eine besondere (schonende) Behandlung zuteil. Gleichzeitig werden Erwartungen an sie gerichtet, die großen psychischen Druck auf sie ausüben können, beispielsweise Söhne als Stammhalter zu gebären (Indien, China, Naher Osten). In vielen traditionellen Gesellschaften muss einer Schwangerschaft eine Ehe vorausgehen, anderenfalls hat dies die soziale Ächtung der werdenden Mutter und des unehelichen Kindes zur Folge. Dem Bild einer Schwangeren wird oft als Fruchtbarkeitssymbol mystische Bedeutung zugemessen. Ein Hinweis auf einen Fruchtbarkeitskult in Mitteleuropa in prähistorischer Zeit ist die Venus von Willendorf, 25.000 v. Chr. mit ihren überzeichneten weiblichen Geschlechtsmerkmalen (große Brüste, üppiger Bauch, prominenter Venushügel). Insgesamt begleiten zahlreiche, (zumeist von der Volkskunde und Ethnologie untersuchte) Bräuche die Schwangerschaft, etwa mit volksmedizinischem oder religiösem Hintergrund.[92] Ein moderner Brauch ist die Babyparty. Der finnische Gesundheitsdienst schenkt werdenden Eltern, die an den vorgesehenen Vorsorgeuntersuchungen teilgenommen haben, nach der 22. Schwangerschaftswoche ein Mutterschaftspaket mit einer Babyausstattung für das erste Lebensjahr. Auch in der Familiensoziologie ist die Schwangerschaft ein bedeutsames Thema, denn das kommende Kind wird in mannigfachen sozialen Rollen (z. B. als künftiger Erbe oder Sozialhilfeempfänger) schon vorab sozial platziert werden müssen (dies beschleunigt z. B. Hochzeiten), und das Verhältnis der Eltern zueinander und in ihrem sozialen Umfeld (etwa in der Ehe) wird gleichfalls vorab geändert (auffällig in Erbmonarchien). Giotto di BondoneMariä Heimsuchung, um 1305 Künstlerische Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In den Bildenden Künsten besteht infolge der Bedeutung der Muttergottes im Christentum eine lange Tradition von Darstellungen der Schwangeren. Moderne Künstlerinnen wie Vanessa Beecroft, Louise Bourgeois, Annegret Soltau oder Ron Mueck haben sich bemüht, die Schönheit der schwangeren Frau im Spannungsfeld von Biologie und Selbstbestimmung darzustellen. In der Kunstphilosophie ist dafür der schillernde Begriff Wunderbauch geprägt worden.[93] In der Literatur ist auf zahlreiche Behandlungen hinzuweisen, vor allem auch im Zusammenhang einer unehelichen Schwangerschaft ein klassisches Beispiel ist die Gretchentragödie in Goethes Faust. Demografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Durchschnittsalter der Erstgebärenden ist in vielen europäischen Ländern angestiegen. In Westdeutschland lag es 1975 bei 24,8 Jahren, in Ostdeutschland bei 21,8 Jahren. Im Jahr 2000 betrug das durchschnittliche Alter westdeutscher Erstgebärender 29 Jahre, in Ostdeutschland 28,4 Jahre. In den meisten westlichen Industrieländern gibt es ein Geburtendefizit (siehe auch Demografie, Demografie Deutschlands).[94] Gewollte, ungewollte und erzwungene Schwangerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Reproduktionsmedizin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Reproduktionsmedizin bietet heute ungewollt kinderlosen Paaren eine Reihe von möglichen Maßnahmen: Fertilitätsbehandlung, künstliche Befruchtung (Retortenbaby), Leihmutterschaft. Erzwungene Schwangerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Unter einer erzwungenen Schwangerschaft versteht man eine solche Schwangerschaft, die der Mutter aufgezwungen wurde, etwa im Rahmen von Sklaverei, einer Zwangsheirat oder eines Genozids. Erzwungene Schwangerschaften können im Völkerstrafrecht als Kriegsverbrechen,[95] Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord strafbar sein. Ungewollte Schwangerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In den Jahren von 2015 bis 2019 wurden jedes Jahr durchschnittlich ca. 6 von 100 Frauen weltweit ungeplant schwanger (d. h. insgesamt 121 Millionen Schwangerschaften jährlich). Vor 30 Jahren (1990 bis 1994) hatten noch ca. 8 von 100 Frauen (im Alter von 15 bis 49 Jahren) eine ungewollte Schwangerschaft. Weltweit werden 61 Prozent der nicht geplanten Schwangerschaften abgebrochen.[96] Laut einer Studie aus dem Jahr 2003 sind 92 % aller Schwangerschaften bei Teenagern ungeplant. Geringe Bildung und mangelnde sexuelle Aufklärung gehören zu den Ursachen für ungewollte Schwangerschaften bei jungen Mädchen, wobei sich die Zahlen der Schwangerschaftsabbrüche aber auch der minderjährigen Mütter erhöhen.[97][98] Schwangerschaftsabbruch aus sozialen Gründen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Schwangerschaftsabbruch Ein Versagen der Verhütung, ungenügende Empfängnisverhütung, schlechte Familienplanung oder auch Straftaten (Vergewaltigung) können zu ungewollten Schwangerschaften führen. Derzeit stellen die sozialen Gründe in Deutschland die Hauptmotive für Abtreibungen. Von den 110.694 Schwangerschaftsabbrüchen im Jahr 2009 waren nur 2,9 % medizinisch oder kriminologisch (bei Vorliegen dringender Gründe für die Annahme, dass die Schwangerschaft auf einem Sexualdelikt beruht[99]) indiziert. Vor einigen Jahrzehnten noch kriminalisiert, ist in den meisten westeuropäischen Staaten ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft inzwischen straffrei. Sehr streng ist die Handhabung in Malta und Polen. In Deutschland kann ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb der vollendeten ersten 14 Wochen, gerechnet ab der letzten Monatsblutung (12 Wochen ab Befruchtung) stattfinden, sofern ihm eine Schwangerschaftskonfliktberatung vorausgegangen ist. Bei bestehender medizinischer Notwendigkeit (ernsthafte Gefahr für die Gesundheit der Mutter) ist ein Schwangerschaftsabbruch theoretisch bis zur Geburt möglich (s. o.).[100] Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Körpergeschichte Psychische Folgen ungewollter Mutterschaft Umstandskleidung Verdrängte Schwangerschaft Gesetzliche Schutzmaßnahmen der Schwangerschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] An eine Schwangerschaft sind in den meisten europäischen Ländern verschiedene gesetzliche Regelungen zum Schutz von Mutter und Kind gekoppelt, z. B. Kündigungsschutz. Bestimmte Tätigkeiten wie das Heben schwerer Lasten oder Nachtarbeit dürfen nicht mehr ausgeführt werden. In Deutschland beginnt der Mutterschutz sechs Wochen vor dem mutmaßlichen Entbindungstermin und erstreckt sich bis acht Wochen nach der Geburt, bei Frühgeburten und Mehrlingsgeburten bis zwölf Wochen danach. Absicherung in der Schwangerschaft und Erziehungszeit in DeutschlandVereinfachte Darstellung Zeitraum/ -punkt Vor der Schwanger- schaft Beginn der Schwanger- schaft Mitteilung an den Arbeit- geber restliche Zeit der Schwanger- schaft 6 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin Tag der Geburt 8 Wochen nach der Geburt bis 4 Monatenach der Geburt bis 12 Monatenach der Geburt max. bis zur Vollendung des 3. Lebensjahrs (teilw. bis zur Vollendung des 8. Lebensjahrs) Wieder- einstieg in die Arbeit Kinder- erziehung Nach der Kinder- erziehung Arbeitsentgelt und andere finanzielle Leistungen: Nettogehalt x / Monat 611 BGB Mutterschaftsgeld: 13 / Tag 19-20 MuSchG Nettogehalt x / Monat 611 BGB Anspruch auf Entgeltfortzahlung, 18 MuSchG Nettogehalt x / Monat abzgl. Mutterschaftsgeld 19-20 MuSchG Elterngeldminimal 300 , max. 1800 1 6 BEEG Kindergeld 250 / Monat, bzw. Kinderfreibetrag, 31 32, 62 78 EStG Recht auf unbezahlte Freistellung: Elternzeit, 15 16 BEEG Recht auf Teilzeitarbeit: 8 TzBfG 15 16 BEEG 8 TzBfG Besonderer Arbeitsschutz: Mutterschutz, MuSchArbV (EG-Mutterschutz-Richtlinie) Beschäftigungsverbot: ggf. Beschäftigungsverbot gemäß 3 bis 6 MuSchG Mutterschutz, 3 bis 6 MuSchG optional gesetzlich vorgeschrieben(12 statt 8 Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten oder ärztlich festgestellter Behinderung) Kündigungsschutz: 17 MuSchG (der Kündigungsschutz besteht auch nach einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche für 4 Monate fort) 18 19 BEEG Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten! Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die jüngste Person, die ein gesundes Kind zur Welt brachte, war die Peruanerin Lina Medina (siehe auch: Mutterschaft Minderjähriger). Der Beginn der Schwangerschaft erfolgte im Alter von vier Jahren, bei der Geburt ihres Sohnes war sie fünfeinhalb Jahre alt. Der weltweite Altersrekord bei einer Entbindung wird derzeit von einer Spanierin aus Barcelona gehalten, die 2006 nach einer künstlichen Befruchtung im Alter von 67 Jahren Zwillinge zur Welt brachte.[101] Die jüngste Mutter von sieben Kindern dürfte ein 16-jähriges Mädchen aus Argentinien sein, das 2008 zum zweiten Mal Drillinge, wieder drei Mädchen, bekommen hat.[102] Nachdem sie mit 14 Jahren als erstes Kind einen Sohn bekommen hatte, brachte sie 2006 Drillinge zur Welt. Vor der Geburt ihres Sohnes hatte sie nach eigener Aussage bereits ein Kind durch eine Fehlgeburt verloren.[103] Aus dem Urin schwangerer Frauen wurde in den 1930er Jahren in der Sowjetunion Gravidan gewonnen, das angeblich Glücksgefühle hervorrufen soll. Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Barbara Duden, Jürgen Schlumbohm, Patrice Veit (Hrsg.): Geschichte des Ungeborenen: Zur Erfahrungs- und Wissenschaftsgeschichte der Schwangerschaft, 17. 20. Jahrhunderts. 2. Auflage. 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Jonathan Bearak, Anna Popinchalk, Bela Ganatra, Ann-Beth Moller, Özge Tun alp: Unintended pregnancy and abortion by income, region, and the legal status of abortion: estimates from a comprehensive model for 1990 2019. In: The Lancet Global Health. Band 0, Nr. 0, 22. Juli 2020, ISSN 2214-109X, doi:10.1016/S2214-109X(20)30315-6. C. Klapp: Schwangerschaft bei jungen Mädchen. In: Zentralblatt für Gynäkologie. 2003, Band 125, Ausgabe 6, S. 209 217. Detlev W. Belling: Der Schwangerschaftsabbruch bei Minderjährigen eine ungelöste Aufgabe des Gesetzgebers. ssoar.info, GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. In: Social Science Open Access Repository. Berlin 2007, S. 455 492. ISBN 978-3-939804-12-3. Definition der kriminologischen Indikation. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, abgerufen am 4. Oktober 2010. Schwangerschaftsabbruch in Europa. (Memento vom 13. Februar 2006 im Internet Archive) Arbeiterwohlfahrt 67-Jährige bringt Zwillinge zur Welt. In: Tagesspiegel. 31. Dezember 2006 (Online). Kindersegen: 16-Jährige erwartet zum zweiten Mal Drillinge. Spiegel Online, 8. Februar 2008. 16-Jährige bekommt zum zweiten Mal Drillinge. saz-aktuell.com, 11. Februar 2008. Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! Normdaten (Sachbegriff): GND: 4053724-9 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85106276 | NDL: 00568522 |
Sinnesorgan.txt | Ein Sinnesorgan ist ein Organ, das in bestimmter Lage und Anordnung Sinneszellen enthält und daher Reize aufnehmen kann (Reizaufnahme). Jedes Sinnesorgan ist durch seine besondere sinnesphysiologische Ausstattung für ein jeweils artspezifisches Spektrum an adäquaten Reizen ausgelegt. Die Sinnesorgane werden in der Anatomie als Organa sensuum bezeichnet.
Diese Reize können nach Form, Art und Betrag der Energie unterschiedliche Einwirkungen sein, durch welche die Sinneszellen in einem Sinnesorgan so verändert werden, dass sie ein elektrisches Signal, ein Rezeptorpotential, bilden (Reizumwandlung). Auf diese Weise nimmt eine Sinneszelle, auch Rezeptor oder Sensor genannt, im Sinnesorgan einen Reiz auf und bildet damit Veränderungen ihrer Umgebung ab und zwar sowohl Veränderungen außerhalb des Körpers in dessen äußerer Umgebung als auch Veränderungen im Körperinneren.
In Abhängigkeit von ihrer Lage innerhalb des Sinnesorgans wandeln dessen Sinneszellen einen adäquaten Reiz je um in ein Signal, das von Nervenzellen aufgenommen als elektrischer Impuls über Nervenfasern weitergeleitet wird (Erregungsleitung). Darüber können im Nervensystem Signale von Sinnesorganen miteinander verglichen, untereinander abgeglichen und kombiniert, gefiltert oder kontrastiert werden. Erst in Bezug auf vorangegangene Zustände werden diese Daten zu spezifischen Informationen über Vorgänge im Inneren eines Organismus oder im Zusammenhang des Organismus mit seiner Umwelt. Derart tragen die Sinnesorgane zu Wahrnehmungen bei, die im Gehirn entstehen, und rufen spezifische sensorische Eindrücke bestimmter Sinnesmodalitäten hervor.[1]
Reize der Umwelt und die für ihre Umwandlung bedeutsamen Sinnesorgane[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Licht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die für das menschliche Auge umwandelbare elektromagnetische Strahlung mit einer Wellenlänge zwischen 380 nm (violett) und 760 nm (rot) wird als „sichtbares Licht“ bezeichnet. Somit stellt das Licht für das Auge den adäquaten Reiz dar. Das Rezeptororgan im Auge ist die Netzhaut mit Stäbchen (Hell-Dunkel-Sehen) und Zapfen (Farbsehen).
Die Augen einiger Tiere (viele Insekten, einige Reptilien, einige Vögel, Tiefseefische) sind auch für das kurzwelligere, ultraviolette Licht empfindlich. Einige Süßwasserfische können das langwelligere infrarote Licht ebenfalls mit den Augen wahrnehmen, Schlangen besitzen dafür spezielle Sinnesorgane (Grubenorgan und Labialgruben).
Schall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schallfrequenzen von 16 bis 20000 Hz sind adäquate Reize für das menschliche Hörorgan, das Corti-Organ im Innenohr und damit für den Gehörsinn. Gehörlose Menschen können Schall auch über die Schädelknochen, die Haut, die Lippen, die Hände, die Innenseite der Arme und andere Körperteile empfinden.[2]
Tiere wie Fledermäuse und Delfine können auch Schallwellen mit einer Frequenz von ~20 kHz (17,5 mm Wellenlänge) bis 200 kHz (1,7 mm), also Ultraschall detektieren.[3]
Tiere wie Elefanten und Eulen sind in der Lage, Infraschall (16–0 Hz) wahrzunehmen. Dabei besteht ein fließender Übergang zum Tastsinn. Hierbei werden Schwingungen über Tastrezeptoren in der Haut erfasst, bei Insekten und Spinnen über Tasthaare und Erschütterungsrezeptoren.
Temperatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Infrarotstrahlung (Wärme) mit Wellenlängen zwischen 750 nm und 0,01 mm wird von Wärme- bzw. Kälterezeptoren in der Haut erfasst (Temperaturwahrnehmung), bei Schlangen über Grubenorgane.
Druck und Bewegung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Druck wird über die Tastrezeptoren in der Haut wahrgenommen (Tastsinn). Fische können Wasserdruck und -bewegung über das Seitenlinienorgan erfassen.
Die Eigenbewegung und Körperposition relativ zur Umwelt wird über das Gleichgewichtsorgan im Innenohr (Gleichgewichtssinn) wahrgenommen. Die Gelenkstellung und damit die Position der Körperteile wird über Rezeptoren in den Muskeln und Sehnen (Golgi-Sehnenorgan, Muskelspindel) erfasst (Tiefensensibilität). Bei Insekten dient dazu die Chordotonalorgane.
Chemische Reize[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Geruchsreize werden über die Riechschleimhaut (Geruchssinn) erfasst, dabei besteht ein Zusammenspiel mit Informationen von Nervenendigungen der Kopfschleimhäute (Trigeminale Wahrnehmung). Über die Geschmacksknospen auf der Zunge (Geschmackssinn) werden ebenfalls chemische Reize detektiert.
Elektrische Felder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei einigen Fischen ist die Wahrnehmung elektrischer Felder belegt, beispielsweise beim Zitteraal und Zitterrochen. Bei Knorpelfischen wie Haien und Rochen dienen dazu die Lorenzinischen Ampullen. Auch für den Guyana-Delfin ist die Fähigkeit zur Elektrorezeption belegt.[4] Des Weiteren verfügen Schnabeltiere und Ameisenigel über hochempfindliche Elektrorezeptoren.
Magnetische Felder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Vögel und auch eine Reihe anderer Tiere sind zur Wahrnehmung des Erdmagnetfeldes befähigt (Magnetsinn). Starke magnetische Wechselfelder können auch vom Menschen durch Vibration der Augen erkannt werden.[5]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Sensorische Substitution
Organsystem
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Werner Kahle, Helmut Leonhardt, Werner Platzer: Taschenatlas der Anatomie für Studium und Praxis. Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. 6., überarbeitete Auflage. Thieme, Stuttgart 1996, ISBN 3-13-102536-0.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wiktionary: Sinnesorgan – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Literatur von und über Sinnesorgan im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
physiology.de/auge
physiology.de/hören
physiology.de/haut
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Hans-Werner Hunziker: Magie des Hörens: Unbewusste Strategien der Hörwahrnehmung. Transmedia Stäubli Verlag, Zürich 2011, ISBN 978-3-7266-0087-7.
↑ buecher.de
↑ 3sat.de
↑ Nicole U. Czech-Damal u. a.: Electroreception in the Guiana dolphin (Sotalia guianensis). In: Proceedings of the Royal Society B. Online-Vorabveröffentlichung, Juli 2011, doi:10.1098/rspb.2011.1127
↑ Einige Beobachtungen über eine Modulation der Lichtempfindung durch starke magnetische Wechselfelder. In: Die Naturwissenschaften. 1954, S. 508. doi:10.1007/BF00631845
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4055114-3 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85120042 | NDL: 00564888
| Ein Sinnesorgan ist ein Organ, das in bestimmter Lage und Anordnung Sinneszellen enthält und daher Reize aufnehmen kann (Reizaufnahme). Jedes Sinnesorgan ist durch seine besondere sinnesphysiologische Ausstattung für ein jeweils artspezifisches Spektrum an adäquaten Reizen ausgelegt. Die Sinnesorgane werden in der Anatomie als Organa sensuum bezeichnet. Diese Reize können nach Form, Art und Betrag der Energie unterschiedliche Einwirkungen sein, durch welche die Sinneszellen in einem Sinnesorgan so verändert werden, dass sie ein elektrisches Signal, ein Rezeptorpotential, bilden (Reizumwandlung). Auf diese Weise nimmt eine Sinneszelle, auch Rezeptor oder Sensor genannt, im Sinnesorgan einen Reiz auf und bildet damit Veränderungen ihrer Umgebung ab und zwar sowohl Veränderungen außerhalb des Körpers in dessen äußerer Umgebung als auch Veränderungen im Körperinneren. In Abhängigkeit von ihrer Lage innerhalb des Sinnesorgans wandeln dessen Sinneszellen einen adäquaten Reiz je um in ein Signal, das von Nervenzellen aufgenommen als elektrischer Impuls über Nervenfasern weitergeleitet wird (Erregungsleitung). Darüber können im Nervensystem Signale von Sinnesorganen miteinander verglichen, untereinander abgeglichen und kombiniert, gefiltert oder kontrastiert werden. Erst in Bezug auf vorangegangene Zustände werden diese Daten zu spezifischen Informationen über Vorgänge im Inneren eines Organismus oder im Zusammenhang des Organismus mit seiner Umwelt. Derart tragen die Sinnesorgane zu Wahrnehmungen bei, die im Gehirn entstehen, und rufen spezifische sensorische Eindrücke bestimmter Sinnesmodalitäten hervor.[1] Reize der Umwelt und die für ihre Umwandlung bedeutsamen Sinnesorgane[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Licht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die für das menschliche Auge umwandelbare elektromagnetische Strahlung mit einer Wellenlänge zwischen 380 nm (violett) und 760 nm (rot) wird als sichtbares Licht bezeichnet. Somit stellt das Licht für das Auge den adäquaten Reiz dar. Das Rezeptororgan im Auge ist die Netzhaut mit Stäbchen (Hell-Dunkel-Sehen) und Zapfen (Farbsehen). Die Augen einiger Tiere (viele Insekten, einige Reptilien, einige Vögel, Tiefseefische) sind auch für das kurzwelligere, ultraviolette Licht empfindlich. Einige Süßwasserfische können das langwelligere infrarote Licht ebenfalls mit den Augen wahrnehmen, Schlangen besitzen dafür spezielle Sinnesorgane (Grubenorgan und Labialgruben). Schall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Schallfrequenzen von 16 bis 20000 Hz sind adäquate Reize für das menschliche Hörorgan, das Corti-Organ im Innenohr und damit für den Gehörsinn. Gehörlose Menschen können Schall auch über die Schädelknochen, die Haut, die Lippen, die Hände, die Innenseite der Arme und andere Körperteile empfinden.[2] Tiere wie Fledermäuse und Delfine können auch Schallwellen mit einer Frequenz von ~20 kHz (17,5 mm Wellenlänge) bis 200 kHz (1,7 mm), also Ultraschall detektieren.[3] Tiere wie Elefanten und Eulen sind in der Lage, Infraschall (16 0 Hz) wahrzunehmen. Dabei besteht ein fließender Übergang zum Tastsinn. Hierbei werden Schwingungen über Tastrezeptoren in der Haut erfasst, bei Insekten und Spinnen über Tasthaare und Erschütterungsrezeptoren. Temperatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Infrarotstrahlung (Wärme) mit Wellenlängen zwischen 750 nm und 0,01 mm wird von Wärme- bzw. Kälterezeptoren in der Haut erfasst (Temperaturwahrnehmung), bei Schlangen über Grubenorgane. Druck und Bewegung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Druck wird über die Tastrezeptoren in der Haut wahrgenommen (Tastsinn). Fische können Wasserdruck und -bewegung über das Seitenlinienorgan erfassen. Die Eigenbewegung und Körperposition relativ zur Umwelt wird über das Gleichgewichtsorgan im Innenohr (Gleichgewichtssinn) wahrgenommen. Die Gelenkstellung und damit die Position der Körperteile wird über Rezeptoren in den Muskeln und Sehnen (Golgi-Sehnenorgan, Muskelspindel) erfasst (Tiefensensibilität). Bei Insekten dient dazu die Chordotonalorgane. Chemische Reize[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Geruchsreize werden über die Riechschleimhaut (Geruchssinn) erfasst, dabei besteht ein Zusammenspiel mit Informationen von Nervenendigungen der Kopfschleimhäute (Trigeminale Wahrnehmung). Über die Geschmacksknospen auf der Zunge (Geschmackssinn) werden ebenfalls chemische Reize detektiert. Elektrische Felder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bei einigen Fischen ist die Wahrnehmung elektrischer Felder belegt, beispielsweise beim Zitteraal und Zitterrochen. Bei Knorpelfischen wie Haien und Rochen dienen dazu die Lorenzinischen Ampullen. Auch für den Guyana-Delfin ist die Fähigkeit zur Elektrorezeption belegt.[4] Des Weiteren verfügen Schnabeltiere und Ameisenigel über hochempfindliche Elektrorezeptoren. Magnetische Felder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Vögel und auch eine Reihe anderer Tiere sind zur Wahrnehmung des Erdmagnetfeldes befähigt (Magnetsinn). Starke magnetische Wechselfelder können auch vom Menschen durch Vibration der Augen erkannt werden.[5] Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Sensorische Substitution Organsystem Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Werner Kahle, Helmut Leonhardt, Werner Platzer: Taschenatlas der Anatomie für Studium und Praxis. Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. 6., überarbeitete Auflage. Thieme, Stuttgart 1996, ISBN 3-13-102536-0. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wiktionary: Sinnesorgan Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Literatur von und über Sinnesorgan im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek physiology.de/auge physiology.de/hören physiology.de/haut Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hans-Werner Hunziker: Magie des Hörens: Unbewusste Strategien der Hörwahrnehmung. Transmedia Stäubli Verlag, Zürich 2011, ISBN 978-3-7266-0087-7. buecher.de 3sat.de Nicole U. Czech-Damal u. a.: Electroreception in the Guiana dolphin (Sotalia guianensis). In: Proceedings of the Royal Society B. Online-Vorabveröffentlichung, Juli 2011, doi:10.1098/rspb.2011.1127 Einige Beobachtungen über eine Modulation der Lichtempfindung durch starke magnetische Wechselfelder. In: Die Naturwissenschaften. 1954, S. 508. doi:10.1007/BF00631845 Normdaten (Sachbegriff): GND: 4055114-3 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85120042 | NDL: 00564888 |
Skelett.txt |
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Skelett (Begriffsklärung) aufgeführt.
Das Skelett, fachsprachlich auch Skelet (altgriechisch σκελετός skeletós, deutsch ‚ausgetrockneter Körper‘, ‚Mumie‘[1]), ist in der Biologie bzw. in der Anatomie der Körperbestandteil, der die Stützstruktur eines Lebewesens bildet. Unterschieden werden zwei Skelettarten, das Exoskelett als stabile äußere Hülle eines Organismus und das Endoskelett als Stützstruktur im Inneren des Körpers.
Zytoskelett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Zytoskelett
Endothelzellen unter dem Mikroskop. Die Mikrotubuli sind grün, Aktinfilamente rot markiert worden. Die Zellkerne sind blau markiert.
Das Zytoskelett (altgriechisch κύτος kýtos, deutsch ‚Zelle‘, eigentlich „Gefäß, Wölbung“) dient der Stabilisierung und Formwahrung der Zellen. Weiterhin können sich Zellen mit dessen Hilfe bewegen und Stoffe in ihrem Inneren transportieren. Außerdem übernehmen Teile des Zytoskeletts auch Aufgaben in der Signalübertragung zwischen Zellen. Es besteht aus dünnen Proteinen, die die Zelle je nach Bedarf auf- und wieder abbauen kann. Diese werden als Mikrofilamente bezeichnet und verlaufen wie Fasern in alle Richtungen durch die Zelle. Bei Eukaryoten werden drei verschiedene Typen von Filamenten unterschieden: Aktinfilamente, Mikrotubuli und Intermediärfilamente. Die Filamente der Prokaryoten sind zwar homolog zu denen der Eukaryoten, besitzen jedoch einen anderen Aufbau.
Hydroskelett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Hydroskelett
Die einfachste Skelettform, die vor allem bei verschiedenen wirbellosen Tieren auftaucht, die als Würmer bezeichnet werden, ist das Hydroskelett, bei dem der äußere Hautmuskel wie ein Schlauch das Wasser im Inneren des Körpers zusammendrückt. Da Wasser kaum komprimierbar ist (d. h. sich nicht zusammendrücken lässt), wirkt der Körper relativ stabil.
Exoskelett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Exoskelett
Kopf einer Ameise
Andere Tiere, vor allem die Gliederfüßer (gr: arthropoda), und hier besonders Insekten, Kieferklauenträger und Krebstiere, haben Exoskelette entwickelt. Da diese nur begrenzt mitwachsen können, finden in der Individualentwicklung meistens Häutungen statt, bei denen die während des Wachstums zu klein gewordene Hülle abgestreift wird.
Exoskelette können aus verschiedenen Materialien bestehen. Beispiele hierfür sind Chitin (bei Gliederfüßern), Kalziumverbindungen (bei Korallen, Weichtieren und einigen Vielborstern) oder Silikat (bei Kieselalgen und Strahlentierchen).
Das Exoskelett von Insekten dient nicht nur als Schutz, sondern auch als Oberfläche zum Muskelansatz, als wasserdichter Schutz vor Austrocknung und als Sinnesorgan zur Interaktion mit ihrer Umwelt. Es besteht aus mehreren Schichten mit vier funktionell unterschiedlichen Regionen: Epicuticula, Procuticula, Epidermis und Basallamina.[2] Obwohl das Exoskelett der Gliederfüßer zum Großteil aus Chitin besteht, trifft dies nicht hundertprozentig zu.
Endoskelett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Endoskelett
Vom Endoskelett spricht man, wenn die Stützstruktur der Tiere sich innerhalb des Körpers befindet. Diese Strukturen findet man etwa bei Chordatieren, Stachelhäutern und Schwämmen. Ein Endoskelett gibt dem Körper Halt und Stabilität und ermöglicht ihm die freie Bewegung. Echtes Endoskelett entstammt dem Mesoderm, diese Art von Skelett findet sich in den Chordatieren und den Stachelhäutern.
Schwämme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Spicula eines Pachastrelliden
Das Skelett der Schwämme besteht aus mikroskopisch kleinen kalk- oder siliciumdioxidhaltigen Skelettnadeln, den Spicula. Weiterer Bestandteil bei den Hornkieselschwämmen (Demospongiae) ist Spongin. Die Spicula werden von Skelerocyten, einer Zellart im Mesogloea (bindegewebsartige Mittelschicht) gebildet. Je nachdem, ob die Spicula aus Kalk oder Siliziumdioxid gebildet werden, spricht man von Kalk- oder Kieselschwämmen.
Stachelhäuter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Skelett der Stachelhäuter, zu denen unter anderem auch die Seesterne gehören, besteht aus Calcit und einem geringen Magnesiumoxidanteil. Es liegt unterhalb der Oberhaut (Epidermis) im Mesoderm und wird innerhalb von Zellverbänden von Skelettbildungszellen (Sclerocyten) gebildet. Dieses von den Sklerocyten geformte Gebilde (Stereom) ist porös und deshalb fest und zugleich leicht. Es verwächst zu Platten (Ossikeln), die in alle Richtungen wachsen können und somit auch den Verlust eines Körperteils ersetzen können. Gelenke, die einzelne Skelettteile verbinden, können durch die Muskulatur bewegt werden.
Chordatiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Säugetiere: 1 Mensch 2 Schädel 3 Australopithecus 4 Neandertaler 5 Schimpanse 6 Pavian 7 Schlankaffe 8 Gorilla 9 Wildschwein 10 Hausrind 11 Löwe 12 Wolf 13 Pferd 14 Elefant 15 Hausziege 16 Flusspferd 17 Kamel 18 Känguru 19 Antilope 20 Walross 21 Fledermaus 22 Wal Vögel: 23 Adler 24 Papagei 25 Haushuhn (weiblich) 26 Haushuhn (männlich) 27 Tukan 28 Kasuar 29 Pinguin 30 Kranich 31 Schleiereule Reptilien: 32 Kobra 33 Grubenotter 34 Abgottschlange 35 Krokodil 36 Eidechse 37 Schildkröte Amphibien: 38 Frosch 39 Schwanzlurch Fische: 40 Barsch 41 Stör 42 Drückerfisch 43 Rochen 44 Flösselhecht
Das Skelett der Wirbeltiere und der Schädellosen besteht aus festen Elementen, die über Skelettmuskeln gegeneinander bewegt werden können. Bei Menschen und generell bei den meisten Wirbeltiergruppen werden diese Elemente als Knochen bezeichnet. Weiterer wichtiger Baustein von Endoskeletten sind die Knorpel. Bei Säugetieren findet man sie überwiegend in Gelenken. Bei anderen Tieren, wie den Knorpelfischen, zu denen die Haie zählen, ist das Skelett gänzlich aus Knorpeln aufgebaut.
Während Knochen aus Osteozyten (spezifische Zellen des Knochens) besteht, die um sich herum eine Matrix aus Kollagenen aufbauen, in die in organische Elemente wie Hydroxyapatitkristalle (Ca5(PO4)3OH) eingelagert werden, besteht Knorpel aus Chondrozyten (spezifische Zellen der Knorpel), die um sich herum eine wasserreiche Matrix aus Proteoglycan und Glycoproteinen aufbauen. Anhand der Interzellulärmatrix wird zwischen hyalinem, elastischem und Faserknorpel unterschieden.
Knochen bilden neben ihrer Stützfunktion des Körpers und Schutzfunktion für die inneren Organe die mechanische Grundlage, die erst eine Bewegung ermöglicht. Außerdem dienen sie, auf zellulärer Ebene, als Calcium- und Phosphatspeicher.
Wirbeltiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Dem Skelett der Wirbeltiere sind viele Gemeinsamkeiten ansehbar, trotzdem unterscheidet es sich, je nach Lebensraum und Anforderungen, teilweise erheblich. Mit diesen Gemeinsamkeiten und Unterschieden beschäftigt sich die Vergleichende Anatomie.
Das Skelett der Wirbeltiere wird in einen cranialen Teil (Cranium) und einen postcranialen Teil (Postcranium) unterschieden. Der craniale Teil umfasst nur den Schädel, während das Postcranium aus dem übrigen Teil des Skeletts besteht. Das Postcranium wird in das axiale und das appendikuläre Skelett unterteilt. Zum axialen Skelett (Achsenskelett) gehören der Rumpf mit Wirbelsäule, Kreuzbein, Rippen und Brustbein. Dem appendikulären Skelett (Appendikularskelett) werden die Gliedmaßen, der Schultergürtel sowie der Beckengürtel zugeordnet.
Fische[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Skelett der Fische besteht entweder aus Knorpel (Knorpelfische) oder aus Knochen (Knochenfische). Die Hauptmerkmale der Fische, die Flossen, sind mit knöchernen Flossenstrahlen (Radien) verstärkt. Die Flossen, mit Ausnahme der Schwanzflosse, haben keine direkte Verbindung mit der Wirbelsäule, sie werden lediglich durch die an den Flossenträgern (Radiale) ansetzenden Muskeln gestützt. Die Rippen setzen an der Wirbelsäule an und umspannen auch den Bauchraum bis zum After. Ein Brustbein fehlt. Die Gräten bestehen aus verknöchertem Bindegewebe in den Muskelscheiden der Knochenfische.
Vögel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Um das Gewicht der Vögel möglichst gering zu halten, sind einige der Vogelknochen mit Luft gefüllt (Pneumatisation). Einige Knochen sind im Laufe der Evolution miteinander fusioniert, so dass das Vogelskelett aus weniger Knochen als das anderer Wirbeltiere besteht.
Meeressäuger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Walskelett
Um eine Fortbewegung der Meeressäuger im Wasser zu erleichtern bzw. zu ermöglichen, haben sich bei ihnen die Vorderextremitäten zu paddelartigen Flossen umentwickelt. Die Hinterbeine gingen entweder gänzlich verloren wie z. B. bei den Walen und Seekühen oder vereinigten sich zu einer einheitlichen Schwanzflosse wie z. B. bei Robben.
Menschen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Knochen des Menschen
Menschliches Skelett (Frontansicht)
Das menschliche Skelett hat einen Anteil von 12 Prozent am Gesamtgewicht, bei einem 75 Kilogramm schweren Menschen wiegen die Knochen also nur neun Kilogramm. Das Skelett eines erwachsenen Menschen besteht aus etwas über 200 Knochen (genaue Zahlen schwanken zwischen Individuen). Das menschliche Skelett braucht mehrere Jahre, bis es vollständig entwickelt ist. Obwohl der Oberarmknochen (lat. Humerus) bereits im Mutterleib (8. Woche) verknöchert (ossifiziert), ist das Skelett erst um das 20. Lebensjahr herum vollständig entwickelt.
Fossilien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Skelette und Skelettteile sowie deren Versteinerungen gehören zu den wichtigsten Hinterlassenschaften, die von Lebewesen fossil überliefert sind, oft sogar zu den einzigen, vor allem dann, wenn sie aus festeren Substanzen (Kalk, Silikat) bestehen. Sie bilden dadurch eine wichtige Quelle für das Studium ausgestorbener, aber auch noch lebender Arten. Weichere Skelettteile (etwa aus Knorpel) bleiben dagegen oft nur unter günstigen Bedingungen erhalten. So ist z. B. Dunkleosteus nur durch seinen Schädel- und Nackenpanzer fossil überliefert.
Aus solchen Fossilien werden z. T. weitreichende Schlüsse auf Anatomie, Physiologie, Lebensweise (Zusammenleben, Ernährung, Fortpflanzung etc.), Verbreitung und Ausbreitung, Entstehung und Aussterben oder Verwandtschaft zu anderen Arten gezogen. Dies kann problematisch sein, wenn keine weiteren Quellen zur Verfügung stehen. Beispielsweise können ähnliche Merkmale auf konvergenter Evolution beruhen. Zudem ist die fossile Überlieferung oft sehr lückenhaft.
Archäozoologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auch in der Archäologie spielen Skelettfunde eine wichtige Rolle. Das Fachgebiet der Archäozoologie setzt sich mit der tierartlichen Bestimmung von Skelettfunde aus archäologischen Ausgrabungen auseinander. Es werden dazu Daten unter ökologischen und ökonomischen Aspekten erhoben und ausgewertet. Die Ergebnisse erbringen Kenntnisse über die Jagdgewohnheiten, Domestikationsabläufe und Wirtschaftsweise vor- und frühgeschichtlicher Gesellschaften. Über die Artenzusammensetzung hinaus erbringen anthropogene Spuren an Knochen, Pathologien und die Isotopensignaturen der Skelettelemente weiterführende Daten zu Klimaverhältnissen, Nahrungsnetzen sowie Nahrungsnutzung und -zusammensetzung.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Milton Hildebrand, George E. Goslow: Vergleichende und funktionelle Anatomie der Wirbeltiere. Springer, Berlin 2003, ISBN 3-540-00757-1.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wiktionary: Skelett – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Skelett – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Literatur von und über Skelett im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Lehrer-Online: Unterrichtsmaterial für den Deutsch- oder Englischunterricht
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Ulrich Lehmann: Paläontologisches Wörterbuch. 4. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1996, S. 221.
↑ NC State University
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4133111-4 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85123119 | NDL: 00566284
| Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Skelett (Begriffsklärung) aufgeführt. Das Skelett, fachsprachlich auch Skelet (altgriechisch skelet s, deutsch ausgetrockneter Körper , Mumie [1]), ist in der Biologie bzw. in der Anatomie der Körperbestandteil, der die Stützstruktur eines Lebewesens bildet. Unterschieden werden zwei Skelettarten, das Exoskelett als stabile äußere Hülle eines Organismus und das Endoskelett als Stützstruktur im Inneren des Körpers. Zytoskelett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Zytoskelett Endothelzellen unter dem Mikroskop. Die Mikrotubuli sind grün, Aktinfilamente rot markiert worden. Die Zellkerne sind blau markiert. Das Zytoskelett (altgriechisch k tos, deutsch Zelle , eigentlich Gefäß, Wölbung ) dient der Stabilisierung und Formwahrung der Zellen. Weiterhin können sich Zellen mit dessen Hilfe bewegen und Stoffe in ihrem Inneren transportieren. Außerdem übernehmen Teile des Zytoskeletts auch Aufgaben in der Signalübertragung zwischen Zellen. Es besteht aus dünnen Proteinen, die die Zelle je nach Bedarf auf- und wieder abbauen kann. Diese werden als Mikrofilamente bezeichnet und verlaufen wie Fasern in alle Richtungen durch die Zelle. Bei Eukaryoten werden drei verschiedene Typen von Filamenten unterschieden: Aktinfilamente, Mikrotubuli und Intermediärfilamente. Die Filamente der Prokaryoten sind zwar homolog zu denen der Eukaryoten, besitzen jedoch einen anderen Aufbau. Hydroskelett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Hydroskelett Die einfachste Skelettform, die vor allem bei verschiedenen wirbellosen Tieren auftaucht, die als Würmer bezeichnet werden, ist das Hydroskelett, bei dem der äußere Hautmuskel wie ein Schlauch das Wasser im Inneren des Körpers zusammendrückt. Da Wasser kaum komprimierbar ist (d. h. sich nicht zusammendrücken lässt), wirkt der Körper relativ stabil. Exoskelett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Exoskelett Kopf einer Ameise Andere Tiere, vor allem die Gliederfüßer (gr: arthropoda), und hier besonders Insekten, Kieferklauenträger und Krebstiere, haben Exoskelette entwickelt. Da diese nur begrenzt mitwachsen können, finden in der Individualentwicklung meistens Häutungen statt, bei denen die während des Wachstums zu klein gewordene Hülle abgestreift wird. Exoskelette können aus verschiedenen Materialien bestehen. Beispiele hierfür sind Chitin (bei Gliederfüßern), Kalziumverbindungen (bei Korallen, Weichtieren und einigen Vielborstern) oder Silikat (bei Kieselalgen und Strahlentierchen). Das Exoskelett von Insekten dient nicht nur als Schutz, sondern auch als Oberfläche zum Muskelansatz, als wasserdichter Schutz vor Austrocknung und als Sinnesorgan zur Interaktion mit ihrer Umwelt. Es besteht aus mehreren Schichten mit vier funktionell unterschiedlichen Regionen: Epicuticula, Procuticula, Epidermis und Basallamina.[2] Obwohl das Exoskelett der Gliederfüßer zum Großteil aus Chitin besteht, trifft dies nicht hundertprozentig zu. Endoskelett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Endoskelett Vom Endoskelett spricht man, wenn die Stützstruktur der Tiere sich innerhalb des Körpers befindet. Diese Strukturen findet man etwa bei Chordatieren, Stachelhäutern und Schwämmen. Ein Endoskelett gibt dem Körper Halt und Stabilität und ermöglicht ihm die freie Bewegung. Echtes Endoskelett entstammt dem Mesoderm, diese Art von Skelett findet sich in den Chordatieren und den Stachelhäutern. Schwämme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Spicula eines Pachastrelliden Das Skelett der Schwämme besteht aus mikroskopisch kleinen kalk- oder siliciumdioxidhaltigen Skelettnadeln, den Spicula. Weiterer Bestandteil bei den Hornkieselschwämmen (Demospongiae) ist Spongin. Die Spicula werden von Skelerocyten, einer Zellart im Mesogloea (bindegewebsartige Mittelschicht) gebildet. Je nachdem, ob die Spicula aus Kalk oder Siliziumdioxid gebildet werden, spricht man von Kalk- oder Kieselschwämmen. Stachelhäuter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Skelett der Stachelhäuter, zu denen unter anderem auch die Seesterne gehören, besteht aus Calcit und einem geringen Magnesiumoxidanteil. Es liegt unterhalb der Oberhaut (Epidermis) im Mesoderm und wird innerhalb von Zellverbänden von Skelettbildungszellen (Sclerocyten) gebildet. Dieses von den Sklerocyten geformte Gebilde (Stereom) ist porös und deshalb fest und zugleich leicht. Es verwächst zu Platten (Ossikeln), die in alle Richtungen wachsen können und somit auch den Verlust eines Körperteils ersetzen können. Gelenke, die einzelne Skelettteile verbinden, können durch die Muskulatur bewegt werden. Chordatiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Säugetiere: 1 Mensch 2 Schädel 3 Australopithecus 4 Neandertaler 5 Schimpanse 6 Pavian 7 Schlankaffe 8 Gorilla 9 Wildschwein 10 Hausrind 11 Löwe 12 Wolf 13 Pferd 14 Elefant 15 Hausziege 16 Flusspferd 17 Kamel 18 Känguru 19 Antilope 20 Walross 21 Fledermaus 22 Wal Vögel: 23 Adler 24 Papagei 25 Haushuhn (weiblich) 26 Haushuhn (männlich) 27 Tukan 28 Kasuar 29 Pinguin 30 Kranich 31 Schleiereule Reptilien: 32 Kobra 33 Grubenotter 34 Abgottschlange 35 Krokodil 36 Eidechse 37 Schildkröte Amphibien: 38 Frosch 39 Schwanzlurch Fische: 40 Barsch 41 Stör 42 Drückerfisch 43 Rochen 44 Flösselhecht Das Skelett der Wirbeltiere und der Schädellosen besteht aus festen Elementen, die über Skelettmuskeln gegeneinander bewegt werden können. Bei Menschen und generell bei den meisten Wirbeltiergruppen werden diese Elemente als Knochen bezeichnet. Weiterer wichtiger Baustein von Endoskeletten sind die Knorpel. Bei Säugetieren findet man sie überwiegend in Gelenken. Bei anderen Tieren, wie den Knorpelfischen, zu denen die Haie zählen, ist das Skelett gänzlich aus Knorpeln aufgebaut. Während Knochen aus Osteozyten (spezifische Zellen des Knochens) besteht, die um sich herum eine Matrix aus Kollagenen aufbauen, in die in organische Elemente wie Hydroxyapatitkristalle (Ca5(PO4)3OH) eingelagert werden, besteht Knorpel aus Chondrozyten (spezifische Zellen der Knorpel), die um sich herum eine wasserreiche Matrix aus Proteoglycan und Glycoproteinen aufbauen. Anhand der Interzellulärmatrix wird zwischen hyalinem, elastischem und Faserknorpel unterschieden. Knochen bilden neben ihrer Stützfunktion des Körpers und Schutzfunktion für die inneren Organe die mechanische Grundlage, die erst eine Bewegung ermöglicht. Außerdem dienen sie, auf zellulärer Ebene, als Calcium- und Phosphatspeicher. Wirbeltiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Dem Skelett der Wirbeltiere sind viele Gemeinsamkeiten ansehbar, trotzdem unterscheidet es sich, je nach Lebensraum und Anforderungen, teilweise erheblich. Mit diesen Gemeinsamkeiten und Unterschieden beschäftigt sich die Vergleichende Anatomie. Das Skelett der Wirbeltiere wird in einen cranialen Teil (Cranium) und einen postcranialen Teil (Postcranium) unterschieden. Der craniale Teil umfasst nur den Schädel, während das Postcranium aus dem übrigen Teil des Skeletts besteht. Das Postcranium wird in das axiale und das appendikuläre Skelett unterteilt. Zum axialen Skelett (Achsenskelett) gehören der Rumpf mit Wirbelsäule, Kreuzbein, Rippen und Brustbein. Dem appendikulären Skelett (Appendikularskelett) werden die Gliedmaßen, der Schultergürtel sowie der Beckengürtel zugeordnet. Fische[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Skelett der Fische besteht entweder aus Knorpel (Knorpelfische) oder aus Knochen (Knochenfische). Die Hauptmerkmale der Fische, die Flossen, sind mit knöchernen Flossenstrahlen (Radien) verstärkt. Die Flossen, mit Ausnahme der Schwanzflosse, haben keine direkte Verbindung mit der Wirbelsäule, sie werden lediglich durch die an den Flossenträgern (Radiale) ansetzenden Muskeln gestützt. Die Rippen setzen an der Wirbelsäule an und umspannen auch den Bauchraum bis zum After. Ein Brustbein fehlt. Die Gräten bestehen aus verknöchertem Bindegewebe in den Muskelscheiden der Knochenfische. Vögel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Um das Gewicht der Vögel möglichst gering zu halten, sind einige der Vogelknochen mit Luft gefüllt (Pneumatisation). Einige Knochen sind im Laufe der Evolution miteinander fusioniert, so dass das Vogelskelett aus weniger Knochen als das anderer Wirbeltiere besteht. Meeressäuger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Walskelett Um eine Fortbewegung der Meeressäuger im Wasser zu erleichtern bzw. zu ermöglichen, haben sich bei ihnen die Vorderextremitäten zu paddelartigen Flossen umentwickelt. Die Hinterbeine gingen entweder gänzlich verloren wie z. B. bei den Walen und Seekühen oder vereinigten sich zu einer einheitlichen Schwanzflosse wie z. B. bei Robben. Menschen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Knochen des Menschen Menschliches Skelett (Frontansicht) Das menschliche Skelett hat einen Anteil von 12 Prozent am Gesamtgewicht, bei einem 75 Kilogramm schweren Menschen wiegen die Knochen also nur neun Kilogramm. Das Skelett eines erwachsenen Menschen besteht aus etwas über 200 Knochen (genaue Zahlen schwanken zwischen Individuen). Das menschliche Skelett braucht mehrere Jahre, bis es vollständig entwickelt ist. Obwohl der Oberarmknochen (lat. Humerus) bereits im Mutterleib (8. Woche) verknöchert (ossifiziert), ist das Skelett erst um das 20. Lebensjahr herum vollständig entwickelt. Fossilien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Skelette und Skelettteile sowie deren Versteinerungen gehören zu den wichtigsten Hinterlassenschaften, die von Lebewesen fossil überliefert sind, oft sogar zu den einzigen, vor allem dann, wenn sie aus festeren Substanzen (Kalk, Silikat) bestehen. Sie bilden dadurch eine wichtige Quelle für das Studium ausgestorbener, aber auch noch lebender Arten. Weichere Skelettteile (etwa aus Knorpel) bleiben dagegen oft nur unter günstigen Bedingungen erhalten. So ist z. B. Dunkleosteus nur durch seinen Schädel- und Nackenpanzer fossil überliefert. Aus solchen Fossilien werden z. T. weitreichende Schlüsse auf Anatomie, Physiologie, Lebensweise (Zusammenleben, Ernährung, Fortpflanzung etc.), Verbreitung und Ausbreitung, Entstehung und Aussterben oder Verwandtschaft zu anderen Arten gezogen. Dies kann problematisch sein, wenn keine weiteren Quellen zur Verfügung stehen. Beispielsweise können ähnliche Merkmale auf konvergenter Evolution beruhen. Zudem ist die fossile Überlieferung oft sehr lückenhaft. Archäozoologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Auch in der Archäologie spielen Skelettfunde eine wichtige Rolle. Das Fachgebiet der Archäozoologie setzt sich mit der tierartlichen Bestimmung von Skelettfunde aus archäologischen Ausgrabungen auseinander. Es werden dazu Daten unter ökologischen und ökonomischen Aspekten erhoben und ausgewertet. Die Ergebnisse erbringen Kenntnisse über die Jagdgewohnheiten, Domestikationsabläufe und Wirtschaftsweise vor- und frühgeschichtlicher Gesellschaften. Über die Artenzusammensetzung hinaus erbringen anthropogene Spuren an Knochen, Pathologien und die Isotopensignaturen der Skelettelemente weiterführende Daten zu Klimaverhältnissen, Nahrungsnetzen sowie Nahrungsnutzung und -zusammensetzung. Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Milton Hildebrand, George E. Goslow: Vergleichende und funktionelle Anatomie der Wirbeltiere. Springer, Berlin 2003, ISBN 3-540-00757-1. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wiktionary: Skelett Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Commons: Skelett Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Literatur von und über Skelett im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Lehrer-Online: Unterrichtsmaterial für den Deutsch- oder Englischunterricht Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ulrich Lehmann: Paläontologisches Wörterbuch. 4. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1996, S. 221. NC State University Normdaten (Sachbegriff): GND: 4133111-4 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: sh85123119 | NDL: 00566284 |
Somatisches Nervensystem.txt | Das somatische Nervensystem (SNS; von altgriechisch σῶμα soma, deutsch ‚Körper‘; auch animales oder animalisches Nervensystem (von lateinisch anima ‚das Beseelte‘, ‚Lufthauch‘, ‚Wind‘), cerebrospinales oder willkürliches Nervensystem) ist neben dem vegetativen Nervensystem eine der beiden Hauptabteilungen des Nervensystems der Wirbeltiere (einschließlich des Menschen). Im Gegensatz zu letzterem ermöglicht das somatische Nervensystem beim Menschen eine bewusste Wahrnehmung der Umwelt und des eigenen Körpers über die Sinnesorgane und willentliche Aktionen über die Muskeln (Willkürmotorik).
Kriterien zur Abgrenzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Unterscheidung zwischen somatischem und vegetativem Nervensystem erfolgt aufgrund anatomischer, physiologischer und pharmakologischer Kriterien.
Anatomie und Histologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ähnlich wie das vegetative Nervensystem ist auch das somatische Nervensystem in Afferenzen und Efferenzen gegliedert.
Afferenzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die afferenten Neuronen des somatischen Nervensystems bilden die aufsteigenden Projektionsbahnen. Sie führen zu den Projektions- und mittelbar auch zu den Assoziationszentren. Afferenzen sind allgemein die zu den zerebralen Projektionszentren verlaufenden Nervenbahnen der Sinnesorgane wie die Riechbahn (Tractus olfactorius) N.I, die Sehbahn (Tractus opticus) N.II, die Hörbahn N.VIII, die Gleichgewichtsbahn N.VIII und die Geschmacksbahnen verschiedener Hirnnerven (Tractus solitarii) N.VII und N.IX. Diese Bahnen bestehen aus unterschiedlich gestaffelten Neuronenketten, die Sehbahn z. B. aus einer Kette von insgesamt 4 Neuronen, die dorsale Hörbahn aus einer Kette von 3 Neuronen.[1]
Efferenzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Efferente motorische Nervenfasern des somatischen Nervensystems versorgen stets quergestreifte Muskulatur (meist Skelettmuskulatur). Unter den motorischen Bahnen des somatischen Nervensystems sind die motorischen Anteile der Hirnnerven zu nennen, die quergestreifte Muskulatur versorgen, und die Pyramidenbahn (PS), welche die übrige Skelettmuskulatur versorgt. Auch das extrapyramidalmotorische System (EPS) versorgt quergestreifte Muskulatur. Die entsprechenden motorischen Abläufe sind jedoch weitgehend automatisiert, weil das EPS die vom PS bereits „eingefahrenen“ willkürlichen Bewegungen übernimmt.[1] Folgende Hirnnerven besitzen somatomotorische Anteile: Nn. III, IV, VI, XI und XII. Die motorischen Hirnnervenfasern der Nn. V, VII, IX und X werden als Kiemenbogennerven bezeichnet. Ihre Tätigkeit ist teilweise branchiomotorisch (d. h. die Muskeln versorgend, die sich aus dem Kiemenbogen entwickelt haben) und teilweise viszeromotorisch (Efferenzen der vegetativen Nervensysteme). Die Nervenfasern der durch die Pyramidenbahn versorgten Muskulatur bestehen aus zwei in Serie geschalteten Motoneuronen, die Fasern der von den Hirnnerven versorgten Muskulatur aus einem Motoneuron.[2]
Histologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Während efferente motorische Nervenfasern des somatischen Nervensystems stets quergestreifte Muskulatur (meist Skelettmuskulatur) versorgen, innervieren efferente motorische Nervenfasern des vegetativen Nervensystems in der Regel glatte Muskulatur (z. B. Gefäße oder Darm).[3] Ausnahme: Die Nerven des vegetativen Nervensystems versorgen zum Teil auch Skelettmuskelfasern.[4]
Pharmakologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Pharmakologisch ist auf unterschiedliche Überträgerstoffe (Neurotransmitter) für vegetatives und somatisches Nervensystem hinzuweisen. Sogenannte adrenerge und nikotinähnliche Neurotransmitter sind nur im vegetativen Nervensystem wirksam. Im somatischen Nervensystem ist lediglich Acetylcholin als physiologische Überträgersubstanz zu erwähnen. Sie hat jedoch überschneidend mit dem Vegetativum auch Wirkung auf die parasympathischen Nerven des vegetativen Nervensystems. Es gibt auch spezifische pharmakologische Hemmstoffe wie Alphablocker und Betablocker für das sympathische Nervensystem, Atropin für das parasympathische Nervensystem und z. B. Curare für das somatische Nervensystem.[5]
Zusammenspiel mit vegetativem Nervensystem[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die zum Teil bewusst steuerbare Tätigkeit der quergestreiften Muskulatur ist zur Leistungssteigerung auf Unterstützung durch das Vegetativum (vegetatives Nervensystem) angewiesen. Zur Leistungssteigerung cerebrospinaler Funktionen sind sog. ergotrope Reaktionen wesentlich. Diese sind durch den Sympathicus gewährleistet. Afferente vegetative Nerven innerer Organe haben teilweise bewusstseinsfähige Signalwirkung (z. B. Unwohlsein im Magen-Darm-Bereich). Geruchs- und Geschmacksnerven haben andererseits Kopplungen zum Verdauungssystem, das als größtes vegetatives Organsystem anzusehen ist. Dies sind einige wenige Beispiele für das Zusammenspiel von cerebrospinalem und vegetativem Nervensystem.[6]
Nomenklatur und Gliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Sowohl vegetatives als auch somatisches Nervensystem haben periphere und zentrale Anteile – diese Einteilung spiegelt einen topographischen Ansatz wider. Daraus ergeben sich die Kombinationen: zentral-somatisch, zentral-vegetativ, peripher-somatisch, peripher-vegetativ.
Dasselbe gilt für den dritten Ansatz einer Gliederung: die Richtung des Signals. Hier unterscheidet man zwischen sensorisch und motorisch bzw. zwischen afferent und efferent.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Peripheres Nervensystem
Zentralnervensystem
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ a b Hermann Voss, Robert Herrlinger: Taschenbuch der Anatomie. Band III: Nervensystem, Sinnessystem, Hautsystem, Inkretsystem. Fischer, Jena 1964; (a) zu Stw. „Anzahl verknüpfter Neurone“: S. 69ff.; (b) zu Stw. „EPS“: S. 21f.
↑ Eduard M. W. Weber: Schemata der Leitungsbahnen des Menschen. Lehmanns, München 1960; Tab. IV, Nervi craniales
↑ Max Watzka: Kurzlehrbuch der Histologie und mikroskopischen Anatomie des Menschen. 3. Auflage. Schattauer, Stuttgart 1964, S. 49ff.
↑ Alfred Benninghoff u. a.: Lehrbuch der Anatomie des Menschen. Dargestellt unter Bevorzugung funktioneller Zusammenhänge. 3. Band: Nervensystem Haut und Sinnesorgane. Urban und Schwarzenberg, München 1964, S. 356.
↑ G. Kuschinsky, H. Lüllmann: Pharmakologie. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 1967, S. 1ff. und 100ff.
↑ Hermann Rein, Max Schneider: Physiologie des Menschen. 15. Auflage. Springer, Berlin 1964; zu Stw. „Ergotrope Reaktion“: S. 405, 543; zu Stw. „Cerebrospinales Nervensystem“: S. 471ff.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4367867-1 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
| Das somatische Nervensystem (SNS; von altgriechisch soma, deutsch Körper ; auch animales oder animalisches Nervensystem (von lateinisch anima das Beseelte , Lufthauch , Wind ), cerebrospinales oder willkürliches Nervensystem) ist neben dem vegetativen Nervensystem eine der beiden Hauptabteilungen des Nervensystems der Wirbeltiere (einschließlich des Menschen). Im Gegensatz zu letzterem ermöglicht das somatische Nervensystem beim Menschen eine bewusste Wahrnehmung der Umwelt und des eigenen Körpers über die Sinnesorgane und willentliche Aktionen über die Muskeln (Willkürmotorik). Kriterien zur Abgrenzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Unterscheidung zwischen somatischem und vegetativem Nervensystem erfolgt aufgrund anatomischer, physiologischer und pharmakologischer Kriterien. Anatomie und Histologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ähnlich wie das vegetative Nervensystem ist auch das somatische Nervensystem in Afferenzen und Efferenzen gegliedert. Afferenzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die afferenten Neuronen des somatischen Nervensystems bilden die aufsteigenden Projektionsbahnen. Sie führen zu den Projektions- und mittelbar auch zu den Assoziationszentren. Afferenzen sind allgemein die zu den zerebralen Projektionszentren verlaufenden Nervenbahnen der Sinnesorgane wie die Riechbahn (Tractus olfactorius) N.I, die Sehbahn (Tractus opticus) N.II, die Hörbahn N.VIII, die Gleichgewichtsbahn N.VIII und die Geschmacksbahnen verschiedener Hirnnerven (Tractus solitarii) N.VII und N.IX. Diese Bahnen bestehen aus unterschiedlich gestaffelten Neuronenketten, die Sehbahn z. B. aus einer Kette von insgesamt 4 Neuronen, die dorsale Hörbahn aus einer Kette von 3 Neuronen.[1] Efferenzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Efferente motorische Nervenfasern des somatischen Nervensystems versorgen stets quergestreifte Muskulatur (meist Skelettmuskulatur). Unter den motorischen Bahnen des somatischen Nervensystems sind die motorischen Anteile der Hirnnerven zu nennen, die quergestreifte Muskulatur versorgen, und die Pyramidenbahn (PS), welche die übrige Skelettmuskulatur versorgt. Auch das extrapyramidalmotorische System (EPS) versorgt quergestreifte Muskulatur. Die entsprechenden motorischen Abläufe sind jedoch weitgehend automatisiert, weil das EPS die vom PS bereits eingefahrenen willkürlichen Bewegungen übernimmt.[1] Folgende Hirnnerven besitzen somatomotorische Anteile: Nn. III, IV, VI, XI und XII. Die motorischen Hirnnervenfasern der Nn. V, VII, IX und X werden als Kiemenbogennerven bezeichnet. Ihre Tätigkeit ist teilweise branchiomotorisch (d. h. die Muskeln versorgend, die sich aus dem Kiemenbogen entwickelt haben) und teilweise viszeromotorisch (Efferenzen der vegetativen Nervensysteme). Die Nervenfasern der durch die Pyramidenbahn versorgten Muskulatur bestehen aus zwei in Serie geschalteten Motoneuronen, die Fasern der von den Hirnnerven versorgten Muskulatur aus einem Motoneuron.[2] Histologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Während efferente motorische Nervenfasern des somatischen Nervensystems stets quergestreifte Muskulatur (meist Skelettmuskulatur) versorgen, innervieren efferente motorische Nervenfasern des vegetativen Nervensystems in der Regel glatte Muskulatur (z. B. Gefäße oder Darm).[3] Ausnahme: Die Nerven des vegetativen Nervensystems versorgen zum Teil auch Skelettmuskelfasern.[4] Pharmakologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Pharmakologisch ist auf unterschiedliche Überträgerstoffe (Neurotransmitter) für vegetatives und somatisches Nervensystem hinzuweisen. Sogenannte adrenerge und nikotinähnliche Neurotransmitter sind nur im vegetativen Nervensystem wirksam. Im somatischen Nervensystem ist lediglich Acetylcholin als physiologische Überträgersubstanz zu erwähnen. Sie hat jedoch überschneidend mit dem Vegetativum auch Wirkung auf die parasympathischen Nerven des vegetativen Nervensystems. Es gibt auch spezifische pharmakologische Hemmstoffe wie Alphablocker und Betablocker für das sympathische Nervensystem, Atropin für das parasympathische Nervensystem und z. B. Curare für das somatische Nervensystem.[5] Zusammenspiel mit vegetativem Nervensystem[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die zum Teil bewusst steuerbare Tätigkeit der quergestreiften Muskulatur ist zur Leistungssteigerung auf Unterstützung durch das Vegetativum (vegetatives Nervensystem) angewiesen. Zur Leistungssteigerung cerebrospinaler Funktionen sind sog. ergotrope Reaktionen wesentlich. Diese sind durch den Sympathicus gewährleistet. Afferente vegetative Nerven innerer Organe haben teilweise bewusstseinsfähige Signalwirkung (z. B. Unwohlsein im Magen-Darm-Bereich). Geruchs- und Geschmacksnerven haben andererseits Kopplungen zum Verdauungssystem, das als größtes vegetatives Organsystem anzusehen ist. Dies sind einige wenige Beispiele für das Zusammenspiel von cerebrospinalem und vegetativem Nervensystem.[6] Nomenklatur und Gliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Sowohl vegetatives als auch somatisches Nervensystem haben periphere und zentrale Anteile diese Einteilung spiegelt einen topographischen Ansatz wider. Daraus ergeben sich die Kombinationen: zentral-somatisch, zentral-vegetativ, peripher-somatisch, peripher-vegetativ. Dasselbe gilt für den dritten Ansatz einer Gliederung: die Richtung des Signals. Hier unterscheidet man zwischen sensorisch und motorisch bzw. zwischen afferent und efferent. Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Peripheres Nervensystem Zentralnervensystem Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] a b Hermann Voss, Robert Herrlinger: Taschenbuch der Anatomie. Band III: Nervensystem, Sinnessystem, Hautsystem, Inkretsystem. Fischer, Jena 1964; (a) zu Stw. Anzahl verknüpfter Neurone : S. 69ff.; (b) zu Stw. EPS : S. 21f. Eduard M. W. Weber: Schemata der Leitungsbahnen des Menschen. Lehmanns, München 1960; Tab. IV, Nervi craniales Max Watzka: Kurzlehrbuch der Histologie und mikroskopischen Anatomie des Menschen. 3. Auflage. Schattauer, Stuttgart 1964, S. 49ff. Alfred Benninghoff u. a.: Lehrbuch der Anatomie des Menschen. Dargestellt unter Bevorzugung funktioneller Zusammenhänge. 3. Band: Nervensystem Haut und Sinnesorgane. Urban und Schwarzenberg, München 1964, S. 356. G. Kuschinsky, H. Lüllmann: Pharmakologie. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 1967, S. 1ff. und 100ff. Hermann Rein, Max Schneider: Physiologie des Menschen. 15. Auflage. Springer, Berlin 1964; zu Stw. Ergotrope Reaktion : S. 405, 543; zu Stw. Cerebrospinales Nervensystem : S. 471ff. Normdaten (Sachbegriff): GND: 4367867-1 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Speiseröhre.txt | ||
Stütz- und Bewegungsapparat.txt | Der Stütz- und Bewegungsapparat oder einfach nur Bewegungsapparat ist ein Organsystem in der Anatomie.
Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Begriff „Bewegungsapparat“ wurde in den 1920er Jahren von Hermann Braus eingeführt. Er stellt gewissermaßen eine Synthese aus den rein deskriptiven Darstellungen, wo die einzelnen Bestandteile streng systematisch getrennt dargestellt worden sind (siehe z. B. Jakob Henle), und den Beginn der funktionellen Darstellung (siehe z. B. Georg Hermann von Meyer und Wilhelm Roux) dar. In den vergangenen Jahren ist vermehrt der Begriff „Bewegungssystem“ verwendet worden. Gewissermaßen stellt die systemorientierte Darstellung von Körperorganen eine integrative Darstellung der menschlichen Anatomie dar, welche die Verknüpfung der einzelnen Organsysteme aufzeigt.
Heutzutage werden unter dem Begriff „Stütz- und Bewegungssystem“ primär die Organe angesprochen, welche für die Körperhaltung und Fortbewegung des Menschen von entscheidender Bedeutung sind. Klassischerweise werden hierunter primär die knöchernen, muskulären und bindegewebigen Strukturen subsumiert. Sie sorgen dafür, dass der Körper in einer festgelegten Form bleibt, aber trotzdem zielgerichtet bewegt werden kann. Dazu ist er aus festen und beweglichen Organen zusammengesetzt: Das knöcherne Skelett sorgt für die Formgebung des Körpers. Es wird durch die Skelettmuskeln bewegt. Dazu dienen Sehnen als Kraftüberträger, die auf der einen Seite am Knochen angewachsen sind, auf der anderen Seite im Muskel verankert sind. Bänder dienen dazu, Gelenke zu festigen und zu sichern.
Bestandteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Skelett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Skelett besteht aus verschieden geformten Knochen (Röhrenknochen, platte Knochen und weitere), die zum Teil miteinander verwachsen sind, wie zum Beispiel das Becken. Es hat nicht nur die Aufgabe, die Form des Körpers zu gewährleisten und damit die Beweglichkeit des Organismus sicherzustellen, sondern hat auch Schutzfunktionen für innere Organe (wiederum Schädel und Becken) oder die Aufgabe, deren Arbeit überhaupt erst zu ermöglichen (der Brustkorb, ohne den die Atmung nicht funktionieren könnte). Zusätzlich ist das Innere der Knochen, das Knochenmark, eine wichtige Bildungsstätte für die Blutzellen.
Die Knochen sind untereinander mit Gelenken verbunden, die Bewegungsrichtung und Bewegungsradius der Knochen bestimmen.
Muskeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Skelettmuskeln verbinden zwei verschiedene Knochen, indem sie über mindestens ein Gelenk hinweg mit ihren Sehnen an den Knochen ansetzen. Wenn sich ein Muskel verkürzt, zieht er die beiden Knochen in deren Gelenk aufeinander zu. Muskeln haben nur die Möglichkeit, sich zusammenzuziehen, nicht aber, sich selbst in ihre Ausgangslage zurück zu dehnen. Dafür brauchen sie einen oder mehrere Muskeln, die auf der anderen Seite des Gelenks ansetzen und die entgegengesetzte Bewegung bewirken. Solche Muskeln werden Gegenspieler (lat.: Antagonisten) genannt.
Skelettmuskeln müssen nicht unbedingt nur an einer einzigen Stelle an einem Knochen angewachsen sein. Manche Muskeln teilen sich in zwei oder mehr Teile auf, die zwar auf einer Seite in einer gemeinsamen Sehne ansetzen, auf der anderen Seite aber an unterschiedlichen Stellen am selben oder sogar an verschiedenen Knochen enden. Solche Muskeln nennt man Bizeps (bei zwei Muskelköpfen), Trizeps (drei Muskelköpfe) oder Quadrizeps (vier Muskelköpfe).
Skelettmuskeln bestehen aus einzelnen Zellen (Muskelfasern). Mehrere dieser Muskelfasern bilden Muskelfaserbündel, von denen mehrere zusammen mit einer festen, netzartigen Haut, der Faszie, umgeben sind und gemeinsam den Muskel bilden.
Sehnen und Sehnenscheiden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Damit die Kraft, die von den Muskeln entwickelt wird, in Bewegungen der Knochen umgesetzt wird, müssen beide Baugruppen miteinander verbunden werden. Dies ist die Aufgabe der Sehnen. Sie bestehen aus festem, aber biegsamem kollagenem Bindegewebe. Ihre Fasern liegen parallel zur Zugrichtung. Sehnen sind im Muskel mit den Muskelfasern verwachsen und setzen am Knochen an Vorsprüngen oder aufgerauten Bereichen an, den Sehnenansatzzonen.
Zusätzlich zu den „normalen“ Sehnen gibt es auch Sehnenplatten (medizinisch: Aponeurosen). Sie besitzen nicht die Form eines Seils, sondern einer festen, dicken Haut. An ihnen können mehrere Muskeln oder Muskelköpfe gemeinsam ansetzen (z. B. die Zungenaponeurose, Aponeurosis linguae).
Um den Sehnen unnötige Reibung, die sie schädigen können, zu ersparen, werden besonders lange Sehnen in Sehnenscheiden geführt. Dabei handelt es sich um Röhren aus zwei Hautschichten, zwischen denen sich Flüssigkeit (Synovia) befindet. Dadurch entsteht eine Gleitfläche, die die Reibung zwischen der Sehne und dem umgebenden Gewebe deutlich herabsetzt.
Bänder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auch Bänder (lat.: Ligamenta, Sing. Ligamentum) bestehen meist aus kollagenen Fasern, seltener aber auch aus elastischem Bindegewebe. Sie liegen entweder um Gelenke herum oder in ihnen (zum Beispiel die Kreuzbänder des Kniegelenks). Sie stützen die Gelenke oder hemmen die Beweglichkeit der Knochen untereinander und helfen dadurch, Überdehnungen von Muskeln oder Sehnen zu vermeiden.
Auch in der Bauchhöhle gibt es Bänder, die Organe an Ort und Stelle halten. Sie haben aber nichts mit den Bändern des Stützapparates zu tun und wurden in der veralteten Jenaer Nomina Anatomica (JNA) als Chorda oder Plica bezeichnet; gelegentlich findet sich diese Bezeichnung noch in der Literatur.
Schleimbeutel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
An Stellen, die eine besondere Gefahr für Sehnen darstellen, baut der Körper zusätzliche Polster ein, die die Sehne gegen Durchscheuern schützen sollen: die Schleimbeutel (lat.: Bursa synovialis). Diese Polster sind kleine Hautkissen, die mit einer Flüssigkeit gefüllt und unter der Sehne auf der gefährdeten Seite platziert sind. Durch die Flüssigkeit wird der Druck der Sehne gleichmäßig auf eine größere Fläche verteilt.
Fettkörper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Fettansammlungen (lat.: Corpus adiposum) an den Gelenken, etwa zwischen Knochen und Muskel oder zwischen Muskeln, füllen bei Bewegungen die entstehenden Lücken aus bzw. geben entsprechenden Raum. Besonders eindrücklich ist etwa das Corpus adiposum infrapatellare am Kniegelenk oder das Corpus adiposum buccae am „Kauapparat“.
Sesambeine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ein Sesambein ist ein kleiner Knochen, der in eine Sehne eingewachsen ist und für einen zusätzlichen Abstand zum Knochen sorgt. Dadurch entsteht ein größerer Hebel für die Sehne, sodass eine geringere Kraft notwendig ist, um den mit der Sehne verbundenen Knochen zu bewegen.
Das bekannteste Beispiel für ein Sesambein ist die Kniescheibe, die in der Ansatzsehne des Musculus quadriceps femoris eingelagert ist. Durch diese Konstruktion kann der Unterschenkel leicht gestreckt werden, ohne dass der Oberschenkel noch mehr Muskelmasse braucht.
Klinische Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der „Bewegungsapparat“ kann Bewegungen ausführen, welche sich im Detail biomechanisch analysieren lassen.
Die anatomische Lehre des Bewegungssystems spielt eine wichtige Rolle in der Ausbildung von Humanmedizinern (insbesondere der Fachbereiche Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Physikalische und Rehabilitative Medizin), Physiotherapeuten, Masseuren und Tänzern.
In der Arbeitsmedizin werden unter der Bezeichnung „Muskel-Skelett-System“ dazu noch die versorgenden Blutgefäße und Nervenbahnen eingeschlossen.[1] Es ist u. a. Gegenstand des biomechanischen Messsystems CUELA.
Mit dem Begriff „Stützapparat“ werden in der Orthopädie auch Orthesen bezeichnet, die bei Funktionsbeeinträchtigungen des Stütz- und Bewegungsapparates angewendet werden.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Hermann Braus: Anatomie des Menschen. Ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte. Erster Band. Bewegungsapparat. Julius Springer, Berlin 1921.
Fritz Kahn: Das Leben des Menschen. 5 Bände. Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1922–1931.
Siegfried Mollier: Plastische Anatomie. Die konstruktive Form des menschlichen Körpers. Bergmann, München 1924.
Alfred Benninghoff: Lehrbuch der Anatomie des Menschen. Lehmanns Verlag, München 1939.
Hans Petersen: Die Eigenwelt des Menschen. 2. verbesserte Auflage Leipzig 1947.
Hermann Hoepke: Das Muskelspiel des Menschen. Gustav Fischer, Stuttgart 5. Auflage 1961.
Werner Kahle, Helmut Leonhardt, Werner Platzer: Taschenatlas der Anatomie für Studium und Praxis. 3 Bände. Stuttgart 1975, mehrere Neuauflagen, 6., überarbeitete Auflage 1996: ISBN 3-13-102516-6 (Band 1: Bewegungsapparat).
Herwig Hahn von Dorsche, Reinhard Dittel: Anatomie des Bewegungssystems. Neuromedizin, Bad Hersfeld 2006.
Grundaufbau des menschlichen Bewegungsapparats. In: Hans Albert Richard, Gunter Kullmer: Biomechanik: Grundlagen und Anwendungen auf den menschlichen Bewegungsapparat. Springer-Verlag, 2014, ISBN 978-3-8348-8611-8, S. 1ff.
Franz-Viktor Salomon: Gliederung des Körpers nach Organsystemen. In: Salomon/Geyer/Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke Stuttgart. 3. erw. Auflage 2015, ISBN 978-3-8304-1288-5, S. 18.
Adalbert Kapandji: Funktionelle Anatomie der Gelenke. Übersetzt von Jürgen Koebke (Erstausgabe in 3 Bänden, Ferdinand Enke, 1984). Deutschsprachige Gesamtausgabe durch Stefan Rehart. Thieme, Stuttgart 2016.
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.): Handbuch Gefährdungsbeurteilung (Dortmund u. a. 2021) Teil 2 S. 427, 434
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4006318-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
| Der Stütz- und Bewegungsapparat oder einfach nur Bewegungsapparat ist ein Organsystem in der Anatomie. Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Begriff Bewegungsapparat wurde in den 1920er Jahren von Hermann Braus eingeführt. Er stellt gewissermaßen eine Synthese aus den rein deskriptiven Darstellungen, wo die einzelnen Bestandteile streng systematisch getrennt dargestellt worden sind (siehe z. B. Jakob Henle), und den Beginn der funktionellen Darstellung (siehe z. B. Georg Hermann von Meyer und Wilhelm Roux) dar. In den vergangenen Jahren ist vermehrt der Begriff Bewegungssystem verwendet worden. Gewissermaßen stellt die systemorientierte Darstellung von Körperorganen eine integrative Darstellung der menschlichen Anatomie dar, welche die Verknüpfung der einzelnen Organsysteme aufzeigt. Heutzutage werden unter dem Begriff Stütz- und Bewegungssystem primär die Organe angesprochen, welche für die Körperhaltung und Fortbewegung des Menschen von entscheidender Bedeutung sind. Klassischerweise werden hierunter primär die knöchernen, muskulären und bindegewebigen Strukturen subsumiert. Sie sorgen dafür, dass der Körper in einer festgelegten Form bleibt, aber trotzdem zielgerichtet bewegt werden kann. Dazu ist er aus festen und beweglichen Organen zusammengesetzt: Das knöcherne Skelett sorgt für die Formgebung des Körpers. Es wird durch die Skelettmuskeln bewegt. Dazu dienen Sehnen als Kraftüberträger, die auf der einen Seite am Knochen angewachsen sind, auf der anderen Seite im Muskel verankert sind. Bänder dienen dazu, Gelenke zu festigen und zu sichern. Bestandteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Skelett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Skelett besteht aus verschieden geformten Knochen (Röhrenknochen, platte Knochen und weitere), die zum Teil miteinander verwachsen sind, wie zum Beispiel das Becken. Es hat nicht nur die Aufgabe, die Form des Körpers zu gewährleisten und damit die Beweglichkeit des Organismus sicherzustellen, sondern hat auch Schutzfunktionen für innere Organe (wiederum Schädel und Becken) oder die Aufgabe, deren Arbeit überhaupt erst zu ermöglichen (der Brustkorb, ohne den die Atmung nicht funktionieren könnte). Zusätzlich ist das Innere der Knochen, das Knochenmark, eine wichtige Bildungsstätte für die Blutzellen. Die Knochen sind untereinander mit Gelenken verbunden, die Bewegungsrichtung und Bewegungsradius der Knochen bestimmen. Muskeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Skelettmuskeln verbinden zwei verschiedene Knochen, indem sie über mindestens ein Gelenk hinweg mit ihren Sehnen an den Knochen ansetzen. Wenn sich ein Muskel verkürzt, zieht er die beiden Knochen in deren Gelenk aufeinander zu. Muskeln haben nur die Möglichkeit, sich zusammenzuziehen, nicht aber, sich selbst in ihre Ausgangslage zurück zu dehnen. Dafür brauchen sie einen oder mehrere Muskeln, die auf der anderen Seite des Gelenks ansetzen und die entgegengesetzte Bewegung bewirken. Solche Muskeln werden Gegenspieler (lat.: Antagonisten) genannt. Skelettmuskeln müssen nicht unbedingt nur an einer einzigen Stelle an einem Knochen angewachsen sein. Manche Muskeln teilen sich in zwei oder mehr Teile auf, die zwar auf einer Seite in einer gemeinsamen Sehne ansetzen, auf der anderen Seite aber an unterschiedlichen Stellen am selben oder sogar an verschiedenen Knochen enden. Solche Muskeln nennt man Bizeps (bei zwei Muskelköpfen), Trizeps (drei Muskelköpfe) oder Quadrizeps (vier Muskelköpfe). Skelettmuskeln bestehen aus einzelnen Zellen (Muskelfasern). Mehrere dieser Muskelfasern bilden Muskelfaserbündel, von denen mehrere zusammen mit einer festen, netzartigen Haut, der Faszie, umgeben sind und gemeinsam den Muskel bilden. Sehnen und Sehnenscheiden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Damit die Kraft, die von den Muskeln entwickelt wird, in Bewegungen der Knochen umgesetzt wird, müssen beide Baugruppen miteinander verbunden werden. Dies ist die Aufgabe der Sehnen. Sie bestehen aus festem, aber biegsamem kollagenem Bindegewebe. Ihre Fasern liegen parallel zur Zugrichtung. Sehnen sind im Muskel mit den Muskelfasern verwachsen und setzen am Knochen an Vorsprüngen oder aufgerauten Bereichen an, den Sehnenansatzzonen. Zusätzlich zu den normalen Sehnen gibt es auch Sehnenplatten (medizinisch: Aponeurosen). Sie besitzen nicht die Form eines Seils, sondern einer festen, dicken Haut. An ihnen können mehrere Muskeln oder Muskelköpfe gemeinsam ansetzen (z. B. die Zungenaponeurose, Aponeurosis linguae). Um den Sehnen unnötige Reibung, die sie schädigen können, zu ersparen, werden besonders lange Sehnen in Sehnenscheiden geführt. Dabei handelt es sich um Röhren aus zwei Hautschichten, zwischen denen sich Flüssigkeit (Synovia) befindet. Dadurch entsteht eine Gleitfläche, die die Reibung zwischen der Sehne und dem umgebenden Gewebe deutlich herabsetzt. Bänder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Auch Bänder (lat.: Ligamenta, Sing. Ligamentum) bestehen meist aus kollagenen Fasern, seltener aber auch aus elastischem Bindegewebe. Sie liegen entweder um Gelenke herum oder in ihnen (zum Beispiel die Kreuzbänder des Kniegelenks). Sie stützen die Gelenke oder hemmen die Beweglichkeit der Knochen untereinander und helfen dadurch, Überdehnungen von Muskeln oder Sehnen zu vermeiden. Auch in der Bauchhöhle gibt es Bänder, die Organe an Ort und Stelle halten. Sie haben aber nichts mit den Bändern des Stützapparates zu tun und wurden in der veralteten Jenaer Nomina Anatomica (JNA) als Chorda oder Plica bezeichnet; gelegentlich findet sich diese Bezeichnung noch in der Literatur. Schleimbeutel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] An Stellen, die eine besondere Gefahr für Sehnen darstellen, baut der Körper zusätzliche Polster ein, die die Sehne gegen Durchscheuern schützen sollen: die Schleimbeutel (lat.: Bursa synovialis). Diese Polster sind kleine Hautkissen, die mit einer Flüssigkeit gefüllt und unter der Sehne auf der gefährdeten Seite platziert sind. Durch die Flüssigkeit wird der Druck der Sehne gleichmäßig auf eine größere Fläche verteilt. Fettkörper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Fettansammlungen (lat.: Corpus adiposum) an den Gelenken, etwa zwischen Knochen und Muskel oder zwischen Muskeln, füllen bei Bewegungen die entstehenden Lücken aus bzw. geben entsprechenden Raum. Besonders eindrücklich ist etwa das Corpus adiposum infrapatellare am Kniegelenk oder das Corpus adiposum buccae am Kauapparat . Sesambeine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ein Sesambein ist ein kleiner Knochen, der in eine Sehne eingewachsen ist und für einen zusätzlichen Abstand zum Knochen sorgt. Dadurch entsteht ein größerer Hebel für die Sehne, sodass eine geringere Kraft notwendig ist, um den mit der Sehne verbundenen Knochen zu bewegen. Das bekannteste Beispiel für ein Sesambein ist die Kniescheibe, die in der Ansatzsehne des Musculus quadriceps femoris eingelagert ist. Durch diese Konstruktion kann der Unterschenkel leicht gestreckt werden, ohne dass der Oberschenkel noch mehr Muskelmasse braucht. Klinische Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Bewegungsapparat kann Bewegungen ausführen, welche sich im Detail biomechanisch analysieren lassen. Die anatomische Lehre des Bewegungssystems spielt eine wichtige Rolle in der Ausbildung von Humanmedizinern (insbesondere der Fachbereiche Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Physikalische und Rehabilitative Medizin), Physiotherapeuten, Masseuren und Tänzern. In der Arbeitsmedizin werden unter der Bezeichnung Muskel-Skelett-System dazu noch die versorgenden Blutgefäße und Nervenbahnen eingeschlossen.[1] Es ist u. a. Gegenstand des biomechanischen Messsystems CUELA. Mit dem Begriff Stützapparat werden in der Orthopädie auch Orthesen bezeichnet, die bei Funktionsbeeinträchtigungen des Stütz- und Bewegungsapparates angewendet werden. Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hermann Braus: Anatomie des Menschen. Ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte. Erster Band. Bewegungsapparat. Julius Springer, Berlin 1921. Fritz Kahn: Das Leben des Menschen. 5 Bände. Franckh sche Verlagshandlung, Stuttgart 1922 1931. Siegfried Mollier: Plastische Anatomie. Die konstruktive Form des menschlichen Körpers. Bergmann, München 1924. Alfred Benninghoff: Lehrbuch der Anatomie des Menschen. Lehmanns Verlag, München 1939. Hans Petersen: Die Eigenwelt des Menschen. 2. verbesserte Auflage Leipzig 1947. Hermann Hoepke: Das Muskelspiel des Menschen. Gustav Fischer, Stuttgart 5. Auflage 1961. Werner Kahle, Helmut Leonhardt, Werner Platzer: Taschenatlas der Anatomie für Studium und Praxis. 3 Bände. Stuttgart 1975, mehrere Neuauflagen, 6., überarbeitete Auflage 1996: ISBN 3-13-102516-6 (Band 1: Bewegungsapparat). Herwig Hahn von Dorsche, Reinhard Dittel: Anatomie des Bewegungssystems. Neuromedizin, Bad Hersfeld 2006. Grundaufbau des menschlichen Bewegungsapparats. In: Hans Albert Richard, Gunter Kullmer: Biomechanik: Grundlagen und Anwendungen auf den menschlichen Bewegungsapparat. Springer-Verlag, 2014, ISBN 978-3-8348-8611-8, S. 1ff. Franz-Viktor Salomon: Gliederung des Körpers nach Organsystemen. In: Salomon/Geyer/Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke Stuttgart. 3. erw. Auflage 2015, ISBN 978-3-8304-1288-5, S. 18. Adalbert Kapandji: Funktionelle Anatomie der Gelenke. Übersetzt von Jürgen Koebke (Erstausgabe in 3 Bänden, Ferdinand Enke, 1984). Deutschsprachige Gesamtausgabe durch Stefan Rehart. Thieme, Stuttgart 2016. Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.): Handbuch Gefährdungsbeurteilung (Dortmund u. a. 2021) Teil 2 S. 427, 434 Normdaten (Sachbegriff): GND: 4006318-5 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Syphilis.txt |
Klassifikation nach ICD-10
A50
Syphilis connata
A51
Frühsyphilis
A52
Spätsyphilis
A53
Sonstige und nicht näher bezeichnete Syphilis
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Syphilis, auch Lues (venerea), harter Schanker und Morbus Schaudinn oder Schaudinn-Krankheit genannt, ist eine chronische Infektionskrankheit, die zur Gruppe der sexuell übertragbaren Erkrankungen gehört. Der Erreger der Syphilis ist das Bakterium Treponema pallidum subspecies pallidum. Die Syphilis wird hauptsächlich beim Geschlechtsverkehr durch Schleimhautkontakt und ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen. Während der Schwangerschaft und bei der Geburt kann eine erkrankte Mutter ihr Kind infizieren (Syphilis connata).
Das Erscheinungsbild der Krankheit ist vielfältig. Typisch ist ein Beginn mit schmerzlosen Schleimhautgeschwüren und Lymphknotenschwellungen. Bei einem Teil der Infizierten kommt es zu einem chronischen Verlauf, der durch vielfältigen Haut- und Organbefall gekennzeichnet ist. Im Endstadium kommt es zur Zerstörung des zentralen Nervensystems. Die Diagnose wird hauptsächlich durch den Nachweis von Antikörpern erstellt. Die Syphilis ist durch die Gabe von Antibiotika, unter anderem Penicillin, heilbar. Die Entdeckung und die spätere Verfügbarkeit von Antibiotika in ausreichenden Mengen führten zu einem deutlichen Rückgang der Syphilis im 20. Jahrhundert. Seit den 1990er Jahren ist jedoch wieder ein Anstieg der erkannten Erkrankungen feststellbar.
2010 gab es in Deutschland pro Jahr 3 bis 6 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner.[1]
Der direkte oder indirekte Nachweis des Erregers Treponema pallidum ist in Deutschland nichtnamentlich zu melden. Eine Meldepflicht besteht für Erreger und Krankheit in der Schweiz und eine beschränkte Meldepflicht für die Erkrankung in Österreich.
Syphilidologie ist die Lehre von den syphilitischen Krankheiten.
Albrecht Dürer zugeschriebene Darstellung eines Syphilitikers (Flugblatt mit dem Lehrgedicht des Arztes Dietrich Ulsen, Nürnberg 1496)
Etymologie und Bezeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Geschichte des Syphilus, Stich von Jan Sadeler aus dem 16. Jahrhundert
Der erste dokumentierte Ausbruch der Syphilis in Europa geschah im Jahr 1494 oder 1495 in Neapel, Italien, während der französischen Invasion im Italienischen Krieg von 1494–98. Damals wurde angenommen, dass die Krankheit durch die französischen Truppen verbreitet worden sei, weshalb die Krankheit zunächst unter dem Namen Franzosenkrankheit (später auch Franzosenseuche[2]) bekannt wurde.[3]
Das Wort Syphilis findet sich erstmals 1530 im Titel eines Gedichtes des veronesischen Arztes Girolamo Fracastoro, mit dem Namen Syphilis, sive Morbus Gallicus („Syphilis, oder die französische Krankheit“).[4][5] Darin wird die mythische Geschichte des auf einer fernen Insel lebenden Schafhirten Syphilus erzählt, der wegen Gotteslästerung (er errichtete verbotene Altäre) vom Sonnengott (Apollo) mit einer neuen Krankheit bestraft wurde, aber durch das später von spanischen Seefahrern nach Europa gebrachte Holz des Wunderbaumes Guajak geheilt wurde.[6] Der Name Syphilus ist die latinisierte Form des altgriechischen Namens Σύφιλος Sýphilos, welcher mit „Schweine liebend“ übersetzt werden kann (σῦς sŷs, deutsch ‚Schwein‘, φιλεῖν phileîn, deutsch ‚lieben‘).[7] Den Namen Syphilus hat Fracastoro gemäß Franz Boll (1910 in den Jahrbüchern für das klassische Altertum)[8] vermutlich antikisierend leicht umgestaltend der antiken Mythologie entlehnt. Bei Ovid (Metamorphosen. VI, 231) heißt Sipylus der zweite Sohn der vom Berg Sipylus stammenden und dort versteinert sitzenden (Metamorphosen. VI, 149) Niobe. Weshalb er diesen Namen, der wohl keine Beziehung zum Wesen der Krankheit aufweist, auswählte, ist unklar. Möglicherweise und gemäß George Lincoln Hendrickson[9] und Heinrich Oppenheimer hat Fracastoro den Syphilus aber auch nach einem bereits geläufigen Krankheitsnamen síphilis (griechisch σίφιλις in De contagionibus, Buch 2, Kapitel 15), einer Krankheit des Schleims, benannt.[10]
Abgesehen von Fracastoros Schriften lässt sich „Syphilis“ als Krankheitsbezeichnung erstmals vereinzelt im 17. Jahrhundert nachweisen, wurde, nach Erscheinen des mehrfach aufgelegten und übersetzten Buches über Syphilis[11] von Daniel Turner,[12] in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebräuchlicher,[13] aber erst im 19. Jahrhundert die bevorzugte Bezeichnung.[14]
In moderner Zeit wurde häufiger von „Lues“ (kurz für Lues venerea) als von „Syphilis“ gesprochen. Das lateinische Wort luēs bedeutet „Seuche“, „Unheil“; venereus entstammt dem humanistischen Latein, leitet sich von venus, Liebeslust, Liebesgenuss‘[15] her und bedeutet „den Geschlechtsverkehr betreffend“. So wurde die Syphilis auch als nova lues[16] bezeichnet. Mit der Absicht, der Krankheit statt des die Franzosen verunglimpfenden Begriffs „französische Krankheit“ einen neutralen Namen zu geben, prägte der französische Arzt Jacques de Béthencourt 1526 die Bezeichnung Morbus veneris („Krankheit der Venus“). Häufig wurde die Syphilis auch als Lustseuche[17] bezeichnet.[18]
Daneben sind aus der Geschichte mehrere hundert andere Namen für die Syphilis überliefert. Diese beziehen sich auf das äußere Erscheinungsbild (Morbus pustulatus), auf abgefallene Körperteile, auf Heilige (Hiob, Rochus und andere), auf vermeintliche Ursachen (Lues venera, Lues aphrodisiaca, Passio turpis, Saturnina), auf das vermeintliche Herkunftsland (Morbus gallicus) oder auf die Lokalisation (Pudendagra, Mentulagra).[19] So ist die Syphilis in verschiedenen europäischen Sprachen unter anderem als neapolitanische, italienische, französische, spanische, kastilische, englische, schottische oder polnische Krankheit benannt worden, je nachdem, aus welchem Land die Erkrankung in den jeweiligen Sprachkreis vermeintlich eingeschleppt worden war.[20][21] Im Volksmund wurde die Syphilis auch als „Große Blattern“ und mit ähnlichen Begriffen bezeichnet.
Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Treponema pallidum (Elektronenmikroskopische Aufnahme)
Treponema pallidum subspecies pallidum ist ein gramnegatives Bakterium der Gattung Treponema in der Familie der Spirochaetaceae. Treponema pallidum (früher Spirochaeta pallida genannt) ist spiralig gewunden. Im Dunkelfeldmikroskop, das auch zum Nachweis dient, zeigt es Rotationen um die Längsachse und Beugebewegungen, jedoch keine selbstständige Fortbewegung. Die Replikationszeit beträgt etwa 36 Stunden.
Der einzige Reservoirwirt ist der Mensch, für den es obligat pathogen ist, d. h. auch gesunde immunkompetente Menschen erkranken. T. pallidum überlebt außerhalb des Körpers nur kurze Zeit, reduzierte Sauerstoffkonzentration verlängert das Überleben (mikroaerophiles Bakterium). Eine In-vitro-Kultur von Treponema pallidum ist nicht möglich, da es Nährstoffe aus dem menschlichen Organismus benötigt, die es nicht selbst produzieren kann. Lediglich in Kaninchenhoden gelingt eine Anzucht.
Neben Treponema pallidum umfasst die Gattung Treponema weitere für den Menschen pathogene (schädliche) Erreger: T. pallidum subspecies endemicum verursacht in Afrika und im mittleren Osten die endemische Krankheit Bejel, auch nicht-venerische oder extragenitale Syphilis genannt (s. u.). T. pallidum subspecies pertenue verursacht in Afrika, Asien und Lateinamerika die Frambösie, eine langwierige Infektionskrankheit, die mit Haut- und Knochenveränderungen einhergeht. Treponema carateum verursacht in Zentral- und Südamerika die Pinta. Diese ist eine Hauterkrankung mit rezidivierenden hyperpigmentierten Läsionen vorwiegend an Armen und Beinen, die narbig verheilen. T. vincentii kann im Rahmen einer Mischinfektion eine Plaut-Vincent-Angina verursachen.
Nichtpathogene Treponema-Arten sind T. denticola, T. minutum, T. refringens und T. phagedenis, die in der normalen Standortflora des Mundes, Verdauungstraktes sowie der Geschlechtsorgane zu finden sind. Bei einem mikroskopischen Erregernachweis können sie zu einer Verwechslung beitragen.[22][23]
Übertragung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Treponema pallidum wird in der Regel über direkte sexuelle Kontakte übertragen. Es dringt dabei durch kleinste Läsionen der vaginalen, oralen oder analen Schleimhaut oder Haut in den Körper ein. Der Erreger kann auch über Verletzungen und Hautkontakt übertragen werden. Das frühe Auftreten syphilitischer Geschwüre am Zungengrund und am Kehlkopf hatte Ludwig Türck um 1866 nachgewiesen.[24] Die austretende Flüssigkeit aus den hochinfektiösen Geschwüren ist bei direktem Hautkontakt äußerst ansteckend. Während die Syphilis in den Stadien I und II (siehe unten: Stadien) ansteckend bis hochansteckend ist, ist die Infektiosität in den späteren Stadien wesentlich geringer.
Ein weiterer bedeutsamer Übertragungsweg ist die diaplazentare Übertragung, das heißt der Übertritt der Bakterien über die Plazenta auf das ungeborene Kind (Fötus). Die diaplazentare Übertragung ist ab dem vierten Schwangerschaftsmonat bis einschließlich der Geburt möglich und kann zu Abort, intrauterinem Fruchttod, Totgeburt oder einer Schädigung des Kindes führen. In Deutschland werden durch die im Rahmen der Mutterschaftsrichtlinien vorgeschriebenen Untersuchungen nahezu alle unbehandelten Syphilisfälle bei Schwangeren entdeckt und die Übertragung verhindert.
Infektionen durch nichtsterile Akupunkturnadeln, Injektionskanülen oder Bluttransfusionen spielen eine untergeordnete Rolle, da alle Blutspender auf die Krankheit getestet werden. Die in den Stadien I und II auftretenden hochinfektiösen Geschwüre und Papeln können aber gegebenenfalls zu einer Ansteckung ohne sexuelle Kontakte führen.
Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Anzahl gemeldeter Syphilis-Fälle in Deutschland (1971–2011)
Die Jahresinzidenzratio (Erkrankungswahrscheinlichkeit in einem Jahr) betrug um die Jahre 2004–2007 in Deutschland etwa 0,00004, in Europa und den USA unter 0,0003, weltweit etwa 0,002.
Die Syphilis ist eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit. Die WHO schätzt die Zahl der Neuerkrankungen auf weltweit etwa acht Millionen Fälle jährlich, und 0,7 Millionen Ansteckungen pro Jahr während Schwangerschaft und Geburt, Stand 2022[25] (1999: zwölf Mio., davon über 90 % in Entwicklungsländern). Nach der Entwicklung des Penicillins gingen die Erkrankungszahlen im Verlauf des 20. Jahrhunderts deutlich zurück, was durch Behandlungsprogramme der WHO in stark betroffenen Regionen seit den 1950er Jahren gefördert wurde.[26]
In Industrieländern liegen die Schwerpunkte in den Großstädten; insbesondere homosexuelle Männer sind betroffen. 84 Prozent aller Angaben zu dem wahrscheinlichen Infektionsweg (angegeben bei 71,5 % der 3.698 Fälle 2011) entfielen auf solche Sexualkontakte.[27] Der Anteil der Männer unter den Betroffenen ist von 60 % in der Mitte des 20. Jahrhunderts auf über 85 % angestiegen. Die Anzahl der Fälle bei Frauen und heterosexuell infizierten Männern ist hingegen stabil geblieben.
In Deutschland berichtete das Robert Koch-Institut eine Zahl von 8305 registrierten Neudiagnosen im Jahr 2022.[28] Für 2019 wurde sie mit 7889 angegeben[29], für 2018 mit 7332, für 2017 mit 7476, für 2016 mit 7178, für 2015 mit 6834, für 2014 mit 5722, für 2013 mit 5017, für 2009 mit 2742, für 2004 mit 3352. Abgesehen von einem Rückgang während der Coronazeit 2020/2021 nimmt die Zahl der Infektionen in Deutschland seit 2009 deutlich zu.[28] Dabei lag 2019 die Inzidenz bei Frauen nur 1,1; bei Männern dagegen 18,1 Fälle pro 100.000 Einwohner und Jahr. Die Städte mit der höchsten Inzidenz sind Köln (57,8), Berlin (39,7) und München (30,2) jeweils pro 100.000 Einwohner und Jahr für das Jahr 2019. Das Stadium der 2019 dem RKI gemeldeten Fälle war folgendermaßen:
26,5 % primäre Syphilis
15,5 % sekundäre Syphilis
2,1 % tertiäre Syphilis
24,5 % Frühlatenz
1,1 % Spätlatenz
3 Fälle angeborener Syphilis[29][30] Die Inzidenz lag damit bei 3 bis 6 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern pro Jahr.[31][32] Syphilis tritt nicht selten als Koinfektion bei HIV-Infizierten in Erscheinung. In anderen Industrieländern ist die Situation vergleichbar.[22]
Die Rate der angeborenen Infektionen (konnatale Syphilis) ist in Deutschland sehr gering und liegt bei einigen wenigen Fällen im Jahr.[22]
Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In Deutschland ist der direkte oder indirekte Nachweis des Erregers Treponema pallidum nichtnamentlich meldepflichtig nach § 7 Absatz 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Zur Meldung verpflichtet sind die Leitungen der Labore usw. (§ 8 IfSG). Nach dem Recht Sachsens besteht eine namentliche Meldepflicht aufgrund von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c Sächsische Infektionsschutz-Meldeverordnung bezüglich Erkrankung und Tod an angeborener Syphilis.[33]
Nach dem österreichischen Geschlechtskrankheitengesetz ist die Erkrankung Syphilis beschränkt meldepflichtig (§ 4 in Verbindung mit § 1 Geschlechtskrankheitengesetz).
In der Schweiz[34] ist der positive laboranalytische Befund bei Aufforderung durch die Kantonsärztin oder den Kantonsarzt, den Fall zu melden, oder der Beginn einer antibiotischen Behandlung der Syphilis meldepflichtig. Zudem ist der positive laboranalytische Befund zu Treponema pallidum meldepflichtig. Beides ergibt sich aus dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 bzw. Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen.
Klinisches Bild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Stadienhafter Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Frühsyphilis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Primärstadium, Primärsyphilis, Lues I[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Drei bis vier Wochen nach der Ansteckung erscheint an der Stelle, an der die Bakterien in die Haut oder Schleimhaut eingedrungen sind, ein kleines, schmerzloses oder schmerzarmes, knötchenförmiges Geschwür, dessen Randbereich verhärtet ist. Deshalb wird das nach etwa einer Woche münzgroß gewordene Geschwür auch als harter Schanker (Ulcus durum) bezeichnet. Es handelt sich zunächst also um eine Lokalinfektion. Dieser Primäraffekt entsteht bei vaginalem Geschlechtsverkehr am Penis, an den Schamlippen oder in der Vagina. Bei Oralverkehr findet man es auch im Mund oder Rachen und bei Analverkehr im Enddarm. Das Geschwür ist gerötet und sondert eine farblose Flüssigkeit ab. Diese enthält viele Erreger, ist also äußerst ansteckend. Ein bis zwei Wochen später schwellen die benachbarten Lymphknoten an und es können Gelenk-, Muskel- und Knochenschmerzen auftreten. Von diesem Zeitpunkt an kann die Krankheit mit dem TPHA-Test nachgewiesen werden. Auch unbehandelt heilen die Geschwüre von selbst nach ca. 4–6 Wochen ab, weshalb die Erkrankung oft ignoriert oder nicht erkannt wird.
Harter Schanker an der Unterseite des Penis.
Schanker am Penisschaft aufgrund einer Treponema-pallidum-Infektion (primäres Stadium der Syphilis).
Sekundärstadium, Sekundärsyphilis, Lues II[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Condylomata lata der Vulva.
Acht bis neun Wochen nach der Ansteckung kommt es oft zu grippeartigen Beschwerden wie Fieber, Abgeschlagenheit oder Kopf- und Gliederschmerzen. Die Lymphknoten am ganzen Körper sind geschwollen (generalisierte Lymphadenopathie, Polyskleradenitis). Die Erkrankung ist nun in ein generalisiertes Stadium übergegangen. Nach zehn Wochen erscheint bei den meisten Erkrankten ein Hautausschlag (Exanthem). Zunächst sind es nur schwachrosa gefärbte Flecken, die sich in kupferfarbene Knötchen (Papeln) verwandeln. Breite Papeln, die besonders in Hautfalten auftreten, nennt man Condylomata lata. Wenn diese aufgehen und nässen, ist die austretende Flüssigkeit hoch infektiös. Seltener treten auch Schleimhautveränderungen im Mund (Enanthem, Plaques muqueuses) und an den Genitalien auf. Auch Augenentzündungen können auftreten. Manchen Patienten fallen die Haare aus (Alopecia specifica). Alle Hauterscheinungen (Syphilide) heilen nach ungefähr vier Monaten ab, so dass manche Patienten von ihrer Infektion wenig bemerken. Unbehandelt kommen sie innerhalb verschiedener Zeitabstände wieder. Typischerweise tritt bei allen Hauterscheinungen der Syphilis wenig bis kein Juckreiz auf.
In etwa 30 % einer unbehandelten Syphilis tritt im Laufe von Jahren eine Spontanheilung ein.[35] Bei unbehandelter und nicht spontan ausgeheilter Frühsyphilis kann die Erkrankung bei den Betroffenen in der folgenden Latenzzeit zu einem Stillstand kommen, wobei die Erreger sich jedoch weiterhin im Körper befinden. So kann sich nach Monaten oder Jahren aus der latenten Syphilis eine Spätsyphilis entwickeln. Der Infizierte ist ansteckend, auch wenn diese Gefahr sinkt, je länger der Patient beschwerdefrei bleibt.
Für eine Form der Spätsyphilis mit Robertson-Pupille, Aortitis und abgeschwächten Reflexen der Ober- und Unterschenkelmuskulatur sowie chronischer Meningoenzephalitis wurde früher der Begriff Babinski-Vaques-Syndrom verwendet.[36]
Spätsyphilis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Tertiärstadium, Tertiärsyphilis, Lues III [Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Gumma auf dem Nasenrücken (tertiäres Stadium der Syphilis)
Drei bis fünf Jahre später sind nicht nur Eintrittspforte, Lymphknoten und Haut befallen. Die Erreger haben sich im ganzen Körper ausgebreitet und auch innere Organe wie Blutgefäßsystem, Atemtrakt, Rachen, Speiseröhre, Magen, Leber, Knochen und Muskeln befallen. Es bilden sich Knoten, die oft gummiartig verhärtet sind (Gummen oder Gummata, in der Einzahl [das] Gumma). Die Bezeichnung als „Gummi“ geht auf Girolamo Fracastoro zurück, der das Symptom der erweichenden Knoten in seinem Lehrgedicht über die Syphilis so benannte.[37] Histologisch stellen sich Gummen als monozytär-destruierende, plasmazellhaltige Granulome dar.[38] Sie treten insbesondere an Haut, Schleimhaut und Knochen auf. Auf der Haut bilden sie mitunter große Geschwüre, am Gaumen entsteht unter Umständen eine Perforation zur Nasenhöhle. Besonders gefährlich ist ein syphilitischer Knoten an der Hauptschlagader (Aorta), verursacht von einer Entzündung in der mittleren und äußeren Wandschicht derselben (Mesaortitis luetica). Etwa 30 Jahre nach der Infektion kann ein solcher Knoten als Spätkomplikation zu einer leicht aufreißbaren Aussackung der Aorta (Aortenaneurysma) führen. Sollte diese Ausbuchtung reißen, verblutet der Betroffene innerlich. Zudem kann auch das zentrale Nervensystem[39] befallen sein.
Quartärstadium (Neurolues, Neurosyphilis), Lues IV[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Neurolues
Die Entmarkung des Rückenmarks bei Tabes dorsalis in einem Myelin-gefärbten Präparat
Während die bei etwa 20 % der Betroffenen zehn bis zwanzig Jahre nach Beginn der Erkrankung auftretenden schweren neurologischen Störungen ursprünglich dem Tertiärstadium zugeordnet wurden, spricht die neuere Literatur auch von einem eigenständigen Quartärstadium (Lues IV). Ein Viertel der unbehandelten Patienten erkranken an chronischer Hirnentzündung (Syphilis cerebrospinalis), die zu Demenz führt. Zum Teil wird auch von einer erheblichen kurzzeitigen Steigerung der kognitiven mentalen Fähigkeiten der Infizierten berichtet.[40] Die Progressive Paralyse der Neurolues äußert sich durch den zunehmenden Abbau der intellektuellen Fähigkeiten, eine Ataxie und Sprachstörungen. Weiter werden das Rückenmark und seine austretenden Nerven so geschädigt, dass die Patienten zunächst Schmerzen haben, dann Schmerz und Temperatur nicht mehr wahrnehmen (Tabes dorsalis). Das Gehen und die Kontrolle über Blase und Darm sind gestört. Am Ende sind die Patienten gelähmt. Es kann auch zu einer Beteiligung des Sehnervs mit folgender Sehverschlechterung bis zur Erblindung kommen. Weiterhin treten Kreislauf-, Knochen- und Gelenkschäden (Charcot-Gelenke) auf. Dieser Verlauf wird in den westlichen Ländern dank ausreichender Therapie mit Antibiotika nur noch selten beobachtet. Außergewöhnliche sensitive oder psychische Veränderungen in dieser Phase wurden vielerorts beschrieben, aber nie systematisiert, so die übermäßige Steigerung der Libido und verschiedene Arten von Wahrnehmungsveränderungen.
Angeborene Syphilis (Lues connata, konnatale Syphilis)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im vierten bis fünften Schwangerschaftsmonat (also nach der Entwicklung des eigenen Immunsystems), kann ein Fötus an Syphilis erkranken. Als Folge hiervon kann es zu Tot-, Fehl- oder Frühgeburt kommen, zu Geburten von schwerkranken Kindern mit angeborener Syphilis, der Lues connata, oder aber zu Geburten scheinbar gesunder Kinder, bei denen noch keine Symptome augenfällig sind. Grob wird die Lues connata in zwei Formen unterteilt, wobei diese Beurteilung zum Teil erst rückwirkend getroffen werden kann.
Bei der Lues connata praecox (auch Syphilis connata praecox – frühzeitige angeborene Lues) sind die Leitsymptome wie folgt: blutige Koryza (Schnupfen), makulopapulöses Exanthem (fleckiger, an den Haaransätzen durch kleine Knötchen gekennzeichneter Ausschlag) und Pseudoparalyse. Darüber hinaus kann es zu blasigen Hautveränderungen (Pemphigus), Vergrößerung von Leber und Milz (Hepatosplenomegalie) und Osteochondritis (entzündlichen Knorpel-/Knochenerkrankungen) kommen, die das spätere Wachstum und Aussehen beeinflussen.[41]
Bei Symptomen, die sich etwas später zeigen und über das zweite Lebensjahr hinaus sichtbar sind, spricht man dagegen von der Lues connata tarda (angeborene verzögerte Lues). Diese geht klassisch mit einer Hutchinson-Trias einher: Hornhautentzündung des Auges (Keratitis), Innenohrschwerhörigkeit und tonnenförmige Schneidezähne.[42] Zusätzlich kann durch die Zerstörung von Knorpel und Knochen der Nasenscheidewand der Nasenrücken einsinken, eine so genannte Sattelnase entstehen. Diese für die angeborene Syphilis typischen Merkmale werden auch Stigmata genannt. Vorsorgeuntersuchungen und frühzeitige Therapie können beide Erscheinungsformen der angeborenen Syphilis annähernd ausschließen.
Extragenitale Syphilis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die extragenitale oder Endemische Syphilis wird durch Treponema pallidum ssp. endemicum verursacht (s. o.). Sie kommt in Afrika und im mittleren Osten vor, wo sie Bejel genannt wird. Im Gegensatz zu Treponema Pallidum wird sie auch durch Gegenstände des täglichen Gebrauchs übertragen, die Eintrittspforte ist oft die Mundschleimhaut. Die Haut- und Schleimhautsymptome sind praktisch nicht von der venerischen Syphilis zu unterscheiden, allerdings sind Organe nur selten betroffen. Die serologischen Syphilis-Tests fallen positiv aus. Die Behandlung besteht wie bei der venerischen Syphilis in der Gabe von Benzylpenicillin.
Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Treponema pallidum in der Dunkelfeldmikroskopie, gefärbt mittels Immunfluoreszenz-Technik
Neben der Beobachtung der typischen Symptome (Anamnese und klinische Untersuchung) existieren verschiedene direkte und indirekte Nachweismethoden der Syphilis-Infektion. Der direkte Erregernachweis geschieht durch Dunkelfeldmikroskopie oder Silberfärbung von Sekreten. Sehr empfindlich ist der Immunfluoreszenz-Test. In Einzelfällen ist ebenfalls ein PCR-Nachweis möglich, nicht hingegen die Anzucht des Erregers. Bei unbekanntem Infektionszeitpunkt muss der Liquor cerebrospinalis auf eine mögliche Neurolues untersucht werden (Lumbalpunktion). Die indirekten Verfahren, die in aller Regel zur Diagnosestellung eingesetzt werden, beruhen auf dem serologischen Nachweis von Syphilis-Antikörpern im Patientenblut:[22]
Der TPHA (Treponema-pallidum-Hämagglutinations-Assay) ist ein Screening-Test (Suchtest) auf den Syphilis-Erreger: Blutserum des Patienten wird in Verdünnungsreihen mit Treponema-markierten Schafsblutkörperchen zusammengebracht; sind Antikörper gegen den Erreger vorhanden, verklumpt das Blut (vgl. Titerbestimmung). Eine Variante dieses Tests, bei der statt Schafsblutkörperchen Latexpartikel verwendet werden, bezeichnet man als TPPA (Treponema pallidum Partikelagglutinationstest). Der TPHA-Test ist frühestens vier bis sechs Wochen nach der Infektion positiv.
Der FTA-Abs-Test (Treponema-pallidum-Antikörper-Fluoreszenztest) ist ein Bestätigungstest bei positivem TPHA: Das Serum wird mit sogenannten Reiter-Spirochäten (apathogene Treponemen) zusammengebracht. Dabei werden kreuzreagierende Antikörper, die zu einem falsch-positiven Ergebnis führen, entfernt. Daher kommt das ABS im Namen des Tests: die „falschen“ (kreuzreagierenden) Antikörper werden absorbiert. Im nächsten Schritt wird eine Glasplatte, die mit abgetöteten Treponemen beschichtet ist, mit dem „absorbierten“ Serum des Patienten zusammengebracht. Die Bindung der Antikörper aus dem Patientenserum an die Treponemen auf der Glasplatte wird dann mit einem farblich markierten Antikörper in der Fluoreszenzmikroskopie sichtbar gemacht. Eine Variante dieses Tests, bei der nur IgM-Antikörper nachgewiesen werden, bezeichnet man als FTA-ABS-19S-IgM.
Der VDRL-Test (Venereal Disease Research Laboratory) dient als Test zur Verlaufskontrolle, Aktivitätsbeurteilung und Einschätzung der Behandlungsbedürftigkeit: In diesem Test werden Antikörper gegen Cardiolipin nachgewiesen, die nicht spezifisch für die Syphilis sind, sondern auch bei anderen Erkrankungen vorkommen (insb. Antiphospholipid-Syndrom). Er wird auch als CMT (Cardiolipin-Mikroflockungstest) bezeichnet.
Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Syphilis ist eine gefährliche Krankheit, kann aber geheilt werden. Poster der US-amerikanischen Regierung zur Bekämpfung der Syphilis aus den 1930er Jahren.
Da Treponema pallidum auch nach 80 Jahren keine Resistenzen gegen Penicilline ausgebildet hat, sind diese die Mittel der Wahl zur Behandlung der Syphilis in allen Krankheitsstadien, insbesondere Penicillin G und Benzylpenicillin-Benzathin. Da sich die Treponemen langsam replizieren, ist – abgesehen von der Frühsyphilis[43] – eine Behandlungsdauer von mindestens 10–14 Tagen, in späten Stadien und bei Neurolues von 14–21 Tagen, notwendig. Im Primär-/Sekundärstadium ist alternativ auch eine einmalige höherdosierte Gabe möglich. Während in den frühen Stadien eine intramuskuläre Injektion ausreichend ist, kann bei einer Neurolues auf diese Weise kein ausreichender Wirkspiegel im Gehirn aufgebaut werden. In diesen Fällen ist darum im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthaltes eine intravenöse Gabe über drei Wochen notwendig. Penicilline sind auch zur Therapie der Lues connata und Erkrankungen während einer Schwangerschaft sowie bei HIV-Infektion angezeigt.
Bei Allergien wird auf andere Antibiotika wie Tetracycline, Makrolide oder Cephalosporine zurückgegriffen. Die Auswahl erfolgt je nach Krankheitsstadium und Begleitumständen. Beim Einsatz von Cephalosporinen muss mit Kreuzallergien in etwa 5–10 % der Fälle gerechnet werden.
Eine Nebenwirkung der Antibiotikatherapie der Syphilis ist die Jarisch-Herxheimer-Reaktion, welche insbesondere bei älteren Patienten oder länger bestehender Syphilis auftritt, meist in frühen Stadien, nur selten bei einer Neurolues. Dabei führt das schnelle Zerfallen der Treponemen beim Vorhandensein zahlreicher Erreger zum Freiwerden von Toxinen. Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und Hypotonie können die Folge sein, meist 2–8 Stunden nach Therapiebeginn. Die Jarisch-Herxheimer-Reaktion kann mit Kortison-Derivaten behandelt werden. Auch eine Prophylaxe ist so möglich.[44]
Bei Therapieerfolg zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Antikörper. Therapiekontrollen sollten initial vierteljährlich, später jährlich mittels VDRL- und TPHA-Test erfolgen, bei Befall des Gehirns auch mittels der schon länger eingesetzten[45] Liquordiagnostik. In der Schwangerschaft werden monatliche Kontrollen empfohlen.[22][46]
Eine einmal überstandene Syphilis schützt jedoch nicht vor einer erneuten Infektion, da durch die Erkrankung keine überdauernden Antikörper gegen den Erreger entstehen und somit auch keine Immunität ausgebildet wird.[47]
Prävention[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Gegen die Syphilis gibt es keine Impfung,[35] auch wenn um 1850 bereits Impfversuche in Würzburg[48][49] unternommen worden sind. Durch die Anwendung von Kondomen beim Geschlechtsverkehr kann die Übertragungswahrscheinlichkeit der Syphilis und anderer Geschlechtskrankheiten wesentlich verringert werden. Wegen der gleichen Ansteckungswege tritt eine Syphilis-Erkrankung oft gemeinsam mit einer HIV-Infektion auf, es sollten also bei Vorliegen einer sexuell übertragbaren Erkrankung immer andere mit geprüft und ausgeschlossen werden. Die Benachrichtigung und serologische Untersuchung des Partners des Erkrankten bezeichnet man als Partner-Tracing.[50]
Eine Übertragung der Syphilis ist auch beim Oralverkehr möglich.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ursprung der Syphilis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Über den Ursprung der Syphilis herrschte lange Zeit Uneinigkeit. Durch frühe Beschreibungen bei den Teilnehmern von Kolumbus’ zweiter Amerikareise und in zeitlicher Nähe der Reisen wurde angenommen, die Syphilis sei aus Amerika eingeschleppt worden (vgl. Columbian Exchange) und vorher in anderen Kontinenten völlig unbekannt gewesen. Spätere Forschung legt nahe, dass – vermutlich weniger gefährliche – Formen der Syphilis schon mindestens in der Antike in Europa bekannt waren. Vermutlich wurde jedoch ein südamerikanischer Stamm durch die spanischen Entdeckungsfahrten neu eingeschleppt, an den die europäische Bevölkerung über keine Anpassung verfügte (siehe unten). Bei den Azteken wurden bereits vor dem Eintreffen der Europäer Symptome der Syphilis[51] beschrieben.
Mit dem Wort Syphilis waren im 16. Jahrhundert möglicherweise neben der durch Treponema pallidum verursachten Krankheit auch andere Treponematosen wie Frambösie und Pinta gemeint. Auch die Gonorrhoe wurde manchmal noch nicht von der Syphilis unterschieden. Auch damalige Verwechslungen mit der Lepra (dem „Aussatz“) sind in einigen Fällen nicht ausgeschlossen.[52][53]
Ausbreitung Ende 15. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Joseph Grünpeck: Das Christuskind straft die Menschheit mit Syphilis (Holzschnitt 1496)
Ab dem Jahr 1493, in dem Christoph Kolumbus von seiner ersten Amerikaexpedition zurückkehrte, fielen in spanischen Hafenstädten wie Barcelona mehrere Fälle einer damals als neuartig erscheinenden Erkrankung auf. Der spanische Arzt Ruy Díaz de Isla hatte erste Fälle unter den 1496 zurückgekehrten Teilnehmern der zweiten Reise von Kolumbus ausgemacht. Von ihm ist die erste Beschreibung von Syphilis-Symptomen überliefert worden,[54] denn die Flotte des Kolumbus war mit 17 Schiffen und etwa 1.500 Mann Besatzung ausgestattet.
Die von 1495 bis 1500 als Geschlechts- und Volkskrankheit erkannte[55] Erkrankung, die zunächst als Mischinfektion aus Treponema pertenue und Treponema pallidum bei der Frambösie, vor allem durch „böse Blattern“ (verkrustende Papeln), Geschwüre mit ausgedehntem Gewebeverlust und Knochenhautentzündungen am Kopf, im Nasen-Rachen-Raum und an den langen Röhrenknochen auffiel, die ihrerseit zu Umbauprozessen und Zerstörungen am knöchernen Skelett sowie an den Gelenken führten,[56] verbreitete sich rasch in den Hafenstädten des westlichen und mittleren Mittelmeeres, so auch in Neapel, das damals zur Krone von Aragonien gehörte und somit einen direkten personellen Austausch mit Barcelona hatte. 1494 brach der französische König Karl VIII. mit einem zusammengewürfelten, mehrheitlich aus in Burgund rekrutierten Söldnern bestehenden Heer nach Italien auf, um seine Erbansprüche auf das Königreich Neapel durchzusetzen. Nach einer kurzen Belagerung wurde Neapel am 22. Februar 1495 eingenommen. Bereits im Frühsommer 1495 gab Karl VIII. Neapel jedoch wieder auf, da er eine Einkesselung durch seine Gegner befürchten musste.
Während der Besatzung Neapels war es zu einem ersten größeren Syphilisausbruch unter den Truppen Karls gekommen, der sich nach dem Rückzug ab Oktober 1495[57] auf Mittel- und Norditalien sowie die Herkunftsländer der Söldnertruppen ausweitete. Die italienischen Ärzte nannten in der Folge die vor allem durch Geschwüre auffallende Krankheit Franzosenkrankheit (morbus gallicus), die französischen Mediziner sprachen von einer italienischen Krankheit. Bemerkenswert war die hohe Virulenz des Erregers. In der Folge des Syphilisausbruches von Neapel und der 1494/1495 Durchseuchung im Raum des Tyrrhenischen Meers überzog innerhalb von fünfzig Jahren eine Syphilis-Epidemie die Alte Welt. So wurde 1496 beispielsweise die etwa 20.000 Einwohner zählende Stadt Straßburg davon befallen. Von dem Prediger Johann Geiler von Kaysersberg wurde die Krankheit allerdings als „Blattern“ bezeichnet.[58] Die Epidemie schwächte sich dann aber infolge eines Virulenz-Verlustes deutlich ab und setzte sich auf unterschiedlich hohem Niveau bis in die heutigen Tage fort.
Obwohl der Tessiner Rechtsgelehrte Franz Muralt bereits 1495 in Comenses Annalia den Verdacht äußerte, dass Sexualkontakte bei der Übertragen der Krankheit eine bedeutende Rolle spielen, setzte sich die Erkenntnis erst nach 1499/1500 durch.[59]
Miasma-Theorie und astrologische Erklärung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In Deutschland war in der frühen Neuzeit die Miasma-Theorie verbreitet. Man glaubte, so auch geschildert in dem Syphilis-Gedicht (Buch 1, Verse 220 ff.) von Fracastoro, für den die astrale Ätiologie der Syphilis feststand, dass die seltene Konjunktion der Planeten Saturn und Jupiter am 25. November 1484 im Zeichen des Skorpions und Hause des Mars die Ursache der Epidemie gewesen sei. „Der gute Jupiter unterlag den bösen Planeten Saturn und Mars und das Zeichen des Skorpions, dem die Geschlechtsteile untergeben sind, erklärt, weshalb die Genitalien der erste Angriffspunkt der neuen Krankheiten waren.“[60][61][62]
Verschmelzungstheorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Paracelsus[63] glaubte an die Entstehung durch den Geschlechtsakt eines leprösen Mannes mit einer tripperkranken Frau. Letztlich war eine religiöse und sozialkritische Erklärung der Syphilis, dass es sich bei dieser Erkrankung um eine Geißel Gottes für die notorischen Sünden der Welt handele.
Kolumbus-Theorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der österreichische Arzt Leonhardus Schmaus folgerte 1518 aus der Tatsache, dass die Syphilis durch das amerikanische Guajak-Holz, welches möglicherweise schon vor 1504 in Spanien bekannt war, geheilt wird, die Krankheit müsse aus Amerika stammen.[64][65] Der spanische Arzt Ruy Díaz de Isla verfasste zwischen 1510 und 1520 einen Bericht, der erst 1539 veröffentlicht wurde. Darin beschrieb er, dass er im Jahr 1493 einige Mitglieder von Kolumbus’ Schiffsmannschaft nach ihrer Rückkehr aus Mittelamerika wegen syphilitischer Geschwüre behandelt habe. Diese Art von Geschwüren habe er vorher nie in seiner Praxis gesehen. Er schloss daraus, dass diese neue Krankheit von der Insel Hispaniola (Dominikanische Republik und Haiti) nach Europa importiert worden sei.[66] Auch Gonzalo Fernández de Oviedo, der von 1514 bis 1556 achtmal den Atlantischen Ozean überquerte und 42 Jahre in Mittelamerika zubrachte, schrieb in seiner Historia general y natural de las Indias Occidentales …, es sei sicher, dass die Erkrankung aus Westindien stamme und von den Seeleuten des Kolumbus nach Europa gebracht wurde.[67] Bartolomé de las Casas, ein Gegner von Oviedo in Beziehung auf dessen Stellung zu der Behandlung der Indianer, bezeugte trotzdem ausdrücklich Oviedos These vom amerikanischen Ursprung der Syphilis.[68] Noch Jean Astruc bekräftigte die Kolumbus-Theorie in seiner zuerst 1736 erschienenen umfangreichen Abhandlung über die Geschlechtskrankheiten, welche bis weit ins 19. Jahrhundert als Referenzwerk galt.[69]
Präkolumbische Theorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der italienische Humanist Niccolò Leoniceno hatte bereits 1497 erklärt, dass die Beschreibung ulcerierender Erkrankungen des Penis durch antike Autoren den Schluss zuließen, dass es sich bei der Syphilis um eine sehr alte europäische Erkrankung handele.[70] Unter Bezug auf Leoniceno argumentierten der portugiesische Arzt António Nunes Ribeiro Sanches (1752)[71][72] und der deutsche Arzt Philipp Gabriel Hensler (1790)[73] im ausklingenden 18. Jahrhundert gegen die Kolumbus-Theorie.
Der Engländer Simon Mays gründet eine zunächst heftig umstrittene präkolumbische Theorie auf Knochenfunde, die auf die Zeit von 1296 bis 1445 datiert wurden. Spezifische Veränderungen an den Knochen lassen seiner Ansicht nach mit großer Sicherheit auf eine Infektion mit Syphilis schließen. Die bedeutendsten Funde dieser Art stammen aus Riverhall, Essex, in England. Demnach trat die Syphilis also bereits deutlich früher als 1495 zuerst in England auf.
Weiterhin wurden im Bereich der Kirche eines zerstörten Klosters der englischen Hafenstadt Kingston upon Hull drei Skelette gefunden, die nach Ansicht der Experten eindeutige Spuren einer fortgeschrittenen Syphiliserkrankung aufweisen.[74][75] Durch diese Befunde wurde die Forschung motiviert, nunmehr intensiver in Europa nach weiteren Spuren der Syphilis aus der Zeit vor 1495 zu suchen. In Süditalien entdeckten Archäologen bei Ausgrabungen in Metapont, einer griechischen Siedlung aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., viele Knochen mit den klassischen Anzeichen der Syphilis. Dabei konnte erstmals auch in Europa bei einem Kinderskelett an den zugehörigen Zähnen eine nur von der Syphilis verursachte Querfurche nachgewiesen werden. Solche Zahnspuren entstehen nur, wenn ein Kind von seiner Mutter während der Schwangerschaft oder unter der Geburt mit dem Erreger der Syphilis infiziert worden ist.[76] Sowohl bei der Suche nach Anzeichen dieser Erkrankung in Pompeji als auch bei Knochenfunden aus dem 13. Jahrhundert in der Türkei[77] wurde man ebenfalls fündig. Diese Funde schienen zu belegen, dass die schwere Erkrankungsform der Syphilis in Europa auch schon lange vor dem 15. Jahrhundert anzutreffen und nicht erst von den Conquistadoren aus Lateinamerika eingeschleppt worden war.[78][79]
Bei einer genaueren Durchsicht der Publikationen von bis dahin 54 Fällen einer angenommenen Syphilisinfektion in der Alten Welt vor Kolumbus kamen andere Forscher jedoch zu dem Ergebnis, dass entweder die diagnostischen Kriterien einer tertiären Syphilis bei strikter Prüfung nicht erfüllt waren, oder dass in den Fällen mit tatsächlicher Kriterienerfüllung die Radiokohlenstoffdatierungen durch den sogenannten Reservoireffekt verfälscht waren.[80][81]
Bei Ausgrabungen am Domplatz in St. Pölten konnten Forscher des Departments für Gerichtsmedizin und des Zentrums für Anatomie und Zellbiologie (Knochenlabor) der MedUni Wien mehrere Fälle von wahrscheinlich kongenitaler Syphilis aus der Zeit zwischen 1320 und 1390 morphologisch (strukturell) nachweisen, wobei Veränderungen des Gebisses von Skeletten aus dem 14. Jahrhundert als Grundlage dienten. „Wir konnten die so genannten Hutchinson-Zähne mit zentralen Einkerbungen und konvergierenden Rändern sowie die Maulbeer- oder Knospenform bei Mahlzähnen nachweisen, die charakteristisch für die Syphilis sind“, erklären die Studienautoren Kanz und Großschmidt (Abteilung für Zell- und Entwicklungsbiologie). Der morphologische Nachweis soll nun im nächsten Schritt sowohl molekularbiologisch als auch mithilfe der Proteomik untermauert werden. Vor allem aus der proteomischen Untersuchung erwarten sich die Wissenschaftler weitere Rückschlüsse, da die DNA der Syphilis sehr schnell zerfällt.[82]
Kombinationstheorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auch der Ansatz, dass der Syphilis-Erreger in verschiedenen pathogenen Stämmen sowohl in der Alten als in der Neuen Welt vor Kolumbus existierte, wurde verfolgt.[83] Durch molekularbiologische Untersuchungstechniken gewonnene Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass von den Schiffsbesatzungen der spanischen Entdecker erstmals ein südamerikanischer Stamm des Bakteriums Treponema pallidum nach Europa eingeschleppt wurde. Dieser hat sich anschließend sehr schnell ausgebreitet, da die europäische Bevölkerung an diesen Erregerstamm keinerlei Anpassung aufwies.[84][85]
Weiterhin gibt es Hinweise, dass die Syphilis in einer harmloseren Form, als Hautkrankheit, schon im alten Griechenland oder im präkolumbischen Amerika existierte, und die Wissenschaftler vermuten, dass der Erreger im Verlaufe der frühen Menschheits- und Zivilisationsentwicklung bei zunehmender Anwendung von Körperpflege (Hygiene) weltweit in den verschiedenen Kulturen zu der für den Menschen so gefährlichen Form der Syphilis mutierte. Eine neue Studie bekräftigt diese Theorie.[86][87]
Beschreibungen der Syphilis Ende 15. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Titelblatt des Buches von Bartholomäus Steber (Wien 1498)
Im ausgehenden 15. Jahrhundert wurde die als nuova peste mit dem Schwarzen Tod verglichene Syphilis bzw. Frambösie[88] wiederholt in gedruckten Traktaten beschrieben. Der erste gedruckte medizinische Text datiert von 1495. Die ersten zehn Traktate über die Syphilis (in den deutschsprachigen Texten[89] auch als Französische Krankheit[90] bezeichnet) stammen noch aus den letzten fünf Jahren des 15. Jahrhunderts. Druckorte waren die ersten Ausbreitungsgebiete der neuen Seuche: Italien, Deutschland und Spanien. Der erste französische Traktat folgte 1501.[91]
Konrad Schelligs Consilium 1495 oder 1496 stand am Anfang. Es folgten Grünpecks Tractatus de pestilentia scorra von 1496.[92] Der bedeutende Humanist und Arzt Niccolò Leoniceno aus Vicenza ging ab 1495 in seinen Vorlesungen an der Universität Ferrara auf die Epidemie ein. 1497 veröffentlichte er in Venedig die erste wissenschaftliche Abhandlung über die Krankheit, die er als Morbus gallicus („gallische Krankheit“) bezeichnete.[93] Leoniceno empfahl eine topische Anwendung von Quecksilbersalzen, da er von einer Erkrankung der Haut ausging. Die Empfehlung der Quecksilberanwendung bei Hauterkrankungen wurde von ihm aus arabischen Quellen übernommen. Noch 1497 erschienen der Tractatus de pustulis des schwäbischen Leibarztes Johannes Widmann und De morbo quem Gallicum nuncupant von Corradino Gilino. 1498 folgten Bartholomäus Stebers A malafranzos, morbo Gallorum, praeservatio et cura, Natale Montesauros De dispositionibus, quas vulgares mal franzoso appellant, Antonio Scanarolis Disputatio utilis de morbo Gallico und des spanischen Hofarztes Francisco López de Villalobos umfangreiche Monographie Somario de la medicina con un tratodo sobre las pestiferas bubas über die Syphilis. López de Villalobos berichtete den 1495 bereits vermuteten[94] sexuellen Übertragungsweg, die Hautmanifestationen und die Spätkomplikationen der Erkrankung. Auch er empfiehlt die topische Anwendung von Quecksilbersalzen.
Als zweites verbreitetes Mittel gegen die Syphilis kam im 16. Jahrhundert das Guajakharz (siehe unten) zum Quecksilber hinzu.[95] Vorherige Behandlungsversuche etwa mit Vermeidung von Sumpfgebieten, mit Aderlass, mit Anwendung von Thymian, Meerzwiebeln oder Koloquinten bleiben meist wirkungslos.[96]
Am 25. Februar 1500 schilderte Valentin Krauss (genannt Crusius), ein Arzt, Senator und Stadtrichter aus Kronstadt in Siebenbürgen in einem Brief an Conrad Celtis die ersten Syphilisfälle Kronstadts (So schrieb er „Gallus apud nos primum incipit saevire atrociter“).[97]
Abgrenzung von der Gonorrhoe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Unterschied zwischen Harnröhrenausfluss und Samenfluss war bereits dem persischen Arzt Haly Abbas im 10. Jahrhundert bekannt.[98]
Der schottische Chirurg und Anatom John Hunter (1728–1793) versuchte 1767 in einem Aufsehen erregenden Selbstversuch, Syphilis und Gonorrhoe als unterschiedliche Ausformung einer einzigen Krankheit zu belegen, indem er Eiter aus der Harnröhre eines Tripperkranken mit einem Skalpell in seinen eigenen Penis einbrachte. Aufgrund eines methodischen Fehlers (der Spender war mit beiden Erkrankungen infiziert) glaubte Hunter, der typische syphilitische Symptome entwickelte, den gemeinsamen Ursprung bewiesen zu haben. Der Irrtum wurde erst fünfzig Jahre später aufgedeckt, jedoch wurden noch im 19. Jahrhundert von Geschlechtskrankheiten verschiedener Art betroffene Patienten als „Syphilitische“ bezeichnet.[99] Hunter starb 1793 an den Spätfolgen seines Experimentes.
Dass es sich bei Syphilis und Gonorrhoe um unterschiedliche Erkrankungen, wovon 1774 auch der Mediziner Johann Clemens Tode überzeugt[100] war, und bei der Gonorrhoe um eine eigenständige Krankheit handelt, wurde erstmals 1837 durch den französischen Arzt Philippe Ricord nachgewiesen und 1838[101] publiziert.[102] Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die syphilitische und die gonorrhoische Erkrankung als morbus venereus (bzw. „Lustseuche“[103]) zusammengefasst.[104][105] Der an der Universität Breslau angestellte Assistenzarzt Albert Neisser entdeckte im Jahre 1879 erstmals die Gonokokken im Urethralabstrich eines Patienten.[106]
Neuere Geschichte der Erkrankung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Diagnostische Verfahren und Erregernachweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Fritz Schaudinn und Erich Hoffmann gelang 1905 der erste mikroskopische Nachweis der Treponemen,[107] die Reinzüchtung des Syphiliserregers Treponema pallidum erstmals 1911 dem japanischen Bakteriologen Noguchi Hideyo.[108] Der Japaner war es auch, der zwei Jahre später erstmals einen Zusammenhang zwischen der Infektion mit Treponema pallidum und der progressiven Paralyse sowie Tabes dorsalis herstellen konnte, da er die Treponemen im Gehirn und im Knochenmark nachgewiesen hatte.[109]
August Wassermann, Albert Neisser und Carl Bruck entwickelten 1906 ein auf der Arbeit von Jules Bordet[110] aufbauendes Nachweis-Verfahren (Wassermann-Test zur Überprüfung auf die Wassermannsche Reaktion oder Wassermannsche Syphilisreaktion), bei welchem bei der Syphilis in Blut oder Liquor cerebrospinalis auftretende Antikörper (Reagine)[111] mit Cardiolipin reagierten, das aus Rinderherzen gewonnen wurde.[112][113] Die Wassermannsche Reaktion stellt eine Modifikation der Komplementbindungs-Reaktion dar, die von Jules Bordet und Octave Gengou entwickelt wurde. Erstmals stand damit eine serologische Möglichkeit[114] zur Verfügung, eine Syphilis-Infektion frühzeitig zu diagnostizieren.[115] Der Nachweis mit diesem Verfahren ist jedoch relativ unspezifisch und produzierte viele falsch-positive Ergebnisse. In den 1930er Jahren entwickelte William Augustus Hinton den Hinton-Test, der auf Flockung beruht und etwas spezifischer war. Beide Nachweismethoden sind heute durch modernere Verfahren ersetzt.
Entwicklung von Behandlungsverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Titelblatt von Besnards Warnschrift über die Behandlung der Syphilis mit Quecksilber, 1811
Die Syphilis wurde bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem mit dem giftigen Quecksilber behandelt, mit dem man den Körper des Erkrankten großflächig bestrich, was neben anderen unerwünschten Wirkungen gewöhnlich zu einem vollständigen Ausfall der Körperbehaarung sowie sämtlicher Zähne führte und den rapiden Verfall sämtlicher Körperfunktionen einleitete (siehe auch Quecksilbervergiftung),[116] oder aber mit der Pastille Pilula hydrargyri, im Englischen auch als „blue mass“ bezeichnet, einem im 17. bis zum 19. Jahrhundert auf Quecksilber basierenden Medikament. Bereits 1783 und nochmals 1811 publizierte der Mediziner Franz Joseph von Besnard (1749–1814), Leibarzt des Königs von Bayern, Warnschriften vor dieser gefährlichen Therapie.
Neben der Behandlung mit Substanzen wie Quecksilber und Kalomel wurden sogar Lösungen von Quecksilber(II)-chlorid zur Syphilistherapie ab den 1880er Jahren auch in die Haut (subkutan)[117] gespritzt.[118][119]
Das Quecksilber war bereits mehrere Jahrhunderte zuvor als mehr oder weniger wirksames Therapeutikum gegen Lepra und verschiedene andere Hauterkrankungen angewandt worden. Konrad Schilling (1448–1508) war textlich der Erste, der in seinem Werk Consilium in morbum gallicum (um 1488–1496) über die externe Quecksilber-Therapie bei der Syphilis berichtete.
Hiernach wurde auch von anderen Ärzten, so Antonio Benivieni (1440–1502), der in Florenz herausgefunden hatte, dass Syphilis von der Mutter auf das Kind übertragen werden kann,[120] Hieronymus Fracastorius (1478–1553), Pedro Pintor (1423–1503) und Johannes Widmann (1440–1524), über den erfolgreichen Einsatz des Quecksilbers als Externa geschrieben. Später führten auch Bader und Quacksalber diese Therapieform durch. Die Quecksilber-Applikation erfolgte zumeist in Form von Einreibungen (etwa mit der grauen Quecksilbersalbe und anderen quecksilberhaltigen Salben[121]), durch orale Aufnahme sowie auch durch Inhalation der Räucherungen mit Quecksilber.
Die südamerikanischen Indianer verfügten über eine kombinierte Syphilistherapie, die ihnen in der Regel auch Heilung verschaffte, denn die Krankheit verlief bei ihnen weniger schwer als bei Europäern. Sie verwendeten Abkochungen aus dem Holz oder der Rinde des Guajakbaumes (Guaiacum officinale und G. sanctum) oder der Sarsaparillewurzel (Smilax regelii u. a. Arten) in Kombination mit einem Schwitzbad und einer Fastenkur. Das Schwitzbad, dem sich die Indianer nach Einnahme von Guajak unterzogen, bestand in einer gezielten Heißbedampfung der äußeren Genitalien. Der deutsche Humanist Ulrich von Hutten, der die bereits Fracastoro bekannten schlafraubenden Knochenschmerzen (dolores osteocopi nocturni) schilderte, erprobte diese Methode im Selbstversuch und beschrieb sie in seinem 1519 erschienenen Werk De guajaci medicina et morbo gallico liber unus („Über das Medikament Guajak und die gallische Krankheit“). Tatsächlich trat durch die Behandlung zeitweilig eine Verbesserung ein, Hutten ging aber wohl dennoch an der Syphilis zugrunde. Die Therapie der Syphilis mit der „Holzkur“[122] wurde auch um 1710[123] noch durchgeführt.
Das Guajakholz und dessen Entdeckung durch Ureinwohner der neuen Welt mit Hilfe der Nymphe Ammerice auf der Insel „Ophyre“ (angelehnt an das antike Ophir) wird auch im dritten Buch von Fracastoros 1530 erschienenen Lehrgedicht über Syphilis als Heilmittel genannt.[124]
Auch Lobelin, ein im Indianertabak („Lobelia syphilitica“) enthaltenes Alkaloid, fand als Antisyphilitikum[125] Verwendung bei Syphilis.[126]
1892 verursachte Albert Neisser einen der ersten deutschen Medizinskandale, indem er auf der Suche nach einer Serumtherapie Krankenhauspatientinnen mit Syphilis angesteckt hatte.[127] Bereits 1844 hatte Joseph-Alexandre Auzias-Turenne (1812–1870), ein in Pertuis geborener Assistent von Philippe Ricord in Paris, über seine Tierversuche zur Übertragung der Syphilis berichtet, woraus er eine Theorie zur prophylaktischen „Syphilisation“ ableitete. An die Wirksamkeit dieser falschen[128] Hypothese, deren praktische Anwendung in französischen Krankenhäusern ihm jedoch verboten wurde, glaubte er bis zu seinem Tod.[129]
Paul Ehrlich
Den Stand der therapeutischen Möglichkeiten Ende des 19. Jahrhunderts fasste der österreichische Hautarzt Eduard Lang (1841–1916) zusammen.[130] Versuche mit Arsenpräparaten wie Atoxyl und Arsacetin sowie dem nur im Tierversuch erfolgreichen „Präparat 418“ (Arsenophenylglycin), die 1907/1908 durch Paul Uhlenhuth und Paul Ehrlich entwickelt und getestet worden waren, scheiterten vor allem an den schwerwiegenden Nebenwirkungen.[131]
1909 entwickelten Sahachiro Hata und Paul Ehrlich die organische Arsenverbindung Arsphenamin (Salvarsan), mit der erstmals eine gezielte chemotherapeutische Behandlung der Syphilis versucht wurde.[132][133] In den Folgejahren wurden mit dem Ziel besserer Verträglichkeit Abkömmlinge der Substanz entwickelt, so zum Beispiel Neosalvarsan und Solusalvarsan sowie Spirotrypan. Eine weitere Arsenverbindung, die in den USA zeitweise zur Behandlung der Neurosyphilis eingesetzt wurde, war das von Walter Abraham Jacobs und Michael Heidelberger am Rockefeller Institute for Medical Research entwickelte Tryparsamid. Ein weiterer Salvarsanabkömmling war die Arsenverbindung Neo-Arsoluin.[134] Die Arsenpräparate wurden Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend von modernen Antibiotika wie dem Penicillin verdrängt, das bis heute die Behandlungsgrundlage der Syphilis darstellt.[135]
Ehrlich suchte gezielt nach einem Medikament, zu dessen Wirksamkeit er zuerst eine Theorie entwickelte. Kern seiner Theorie war, dass die für die Immunabwehr zuständigen Zellen bestimmte Rezeptoren besäßen, an die Gifte oder Erreger andocken sollten, was schließlich die Produktion von Antikörpern auslöse. Erreger und Rezeptor passten dabei zueinander wie ein Schlüssel in das Schloss. Ehrlichs Idee war, dieses Prinzip umzukehren und für die Bekämpfung des Krankheitserregers zu nutzen. Es galt, die Rezeptoren des Erregers aufzuspüren, an die nun nicht Antikörper, sondern Medikamente andocken sollten, um ihre tödliche Giftfracht in das Bakterium einzuschleusen. Der Erreger würde nun mit chemischen Stoffen traktiert, und gleichzeitig sollten körpereigene Zellen möglichst wenig in Mitleidenschaft gezogen werden.
Auf der Grundlage dieses theoretischen Konzepts prüften Ehrlich und sein Assistent über 600 Arsenverbindungen auf die geforderten Eigenschaften hin, bis ihnen im September 1909 der entscheidende Durchbruch gelang[136]. Die Verbindung mit der chemischen Bezeichnung m-Diamino-p-dioxyarseno-benzoldichlorhydrat erzielte bei Tierversuchen verblüffende Ergebnisse. Zum ersten Mal schien es möglich, die Syphilis wirkungsvoll zu behandeln. Schon bald erwies sich, dass das Medikament Salvarsan zu schwersten Nebenwirkungen führte. Überdies wurde es bei falscher Lagerung giftig. Ehrlich optimierte das Medikament. 1911 gelang es, ein Salvarsanpräparat herzustellen, das nur noch knapp 20 % Arsen enthielt, in seiner Wirkung aber auch schwächer als das alte Salvarsan war. Zwischen 1914 und 1930 wurde (etwa durch Carl Voegtlin 1923[137]) die Relevanz der Tierversuche aus dem Speyer-Haus bezweifelt und Salvarsan von verschiedenen Autoren als toxisch und grundsätzlich gefährlich für den Menschen eingestuft.[138][139][140]
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand man heraus, dass Treponema pallidum Temperaturen von über 41 °C nicht überlebt. 1917 impfte der Österreicher Julius Wagner-Jauregg, Direktor der Niederösterreichischen Landesheil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke in Wien, neun an Progressiver Paralyse erkrankte Patienten mit dem Blut eines Malaria-Kranken. Er beobachtete eine Wirkung, die erheblich günstiger war als bei allen bisher eingesetzten Therapieverfahren, und arbeitete eine mit Arsphenamin kombinierte Vorgehensweise aus (Malariatherapie), für deren Entdeckung ihm 1927 der Nobelpreis für Medizin verliehen wurde.[141]
Die Effektivität der Behandlung von Syphilis mit Penicillin wurde zuerst 1943 von John F. Mahoney in den USA nachgewiesen; bereits 1944 war die Behandlung in den US-Streitkräften eine Standardtherapie.[142][143]
Tuskegee-Syphilis-Studie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Untersuchung im Rahmen der Tuskegee-Syphilis-Studie
→ Hauptartikel: Tuskegee-Syphilis-Studie
In Tuskegee in den USA wurde von 1932 bis 1972 eine Langzeitstudie durchgeführt,[144] in welcher an etwa 400 schwarzen und gleichzeitig meist armen und analphabetischen Einwohnern mit bekannter Syphilis die Spätfolgen der unbehandelten Infektion beobachtet werden sollten. Dabei wurde den Probanden auch nach der verbreiteten Einführung der Penicillin-Therapie ab 1947 diese bewusst vorenthalten; die beobachteten Personen wurden weder über die Studie selbst informiert noch darüber, dass in der Zwischenzeit eine effektive Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung stand. Nachdem im Juli 1972 die Presse über den Versuch berichtet hatte, wurde die Studie von einer eigens eingesetzten Kommission als ethisch ungerechtfertigt bewertet und im Herbst desselben Jahres abgebrochen.[145] Im Jahr 2010 wurde ein weiterer Syphilis-Menschenversuch bekannt, der von den USA in Guatemala 1946 bis 1948 finanziert und durchgeführt worden war.[146]
Politisierung des Syphilis-Begriffs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ab dem 19. Jahrhundert, insbesondere im Nationalsozialismus, wurde der Begriff der Syphilis antisemitisch, antifeministisch und rassistisch aufgeladen. Die Syphilis wurde zur Chiffre für als „dekadent“ wahrgenommene zivilisatorische Entwicklungen. Die „Syphilisation“ oder „Syphilisierung“ wurde zum antisemitischen Code einer angenommenen „Vergiftung“ des „Volkskörpers“. Dieser Sprachgebrauch wurde beispielsweise in Propagandamaterial der Nationalsozialisten verwendet und auch von Hitler selbst mehrmals aufgegriffen. „Besonders der Syphilis gegenüber kann man das Verhalten der Volks- und Staatsleitung nur mit vollkommener Kapitulation bezeichnen“, heißt es hierzu in Mein Kampf (1933; S. 269), ehe dann Klartext folgt im Blick auf Kommendes, zusammenfassend geredet: Von der Syphilis und der in ihr sich dokumentierenden Rücksichtslosigkeit im geschlechtlichen Verkehr sowie der Kosten derselben bei unheilbar Erkrankten führt ein gerader Weg in die Euthanasie und nach Auschwitz.[147] Dabei verband man die Syphilis mit einem modernen, zumal bei französischen Literaten um Jules de Goncourt, der 1870 der Syphilis erlag,[148] sowie seinen Bruder Edmond de Goncourt verbreiteten Lebensstil, der zumindest der Idee nach z. B. vom 1889 in Turin zusammengebrochenen Syphilitiker Friedrich Nietzsche[149] oder dem Schriftsteller Guy de Maupassant aufgegriffen wurde. Einem derartigen Lebensentwurf wurde eine völkische und rassenhygienische Sicht einer „deutschen Kultur“ entgegengesetzt. Dabei wurden insbesondere Verbindungen zwischen einem libertären Sexualleben in Großstädten und der Krankheit hergestellt.[150]
Heutzutage findet sich eine Wiederaufnahme des Konzeptes um versifft[151] in der Verwendung des rechten Kampfbegriff „linksversifft“ (bzw. „linksgrünversifft“).[152] Dieser wurde zunächst von dem rassistischen Portal PI-News geprägt und später u. a. von dem rechten Autor Akif Pirinçci und dem rechten Blog Die Achse des Guten übernommen. Auch von dem damaligen AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen wurde diese Begrifflichkeit in einer Rede 2016 verwendet.[152]
Die Syphilis in der Kunst[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Auseinandersetzung mit der Syphilis entstand bei vielen Autoren, angefangen bei Hutten allein schon aus dem Motiv der Selbstbetroffenheit.
Sebastian Brant: De pestilentiali scorra sive mala de Franzos – lateinisches Flugblatt von 1496, gewidmet Johannes Reuchlin.[153] Eine Umdichtung dieses Gedichts „über die pustulöse Pest oder die wilden Warzen“ verfasste der Dermatologe und Medizinhistoriker Ernst Alfred Seckendorf, und auch in Dichter und Ärzte[154] von Raphael Finckenstein findet sich auf S. 74–76 eine Übersetzung.[155]
Die Hymne Carmen […] ad clementissimam dominam nostram Mariam von Conrad Reitter, erschienen in Mortilogus. F. Conradi Reitteri Nordlingensis Prioris monasterii Caesariensis Epigrammata ad eruditissimos vaticolas (Augsburg 1508) und übersetzt von Seckendorf („Des J. Conrad Reitter Hymnus an unsere liebliche Herrin Maria, daß sie uns unversehrt vor der gallischen Krankheit bewahre“[156]).[157]
Das Lehrgedicht des Fracastoro aus dem 16. Jahrhundert Syphilidis sive morbi gallici libri tres reiht sich in vergleichbare didaktische Schriften der Renaissance ein.
Als eigenständiges wiederkehrendes literarisches Motiv taucht die Syphilis erstmals im 17. Jahrhundert in den Schelmenromanen der Barockliteratur auf z. B. bei Grimmelshausen, der seine Courasche an Syphilis erkranken lässt. (Simplicius hingegen erkrankt nicht an Syphilis, sondern an Pocken.)
Die gelungenste Darstellung im 18. Jahrhundert ist die Figur des Pangloss in Voltaires Candide. Voltaire erdichtet dazu als Satire auf adelige Stammbäume eine lückenlose Infektionskette seit Kolumbus. Pangloss entwickelt gar eine Rechtfertigung der Syphilis in der besten aller Welten.
In seinem Drama Gespenster (1881) erzählt Henrik Ibsen die Geschichte der Frau Alving, Witwe eines Hauptmanns und Kammerherrn, der an Syphilis starb. Obwohl die Familie, die er angesteckt hatte, großes Leid durchmacht, hält die Witwe die tatsächlichen Umstände seines Todes geheim.
Oskar Panizza, der 1894 auch über Syphilisfälle am päpstlichen Hof[158] berichtete, greift im selben Jahr in seiner Himmelstragödie Das Liebeskonzil auf die spätmittelalterliche Auffassung der Syphilis als Gottesstrafe zurück und wird wegen vermeintlicher Blasphemie abgestraft.[159]
In seinem Roman Doktor Faustus (1947) lässt Thomas Mann einen Komponisten sich bewusst mit Syphilis infizieren um der genialen Inspiration willen, die er sich von der syphilitischen Gehirnaffektion verspricht. In dem Roman tritt diese Steigerung auch ein. Danach fällt der so Genialisierte für den Rest seines Lebens in geistige Umnachtung.
Thomas M. Disch greift dieses Motiv in seinem 1968 erschienenen Science-Fiction-Roman Camp Concentration auf. Er beschreibt ein fiktives Experiment des US-amerikanischen Militärs, bei dem Forscher und andere Intellektuelle zur Steigerung ihrer geistigen Leistungsfähigkeit – meist ohne ihr Wissen – mit Syphilis infiziert werden.[160]
Die naturalistische Schriftstellerin Clara Viebig behandelt in ihrem Berlin-Roman Die Passion (1925) den Lebensweg der jungen Eva, die von Geburt an Syphilis hat. Neben der Darstellung des Krankheitsverlaufes ist das Hauptmotiv die soziale Ausgrenzung, die das Mädchen dadurch erfährt, dass ihre Umwelt mit der als anrüchig geltenden Krankheit nicht umgehen kann. Ihr Lebenswille ist durch die permanente Diskriminierung bald gebrochen, und Eva stirbt schließlich mit 18 Jahren an Herzversagen.
Wolf Serno beschreibt in seinem Roman Die Hitzkammer (auch erschienen als Hexenkammer) ausführlich die zwanzigtägige Behandlung einer Syphiliserkrankten mit einer Kombination aus Schwitzkur, Fasten und großflächiger äußerlicher Anwendung einer quecksilberhaltigen Salbe.[161]
Im Debütfilm The Libertine von Laurence Dunmore erkrankt der Protagonist John Wilmot (Johnny Depp) an Syphilis.
In dem Film Das stumme Duell (Originaltitel: Shizukanaru Ketto) von Akira Kurosawa erkrankt der Protagonist Dr. Kyoji Fujisaki (Toshirō Mifune) an Syphilis.
Im Roman Der stille Don von M. Scholochow erkrankt die Schwester des Hauptprotagonisten und Donkosaken Grigorij Melechow nach einer Affäre mit einem weißgardistischen Offizier an Syphilis. Nachdem sie aus Rücksicht auf die Familienmitglieder nur noch eigenes Geschirr benutzt und ihre Kleidung selbst wäscht, wird ihre Krankheit offenbar, die sie dann auch einräumt. Um die öffentliche Schande von der Familie fernzuhalten, geht sie nachts in den Don.
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Kaninchensyphilis
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 233–234.
Birgit Adam: Die Strafe der Venus. Eine Kulturgeschichte der Geschlechtskrankheiten. Orbis, München 2001, ISBN 3-572-01268-6, insbesondere S. 17–21 und 28–111.
Ernst Bäumler: Amors vergifteter Pfeil. Kulturgeschichte einer verschwiegenen Krankheit. Hoffmann & Campe, Hamburg 1976, ISBN 3-455-08962-3; Neudruck ebenda 1997.
Iwan Bloch
Der Ursprung der Syphilis: eine medizinische und kulturgeschichtliche Untersuchung. G. Fischer, Jena 1901, archive.org
Das erste Auftreten der Syphilis (Lustseuche) in der europäischen Kulturwelt: Gewürdigt in seiner weltgeschichtlichen Bedeutung, dargestellt nach Anfang, Verlauf und voraussichtlichem Ende. Fischer, Jena 1904, Textarchiv – Internet Archive
Geschichte der Hautkrankheiten in der neueren Zeit. In: Max Neuburger und Julius Pagel (Hrsg.): Handbuch der Geschichte der Medizin. Band III, Fischer, Jena 1905, S. 393–463; Textarchiv – Internet Archive
Alois Geigel: Geschichte, Pathologie und Therapie der Syphilis. Stuber, Würzburg 1867.
Werner E. Gerabek: Syphilis. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1371–1374.
Malte König: Syphilisangst in Frankreich und Deutschland. Hintergrund, Beschwörung und Nutzung einer Gefahr 1880–1940. In: Malte Thießen (Hrsg.): Infiziertes Europa. Seuchen im langen 20. Jahrhundert. Oldenbourg, München 2014, ISBN 978-3-11-036434-7, S. 50–75 (= Historische Zeitschrift. Beiheft, Neue Folge Nr. 64).
Melanie Linöcker: Der Unzucht und Lastern derbey entspringende Krankheit: Syphilis und deren Bekämpfung in der Frühen Neuzeit am Beispiel des Wiener Bürgerspitals St. Marx. VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-8364-7884-7 (zugleich: Dissertation, Universität Salzburg 2006).
Klaus-Dieter Linsmeier: Seuchen. Nächstenliebe in Zeiten der Syphilis. In: Medizin im Mittelalter. Zwischen Erfahrungswissen, Magie und Religion (= Spektrum der Wissenschaften. Spezial: Archäologie Geschichte Kultur. Band 2.19), 2019, S. 74–75.
Sheila Lukehart: Syphilis. In: Manfred Dietel, Norbert Suttorp, Martin Zeitz (Hrsg.): Harrisons Innere Medizin. Band 1, 16. Auflage, deutsche Sonderausgabe, ABW-Wissenschaftsverlag, Berlin 2006, ISBN 3-86541-100-2, S. 1052–1060.
Vilhelm Møller-Christensen: „Venerische“ und „nichtvenerische“ Syphilis. In: Christa Habrich, Frank Marguth, Jörn Henning Wolf (Hrsg.) unter Mitarbeit von Renate Wittern: Medizinische Diagnostik in Geschichte und Gegenwart. Festschrift für Heinz Goerke zum sechzigsten Geburtstag. München 1978 (= Neue Münchner Beiträge zur Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften: Medizinhistorische Reihe. Band 7/8), ISBN 3-87239-046-5, S. 227–234.
Peter Fritsch, Robert Zangerle, Angelika Stary: Syphilis. In: Lexikon Medizin. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-20412-1, S. 2077–2090.
Johann Karl Proksch
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Christian Niemeyer: Nietzsches Syphilis und die der Anderen. Eine Spurensuche. Alber, München/ Freiburg 2020, ISBN 978-3-495-49064-8.
Dominique Puenzieux, Brigitte Ruckstuhl: Sexualität, Medizin und Moral. Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten Syphilis und Gonorrhöe in Zürich 1879-1920. Chronos, Zürich 1994, ISBN 3-905311-52-6 (zugleich: Dissertation, Universität Zürich 1994).
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Bruce M. Rothschild: History of Syphilis. In: Clinical Infectious Diseases. Band 40, Nr. 10, Oxford 2005, S. 1454 ff. (Volltext online).
Lutz Sauerteig: Medizin und Moral in der Syphilisbekämpfung. In: Medizin, Gesellschaft und Geschichte. Band 19, 2000, S. 55–70.
Helmut Schlereth: Martin Pollich von Mellrichstadt (geb. um 1455, gest. 1513) und sein Streit mit Simon Pistoris über den Ursprung der „Syphilis“ (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 73). Königshausen & Neumann, Würzburg 2001, ISBN 3-8260-2231-9 (zugleich: Dissertation, Universität Würzburg 2000).
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Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Syphilis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Syphilis – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikinews: Syphilis – in den Nachrichten
Syphilis – Informationen des Robert Koch-Instituts
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Rolf Winau: Seit Amors Köcher auch vergiftete Pfeile führt – Die Ausbreitung der Syphilis in Europa. (Memento vom 13. Juni 2011 im Internet Archive) FU Berlin.
Harvard University Library: Contagion: Historical Views of Diseases and Epidemics. Open Collections Program, ocp.hul.harvard.edu; abgerufen am 20. Mai 2023.
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Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Weitere, detailliertere Zahlen im Abschnitt Epidemiologie.
↑ Heinrich Oppenheimer: Girolamo Fracastoro’s Gedicht von der Syphilis oder von der Franzosenseuche. Im Versmaß des lateinischen Urtextes. August Hirschwald, Berlin 1902.
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↑ Online Etymology Dictionary. Auf: etymonline.com
↑ W. Pflug: Syphilis oder Morbus gallicus. Eine etymologische Betrachtung. K. J. Trübner, Straßburg 1907.
↑ August Buck: Die Medizin im Verständnis des Renaissancehumanismus. In: Deutsche Forschungsgemeinschaft: Humanismus und Medizin (= Mitteilungen der Kommission für Humanismusforschung. Band 11). Hrsg.: Rudolf Schmitz, Gundolf Keil, Acta humaniora der Verlag Chemie GmbH, Weinheim 1984, ISBN 3-527-17011-1, S. 181–198, hier: S. 194–197.
↑ Wilhelm Gemoll, Karl Vretska: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. 9. Auflage. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien / München 1991, ISBN 3-209-00108-1.
↑ Franz Boll: Der Ursprung des Wortes Syphilis. In: Neues Jahrbuch für klassisches Altertum. Band 25, 1910, S. 72 ff.
↑ George L. Hendrickson: The „Syphilis“ of Girolamo Fracastoro. With Some Observations on the Origin and History of the word „Syphilis“. In: Bulletin of the History of Medicine. (Johns Hopkins University Press) Band 2, 1934, S. 515 ff.
↑ Walther Schönfeld: Einleitung. In: Girolamo Fracastoro: Syphilidis sive morbi gallici libri tres. in der Übersetzung von Ernst Alfred Seckendorf (1892–1943) (= Schriftenreihe der Nordwestdeutschen dermatologischen Gesellschaft. Heft 6) Lipsius & Tischer, Kiel 1960, S. 5–20, hier: S. 8–10.
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↑ Dr. Daniel Turners, Mitglied des Collegii Medici in London, Syphilis oder Praktische Abhandlung von der Venus-Seuche in zweyen Theilen. Nebst Dr. Boerhavens Nachricht von der Gonorrhoea, auch anderen Zusätzen des Verfassers und einer Vorrede des Herrn Hofrath Heisters. Denen Deutschen Wund-Ärzten zum Nutzen aus dem Englischen übersetzet von einem der die Wundarzneney liebet. Deetz sehl. Wittwe und Runge, Zelle/ Leipzig 1754.
↑ Walther Schönfeld: Seit wann ist der Krankheitsname Syphilis allgemein gebräuchlich? In: Dermatologische Wochenschrift. Band 114, 1942, S. 193 ff.
↑ Walther Schönfeld: Einleitung. In: Girolamo Fracastoro: Syphilidis sive morbi gallici libri tres. Kiel 1960, S. 5–20, hier: S. 8.
↑ J. M. Stowasser u. a.: Der Kleine Stowasser: Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch. 2. Auflage. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1987, ISBN 3-209-00225-8.
↑ Gundolf Keil: Umgang mit AIDS-Kranken als Herausforderung an eine humane Gesellschaft. „Statement“ zum Akquirierten Immun-Defizienz-Syndrom aus fachhistorischer Perspektive. In: Johannes Gründel (Hrsg.): AIDS. Herausforderung an Gesellschaft und Moral (= Schriften der Katholischen Akademie in Bayern. Band 125). 2. Auflage. Düsseldorf 1988, S. 31–41, hier: S. 38. Vgl. auch Mittelalter-Lexikon: Syphilis. Auf: mittelalter-lexikon.de; abgerufen am 12. Mai 2025.
↑ Ernst Seckendorf: J. L. Schönleins Anschauungen über die Lustseuche in seiner Würzburger Zeit. In: Dermatologische Wochenschrift. 1930, Band 91, Nr. 43, S. 1594–1598.
↑ Birgit Adam: Die Strafe der Venus. Eine Kulturgeschichte der Geschlechtskrankheiten. Orbis, München 2001, ISBN 3-572-01268-6, S. 17 und 92.
↑ Walther Schönfeld: Einleitung. In: Girolamo Fracastoro: Syphilidis sive morbi gallici libri tres. Kiel 1960, S. 5–20, hier: S. 7–8.
↑ Rolf Winau: Seit Amors Köcher auch vergiftete Pfeile führt – Die Ausbreitung der Syphilis in Europa (Memento vom 13. Juni 2011 im Internet Archive). FU Berlin. (abgerufen im Juni 2007).
↑ Birgit Adam: Die Strafe der Venus. Eine Kulturgeschichte der Geschlechtskrankheiten. Orbis, München 2001, ISBN 3-572-01268-6, S. 37–39.
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↑ Immo von Hattingberg: Die Neurosyphilis. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1308–1311, hier: S. 1309 (Die Lues cerebrospinalis.).
↑ So schreibt Hans Henny Jahnn in seinem Roman Die Niederschrift des Gustav Anias Horn, nachdem er neunundvierzig Jahre alt geworden war. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1959, S. 7–8:
„Und die Lueskranken, die einen gewaltsamen Aufschwung ihrer Geisteskräfte erleben, wie wenn sich ein unerschöpflicher Born in ihnen aufgetan hätte. Sie sind gewalttätig, überströmend. Die Herren dieser Welt. Es gibt deren welche, die preisen die Krankheit als eine heilige. Keine hemmende Vernunft stellt sich zwischen sie und ihren geraden Weg zu den Zielen. Sie vermögen die Stunden der Nächte denen der Tage anzuhängen, ohne einer tiefen Ermüdung anheimzufallen. Flüchtige Gedanken sind ihnen gut genug, um eine Wahrheit daraus zu erstellen. Sie kennen nur den halben Zweifel und die ganze Überzeugung. – Bis das Stottern über sie kommt, die Dämmerung, die den hohen Flug ihres Könnens verwischt.“
↑ Friedrich Burkhardt: Mikrobiologische Diagnostik Bakteriologie – Mykologie – Virologie – Parasitologie. Hrsg.: Birgid Neumeister, Heinrich K. Geiss, Rüdiger W. Braun, Peter Kimmig. 2. Auflage. Thieme, Stuttgart / New York 2009, ISBN 978-3-13-743602-7, S. 595–596.
↑ Gerd Herold: Innere Medizin. Hrsg.: Gerd Herold und Mitarbeiter. Selbstverlag, Köln 2017, ISBN 978-3-9814660-6-5, S. 887.
↑ Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Marburg 2009, S. 233.
↑ Gerd Herold: Innere Medizin 2009: eine vorlesungsorientierte Darstellung; unter Berücksichtigung des Gegenstandskataloges für die ärztliche Prüfung; mit ICD 10-Schlüssel im Text und Stichwortverzeichnis (= Herold innere Medizin.) Selbstverlag, Köln 2009.
↑ Theodor Kohrs: Liquorbefunde bei behandelte Syphilis. In: Dermatologische Zeitschrift. Band 32, 1921, S. 71–91.
↑ Diagnose und Therapie der Syphilis. In: Leitlinien der Deutschen STD-Gesellschaft. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. Mai 2010; abgerufen am 6. Juni 2016.
↑ Pharmazeutische Zeitung: Sexuell übertragbare Krankheiten – Die Rückkehr der Syphilis. In: Pharmacon Meran 2011. Ausgabe 23/2011, pharmazeutische-zeitung.de, 7. Juni 2011; abgerufen am 29. Mai 2021.
↑ Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Hrsg.: Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 548–553.
↑ Alois Geigel: Beobachtungen über Syphilis aus dem Julius-Hospitale zu Würzburg. In: Virchow’s Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie. 1854, Band 7, S. 219–254.
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↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1960, S. 6.
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↑ Vgl. auch Willem Frederik Robert Essed: Over den orsprung der syphilis. Amsterdam 1933, und dazu Gundolf Keil, Willem Frans Daems: Paracelsus und die „Franzosen“. Beobachtungen zur Venerologie Hohenheims, I: Pathologie und nosologisches Konzept. In: Nova Acta Paracelsica. Band 9, 1977, S. 99–151, hier: S. 114–117.
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↑ Gundolf Keil: Umgang mit AIDS-Kranken als Herausforderung an eine humane Gesellschaft. „Statement“ zum Akquirierten Immun-Defizienz-Syndrom aus fachhistorischer Perspektive. 1988, S. 38–39.
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↑ Vgl. Gundolf Keil, Willem Frans Daems: Paracelsus und die „Franzosen“. Beobachtungen zur Venerologie Hohenheims, I: Pathologie und nosologisches Konzept. In: Nova Acta Paracelsica. Band 9, 1977, S. 99–151.
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↑ Iwan Bloch: Der Ursprung der Syphilis. G. Fischer, Jena, Band I, 1901, S. 192–201, Textarchiv – Internet Archive
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↑ António Nunes Ribeiro Sanches. Dissertation sur l’origine de la maladie vénérienne, pour prouver que le mal n’est pas venu d’Amerique, mais qu’il a commencé en Europe, par une Epidemie. Suivi de l’examen historique sur l’apparition de la maladie vénérienne en Europe. Et sur la nature de cette Épidémie. A. Koster, Leiden 1777 (Digitalisat).
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Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
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| Klassifikation nach ICD-10 A50 Syphilis connata A51 Frühsyphilis A52 Spätsyphilis A53 Sonstige und nicht näher bezeichnete Syphilis {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Syphilis, auch Lues (venerea), harter Schanker und Morbus Schaudinn oder Schaudinn-Krankheit genannt, ist eine chronische Infektionskrankheit, die zur Gruppe der sexuell übertragbaren Erkrankungen gehört. Der Erreger der Syphilis ist das Bakterium Treponema pallidum subspecies pallidum. Die Syphilis wird hauptsächlich beim Geschlechtsverkehr durch Schleimhautkontakt und ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen. Während der Schwangerschaft und bei der Geburt kann eine erkrankte Mutter ihr Kind infizieren (Syphilis connata). Das Erscheinungsbild der Krankheit ist vielfältig. Typisch ist ein Beginn mit schmerzlosen Schleimhautgeschwüren und Lymphknotenschwellungen. Bei einem Teil der Infizierten kommt es zu einem chronischen Verlauf, der durch vielfältigen Haut- und Organbefall gekennzeichnet ist. Im Endstadium kommt es zur Zerstörung des zentralen Nervensystems. Die Diagnose wird hauptsächlich durch den Nachweis von Antikörpern erstellt. Die Syphilis ist durch die Gabe von Antibiotika, unter anderem Penicillin, heilbar. Die Entdeckung und die spätere Verfügbarkeit von Antibiotika in ausreichenden Mengen führten zu einem deutlichen Rückgang der Syphilis im 20. Jahrhundert. Seit den 1990er Jahren ist jedoch wieder ein Anstieg der erkannten Erkrankungen feststellbar. 2010 gab es in Deutschland pro Jahr 3 bis 6 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner.[1] Der direkte oder indirekte Nachweis des Erregers Treponema pallidum ist in Deutschland nichtnamentlich zu melden. Eine Meldepflicht besteht für Erreger und Krankheit in der Schweiz und eine beschränkte Meldepflicht für die Erkrankung in Österreich. Syphilidologie ist die Lehre von den syphilitischen Krankheiten. Albrecht Dürer zugeschriebene Darstellung eines Syphilitikers (Flugblatt mit dem Lehrgedicht des Arztes Dietrich Ulsen, Nürnberg 1496) Etymologie und Bezeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Geschichte des Syphilus, Stich von Jan Sadeler aus dem 16. Jahrhundert Der erste dokumentierte Ausbruch der Syphilis in Europa geschah im Jahr 1494 oder 1495 in Neapel, Italien, während der französischen Invasion im Italienischen Krieg von 1494 98. Damals wurde angenommen, dass die Krankheit durch die französischen Truppen verbreitet worden sei, weshalb die Krankheit zunächst unter dem Namen Franzosenkrankheit (später auch Franzosenseuche[2]) bekannt wurde.[3] Das Wort Syphilis findet sich erstmals 1530 im Titel eines Gedichtes des veronesischen Arztes Girolamo Fracastoro, mit dem Namen Syphilis, sive Morbus Gallicus ( Syphilis, oder die französische Krankheit ).[4][5] Darin wird die mythische Geschichte des auf einer fernen Insel lebenden Schafhirten Syphilus erzählt, der wegen Gotteslästerung (er errichtete verbotene Altäre) vom Sonnengott (Apollo) mit einer neuen Krankheit bestraft wurde, aber durch das später von spanischen Seefahrern nach Europa gebrachte Holz des Wunderbaumes Guajak geheilt wurde.[6] Der Name Syphilus ist die latinisierte Form des altgriechischen Namens S philos, welcher mit Schweine liebend übersetzt werden kann ( s s, deutsch Schwein , phile n, deutsch lieben ).[7] Den Namen Syphilus hat Fracastoro gemäß Franz Boll (1910 in den Jahrbüchern für das klassische Altertum)[8] vermutlich antikisierend leicht umgestaltend der antiken Mythologie entlehnt. Bei Ovid (Metamorphosen. VI, 231) heißt Sipylus der zweite Sohn der vom Berg Sipylus stammenden und dort versteinert sitzenden (Metamorphosen. VI, 149) Niobe. Weshalb er diesen Namen, der wohl keine Beziehung zum Wesen der Krankheit aufweist, auswählte, ist unklar. Möglicherweise und gemäß George Lincoln Hendrickson[9] und Heinrich Oppenheimer hat Fracastoro den Syphilus aber auch nach einem bereits geläufigen Krankheitsnamen s philis (griechisch in De contagionibus, Buch 2, Kapitel 15), einer Krankheit des Schleims, benannt.[10] Abgesehen von Fracastoros Schriften lässt sich Syphilis als Krankheitsbezeichnung erstmals vereinzelt im 17. Jahrhundert nachweisen, wurde, nach Erscheinen des mehrfach aufgelegten und übersetzten Buches über Syphilis[11] von Daniel Turner,[12] in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebräuchlicher,[13] aber erst im 19. Jahrhundert die bevorzugte Bezeichnung.[14] In moderner Zeit wurde häufiger von Lues (kurz für Lues venerea) als von Syphilis gesprochen. Das lateinische Wort lu s bedeutet Seuche , Unheil ; venereus entstammt dem humanistischen Latein, leitet sich von venus, Liebeslust, Liebesgenuss [15] her und bedeutet den Geschlechtsverkehr betreffend . So wurde die Syphilis auch als nova lues[16] bezeichnet. Mit der Absicht, der Krankheit statt des die Franzosen verunglimpfenden Begriffs französische Krankheit einen neutralen Namen zu geben, prägte der französische Arzt Jacques de B thencourt 1526 die Bezeichnung Morbus veneris ( Krankheit der Venus ). Häufig wurde die Syphilis auch als Lustseuche[17] bezeichnet.[18] Daneben sind aus der Geschichte mehrere hundert andere Namen für die Syphilis überliefert. Diese beziehen sich auf das äußere Erscheinungsbild (Morbus pustulatus), auf abgefallene Körperteile, auf Heilige (Hiob, Rochus und andere), auf vermeintliche Ursachen (Lues venera, Lues aphrodisiaca, Passio turpis, Saturnina), auf das vermeintliche Herkunftsland (Morbus gallicus) oder auf die Lokalisation (Pudendagra, Mentulagra).[19] So ist die Syphilis in verschiedenen europäischen Sprachen unter anderem als neapolitanische, italienische, französische, spanische, kastilische, englische, schottische oder polnische Krankheit benannt worden, je nachdem, aus welchem Land die Erkrankung in den jeweiligen Sprachkreis vermeintlich eingeschleppt worden war.[20][21] Im Volksmund wurde die Syphilis auch als Große Blattern und mit ähnlichen Begriffen bezeichnet. Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Treponema pallidum (Elektronenmikroskopische Aufnahme) Treponema pallidum subspecies pallidum ist ein gramnegatives Bakterium der Gattung Treponema in der Familie der Spirochaetaceae. Treponema pallidum (früher Spirochaeta pallida genannt) ist spiralig gewunden. Im Dunkelfeldmikroskop, das auch zum Nachweis dient, zeigt es Rotationen um die Längsachse und Beugebewegungen, jedoch keine selbstständige Fortbewegung. Die Replikationszeit beträgt etwa 36 Stunden. Der einzige Reservoirwirt ist der Mensch, für den es obligat pathogen ist, d. h. auch gesunde immunkompetente Menschen erkranken. T. pallidum überlebt außerhalb des Körpers nur kurze Zeit, reduzierte Sauerstoffkonzentration verlängert das Überleben (mikroaerophiles Bakterium). Eine In-vitro-Kultur von Treponema pallidum ist nicht möglich, da es Nährstoffe aus dem menschlichen Organismus benötigt, die es nicht selbst produzieren kann. Lediglich in Kaninchenhoden gelingt eine Anzucht. Neben Treponema pallidum umfasst die Gattung Treponema weitere für den Menschen pathogene (schädliche) Erreger: T. pallidum subspecies endemicum verursacht in Afrika und im mittleren Osten die endemische Krankheit Bejel, auch nicht-venerische oder extragenitale Syphilis genannt (s. u.). T. pallidum subspecies pertenue verursacht in Afrika, Asien und Lateinamerika die Frambösie, eine langwierige Infektionskrankheit, die mit Haut- und Knochenveränderungen einhergeht. Treponema carateum verursacht in Zentral- und Südamerika die Pinta. Diese ist eine Hauterkrankung mit rezidivierenden hyperpigmentierten Läsionen vorwiegend an Armen und Beinen, die narbig verheilen. T. vincentii kann im Rahmen einer Mischinfektion eine Plaut-Vincent-Angina verursachen. Nichtpathogene Treponema-Arten sind T. denticola, T. minutum, T. refringens und T. phagedenis, die in der normalen Standortflora des Mundes, Verdauungstraktes sowie der Geschlechtsorgane zu finden sind. Bei einem mikroskopischen Erregernachweis können sie zu einer Verwechslung beitragen.[22][23] Übertragung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Treponema pallidum wird in der Regel über direkte sexuelle Kontakte übertragen. Es dringt dabei durch kleinste Läsionen der vaginalen, oralen oder analen Schleimhaut oder Haut in den Körper ein. Der Erreger kann auch über Verletzungen und Hautkontakt übertragen werden. Das frühe Auftreten syphilitischer Geschwüre am Zungengrund und am Kehlkopf hatte Ludwig Türck um 1866 nachgewiesen.[24] Die austretende Flüssigkeit aus den hochinfektiösen Geschwüren ist bei direktem Hautkontakt äußerst ansteckend. Während die Syphilis in den Stadien I und II (siehe unten: Stadien) ansteckend bis hochansteckend ist, ist die Infektiosität in den späteren Stadien wesentlich geringer. Ein weiterer bedeutsamer Übertragungsweg ist die diaplazentare Übertragung, das heißt der Übertritt der Bakterien über die Plazenta auf das ungeborene Kind (Fötus). Die diaplazentare Übertragung ist ab dem vierten Schwangerschaftsmonat bis einschließlich der Geburt möglich und kann zu Abort, intrauterinem Fruchttod, Totgeburt oder einer Schädigung des Kindes führen. In Deutschland werden durch die im Rahmen der Mutterschaftsrichtlinien vorgeschriebenen Untersuchungen nahezu alle unbehandelten Syphilisfälle bei Schwangeren entdeckt und die Übertragung verhindert. Infektionen durch nichtsterile Akupunkturnadeln, Injektionskanülen oder Bluttransfusionen spielen eine untergeordnete Rolle, da alle Blutspender auf die Krankheit getestet werden. Die in den Stadien I und II auftretenden hochinfektiösen Geschwüre und Papeln können aber gegebenenfalls zu einer Ansteckung ohne sexuelle Kontakte führen. Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Anzahl gemeldeter Syphilis-Fälle in Deutschland (1971 2011) Die Jahresinzidenzratio (Erkrankungswahrscheinlichkeit in einem Jahr) betrug um die Jahre 2004 2007 in Deutschland etwa 0,00004, in Europa und den USA unter 0,0003, weltweit etwa 0,002. Die Syphilis ist eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit. Die WHO schätzt die Zahl der Neuerkrankungen auf weltweit etwa acht Millionen Fälle jährlich, und 0,7 Millionen Ansteckungen pro Jahr während Schwangerschaft und Geburt, Stand 2022[25] (1999: zwölf Mio., davon über 90 % in Entwicklungsländern). Nach der Entwicklung des Penicillins gingen die Erkrankungszahlen im Verlauf des 20. Jahrhunderts deutlich zurück, was durch Behandlungsprogramme der WHO in stark betroffenen Regionen seit den 1950er Jahren gefördert wurde.[26] In Industrieländern liegen die Schwerpunkte in den Großstädten; insbesondere homosexuelle Männer sind betroffen. 84 Prozent aller Angaben zu dem wahrscheinlichen Infektionsweg (angegeben bei 71,5 % der 3.698 Fälle 2011) entfielen auf solche Sexualkontakte.[27] Der Anteil der Männer unter den Betroffenen ist von 60 % in der Mitte des 20. Jahrhunderts auf über 85 % angestiegen. Die Anzahl der Fälle bei Frauen und heterosexuell infizierten Männern ist hingegen stabil geblieben. In Deutschland berichtete das Robert Koch-Institut eine Zahl von 8305 registrierten Neudiagnosen im Jahr 2022.[28] Für 2019 wurde sie mit 7889 angegeben[29], für 2018 mit 7332, für 2017 mit 7476, für 2016 mit 7178, für 2015 mit 6834, für 2014 mit 5722, für 2013 mit 5017, für 2009 mit 2742, für 2004 mit 3352. Abgesehen von einem Rückgang während der Coronazeit 2020/2021 nimmt die Zahl der Infektionen in Deutschland seit 2009 deutlich zu.[28] Dabei lag 2019 die Inzidenz bei Frauen nur 1,1; bei Männern dagegen 18,1 Fälle pro 100.000 Einwohner und Jahr. Die Städte mit der höchsten Inzidenz sind Köln (57,8), Berlin (39,7) und München (30,2) jeweils pro 100.000 Einwohner und Jahr für das Jahr 2019. Das Stadium der 2019 dem RKI gemeldeten Fälle war folgendermaßen: 26,5 % primäre Syphilis 15,5 % sekundäre Syphilis 2,1 % tertiäre Syphilis 24,5 % Frühlatenz 1,1 % Spätlatenz 3 Fälle angeborener Syphilis[29][30] Die Inzidenz lag damit bei 3 bis 6 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern pro Jahr.[31][32] Syphilis tritt nicht selten als Koinfektion bei HIV-Infizierten in Erscheinung. In anderen Industrieländern ist die Situation vergleichbar.[22] Die Rate der angeborenen Infektionen (konnatale Syphilis) ist in Deutschland sehr gering und liegt bei einigen wenigen Fällen im Jahr.[22] Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In Deutschland ist der direkte oder indirekte Nachweis des Erregers Treponema pallidum nichtnamentlich meldepflichtig nach 7 Absatz 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Zur Meldung verpflichtet sind die Leitungen der Labore usw. ( 8 IfSG). Nach dem Recht Sachsens besteht eine namentliche Meldepflicht aufgrund von 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c Sächsische Infektionsschutz-Meldeverordnung bezüglich Erkrankung und Tod an angeborener Syphilis.[33] Nach dem österreichischen Geschlechtskrankheitengesetz ist die Erkrankung Syphilis beschränkt meldepflichtig ( 4 in Verbindung mit 1 Geschlechtskrankheitengesetz). In der Schweiz[34] ist der positive laboranalytische Befund bei Aufforderung durch die Kantonsärztin oder den Kantonsarzt, den Fall zu melden, oder der Beginn einer antibiotischen Behandlung der Syphilis meldepflichtig. Zudem ist der positive laboranalytische Befund zu Treponema pallidum meldepflichtig. Beides ergibt sich aus dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 bzw. Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Klinisches Bild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Stadienhafter Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Frühsyphilis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Primärstadium, Primärsyphilis, Lues I[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Drei bis vier Wochen nach der Ansteckung erscheint an der Stelle, an der die Bakterien in die Haut oder Schleimhaut eingedrungen sind, ein kleines, schmerzloses oder schmerzarmes, knötchenförmiges Geschwür, dessen Randbereich verhärtet ist. Deshalb wird das nach etwa einer Woche münzgroß gewordene Geschwür auch als harter Schanker (Ulcus durum) bezeichnet. Es handelt sich zunächst also um eine Lokalinfektion. Dieser Primäraffekt entsteht bei vaginalem Geschlechtsverkehr am Penis, an den Schamlippen oder in der Vagina. Bei Oralverkehr findet man es auch im Mund oder Rachen und bei Analverkehr im Enddarm. Das Geschwür ist gerötet und sondert eine farblose Flüssigkeit ab. Diese enthält viele Erreger, ist also äußerst ansteckend. Ein bis zwei Wochen später schwellen die benachbarten Lymphknoten an und es können Gelenk-, Muskel- und Knochenschmerzen auftreten. Von diesem Zeitpunkt an kann die Krankheit mit dem TPHA-Test nachgewiesen werden. Auch unbehandelt heilen die Geschwüre von selbst nach ca. 4 6 Wochen ab, weshalb die Erkrankung oft ignoriert oder nicht erkannt wird. Harter Schanker an der Unterseite des Penis. Schanker am Penisschaft aufgrund einer Treponema-pallidum-Infektion (primäres Stadium der Syphilis). Sekundärstadium, Sekundärsyphilis, Lues II[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Condylomata lata der Vulva. Acht bis neun Wochen nach der Ansteckung kommt es oft zu grippeartigen Beschwerden wie Fieber, Abgeschlagenheit oder Kopf- und Gliederschmerzen. Die Lymphknoten am ganzen Körper sind geschwollen (generalisierte Lymphadenopathie, Polyskleradenitis). Die Erkrankung ist nun in ein generalisiertes Stadium übergegangen. Nach zehn Wochen erscheint bei den meisten Erkrankten ein Hautausschlag (Exanthem). Zunächst sind es nur schwachrosa gefärbte Flecken, die sich in kupferfarbene Knötchen (Papeln) verwandeln. Breite Papeln, die besonders in Hautfalten auftreten, nennt man Condylomata lata. Wenn diese aufgehen und nässen, ist die austretende Flüssigkeit hoch infektiös. Seltener treten auch Schleimhautveränderungen im Mund (Enanthem, Plaques muqueuses) und an den Genitalien auf. Auch Augenentzündungen können auftreten. Manchen Patienten fallen die Haare aus (Alopecia specifica). Alle Hauterscheinungen (Syphilide) heilen nach ungefähr vier Monaten ab, so dass manche Patienten von ihrer Infektion wenig bemerken. Unbehandelt kommen sie innerhalb verschiedener Zeitabstände wieder. Typischerweise tritt bei allen Hauterscheinungen der Syphilis wenig bis kein Juckreiz auf. In etwa 30 % einer unbehandelten Syphilis tritt im Laufe von Jahren eine Spontanheilung ein.[35] Bei unbehandelter und nicht spontan ausgeheilter Frühsyphilis kann die Erkrankung bei den Betroffenen in der folgenden Latenzzeit zu einem Stillstand kommen, wobei die Erreger sich jedoch weiterhin im Körper befinden. So kann sich nach Monaten oder Jahren aus der latenten Syphilis eine Spätsyphilis entwickeln. Der Infizierte ist ansteckend, auch wenn diese Gefahr sinkt, je länger der Patient beschwerdefrei bleibt. Für eine Form der Spätsyphilis mit Robertson-Pupille, Aortitis und abgeschwächten Reflexen der Ober- und Unterschenkelmuskulatur sowie chronischer Meningoenzephalitis wurde früher der Begriff Babinski-Vaques-Syndrom verwendet.[36] Spätsyphilis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Tertiärstadium, Tertiärsyphilis, Lues III [Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Gumma auf dem Nasenrücken (tertiäres Stadium der Syphilis) Drei bis fünf Jahre später sind nicht nur Eintrittspforte, Lymphknoten und Haut befallen. Die Erreger haben sich im ganzen Körper ausgebreitet und auch innere Organe wie Blutgefäßsystem, Atemtrakt, Rachen, Speiseröhre, Magen, Leber, Knochen und Muskeln befallen. Es bilden sich Knoten, die oft gummiartig verhärtet sind (Gummen oder Gummata, in der Einzahl [das] Gumma). Die Bezeichnung als Gummi geht auf Girolamo Fracastoro zurück, der das Symptom der erweichenden Knoten in seinem Lehrgedicht über die Syphilis so benannte.[37] Histologisch stellen sich Gummen als monozytär-destruierende, plasmazellhaltige Granulome dar.[38] Sie treten insbesondere an Haut, Schleimhaut und Knochen auf. Auf der Haut bilden sie mitunter große Geschwüre, am Gaumen entsteht unter Umständen eine Perforation zur Nasenhöhle. Besonders gefährlich ist ein syphilitischer Knoten an der Hauptschlagader (Aorta), verursacht von einer Entzündung in der mittleren und äußeren Wandschicht derselben (Mesaortitis luetica). Etwa 30 Jahre nach der Infektion kann ein solcher Knoten als Spätkomplikation zu einer leicht aufreißbaren Aussackung der Aorta (Aortenaneurysma) führen. Sollte diese Ausbuchtung reißen, verblutet der Betroffene innerlich. Zudem kann auch das zentrale Nervensystem[39] befallen sein. Quartärstadium (Neurolues, Neurosyphilis), Lues IV[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Neurolues Die Entmarkung des Rückenmarks bei Tabes dorsalis in einem Myelin-gefärbten Präparat Während die bei etwa 20 % der Betroffenen zehn bis zwanzig Jahre nach Beginn der Erkrankung auftretenden schweren neurologischen Störungen ursprünglich dem Tertiärstadium zugeordnet wurden, spricht die neuere Literatur auch von einem eigenständigen Quartärstadium (Lues IV). Ein Viertel der unbehandelten Patienten erkranken an chronischer Hirnentzündung (Syphilis cerebrospinalis), die zu Demenz führt. Zum Teil wird auch von einer erheblichen kurzzeitigen Steigerung der kognitiven mentalen Fähigkeiten der Infizierten berichtet.[40] Die Progressive Paralyse der Neurolues äußert sich durch den zunehmenden Abbau der intellektuellen Fähigkeiten, eine Ataxie und Sprachstörungen. Weiter werden das Rückenmark und seine austretenden Nerven so geschädigt, dass die Patienten zunächst Schmerzen haben, dann Schmerz und Temperatur nicht mehr wahrnehmen (Tabes dorsalis). Das Gehen und die Kontrolle über Blase und Darm sind gestört. Am Ende sind die Patienten gelähmt. Es kann auch zu einer Beteiligung des Sehnervs mit folgender Sehverschlechterung bis zur Erblindung kommen. Weiterhin treten Kreislauf-, Knochen- und Gelenkschäden (Charcot-Gelenke) auf. Dieser Verlauf wird in den westlichen Ländern dank ausreichender Therapie mit Antibiotika nur noch selten beobachtet. Außergewöhnliche sensitive oder psychische Veränderungen in dieser Phase wurden vielerorts beschrieben, aber nie systematisiert, so die übermäßige Steigerung der Libido und verschiedene Arten von Wahrnehmungsveränderungen. Angeborene Syphilis (Lues connata, konnatale Syphilis)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im vierten bis fünften Schwangerschaftsmonat (also nach der Entwicklung des eigenen Immunsystems), kann ein Fötus an Syphilis erkranken. Als Folge hiervon kann es zu Tot-, Fehl- oder Frühgeburt kommen, zu Geburten von schwerkranken Kindern mit angeborener Syphilis, der Lues connata, oder aber zu Geburten scheinbar gesunder Kinder, bei denen noch keine Symptome augenfällig sind. Grob wird die Lues connata in zwei Formen unterteilt, wobei diese Beurteilung zum Teil erst rückwirkend getroffen werden kann. Bei der Lues connata praecox (auch Syphilis connata praecox frühzeitige angeborene Lues) sind die Leitsymptome wie folgt: blutige Koryza (Schnupfen), makulopapulöses Exanthem (fleckiger, an den Haaransätzen durch kleine Knötchen gekennzeichneter Ausschlag) und Pseudoparalyse. Darüber hinaus kann es zu blasigen Hautveränderungen (Pemphigus), Vergrößerung von Leber und Milz (Hepatosplenomegalie) und Osteochondritis (entzündlichen Knorpel-/Knochenerkrankungen) kommen, die das spätere Wachstum und Aussehen beeinflussen.[41] Bei Symptomen, die sich etwas später zeigen und über das zweite Lebensjahr hinaus sichtbar sind, spricht man dagegen von der Lues connata tarda (angeborene verzögerte Lues). Diese geht klassisch mit einer Hutchinson-Trias einher: Hornhautentzündung des Auges (Keratitis), Innenohrschwerhörigkeit und tonnenförmige Schneidezähne.[42] Zusätzlich kann durch die Zerstörung von Knorpel und Knochen der Nasenscheidewand der Nasenrücken einsinken, eine so genannte Sattelnase entstehen. Diese für die angeborene Syphilis typischen Merkmale werden auch Stigmata genannt. Vorsorgeuntersuchungen und frühzeitige Therapie können beide Erscheinungsformen der angeborenen Syphilis annähernd ausschließen. Extragenitale Syphilis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die extragenitale oder Endemische Syphilis wird durch Treponema pallidum ssp. endemicum verursacht (s. o.). Sie kommt in Afrika und im mittleren Osten vor, wo sie Bejel genannt wird. Im Gegensatz zu Treponema Pallidum wird sie auch durch Gegenstände des täglichen Gebrauchs übertragen, die Eintrittspforte ist oft die Mundschleimhaut. Die Haut- und Schleimhautsymptome sind praktisch nicht von der venerischen Syphilis zu unterscheiden, allerdings sind Organe nur selten betroffen. Die serologischen Syphilis-Tests fallen positiv aus. Die Behandlung besteht wie bei der venerischen Syphilis in der Gabe von Benzylpenicillin. Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Treponema pallidum in der Dunkelfeldmikroskopie, gefärbt mittels Immunfluoreszenz-Technik Neben der Beobachtung der typischen Symptome (Anamnese und klinische Untersuchung) existieren verschiedene direkte und indirekte Nachweismethoden der Syphilis-Infektion. Der direkte Erregernachweis geschieht durch Dunkelfeldmikroskopie oder Silberfärbung von Sekreten. Sehr empfindlich ist der Immunfluoreszenz-Test. In Einzelfällen ist ebenfalls ein PCR-Nachweis möglich, nicht hingegen die Anzucht des Erregers. Bei unbekanntem Infektionszeitpunkt muss der Liquor cerebrospinalis auf eine mögliche Neurolues untersucht werden (Lumbalpunktion). Die indirekten Verfahren, die in aller Regel zur Diagnosestellung eingesetzt werden, beruhen auf dem serologischen Nachweis von Syphilis-Antikörpern im Patientenblut:[22] Der TPHA (Treponema-pallidum-Hämagglutinations-Assay) ist ein Screening-Test (Suchtest) auf den Syphilis-Erreger: Blutserum des Patienten wird in Verdünnungsreihen mit Treponema-markierten Schafsblutkörperchen zusammengebracht; sind Antikörper gegen den Erreger vorhanden, verklumpt das Blut (vgl. Titerbestimmung). Eine Variante dieses Tests, bei der statt Schafsblutkörperchen Latexpartikel verwendet werden, bezeichnet man als TPPA (Treponema pallidum Partikelagglutinationstest). Der TPHA-Test ist frühestens vier bis sechs Wochen nach der Infektion positiv. Der FTA-Abs-Test (Treponema-pallidum-Antikörper-Fluoreszenztest) ist ein Bestätigungstest bei positivem TPHA: Das Serum wird mit sogenannten Reiter-Spirochäten (apathogene Treponemen) zusammengebracht. Dabei werden kreuzreagierende Antikörper, die zu einem falsch-positiven Ergebnis führen, entfernt. Daher kommt das ABS im Namen des Tests: die falschen (kreuzreagierenden) Antikörper werden absorbiert. Im nächsten Schritt wird eine Glasplatte, die mit abgetöteten Treponemen beschichtet ist, mit dem absorbierten Serum des Patienten zusammengebracht. Die Bindung der Antikörper aus dem Patientenserum an die Treponemen auf der Glasplatte wird dann mit einem farblich markierten Antikörper in der Fluoreszenzmikroskopie sichtbar gemacht. Eine Variante dieses Tests, bei der nur IgM-Antikörper nachgewiesen werden, bezeichnet man als FTA-ABS-19S-IgM. Der VDRL-Test (Venereal Disease Research Laboratory) dient als Test zur Verlaufskontrolle, Aktivitätsbeurteilung und Einschätzung der Behandlungsbedürftigkeit: In diesem Test werden Antikörper gegen Cardiolipin nachgewiesen, die nicht spezifisch für die Syphilis sind, sondern auch bei anderen Erkrankungen vorkommen (insb. Antiphospholipid-Syndrom). Er wird auch als CMT (Cardiolipin-Mikroflockungstest) bezeichnet. Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Syphilis ist eine gefährliche Krankheit, kann aber geheilt werden. Poster der US-amerikanischen Regierung zur Bekämpfung der Syphilis aus den 1930er Jahren. Da Treponema pallidum auch nach 80 Jahren keine Resistenzen gegen Penicilline ausgebildet hat, sind diese die Mittel der Wahl zur Behandlung der Syphilis in allen Krankheitsstadien, insbesondere Penicillin G und Benzylpenicillin-Benzathin. Da sich die Treponemen langsam replizieren, ist abgesehen von der Frühsyphilis[43] eine Behandlungsdauer von mindestens 10 14 Tagen, in späten Stadien und bei Neurolues von 14 21 Tagen, notwendig. Im Primär-/Sekundärstadium ist alternativ auch eine einmalige höherdosierte Gabe möglich. Während in den frühen Stadien eine intramuskuläre Injektion ausreichend ist, kann bei einer Neurolues auf diese Weise kein ausreichender Wirkspiegel im Gehirn aufgebaut werden. In diesen Fällen ist darum im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthaltes eine intravenöse Gabe über drei Wochen notwendig. Penicilline sind auch zur Therapie der Lues connata und Erkrankungen während einer Schwangerschaft sowie bei HIV-Infektion angezeigt. Bei Allergien wird auf andere Antibiotika wie Tetracycline, Makrolide oder Cephalosporine zurückgegriffen. Die Auswahl erfolgt je nach Krankheitsstadium und Begleitumständen. Beim Einsatz von Cephalosporinen muss mit Kreuzallergien in etwa 5 10 % der Fälle gerechnet werden. Eine Nebenwirkung der Antibiotikatherapie der Syphilis ist die Jarisch-Herxheimer-Reaktion, welche insbesondere bei älteren Patienten oder länger bestehender Syphilis auftritt, meist in frühen Stadien, nur selten bei einer Neurolues. Dabei führt das schnelle Zerfallen der Treponemen beim Vorhandensein zahlreicher Erreger zum Freiwerden von Toxinen. Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und Hypotonie können die Folge sein, meist 2 8 Stunden nach Therapiebeginn. Die Jarisch-Herxheimer-Reaktion kann mit Kortison-Derivaten behandelt werden. Auch eine Prophylaxe ist so möglich.[44] Bei Therapieerfolg zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Antikörper. Therapiekontrollen sollten initial vierteljährlich, später jährlich mittels VDRL- und TPHA-Test erfolgen, bei Befall des Gehirns auch mittels der schon länger eingesetzten[45] Liquordiagnostik. In der Schwangerschaft werden monatliche Kontrollen empfohlen.[22][46] Eine einmal überstandene Syphilis schützt jedoch nicht vor einer erneuten Infektion, da durch die Erkrankung keine überdauernden Antikörper gegen den Erreger entstehen und somit auch keine Immunität ausgebildet wird.[47] Prävention[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Gegen die Syphilis gibt es keine Impfung,[35] auch wenn um 1850 bereits Impfversuche in Würzburg[48][49] unternommen worden sind. Durch die Anwendung von Kondomen beim Geschlechtsverkehr kann die Übertragungswahrscheinlichkeit der Syphilis und anderer Geschlechtskrankheiten wesentlich verringert werden. Wegen der gleichen Ansteckungswege tritt eine Syphilis-Erkrankung oft gemeinsam mit einer HIV-Infektion auf, es sollten also bei Vorliegen einer sexuell übertragbaren Erkrankung immer andere mit geprüft und ausgeschlossen werden. Die Benachrichtigung und serologische Untersuchung des Partners des Erkrankten bezeichnet man als Partner-Tracing.[50] Eine Übertragung der Syphilis ist auch beim Oralverkehr möglich. Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ursprung der Syphilis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Über den Ursprung der Syphilis herrschte lange Zeit Uneinigkeit. Durch frühe Beschreibungen bei den Teilnehmern von Kolumbus zweiter Amerikareise und in zeitlicher Nähe der Reisen wurde angenommen, die Syphilis sei aus Amerika eingeschleppt worden (vgl. Columbian Exchange) und vorher in anderen Kontinenten völlig unbekannt gewesen. Spätere Forschung legt nahe, dass vermutlich weniger gefährliche Formen der Syphilis schon mindestens in der Antike in Europa bekannt waren. Vermutlich wurde jedoch ein südamerikanischer Stamm durch die spanischen Entdeckungsfahrten neu eingeschleppt, an den die europäische Bevölkerung über keine Anpassung verfügte (siehe unten). Bei den Azteken wurden bereits vor dem Eintreffen der Europäer Symptome der Syphilis[51] beschrieben. Mit dem Wort Syphilis waren im 16. Jahrhundert möglicherweise neben der durch Treponema pallidum verursachten Krankheit auch andere Treponematosen wie Frambösie und Pinta gemeint. Auch die Gonorrhoe wurde manchmal noch nicht von der Syphilis unterschieden. Auch damalige Verwechslungen mit der Lepra (dem Aussatz ) sind in einigen Fällen nicht ausgeschlossen.[52][53] Ausbreitung Ende 15. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Joseph Grünpeck: Das Christuskind straft die Menschheit mit Syphilis (Holzschnitt 1496) Ab dem Jahr 1493, in dem Christoph Kolumbus von seiner ersten Amerikaexpedition zurückkehrte, fielen in spanischen Hafenstädten wie Barcelona mehrere Fälle einer damals als neuartig erscheinenden Erkrankung auf. Der spanische Arzt Ruy D az de Isla hatte erste Fälle unter den 1496 zurückgekehrten Teilnehmern der zweiten Reise von Kolumbus ausgemacht. Von ihm ist die erste Beschreibung von Syphilis-Symptomen überliefert worden,[54] denn die Flotte des Kolumbus war mit 17 Schiffen und etwa 1.500 Mann Besatzung ausgestattet. Die von 1495 bis 1500 als Geschlechts- und Volkskrankheit erkannte[55] Erkrankung, die zunächst als Mischinfektion aus Treponema pertenue und Treponema pallidum bei der Frambösie, vor allem durch böse Blattern (verkrustende Papeln), Geschwüre mit ausgedehntem Gewebeverlust und Knochenhautentzündungen am Kopf, im Nasen-Rachen-Raum und an den langen Röhrenknochen auffiel, die ihrerseit zu Umbauprozessen und Zerstörungen am knöchernen Skelett sowie an den Gelenken führten,[56] verbreitete sich rasch in den Hafenstädten des westlichen und mittleren Mittelmeeres, so auch in Neapel, das damals zur Krone von Aragonien gehörte und somit einen direkten personellen Austausch mit Barcelona hatte. 1494 brach der französische König Karl VIII. mit einem zusammengewürfelten, mehrheitlich aus in Burgund rekrutierten Söldnern bestehenden Heer nach Italien auf, um seine Erbansprüche auf das Königreich Neapel durchzusetzen. Nach einer kurzen Belagerung wurde Neapel am 22. Februar 1495 eingenommen. Bereits im Frühsommer 1495 gab Karl VIII. Neapel jedoch wieder auf, da er eine Einkesselung durch seine Gegner befürchten musste. Während der Besatzung Neapels war es zu einem ersten größeren Syphilisausbruch unter den Truppen Karls gekommen, der sich nach dem Rückzug ab Oktober 1495[57] auf Mittel- und Norditalien sowie die Herkunftsländer der Söldnertruppen ausweitete. Die italienischen Ärzte nannten in der Folge die vor allem durch Geschwüre auffallende Krankheit Franzosenkrankheit (morbus gallicus), die französischen Mediziner sprachen von einer italienischen Krankheit. Bemerkenswert war die hohe Virulenz des Erregers. In der Folge des Syphilisausbruches von Neapel und der 1494/1495 Durchseuchung im Raum des Tyrrhenischen Meers überzog innerhalb von fünfzig Jahren eine Syphilis-Epidemie die Alte Welt. So wurde 1496 beispielsweise die etwa 20.000 Einwohner zählende Stadt Straßburg davon befallen. Von dem Prediger Johann Geiler von Kaysersberg wurde die Krankheit allerdings als Blattern bezeichnet.[58] Die Epidemie schwächte sich dann aber infolge eines Virulenz-Verlustes deutlich ab und setzte sich auf unterschiedlich hohem Niveau bis in die heutigen Tage fort. Obwohl der Tessiner Rechtsgelehrte Franz Muralt bereits 1495 in Comenses Annalia den Verdacht äußerte, dass Sexualkontakte bei der Übertragen der Krankheit eine bedeutende Rolle spielen, setzte sich die Erkenntnis erst nach 1499/1500 durch.[59] Miasma-Theorie und astrologische Erklärung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In Deutschland war in der frühen Neuzeit die Miasma-Theorie verbreitet. Man glaubte, so auch geschildert in dem Syphilis-Gedicht (Buch 1, Verse 220 ff.) von Fracastoro, für den die astrale Ätiologie der Syphilis feststand, dass die seltene Konjunktion der Planeten Saturn und Jupiter am 25. November 1484 im Zeichen des Skorpions und Hause des Mars die Ursache der Epidemie gewesen sei. Der gute Jupiter unterlag den bösen Planeten Saturn und Mars und das Zeichen des Skorpions, dem die Geschlechtsteile untergeben sind, erklärt, weshalb die Genitalien der erste Angriffspunkt der neuen Krankheiten waren. [60][61][62] Verschmelzungstheorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Paracelsus[63] glaubte an die Entstehung durch den Geschlechtsakt eines leprösen Mannes mit einer tripperkranken Frau. Letztlich war eine religiöse und sozialkritische Erklärung der Syphilis, dass es sich bei dieser Erkrankung um eine Geißel Gottes für die notorischen Sünden der Welt handele. Kolumbus-Theorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der österreichische Arzt Leonhardus Schmaus folgerte 1518 aus der Tatsache, dass die Syphilis durch das amerikanische Guajak-Holz, welches möglicherweise schon vor 1504 in Spanien bekannt war, geheilt wird, die Krankheit müsse aus Amerika stammen.[64][65] Der spanische Arzt Ruy D az de Isla verfasste zwischen 1510 und 1520 einen Bericht, der erst 1539 veröffentlicht wurde. Darin beschrieb er, dass er im Jahr 1493 einige Mitglieder von Kolumbus Schiffsmannschaft nach ihrer Rückkehr aus Mittelamerika wegen syphilitischer Geschwüre behandelt habe. Diese Art von Geschwüren habe er vorher nie in seiner Praxis gesehen. Er schloss daraus, dass diese neue Krankheit von der Insel Hispaniola (Dominikanische Republik und Haiti) nach Europa importiert worden sei.[66] Auch Gonzalo Fern ndez de Oviedo, der von 1514 bis 1556 achtmal den Atlantischen Ozean überquerte und 42 Jahre in Mittelamerika zubrachte, schrieb in seiner Historia general y natural de las Indias Occidentales , es sei sicher, dass die Erkrankung aus Westindien stamme und von den Seeleuten des Kolumbus nach Europa gebracht wurde.[67] Bartolom de las Casas, ein Gegner von Oviedo in Beziehung auf dessen Stellung zu der Behandlung der Indianer, bezeugte trotzdem ausdrücklich Oviedos These vom amerikanischen Ursprung der Syphilis.[68] Noch Jean Astruc bekräftigte die Kolumbus-Theorie in seiner zuerst 1736 erschienenen umfangreichen Abhandlung über die Geschlechtskrankheiten, welche bis weit ins 19. Jahrhundert als Referenzwerk galt.[69] Präkolumbische Theorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der italienische Humanist Niccol Leoniceno hatte bereits 1497 erklärt, dass die Beschreibung ulcerierender Erkrankungen des Penis durch antike Autoren den Schluss zuließen, dass es sich bei der Syphilis um eine sehr alte europäische Erkrankung handele.[70] Unter Bezug auf Leoniceno argumentierten der portugiesische Arzt Ant nio Nunes Ribeiro Sanches (1752)[71][72] und der deutsche Arzt Philipp Gabriel Hensler (1790)[73] im ausklingenden 18. Jahrhundert gegen die Kolumbus-Theorie. Der Engländer Simon Mays gründet eine zunächst heftig umstrittene präkolumbische Theorie auf Knochenfunde, die auf die Zeit von 1296 bis 1445 datiert wurden. Spezifische Veränderungen an den Knochen lassen seiner Ansicht nach mit großer Sicherheit auf eine Infektion mit Syphilis schließen. Die bedeutendsten Funde dieser Art stammen aus Riverhall, Essex, in England. Demnach trat die Syphilis also bereits deutlich früher als 1495 zuerst in England auf. Weiterhin wurden im Bereich der Kirche eines zerstörten Klosters der englischen Hafenstadt Kingston upon Hull drei Skelette gefunden, die nach Ansicht der Experten eindeutige Spuren einer fortgeschrittenen Syphiliserkrankung aufweisen.[74][75] Durch diese Befunde wurde die Forschung motiviert, nunmehr intensiver in Europa nach weiteren Spuren der Syphilis aus der Zeit vor 1495 zu suchen. In Süditalien entdeckten Archäologen bei Ausgrabungen in Metapont, einer griechischen Siedlung aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., viele Knochen mit den klassischen Anzeichen der Syphilis. Dabei konnte erstmals auch in Europa bei einem Kinderskelett an den zugehörigen Zähnen eine nur von der Syphilis verursachte Querfurche nachgewiesen werden. Solche Zahnspuren entstehen nur, wenn ein Kind von seiner Mutter während der Schwangerschaft oder unter der Geburt mit dem Erreger der Syphilis infiziert worden ist.[76] Sowohl bei der Suche nach Anzeichen dieser Erkrankung in Pompeji als auch bei Knochenfunden aus dem 13. Jahrhundert in der Türkei[77] wurde man ebenfalls fündig. Diese Funde schienen zu belegen, dass die schwere Erkrankungsform der Syphilis in Europa auch schon lange vor dem 15. Jahrhundert anzutreffen und nicht erst von den Conquistadoren aus Lateinamerika eingeschleppt worden war.[78][79] Bei einer genaueren Durchsicht der Publikationen von bis dahin 54 Fällen einer angenommenen Syphilisinfektion in der Alten Welt vor Kolumbus kamen andere Forscher jedoch zu dem Ergebnis, dass entweder die diagnostischen Kriterien einer tertiären Syphilis bei strikter Prüfung nicht erfüllt waren, oder dass in den Fällen mit tatsächlicher Kriterienerfüllung die Radiokohlenstoffdatierungen durch den sogenannten Reservoireffekt verfälscht waren.[80][81] Bei Ausgrabungen am Domplatz in St. Pölten konnten Forscher des Departments für Gerichtsmedizin und des Zentrums für Anatomie und Zellbiologie (Knochenlabor) der MedUni Wien mehrere Fälle von wahrscheinlich kongenitaler Syphilis aus der Zeit zwischen 1320 und 1390 morphologisch (strukturell) nachweisen, wobei Veränderungen des Gebisses von Skeletten aus dem 14. Jahrhundert als Grundlage dienten. Wir konnten die so genannten Hutchinson-Zähne mit zentralen Einkerbungen und konvergierenden Rändern sowie die Maulbeer- oder Knospenform bei Mahlzähnen nachweisen, die charakteristisch für die Syphilis sind , erklären die Studienautoren Kanz und Großschmidt (Abteilung für Zell- und Entwicklungsbiologie). Der morphologische Nachweis soll nun im nächsten Schritt sowohl molekularbiologisch als auch mithilfe der Proteomik untermauert werden. Vor allem aus der proteomischen Untersuchung erwarten sich die Wissenschaftler weitere Rückschlüsse, da die DNA der Syphilis sehr schnell zerfällt.[82] Kombinationstheorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Auch der Ansatz, dass der Syphilis-Erreger in verschiedenen pathogenen Stämmen sowohl in der Alten als in der Neuen Welt vor Kolumbus existierte, wurde verfolgt.[83] Durch molekularbiologische Untersuchungstechniken gewonnene Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass von den Schiffsbesatzungen der spanischen Entdecker erstmals ein südamerikanischer Stamm des Bakteriums Treponema pallidum nach Europa eingeschleppt wurde. Dieser hat sich anschließend sehr schnell ausgebreitet, da die europäische Bevölkerung an diesen Erregerstamm keinerlei Anpassung aufwies.[84][85] Weiterhin gibt es Hinweise, dass die Syphilis in einer harmloseren Form, als Hautkrankheit, schon im alten Griechenland oder im präkolumbischen Amerika existierte, und die Wissenschaftler vermuten, dass der Erreger im Verlaufe der frühen Menschheits- und Zivilisationsentwicklung bei zunehmender Anwendung von Körperpflege (Hygiene) weltweit in den verschiedenen Kulturen zu der für den Menschen so gefährlichen Form der Syphilis mutierte. Eine neue Studie bekräftigt diese Theorie.[86][87] Beschreibungen der Syphilis Ende 15. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Titelblatt des Buches von Bartholomäus Steber (Wien 1498) Im ausgehenden 15. Jahrhundert wurde die als nuova peste mit dem Schwarzen Tod verglichene Syphilis bzw. Frambösie[88] wiederholt in gedruckten Traktaten beschrieben. Der erste gedruckte medizinische Text datiert von 1495. Die ersten zehn Traktate über die Syphilis (in den deutschsprachigen Texten[89] auch als Französische Krankheit[90] bezeichnet) stammen noch aus den letzten fünf Jahren des 15. Jahrhunderts. Druckorte waren die ersten Ausbreitungsgebiete der neuen Seuche: Italien, Deutschland und Spanien. Der erste französische Traktat folgte 1501.[91] Konrad Schelligs Consilium 1495 oder 1496 stand am Anfang. Es folgten Grünpecks Tractatus de pestilentia scorra von 1496.[92] Der bedeutende Humanist und Arzt Niccol Leoniceno aus Vicenza ging ab 1495 in seinen Vorlesungen an der Universität Ferrara auf die Epidemie ein. 1497 veröffentlichte er in Venedig die erste wissenschaftliche Abhandlung über die Krankheit, die er als Morbus gallicus ( gallische Krankheit ) bezeichnete.[93] Leoniceno empfahl eine topische Anwendung von Quecksilbersalzen, da er von einer Erkrankung der Haut ausging. Die Empfehlung der Quecksilberanwendung bei Hauterkrankungen wurde von ihm aus arabischen Quellen übernommen. Noch 1497 erschienen der Tractatus de pustulis des schwäbischen Leibarztes Johannes Widmann und De morbo quem Gallicum nuncupant von Corradino Gilino. 1498 folgten Bartholomäus Stebers A malafranzos, morbo Gallorum, praeservatio et cura, Natale Montesauros De dispositionibus, quas vulgares mal franzoso appellant, Antonio Scanarolis Disputatio utilis de morbo Gallico und des spanischen Hofarztes Francisco L pez de Villalobos umfangreiche Monographie Somario de la medicina con un tratodo sobre las pestiferas bubas über die Syphilis. L pez de Villalobos berichtete den 1495 bereits vermuteten[94] sexuellen Übertragungsweg, die Hautmanifestationen und die Spätkomplikationen der Erkrankung. Auch er empfiehlt die topische Anwendung von Quecksilbersalzen. Als zweites verbreitetes Mittel gegen die Syphilis kam im 16. Jahrhundert das Guajakharz (siehe unten) zum Quecksilber hinzu.[95] Vorherige Behandlungsversuche etwa mit Vermeidung von Sumpfgebieten, mit Aderlass, mit Anwendung von Thymian, Meerzwiebeln oder Koloquinten bleiben meist wirkungslos.[96] Am 25. Februar 1500 schilderte Valentin Krauss (genannt Crusius), ein Arzt, Senator und Stadtrichter aus Kronstadt in Siebenbürgen in einem Brief an Conrad Celtis die ersten Syphilisfälle Kronstadts (So schrieb er Gallus apud nos primum incipit saevire atrociter ).[97] Abgrenzung von der Gonorrhoe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Unterschied zwischen Harnröhrenausfluss und Samenfluss war bereits dem persischen Arzt Haly Abbas im 10. Jahrhundert bekannt.[98] Der schottische Chirurg und Anatom John Hunter (1728 1793) versuchte 1767 in einem Aufsehen erregenden Selbstversuch, Syphilis und Gonorrhoe als unterschiedliche Ausformung einer einzigen Krankheit zu belegen, indem er Eiter aus der Harnröhre eines Tripperkranken mit einem Skalpell in seinen eigenen Penis einbrachte. Aufgrund eines methodischen Fehlers (der Spender war mit beiden Erkrankungen infiziert) glaubte Hunter, der typische syphilitische Symptome entwickelte, den gemeinsamen Ursprung bewiesen zu haben. Der Irrtum wurde erst fünfzig Jahre später aufgedeckt, jedoch wurden noch im 19. Jahrhundert von Geschlechtskrankheiten verschiedener Art betroffene Patienten als Syphilitische bezeichnet.[99] Hunter starb 1793 an den Spätfolgen seines Experimentes. Dass es sich bei Syphilis und Gonorrhoe um unterschiedliche Erkrankungen, wovon 1774 auch der Mediziner Johann Clemens Tode überzeugt[100] war, und bei der Gonorrhoe um eine eigenständige Krankheit handelt, wurde erstmals 1837 durch den französischen Arzt Philippe Ricord nachgewiesen und 1838[101] publiziert.[102] Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die syphilitische und die gonorrhoische Erkrankung als morbus venereus (bzw. Lustseuche [103]) zusammengefasst.[104][105] Der an der Universität Breslau angestellte Assistenzarzt Albert Neisser entdeckte im Jahre 1879 erstmals die Gonokokken im Urethralabstrich eines Patienten.[106] Neuere Geschichte der Erkrankung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Diagnostische Verfahren und Erregernachweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Fritz Schaudinn und Erich Hoffmann gelang 1905 der erste mikroskopische Nachweis der Treponemen,[107] die Reinzüchtung des Syphiliserregers Treponema pallidum erstmals 1911 dem japanischen Bakteriologen Noguchi Hideyo.[108] Der Japaner war es auch, der zwei Jahre später erstmals einen Zusammenhang zwischen der Infektion mit Treponema pallidum und der progressiven Paralyse sowie Tabes dorsalis herstellen konnte, da er die Treponemen im Gehirn und im Knochenmark nachgewiesen hatte.[109] August Wassermann, Albert Neisser und Carl Bruck entwickelten 1906 ein auf der Arbeit von Jules Bordet[110] aufbauendes Nachweis-Verfahren (Wassermann-Test zur Überprüfung auf die Wassermannsche Reaktion oder Wassermannsche Syphilisreaktion), bei welchem bei der Syphilis in Blut oder Liquor cerebrospinalis auftretende Antikörper (Reagine)[111] mit Cardiolipin reagierten, das aus Rinderherzen gewonnen wurde.[112][113] Die Wassermannsche Reaktion stellt eine Modifikation der Komplementbindungs-Reaktion dar, die von Jules Bordet und Octave Gengou entwickelt wurde. Erstmals stand damit eine serologische Möglichkeit[114] zur Verfügung, eine Syphilis-Infektion frühzeitig zu diagnostizieren.[115] Der Nachweis mit diesem Verfahren ist jedoch relativ unspezifisch und produzierte viele falsch-positive Ergebnisse. In den 1930er Jahren entwickelte William Augustus Hinton den Hinton-Test, der auf Flockung beruht und etwas spezifischer war. Beide Nachweismethoden sind heute durch modernere Verfahren ersetzt. Entwicklung von Behandlungsverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Titelblatt von Besnards Warnschrift über die Behandlung der Syphilis mit Quecksilber, 1811 Die Syphilis wurde bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem mit dem giftigen Quecksilber behandelt, mit dem man den Körper des Erkrankten großflächig bestrich, was neben anderen unerwünschten Wirkungen gewöhnlich zu einem vollständigen Ausfall der Körperbehaarung sowie sämtlicher Zähne führte und den rapiden Verfall sämtlicher Körperfunktionen einleitete (siehe auch Quecksilbervergiftung),[116] oder aber mit der Pastille Pilula hydrargyri, im Englischen auch als blue mass bezeichnet, einem im 17. bis zum 19. Jahrhundert auf Quecksilber basierenden Medikament. Bereits 1783 und nochmals 1811 publizierte der Mediziner Franz Joseph von Besnard (1749 1814), Leibarzt des Königs von Bayern, Warnschriften vor dieser gefährlichen Therapie. Neben der Behandlung mit Substanzen wie Quecksilber und Kalomel wurden sogar Lösungen von Quecksilber(II)-chlorid zur Syphilistherapie ab den 1880er Jahren auch in die Haut (subkutan)[117] gespritzt.[118][119] Das Quecksilber war bereits mehrere Jahrhunderte zuvor als mehr oder weniger wirksames Therapeutikum gegen Lepra und verschiedene andere Hauterkrankungen angewandt worden. Konrad Schilling (1448 1508) war textlich der Erste, der in seinem Werk Consilium in morbum gallicum (um 1488 1496) über die externe Quecksilber-Therapie bei der Syphilis berichtete. Hiernach wurde auch von anderen Ärzten, so Antonio Benivieni (1440 1502), der in Florenz herausgefunden hatte, dass Syphilis von der Mutter auf das Kind übertragen werden kann,[120] Hieronymus Fracastorius (1478 1553), Pedro Pintor (1423 1503) und Johannes Widmann (1440 1524), über den erfolgreichen Einsatz des Quecksilbers als Externa geschrieben. Später führten auch Bader und Quacksalber diese Therapieform durch. Die Quecksilber-Applikation erfolgte zumeist in Form von Einreibungen (etwa mit der grauen Quecksilbersalbe und anderen quecksilberhaltigen Salben[121]), durch orale Aufnahme sowie auch durch Inhalation der Räucherungen mit Quecksilber. Die südamerikanischen Indianer verfügten über eine kombinierte Syphilistherapie, die ihnen in der Regel auch Heilung verschaffte, denn die Krankheit verlief bei ihnen weniger schwer als bei Europäern. Sie verwendeten Abkochungen aus dem Holz oder der Rinde des Guajakbaumes (Guaiacum officinale und G. sanctum) oder der Sarsaparillewurzel (Smilax regelii u. a. Arten) in Kombination mit einem Schwitzbad und einer Fastenkur. Das Schwitzbad, dem sich die Indianer nach Einnahme von Guajak unterzogen, bestand in einer gezielten Heißbedampfung der äußeren Genitalien. Der deutsche Humanist Ulrich von Hutten, der die bereits Fracastoro bekannten schlafraubenden Knochenschmerzen (dolores osteocopi nocturni) schilderte, erprobte diese Methode im Selbstversuch und beschrieb sie in seinem 1519 erschienenen Werk De guajaci medicina et morbo gallico liber unus ( Über das Medikament Guajak und die gallische Krankheit ). Tatsächlich trat durch die Behandlung zeitweilig eine Verbesserung ein, Hutten ging aber wohl dennoch an der Syphilis zugrunde. Die Therapie der Syphilis mit der Holzkur [122] wurde auch um 1710[123] noch durchgeführt. Das Guajakholz und dessen Entdeckung durch Ureinwohner der neuen Welt mit Hilfe der Nymphe Ammerice auf der Insel Ophyre (angelehnt an das antike Ophir) wird auch im dritten Buch von Fracastoros 1530 erschienenen Lehrgedicht über Syphilis als Heilmittel genannt.[124] Auch Lobelin, ein im Indianertabak ( Lobelia syphilitica ) enthaltenes Alkaloid, fand als Antisyphilitikum[125] Verwendung bei Syphilis.[126] 1892 verursachte Albert Neisser einen der ersten deutschen Medizinskandale, indem er auf der Suche nach einer Serumtherapie Krankenhauspatientinnen mit Syphilis angesteckt hatte.[127] Bereits 1844 hatte Joseph-Alexandre Auzias-Turenne (1812 1870), ein in Pertuis geborener Assistent von Philippe Ricord in Paris, über seine Tierversuche zur Übertragung der Syphilis berichtet, woraus er eine Theorie zur prophylaktischen Syphilisation ableitete. An die Wirksamkeit dieser falschen[128] Hypothese, deren praktische Anwendung in französischen Krankenhäusern ihm jedoch verboten wurde, glaubte er bis zu seinem Tod.[129] Paul Ehrlich Den Stand der therapeutischen Möglichkeiten Ende des 19. Jahrhunderts fasste der österreichische Hautarzt Eduard Lang (1841 1916) zusammen.[130] Versuche mit Arsenpräparaten wie Atoxyl und Arsacetin sowie dem nur im Tierversuch erfolgreichen Präparat 418 (Arsenophenylglycin), die 1907/1908 durch Paul Uhlenhuth und Paul Ehrlich entwickelt und getestet worden waren, scheiterten vor allem an den schwerwiegenden Nebenwirkungen.[131] 1909 entwickelten Sahachiro Hata und Paul Ehrlich die organische Arsenverbindung Arsphenamin (Salvarsan), mit der erstmals eine gezielte chemotherapeutische Behandlung der Syphilis versucht wurde.[132][133] In den Folgejahren wurden mit dem Ziel besserer Verträglichkeit Abkömmlinge der Substanz entwickelt, so zum Beispiel Neosalvarsan und Solusalvarsan sowie Spirotrypan. Eine weitere Arsenverbindung, die in den USA zeitweise zur Behandlung der Neurosyphilis eingesetzt wurde, war das von Walter Abraham Jacobs und Michael Heidelberger am Rockefeller Institute for Medical Research entwickelte Tryparsamid. Ein weiterer Salvarsanabkömmling war die Arsenverbindung Neo-Arsoluin.[134] Die Arsenpräparate wurden Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend von modernen Antibiotika wie dem Penicillin verdrängt, das bis heute die Behandlungsgrundlage der Syphilis darstellt.[135] Ehrlich suchte gezielt nach einem Medikament, zu dessen Wirksamkeit er zuerst eine Theorie entwickelte. Kern seiner Theorie war, dass die für die Immunabwehr zuständigen Zellen bestimmte Rezeptoren besäßen, an die Gifte oder Erreger andocken sollten, was schließlich die Produktion von Antikörpern auslöse. Erreger und Rezeptor passten dabei zueinander wie ein Schlüssel in das Schloss. Ehrlichs Idee war, dieses Prinzip umzukehren und für die Bekämpfung des Krankheitserregers zu nutzen. Es galt, die Rezeptoren des Erregers aufzuspüren, an die nun nicht Antikörper, sondern Medikamente andocken sollten, um ihre tödliche Giftfracht in das Bakterium einzuschleusen. Der Erreger würde nun mit chemischen Stoffen traktiert, und gleichzeitig sollten körpereigene Zellen möglichst wenig in Mitleidenschaft gezogen werden. Auf der Grundlage dieses theoretischen Konzepts prüften Ehrlich und sein Assistent über 600 Arsenverbindungen auf die geforderten Eigenschaften hin, bis ihnen im September 1909 der entscheidende Durchbruch gelang[136]. Die Verbindung mit der chemischen Bezeichnung m-Diamino-p-dioxyarseno-benzoldichlorhydrat erzielte bei Tierversuchen verblüffende Ergebnisse. Zum ersten Mal schien es möglich, die Syphilis wirkungsvoll zu behandeln. Schon bald erwies sich, dass das Medikament Salvarsan zu schwersten Nebenwirkungen führte. Überdies wurde es bei falscher Lagerung giftig. Ehrlich optimierte das Medikament. 1911 gelang es, ein Salvarsanpräparat herzustellen, das nur noch knapp 20 % Arsen enthielt, in seiner Wirkung aber auch schwächer als das alte Salvarsan war. Zwischen 1914 und 1930 wurde (etwa durch Carl Voegtlin 1923[137]) die Relevanz der Tierversuche aus dem Speyer-Haus bezweifelt und Salvarsan von verschiedenen Autoren als toxisch und grundsätzlich gefährlich für den Menschen eingestuft.[138][139][140] Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand man heraus, dass Treponema pallidum Temperaturen von über 41 C nicht überlebt. 1917 impfte der Österreicher Julius Wagner-Jauregg, Direktor der Niederösterreichischen Landesheil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke in Wien, neun an Progressiver Paralyse erkrankte Patienten mit dem Blut eines Malaria-Kranken. Er beobachtete eine Wirkung, die erheblich günstiger war als bei allen bisher eingesetzten Therapieverfahren, und arbeitete eine mit Arsphenamin kombinierte Vorgehensweise aus (Malariatherapie), für deren Entdeckung ihm 1927 der Nobelpreis für Medizin verliehen wurde.[141] Die Effektivität der Behandlung von Syphilis mit Penicillin wurde zuerst 1943 von John F. Mahoney in den USA nachgewiesen; bereits 1944 war die Behandlung in den US-Streitkräften eine Standardtherapie.[142][143] Tuskegee-Syphilis-Studie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Untersuchung im Rahmen der Tuskegee-Syphilis-Studie Hauptartikel: Tuskegee-Syphilis-Studie In Tuskegee in den USA wurde von 1932 bis 1972 eine Langzeitstudie durchgeführt,[144] in welcher an etwa 400 schwarzen und gleichzeitig meist armen und analphabetischen Einwohnern mit bekannter Syphilis die Spätfolgen der unbehandelten Infektion beobachtet werden sollten. Dabei wurde den Probanden auch nach der verbreiteten Einführung der Penicillin-Therapie ab 1947 diese bewusst vorenthalten; die beobachteten Personen wurden weder über die Studie selbst informiert noch darüber, dass in der Zwischenzeit eine effektive Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung stand. Nachdem im Juli 1972 die Presse über den Versuch berichtet hatte, wurde die Studie von einer eigens eingesetzten Kommission als ethisch ungerechtfertigt bewertet und im Herbst desselben Jahres abgebrochen.[145] Im Jahr 2010 wurde ein weiterer Syphilis-Menschenversuch bekannt, der von den USA in Guatemala 1946 bis 1948 finanziert und durchgeführt worden war.[146] Politisierung des Syphilis-Begriffs[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Ab dem 19. Jahrhundert, insbesondere im Nationalsozialismus, wurde der Begriff der Syphilis antisemitisch, antifeministisch und rassistisch aufgeladen. Die Syphilis wurde zur Chiffre für als dekadent wahrgenommene zivilisatorische Entwicklungen. Die Syphilisation oder Syphilisierung wurde zum antisemitischen Code einer angenommenen Vergiftung des Volkskörpers . Dieser Sprachgebrauch wurde beispielsweise in Propagandamaterial der Nationalsozialisten verwendet und auch von Hitler selbst mehrmals aufgegriffen. Besonders der Syphilis gegenüber kann man das Verhalten der Volks- und Staatsleitung nur mit vollkommener Kapitulation bezeichnen , heißt es hierzu in Mein Kampf (1933; S. 269), ehe dann Klartext folgt im Blick auf Kommendes, zusammenfassend geredet: Von der Syphilis und der in ihr sich dokumentierenden Rücksichtslosigkeit im geschlechtlichen Verkehr sowie der Kosten derselben bei unheilbar Erkrankten führt ein gerader Weg in die Euthanasie und nach Auschwitz.[147] Dabei verband man die Syphilis mit einem modernen, zumal bei französischen Literaten um Jules de Goncourt, der 1870 der Syphilis erlag,[148] sowie seinen Bruder Edmond de Goncourt verbreiteten Lebensstil, der zumindest der Idee nach z. B. vom 1889 in Turin zusammengebrochenen Syphilitiker Friedrich Nietzsche[149] oder dem Schriftsteller Guy de Maupassant aufgegriffen wurde. Einem derartigen Lebensentwurf wurde eine völkische und rassenhygienische Sicht einer deutschen Kultur entgegengesetzt. Dabei wurden insbesondere Verbindungen zwischen einem libertären Sexualleben in Großstädten und der Krankheit hergestellt.[150] Heutzutage findet sich eine Wiederaufnahme des Konzeptes um versifft[151] in der Verwendung des rechten Kampfbegriff linksversifft (bzw. linksgrünversifft ).[152] Dieser wurde zunächst von dem rassistischen Portal PI-News geprägt und später u. a. von dem rechten Autor Akif Pirin ci und dem rechten Blog Die Achse des Guten übernommen. Auch von dem damaligen AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen wurde diese Begrifflichkeit in einer Rede 2016 verwendet.[152] Die Syphilis in der Kunst[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Auseinandersetzung mit der Syphilis entstand bei vielen Autoren, angefangen bei Hutten allein schon aus dem Motiv der Selbstbetroffenheit. Sebastian Brant: De pestilentiali scorra sive mala de Franzos lateinisches Flugblatt von 1496, gewidmet Johannes Reuchlin.[153] Eine Umdichtung dieses Gedichts über die pustulöse Pest oder die wilden Warzen verfasste der Dermatologe und Medizinhistoriker Ernst Alfred Seckendorf, und auch in Dichter und Ärzte[154] von Raphael Finckenstein findet sich auf S. 74 76 eine Übersetzung.[155] Die Hymne Carmen [ ] ad clementissimam dominam nostram Mariam von Conrad Reitter, erschienen in Mortilogus. F. Conradi Reitteri Nordlingensis Prioris monasterii Caesariensis Epigrammata ad eruditissimos vaticolas (Augsburg 1508) und übersetzt von Seckendorf ( Des J. Conrad Reitter Hymnus an unsere liebliche Herrin Maria, daß sie uns unversehrt vor der gallischen Krankheit bewahre [156]).[157] Das Lehrgedicht des Fracastoro aus dem 16. Jahrhundert Syphilidis sive morbi gallici libri tres reiht sich in vergleichbare didaktische Schriften der Renaissance ein. Als eigenständiges wiederkehrendes literarisches Motiv taucht die Syphilis erstmals im 17. Jahrhundert in den Schelmenromanen der Barockliteratur auf z. B. bei Grimmelshausen, der seine Courasche an Syphilis erkranken lässt. (Simplicius hingegen erkrankt nicht an Syphilis, sondern an Pocken.) Die gelungenste Darstellung im 18. Jahrhundert ist die Figur des Pangloss in Voltaires Candide. Voltaire erdichtet dazu als Satire auf adelige Stammbäume eine lückenlose Infektionskette seit Kolumbus. Pangloss entwickelt gar eine Rechtfertigung der Syphilis in der besten aller Welten. In seinem Drama Gespenster (1881) erzählt Henrik Ibsen die Geschichte der Frau Alving, Witwe eines Hauptmanns und Kammerherrn, der an Syphilis starb. Obwohl die Familie, die er angesteckt hatte, großes Leid durchmacht, hält die Witwe die tatsächlichen Umstände seines Todes geheim. Oskar Panizza, der 1894 auch über Syphilisfälle am päpstlichen Hof[158] berichtete, greift im selben Jahr in seiner Himmelstragödie Das Liebeskonzil auf die spätmittelalterliche Auffassung der Syphilis als Gottesstrafe zurück und wird wegen vermeintlicher Blasphemie abgestraft.[159] In seinem Roman Doktor Faustus (1947) lässt Thomas Mann einen Komponisten sich bewusst mit Syphilis infizieren um der genialen Inspiration willen, die er sich von der syphilitischen Gehirnaffektion verspricht. In dem Roman tritt diese Steigerung auch ein. Danach fällt der so Genialisierte für den Rest seines Lebens in geistige Umnachtung. Thomas M. Disch greift dieses Motiv in seinem 1968 erschienenen Science-Fiction-Roman Camp Concentration auf. Er beschreibt ein fiktives Experiment des US-amerikanischen Militärs, bei dem Forscher und andere Intellektuelle zur Steigerung ihrer geistigen Leistungsfähigkeit meist ohne ihr Wissen mit Syphilis infiziert werden.[160] Die naturalistische Schriftstellerin Clara Viebig behandelt in ihrem Berlin-Roman Die Passion (1925) den Lebensweg der jungen Eva, die von Geburt an Syphilis hat. Neben der Darstellung des Krankheitsverlaufes ist das Hauptmotiv die soziale Ausgrenzung, die das Mädchen dadurch erfährt, dass ihre Umwelt mit der als anrüchig geltenden Krankheit nicht umgehen kann. Ihr Lebenswille ist durch die permanente Diskriminierung bald gebrochen, und Eva stirbt schließlich mit 18 Jahren an Herzversagen. Wolf Serno beschreibt in seinem Roman Die Hitzkammer (auch erschienen als Hexenkammer) ausführlich die zwanzigtägige Behandlung einer Syphiliserkrankten mit einer Kombination aus Schwitzkur, Fasten und großflächiger äußerlicher Anwendung einer quecksilberhaltigen Salbe.[161] Im Debütfilm The Libertine von Laurence Dunmore erkrankt der Protagonist John Wilmot (Johnny Depp) an Syphilis. In dem Film Das stumme Duell (Originaltitel: Shizukanaru Ketto) von Akira Kurosawa erkrankt der Protagonist Dr. Kyoji Fujisaki (Toshir Mifune) an Syphilis. Im Roman Der stille Don von M. Scholochow erkrankt die Schwester des Hauptprotagonisten und Donkosaken Grigorij Melechow nach einer Affäre mit einem weißgardistischen Offizier an Syphilis. Nachdem sie aus Rücksicht auf die Familienmitglieder nur noch eigenes Geschirr benutzt und ihre Kleidung selbst wäscht, wird ihre Krankheit offenbar, die sie dann auch einräumt. Um die öffentliche Schande von der Familie fernzuhalten, geht sie nachts in den Don. Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Kaninchensyphilis Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 233 234. Birgit Adam: Die Strafe der Venus. Eine Kulturgeschichte der Geschlechtskrankheiten. Orbis, München 2001, ISBN 3-572-01268-6, insbesondere S. 17 21 und 28 111. Ernst Bäumler: Amors vergifteter Pfeil. Kulturgeschichte einer verschwiegenen Krankheit. Hoffmann & Campe, Hamburg 1976, ISBN 3-455-08962-3; Neudruck ebenda 1997. Iwan Bloch Der Ursprung der Syphilis: eine medizinische und kulturgeschichtliche Untersuchung. G. Fischer, Jena 1901, archive.org Das erste Auftreten der Syphilis (Lustseuche) in der europäischen Kulturwelt: Gewürdigt in seiner weltgeschichtlichen Bedeutung, dargestellt nach Anfang, Verlauf und voraussichtlichem Ende. Fischer, Jena 1904, Textarchiv Internet Archive Geschichte der Hautkrankheiten in der neueren Zeit. In: Max Neuburger und Julius Pagel (Hrsg.): Handbuch der Geschichte der Medizin. Band III, Fischer, Jena 1905, S. 393 463; Textarchiv Internet Archive Alois Geigel: Geschichte, Pathologie und Therapie der Syphilis. Stuber, Würzburg 1867. Werner E. Gerabek: Syphilis. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1371 1374. Malte König: Syphilisangst in Frankreich und Deutschland. Hintergrund, Beschwörung und Nutzung einer Gefahr 1880 1940. In: Malte Thießen (Hrsg.): Infiziertes Europa. Seuchen im langen 20. Jahrhundert. 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Dr. Daniel Turners, Mitglied des Collegii Medici in London, Syphilis oder Praktische Abhandlung von der Venus-Seuche in zweyen Theilen. Nebst Dr. Boerhavens Nachricht von der Gonorrhoea, auch anderen Zusätzen des Verfassers und einer Vorrede des Herrn Hofrath Heisters. Denen Deutschen Wund-Ärzten zum Nutzen aus dem Englischen übersetzet von einem der die Wundarzneney liebet. Deetz sehl. Wittwe und Runge, Zelle/ Leipzig 1754. Walther Schönfeld: Seit wann ist der Krankheitsname Syphilis allgemein gebräuchlich? In: Dermatologische Wochenschrift. Band 114, 1942, S. 193 ff. Walther Schönfeld: Einleitung. In: Girolamo Fracastoro: Syphilidis sive morbi gallici libri tres. Kiel 1960, S. 5 20, hier: S. 8. J. M. Stowasser u. a.: Der Kleine Stowasser: Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch. 2. Auflage. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1987, ISBN 3-209-00225-8. Gundolf Keil: Umgang mit AIDS-Kranken als Herausforderung an eine humane Gesellschaft. 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Auflage ebenda 1961, S. 1308 1311, hier: S. 1309 (Die Lues cerebrospinalis.). So schreibt Hans Henny Jahnn in seinem Roman Die Niederschrift des Gustav Anias Horn, nachdem er neunundvierzig Jahre alt geworden war. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1959, S. 7 8: Und die Lueskranken, die einen gewaltsamen Aufschwung ihrer Geisteskräfte erleben, wie wenn sich ein unerschöpflicher Born in ihnen aufgetan hätte. Sie sind gewalttätig, überströmend. Die Herren dieser Welt. Es gibt deren welche, die preisen die Krankheit als eine heilige. Keine hemmende Vernunft stellt sich zwischen sie und ihren geraden Weg zu den Zielen. Sie vermögen die Stunden der Nächte denen der Tage anzuhängen, ohne einer tiefen Ermüdung anheimzufallen. Flüchtige Gedanken sind ihnen gut genug, um eine Wahrheit daraus zu erstellen. Sie kennen nur den halben Zweifel und die ganze Überzeugung. Bis das Stottern über sie kommt, die Dämmerung, die den hohen Flug ihres Könnens verwischt. Friedrich Burkhardt: Mikrobiologische Diagnostik Bakteriologie Mykologie Virologie Parasitologie. Hrsg.: Birgid Neumeister, Heinrich K. Geiss, Rüdiger W. Braun, Peter Kimmig. 2. Auflage. Thieme, Stuttgart / New York 2009, ISBN 978-3-13-743602-7, S. 595 596. Gerd Herold: Innere Medizin. Hrsg.: Gerd Herold und Mitarbeiter. Selbstverlag, Köln 2017, ISBN 978-3-9814660-6-5, S. 887. Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Marburg 2009, S. 233. Gerd Herold: Innere Medizin 2009: eine vorlesungsorientierte Darstellung; unter Berücksichtigung des Gegenstandskataloges für die ärztliche Prüfung; mit ICD 10-Schlüssel im Text und Stichwortverzeichnis (= Herold innere Medizin.) Selbstverlag, Köln 2009. Theodor Kohrs: Liquorbefunde bei behandelte Syphilis. In: Dermatologische Zeitschrift. Band 32, 1921, S. 71 91. Diagnose und Therapie der Syphilis. In: Leitlinien der Deutschen STD-Gesellschaft. 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Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1960, S. 6. Birgit Adam: Die Strafe der Venus. Eine Kulturgeschichte der Geschlechtskrankheiten. 2001, S. 40. Vgl. auch Willem Frederik Robert Essed: Over den orsprung der syphilis. Amsterdam 1933, und dazu Gundolf Keil, Willem Frans Daems: Paracelsus und die Franzosen . Beobachtungen zur Venerologie Hohenheims, I: Pathologie und nosologisches Konzept. In: Nova Acta Paracelsica. Band 9, 1977, S. 99 151, hier: S. 114 117. Das Bakterium des Kolumbus. In: UZH News der Universität Zürich. Universität Zürich, 26. Juni 2019, abgerufen am 9. September 2024. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1960, S. 20. Gundolf Keil: Umgang mit AIDS-Kranken als Herausforderung an eine humane Gesellschaft. Statement zum Akquirierten Immun-Defizienz-Syndrom aus fachhistorischer Perspektive. In: Johannes Gründel (Hrsg.): AIDS. Herausforderung an Gesellschaft und Moral (= Schriften der Katholischen Akademie in Bayern. Band 125). 2. Auflage. Düsseldorf 1988, S. 31 41, hier: S. 37 38. Volker Zimmermann: Die beiden Harburger Syphilis-Traktate. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 7, 1989, S. 71 81, hier: S. 71. Klaus-Dieter Linsmeier: Seuchen. Nächstenliebe in Zeiten der Syphilis. In: Medizin im Mittelalter. Zwischen Erfahrungswissen, Magie und Religion (= Spektrum der Wissenschaften. Spezial: Archäologie Geschichte Kultur. Band 2.19), 2019, S. 74 75. Gundolf Keil: Umgang mit AIDS-Kranken als Herausforderung an eine humane Gesellschaft. Statement zum Akquirierten Immun-Defizienz-Syndrom aus fachhistorischer Perspektive. 1988, S. 38 39. Iwan Bloch: Ursprung der Syphilis. 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Dieser Artikel behandelt die Viruserkrankung. Zu weiteren Bedeutungen siehe Tollwut (Begriffsklärung).
Hundswut ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Zum Film siehe Hundswut (Film).
Klassifikation nach ICD-10
A82.-
Tollwut [Rabies]
A82.0
Wildtier-Tollwut
A82.1
Haustier-Tollwut
A82.9
Tollwut, nicht näher bezeichnet
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Die Tollwut (Kompositum aus „toll“, mittelhochdeutsch für „nicht bei Sinnen“, und „Wut“), auch Rabies (von lateinisch rabere, „toll sein“) und Lyssa (von griechisch Λύσσα, „rasend“) genannt, früher auch Hundswut, Wutkrankheit und Hydrophobia, ist eine seit dem Altertum bekannte akute Infektionskrankheit durch das Rabiesvirus, die bei gleichwarmen Tieren eine tödliche (infauste) Gehirnentzündung verursacht und in der Regel durch den Biss eines tollwutkranken Tieres übertragen wird.
Die meisten Säugetiere und viele Vogelarten können sich mit dem Rabiesvirus infizieren, auf Pflanzenfresser wird die Infektion aber seltener übertragen als auf Fleischfresser. Rotfüchse, Hunde, Katzen, Fledermäuse, Frettchen, Dachse, Waschbären und Wölfe waren bis zur weitgehenden Ausrottung der Krankheit durch die Wildtier-Schluckimpfung in Europa die klassischen Tollwutüberträger. Hauptüberträger war dabei der Rotfuchs, er ist bis heute das stereotype Bild eines tollwütigen Tieres mit Schaum vor dem Maul. Tollwut kann sich allerdings auch in einer „paralytischen“ Form zeigen, bei welcher sich das erkrankte Tier ruhig, zurückgezogen oder unnatürlich zahm verhält, ohne die übliche Scheu vor dem Menschen. Außerhalb Europas kommen weitere Arten als wichtige Überträger in Frage, beispielsweise stellen in Indien streunende Hunde eine Hauptinfektionsquelle dar.
2024/2025 kam es an Küsten Südafrikas zu einer Reihe bestätigter Fälle von Tollwut bei Robben. Eichhörnchen, andere Nagetiere und Kaninchen werden dagegen sehr selten angesteckt. Auch Vögel bekommen selten Tollwut, da ihre Körpertemperatur meist etwas oberhalb des Optimums für das Virus liegt. Womöglich überleben diese kleineren Arten räuberische Angriffe nur selten und erreichen damit gar nicht das erste Krankheitsstadium.
Nach einer Schätzung der WHO von 2018 sterben jährlich 59.000 Menschen an Tollwut, davon 60 % in Asien und 36 % in Afrika.[1] Indien ist das Land mit den meisten tollwutbedingten Todesfällen, es hat 35 % aller Fälle weltweit.[2] In Deutschland sind zwischen 1977 und 2000 fünf Fälle von Tollwut registriert worden, von denen drei ihren Ursprung im Ausland hatten. In ganz Europa waren es in diesem Zeitraum 281 Fälle.[3] Weltweit werden jährlich mehr als 15 Millionen Menschen aufgrund des Verdachts einer Tollwutinfektion geimpft, wodurch schätzungsweise 327.000 tollwutbedingte Todesfälle verhindert werden.[4] Ohne Schutzimpfung oder Postexpositionsprophylaxe (PEP) verläuft eine Tollwutinfektion innerhalb von 15 bis 90 Tagen – von sehr seltenen Einzelfällen abgesehen[5] – tödlich.[6] Die Postexpositionsprophylaxe ist nur innerhalb von 24 Stunden nach der Infektion wirksam, je früher, desto besser.
Erreger
Tollwut-Viren in einer Zelle, EM. Deutlich sichtbar sind die Negri-Körper.
Die Tollwut wird von Viren der Gattung Lyssaviren aus der Familie der Rhabdoviridae verursacht. Dabei handelt es sich um behüllte Viren von zylindrischer Form, deren Genom als einzelsträngige RNA mit negativer Polarität vorliegt. Dies steht im Gegensatz zu anderen Viren, die den Menschen befallen, die normalerweise eine kubische Symmetrie haben.
Bei all diesen Erregern werden derzeit insgesamt sieben Genotypen unterschieden:
Genotyp 1: Rabiesvirus (RABV). Dieses Virus ist das klassische Tollwutvirus.
Genotyp 2: Lagos-Fledermausvirus = Lagos bat virus (LBV)
Genotyp 3: Mokola-Virus (MOKV)
Genotyp 4: Duvenhage-Virus (DUVV)
Genotypen 5 und 6: Europäisches Fledermaus-Lyssavirus = European bat lyssavirus (EBLV 1, 2)
Genotyp 7: Australisches Fledermaus-Lyssavirus = Australian bat lyssavirus (ABLV)
Außer beim Genotyp 2 sind bei allen oben aufgezählten Genotypen Tollwutfälle beim Menschen beschrieben.
Die Transkription und Replikation der Viren finden im Zytoplasma der Wirtszelle innerhalb spezieller „Virenfabriken“ statt, den so genannten Negri-Körpern oder Negrischen Einschlusskörperchen (benannt nach ihrem Entdecker, dem Pathologen Adelchi Negri, der sich ab 1903 mit der Erforschung der Tollwut befasste und die nach ihm benannten Körperchen in den Ganglienzellen des Gehirns fand).[7][8] Sie haben einen Durchmesser von 2–10 µm und sind typisch für die Tollwutinfektion, so dass sie als pathognomonisches Merkmal dienen.[9]
Übertragung
99 % der weltweiten Fälle bei Menschen werden durch den Hund übertragen. In den USA hingegen gingen in den letzten Jahren die meisten Fälle auf Bisse von Fledermäusen zurück und diese stellen auch in Australien, Lateinamerika und Westeuropa ein gewisses Gesundheitsrisiko dar. Kontakte mit wildlebenden mit Tollwut infizierten Raubtieren wie Fuchs, Waschbär, Stinktier, Schakal, Kojote, Wolf oder Mungo können ebenso diese Erkrankung bei Menschen auslösen.[4]
Das Virus ist im Speichel eines tollwütigen Tieres vorhanden und der Infektionsweg führt üblicherweise über einen Biss oder eine Kratzwunde. Auch durch direkten Kontakt von infiziertem Speichel mit Schleimhäuten ist eine Übertragung möglich.[4] In vitro ist eine Übertragung durch Schleimhäute vorgekommen. Möglicherweise geschah eine Übertragung in dieser Form bei Menschen, die von Fledermäusen bevölkerte Höhlen erforschten. Außer bei der Organtransplantation (drei Fälle in den USA[10] zu Beginn des Jahres 2004 und drei Fälle in Deutschland Anfang 2005)[11] ist die Übertragung von Mensch zu Mensch durch Bisse, wenngleich grundsätzlich möglich, bislang nicht beobachtet worden.
Von der Eintrittsstelle wandert das Virus entlang der Nervenzellen in das Zentralnervensystem (ZNS). Der retrograde axonale Transport ist der wichtigste Schritt in der natürlichen Tollwut-Infektion. Die genauen molekularen Grundlagen dieses Transports sind noch nicht geklärt, aber es wurde nachgewiesen, dass das Protein P des Rabiesvirus mit dem Protein DYNLL1 (LC8) der leichten Kette von Dynein interagiert.[12] P agiert auch als Interferonantagonist, wodurch die Immunantwort abgemildert wird.[13]
Vom ZNS breitet sich das Virus auch in andere Organe aus, so tritt es im Speichel infizierter Tiere auf und kann sich dadurch weiterverbreiten. Oftmals tritt eine erhöhte Aggressivität mit verstärktem Beißverhalten auf, welches die Wahrscheinlichkeit, das Virus weiter zu verbreiten, erhöht.
Krankheitsverlauf und Symptome
Krankheitsverlauf beim Menschen
Nach der Infektion eines Menschen durch den Biss eines infizierten Tieres bleibt das Virus für etwa drei Tage in der Nähe der Eintrittspforte, wird dort vermehrt und gelangt dann über das Innere der Nervenfasern der peripheren Nerven bis in das Rückenmark und schließlich ins Gehirn. Vom Zentralnervensystem aus breitet sich das Virus entlang peripherer Nerven und Hirnnerven unter anderem auch zu Speicheldrüsen und Tränendrüsen aus und wird mit deren Sekreten ausgeschieden.[14] Ist das Virus dagegen durch den Biss direkt in die Blutbahn gelangt, erreicht es das Zentralnervensystem sehr viel schneller. Sobald das Virus das Zentralnervensystem erreicht hat, ist eine Impfung nicht mehr wirksam, daher sollte eine postexpositionelle Impfung schnellstmöglich (innerhalb weniger Stunden) erfolgen. Da die Inkubationszeit allerdings auch sehr lang sein kann, hat eine postexpositionelle Impfung auch noch nach Monaten möglicherweise noch eine Wirkung, sofern die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist.[15]
Tollwutpatient
Die Inkubationszeit – also der Zeitraum zwischen der Infektion und den ersten, erkältungsähnlichen Symptomen – liegt zwischen fünf Tagen und mehreren Jahren, meist beträgt sie zwei bis drei Monate. Die Dauer hängt von der Lokalisation der Bissstelle, der Virusunterart und dem Immunsystem des Betroffenen ab.[16]
Das Virus verursacht eine Gehirnentzündung (Enzephalitis), worauf die typischen Symptome zurückzuführen sind. Es kann auch das Rückenmark befallen werden, was sich in einer Rückenmarksentzündung (Myelitis) äußert. Bei der Übertragung durch einen Biss in Arm oder Bein äußern sich häufig zuerst Schmerzen an der gebissenen Extremität. Sensibilitätsverlust entsprechend der Hautdermatome ist regelmäßig beobachtet worden. Daher werden viele, vor allem atypische Krankheitsverläufe zunächst als Guillain-Barré-Syndrom falsch diagnostiziert. Bald danach steigern sich die zentralnervösen Symptome wie Lähmungen, Angst, Verwirrtheit, Aufregung, weiter fortschreitend zum Delirium, zu anormalem Verhalten, Halluzinationen und Schlaflosigkeit. Die Lähmung der hinteren Hirnnerven (Nervus glossopharyngeus, Nervus vagus) führt zu einer Rachenlähmung, verbunden mit einer Unfähigkeit zu sprechen oder zu schlucken – dies ist während späterer Phasen der Krankheit typisch.
Hydrophobie bei einem Mann mit Tollwutverdacht
Der Anblick von Wasser kann Anfälle von Hydrophobie mit Krämpfen des Rachens und Kehlkopfs hervorrufen. Der stark vermehrte Speichelfluss (Hypersalivation) kann bald nicht mehr abgeschluckt werden und bildet Schaum vor dem Mund. Die Schluckbehinderung verhindert die Verdünnung des Virus, was seine Virulenz erhöht. Geringste Umweltreize wie ein Anemophobie auslösender Luftzug, z. B. durch einen Ventilator,[17] oder Geräusche und Licht führen zu Wutanfällen, Schreien, Schlagen und Beißen, bei letzterem wird das hochkonzentrierte Virus schließlich übertragen.
Die Erkrankung kann auch in der „stummen“ Form verlaufen, bei der ein Teil der genannten Symptome fehlt. Jedoch findet sich unabhängig von der Verlaufsform bei der Bildgebung mit dem Kernspintomographen eine Aufhellung in der Region des Hippocampus und am Nucleus caudatus. Praktisch immer tritt zwei bis zehn Tage nach den ersten Symptomen der Tod ein, bei den wenigen Überlebenden blieben in der Regel schwerste Gehirnschäden zurück. Im Jahr 2012 wurden bei indigenen Gemeinschaften der zwei Urwalddörfer Truenococha und Santa Marta im peruanischen Amazonasgebiet erstmals Hinweise auf mögliche Tollwut-Resistenzen beim Menschen gefunden.[18]
Krankheitsverlauf bei Wildtieren und Haustieren
An Tollwut können alle Säugetiere und bedingt auch Vögel erkranken. Die Inkubationszeit beträgt im Regelfall zwei bis acht Wochen. Die Erkrankung dauert zwischen einem Tag und einer Woche und endet immer tödlich. Zu den ersten Symptomen gehören meist Wesensveränderungen.
Tollwütiger Hund mit Lähmungen und Speichelfluss
Erkrankte Haushunde können dabei besonders aggressiv und bissig werden, sind übererregt, zeigen einen gesteigerten Geschlechtstrieb und bellen grundlos („rasende Wut“). Später stellen sich Lähmungen ein, die zu heiserem Bellen, Schluckstörungen (starkes Speicheln, Schaum vor dem Maul), Heraushängen der Zunge führen und infolge Lähmung der Hinterbeine kommt es zum Festliegen. Die Phase der „rasenden Wut“ kann auch fehlen und die Tollwut gleich mit den Lähmungserscheinungen beginnen („stille Wut“). Es kommen auch atypische Verläufe vor, die zunächst einer Magen-Darm-Kanal-Entzündung (Gastroenteritis) gleichen.[19]
Bei der Hauskatze gleicht das klinische Bild dem des Hundes. Häufig zieht sich eine erkrankte Katze zurück, miaut ständig und reagiert aggressiv auf Reizungen. Im Endstadium kommt es zu Lähmungen.
Beim Hausrind zeigt sich eine Tollwut zumeist zunächst in Verdauungsstörungen, es kommt zu einer Atonie und Aufgasung des Pansens und Durchfall. Insbesondere bei Weidehaltung muss die Tollwut immer als mögliche Ursache für Verdauungsstörungen in Betracht gezogen werden. Später stellen sich Muskelzuckungen, Speicheln, ständiges Brüllen und Lähmungen der Hinterbeine ein. Bei kleinen Wiederkäuern wie Schafen und Ziegen dominiert die „stille Wut“, es können aber auch Unruhe, ständiges Blöken und ein gesteigerter Geschlechtstrieb auftreten.
Beim Hauspferd kann die Tollwut als „rasende Wut“ mit Rennen gegen Stallwände und Koliken oder als „stille Wut“ mit Apathie auftreten. Die „stille Wut“ kann mit einer Bornaschen Krankheit verwechselt werden.
Beim Hausschwein dominieren Aufregung, andauerndes heiseres Grunzen, Zwangsbewegungen und Beißwut.
Bei Vögeln ist die Krankheit sehr selten und äußert sich in ängstlichem Piepen, Bewegungsstörungen und Lähmungen.
Bei Wildtieren führt eine Tollwut häufig zum Verlust der Scheu vor dem Menschen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass viele verstädterte Wildtiere wie Füchse und Waschbären diese ohnehin nicht mehr aufweisen.
Diagnostik
Die Diagnose wird anhand der klinischen Symptome, dem Kontakt zu einer Erregerquelle (meist ein infiziertes Tier) und der Anamnese gestellt. Die Labordiagnostik ist vor allem bei Verdachtsfällen beim Menschen schwierig und nicht immer aussagekräftig.
Virusdiagnostik beim Tier
Bei getöteten oder verendeten Tieren wird der Virusnachweis durch Untersuchung von frischem Gehirngewebe durchgeführt. Dabei gilt der Nachweis von Negri-Körperchen (nach Aldechi Negri), also Antigenen des Rabiesvirus in 1 bis 25 µm großen Einschlusskörperchen, als beweisend. Dazu werden die Paraffinschnitte nach einer Methylblau-Eosin-Färbung nach Mann beurteilt. Der Nachweis der mit dieser Färbemethode gut sichtbaren basophilen Negri-Körperchen hat eine diagnostische Sensitivität von etwa 75 %, d. h. bei etwa einem Viertel der infizierten Tiere ist das Ergebnis falsch negativ.[20] Die Virusantigene können auch mittels eines Immunfluoreszenztests (IFT) nachgewiesen werden. Zusätzlich kann der direkte Nachweis des viralen Genoms in Gehirnproben auch mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) erfolgen; ein negatives PCR-Ergebnis aus Gehirngewebe schließt eine Tollwutinfektion post mortem aus. Ein direkter Virusnachweis kann auch nach Anzucht des Virus in einer Zellkultur erfolgen.
Eine Unterscheidung bzw. Differenzierung der verschiedenen Lyssaviren wird durch eine Sequenzierung von Genomabschnitten oder der Typisierung mit verschiedenen typspezifischen monoklonalen Antikörpern erreicht.
Serologische Untersuchungen, also der Nachweis von Antikörpern gegen das Rabiesvirus im Blut des Tieres, spielen keine diagnostische Rolle beim akuten Krankheitsverdacht und sind wissenschaftlichen Fragestellungen oder der Überprüfung des Impferfolges z. B. in einem umschriebenen Bezirk nach Auslegung von Impfködern vorbehalten (siehe auch Anhang zu §12 Tollwutverordnung[21]). In den meisten europäischen Ländern werden die direkten Nachweise von Veterinäruntersuchungsämtern oder beauftragten, speziell akkreditierten Laboratorien durchgeführt.
Da die Testverfahren mit Gehirngewebe (Mikroskopie, Antigen-Nachweis, PCR) am sichersten eine Tollwutinfektion ausschließen oder feststellen können, ist eine amtstierärztliche Anordnung der Tötung des Verdachtstieres in vielen Ländern möglich. Bei Nutz- und Haustieren kann eine staatliche Entschädigung nach jeweils länderspezifischer Gesetzgebung erfolgen.
Diagnostik beim Menschen
Die Verdachtsdiagnose einer möglichen Tollwutinfektion wird durch eine sorgfältige Anamnese insbesondere zu Auslandsaufenthalten, Tierkontakt, Kontakt zu Sekreten wie Speichel oder Blut auf Schleimhäuten oder offenen Wunden, Bissereignis, Verhalten und Art des Tieres und einem eventuellen positiven Virusnachweis beim Tier gestellt. Eine Erkrankung wird vorwiegend klinisch anhand der typischen neurologischen Symptome diagnostiziert. Problematisch ist insbesondere die frühe Infektionsphase, bei der virologische Testverfahren oft noch negativ sind und die Symptomatik noch nicht ausgeprägt ist. Unmittelbar nach einer Exposition kann keine virologische Untersuchung die Infektion beweisen oder ausschließen, obwohl gerade in einem kurzen Zeitfenster nach der Exposition die Entscheidung zu einer Immunprophylaxe getroffen werden muss.
Keine bislang bekannte virologische Testmethode ist in der Lage, eine Tollwutinfektion beim Lebenden sicher auszuschließen. Nur ein eventuell positiver direkter Erregernachweis oder eine sichere Serokonversion zwischen zwei zeitlich um Wochen versetzte Serumproben (bei Ausschluss einer frischen Impfung) können eine Infektion beweisen. Diese Nachweise sind jedoch schwierig, zum einen aufgrund der latenten Ausbreitung des Virus im Nervengewebe, so dass im Untersuchungsmaterial kein Virus mehr präsent ist, zum anderen wird das Virus außerhalb des Körpers rasch inaktiviert, was Testverfahren mit Virusvermehrung einschränkt. Direkte Nachweisverfahren für Tollwutviren sind Speziallaboratorien vorbehalten.
Als direkte Nachweismethoden stehen prinzipiell ein Antigennachweis mittels Immunfluoreszenztest (IFT), eine Polymerase-Kettenreaktion (PCR), die Virusisolierung in der Zellkultur (RTCIT) oder der Mäuseinokulationstest (MIT) zur Verfügung. Bei letzterem wird die Probe in das Gehirn von Mäusen injiziert und auftretende Lähmungen oder der Tod der Maus bis zu zwei Wochen lang beobachtet. Als zu untersuchendes Material kommen (je nach Methode und möglichem Infektionsstadium) Speichel, Augenhornhaut-Abstriche (Cornea-Abstrich) oder -Abklatschpräparate, sowie Hautbioptate (insbesondere Nackenhautbioptate) in Frage. Alle Laborarbeiten und der Transport und die Versendung der Proben zum direkten Erregernachweis müssen unter besonderen Sicherheitsmaßnahmen (biologische Schutzstufe L3) erfolgen, Proben müssen bis zum Testeinsatz durchgehend kühl gehalten werden. Jeder positive, direkte Erregernachweis beweist eine Tollwutinfektion, ein negatives Testergebnis kann die Diagnose nicht ausschließen.[22] Der sichere Ausschluss oder die Bestätigung der Diagnose ist virologisch nur post mortem analog zum Nachweis beim infizierten Tier möglich.
Behandlung
Im Jahr 1885 hatte Louis Pasteur eine Tollwutbehandlung durch aktive Schutzimpfung eingeführt.[23] Eine evidenzbasierte Behandlung neben der postexpositionellen Impfung steht nicht zur Verfügung. Einzelne veröffentlichte Behandlungserfolge mit Überleben der Patienten sind hoch umstritten. Die Behandlung sollte zur Symptomlinderung gegebenenfalls unter Einsatz von Sedativa auf der Intensivstation erfolgen.[24]
Impfungen
→ Hauptartikel: Tollwutimpfstoff
Joseph Meister war 1885 der erste Mensch, der erfolgreich gegen Tollwut geimpft wurde.
Louis Pasteur entwickelte 1885 die erste Tollwut-Impfung mit abgeschwächten Erregern und rettete durch eine postexpositionelle Impfung am 6. Juli 1885 das Leben von Joseph Meister, der von einem tollwütigen Hund gebissen worden war. Heutzutage lässt sich unmittelbar nach einem Biss oder einem tollwutverdächtigen Kontakt die Infektion durch eine Simultanimpfung mit Antikörpern und Antigenen verhindern. Je weiter die Bisswunde vom zentralen Nervensystem entfernt liegt und je weniger venöse Blutgefäße verletzt wurden, desto besser ist die Prognose für den Patienten. Eine Immunprophylaxe sollte bei jedem begründeten Verdacht schnellstmöglich erfolgen.
Vorbeugende Impfung
Der Ausbruch der Erkrankung kann durch eine vorbeugende (präexpositionelle) Impfung verhindert werden.
Heutzutage wird dabei ein Totimpfstoff aus inaktivierten Tollwut-Viren in den Oberarm injiziert. Wie bei aktiver Immunisierung üblich, müssen mehrere Dosen im Abstand von einigen Tagen bis Wochen verabreicht werden. Der genaue Impfplan ist präparatabhängig, in der Regel erfolgt eine Impfung zum Zeitpunkt 0, 7 und 28 Tage. Der Impfling bildet nach der Injektion schützende Antikörper gegen die Viren. Der volle Schutz wird etwa eine Woche nach der letzten Impfung erreicht. Bei Risikogruppen wie Laborpersonal oder Wildhütern wird nach 1 bis 2 Jahren die Anzahl der Antikörper im Blut überprüft und die Impfung gegebenenfalls aufgefrischt.
Postexpositionelle Impfung
Besteht der Verdacht auf eine Tollwutinfektion, führt man in der Regel eine Simultanimpfung durch.
Die passive Immunisierung besteht aus der einmaligen Gabe von Tollwut-Antikörpern. Mindestens die Hälfte der Antikörper wird dabei um die zuvor gereinigte und desinfizierte Wunde herum injiziert, der Rest wird intragluteal gegeben.[25] Die Injektion mit der aktiven Immunisierung erfolgt dabei möglichst weit von der Wunde entfernt, um die wechselseitige Neutralisation der beiden Impfstoffe möglichst gering zu halten.
Die STIKO gibt folgende Empfehlung für die postexpositionelle Immunprophylaxe:[26]
Grad der Exposition
Art der Exposition
Immunprophylaxe
durch ein tollwutverdächtiges oder tollwütiges Wild- oder Haustier
durch einen Tollwut-Impfstoffköder
I
Berühren / Füttern von Tieren, Belecken der intakten Haut
Berühren von Impfstoffködern bei intakter Haut
keine Impfung
II
Knabbern an der unbedeckten Haut, oberflächliche, nicht blutende Kratzer durch ein Tier, Belecken der nicht intakten Haut
Kontakt mit der Impfflüssigkeit eines beschädigten Impfstoffköders mit nicht intakter Haut
Impfung
III
Jegliche Bissverletzung oder Kratzwunden, Kontamination von Schleimhäuten mit Speichel (z. B. durch Lecken, Spritzer)
Kontamination von Schleimhäuten und frischen Hautverletzungen mit der Impfflüssigkeit eines beschädigten Impfstoffköders
Impfung und einmalig simultan mit der ersten Impfung passive Immunisierung mit Tollwut-Immunglobulin (20 IE/kg Körpergewicht)
Verbreitung und Bekämpfung
Karte der tollwutfreien Länder (2010): Immer tollwutfrei gewesen Tollwut vor dem Jahr 1990 eliminiert Tollwut im oder nach dem Jahr 1990 eliminiert tollwutfrei, Jahr der Ausrottung unbekannt
Tollwut ist in vielen Teilen der Welt enzootisch, nur wenige Länder sind tollwutfrei. Bezüglich Übertragung, Epidemiologie und Reservoirwirten wird unterschieden zwischen der von Haustieren (meist Hunden) übertragenen urbanen Tollwut, der von Wildtieren (je nach Ort beispielsweise Füchse, Waschbären, Stachelschweine, Wölfe) übertragenen sylvatischen Tollwut und der durch Fledermäuse übertragenen Fledermaustollwut.
Das Tollwut-Virus überlebt in weiträumigen, abwechslungsreichen, ländlichen Tierwelt-Reservoiren. Die obligatorische Impfung von Tieren ist in ländlichen Gebieten weniger wirksam. Schluck-Impfstoffe können in Ködern verteilt werden, was die Tollwut in ländlichen Gebieten Frankreichs, Ontarios, Texas’, Floridas und anderswo erfolgreich zurückdrängte. Impfkampagnen können jedoch teuer sein, und eine Kosten-Nutzen-Analyse kann die Verantwortlichen dazu bringen, sich für Bestimmungen zur bloßen Eindämmung statt zur völligen Beseitigung der Krankheit zu entscheiden.
Jährlich an Tollwut gestorbene Menschen pro 100.000 Einwohner
Um die Verbreitung der Krankheit zu bekämpfen, besteht für den grenzüberschreitenden Reiseverkehr mit kleinen Haus- und Heimtieren (Hunde, Katzen, Frettchen) schon seit Langem eine allgemeine Impfpflicht gegen Tollwut. Die von Land zu Land sehr unterschiedlichen zusätzlichen Bestimmungen wurden für die Verbringung von Tieren innerhalb der Europäischen Union mit der Einführung des EU-Heimtierausweises ab dem 4. Oktober 2004 vereinheitlicht.
Weltweit betrachtet sind Haushunde die wichtigste Infektionsquelle für Tollwut beim Menschen; auf sie gehen 99 Prozent der Todesfälle zurück. Jährlich gibt es etwa 50.000 registrierte Infektionen durch Hunde beim Menschen. Impfkampagnen und Kontrolle der Hundepopulation sind die einzige Möglichkeit, die urbane Tollwut wirksam zu bekämpfen.[27]
Deutschland
Warnung vor Wildtollwut in Deutschland (2005)
Für Tollwut bei Tieren besteht in Deutschland nach der Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen eine Anzeigepflicht.[28]
Zur Bekämpfung der Fuchstollwut wurden bis 2008, neben einer Bestandsverringerung durch eine verstärkte Bejagung des Fuchses,[29] Impfköder zur oralen Immunisierung der Füchse großflächig aus Flugzeugen in den gefährdeten Bezirken abgeworfen. Ergänzt wurden diese Maßnahmen durch Handauslagen von Ködern. Deutschland gilt seit April 2008 nach den Kriterien der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) als tollwutfrei (d. h. frei von terrestrischer Tollwut),[30] nicht jedoch nach den strengeren WHO-Kriterien (frei von jeglichen Tollwutviren, auch Fledermaustollwut). Während noch im Jahr 1980 insgesamt 6800 Fälle gemeldet wurden, waren es im Jahr 1991 noch 3500, im Jahr 1995 nur 855, im Jahr 2001 noch 50 und 2004 noch 12 gemeldete Fälle. Mit fünf Fällen 2004 am stärksten von der Tollwut betroffen war der Fuchs.
Vom 2. Quartal 2006 bis zum Dezember 2008 wurden in Deutschland keine Fälle von Tollwut bei Wild- oder Haustieren mehr gemeldet. Am 29. Dezember 2008 wurde jedoch im Landkreis Lörrach bei einem aus Kroatien importierten Hund amtlich die Tollwut festgestellt.[31] Ein weiterer Fall bei einem Hund wurde im März 2010 in Neustadt an der Aisch amtlich festgestellt, nachdem das drei Monate alte, illegal aus Bosnien eingeführte Tier einen Menschen gebissen hatte.[32] Im Juli 2013 wurde im unterfränkischen Landkreis Haßberge bei einem aus Marokko importierten Hundewelpen Tollwut festgestellt.[33] Auch im September 2021 war ein illegal importierter Hundewelpe Einträger des Tollwutvirus und führte zur prophylaktischen Impfung von 41 Personen.[34]
Seit 2001 sind in Deutschland insgesamt sechs Tollwutfälle bei Menschen gemeldet worden, davon im Jahr 2005 vier miteinander im Zusammenhang stehende Erkrankungen. Davon betroffen war zunächst eine 26-jährige Frau, die bei einem Aufenthalt in Indien durch einen Hundebiss infiziert wurde. Sie starb, ohne dass ihre Tollwuterkrankung diagnostiziert wurde. Nach ihrem Hirntod wurden ihr Organe zur Transplantation entnommen, drei ungeimpfte Organempfänger starben ebenfalls an Tollwut.[35] Der letzte Tollwutfall bei einem Menschen in Deutschland trat im Jahr 2007 bei einem Mann auf, der in Marokko von einem streunenden Hund gebissen wurde.[36][37][38]
Wenngleich die klassische (terrestrische) Tollwut in Deutschland nicht mehr vorkommt, lässt sich die Fledermaus-Tollwut vorerst nicht ausrotten. Ihre Erreger – Europäische Fledermaus-Lyssaviren (EBLV) 1 und 2 – sind mit dem klassischen Tollwutvirus eng verwandt, dennoch ist sie unabhängig von der klassischen Tollwut, jedoch für den Menschen ebenso gefährlich. Die derzeit verfügbaren Tollwut-Impfstoffe wirken auch gegen diese Viren. Seit 2010 werden im Schnitt rund 20 Fälle pro Jahr registriert (Stand: Ende 2018).[39]
Österreich
Durch die seit den 1990er Jahren durchgeführten Maßnahmen gilt die Tollwut in Österreich als ausgerottet. Zwei in den Jahren 2004 und 2006 vermutete Tollwutverdachtsfälle bei Füchsen konnten entkräftet werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Internationale Tierseuchenorganisation haben Österreich am 28. September 2008 zum tollwutfreien Gebiet erklärt.[40]
Schweiz
Die Schweiz gilt seit 1999 als tollwutfrei. Die Krankheitsfreiheit wurde durch eine gezielte Fuchsimpfkampagne erreicht.[41][42][43]
Großbritannien
In Großbritannien trugen Hundelizenzen, Tötung von Straßenhunden, Maulkorbpflicht, strenge Quarantäne und vollständiges Importverbot von Tieren und andere Maßnahmen zur Ausrottung der Tollwut am Anfang des 20. Jahrhunderts bei.
Immer noch hat die Insel strenge Regulierungen bei der Einfuhr von Tieren. 1996 wurde eine einzelne Wasserfledermaus entdeckt, die mit dem europäischen Fledermaus-Lyssavirus 2 (EBLV-2) infiziert war. Im September 2002 wurde in Lancashire eine weitere Wasserfledermaus positiv auf EBLV-2 getestet. Ein Fledermaus-Schützer, der von der angesteckten Fledermaus gebissen worden war, erhielt eine Postexpositionsbehandlung und erkrankte nicht. Die Fledermaustollwut wird ebenfalls durch ein Virus der Gattung Lyssaviren ausgelöst, das aber nicht identisch mit dem Rabiesvirus ist; siehe dazu den Abschnitt Erreger.
Bali/Indonesien
2009 wurden mehrere Todesfälle bei Menschen von der Urlaubsinsel gemeldet. Zuvor galt die Insel als tollwutfrei.[44]
Seit dem Beginn des Tollwutausbruchs 2008 haben 45 Patienten GeoSentinel- oder EuroTravNet-Einrichtungen zur Postexpositionsprophylaxe aufgesucht. Das sind 12,6 % der Reisenden, die insgesamt in Kliniken des Netzwerks zur Postexpositionsprophylaxe erschienen. Die erhobenen Daten zeigen, dass die Mehrzahl der Verletzungsfälle durch Tiere nicht durch Bisse oder Kratzer von Hunden, sondern durch Affen verursacht wurden.[45]
USA
Seit der Entwicklung von wirksamen Impfstoffen für Menschen und Immunglobulin-Behandlungen ist die Zahl der Todesopfer der Tollwut in den USA von 100 oder mehr pro Jahr am Anfang des 20. Jahrhunderts auf ein bis zwei pro Jahr gefallen, die größtenteils von Fledermaus-Bissen herrühren. Zunehmend gewinnen jedoch auch infizierte, streunende Waschbären als Überträger an Bedeutung. Diese werden vom Futter in überquellenden Mülltonnen in menschlichen Siedlungen angelockt.
Australien
Australien ist einer von wenigen Teilen der Welt, in die die Tollwut nie eingeschleppt wurde. Jedoch kommt das australische Fledermaus-Lyssavirus natürlicherweise in den meisten Festland-Staaten vor. Es befällt sowohl insektenfressende Fledermäuse der Art Saccolaimus flaviventris als auch die vier in Australien heimischen Arten der Flughunde, die sich pflanzlich ernähren.[46]
Indien
Indien ist das Land der Erde, in dem die meisten Tollwutfälle bei Menschen bekannt sind.[3] Die Übertragung erfolgt dort überwiegend durch Bisse meist freilaufender Hunde. Da eine Immunglobulin-Behandlung oft nicht verfügbar ist, wird fast ausschließlich mit der Postexpositionsmethode behandelt, die möglicherweise nicht so gute Heilungschancen wie die kombinierte Methode verspricht. Bei einem längeren Aufenthalt sollte also an eine vorherige Aktivimpfung gedacht werden (Reisemedizin). In Indien gibt es pro Jahr 18.000 bis 20.000 menschliche Tollwutfälle.[47] Da in Indien streunende Hunde nicht getötet werden dürfen, werden sie eingefangen, gegen Tollwut geimpft, gekennzeichnet und sterilisiert. Nach Schätzungen sind im Jahr 2015 nur etwa 15 % der streunenden Hunde geimpft, während es für eine effektive Verhinderung der Tollwut-Weiterverbreitung 70 % sein sollten.[2][48]
Volksrepublik China
Absolutzahlen und Inzidenz der menschlichen Tollwut in der Volksrepublik China 1960–2014[49]
Humane Tollwutfälle in China im Jahr 2007 nach Provinzen[50]
Neben Indien ist China am meisten von Tollwut betroffen. In den Jahren 1960 bis 2014 wurden in der Volksrepublik China 120.913 Fälle von menschlicher Tollwut registriert, entsprechend durchschnittlich 2198 Fällen pro Jahr. In der Dekade zwischen 2004 und 2014 waren es 32.932 Fälle. Das Jahr mit der höchsten Inzidenz und Fallzahl war 1981 (0,7/100.000, 7037 Fälle). Die Häufigkeit der Tollwut nahm ab den 1980er Jahren zunächst aufgrund behördlicher Maßnahmen wie die Eindämmung streunender Hunde, Impfung von Hunden und Postexpositionsprophylaxe deutlich ab und erreichte im Jahr 1996 mit 159 gemeldeten Fällen (Inzidenz 0,01/100.000) ein absolutes Minimum, stieg aber danach wieder an bis zu einem zweiten Höhepunkt im Jahr 2007 mit 3300 Fällen (Inzidenz 0,3/100.000). Seitdem fallen die Zahlen wieder und lagen im Jahr 2014 bei 924 Fällen mit einer Letalität von 92 %.[49] Die Tollwut war 2014 die dritthäufigste Todesursache (nach AIDS und Tuberkulose) unter allen meldepflichtigen Infektionskrankheiten in der VR China.[51]
Überwiegend sind Bauern betroffen und die Zahl der Tollwutfälle zeigt eine deutliche jahreszeitliche Variation mit einem Maximum in den Sommermonaten. Zu mehr als 95 % sind Hunde die Überträger. Es gibt allerdings auch ein Virusreservoir in bestimmten Wildtier-Spezies.[49]
Nahezu 50 % der Fälle wurden in den Provinzen Guangxi, Hunan und Guizhou registriert. Von 315 untersuchten Fällen in diesen Provinzen erhielten 66,3 % der Patienten gar keine und 27,6 % unzureichende Postexpositionsprophylaxe. Nur 6 % erhielten volle Tollwutprophylaxe. In diesen Provinzen lag die Infektionsrate bei Hunden mit 2,3 % ebenfalls sehr hoch. Die Impfquote bei Hunden in 60 % der untersuchten Städte betrug unter 70 %.[52]
Tollwut nach Organtransplantation
Im Jahr 2004 wurde in den USA die Tollwut von einem Organspender auf die Empfänger übertragen. Drei Patienten, denen Tollwut-kontaminierte Organe transplantiert worden waren, starben an der Krankheit. Die US-Seuchenüberwachungsbehörde CDC stellte fest, dass der Organspender sich durch eine Fledermaus mit dem Virus angesteckt hatte.[10]
Auch in Deutschland sind drei Personen an einer durch Organspende übertragenen Tollwut gestorben, drei weitere mit Organen derselben Spenderin überlebten. Die im Dezember 2004 verstorbene Spenderin hatte sich im Oktober 2004 bei einem Indienurlaub durch einen Hundebiss unerkannt infiziert.[11]
Veraltete Bezeichnungen, Mythos und Geschichte
Früher waren auch die Bezeichnungen Hydrophobie bzw. Aquaphobie geläufig, übersetzt „Wasserscheu“ als typisches Symptom der Erkrankung. Gebräuchlich waren auch bis ins 19. Jahrhundert und darüber hinaus[53] die Benennungen als Hundswut, Hundewut und St.-Hubertus-Krankheit. Erst seit 1810 ist die heutige Bezeichnung Tollwut schriftlich nachweisbar.[54]
François Boissier de Sauvages de Lacroix, Della natura e causa della rabbia (Dissertation über Natur und Ursache der Tollwut), 1777
Dass die Übertragung durch den Biss befallener Hunde erfolgen kann, war schon in der Antike (im Corpus Hippocraticum) bekannt. In früheren Zeiten war die Tollwut von Mythen, Aberglauben und Irrtümern umgeben und schürte, da die Krankheit unweigerlich zum Tod führte, die Ängste und Phantasien der Menschen. Auch dass die Tollwut vermeintlich durch Wölfe übertragen wurde, trug zur Legendenbildung bei. Der Ursprung des Werwolfsglaubens beispielsweise wurzelt möglicherweise in der Tollwuterkrankung eines Menschen. In der Antike befassten sich auch Aristoteles und Euripides mit der Krankheit. In der griechischen Götterwelt waren Artemis, Hekate, Aktaion und Lykaon Verkünder, Verbreiter oder Opfer der Tollwut. Sirius, der Hauptstern im Sternbild des Großen Hundes, galt im antiken Griechenland als Wegbereiter der Seuche. Im Mittelalter wurde, ausgehend von Augustinus, der Ursprung der Tollwut beim Teufel gesucht; der heilige Hubertus gilt seit dieser Zeit als Schutzpatron gegen die Tollwut. Die Tollwut wurde mit dem Hubertusschlüssel behandelt. Beschrieben wurde die Tollwut auch von Galenos und Celsus sowie Avicenna, dessen Definition der rabies später Berthold Blumentrost[55] ausbaute.
Sowohl die besonderen Jagdprivilegien des Adels als auch langwierige Kriege sorgten im ausgehenden Mittelalter für eine Zunahme des Wolfbestands und somit auch der Tollwut. Aus der Zeit des Hundertjährigen Krieges wird aus Paris berichtet, dass täglich infizierte Wölfe, die in die Stadt eingedrungen waren, getötet wurden. Neben verschiedenen Wundermitteln waren religiös-magische Abwehrhandlungen gegen die Tollwut in Gebrauch. So ist zum Beispiel das Tragen eines Sator-Quadrates als Tollwut-Amulett belegt.[56]
Der österreichische Militärarzt Matthäus Mederer (1739–1805) beschäftigte sich u. a. intensiv mit der Bekämpfung von Tollwut, weshalb ihn Kaiser Joseph II. 1789, mit dem Prädikat Edler von Wuthwehr, in den erblichen Adelsstand erhob. Sein Sohn, der General Conrad von Mederer Edler von Wuthwehr (1781–1840), war der bekannteste Träger dieses an die Tollwut erinnernden Adelstitels.
Um 1884 schuf Pasteur die prophylaktisch-therapeutische Schutzimpfung gegen die Tollwut.
Meldepflicht
In Deutschland ist Tollwut beim Menschen eine meldepflichtige Krankheit nach § 6 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes. Die namentliche Meldepflicht besteht nicht nur bei Verdacht, Erkrankung und Tod, sondern schon bei „Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers“. Beim Tier ist sie in Deutschland eine anzeigepflichtige Tierseuche nach § 4 Tiergesundheitsgesetz in Verbindung mit § 1 der Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen.
In Österreich ist sie beim Menschen als Wutkrankheit (Lyssa) eine anzeigepflichtige Krankheit gemäß § 1 Abs. 1 Epidemiegesetz 1950. Die Anzeigepflicht bezieht sich auf Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle sowie „Bissverletzungen durch wutkranke oder -verdächtige Tiere“. Eine Infektion mit dem Tollwut-Virus[57] ist gemäß Anhang II der Verordnung (EU) 2016/429 in Österreich beim Tier meldepflichtig.
In der Schweiz ist Tollwut als auszurottende Seuche im Sinne von Artikel 3 der Tierseuchenverordnung (TSV) mit sehr umfassenden Pflichten nach den Artikeln 142–149 TSV[58] meldepflichtig.[59] Beim Menschen ist Tollwut eine in der Schweiz ebenfalls meldepflichtige Krankheit und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Meldepflichtig ist der klinische Verdacht.
Literatur
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Weblinks
Commons: Tollwut – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Tollwut – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikinews: Tollwutübertragung bei Organtransplantation – Nachricht
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Klassifikation nach ICD-10 A82.- Tollwut [Rabies] A82.0 Wildtier-Tollwut A82.1 Haustier-Tollwut A82.9 Tollwut, nicht näher bezeichnet {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Die Tollwut (Kompositum aus toll , mittelhochdeutsch für nicht bei Sinnen , und Wut ), auch Rabies (von lateinisch rabere, toll sein ) und Lyssa (von griechisch , rasend ) genannt, früher auch Hundswut, Wutkrankheit und Hydrophobia, ist eine seit dem Altertum bekannte akute Infektionskrankheit durch das Rabiesvirus, die bei gleichwarmen Tieren eine tödliche (infauste) Gehirnentzündung verursacht und in der Regel durch den Biss eines tollwutkranken Tieres übertragen wird. Die meisten Säugetiere und viele Vogelarten können sich mit dem Rabiesvirus infizieren, auf Pflanzenfresser wird die Infektion aber seltener übertragen als auf Fleischfresser. Rotfüchse, Hunde, Katzen, Fledermäuse, Frettchen, Dachse, Waschbären und Wölfe waren bis zur weitgehenden Ausrottung der Krankheit durch die Wildtier-Schluckimpfung in Europa die klassischen Tollwutüberträger. Hauptüberträger war dabei der Rotfuchs, er ist bis heute das stereotype Bild eines tollwütigen Tieres mit Schaum vor dem Maul. Tollwut kann sich allerdings auch in einer paralytischen Form zeigen, bei welcher sich das erkrankte Tier ruhig, zurückgezogen oder unnatürlich zahm verhält, ohne die übliche Scheu vor dem Menschen. Außerhalb Europas kommen weitere Arten als wichtige Überträger in Frage, beispielsweise stellen in Indien streunende Hunde eine Hauptinfektionsquelle dar. 2024/2025 kam es an Küsten Südafrikas zu einer Reihe bestätigter Fälle von Tollwut bei Robben. Eichhörnchen, andere Nagetiere und Kaninchen werden dagegen sehr selten angesteckt. Auch Vögel bekommen selten Tollwut, da ihre Körpertemperatur meist etwas oberhalb des Optimums für das Virus liegt. Womöglich überleben diese kleineren Arten räuberische Angriffe nur selten und erreichen damit gar nicht das erste Krankheitsstadium. Nach einer Schätzung der WHO von 2018 sterben jährlich 59.000 Menschen an Tollwut, davon 60 % in Asien und 36 % in Afrika.[1] Indien ist das Land mit den meisten tollwutbedingten Todesfällen, es hat 35 % aller Fälle weltweit.[2] In Deutschland sind zwischen 1977 und 2000 fünf Fälle von Tollwut registriert worden, von denen drei ihren Ursprung im Ausland hatten. In ganz Europa waren es in diesem Zeitraum 281 Fälle.[3] Weltweit werden jährlich mehr als 15 Millionen Menschen aufgrund des Verdachts einer Tollwutinfektion geimpft, wodurch schätzungsweise 327.000 tollwutbedingte Todesfälle verhindert werden.[4] Ohne Schutzimpfung oder Postexpositionsprophylaxe (PEP) verläuft eine Tollwutinfektion innerhalb von 15 bis 90 Tagen von sehr seltenen Einzelfällen abgesehen[5] tödlich.[6] Die Postexpositionsprophylaxe ist nur innerhalb von 24 Stunden nach der Infektion wirksam, je früher, desto besser. Erreger Tollwut-Viren in einer Zelle, EM. Deutlich sichtbar sind die Negri-Körper. Die Tollwut wird von Viren der Gattung Lyssaviren aus der Familie der Rhabdoviridae verursacht. Dabei handelt es sich um behüllte Viren von zylindrischer Form, deren Genom als einzelsträngige RNA mit negativer Polarität vorliegt. Dies steht im Gegensatz zu anderen Viren, die den Menschen befallen, die normalerweise eine kubische Symmetrie haben. Bei all diesen Erregern werden derzeit insgesamt sieben Genotypen unterschieden: Genotyp 1: Rabiesvirus (RABV). Dieses Virus ist das klassische Tollwutvirus. Genotyp 2: Lagos-Fledermausvirus = Lagos bat virus (LBV) Genotyp 3: Mokola-Virus (MOKV) Genotyp 4: Duvenhage-Virus (DUVV) Genotypen 5 und 6: Europäisches Fledermaus-Lyssavirus = European bat lyssavirus (EBLV 1, 2) Genotyp 7: Australisches Fledermaus-Lyssavirus = Australian bat lyssavirus (ABLV) Außer beim Genotyp 2 sind bei allen oben aufgezählten Genotypen Tollwutfälle beim Menschen beschrieben. Die Transkription und Replikation der Viren finden im Zytoplasma der Wirtszelle innerhalb spezieller Virenfabriken statt, den so genannten Negri-Körpern oder Negrischen Einschlusskörperchen (benannt nach ihrem Entdecker, dem Pathologen Adelchi Negri, der sich ab 1903 mit der Erforschung der Tollwut befasste und die nach ihm benannten Körperchen in den Ganglienzellen des Gehirns fand).[7][8] Sie haben einen Durchmesser von 2 10 m und sind typisch für die Tollwutinfektion, so dass sie als pathognomonisches Merkmal dienen.[9] Übertragung 99 % der weltweiten Fälle bei Menschen werden durch den Hund übertragen. In den USA hingegen gingen in den letzten Jahren die meisten Fälle auf Bisse von Fledermäusen zurück und diese stellen auch in Australien, Lateinamerika und Westeuropa ein gewisses Gesundheitsrisiko dar. Kontakte mit wildlebenden mit Tollwut infizierten Raubtieren wie Fuchs, Waschbär, Stinktier, Schakal, Kojote, Wolf oder Mungo können ebenso diese Erkrankung bei Menschen auslösen.[4] Das Virus ist im Speichel eines tollwütigen Tieres vorhanden und der Infektionsweg führt üblicherweise über einen Biss oder eine Kratzwunde. Auch durch direkten Kontakt von infiziertem Speichel mit Schleimhäuten ist eine Übertragung möglich.[4] In vitro ist eine Übertragung durch Schleimhäute vorgekommen. Möglicherweise geschah eine Übertragung in dieser Form bei Menschen, die von Fledermäusen bevölkerte Höhlen erforschten. Außer bei der Organtransplantation (drei Fälle in den USA[10] zu Beginn des Jahres 2004 und drei Fälle in Deutschland Anfang 2005)[11] ist die Übertragung von Mensch zu Mensch durch Bisse, wenngleich grundsätzlich möglich, bislang nicht beobachtet worden. Von der Eintrittsstelle wandert das Virus entlang der Nervenzellen in das Zentralnervensystem (ZNS). Der retrograde axonale Transport ist der wichtigste Schritt in der natürlichen Tollwut-Infektion. Die genauen molekularen Grundlagen dieses Transports sind noch nicht geklärt, aber es wurde nachgewiesen, dass das Protein P des Rabiesvirus mit dem Protein DYNLL1 (LC8) der leichten Kette von Dynein interagiert.[12] P agiert auch als Interferonantagonist, wodurch die Immunantwort abgemildert wird.[13] Vom ZNS breitet sich das Virus auch in andere Organe aus, so tritt es im Speichel infizierter Tiere auf und kann sich dadurch weiterverbreiten. Oftmals tritt eine erhöhte Aggressivität mit verstärktem Beißverhalten auf, welches die Wahrscheinlichkeit, das Virus weiter zu verbreiten, erhöht. Krankheitsverlauf und Symptome Krankheitsverlauf beim Menschen Nach der Infektion eines Menschen durch den Biss eines infizierten Tieres bleibt das Virus für etwa drei Tage in der Nähe der Eintrittspforte, wird dort vermehrt und gelangt dann über das Innere der Nervenfasern der peripheren Nerven bis in das Rückenmark und schließlich ins Gehirn. Vom Zentralnervensystem aus breitet sich das Virus entlang peripherer Nerven und Hirnnerven unter anderem auch zu Speicheldrüsen und Tränendrüsen aus und wird mit deren Sekreten ausgeschieden.[14] Ist das Virus dagegen durch den Biss direkt in die Blutbahn gelangt, erreicht es das Zentralnervensystem sehr viel schneller. Sobald das Virus das Zentralnervensystem erreicht hat, ist eine Impfung nicht mehr wirksam, daher sollte eine postexpositionelle Impfung schnellstmöglich (innerhalb weniger Stunden) erfolgen. Da die Inkubationszeit allerdings auch sehr lang sein kann, hat eine postexpositionelle Impfung auch noch nach Monaten möglicherweise noch eine Wirkung, sofern die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist.[15] Tollwutpatient Die Inkubationszeit also der Zeitraum zwischen der Infektion und den ersten, erkältungsähnlichen Symptomen liegt zwischen fünf Tagen und mehreren Jahren, meist beträgt sie zwei bis drei Monate. Die Dauer hängt von der Lokalisation der Bissstelle, der Virusunterart und dem Immunsystem des Betroffenen ab.[16] Das Virus verursacht eine Gehirnentzündung (Enzephalitis), worauf die typischen Symptome zurückzuführen sind. Es kann auch das Rückenmark befallen werden, was sich in einer Rückenmarksentzündung (Myelitis) äußert. Bei der Übertragung durch einen Biss in Arm oder Bein äußern sich häufig zuerst Schmerzen an der gebissenen Extremität. Sensibilitätsverlust entsprechend der Hautdermatome ist regelmäßig beobachtet worden. Daher werden viele, vor allem atypische Krankheitsverläufe zunächst als Guillain-Barr -Syndrom falsch diagnostiziert. Bald danach steigern sich die zentralnervösen Symptome wie Lähmungen, Angst, Verwirrtheit, Aufregung, weiter fortschreitend zum Delirium, zu anormalem Verhalten, Halluzinationen und Schlaflosigkeit. Die Lähmung der hinteren Hirnnerven (Nervus glossopharyngeus, Nervus vagus) führt zu einer Rachenlähmung, verbunden mit einer Unfähigkeit zu sprechen oder zu schlucken dies ist während späterer Phasen der Krankheit typisch. Hydrophobie bei einem Mann mit Tollwutverdacht Der Anblick von Wasser kann Anfälle von Hydrophobie mit Krämpfen des Rachens und Kehlkopfs hervorrufen. Der stark vermehrte Speichelfluss (Hypersalivation) kann bald nicht mehr abgeschluckt werden und bildet Schaum vor dem Mund. Die Schluckbehinderung verhindert die Verdünnung des Virus, was seine Virulenz erhöht. Geringste Umweltreize wie ein Anemophobie auslösender Luftzug, z. B. durch einen Ventilator,[17] oder Geräusche und Licht führen zu Wutanfällen, Schreien, Schlagen und Beißen, bei letzterem wird das hochkonzentrierte Virus schließlich übertragen. Die Erkrankung kann auch in der stummen Form verlaufen, bei der ein Teil der genannten Symptome fehlt. Jedoch findet sich unabhängig von der Verlaufsform bei der Bildgebung mit dem Kernspintomographen eine Aufhellung in der Region des Hippocampus und am Nucleus caudatus. Praktisch immer tritt zwei bis zehn Tage nach den ersten Symptomen der Tod ein, bei den wenigen Überlebenden blieben in der Regel schwerste Gehirnschäden zurück. Im Jahr 2012 wurden bei indigenen Gemeinschaften der zwei Urwalddörfer Truenococha und Santa Marta im peruanischen Amazonasgebiet erstmals Hinweise auf mögliche Tollwut-Resistenzen beim Menschen gefunden.[18] Krankheitsverlauf bei Wildtieren und Haustieren An Tollwut können alle Säugetiere und bedingt auch Vögel erkranken. Die Inkubationszeit beträgt im Regelfall zwei bis acht Wochen. Die Erkrankung dauert zwischen einem Tag und einer Woche und endet immer tödlich. Zu den ersten Symptomen gehören meist Wesensveränderungen. Tollwütiger Hund mit Lähmungen und Speichelfluss Erkrankte Haushunde können dabei besonders aggressiv und bissig werden, sind übererregt, zeigen einen gesteigerten Geschlechtstrieb und bellen grundlos ( rasende Wut ). Später stellen sich Lähmungen ein, die zu heiserem Bellen, Schluckstörungen (starkes Speicheln, Schaum vor dem Maul), Heraushängen der Zunge führen und infolge Lähmung der Hinterbeine kommt es zum Festliegen. Die Phase der rasenden Wut kann auch fehlen und die Tollwut gleich mit den Lähmungserscheinungen beginnen ( stille Wut ). Es kommen auch atypische Verläufe vor, die zunächst einer Magen-Darm-Kanal-Entzündung (Gastroenteritis) gleichen.[19] Bei der Hauskatze gleicht das klinische Bild dem des Hundes. Häufig zieht sich eine erkrankte Katze zurück, miaut ständig und reagiert aggressiv auf Reizungen. Im Endstadium kommt es zu Lähmungen. Beim Hausrind zeigt sich eine Tollwut zumeist zunächst in Verdauungsstörungen, es kommt zu einer Atonie und Aufgasung des Pansens und Durchfall. Insbesondere bei Weidehaltung muss die Tollwut immer als mögliche Ursache für Verdauungsstörungen in Betracht gezogen werden. Später stellen sich Muskelzuckungen, Speicheln, ständiges Brüllen und Lähmungen der Hinterbeine ein. Bei kleinen Wiederkäuern wie Schafen und Ziegen dominiert die stille Wut , es können aber auch Unruhe, ständiges Blöken und ein gesteigerter Geschlechtstrieb auftreten. Beim Hauspferd kann die Tollwut als rasende Wut mit Rennen gegen Stallwände und Koliken oder als stille Wut mit Apathie auftreten. Die stille Wut kann mit einer Bornaschen Krankheit verwechselt werden. Beim Hausschwein dominieren Aufregung, andauerndes heiseres Grunzen, Zwangsbewegungen und Beißwut. Bei Vögeln ist die Krankheit sehr selten und äußert sich in ängstlichem Piepen, Bewegungsstörungen und Lähmungen. Bei Wildtieren führt eine Tollwut häufig zum Verlust der Scheu vor dem Menschen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass viele verstädterte Wildtiere wie Füchse und Waschbären diese ohnehin nicht mehr aufweisen. Diagnostik Die Diagnose wird anhand der klinischen Symptome, dem Kontakt zu einer Erregerquelle (meist ein infiziertes Tier) und der Anamnese gestellt. Die Labordiagnostik ist vor allem bei Verdachtsfällen beim Menschen schwierig und nicht immer aussagekräftig. Virusdiagnostik beim Tier Bei getöteten oder verendeten Tieren wird der Virusnachweis durch Untersuchung von frischem Gehirngewebe durchgeführt. Dabei gilt der Nachweis von Negri-Körperchen (nach Aldechi Negri), also Antigenen des Rabiesvirus in 1 bis 25 m großen Einschlusskörperchen, als beweisend. Dazu werden die Paraffinschnitte nach einer Methylblau-Eosin-Färbung nach Mann beurteilt. Der Nachweis der mit dieser Färbemethode gut sichtbaren basophilen Negri-Körperchen hat eine diagnostische Sensitivität von etwa 75 %, d. h. bei etwa einem Viertel der infizierten Tiere ist das Ergebnis falsch negativ.[20] Die Virusantigene können auch mittels eines Immunfluoreszenztests (IFT) nachgewiesen werden. Zusätzlich kann der direkte Nachweis des viralen Genoms in Gehirnproben auch mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) erfolgen; ein negatives PCR-Ergebnis aus Gehirngewebe schließt eine Tollwutinfektion post mortem aus. Ein direkter Virusnachweis kann auch nach Anzucht des Virus in einer Zellkultur erfolgen. Eine Unterscheidung bzw. Differenzierung der verschiedenen Lyssaviren wird durch eine Sequenzierung von Genomabschnitten oder der Typisierung mit verschiedenen typspezifischen monoklonalen Antikörpern erreicht. Serologische Untersuchungen, also der Nachweis von Antikörpern gegen das Rabiesvirus im Blut des Tieres, spielen keine diagnostische Rolle beim akuten Krankheitsverdacht und sind wissenschaftlichen Fragestellungen oder der Überprüfung des Impferfolges z. B. in einem umschriebenen Bezirk nach Auslegung von Impfködern vorbehalten (siehe auch Anhang zu 12 Tollwutverordnung[21]). In den meisten europäischen Ländern werden die direkten Nachweise von Veterinäruntersuchungsämtern oder beauftragten, speziell akkreditierten Laboratorien durchgeführt. Da die Testverfahren mit Gehirngewebe (Mikroskopie, Antigen-Nachweis, PCR) am sichersten eine Tollwutinfektion ausschließen oder feststellen können, ist eine amtstierärztliche Anordnung der Tötung des Verdachtstieres in vielen Ländern möglich. Bei Nutz- und Haustieren kann eine staatliche Entschädigung nach jeweils länderspezifischer Gesetzgebung erfolgen. Diagnostik beim Menschen Die Verdachtsdiagnose einer möglichen Tollwutinfektion wird durch eine sorgfältige Anamnese insbesondere zu Auslandsaufenthalten, Tierkontakt, Kontakt zu Sekreten wie Speichel oder Blut auf Schleimhäuten oder offenen Wunden, Bissereignis, Verhalten und Art des Tieres und einem eventuellen positiven Virusnachweis beim Tier gestellt. Eine Erkrankung wird vorwiegend klinisch anhand der typischen neurologischen Symptome diagnostiziert. Problematisch ist insbesondere die frühe Infektionsphase, bei der virologische Testverfahren oft noch negativ sind und die Symptomatik noch nicht ausgeprägt ist. Unmittelbar nach einer Exposition kann keine virologische Untersuchung die Infektion beweisen oder ausschließen, obwohl gerade in einem kurzen Zeitfenster nach der Exposition die Entscheidung zu einer Immunprophylaxe getroffen werden muss. Keine bislang bekannte virologische Testmethode ist in der Lage, eine Tollwutinfektion beim Lebenden sicher auszuschließen. Nur ein eventuell positiver direkter Erregernachweis oder eine sichere Serokonversion zwischen zwei zeitlich um Wochen versetzte Serumproben (bei Ausschluss einer frischen Impfung) können eine Infektion beweisen. Diese Nachweise sind jedoch schwierig, zum einen aufgrund der latenten Ausbreitung des Virus im Nervengewebe, so dass im Untersuchungsmaterial kein Virus mehr präsent ist, zum anderen wird das Virus außerhalb des Körpers rasch inaktiviert, was Testverfahren mit Virusvermehrung einschränkt. Direkte Nachweisverfahren für Tollwutviren sind Speziallaboratorien vorbehalten. Als direkte Nachweismethoden stehen prinzipiell ein Antigennachweis mittels Immunfluoreszenztest (IFT), eine Polymerase-Kettenreaktion (PCR), die Virusisolierung in der Zellkultur (RTCIT) oder der Mäuseinokulationstest (MIT) zur Verfügung. Bei letzterem wird die Probe in das Gehirn von Mäusen injiziert und auftretende Lähmungen oder der Tod der Maus bis zu zwei Wochen lang beobachtet. Als zu untersuchendes Material kommen (je nach Methode und möglichem Infektionsstadium) Speichel, Augenhornhaut-Abstriche (Cornea-Abstrich) oder -Abklatschpräparate, sowie Hautbioptate (insbesondere Nackenhautbioptate) in Frage. Alle Laborarbeiten und der Transport und die Versendung der Proben zum direkten Erregernachweis müssen unter besonderen Sicherheitsmaßnahmen (biologische Schutzstufe L3) erfolgen, Proben müssen bis zum Testeinsatz durchgehend kühl gehalten werden. Jeder positive, direkte Erregernachweis beweist eine Tollwutinfektion, ein negatives Testergebnis kann die Diagnose nicht ausschließen.[22] Der sichere Ausschluss oder die Bestätigung der Diagnose ist virologisch nur post mortem analog zum Nachweis beim infizierten Tier möglich. Behandlung Im Jahr 1885 hatte Louis Pasteur eine Tollwutbehandlung durch aktive Schutzimpfung eingeführt.[23] Eine evidenzbasierte Behandlung neben der postexpositionellen Impfung steht nicht zur Verfügung. Einzelne veröffentlichte Behandlungserfolge mit Überleben der Patienten sind hoch umstritten. Die Behandlung sollte zur Symptomlinderung gegebenenfalls unter Einsatz von Sedativa auf der Intensivstation erfolgen.[24] Impfungen Hauptartikel: Tollwutimpfstoff Joseph Meister war 1885 der erste Mensch, der erfolgreich gegen Tollwut geimpft wurde. Louis Pasteur entwickelte 1885 die erste Tollwut-Impfung mit abgeschwächten Erregern und rettete durch eine postexpositionelle Impfung am 6. Juli 1885 das Leben von Joseph Meister, der von einem tollwütigen Hund gebissen worden war. Heutzutage lässt sich unmittelbar nach einem Biss oder einem tollwutverdächtigen Kontakt die Infektion durch eine Simultanimpfung mit Antikörpern und Antigenen verhindern. Je weiter die Bisswunde vom zentralen Nervensystem entfernt liegt und je weniger venöse Blutgefäße verletzt wurden, desto besser ist die Prognose für den Patienten. Eine Immunprophylaxe sollte bei jedem begründeten Verdacht schnellstmöglich erfolgen. Vorbeugende Impfung Der Ausbruch der Erkrankung kann durch eine vorbeugende (präexpositionelle) Impfung verhindert werden. Heutzutage wird dabei ein Totimpfstoff aus inaktivierten Tollwut-Viren in den Oberarm injiziert. Wie bei aktiver Immunisierung üblich, müssen mehrere Dosen im Abstand von einigen Tagen bis Wochen verabreicht werden. Der genaue Impfplan ist präparatabhängig, in der Regel erfolgt eine Impfung zum Zeitpunkt 0, 7 und 28 Tage. Der Impfling bildet nach der Injektion schützende Antikörper gegen die Viren. Der volle Schutz wird etwa eine Woche nach der letzten Impfung erreicht. Bei Risikogruppen wie Laborpersonal oder Wildhütern wird nach 1 bis 2 Jahren die Anzahl der Antikörper im Blut überprüft und die Impfung gegebenenfalls aufgefrischt. Postexpositionelle Impfung Besteht der Verdacht auf eine Tollwutinfektion, führt man in der Regel eine Simultanimpfung durch. Die passive Immunisierung besteht aus der einmaligen Gabe von Tollwut-Antikörpern. Mindestens die Hälfte der Antikörper wird dabei um die zuvor gereinigte und desinfizierte Wunde herum injiziert, der Rest wird intragluteal gegeben.[25] Die Injektion mit der aktiven Immunisierung erfolgt dabei möglichst weit von der Wunde entfernt, um die wechselseitige Neutralisation der beiden Impfstoffe möglichst gering zu halten. Die STIKO gibt folgende Empfehlung für die postexpositionelle Immunprophylaxe:[26] Grad der Exposition Art der Exposition Immunprophylaxe durch ein tollwutverdächtiges oder tollwütiges Wild- oder Haustier durch einen Tollwut-Impfstoffköder I Berühren / Füttern von Tieren, Belecken der intakten Haut Berühren von Impfstoffködern bei intakter Haut keine Impfung II Knabbern an der unbedeckten Haut, oberflächliche, nicht blutende Kratzer durch ein Tier, Belecken der nicht intakten Haut Kontakt mit der Impfflüssigkeit eines beschädigten Impfstoffköders mit nicht intakter Haut Impfung III Jegliche Bissverletzung oder Kratzwunden, Kontamination von Schleimhäuten mit Speichel (z. B. durch Lecken, Spritzer) Kontamination von Schleimhäuten und frischen Hautverletzungen mit der Impfflüssigkeit eines beschädigten Impfstoffköders Impfung und einmalig simultan mit der ersten Impfung passive Immunisierung mit Tollwut-Immunglobulin (20 IE/kg Körpergewicht) Verbreitung und Bekämpfung Karte der tollwutfreien Länder (2010): Immer tollwutfrei gewesen Tollwut vor dem Jahr 1990 eliminiert Tollwut im oder nach dem Jahr 1990 eliminiert tollwutfrei, Jahr der Ausrottung unbekannt Tollwut ist in vielen Teilen der Welt enzootisch, nur wenige Länder sind tollwutfrei. Bezüglich Übertragung, Epidemiologie und Reservoirwirten wird unterschieden zwischen der von Haustieren (meist Hunden) übertragenen urbanen Tollwut, der von Wildtieren (je nach Ort beispielsweise Füchse, Waschbären, Stachelschweine, Wölfe) übertragenen sylvatischen Tollwut und der durch Fledermäuse übertragenen Fledermaustollwut. Das Tollwut-Virus überlebt in weiträumigen, abwechslungsreichen, ländlichen Tierwelt-Reservoiren. Die obligatorische Impfung von Tieren ist in ländlichen Gebieten weniger wirksam. Schluck-Impfstoffe können in Ködern verteilt werden, was die Tollwut in ländlichen Gebieten Frankreichs, Ontarios, Texas , Floridas und anderswo erfolgreich zurückdrängte. Impfkampagnen können jedoch teuer sein, und eine Kosten-Nutzen-Analyse kann die Verantwortlichen dazu bringen, sich für Bestimmungen zur bloßen Eindämmung statt zur völligen Beseitigung der Krankheit zu entscheiden. Jährlich an Tollwut gestorbene Menschen pro 100.000 Einwohner Um die Verbreitung der Krankheit zu bekämpfen, besteht für den grenzüberschreitenden Reiseverkehr mit kleinen Haus- und Heimtieren (Hunde, Katzen, Frettchen) schon seit Langem eine allgemeine Impfpflicht gegen Tollwut. Die von Land zu Land sehr unterschiedlichen zusätzlichen Bestimmungen wurden für die Verbringung von Tieren innerhalb der Europäischen Union mit der Einführung des EU-Heimtierausweises ab dem 4. Oktober 2004 vereinheitlicht. Weltweit betrachtet sind Haushunde die wichtigste Infektionsquelle für Tollwut beim Menschen; auf sie gehen 99 Prozent der Todesfälle zurück. Jährlich gibt es etwa 50.000 registrierte Infektionen durch Hunde beim Menschen. Impfkampagnen und Kontrolle der Hundepopulation sind die einzige Möglichkeit, die urbane Tollwut wirksam zu bekämpfen.[27] Deutschland Warnung vor Wildtollwut in Deutschland (2005) Für Tollwut bei Tieren besteht in Deutschland nach der Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen eine Anzeigepflicht.[28] Zur Bekämpfung der Fuchstollwut wurden bis 2008, neben einer Bestandsverringerung durch eine verstärkte Bejagung des Fuchses,[29] Impfköder zur oralen Immunisierung der Füchse großflächig aus Flugzeugen in den gefährdeten Bezirken abgeworfen. Ergänzt wurden diese Maßnahmen durch Handauslagen von Ködern. Deutschland gilt seit April 2008 nach den Kriterien der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) als tollwutfrei (d. h. frei von terrestrischer Tollwut),[30] nicht jedoch nach den strengeren WHO-Kriterien (frei von jeglichen Tollwutviren, auch Fledermaustollwut). Während noch im Jahr 1980 insgesamt 6800 Fälle gemeldet wurden, waren es im Jahr 1991 noch 3500, im Jahr 1995 nur 855, im Jahr 2001 noch 50 und 2004 noch 12 gemeldete Fälle. Mit fünf Fällen 2004 am stärksten von der Tollwut betroffen war der Fuchs. Vom 2. Quartal 2006 bis zum Dezember 2008 wurden in Deutschland keine Fälle von Tollwut bei Wild- oder Haustieren mehr gemeldet. Am 29. Dezember 2008 wurde jedoch im Landkreis Lörrach bei einem aus Kroatien importierten Hund amtlich die Tollwut festgestellt.[31] Ein weiterer Fall bei einem Hund wurde im März 2010 in Neustadt an der Aisch amtlich festgestellt, nachdem das drei Monate alte, illegal aus Bosnien eingeführte Tier einen Menschen gebissen hatte.[32] Im Juli 2013 wurde im unterfränkischen Landkreis Haßberge bei einem aus Marokko importierten Hundewelpen Tollwut festgestellt.[33] Auch im September 2021 war ein illegal importierter Hundewelpe Einträger des Tollwutvirus und führte zur prophylaktischen Impfung von 41 Personen.[34] Seit 2001 sind in Deutschland insgesamt sechs Tollwutfälle bei Menschen gemeldet worden, davon im Jahr 2005 vier miteinander im Zusammenhang stehende Erkrankungen. Davon betroffen war zunächst eine 26-jährige Frau, die bei einem Aufenthalt in Indien durch einen Hundebiss infiziert wurde. Sie starb, ohne dass ihre Tollwuterkrankung diagnostiziert wurde. Nach ihrem Hirntod wurden ihr Organe zur Transplantation entnommen, drei ungeimpfte Organempfänger starben ebenfalls an Tollwut.[35] Der letzte Tollwutfall bei einem Menschen in Deutschland trat im Jahr 2007 bei einem Mann auf, der in Marokko von einem streunenden Hund gebissen wurde.[36][37][38] Wenngleich die klassische (terrestrische) Tollwut in Deutschland nicht mehr vorkommt, lässt sich die Fledermaus-Tollwut vorerst nicht ausrotten. Ihre Erreger Europäische Fledermaus-Lyssaviren (EBLV) 1 und 2 sind mit dem klassischen Tollwutvirus eng verwandt, dennoch ist sie unabhängig von der klassischen Tollwut, jedoch für den Menschen ebenso gefährlich. Die derzeit verfügbaren Tollwut-Impfstoffe wirken auch gegen diese Viren. Seit 2010 werden im Schnitt rund 20 Fälle pro Jahr registriert (Stand: Ende 2018).[39] Österreich Durch die seit den 1990er Jahren durchgeführten Maßnahmen gilt die Tollwut in Österreich als ausgerottet. Zwei in den Jahren 2004 und 2006 vermutete Tollwutverdachtsfälle bei Füchsen konnten entkräftet werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Internationale Tierseuchenorganisation haben Österreich am 28. September 2008 zum tollwutfreien Gebiet erklärt.[40] Schweiz Die Schweiz gilt seit 1999 als tollwutfrei. Die Krankheitsfreiheit wurde durch eine gezielte Fuchsimpfkampagne erreicht.[41][42][43] Großbritannien In Großbritannien trugen Hundelizenzen, Tötung von Straßenhunden, Maulkorbpflicht, strenge Quarantäne und vollständiges Importverbot von Tieren und andere Maßnahmen zur Ausrottung der Tollwut am Anfang des 20. Jahrhunderts bei. Immer noch hat die Insel strenge Regulierungen bei der Einfuhr von Tieren. 1996 wurde eine einzelne Wasserfledermaus entdeckt, die mit dem europäischen Fledermaus-Lyssavirus 2 (EBLV-2) infiziert war. Im September 2002 wurde in Lancashire eine weitere Wasserfledermaus positiv auf EBLV-2 getestet. Ein Fledermaus-Schützer, der von der angesteckten Fledermaus gebissen worden war, erhielt eine Postexpositionsbehandlung und erkrankte nicht. Die Fledermaustollwut wird ebenfalls durch ein Virus der Gattung Lyssaviren ausgelöst, das aber nicht identisch mit dem Rabiesvirus ist; siehe dazu den Abschnitt Erreger. Bali/Indonesien 2009 wurden mehrere Todesfälle bei Menschen von der Urlaubsinsel gemeldet. Zuvor galt die Insel als tollwutfrei.[44] Seit dem Beginn des Tollwutausbruchs 2008 haben 45 Patienten GeoSentinel- oder EuroTravNet-Einrichtungen zur Postexpositionsprophylaxe aufgesucht. Das sind 12,6 % der Reisenden, die insgesamt in Kliniken des Netzwerks zur Postexpositionsprophylaxe erschienen. Die erhobenen Daten zeigen, dass die Mehrzahl der Verletzungsfälle durch Tiere nicht durch Bisse oder Kratzer von Hunden, sondern durch Affen verursacht wurden.[45] USA Seit der Entwicklung von wirksamen Impfstoffen für Menschen und Immunglobulin-Behandlungen ist die Zahl der Todesopfer der Tollwut in den USA von 100 oder mehr pro Jahr am Anfang des 20. Jahrhunderts auf ein bis zwei pro Jahr gefallen, die größtenteils von Fledermaus-Bissen herrühren. Zunehmend gewinnen jedoch auch infizierte, streunende Waschbären als Überträger an Bedeutung. Diese werden vom Futter in überquellenden Mülltonnen in menschlichen Siedlungen angelockt. Australien Australien ist einer von wenigen Teilen der Welt, in die die Tollwut nie eingeschleppt wurde. Jedoch kommt das australische Fledermaus-Lyssavirus natürlicherweise in den meisten Festland-Staaten vor. Es befällt sowohl insektenfressende Fledermäuse der Art Saccolaimus flaviventris als auch die vier in Australien heimischen Arten der Flughunde, die sich pflanzlich ernähren.[46] Indien Indien ist das Land der Erde, in dem die meisten Tollwutfälle bei Menschen bekannt sind.[3] Die Übertragung erfolgt dort überwiegend durch Bisse meist freilaufender Hunde. Da eine Immunglobulin-Behandlung oft nicht verfügbar ist, wird fast ausschließlich mit der Postexpositionsmethode behandelt, die möglicherweise nicht so gute Heilungschancen wie die kombinierte Methode verspricht. Bei einem längeren Aufenthalt sollte also an eine vorherige Aktivimpfung gedacht werden (Reisemedizin). In Indien gibt es pro Jahr 18.000 bis 20.000 menschliche Tollwutfälle.[47] Da in Indien streunende Hunde nicht getötet werden dürfen, werden sie eingefangen, gegen Tollwut geimpft, gekennzeichnet und sterilisiert. Nach Schätzungen sind im Jahr 2015 nur etwa 15 % der streunenden Hunde geimpft, während es für eine effektive Verhinderung der Tollwut-Weiterverbreitung 70 % sein sollten.[2][48] Volksrepublik China Absolutzahlen und Inzidenz der menschlichen Tollwut in der Volksrepublik China 1960 2014[49] Humane Tollwutfälle in China im Jahr 2007 nach Provinzen[50] Neben Indien ist China am meisten von Tollwut betroffen. In den Jahren 1960 bis 2014 wurden in der Volksrepublik China 120.913 Fälle von menschlicher Tollwut registriert, entsprechend durchschnittlich 2198 Fällen pro Jahr. In der Dekade zwischen 2004 und 2014 waren es 32.932 Fälle. Das Jahr mit der höchsten Inzidenz und Fallzahl war 1981 (0,7/100.000, 7037 Fälle). Die Häufigkeit der Tollwut nahm ab den 1980er Jahren zunächst aufgrund behördlicher Maßnahmen wie die Eindämmung streunender Hunde, Impfung von Hunden und Postexpositionsprophylaxe deutlich ab und erreichte im Jahr 1996 mit 159 gemeldeten Fällen (Inzidenz 0,01/100.000) ein absolutes Minimum, stieg aber danach wieder an bis zu einem zweiten Höhepunkt im Jahr 2007 mit 3300 Fällen (Inzidenz 0,3/100.000). Seitdem fallen die Zahlen wieder und lagen im Jahr 2014 bei 924 Fällen mit einer Letalität von 92 %.[49] Die Tollwut war 2014 die dritthäufigste Todesursache (nach AIDS und Tuberkulose) unter allen meldepflichtigen Infektionskrankheiten in der VR China.[51] Überwiegend sind Bauern betroffen und die Zahl der Tollwutfälle zeigt eine deutliche jahreszeitliche Variation mit einem Maximum in den Sommermonaten. Zu mehr als 95 % sind Hunde die Überträger. Es gibt allerdings auch ein Virusreservoir in bestimmten Wildtier-Spezies.[49] Nahezu 50 % der Fälle wurden in den Provinzen Guangxi, Hunan und Guizhou registriert. Von 315 untersuchten Fällen in diesen Provinzen erhielten 66,3 % der Patienten gar keine und 27,6 % unzureichende Postexpositionsprophylaxe. Nur 6 % erhielten volle Tollwutprophylaxe. In diesen Provinzen lag die Infektionsrate bei Hunden mit 2,3 % ebenfalls sehr hoch. Die Impfquote bei Hunden in 60 % der untersuchten Städte betrug unter 70 %.[52] Tollwut nach Organtransplantation Im Jahr 2004 wurde in den USA die Tollwut von einem Organspender auf die Empfänger übertragen. Drei Patienten, denen Tollwut-kontaminierte Organe transplantiert worden waren, starben an der Krankheit. Die US-Seuchenüberwachungsbehörde CDC stellte fest, dass der Organspender sich durch eine Fledermaus mit dem Virus angesteckt hatte.[10] Auch in Deutschland sind drei Personen an einer durch Organspende übertragenen Tollwut gestorben, drei weitere mit Organen derselben Spenderin überlebten. Die im Dezember 2004 verstorbene Spenderin hatte sich im Oktober 2004 bei einem Indienurlaub durch einen Hundebiss unerkannt infiziert.[11] Veraltete Bezeichnungen, Mythos und Geschichte Früher waren auch die Bezeichnungen Hydrophobie bzw. Aquaphobie geläufig, übersetzt Wasserscheu als typisches Symptom der Erkrankung. Gebräuchlich waren auch bis ins 19. Jahrhundert und darüber hinaus[53] die Benennungen als Hundswut, Hundewut und St.-Hubertus-Krankheit. Erst seit 1810 ist die heutige Bezeichnung Tollwut schriftlich nachweisbar.[54] Fran ois Boissier de Sauvages de Lacroix, Della natura e causa della rabbia (Dissertation über Natur und Ursache der Tollwut), 1777 Dass die Übertragung durch den Biss befallener Hunde erfolgen kann, war schon in der Antike (im Corpus Hippocraticum) bekannt. In früheren Zeiten war die Tollwut von Mythen, Aberglauben und Irrtümern umgeben und schürte, da die Krankheit unweigerlich zum Tod führte, die Ängste und Phantasien der Menschen. Auch dass die Tollwut vermeintlich durch Wölfe übertragen wurde, trug zur Legendenbildung bei. Der Ursprung des Werwolfsglaubens beispielsweise wurzelt möglicherweise in der Tollwuterkrankung eines Menschen. In der Antike befassten sich auch Aristoteles und Euripides mit der Krankheit. In der griechischen Götterwelt waren Artemis, Hekate, Aktaion und Lykaon Verkünder, Verbreiter oder Opfer der Tollwut. Sirius, der Hauptstern im Sternbild des Großen Hundes, galt im antiken Griechenland als Wegbereiter der Seuche. Im Mittelalter wurde, ausgehend von Augustinus, der Ursprung der Tollwut beim Teufel gesucht; der heilige Hubertus gilt seit dieser Zeit als Schutzpatron gegen die Tollwut. Die Tollwut wurde mit dem Hubertusschlüssel behandelt. Beschrieben wurde die Tollwut auch von Galenos und Celsus sowie Avicenna, dessen Definition der rabies später Berthold Blumentrost[55] ausbaute. Sowohl die besonderen Jagdprivilegien des Adels als auch langwierige Kriege sorgten im ausgehenden Mittelalter für eine Zunahme des Wolfbestands und somit auch der Tollwut. Aus der Zeit des Hundertjährigen Krieges wird aus Paris berichtet, dass täglich infizierte Wölfe, die in die Stadt eingedrungen waren, getötet wurden. Neben verschiedenen Wundermitteln waren religiös-magische Abwehrhandlungen gegen die Tollwut in Gebrauch. So ist zum Beispiel das Tragen eines Sator-Quadrates als Tollwut-Amulett belegt.[56] Der österreichische Militärarzt Matthäus Mederer (1739 1805) beschäftigte sich u. a. intensiv mit der Bekämpfung von Tollwut, weshalb ihn Kaiser Joseph II. 1789, mit dem Prädikat Edler von Wuthwehr, in den erblichen Adelsstand erhob. Sein Sohn, der General Conrad von Mederer Edler von Wuthwehr (1781 1840), war der bekannteste Träger dieses an die Tollwut erinnernden Adelstitels. Um 1884 schuf Pasteur die prophylaktisch-therapeutische Schutzimpfung gegen die Tollwut. Meldepflicht In Deutschland ist Tollwut beim Menschen eine meldepflichtige Krankheit nach 6 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes. Die namentliche Meldepflicht besteht nicht nur bei Verdacht, Erkrankung und Tod, sondern schon bei Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers . Beim Tier ist sie in Deutschland eine anzeigepflichtige Tierseuche nach 4 Tiergesundheitsgesetz in Verbindung mit 1 der Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen. In Österreich ist sie beim Menschen als Wutkrankheit (Lyssa) eine anzeigepflichtige Krankheit gemäß 1 Abs. 1 Epidemiegesetz 1950. Die Anzeigepflicht bezieht sich auf Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle sowie Bissverletzungen durch wutkranke oder -verdächtige Tiere . Eine Infektion mit dem Tollwut-Virus[57] ist gemäß Anhang II der Verordnung (EU) 2016/429 in Österreich beim Tier meldepflichtig. In der Schweiz ist Tollwut als auszurottende Seuche im Sinne von Artikel 3 der Tierseuchenverordnung (TSV) mit sehr umfassenden Pflichten nach den Artikeln 142 149 TSV[58] meldepflichtig.[59] Beim Menschen ist Tollwut eine in der Schweiz ebenfalls meldepflichtige Krankheit und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Meldepflichtig ist der klinische Verdacht. Literatur Th. Mertens, O. Haller, H.-D. Klenk (Hrsg.): Diagnostik und Therapie von Viruskrankheiten Leitlinien der Gesellschaft für Virologie. 2. Auflage. München 2004, ISBN 3-437-21971-5, S. 283 288. N. Suttorp, M. Mielke, W. Kiehl, B. Stück: Infektionskrankheiten. Stuttgart 2004, ISBN 3-13-131691-8, S. 456 f. M. Rolle, A. Mayr (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8. Auflage. Ferdinand Enke, Stuttgart 2006, ISBN 3-8304-1060-3 (books.google.com). S. 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Feng, G. D. Liang: Epidemiological Investigations of Human Rabies in China. In: BMC Infectious Diseases. Band 9, 2009, S. 210, doi:10.1186/1471-2334-9-210, PMID 20025742, PMC 2803182 (freier Volltext) (biomedcentral.com [PDF]). Evert Dirk Baumann: Über die Hundswut im Altertume. In: Janus. Band 32, 1928, S. 137 151 und 168 185. R. Ittersheim: Tödliche Wut Streiflichter aus der Tollwuthistorie. In: Ärzteblatt Thüringen. Band 21, Nr. 12, 2010, S. 716 718. Konrad Goehl: Berthold Blumentrosts Giftbüchlein Tractatus de cautelis venenorum neu gelesen. In: Konrad Goehl, Johannes Gottfried Mayer (Hrsg.): Editionen und Studien zur lateinischen und deutschen Fachprosa des Mittelalters. Festgabe für Gundolf Keil zum 65. Geburtstag. Königshausen & Neumann, Würzburg 2000 (= Texte und Wissen. Band 3), ISBN 3-8260-1851-6, S. 67 126, hier: S. 112. S. Winkle: Kulturgeschichte der Seuchen. Artemis & Winkler, 1997, ISBN 3-933366-54-2, S. 916. Meldepflicht bei Tierkrankheiten und -seuchen. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, 5. August 2024, abgerufen am 21. Oktober 2024. Tierseuchenverordnung (TSV). In: admin.ch. Der Schweizerische Bundesrat, abgerufen am 14. März 2020 (Schweizer Hochdeutsch, vom 27. Juni 1995 (Stand am 1. Januar 2020)). Tollwut beim Tier und beim Menschen. In: blv.admin.ch. Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, 5. März 2020, abgerufen am 14. März 2020 (Schweizer Hochdeutsch). Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! Normdaten (Sachbegriff): GND: 4185630-2 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Trauma (Medizin).txt | Als Trauma (Plural Traumata oder Traumen; von altgriechisch τραῦμα ‚Wunde‘) oder Verletzung bezeichnet man in der Medizin und der Biologie eine Schädigung oder Verwundung lebenden Gewebes, die durch Gewalteinwirkung von außen entsteht. Physikalisch gesehen wird ein Trauma durch einen plötzlichen Energietransfer oder den plötzlichen Entzug von Wärme oder Sauerstoff ausgelöst, die Energie kann mechanisch (z. B. durch Unfall), thermisch (Verbrennung), elektrisch, chemisch oder durch Strahlen auf den Körper einwirken.[1] Während „Trauma“ das gesamte Verletzungsgeschehen umfasst, wird für eine Einzelverletzung auch der Begriff „Läsion“ verwendet. Die Lehre der Verletzungsarten und deren Behandlung wird als Traumatologie bezeichnet.
Im übertragenen Sinne werden in Medizin und Psychologie auch schwere seelische Verletzungen als Traumata bezeichnet (ICD-10 F43.1). Das Adjektiv „traumatisiert“ wird vorwiegend in diesem psychischen Zusammenhang verwendet. Störungen, die nach einem Trauma auftreten, werden als posttraumatisch bezeichnet, beispielsweise die posttraumatische Arthrose, der mit Veränderungen der Ausschüttung endokriner Hormone verbundene posttraumatische Stoffwechsel[2] oder die posttraumatische Belastungsstörung.
Die körperlichen Verletzungen schädigen den Betroffenen nicht nur durch die direkte Gewebsverletzung (Wunde, Gewebszerstörung, Knochenbruch), sondern haben auch indirekte Auswirkungen auf den Gesamtorganismus. So können aus dem Blutverlust oder durch aus dem Zellverbund herausgelöste Zellen eine Fettembolie, eine Crush-Niere bzw. eine Freisetzung von Gewebshormonen entstehen.
Den posttraumatischen Stoffwechsel oder „Postaggressionsstoffwechsel“[3] (ein durch Stress bzw. metabolischen Stress nach Traumen oder operativen Eingriffen[4][5] (Operationstraumen)[6] hervorgerufenes Adaptationssyndrom) haben Karl-Heinz Altemeyer und Mitarbeiter 1984 (ähnlich wie es schon ab 1930 David P. Cuthbertson und ab 1946 Hans Selye sowie zwischen 1940 und 1960 Francis Daniels Moore es taten) in Stadien oder Phasen[7] unterteilt:
Akutphase (bis zu 24 Stunden nach einem schweren Trauma, etwa einem Polytrauma,[8] aber auch bei Sepsis, Verbrennung und kardiogenem Schock, genannt auch „Aggressionsphase“): Dominanz der Katecholamine (erhöhte Adrenalin- und Noradrenalinspiegel), Suppression der (anabolen) Insulinsekretion, vermehrte (katabole) antiinsulinäre Hormone (Anstieg von Glukagon, Kortisol und Wachstumshormon); Phase des absoluten Insulinmangels und erhöhter Energieumsatz zur akuten Bereitstellung von Energie mit maximaler Stimulation von Glykogenolyse und Lipolyse (Fettabbau) sowie gesteigerter Glukoneogenese und (vor allem in der Muskulatur) Proteolyse (veraltet „Eiweißzerfall“[9]).[10] Eine Ernährungstherapie ist hier in den meisten Fällen noch nicht sinnvoll.
Übergangsphase (bei leichteren Traumen oder nach mittelschweren operativen Eingriffen die Anfangsphase, genannt auch „Postaggressionsphase“): Rückkehr der Stimulierbarkeit von Insulin bei weiterhin erhöhten antiinsulinären Hormonen und noch unzureichender Insulinsekretion (Phase des relativen Insulinmangels)
Reparationsphase (nach Tagen, mehrere Wochen): Dominanz des wieder normal reagierenden Insulins bei normalisierten Werten der antiinsulinären Hormone, verlorengegangenes Muskelprotein wird wieder aufgebaut (Anabolie) und eine Ernährungstherapie ist nun in vollem Umfang möglich.
Häufige Symptome eines psychischen Traumas sind unter anderem Orientierungsverlust, Sprachschwierigkeiten, Hilflosigkeit, Versagensängste, Veränderung des Sprachbildes, Niedergeschlagenheit, Desinteresse, Gereiztheit, Aggression, Rücksichtslosigkeit und Gedächtnislücken.
Unterteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Unter einem Monotrauma versteht man eine nicht lebensbedrohliche Einzelverletzung.
Ein Barytrauma (von griechisch βαρύ bary, deutsch ‚schwer‘ und trauma ‚Wunde‘) ist eine schwere, lebensbedrohliche Einzelverletzung, z. B. ein Schädel-Hirn-Trauma. (Damit nicht zu verwechseln ist das Barotrauma, das durch eine plötzliche Druckänderung entstehen kann, z. B. im Tauchsport bei zu schnellem Auftauchen.)
Von einem Polytrauma spricht man in schweren Fällen einer Mehrfachverletzung, die mehrere Körperregionen oder Organe betrifft.[11][12]
Verletzungen können auch danach unterschieden werden, ob sie absichtlich oder unabsichtlich erfolgen. Unabsichtliche Verletzungen können u. a. die Folge eines Verkehrsunfalls, eines Sportunfalls, eines Tierbisses oder eines Sturzes sein, während absichtliche Verletzungen durch Gewaltverbrechen, Krieg oder Suizid entstehen können. Außerdem kann zwischen stumpfen und penetrierenden Traumen unterschieden werden, letztere sind u. a. Schuss-, Stich- und Pfählungsverletzungen.
Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Jahr 2010 starben weltweit 5,1 Millionen Menschen an den Folgen von Verletzungen, das ist einer von zehn Todesfällen.[13] Dabei entfielen 89 % der Toten auf Länder mit einem niedrigen bis mittleren Durchschnittseinkommen. In Ländern mit einem hohen Durchschnittseinkommen sind Verletzungen nur bei 6 % der Todesfälle ursächlich. Generell sind junge Menschen und Männer deutlich häufiger betroffen; mehr als die Hälfte aller Todesfälle durch Verletzungen (52 %) betrifft Männer im Alter von 10 bis 25 Jahren.
Durch unabsichtliche Verletzungen wurden 2010 3,5 Millionen Menschen getötet (69 %), wobei Verkehrsopfer am häufigsten waren (540.000, 28 % aller Unfalltoten), gefolgt von Stürzen (0,5 Mio., 11 %), Ertrinken (350.000, 7 %) und Hitzeeinwirkung (Verbrennungen, Feuer, Verätzungen; 340.000, 7 %). Durch Naturkatastrophen wurden im Jahr 2010 weltweit 200.000 Menschen getötet (4 %), durch Selbstverletzungen 880.000 (17 %), durch Gewalt 460.000 (10 %) und durch Kriege 18.000 (<1 %).
Amerikanische Traumazentren und die Forschergruppe um Martin Allgöwer in Basel waren Vorreiter des modernen Trauma-Managements in den 1970er Jahren. Seither ging, auch durch Vorverlagerung der intensivmedizinischen Behandlung in die präklinische Phase, die Mortalität bei Polytrauma von über 60 % auf unter 30 % zurück.[14]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Unfallchirurgie
Schock (Medizin)
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wiktionary: Trauma – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Robyn Norton, Olive Kobusingye: Injuries. In: New England Journal of Medicine. Band 368, Nr. 18, 2. Mai 2013, S. 1723–1730, doi:10.1056/NEJMra1109343.
↑ Karl-Heinz Altemeyer, Wulf Seeling, Jürgen E. Schmitz, Bernd Koßmann: Posttraumatischer Stoffwechsel – Grundlagen und klinische Aspekte. In: Der Anaesthesist. Band 33, Heft 1, Januar 1984, S. 4–10.
↑ Georg Heberer, Klaus Schultis, K. Hoffmann: Postaggressionsstoffwechsel. 2 Bände. Schattauer, Stuttgart / New York 1976–1980.
↑ Wolfgang Stremmel: Zur Pathogenese der Kohlenhydratstoffwechselstörung nach operativen Eingriffen. In: Infusionstherapie. 1, 1973, S. 294 ff.
↑ M. Elliot, K. Alberti: The hormonal and metabolic response to surgery and trauma. New aspects of clinical nutrition. Karger, Basel 1983.
↑ H. G. Beger, E. Kraas, R. Bittner, F. W. Lohmann: Glukoseverwertung, Insulin und Plasmakatecholamine nach Operationstrauma. In: Friedrich Wilhelm Ahnefeld, W. Hartig, E. Holm, G. Kleinberger (Hrsg.): Der gestörte Kohlenhydratstoffwechsel (= Klinische Ernährung. Band 6). Zuckschwerdt, München 1980.
↑ Karl-Heinz Altemeyer, Wulf Seeling, Jürgen E. Schmitz, B. Koßmann: Posttraumatischer Stoffwechsel – Grundlagen und klinische Aspekte. In: Der Anaesthesist. Band 33, Heft 1, Januar 1984, S. 4–10.
↑ Vgl. auch Peter Sefrin: Polytrauma und Stoffwechsel (= Anaesthesiologie und Intensivmedizin. Band 135). Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1981.
↑ Vgl. etwa Max Bürger, Max Grauhan: Über postoperativen Eiweißzerfall. In: Zeitschrift für die gesamte experimentelle Medizin Band 27, 1922, S. 7 ff., Band 35, 1923, S. 16 ff., und Band 42, 1924, S. 345 ff., sowie Max Bürger, Max Grauhan: Der postoperative Eiweißzerfall, sein Nachweis und seine Bedeutung. In: Klinische Wochenschrift. 6, 1927, S. 1716 ff. und 1767 ff.
↑ Vgl. auch Jürgen E. Schmitz, Karl-Heinz Altemeyer, W. Seeling, Adolf Grünert: Verhalten von Plasmaaminosäuren, Blutzucker, Insulin und Glukagon in der frühen posttraumatischen Phase bei alleiniger Substitution von Flüssigkeit und Elektrolyten. In: Der Anaesthesist. Band 33, Heft 1, Januar 1984, S. 56–62.
↑ H. J. Oestern, G. Regel: Allgemeine Aspekte. In: Harald Tscherne, G. Regel (Hrsg.): Unfallchirurgie. Trauma-Management. Springer, Berlin 1997, ISBN 3-540-61605-5, S. 225–238.
↑ Christian Madler, Karl-Walter Jauch, Karl Werdan, Johannes Siegrist, Frank-Gerald Pajonk (Hrsg.): Akutmedizin – Die ersten 24 Stunden. Das NAW-Buch. 4. Auflage. Urban & Fischer, München 2009, ISBN 978-3-437-22511-6, S. 817.
↑ Rafael Lozano, Mohsen Naghavi, Kyle Foreman, Stephen Lim, Kenji Shibuya: Global and regional mortality from 235 causes of death for 20 age groups in 1990 and 2010: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2010. In: The Lancet. Band 380, Nr. 9859, S. 2095–2128, doi:10.1016/s0140-6736(12)61728-0 (elsevier.com [abgerufen am 17. April 2018]).
↑ Walied Abdulla: Interdisziplinäre Intensivmedizin. Urban & Fischer, München u. a. 1999, ISBN 3-437-41410-0, S. 469.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4060748-3 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
| Als Trauma (Plural Traumata oder Traumen; von altgriechisch Wunde ) oder Verletzung bezeichnet man in der Medizin und der Biologie eine Schädigung oder Verwundung lebenden Gewebes, die durch Gewalt einwirkung von außen entsteht. Physikalisch gesehen wird ein Trauma durch einen plötzlichen Energietransfer oder den plötzlichen Entzug von Wärme oder Sauerstoff ausgelöst, die Energie kann mechanisch (z. B. durch Unfall), thermisch (Verbrennung), elektrisch, chemisch oder durch Strahlen auf den Körper einwirken.[1] Während Trauma das gesamte Verletzungsgeschehen umfasst, wird für eine Einzelverletzung auch der Begriff Läsion verwendet. Die Lehre der Verletzungsarten und deren Behandlung wird als Traumatologie bezeichnet. Im übertragenen Sinne werden in Medizin und Psychologie auch schwere seelische Verletzungen als Traumata bezeichnet (ICD-10 F43.1). Das Adjektiv traumatisiert wird vorwiegend in diesem psychischen Zusammenhang verwendet. Störungen, die nach einem Trauma auftreten, werden als posttraumatisch bezeichnet, beispielsweise die posttraumatische Arthrose, der mit Veränderungen der Ausschüttung endokriner Hormone verbundene posttraumatische Stoffwechsel[2] oder die posttraumatische Belastungsstörung. Die körperlichen Verletzungen schädigen den Betroffenen nicht nur durch die direkte Gewebsverletzung (Wunde, Gewebszerstörung, Knochenbruch), sondern haben auch indirekte Auswirkungen auf den Gesamtorganismus. So können aus dem Blutverlust oder durch aus dem Zellverbund herausgelöste Zellen eine Fettembolie, eine Crush-Niere bzw. eine Freisetzung von Gewebshormonen entstehen. Den posttraumatischen Stoffwechsel oder Postaggressionsstoffwechsel [3] (ein durch Stress bzw. metabolischen Stress nach Traumen oder operativen Eingriffen[4][5] (Operationstraumen)[6] hervorgerufenes Adaptationssyndrom) haben Karl-Heinz Altemeyer und Mitarbeiter 1984 (ähnlich wie es schon ab 1930 David P. Cuthbertson und ab 1946 Hans Selye sowie zwischen 1940 und 1960 Francis Daniels Moore es taten) in Stadien oder Phasen[7] unterteilt: Akutphase (bis zu 24 Stunden nach einem schweren Trauma, etwa einem Polytrauma,[8] aber auch bei Sepsis, Verbrennung und kardiogenem Schock, genannt auch Aggressionsphase ): Dominanz der Katecholamine (erhöhte Adrenalin- und Noradrenalinspiegel), Suppression der (anabolen) Insulinsekretion, vermehrte (katabole) antiinsulinäre Hormone (Anstieg von Glukagon, Kortisol und Wachstumshormon); Phase des absoluten Insulinmangels und erhöhter Energieumsatz zur akuten Bereitstellung von Energie mit maximaler Stimulation von Glykogenolyse und Lipolyse (Fettabbau) sowie gesteigerter Glukoneogenese und (vor allem in der Muskulatur) Proteolyse (veraltet Eiweißzerfall [9]).[10] Eine Ernährungstherapie ist hier in den meisten Fällen noch nicht sinnvoll. Übergangsphase (bei leichteren Traumen oder nach mittelschweren operativen Eingriffen die Anfangsphase, genannt auch Postaggressionsphase ): Rückkehr der Stimulierbarkeit von Insulin bei weiterhin erhöhten antiinsulinären Hormonen und noch unzureichender Insulinsekretion (Phase des relativen Insulinmangels) Reparationsphase (nach Tagen, mehrere Wochen): Dominanz des wieder normal reagierenden Insulins bei normalisierten Werten der antiinsulinären Hormone, verlorengegangenes Muskelprotein wird wieder aufgebaut (Anabolie) und eine Ernährungstherapie ist nun in vollem Umfang möglich. Häufige Symptome eines psychischen Traumas sind unter anderem Orientierungsverlust, Sprachschwierigkeiten, Hilflosigkeit, Versagensängste, Veränderung des Sprachbildes, Niedergeschlagenheit, Desinteresse, Gereiztheit, Aggression, Rücksichtslosigkeit und Gedächtnislücken. Unterteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Unter einem Monotrauma versteht man eine nicht lebensbedrohliche Einzelverletzung. Ein Barytrauma (von griechisch bary, deutsch schwer und trauma Wunde ) ist eine schwere, lebensbedrohliche Einzelverletzung, z. B. ein Schädel-Hirn-Trauma. (Damit nicht zu verwechseln ist das Barotrauma, das durch eine plötzliche Druckänderung entstehen kann, z. B. im Tauchsport bei zu schnellem Auftauchen.) Von einem Polytrauma spricht man in schweren Fällen einer Mehrfachverletzung, die mehrere Körperregionen oder Organe betrifft.[11][12] Verletzungen können auch danach unterschieden werden, ob sie absichtlich oder unabsichtlich erfolgen. Unabsichtliche Verletzungen können u. a. die Folge eines Verkehrsunfalls, eines Sportunfalls, eines Tierbisses oder eines Sturzes sein, während absichtliche Verletzungen durch Gewaltverbrechen, Krieg oder Suizid entstehen können. Außerdem kann zwischen stumpfen und penetrierenden Traumen unterschieden werden, letztere sind u. a. Schuss-, Stich- und Pfählungsverletzungen. Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im Jahr 2010 starben weltweit 5,1 Millionen Menschen an den Folgen von Verletzungen, das ist einer von zehn Todesfällen.[13] Dabei entfielen 89 % der Toten auf Länder mit einem niedrigen bis mittleren Durchschnittseinkommen. In Ländern mit einem hohen Durchschnittseinkommen sind Verletzungen nur bei 6 % der Todesfälle ursächlich. Generell sind junge Menschen und Männer deutlich häufiger betroffen; mehr als die Hälfte aller Todesfälle durch Verletzungen (52 %) betrifft Männer im Alter von 10 bis 25 Jahren. Durch unabsichtliche Verletzungen wurden 2010 3,5 Millionen Menschen getötet (69 %), wobei Verkehrsopfer am häufigsten waren (540.000, 28 % aller Unfalltoten), gefolgt von Stürzen (0,5 Mio., 11 %), Ertrinken (350.000, 7 %) und Hitzeeinwirkung (Verbrennungen, Feuer, Verätzungen; 340.000, 7 %). Durch Naturkatastrophen wurden im Jahr 2010 weltweit 200.000 Menschen getötet (4 %), durch Selbstverletzungen 880.000 (17 %), durch Gewalt 460.000 (10 %) und durch Kriege 18.000 (<1 %). Amerikanische Traumazentren und die Forschergruppe um Martin Allgöwer in Basel waren Vorreiter des modernen Trauma-Managements in den 1970er Jahren. Seither ging, auch durch Vorverlagerung der intensivmedizinischen Behandlung in die präklinische Phase, die Mortalität bei Polytrauma von über 60 % auf unter 30 % zurück.[14] Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Unfallchirurgie Schock (Medizin) Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wiktionary: Trauma Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Robyn Norton, Olive Kobusingye: Injuries. In: New England Journal of Medicine. Band 368, Nr. 18, 2. Mai 2013, S. 1723 1730, doi:10.1056/NEJMra1109343. Karl-Heinz Altemeyer, Wulf Seeling, Jürgen E. Schmitz, Bernd Koßmann: Posttraumatischer Stoffwechsel Grundlagen und klinische Aspekte. In: Der Anaesthesist. Band 33, Heft 1, Januar 1984, S. 4 10. Georg Heberer, Klaus Schultis, K. Hoffmann: Postaggressionsstoffwechsel. 2 Bände. Schattauer, Stuttgart / New York 1976 1980. Wolfgang Stremmel: Zur Pathogenese der Kohlenhydratstoffwechselstörung nach operativen Eingriffen. In: Infusionstherapie. 1, 1973, S. 294 ff. M. Elliot, K. Alberti: The hormonal and metabolic response to surgery and trauma. New aspects of clinical nutrition. Karger, Basel 1983. H. G. Beger, E. Kraas, R. Bittner, F. W. Lohmann: Glukoseverwertung, Insulin und Plasmakatecholamine nach Operationstrauma. In: Friedrich Wilhelm Ahnefeld, W. Hartig, E. Holm, G. Kleinberger (Hrsg.): Der gestörte Kohlenhydratstoffwechsel (= Klinische Ernährung. Band 6). Zuckschwerdt, München 1980. Karl-Heinz Altemeyer, Wulf Seeling, Jürgen E. Schmitz, B. Koßmann: Posttraumatischer Stoffwechsel Grundlagen und klinische Aspekte. In: Der Anaesthesist. Band 33, Heft 1, Januar 1984, S. 4 10. Vgl. auch Peter Sefrin: Polytrauma und Stoffwechsel (= Anaesthesiologie und Intensivmedizin. Band 135). Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1981. Vgl. etwa Max Bürger, Max Grauhan: Über postoperativen Eiweißzerfall. In: Zeitschrift für die gesamte experimentelle Medizin Band 27, 1922, S. 7 ff., Band 35, 1923, S. 16 ff., und Band 42, 1924, S. 345 ff., sowie Max Bürger, Max Grauhan: Der postoperative Eiweißzerfall, sein Nachweis und seine Bedeutung. In: Klinische Wochenschrift. 6, 1927, S. 1716 ff. und 1767 ff. Vgl. auch Jürgen E. Schmitz, Karl-Heinz Altemeyer, W. Seeling, Adolf Grünert: Verhalten von Plasmaaminosäuren, Blutzucker, Insulin und Glukagon in der frühen posttraumatischen Phase bei alleiniger Substitution von Flüssigkeit und Elektrolyten. In: Der Anaesthesist. Band 33, Heft 1, Januar 1984, S. 56 62. H. J. Oestern, G. Regel: Allgemeine Aspekte. In: Harald Tscherne, G. Regel (Hrsg.): Unfallchirurgie. Trauma-Management. Springer, Berlin 1997, ISBN 3-540-61605-5, S. 225 238. Christian Madler, Karl-Walter Jauch, Karl Werdan, Johannes Siegrist, Frank-Gerald Pajonk (Hrsg.): Akutmedizin Die ersten 24 Stunden. Das NAW-Buch. 4. Auflage. Urban & Fischer, München 2009, ISBN 978-3-437-22511-6, S. 817. Rafael Lozano, Mohsen Naghavi, Kyle Foreman, Stephen Lim, Kenji Shibuya: Global and regional mortality from 235 causes of death for 20 age groups in 1990 and 2010: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2010. In: The Lancet. Band 380, Nr. 9859, S. 2095 2128, doi:10.1016/s0140-6736(12)61728-0 (elsevier.com [abgerufen am 17. April 2018]). Walied Abdulla: Interdisziplinäre Intensivmedizin. Urban & Fischer, München u. a. 1999, ISBN 3-437-41410-0, S. 469. Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! Normdaten (Sachbegriff): GND: 4060748-3 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Tuberkulose.txt | ||
Typhus.txt |
Klassifikation nach ICD-10
A01.0
Typhus abdominalis
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Typhus oder Typhus abdominalis (Abdominaltyphus), deutsch auch Bauchtyphus, Unterleibstyphus, typhoides Fieber und enterisches Fieber, früher auch „Nervenfieber“ genannt, ist eine systemische Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Salmonella enterica ssp. enterica Serovar Typhi hervorgerufen wird. Aus praktischen Gründen wird häufig der alte Name Salmonella Typhi verwendet. Der zweite Name Typhi wird dabei groß geschrieben, weil es sich nicht um einen Artnamen handelt, sondern um ein Serovar.[1]
Der Krankheitsverlauf ist vor allem durch hohes Fieber gekennzeichnet. Unbehandelt kann die Krankheit gefährlich verlaufen und zum Tode führen. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz ist Typhus meldepflichtig.
Als Paratyphus bezeichnet man hingegen ein dem Typhus ähnelndes abgeschwächtes Krankheitsbild, dessen Erreger nicht Salmonella Typhi, sondern Salmonella Paratyphi ist.
In älteren Texten und im Englischen bezeichnet Typhus das Fleckfieber.
Wortherkunft und Bezeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Name Typhus (Plural Typhen) leitet sich vom altgriechischen τῦφος typhos ab, was ‚Dunst‘, ‚Nebel‘, ‚Rauch‘, ‚Dampf‘, aber auch im übertragenen Sinne „Umnebelung der Sinne“[2] bzw. ‚Schwindel‘ oder ‚benebelter Geisteszustand‘ bedeutet.[3] Dies bezieht sich auf die neurologischen Symptome der Krankheit, insbesondere die Benommenheit als „umnebeltes Bewusstsein“.[4][5]
Im internationalen Sprachgebrauch, wie z. B. im Englischen, ist die Krankheit unter dem Namen typhoid fever bekannt, während das Wort typhus (vgl. griechisch typho, „verbrenne langsam“[6]) die im Deutschen Fleckfieber, gelegentlich aber auch „Flecktyphus“, genannte, durch Rickettsien verursachte Krankheit bezeichnet.[7][8] Das Fleckfieber wurde früher auch als Typhus levissimus oder Typhus ambulatorius bezeichnet. Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) folgt der internationalen Nomenklatur und bezeichnet die hier beschriebene Krankheit als „typhoides Fieber“.
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Typhus-Impfung 1913
Typhus (Abdominaltyphus) ist seit dem Altertum verbreitet und war auch Hippokrates von Kos bekannt.[9] Im Jahr 1546 wurde die Erkrankung von Girolamo Fracastoro, der klinisch-diagnostisch verschiedene „Typhus“-Arten[10] unterschied, unter dem Namen morbus lenticularis bekanntgemacht, der auch die Übertragungsgefahr von Mensch zu Mensch erkannte. Diese Annahme bestätigte sich 1556 durch Epidemien in Neapel und in Ungarn. Eine genauere Beschreibung des Krankheitsbildes erfolgte 1659 durch Thomas Willis.[11] Erst 1760 schlug Boissier de Sauvages den Namen Typhus vor. Im Jahre 1847 wurde durch William Jenner die Unterscheidung von Typhus und Fleckfieber gesichert, worüber er 1850 publizierte. Der Bazillus wurde 1880 von Carl Joseph Eberth mikroskopisch erstmals in Milz und Mesenterialdrüsen[12] (Gekrösedrüsen, Glandulae mesentericae) nachgewiesen und 1884 durch Georg August Gaffky erstmals in Reinkultur gezüchtet, doch seine Verbreitungswege blieben zunächst unbekannt. Almroth Wright führte 1897 eine Impfung ein.
Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Über die Infektionsherde für Typhus war man sich lange Zeit im Unklaren. Über Würzburger Fälle von Abdominaltyphus berichteten etwa 1868 August Stöhr[13] und 1871 Franz Riegel.[14][15] Nach der verheerenden Choleraepidemie in Hamburg 1892 und der Typhusepidemie in Gelsenkirchen 1901 schenkte man aber dem Trinkwasser als Verbreitungsweg ansteckender Krankheiten erhöhte Aufmerksamkeit.
Der Südwesten Deutschlands, in dem Typhus überdurchschnittlich stark verbreitet war, wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts Versuchsgebiet der Medizin. Malstatt-Burbach, Ottweiler und Hülzweiler etwa waren in den 1880er- und 1890er-Jahren Schauplätze größerer Epidemien, bei denen zahlreiche Menschen starben. Neben den im Bergbau beschäftigten Menschen, die meist unter hygienisch bedenklichen Verhältnissen in überbelegten Quartieren hausten, war auch das Militär gefährdet. So starben im Jahre 1898 40 Soldaten des 8. Rheinischen Infanterie-Regiments Nr. 70 in Saarbrücken an Typhus, den ein Mannschaftskoch verbreitet hatte. Er hatte einen Kartoffelsalat zubereitet, nachdem er zuvor eine Kloake gesäubert und sich dann die Hände nicht gründlich genug gereinigt hatte. Bei der Typhusepidemie von Lebach im Saarland erkrankten im Winter 1902/1903 mehr als 50 Menschen.
Da man davon ausging, dass die Kreisärzte allein nicht in der Lage sein könnten, umfassende Untersuchungen über diese Seuchen anzustellen, wurde die Untersuchungskommission eingesetzt, die aus Fachleuten des Reichsgesundheitsamts und des Instituts für Infektionskrankheiten in Berlin bestand. Zunächst im Trierer Raum tätig, wurde diese Kommission 1902 erweitert. Teile des Regierungsbezirks Koblenz wurden neben dem Bezirk Trier untersucht, und in Saarbrücken wurde eine zweite Untersuchungsstation eingerichtet. Später wurde der Apparat noch deutlich erweitert. Hauptaufgabe war das Untersuchen verdächtigen Materials und das Nachvollziehen der Ausbreitungswege der Epidemien. Unterstützt wurde diese Arbeit durch das preußische Seuchenschutzgesetz vom 28. August 1905, eine Sonderanweisung bezüglich des Typhus aus dem Jahr 1906 und finanzielle Unterstützung durch die Reichsregierung. 1914 ging aus den bakteriologischen Untersuchungsstationen das Staatliche Institut für Hygiene und Infektionskrankheiten in Saarbrücken hervor.
Hatten zunächst die hygienischen Verhältnisse in den Städten Anlass zur Sorge gegeben, traten um die Jahrhundertwende ländliche Ortschaften wie im Raum Lebach in den Vordergrund des Interesses der Behörden. Das Hauptaugenmerk der Mediziner galt der Wasser- und Abwasserbehandlung in den betroffenen Gebieten. Medizinalrat Schlecht aus Trier klagte etwa: „Die Zahl der Aborte ist gering, die Defäkation findet im Viehstall, auf der Düngerstätte vor dem Hause, im Garten hinter dem Hause, im Hofraum oder sogar im Keller statt. Eine ordnungsgemäße Abortgrube ist kaum zu finden; die Abortgruben werden selten geleert; der Abort und die Abortgrube befinden sich häufig in einem Zustand, der die Benutzung […] nicht zuläßt.“[16] Auch die Wasserversorgung gab Anlass zur Klage, da nicht nur zahlreiche Brunnen häufig verunreinigt waren, sondern wie im Falle der Lebacher Typhusepidemie viele Menschen ihr Trink- und Brauchwasser aus offenen Wasserläufen entnehmen mussten.
Zwar wurden im Untersuchungszeitraum zwischen 1903 und 1914 in Südwestdeutschland zusätzliche 39 Krankenhäuser, davon 34 mit Isolierabteilungen, eingerichtet und 132 Desinfektionsapparate angeschafft sowie Desinfektoren und Gemeindeschwestern ausgebildet,[17] hauptsächlich aber drang man auf eine hygienisch unbedenkliche Versorgung der Bevölkerung mit Wasser. Im Jahr 1900 wurden die Landräte darauf aufmerksam gemacht, dass ein Erlass bestand, der es der Polizei ermöglichte, zwangsweise den Bau von Wasserleitungen zu verfügen. 1904 wurden darüber hinaus die Kreisärzte verpflichtet, regelmäßige Ortsbesichtigungen vorzunehmen. Schließlich trat der Erlaß vom 23. April 1907, betreffend die Gesichtspunkte für Beschaffung eines brauchbaren, hygienisch einwandfreien Wassers, in Kraft.
Doch beispielsweise im Regierungsbezirk Trier bestand auch im Anschluss an die staatliche Typhusbekämpfungskampagne noch keine flächendeckende zentrale Wasserversorgung; die Verhältnisse besserten sich vorrangig in den größeren Ortschaften mit mehr als 1000 Einwohnern. Kleinere Ortschaften waren bei der Durchführung meist auf Finanzhilfe durch die Provinz oder die preußische Regierung angewiesen. Viele Gemeinden mussten daher noch jahrzehntelang auf eine zentrale Wasserversorgung warten.
Auch verhielten sich traditionsbewusste Befürworter des alten Brunnensystems häufig ablehnend gegenüber der Planung einer zentralen Wasserversorgung; andere waren mit dem Anschluss ihres Grundstücks an eine zentrale Wasserversorgung zwar prinzipiell einverstanden, wollten jedoch gleichzeitig die Nutzung ihres bisherigen Brunnens nicht aufgeben. Der Fall der Witwe Wacht-Thiel aus Söst bei Saarburg, die ihr Vieh weiterhin mit Brunnenwasser tränken wollte, ging bis vor das Königlich Preußische Oberverwaltungsgericht in Trier.[18] Auch einige Großbauern aus Berschweiler widersetzten sich der zwangsweisen Versorgung mit unbedenklichem Trinkwasser. Sie konnten tatsächlich die Erhebung der Gebühren weitgehend gerichtlich abwehren.[19] Der Streit um die Erhebung von Gebühren für die Entnahme von Trinkwasser führte in einigen Gemeinden dazu, dass erst in den 1950er-Jahren Pauschalregelungen aufgehoben und Wasseruhren in den einzelnen Häusern installiert wurden. In Schwemlingen etwa geschah dies erst 1956.[20]
Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Schweiz gab es vermutlich in der frühen Neuzeit mehrere Epidemien. Die Zahl der Typhusfälle schwankte bis 1905 erheblich, danach verringerte sie sich kontinuierlich. Während des Zweiten Weltkriegs traten nochmals viele Typhusfälle auf. 1987 starb zum letzten Mal in der Schweiz eine Person an Typhus. Die Erkrankungsrate lag 2008 unter einem Fall auf 100.000 Personen.[21] Im März 1963 grassierte in Zermatt eine Typhusepidemie mit über 400 Erkrankten und drei Toten.[22]
Erreger und Übertragung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Erreger ist das Typhusbakterium (Salmonella enterica subsp. enterica Serovar Typhi), ein gramnegatives, begeißeltes Bakterium. Es wird fäkal-oral übertragen, also beispielsweise durch verunreinigte Nahrungsmittel oder verschmutztes Wasser. Es ist ein intrazellulärer Erreger.
In der Inkubationszeit von sechs bis 30 Tagen dringen die Erreger in die Darmwandzellen ein, vor allem in die Zellen der Peyer-Plaques und wandern über das lymphatische und das retikulohistiozytäre System in die Blutbahn. Erst wenn die Erreger dort angekommen sind, kommt es zum Krankheitsausbruch vor allem mit hohem Fieber.[23]
Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Heutzutage ist Typhus vor allem ein Problem der Entwicklungsländer mit unzureichenden hygienischen Bedingungen. Betroffen sind Mittel- und Südamerika, die Karibik, Afrika und Asien, dort vor allem Südasien. Nach einer neueren Schätzung von 2014 erkranken jährlich etwa 11,9 Millionen Menschen an Typhus, und es sterben 129.000 Menschen.[24]
In Nordamerika und Europa kommt es nur noch selten zu Typhus-Erkrankungen, wenige Hundert werden jährlich in den USA gemeldet. Davon sind etwa 90 % von Fernreisenden eingeschleppt, mehrheitlich aus Indien, Pakistan und Bangladesch. Dort finden sich zugleich auch hohe Raten von Antibiotika-Resistenz. So konnten bei mehr als 90 % von in die USA zurückkehrenden Menschen eine Resistenz oder intermediäre Sensibilität gegen Ciprofloxacin nachgewiesen werden.[25] 2016 kam es in Deutschland zu 60 nachgewiesenen Fällen, 2017 zu 78, 2018 wurden 58 Erkrankungen verzeichnet und 2019 stieg die Zahl auf 84. 2021 gab es 18 Fälle, 2022 wurden 46 Erkrankungen gezählt. 2023 wurden 79 und 2024 74 Fälle gezählt.
Klinisches Bild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Krankheitsstadien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Inkubationszeit beträgt, in Abhängigkeit von der Menge der aufgenommenen Erreger, in der Regel 1–3 Wochen, Extremwerte können jedoch auch zwischen 3 und 60 Tagen liegen.[26][27]
1. Woche (Stadium incrementi): Es kommt zunächst zu unspezifischen Allgemeinsymptomen wie Mattigkeit, Kopfschmerzen, Verstopfung sowie zu einem treppenförmigen Fieberanstieg.
Roseolen auf der Brust eines an Typhus erkrankten Patienten
2.–3. Woche (Stadium fastigii): Nach ca. 8 Tagen wird ein Stadium von anhaltendem hohen Fieber erreicht (Fieberkontinuum mit 40 bis 41 °C), das über Wochen andauern kann. Bei einigen Patienten findet sich nur das hohe Fieber, öfter ist es aber von unspezifischen, sich langsam entwickelnden Allgemeinsymptomen begleitet. Typische Veränderungen finden sich jedoch seltener.[23] Mögliche Symptome sind:
Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, unproduktiver Husten, allgemeines abdominales Unwohlsein.
Durchfall und Verstopfung können gelegentlich auftreten.
Relative Bradykardie, also ein für Fieber ungewöhnlich langsamer Herzschlag. Fieber geht sonst häufig mit einem schnelleren Herzschlag (Tachykardie) einher.
Mangel an weißen Blutkörperchen (Leukopenie). Dies ist bei einer bakteriellen Infektion ebenfalls die Ausnahme. Ebenso kann aber auch eine Leukozytose auftreten, eine erhöhte Konzentration an weißen Blutkörperchen. Dazu können eine Thrombozytopenie und eine Anämie vorliegen.
Hinzu kommen bisweilen Bewusstseinsstörungen (daher der Name)
Es kann selten zu einer Hepatomegalie (Leberschwellung) mit gering erhöhten Leberwerten im Labor (Transaminasenanstieg) und zu einer Splenomegalie (Milzschwellung, früher auch „Milztumor“ genannt) kommen.
Ein rosa-rötlicher fleckförmiger Hautausschlag (Roseolen) am Rumpf und an Armen und Beinen ist selten, nur kurzzeitig sichtbar, aber typisch. Diesen Typhus exanthematicus, der im 16. Jahrhundert in ganz Europa auftrat, hat zuerst Girolamo Fracastoro 1546[28] beschrieben.
Typisch und selten ist auch die sogenannte Typhuszunge, die in der Mitte deutlich grau-weißlich belegt ist, an den Rändern und der Zungenspitze jedoch freie rote Ränder zeigt.
Im Verlauf der Erkrankung kann es unbehandelt zu schweren Komplikationen kommen:
Durch die Zerstörung der Peyer-Plaques im Dünndarm, über die die Erreger in die Blutbahn gelangen, kann es zu einem charakteristischen erbsenbreiartigen Durchfall kommen, der erst nach etwa 14 Tagen auftritt, aber auch völlig fehlen kann. Dabei können starke Schmerzen im Nierenbereich und Unterbauch einsetzen.
Gastrointestinale Blutungen können ebenfalls durch die Zerstörung der Peyer-Plaques ausgelöst werden
Darmperforationen können durch eine nekrotisierende Lymphadenitis entstehen und haben eine sehr hohe Letalität, weshalb eine sofortige chirurgische Intervention bei Verdacht auf Perforation notwendig ist.
Auch Abszesse, Bronchopneumonie und Meningitis können auftreten.
Dauerausscheider[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Folge scheiden ca. 10 % der unbehandelten Erkrankten für bis zu 3 Monate Typhusbakterien mit dem Stuhl oder Urin aus; 5 % der unbehandelten Erkrankten werden zu sogenannten Dauerausscheidern (Ausscheidung > 1 Jahr) der Salmonellen, da die Erreger in der Gallenblase und den Gallenwegen persistieren können (siehe: Mary Mallon). Begünstigt wird dies durch Anomalien der Gallenwege, z. B. Gallensteine. Die Dauerausscheider können, ohne selbst Krankheitszeichen zu zeigen, andere Personen anstecken.[29] Auch behandelte Patienten scheiden nach überstandenem Typhus in etwa 2 bis 5 Prozent der Fälle dauerhaft (> 6 Monate) Erreger aus.[30]
Personen, die an Typhus abdominalis oder Paratyphus erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen nicht beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Lebensmitteln, wenn sie dabei mit diesen in Berührung kommen, oder in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung tätig sein oder beschäftigt werden.[31]
Diagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Stellung der Diagnose stützt sich auf die typische Klinik, die Anamnese (Reise in tropische Regionen, vor allem Indien, Nepal und Indonesien) und labormedizinische und bakteriologische Befunde.
Der bakteriologische Erregernachweis gelingt mithilfe von Blutkulturen in den ersten zwei Wochen der Krankheit nur in 40 % der Fälle, bei Stuhl- und Urinkulturen ist die Sensitivität noch niedriger. Stuhlproben können nur im frühesten Erkrankungsstadium und nach zwei Wochen positiv ausfallen, haben aber eine geringe Sensitivität.
Die vom Immunsystem des Organismus gebildeten Antikörper, die sich gegen spezielle Bakterienantigene richten (Antikörper gegen O/h Antigen), lassen sich etwa ab Ende der ersten Krankheitswoche serologisch mithilfe der Gruber-Widal-Reaktion nachweisen. Erst ab der dritten Krankheitswoche werden hohe Titer an Antikörpern erreicht (1:400–800). Bei initial begonnener Therapie mit Antibiotika kann der Nachweis von Antikörpern misslingen.[32] Zudem können sich falsch-positive Werte finden, weil beispielsweise in Endemiegebieten bereits früher eine Infektion vorlag.
Daher muss bei ausreichendem klinischen Verdacht eine Therapie umgehend und auch ohne Erregernachweis empirisch erfolgen.[23]
Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Typhuskranke deutsche Soldaten in Warschau, Weihnachten 1915
Die möglichst frühzeitig zu beginnende Therapie der Typhusinfektion erfolgt mit Antibiotika. Vor Beginn der Therapie werden Blut- und Stuhlproben entnommen, um den Erreger nachzuweisen und – nach gelungener Anzucht des Erregers – eine Resistenzbestimmung gegenüber gebräuchlichen Antibiotika durchzuführen. Antibiotika der Wahl bei Erwachsenen sind neuere Chinolon-Antibiotika wie Ciprofloxacin oder Ofloxacin für sieben bis zehn Tage. Da Salmonella Typhi ein intrazellulärer Erreger ist, kommt es meist nicht zu einer sofortigen Fiebersenkung und Symptomverbesserung, das Fieber kann noch mehrere Tage anhalten, was aber nicht auf eine falsche Antibiotika-Wahl hinweist.
Alternativ kann bei voll sensiblen Stämmen auch Amoxicillin oder Cotrimoxazol und bei Sorge um eine Resistenz gegen Chinolon-Antibiotika, wie bei Rückkehrern aus Indien, Pakistan oder Bangladesch, Azithromycin eingesetzt werden.[23]
Falls die genannten Substanzen aufgrund von Gegenanzeigen nicht eingesetzt werden können oder die Erreger resistent sind, kann die Therapie mit Cefixim, Ampicillin, Cotrimoxazol oder dem bereits seit 1947 isolierten[33] Chloramphenicol durchgeführt werden. Insbesondere gegen die drei zuletzt genannten Wirkstoffe bestehen jedoch ebenfalls häufig Resistenzen.[34][35]
Bei schwerer Erkrankung und Bewusstseinsstörung oder Enzephalopathie kann eine hochdosierte Dexamethason-Gabe die Mortalität senken.[23]
Prophylaxe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
→ Hauptartikel: Typhusimpfstoff
Hygiene ist der beste Schutz. Dazu zählt auch häufiges Händewaschen.
Die auf Tropenreisen üblichen Maßnahmen, wie beispielsweise der Verzicht auf unzureichend gegarte Speisen, Säfte, Eiswürfel und Leitungswasser, sollten auf jeden Fall beachtet werden („cook it, peel it or leave it“ – „Koche es, schäle es, oder lass es liegen“).
Eine Impfprophylaxe gegen Typhus kann sowohl mit Tot- als auch mit Lebendimpfstoffen durchgeführt werden. Der Lebendimpfstoff (Vivotif; in Deutschland Typhoral) enthält nicht-krankheitserregende (apathogene) Salmonella-Typhi-Bakterien, die das Immunsystem zur Bildung von schützenden Antikörpern anregen. Der Lebendimpfstoff wird oral in magensaftresistenten Kapseln verabreicht, ist gut verträglich und schützt etwa 60 Prozent der Impflinge in Endemiegebieten für mindestens ein Jahr. Bei Mehrfachreisenden wird eine Auffrischimpfung nach einem Jahr empfohlen. Der Totimpfstoff enthält ein Polysaccharid der Kapsel von Salmonella Typhi, welches ebenfalls beim Impfling zur Bildung von Antikörpern führt. Der Impfstoff wird intramuskulär oder subkutan appliziert, ist gut verträglich und bietet etwa 60 Prozent der Geimpften einen Schutz für maximal drei Jahre.[36][37]
Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In Deutschland ist Typhus abdominalis eine meldepflichtige Krankheit nach § 6 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Die namentliche Meldepflicht besteht bei Verdacht, Erkrankung und Tod. Verpflichtet ist der feststellende Arzt usw. (siehe § 8 IfSG).
In Österreich ist Typhus (Abdominaltyphus) auch eine anzeigepflichtige Krankheit gemäß § 1 Absatz 1 Nummer 1 Epidemiegesetz 1950. Die Anzeigepflicht bezieht sich auf Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderen Ärzte und Labore (§ 3 Epidemiegesetz 1950).
In der Schweiz ist Typhus abdominalis ebenfalls eine meldepflichtige Krankheit[38] und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Die Meldepflicht löst ein positiver laboranalytischer Befund aus.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 252 f.
Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer Verlag, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier: S. 124–134.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Typhus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Typhus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Typhus – Informationen des Robert Koch-Instituts
Merkblatt (PDF; 31 kB; 1 Seite), Auswärtiges Amt
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Uwe Groß: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2013, S. 64
↑ Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. 1961, S. 124.
↑ Wörterbuch und Lexikon Altgriechisch – Latein. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 12. September 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/www.operone.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
↑ Manfred Vasold: Die Sterblichkeit in Nürnberg im 19. Jahrhundert. Lebensumstände, Krankheit und Tod (um 1800 bis 1913). In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 25, 2006, S. 241–338, hier: S. 275 f.
↑ Typhus. In: Das Wortauskunftssystem zur deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart
↑ Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Aufl., hrsg. von Walther Mitzka, De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 799.
↑ Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, englische Version
↑ Typhus: MedlinePlus Medical Encyclopedia. Abgerufen am 12. September 2011.
↑ Georg Sticker: Hippokrates: Der Volkskrankheiten erstes und drittes Buch (um das Jahr 434–430 v. Chr.). Aus dem Griechischen übersetzt, eingeleitet und erläutert. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1923 (= Klassiker der Medizin. Band 29); unveränderter Nachdruck: Zentralantiquariat der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig 1968, S. 96–97 und 106.
↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 22.
↑ Horst Kremling: Historische Betrachtungen zur präventiven Heilkunde. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 24, 2005, S. 222–260, hier: S. 230.
↑ Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. 1961, S. 124.
↑ August Stöhr: Bericht über 120 Fälle von Abdominaltyphus im königl. Julius-Hospitale zu Würzburg nach Brand’s Methode behandelt. In: Verhandlungen der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft zu Würzburg. Neue Folge, Band 1, 1868, S. 210–231.
↑ Franz Riegel: Bericht über die Resultate der Kaltwasserbehandlung des Unterleibstyphus im kgl. Juliushospitale zu Würzburg. In: Deutsches Archiv für klinische Medizin. Band 9, 1871, Heft 4–5.
↑ Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 262.
↑ zitiert nach Hans-Henning Krämer, Vom Dorfbrunnen zum Wasserwerk. Geschichte der Trinkwasserversorgung an der Saar, Gollenstein Verlag 1999, ISBN 3-933389-07-0, S. 139
↑ Krämer 1999, S. 145
↑ Krämer 1999, S. 170
↑ Krämer 1999, S. 171 f.
↑ Krämer 1999, S. 179
↑ Iris Ritzmann: Typhus. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2010.
↑ Marc Tribelhorn: Tödliche Bakterien am Matterhorn. In: Neue Zürcher Zeitung, 11. März 2019.
↑ a b c d e Maralyssa Bann, Daniel R. Kaul, Mahri Z. Haider, Sanjay Saint, Zachary D. Goldberger: Home Sweet Home. In: New England Journal of Medicine, 2018, Band 378, Ausgabe 5 vom 1. Februar 2018, S. 461–466, doi:10.1056/NEJMcps1704731.
↑ V. Mogasale, B. Maskery, R. L. Ochiai u. a.: Burden of typhoid fever in: a systematic, literature-based update with risk-factor adjustment. Lancet Global Health 2014: Band 2, Ausgabe 10, Seiten e570-e580
↑ K. A. Date, A. E Newton, F. Medalla: Changing patterns in enteric fever incidence and increasing antibiotic resistane of enteric fever isolates in the United States, 2008–2012. Clinical Infectious Diseases 2016, Band 63, Seiten 322–329
↑ Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2009, S. 808.
↑ IMPP Staatsexamen Medizin, Frühjahr 2007: Fallstudie 3.1, Frage 3.48
↑ Walther Schönfeld: Einleitung. In: Girolamo Fracastoro: Syphilidis sive morbi gallici libri tres in der Übersetzung von Ernst Alfred Seckendorf (1892–1943), eingeleitet von Walther Schönfeld, Lipsius & Tischer, Kiel 1960 (= Schriftenreihe der Nordwestdeutschen dermatologischen Gesellschaft. Heft 6), S. 5–20, hier: S. 6.
↑ Hahn, Kaufmann, Schulz, Suerbaum: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 6. Auflage. Springer Verlag, Heidelberg 2009.
↑ Marianne Abele-Horn (2009), S. 252.
↑ Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG), § 42
↑ M. Classen, V. Diehl, K. Kochsiek (Hrsg.): Innere Medizin. 5. Auflage. Urban & Fischer Verlag, München, 2004. S. 966.
↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 65.
↑ W. Caspary, M. Kist, J. Stein (Hrsg.): Infektiologie des Gastrointestinaltraktes. Springer, Heidelberg 2006. S. 212.
↑ E. Hohmann, S. Calderwood, E. Baron: Treatment and prevention of typhoid fever. In: B. D. Rose (Hrsg.): UpToDate. UpToDate, Waltham MA 2008.
↑ W. Caspary, M. Kist, J. Stein (Hrsg.): Infektiologie des Gastrointestinaltraktes. Springer, Heidelberg 2006, S. 437.
↑ Typhus und Paratyphus. RKI-Ratgeber für Ärzte, Stand: August 2011; abgerufen am 24. Juni 2014
↑ Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger 2024. (PDF; 1 MB) Bundesamt für Gesundheit BAG, Abteilung Übertragbare Krankheiten, 27. März 2024, S. 61, abgerufen am 21. Oktober 2024.
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| Klassifikation nach ICD-10 A01.0 Typhus abdominalis {{{02-BEZEICHNUNG}}} {{{03-BEZEICHNUNG}}} {{{04-BEZEICHNUNG}}} {{{05-BEZEICHNUNG}}} {{{06-BEZEICHNUNG}}} {{{07-BEZEICHNUNG}}} {{{08-BEZEICHNUNG}}} {{{09-BEZEICHNUNG}}} {{{10-BEZEICHNUNG}}} {{{11-BEZEICHNUNG}}} {{{12-BEZEICHNUNG}}} {{{13-BEZEICHNUNG}}} {{{14-BEZEICHNUNG}}} {{{15-BEZEICHNUNG}}} {{{16-BEZEICHNUNG}}} {{{17-BEZEICHNUNG}}} {{{18-BEZEICHNUNG}}} {{{19-BEZEICHNUNG}}} {{{20-BEZEICHNUNG}}} Vorlage:Infobox ICD/Wartung {{{21BEZEICHNUNG}}} ICD-10 online (WHO-Version 2019) Typhus oder Typhus abdominalis (Abdominaltyphus), deutsch auch Bauchtyphus, Unterleibstyphus, typhoides Fieber und enterisches Fieber, früher auch Nervenfieber genannt, ist eine systemische Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Salmonella enterica ssp. enterica Serovar Typhi hervorgerufen wird. Aus praktischen Gründen wird häufig der alte Name Salmonella Typhi verwendet. Der zweite Name Typhi wird dabei groß geschrieben, weil es sich nicht um einen Artnamen handelt, sondern um ein Serovar.[1] Der Krankheitsverlauf ist vor allem durch hohes Fieber gekennzeichnet. Unbehandelt kann die Krankheit gefährlich verlaufen und zum Tode führen. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz ist Typhus meldepflichtig. Als Paratyphus bezeichnet man hingegen ein dem Typhus ähnelndes abgeschwächtes Krankheitsbild, dessen Erreger nicht Salmonella Typhi, sondern Salmonella Paratyphi ist. In älteren Texten und im Englischen bezeichnet Typhus das Fleckfieber. Wortherkunft und Bezeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Der Name Typhus (Plural Typhen) leitet sich vom altgriechischen typhos ab, was Dunst , Nebel , Rauch , Dampf , aber auch im übertragenen Sinne Umnebelung der Sinne [2] bzw. Schwindel oder benebelter Geisteszustand bedeutet.[3] Dies bezieht sich auf die neurologischen Symptome der Krankheit, insbesondere die Benommenheit als umnebeltes Bewusstsein .[4][5] Im internationalen Sprachgebrauch, wie z. B. im Englischen, ist die Krankheit unter dem Namen typhoid fever bekannt, während das Wort typhus (vgl. griechisch typho, verbrenne langsam [6]) die im Deutschen Fleckfieber, gelegentlich aber auch Flecktyphus , genannte, durch Rickettsien verursachte Krankheit bezeichnet.[7][8] Das Fleckfieber wurde früher auch als Typhus levissimus oder Typhus ambulatorius bezeichnet. Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) folgt der internationalen Nomenklatur und bezeichnet die hier beschriebene Krankheit als typhoides Fieber . Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Typhus-Impfung 1913 Typhus (Abdominaltyphus) ist seit dem Altertum verbreitet und war auch Hippokrates von Kos bekannt.[9] Im Jahr 1546 wurde die Erkrankung von Girolamo Fracastoro, der klinisch-diagnostisch verschiedene Typhus -Arten[10] unterschied, unter dem Namen morbus lenticularis bekanntgemacht, der auch die Übertragungsgefahr von Mensch zu Mensch erkannte. Diese Annahme bestätigte sich 1556 durch Epidemien in Neapel und in Ungarn. Eine genauere Beschreibung des Krankheitsbildes erfolgte 1659 durch Thomas Willis.[11] Erst 1760 schlug Boissier de Sauvages den Namen Typhus vor. Im Jahre 1847 wurde durch William Jenner die Unterscheidung von Typhus und Fleckfieber gesichert, worüber er 1850 publizierte. Der Bazillus wurde 1880 von Carl Joseph Eberth mikroskopisch erstmals in Milz und Mesenterialdrüsen[12] (Gekrösedrüsen, Glandulae mesentericae) nachgewiesen und 1884 durch Georg August Gaffky erstmals in Reinkultur gezüchtet, doch seine Verbreitungswege blieben zunächst unbekannt. Almroth Wright führte 1897 eine Impfung ein. Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Über die Infektionsherde für Typhus war man sich lange Zeit im Unklaren. Über Würzburger Fälle von Abdominaltyphus berichteten etwa 1868 August Stöhr[13] und 1871 Franz Riegel.[14][15] Nach der verheerenden Choleraepidemie in Hamburg 1892 und der Typhusepidemie in Gelsenkirchen 1901 schenkte man aber dem Trinkwasser als Verbreitungsweg ansteckender Krankheiten erhöhte Aufmerksamkeit. Der Südwesten Deutschlands, in dem Typhus überdurchschnittlich stark verbreitet war, wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts Versuchsgebiet der Medizin. Malstatt-Burbach, Ottweiler und Hülzweiler etwa waren in den 1880er- und 1890er-Jahren Schauplätze größerer Epidemien, bei denen zahlreiche Menschen starben. Neben den im Bergbau beschäftigten Menschen, die meist unter hygienisch bedenklichen Verhältnissen in überbelegten Quartieren hausten, war auch das Militär gefährdet. So starben im Jahre 1898 40 Soldaten des 8. Rheinischen Infanterie-Regiments Nr. 70 in Saarbrücken an Typhus, den ein Mannschaftskoch verbreitet hatte. Er hatte einen Kartoffelsalat zubereitet, nachdem er zuvor eine Kloake gesäubert und sich dann die Hände nicht gründlich genug gereinigt hatte. Bei der Typhusepidemie von Lebach im Saarland erkrankten im Winter 1902/1903 mehr als 50 Menschen. Da man davon ausging, dass die Kreisärzte allein nicht in der Lage sein könnten, umfassende Untersuchungen über diese Seuchen anzustellen, wurde die Untersuchungskommission eingesetzt, die aus Fachleuten des Reichsgesundheitsamts und des Instituts für Infektionskrankheiten in Berlin bestand. Zunächst im Trierer Raum tätig, wurde diese Kommission 1902 erweitert. Teile des Regierungsbezirks Koblenz wurden neben dem Bezirk Trier untersucht, und in Saarbrücken wurde eine zweite Untersuchungsstation eingerichtet. Später wurde der Apparat noch deutlich erweitert. Hauptaufgabe war das Untersuchen verdächtigen Materials und das Nachvollziehen der Ausbreitungswege der Epidemien. Unterstützt wurde diese Arbeit durch das preußische Seuchenschutzgesetz vom 28. August 1905, eine Sonderanweisung bezüglich des Typhus aus dem Jahr 1906 und finanzielle Unterstützung durch die Reichsregierung. 1914 ging aus den bakteriologischen Untersuchungsstationen das Staatliche Institut für Hygiene und Infektionskrankheiten in Saarbrücken hervor. Hatten zunächst die hygienischen Verhältnisse in den Städten Anlass zur Sorge gegeben, traten um die Jahrhundertwende ländliche Ortschaften wie im Raum Lebach in den Vordergrund des Interesses der Behörden. Das Hauptaugenmerk der Mediziner galt der Wasser- und Abwasserbehandlung in den betroffenen Gebieten. Medizinalrat Schlecht aus Trier klagte etwa: Die Zahl der Aborte ist gering, die Defäkation findet im Viehstall, auf der Düngerstätte vor dem Hause, im Garten hinter dem Hause, im Hofraum oder sogar im Keller statt. Eine ordnungsgemäße Abortgrube ist kaum zu finden; die Abortgruben werden selten geleert; der Abort und die Abortgrube befinden sich häufig in einem Zustand, der die Benutzung [ ] nicht zuläßt. [16] Auch die Wasserversorgung gab Anlass zur Klage, da nicht nur zahlreiche Brunnen häufig verunreinigt waren, sondern wie im Falle der Lebacher Typhusepidemie viele Menschen ihr Trink- und Brauchwasser aus offenen Wasserläufen entnehmen mussten. Zwar wurden im Untersuchungszeitraum zwischen 1903 und 1914 in Südwestdeutschland zusätzliche 39 Krankenhäuser, davon 34 mit Isolierabteilungen, eingerichtet und 132 Desinfektionsapparate angeschafft sowie Desinfektoren und Gemeindeschwestern ausgebildet,[17] hauptsächlich aber drang man auf eine hygienisch unbedenkliche Versorgung der Bevölkerung mit Wasser. Im Jahr 1900 wurden die Landräte darauf aufmerksam gemacht, dass ein Erlass bestand, der es der Polizei ermöglichte, zwangsweise den Bau von Wasserleitungen zu verfügen. 1904 wurden darüber hinaus die Kreisärzte verpflichtet, regelmäßige Ortsbesichtigungen vorzunehmen. Schließlich trat der Erlaß vom 23. April 1907, betreffend die Gesichtspunkte für Beschaffung eines brauchbaren, hygienisch einwandfreien Wassers, in Kraft. Doch beispielsweise im Regierungsbezirk Trier bestand auch im Anschluss an die staatliche Typhusbekämpfungskampagne noch keine flächendeckende zentrale Wasserversorgung; die Verhältnisse besserten sich vorrangig in den größeren Ortschaften mit mehr als 1000 Einwohnern. Kleinere Ortschaften waren bei der Durchführung meist auf Finanzhilfe durch die Provinz oder die preußische Regierung angewiesen. Viele Gemeinden mussten daher noch jahrzehntelang auf eine zentrale Wasserversorgung warten. Auch verhielten sich traditionsbewusste Befürworter des alten Brunnensystems häufig ablehnend gegenüber der Planung einer zentralen Wasserversorgung; andere waren mit dem Anschluss ihres Grundstücks an eine zentrale Wasserversorgung zwar prinzipiell einverstanden, wollten jedoch gleichzeitig die Nutzung ihres bisherigen Brunnens nicht aufgeben. Der Fall der Witwe Wacht-Thiel aus Söst bei Saarburg, die ihr Vieh weiterhin mit Brunnenwasser tränken wollte, ging bis vor das Königlich Preußische Oberverwaltungsgericht in Trier.[18] Auch einige Großbauern aus Berschweiler widersetzten sich der zwangsweisen Versorgung mit unbedenklichem Trinkwasser. Sie konnten tatsächlich die Erhebung der Gebühren weitgehend gerichtlich abwehren.[19] Der Streit um die Erhebung von Gebühren für die Entnahme von Trinkwasser führte in einigen Gemeinden dazu, dass erst in den 1950er-Jahren Pauschalregelungen aufgehoben und Wasseruhren in den einzelnen Häusern installiert wurden. In Schwemlingen etwa geschah dies erst 1956.[20] Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In der Schweiz gab es vermutlich in der frühen Neuzeit mehrere Epidemien. Die Zahl der Typhusfälle schwankte bis 1905 erheblich, danach verringerte sie sich kontinuierlich. Während des Zweiten Weltkriegs traten nochmals viele Typhusfälle auf. 1987 starb zum letzten Mal in der Schweiz eine Person an Typhus. Die Erkrankungsrate lag 2008 unter einem Fall auf 100.000 Personen.[21] Im März 1963 grassierte in Zermatt eine Typhusepidemie mit über 400 Erkrankten und drei Toten.[22] Erreger und Übertragung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Erreger ist das Typhusbakterium (Salmonella enterica subsp. enterica Serovar Typhi), ein gramnegatives, begeißeltes Bakterium. Es wird fäkal-oral übertragen, also beispielsweise durch verunreinigte Nahrungsmittel oder verschmutztes Wasser. Es ist ein intrazellulärer Erreger. In der Inkubationszeit von sechs bis 30 Tagen dringen die Erreger in die Darmwandzellen ein, vor allem in die Zellen der Peyer-Plaques und wandern über das lymphatische und das retikulohistiozytäre System in die Blutbahn. Erst wenn die Erreger dort angekommen sind, kommt es zum Krankheitsausbruch vor allem mit hohem Fieber.[23] Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Heutzutage ist Typhus vor allem ein Problem der Entwicklungsländer mit unzureichenden hygienischen Bedingungen. Betroffen sind Mittel- und Südamerika, die Karibik, Afrika und Asien, dort vor allem Südasien. Nach einer neueren Schätzung von 2014 erkranken jährlich etwa 11,9 Millionen Menschen an Typhus, und es sterben 129.000 Menschen.[24] In Nordamerika und Europa kommt es nur noch selten zu Typhus-Erkrankungen, wenige Hundert werden jährlich in den USA gemeldet. Davon sind etwa 90 % von Fernreisenden eingeschleppt, mehrheitlich aus Indien, Pakistan und Bangladesch. Dort finden sich zugleich auch hohe Raten von Antibiotika-Resistenz. So konnten bei mehr als 90 % von in die USA zurückkehrenden Menschen eine Resistenz oder intermediäre Sensibilität gegen Ciprofloxacin nachgewiesen werden.[25] 2016 kam es in Deutschland zu 60 nachgewiesenen Fällen, 2017 zu 78, 2018 wurden 58 Erkrankungen verzeichnet und 2019 stieg die Zahl auf 84. 2021 gab es 18 Fälle, 2022 wurden 46 Erkrankungen gezählt. 2023 wurden 79 und 2024 74 Fälle gezählt. Klinisches Bild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Krankheitsstadien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Inkubationszeit beträgt, in Abhängigkeit von der Menge der aufgenommenen Erreger, in der Regel 1 3 Wochen, Extremwerte können jedoch auch zwischen 3 und 60 Tagen liegen.[26][27] 1. Woche (Stadium incrementi): Es kommt zunächst zu unspezifischen Allgemeinsymptomen wie Mattigkeit, Kopfschmerzen, Verstopfung sowie zu einem treppenförmigen Fieberanstieg. Roseolen auf der Brust eines an Typhus erkrankten Patienten 2. 3. Woche (Stadium fastigii): Nach ca. 8 Tagen wird ein Stadium von anhaltendem hohen Fieber erreicht (Fieberkontinuum mit 40 bis 41 C), das über Wochen andauern kann. Bei einigen Patienten findet sich nur das hohe Fieber, öfter ist es aber von unspezifischen, sich langsam entwickelnden Allgemeinsymptomen begleitet. Typische Veränderungen finden sich jedoch seltener.[23] Mögliche Symptome sind: Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, unproduktiver Husten, allgemeines abdominales Unwohlsein. Durchfall und Verstopfung können gelegentlich auftreten. Relative Bradykardie, also ein für Fieber ungewöhnlich langsamer Herzschlag. Fieber geht sonst häufig mit einem schnelleren Herzschlag (Tachykardie) einher. Mangel an weißen Blutkörperchen (Leukopenie). Dies ist bei einer bakteriellen Infektion ebenfalls die Ausnahme. Ebenso kann aber auch eine Leukozytose auftreten, eine erhöhte Konzentration an weißen Blutkörperchen. Dazu können eine Thrombozytopenie und eine Anämie vorliegen. Hinzu kommen bisweilen Bewusstseinsstörungen (daher der Name) Es kann selten zu einer Hepatomegalie (Leberschwellung) mit gering erhöhten Leberwerten im Labor (Transaminasenanstieg) und zu einer Splenomegalie (Milzschwellung, früher auch Milztumor genannt) kommen. Ein rosa-rötlicher fleckförmiger Hautausschlag (Roseolen) am Rumpf und an Armen und Beinen ist selten, nur kurzzeitig sichtbar, aber typisch. Diesen Typhus exanthematicus, der im 16. Jahrhundert in ganz Europa auftrat, hat zuerst Girolamo Fracastoro 1546[28] beschrieben. Typisch und selten ist auch die sogenannte Typhuszunge, die in der Mitte deutlich grau-weißlich belegt ist, an den Rändern und der Zungenspitze jedoch freie rote Ränder zeigt. Im Verlauf der Erkrankung kann es unbehandelt zu schweren Komplikationen kommen: Durch die Zerstörung der Peyer-Plaques im Dünndarm, über die die Erreger in die Blutbahn gelangen, kann es zu einem charakteristischen erbsenbreiartigen Durchfall kommen, der erst nach etwa 14 Tagen auftritt, aber auch völlig fehlen kann. Dabei können starke Schmerzen im Nierenbereich und Unterbauch einsetzen. Gastrointestinale Blutungen können ebenfalls durch die Zerstörung der Peyer-Plaques ausgelöst werden Darmperforationen können durch eine nekrotisierende Lymphadenitis entstehen und haben eine sehr hohe Letalität, weshalb eine sofortige chirurgische Intervention bei Verdacht auf Perforation notwendig ist. Auch Abszesse, Bronchopneumonie und Meningitis können auftreten. Dauerausscheider[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In der Folge scheiden ca. 10 % der unbehandelten Erkrankten für bis zu 3 Monate Typhusbakterien mit dem Stuhl oder Urin aus; 5 % der unbehandelten Erkrankten werden zu sogenannten Dauerausscheidern (Ausscheidung > 1 Jahr) der Salmonellen, da die Erreger in der Gallenblase und den Gallenwegen persistieren können (siehe: Mary Mallon). Begünstigt wird dies durch Anomalien der Gallenwege, z. B. Gallensteine. Die Dauerausscheider können, ohne selbst Krankheitszeichen zu zeigen, andere Personen anstecken.[29] Auch behandelte Patienten scheiden nach überstandenem Typhus in etwa 2 bis 5 Prozent der Fälle dauerhaft (> 6 Monate) Erreger aus.[30] Personen, die an Typhus abdominalis oder Paratyphus erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen nicht beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Lebensmitteln, wenn sie dabei mit diesen in Berührung kommen, oder in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung tätig sein oder beschäftigt werden.[31] Diagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Stellung der Diagnose stützt sich auf die typische Klinik, die Anamnese (Reise in tropische Regionen, vor allem Indien, Nepal und Indonesien) und labormedizinische und bakteriologische Befunde. Der bakteriologische Erregernachweis gelingt mithilfe von Blutkulturen in den ersten zwei Wochen der Krankheit nur in 40 % der Fälle, bei Stuhl- und Urinkulturen ist die Sensitivität noch niedriger. Stuhlproben können nur im frühesten Erkrankungsstadium und nach zwei Wochen positiv ausfallen, haben aber eine geringe Sensitivität. Die vom Immunsystem des Organismus gebildeten Antikörper, die sich gegen spezielle Bakterienantigene richten (Antikörper gegen O/h Antigen), lassen sich etwa ab Ende der ersten Krankheitswoche serologisch mithilfe der Gruber-Widal-Reaktion nachweisen. Erst ab der dritten Krankheitswoche werden hohe Titer an Antikörpern erreicht (1:400 800). Bei initial begonnener Therapie mit Antibiotika kann der Nachweis von Antikörpern misslingen.[32] Zudem können sich falsch-positive Werte finden, weil beispielsweise in Endemiegebieten bereits früher eine Infektion vorlag. Daher muss bei ausreichendem klinischen Verdacht eine Therapie umgehend und auch ohne Erregernachweis empirisch erfolgen.[23] Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Typhuskranke deutsche Soldaten in Warschau, Weihnachten 1915 Die möglichst frühzeitig zu beginnende Therapie der Typhusinfektion erfolgt mit Antibiotika. Vor Beginn der Therapie werden Blut- und Stuhlproben entnommen, um den Erreger nachzuweisen und nach gelungener Anzucht des Erregers eine Resistenzbestimmung gegenüber gebräuchlichen Antibiotika durchzuführen. Antibiotika der Wahl bei Erwachsenen sind neuere Chinolon-Antibiotika wie Ciprofloxacin oder Ofloxacin für sieben bis zehn Tage. Da Salmonella Typhi ein intrazellulärer Erreger ist, kommt es meist nicht zu einer sofortigen Fiebersenkung und Symptomverbesserung, das Fieber kann noch mehrere Tage anhalten, was aber nicht auf eine falsche Antibiotika-Wahl hinweist. Alternativ kann bei voll sensiblen Stämmen auch Amoxicillin oder Cotrimoxazol und bei Sorge um eine Resistenz gegen Chinolon-Antibiotika, wie bei Rückkehrern aus Indien, Pakistan oder Bangladesch, Azithromycin eingesetzt werden.[23] Falls die genannten Substanzen aufgrund von Gegenanzeigen nicht eingesetzt werden können oder die Erreger resistent sind, kann die Therapie mit Cefixim, Ampicillin, Cotrimoxazol oder dem bereits seit 1947 isolierten[33] Chloramphenicol durchgeführt werden. Insbesondere gegen die drei zuletzt genannten Wirkstoffe bestehen jedoch ebenfalls häufig Resistenzen.[34][35] Bei schwerer Erkrankung und Bewusstseinsstörung oder Enzephalopathie kann eine hochdosierte Dexamethason-Gabe die Mortalität senken.[23] Prophylaxe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Hauptartikel: Typhusimpfstoff Hygiene ist der beste Schutz. Dazu zählt auch häufiges Händewaschen. Die auf Tropenreisen üblichen Maßnahmen, wie beispielsweise der Verzicht auf unzureichend gegarte Speisen, Säfte, Eiswürfel und Leitungswasser, sollten auf jeden Fall beachtet werden ( cook it, peel it or leave it Koche es, schäle es, oder lass es liegen ). Eine Impfprophylaxe gegen Typhus kann sowohl mit Tot- als auch mit Lebendimpfstoffen durchgeführt werden. Der Lebendimpfstoff (Vivotif; in Deutschland Typhoral) enthält nicht-krankheitserregende (apathogene) Salmonella-Typhi-Bakterien, die das Immunsystem zur Bildung von schützenden Antikörpern anregen. Der Lebendimpfstoff wird oral in magensaftresistenten Kapseln verabreicht, ist gut verträglich und schützt etwa 60 Prozent der Impflinge in Endemiegebieten für mindestens ein Jahr. Bei Mehrfachreisenden wird eine Auffrischimpfung nach einem Jahr empfohlen. Der Totimpfstoff enthält ein Polysaccharid der Kapsel von Salmonella Typhi, welches ebenfalls beim Impfling zur Bildung von Antikörpern führt. Der Impfstoff wird intramuskulär oder subkutan appliziert, ist gut verträglich und bietet etwa 60 Prozent der Geimpften einen Schutz für maximal drei Jahre.[36][37] Meldepflicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] In Deutschland ist Typhus abdominalis eine meldepflichtige Krankheit nach 6 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Die namentliche Meldepflicht besteht bei Verdacht, Erkrankung und Tod. Verpflichtet ist der feststellende Arzt usw. (siehe 8 IfSG). In Österreich ist Typhus (Abdominaltyphus) auch eine anzeigepflichtige Krankheit gemäß 1 Absatz 1 Nummer 1 Epidemiegesetz 1950. Die Anzeigepflicht bezieht sich auf Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderen Ärzte und Labore ( 3 Epidemiegesetz 1950). In der Schweiz ist Typhus abdominalis ebenfalls eine meldepflichtige Krankheit[38] und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Die Meldepflicht löst ein positiver laboranalytischer Befund aus. Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 252 f. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer Verlag, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9 223, hier: S. 124 134. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Typhus Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wiktionary: Typhus Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Typhus Informationen des Robert Koch-Instituts Merkblatt (PDF; 31 kB; 1 Seite), Auswärtiges Amt Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Uwe Groß: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2013, S. 64 Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. 1961, S. 124. Wörterbuch und Lexikon Altgriechisch Latein. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 12. September 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/www.operone.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) Manfred Vasold: Die Sterblichkeit in Nürnberg im 19. Jahrhundert. Lebensumstände, Krankheit und Tod (um 1800 bis 1913). In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 25, 2006, S. 241 338, hier: S. 275 f. Typhus. In: Das Wortauskunftssystem zur deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Aufl., hrsg. von Walther Mitzka, De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck ( 21. unveränderte Auflage ) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 799. Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, englische Version Typhus: MedlinePlus Medical Encyclopedia. Abgerufen am 12. September 2011. Georg Sticker: Hippokrates: Der Volkskrankheiten erstes und drittes Buch (um das Jahr 434 430 v. Chr.). Aus dem Griechischen übersetzt, eingeleitet und erläutert. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1923 (= Klassiker der Medizin. Band 29); unveränderter Nachdruck: Zentralantiquariat der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig 1968, S. 96 97 und 106. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 22. Horst Kremling: Historische Betrachtungen zur präventiven Heilkunde. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 24, 2005, S. 222 260, hier: S. 230. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. 1961, S. 124. August Stöhr: Bericht über 120 Fälle von Abdominaltyphus im königl. Julius-Hospitale zu Würzburg nach Brand s Methode behandelt. In: Verhandlungen der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft zu Würzburg. Neue Folge, Band 1, 1868, S. 210 231. Franz Riegel: Bericht über die Resultate der Kaltwasserbehandlung des Unterleibstyphus im kgl. Juliushospitale zu Würzburg. In: Deutsches Archiv für klinische Medizin. Band 9, 1871, Heft 4 5. Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 262. zitiert nach Hans-Henning Krämer, Vom Dorfbrunnen zum Wasserwerk. Geschichte der Trinkwasserversorgung an der Saar, Gollenstein Verlag 1999, ISBN 3-933389-07-0, S. 139 Krämer 1999, S. 145 Krämer 1999, S. 170 Krämer 1999, S. 171 f. Krämer 1999, S. 179 Iris Ritzmann: Typhus. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2010. Marc Tribelhorn: Tödliche Bakterien am Matterhorn. In: Neue Zürcher Zeitung, 11. März 2019. a b c d e Maralyssa Bann, Daniel R. Kaul, Mahri Z. Haider, Sanjay Saint, Zachary D. Goldberger: Home Sweet Home. In: New England Journal of Medicine, 2018, Band 378, Ausgabe 5 vom 1. Februar 2018, S. 461 466, doi:10.1056/NEJMcps1704731. V. Mogasale, B. Maskery, R. L. Ochiai u. a.: Burden of typhoid fever in: a systematic, literature-based update with risk-factor adjustment. Lancet Global Health 2014: Band 2, Ausgabe 10, Seiten e570-e580 K. A. Date, A. E Newton, F. Medalla: Changing patterns in enteric fever incidence and increasing antibiotic resistane of enteric fever isolates in the United States, 2008 2012. Clinical Infectious Diseases 2016, Band 63, Seiten 322 329 Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2009, S. 808. IMPP Staatsexamen Medizin, Frühjahr 2007: Fallstudie 3.1, Frage 3.48 Walther Schönfeld: Einleitung. In: Girolamo Fracastoro: Syphilidis sive morbi gallici libri tres in der Übersetzung von Ernst Alfred Seckendorf (1892 1943), eingeleitet von Walther Schönfeld, Lipsius & Tischer, Kiel 1960 (= Schriftenreihe der Nordwestdeutschen dermatologischen Gesellschaft. Heft 6), S. 5 20, hier: S. 6. Hahn, Kaufmann, Schulz, Suerbaum: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 6. Auflage. Springer Verlag, Heidelberg 2009. Marianne Abele-Horn (2009), S. 252. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz IfSG), 42 M. Classen, V. Diehl, K. Kochsiek (Hrsg.): Innere Medizin. 5. Auflage. Urban & Fischer Verlag, München, 2004. S. 966. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 65. W. Caspary, M. Kist, J. Stein (Hrsg.): Infektiologie des Gastrointestinaltraktes. Springer, Heidelberg 2006. S. 212. E. Hohmann, S. Calderwood, E. Baron: Treatment and prevention of typhoid fever. In: B. D. Rose (Hrsg.): UpToDate. UpToDate, Waltham MA 2008. W. Caspary, M. Kist, J. Stein (Hrsg.): Infektiologie des Gastrointestinaltraktes. Springer, Heidelberg 2006, S. 437. Typhus und Paratyphus. RKI-Ratgeber für Ärzte, Stand: August 2011; abgerufen am 24. Juni 2014 Leitfaden zur Meldepflicht übertragbarer Krankheiten und Erreger 2024. (PDF; 1 MB) Bundesamt für Gesundheit BAG, Abteilung Übertragbare Krankheiten, 27. März 2024, S. 61, abgerufen am 21. Oktober 2024. Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! Normdaten (Sachbegriff): GND: 4468056-9 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Verdauungstrakt.txt | Mit den Begriffen Verdauungstrakt oder Verdauungskanal (lateinisch Canalis alimentarius) werden die Organe zusammengefasst, die der Aufnahme, der Zerkleinerung und dem Weitertransport der Nahrung dienen, um diese letztlich zu verdauen und die darin enthaltenen Nährstoffe für den Körper verwertbar zu machen. Der Verdauungstrakt besteht aus der Mundhöhle, dem Pharynx (Rachen), der Speiseröhre, dem Magen und dem Darm.
Der größte Teil des Verdauungstrakts ist der Magen-Darm-Trakt, der auch als Gastrointestinaltrakt (von altgriechisch γαστήρ gastēr, deutsch ‚Magen‘ und lateinisch intestinum ‚Darm‘) oder als Magen-Darm-Kanal bezeichnet wird.
Weitere Verdauungsorgane sind die Leber mit den Gallenwegen und die Bauchspeicheldrüse. Alle Verdauungsorgane zusammen werden als Verdauungsapparat (lateinisch Apparatus digestorius) oder Verdauungssystem (lateinisch Systema digestivum) bezeichnet.
Funktion |
Im Verdauungstrakt findet der eigentliche enzymatische Aufschluss der Nahrung, die Resorption von Nahrungsstoffen und Wasser sowie die Ausscheidung unverdaulicher oder nicht verwertbarer Nahrungsbestandteile statt. Neben Enzymen sind auch verschiedene Mikroorganismen an der Verdauung beteiligt, die man unter dem Begriff Darmflora zusammenfasst.
Die großen Verdauungsdrüsen, die Leber – mit Gallenblase – und die Bauchspeicheldrüse, produzieren Verdauungssäfte, die die Nahrung in ihre Bestandteile aufspalten. Der untere Teil des Verdauungstraktes dient hauptsächlich der Resorption von Wasser und der Ausscheidung der unverdaulichen Nahrungsbestandteile.
Aufbau |
Übersicht über den menschlichen Verdauungstrakt
Der Verdauungstrakt kann in einen Kopf- und einen Rumpfteil (synonym auch oberer und unterer Verdauungstrakt) unterteilt werden. Neben dem eigentlichen Magen-Darm-Trakt (Gastrointestinaltrakt) gehören zum Verdauungssystem noch die Mundhöhle, wo vorwiegend die mechanische Zerkleinerung der Nahrung erfolgt, Speicheldrüsen, Pharynx und die Speiseröhre, die dem Weitertransport in den Magen dient. Die Zuordnung der Speiseröhre zum Magen-Darm-Trakt ist umstritten.
Kopfteil |
Die Mundwerkzeuge und Mundhöhle (Lippen, Zähne, Zunge) dienen der Nahrungsaufnahme und der Zerkleinerung. Die Speicheldrüsen produzieren Speichel, der die Nahrung gleitfähig macht und bei einigen Säugetieren auch Enzyme zum Stärkeabbau (Amylase) enthält. Der Pharynx (Rachen, Schlundkopf) ist der Übergang zur Speiseröhre. In ihm kreuzen sich Nahrungs- und Atemweg.
Rumpfteil |
Speiseröhre: dient dem Transport der Nahrung vom Mund zum Magen.
Magen: pH=2, wandelt die Nahrung in Nahrungsbrei um und reichert sie mit Magensaft an. 15 % der Proteine werden hier durch Pepsin gespalten.
Dünndarm mit
Zwölffingerdarm (Duodenum): Der Gallengang mündet hier, mit ihm werden dem Nahrungsbrei Pankreassaft, der der Protein- und Fettverdauung dient, und die Galle, die bei der Fettverdauung hilft, beigemengt.
Leerdarm (Jejunum): Ort der Resorption der nun in Peptide aufgespaltenen Proteine (Dipeptide-/Tripeptide), der Fette, Kohlenhydrate, Vitamine und Wasser
Krummdarm (Ileum)
Dickdarm (mit Blinddarm und Wurmfortsatz, aufsteigendem, querverlaufendem und absteigendem Grimmdarm (Colon) und Mastdarm): Speicherort für den Kot, um den Stuhlgang in Intervallen zu erlauben, ebenso Ort der Resorption von Wasser und Elektrolyten.
After: dient der Ausscheidung des Kots.
Unterscheidung der Verdauungssysteme |
Durch die Evolution ist der Verdauungstrakt an die jeweilige Nahrung der Spezies optimal angepasst. Einerseits betrifft es die Anatomie des Verdauungstraktes und anderseits das Milieu der nährstoffspaltenden Mikroorganismen. Hier eine Übersicht der verbreiteten Verdauungssysteme:
Einfaches System wie zum Beispiel Mensch, Schwein und Hund
Magen
Dünndarm
Blinddarm
Dickdarm
Einfaches System mit funktionellem Blinddarm wie zum Beispiel beim Pferd, Kaninchen und Ratte
Magen
Dünndarm
Blinddarm (mit mikrobieller Verdauung)
Dickdarm
Multiples System (Wiederkäuer) wie zum Beispiel Rind, Schaf und Ziege
Pansen
Blättermagen
Netzmagen
Labmagen (Drüsenmagen)
Dünndarm
Blinddarm (ausgeprägt aber funktionslos)
Dickdarm
Aviäres System (Geflügel) wie zum Beispiel Huhn, Pute, Ente
Drüsenmagen (Proventriculus oder Ventriculus glandularis)
Muskelmagen (Ventriculus muscularis) (mikrobielle Verdauung)
Dünndarm (Hauptabsorptionsort)
Dickdarm (mikrobielle Verdauung)
Kloake (gemeinsame Ausscheidung von Harn und Kot)
Wandschichten |
Die Wand des Verdauungstraktes besteht in allen Abschnitten grundsätzlich aus vier Geweben, die in Schichten übereinander liegen. In den verschiedenen Abschnitten des Magen-Darm-Traktes unterscheidet sich der Aufbau je nach Funktion etwas.
Die Schichten von innen nach außen:
Mukosa (Schleimhaut): Sie bildet die innere Wandschicht des Magen-Darm-Traktes.
Submukosa: Sie bildet eine recht schmale Bindegewebsschicht zwischen Mukosa und Muskularis.
Muskularis: Diese besteht im Mund, Pharynx und dem oberen Teil der Speiseröhre aus quergestreiften Muskeln, die der Willkür unterliegen und z. B. beim Schlucken angespannt werden können. Im übrigen Teil des Verdauungskanals überwiegt die glatte Muskulatur, die durch den Parasympathikus gesteuert wird. Sie ist auch verantwortlich für die Peristaltik des Darms und ist sowohl ringförmig als auch längs angeordnet, damit sich der Verdauungskanal sowohl längs als auch quer zusammenziehen kann.
Tunica serosa (auch Peritoneum viscerale). Bildet die äußerste Gewebsschicht des Magen-Darm-Trakts. Sie sondert Flüssigkeiten ab und ermöglicht somit das Übereinandergleiten mit anderen Organen. Die Serosa kommt allerdings nur bei Organen vor, die im Peritoneum liegen. In den anderen Bereichen des Körpers wird die Verbindung einzelner Organe durch lockeres Bindegewebe (Adventitia) realisiert.
Erkrankungen |
Es gibt eine Vielzahl von Erkrankungsmöglichkeiten des Verdauungstrakts von der Mundhöhle bis zum Mastdarm und Krankheiten der Verdauungsorgane. So gehören etwa Infektionen und Entzündungen wie Mundschleimhautentzündungen, Gastroenteritis, Morbus Crohn und Pankreatitis, aber auch bestimmte intraabdominale Abszesse und verschiedene Speiseröhrenerkrankungen sowie Tumorerkrankungen dazu.[1]
| Mit den Begriffen Verdauungstrakt oder Verdauungskanal (lateinisch Canalis alimentarius) werden die Organe zusammengefasst, die der Aufnahme, der Zerkleinerung und dem Weitertransport der Nahrung dienen, um diese letztlich zu verdauen und die darin enthaltenen Nährstoffe für den Körper verwertbar zu machen. Der Verdauungstrakt besteht aus der Mundhöhle, dem Pharynx (Rachen), der Speiseröhre, dem Magen und dem Darm. Der größte Teil des Verdauungstrakts ist der Magen-Darm-Trakt, der auch als Gastrointestinaltrakt (von altgriechisch gast r, deutsch Magen und lateinisch intestinum Darm ) oder als Magen-Darm-Kanal bezeichnet wird. Weitere Verdauungsorgane sind die Leber mit den Gallenwegen und die Bauchspeicheldrüse. Alle Verdauungsorgane zusammen werden als Verdauungsapparat (lateinisch Apparatus digestorius) oder Verdauungssystem (lateinisch Systema digestivum) bezeichnet. Funktion | Im Verdauungstrakt findet der eigentliche enzymatische Aufschluss der Nahrung, die Resorption von Nahrungsstoffen und Wasser sowie die Ausscheidung unverdaulicher oder nicht verwertbarer Nahrungsbestandteile statt. Neben Enzymen sind auch verschiedene Mikroorganismen an der Verdauung beteiligt, die man unter dem Begriff Darmflora zusammenfasst. Die großen Verdauungsdrüsen, die Leber mit Gallenblase und die Bauchspeicheldrüse, produzieren Verdauungssäfte, die die Nahrung in ihre Bestandteile aufspalten. Der untere Teil des Verdauungstraktes dient hauptsächlich der Resorption von Wasser und der Ausscheidung der unverdaulichen Nahrungsbestandteile. Aufbau | Übersicht über den menschlichen Verdauungstrakt Der Verdauungstrakt kann in einen Kopf- und einen Rumpfteil (synonym auch oberer und unterer Verdauungstrakt) unterteilt werden. Neben dem eigentlichen Magen-Darm-Trakt (Gastrointestinaltrakt) gehören zum Verdauungssystem noch die Mundhöhle, wo vorwiegend die mechanische Zerkleinerung der Nahrung erfolgt, Speicheldrüsen, Pharynx und die Speiseröhre, die dem Weitertransport in den Magen dient. Die Zuordnung der Speiseröhre zum Magen-Darm-Trakt ist umstritten. Kopfteil | Die Mundwerkzeuge und Mundhöhle (Lippen, Zähne, Zunge) dienen der Nahrungsaufnahme und der Zerkleinerung. Die Speicheldrüsen produzieren Speichel, der die Nahrung gleitfähig macht und bei einigen Säugetieren auch Enzyme zum Stärkeabbau (Amylase) enthält. Der Pharynx (Rachen, Schlundkopf) ist der Übergang zur Speiseröhre. In ihm kreuzen sich Nahrungs- und Atemweg. Rumpfteil | Speiseröhre: dient dem Transport der Nahrung vom Mund zum Magen. Magen: pH=2, wandelt die Nahrung in Nahrungsbrei um und reichert sie mit Magensaft an. 15 % der Proteine werden hier durch Pepsin gespalten. Dünndarm mit Zwölffingerdarm (Duodenum): Der Gallengang mündet hier, mit ihm werden dem Nahrungsbrei Pankreassaft, der der Protein- und Fettverdauung dient, und die Galle, die bei der Fettverdauung hilft, beigemengt. Leerdarm (Jejunum): Ort der Resorption der nun in Peptide aufgespaltenen Proteine (Dipeptide-/Tripeptide), der Fette, Kohlenhydrate, Vitamine und Wasser Krummdarm (Ileum) Dickdarm (mit Blinddarm und Wurmfortsatz, aufsteigendem, querverlaufendem und absteigendem Grimmdarm (Colon) und Mastdarm): Speicherort für den Kot, um den Stuhlgang in Intervallen zu erlauben, ebenso Ort der Resorption von Wasser und Elektrolyten. After: dient der Ausscheidung des Kots. Unterscheidung der Verdauungssysteme | Durch die Evolution ist der Verdauungstrakt an die jeweilige Nahrung der Spezies optimal angepasst. Einerseits betrifft es die Anatomie des Verdauungstraktes und anderseits das Milieu der nährstoffspaltenden Mikroorganismen. Hier eine Übersicht der verbreiteten Verdauungssysteme: Einfaches System wie zum Beispiel Mensch, Schwein und Hund Magen Dünndarm Blinddarm Dickdarm Einfaches System mit funktionellem Blinddarm wie zum Beispiel beim Pferd, Kaninchen und Ratte Magen Dünndarm Blinddarm (mit mikrobieller Verdauung) Dickdarm Multiples System (Wiederkäuer) wie zum Beispiel Rind, Schaf und Ziege Pansen Blättermagen Netzmagen Labmagen (Drüsenmagen) Dünndarm Blinddarm (ausgeprägt aber funktionslos) Dickdarm Aviäres System (Geflügel) wie zum Beispiel Huhn, Pute, Ente Drüsenmagen (Proventriculus oder Ventriculus glandularis) Muskelmagen (Ventriculus muscularis) (mikrobielle Verdauung) Dünndarm (Hauptabsorptionsort) Dickdarm (mikrobielle Verdauung) Kloake (gemeinsame Ausscheidung von Harn und Kot) Wandschichten | Die Wand des Verdauungstraktes besteht in allen Abschnitten grundsätzlich aus vier Geweben, die in Schichten übereinander liegen. In den verschiedenen Abschnitten des Magen-Darm-Traktes unterscheidet sich der Aufbau je nach Funktion etwas. Die Schichten von innen nach außen: Mukosa (Schleimhaut): Sie bildet die innere Wandschicht des Magen-Darm-Traktes. Submukosa: Sie bildet eine recht schmale Bindegewebsschicht zwischen Mukosa und Muskularis. Muskularis: Diese besteht im Mund, Pharynx und dem oberen Teil der Speiseröhre aus quergestreiften Muskeln, die der Willkür unterliegen und z. B. beim Schlucken angespannt werden können. Im übrigen Teil des Verdauungskanals überwiegt die glatte Muskulatur, die durch den Parasympathikus gesteuert wird. Sie ist auch verantwortlich für die Peristaltik des Darms und ist sowohl ringförmig als auch längs angeordnet, damit sich der Verdauungskanal sowohl längs als auch quer zusammenziehen kann. Tunica serosa (auch Peritoneum viscerale). Bildet die äußerste Gewebsschicht des Magen-Darm-Trakts. Sie sondert Flüssigkeiten ab und ermöglicht somit das Übereinandergleiten mit anderen Organen. Die Serosa kommt allerdings nur bei Organen vor, die im Peritoneum liegen. In den anderen Bereichen des Körpers wird die Verbindung einzelner Organe durch lockeres Bindegewebe (Adventitia) realisiert. Erkrankungen | Es gibt eine Vielzahl von Erkrankungsmöglichkeiten des Verdauungstrakts von der Mundhöhle bis zum Mastdarm und Krankheiten der Verdauungsorgane. So gehören etwa Infektionen und Entzündungen wie Mundschleimhautentzündungen, Gastroenteritis, Morbus Crohn und Pankreatitis, aber auch bestimmte intraabdominale Abszesse und verschiedene Speiseröhrenerkrankungen sowie Tumorerkrankungen dazu.[1] |
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Zentralnervensystem.txt | Schema des menschlichen Nervensystems mit Zentralnervensystem (gelb) und peripherem Nervensystem (orange)
Das zentrale Nervensystem (ZNS) ist ein Teilsystem des Nervensystems aller Bilateria, das bei Wirbeltieren hauptsächlich aus Gehirn und Rückenmark besteht, die sich aus Nervengewebe zusammensetzen. Seine Funktion besteht darin, Informationen zu verarbeiten, was Sensorik (Wahrnehmung), Verarbeitung (Interpretation und Auswertung) und Motorik (Bewegungen) einschließt.[1] Darüber hinaus steuert es viele körperliche Prozesse, darunter lebenswichtige Funktionen wie die Spontanatmung[2] und die Thermoregulation.[3] Zwischen den Nervenzellen werden die Informationen chemisch codiert und über Neurotransmitter im synaptischen Spalt weitergegeben.[4] Die Abgrenzung zum peripheren Nervensystem wird allein nach der Lage getroffen, funktionell sind beide Anteile des Nervensystems eng miteinander verflochten.[5]
Funktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das ZNS erfüllt in einem komplexeren Lebewesen verschiedene Aufgaben:
Integration aller Reize, die ihm von innerhalb oder außerhalb des Organismus zugeleitet werden,
Koordination sämtlicher motorischer Eigenleistungen des Gesamtorganismus,
Regulation dabei ablaufender Abstimmungsvorgänge zwischen den organismischen Subsystemen oder Organen, einschließlich solcher humoraler und insbesondere hormoneller Art.
Um 1905 begann Walter Spielmeyer seine bahnbrechenden Arbeiten zur pathologischen Histologie (Gewebelehre) des Zentralnervensystems.[6] Die Färbemethoden von Camillo Golgi hatten bereits seit 1885 neue Wege bei der Erforschung des zentralen Nervensystems eröffnet. Ebenfalls bahnbrechende Studien über das Zentralnervensystem führte Santiago Ramón y Cajal (1852–1934) durch, woraufhin Waldeyer 1891 die Neuronentheorie formulierte.[7]
Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (beispielsweise Einzelnachweisen) ausgestattet. Angaben ohne ausreichenden Beleg könnten demnächst entfernt werden. Bitte hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst.
Alle komplexeren, sich als Ganzes bewegenden Lebewesen benötigen ein System mit den obengenannten Funktionen. Es als Steuerungssystem anzusehen, liegt nahe, ist aber nicht korrekt. Im eigentlichen Sinn steuert das ZNS nicht. Es trägt infolge seiner zentralen Stellung neben der innerorganismischen Selbstregulation automatisch auch zur Aufrechterhaltung der Funktionalität des Gesamtorganismus in Relation zu organismisch relevanten Bedingungen in seiner Umgebung oder Umwelt bei.
Das ZNS „vermittelt“ dabei stets nach zwei Seiten: Als zentrales Integrations-, Koordinations- und Regulationsorgan dient es nicht nur zur Verarbeitung von Reizen, die über die vom jeweiligen Organismus ausgebildeten Sinnesorgane von außerhalb des Organismus ins ZNS gelangen, sondern auch von jenen, die im Organismus selbst produziert werden. Tiere werden daher nicht nur von Umweltbedingungen zu Reaktionen angeregt. Sie werden auch von sich aus aktiv. Dies kann sogar während des Ruhens oder Schlafens vorkommen und zwar dann, wenn eigenproduzierte Reize größere Intensität erreichen; beim Menschen ist dies etwa bei intensiveren Träumen der Fall. Diese gehen teilweise mit starker Beeinflussung der auch im Schlaf unablässig regulierten autonom-vegetativen Bereiche des Organismus einher wie etwa Herzschlag oder Schweißbildung, Harndrang oder Darmaktivität, so dass stärkere (Mit)Reaktionen dieser Art ihrerseits als Weckreize wirken und einen Schläfer „aufgeregt“ erwachen lassen können.
ZNS der Wirbeltiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Übersicht über das menschliche ZNS (2), das aus Gehirn (1) und Rückenmark (3) besteht
Beim Menschen und den übrigen Wirbeltieren fasst man Gehirn und Rückenmark zusammen unter dem Begriff Zentralnervensystem und grenzt es so gegen das periphere Nervensystem ab, das zum Teil aus den Zellfortsätzen von Nervenzellen besteht, deren Zellkörper im ZNS liegt. Als Grenzen des ZNS können die Hirnhäute angesehen werden. Nach einer anderen Definition liegt die Grenze des ZNS dort, wo die Nervenfaserumhüllung von der für das ZNS typischen, von Oligodendrozyten gebildeten Form in eine für das periphere Nervensystem typische Umhüllung durch Schwann-Zellen übergeht. Hinsichtlich der Richtung des Informationsflusses im Nervensystem wird zwischen den (zentripetal) zuleitenden Nervenfasern als Afferenzen (Signaleingang) und den (zentrifugal) wegleitenden Nervenfasern als Efferenzen (Signalausgang) unterschieden. Dabei unterscheidet man nach funktionellen Gesichtspunkten zwischen den sensiblen und den motorischen Anteilen einerseits des somatischen Nervensystems und andererseits des vegetativen Nervensystems.
Im ZNS werden graue Substanz (Substantia grisea) und weiße Substanz (Substantia alba) unterschieden. Die graue Substanz liegt im Rückenmark innen, umgeben von der weißen Substanz außen. Im Gehirn sind die Verhältnisse dagegen komplexer, in der Hirnrinde (Cortex) findet sich graue Substanz auch außen, sowohl im Großhirn (Cortex cerebri) wie auch im Kleinhirn (Cortex cerebelli). Beide Anteile lassen sich an einem Schnitt bereits mit bloßem Auge anhand der namensgebenden Farbe erkennen. Die graue Substanz besteht vorwiegend aus Nervenzellkörpern, die weiße aus deren Fortsätzen (Axone), also den Leitungsbahnen. Allerdings sind in die weiße Substanz ebenfalls Ansammlungen von Nervenzellkörpern eingestreut, die Nuclei („Kerne“ oder „Kerngebiete“).
ZNS anderer Tiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die dorsalen, zentralnervösen Strukturen der Wirbeltiere könnten den ventralen Strukturen der Strickleiternervensysteme von Insekten homolog sein. Eine derartige Hypothese wurde schon 1875 von Felix Anton Dohrn formuliert, der vermutete, dass beide sich auf das Nervengeflecht eines ringelwurmartigen Vorfahren zurückführen lassen.
Erkrankungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Erkrankungen des Zentralnervensystems wie etwa Infektionen (z. B. Meningitis, Empyem, Abszess, Enzephalitis, Poliomyelitis, Tollwut, Botulismus, Tetanus und Listeriose)[8] zählen zu den neurologischen Erkrankungen. Zudem existieren im Zusammenhang mit dem Blutkreislauf stehende Erkrankungen wie Schädigungen durch Arteriosklerose, Schlaganfall, Blutungen (Gehirnblutung, Epiduralblutung, Subduralblutung, Subarachnoidalblutung), Aneurysmen der Gehirnarterien, Sinusthrombosen und Venenthrombosen. Traumatisch bedingte ZNS-Verletzungen sind neben Blutungen die Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) bzw. Gehirnprellung (Contusio cerebri) sowie im Bereich des Rückenmarks die Commotio und Contusio spinalis. Weitere Schädigungen des Zentralnervensystems sind Missbildungen des Gehirns (wie Anenzephalie, Arrhinenzephalie, Mikrozephalie und Enzephalozele) und des Rückenmarks (wie Meningozele und Myelozele).[9]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Peripheres Nervensystem
Neurologie
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wiktionary: Zentralnervensystem – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Zentralnervensystem – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Lauren Thau, Vamsi Reddy, Paramvir Singh: Anatomy, Central Nervous System. In: StatPearls. StatPearls Publishing, Treasure Island (FL) 2023, PMID 31194336 (nih.gov [abgerufen am 21. September 2023]).
↑ Keiko Ikeda, Kiyoshi Kawakami, Hiroshi Onimaru, Yasumasa Okada, Shigefumi Yokota, Naohiro Koshiya, Yoshitaka Oku, Makito Iizuka, Hidehiko Koizumi: The respiratory control mechanisms in the brainstem and spinal cord: integrative views of the neuroanatomy and neurophysiology. In: The Journal of Physiological Sciences. Band 67, Nr. 1, Januar 2017, ISSN 1880-6546, S. 45–62, doi:10.1007/s12576-016-0475-y, PMID 27535569 (springer.com [abgerufen am 21. September 2023]).
↑ Christopher J. Madden, Shaun F. Morrison: Central nervous system circuits that control body temperature. In: Neuroscience Letters. Band 696, 23. März 2019, ISSN 0304-3940, S. 225–232, doi:10.1016/j.neulet.2018.11.027 (sciencedirect.com [abgerufen am 21. September 2023]).
↑ Pascal Wallisch: Synaptic Transmission. In: MATLAB for Neuroscientists. Elsevier, 2014, ISBN 978-0-12-383836-0, S. 395–402, doi:10.1016/b978-0-12-383836-0.00026-6.
↑ What are the parts of the nervous system? | NICHD – Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development. 1. Oktober 2018, abgerufen am 21. September 2023 (englisch).
↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 61.
↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 46 und 47.
↑ Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier: S. 177–204 (Infektionskrankheiten des Zentralnervensystems).
↑ Immo von Hattingberg: Die Erkrankungen des Nervensystems. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1298–1326, hier: S. 1315–1326 und 1350–1355.
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4067637-7 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS)
| Schema des menschlichen Nervensystems mit Zentralnervensystem (gelb) und peripherem Nervensystem (orange) Das zentrale Nervensystem (ZNS) ist ein Teilsystem des Nervensystems aller Bilateria, das bei Wirbeltieren hauptsächlich aus Gehirn und Rückenmark besteht, die sich aus Nervengewebe zusammensetzen. Seine Funktion besteht darin, Informationen zu verarbeiten, was Sensorik (Wahrnehmung), Verarbeitung (Interpretation und Auswertung) und Motorik (Bewegungen) einschließt.[1] Darüber hinaus steuert es viele körperliche Prozesse, darunter lebenswichtige Funktionen wie die Spontanatmung[2] und die Thermoregulation.[3] Zwischen den Nervenzellen werden die Informationen chemisch codiert und über Neurotransmitter im synaptischen Spalt weitergegeben.[4] Die Abgrenzung zum peripheren Nervensystem wird allein nach der Lage getroffen, funktionell sind beide Anteile des Nervensystems eng miteinander verflochten.[5] Funktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das ZNS erfüllt in einem komplexeren Lebewesen verschiedene Aufgaben: Integration aller Reize, die ihm von innerhalb oder außerhalb des Organismus zugeleitet werden, Koordination sämtlicher motorischer Eigenleistungen des Gesamtorganismus, Regulation dabei ablaufender Abstimmungsvorgänge zwischen den organismischen Subsystemen oder Organen, einschließlich solcher humoraler und insbesondere hormoneller Art. Um 1905 begann Walter Spielmeyer seine bahnbrechenden Arbeiten zur pathologischen Histologie (Gewebelehre) des Zentralnervensystems.[6] Die Färbemethoden von Camillo Golgi hatten bereits seit 1885 neue Wege bei der Erforschung des zentralen Nervensystems eröffnet. Ebenfalls bahnbrechende Studien über das Zentralnervensystem führte Santiago Ram n y Cajal (1852 1934) durch, woraufhin Waldeyer 1891 die Neuronentheorie formulierte.[7] Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (beispielsweise Einzelnachweisen) ausgestattet. Angaben ohne ausreichenden Beleg könnten demnächst entfernt werden. Bitte hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfügst. Alle komplexeren, sich als Ganzes bewegenden Lebewesen benötigen ein System mit den obengenannten Funktionen. Es als Steuerungssystem anzusehen, liegt nahe, ist aber nicht korrekt. Im eigentlichen Sinn steuert das ZNS nicht. Es trägt infolge seiner zentralen Stellung neben der innerorganismischen Selbstregulation automatisch auch zur Aufrechterhaltung der Funktionalität des Gesamtorganismus in Relation zu organismisch relevanten Bedingungen in seiner Umgebung oder Umwelt bei. Das ZNS vermittelt dabei stets nach zwei Seiten: Als zentrales Integrations-, Koordinations- und Regulationsorgan dient es nicht nur zur Verarbeitung von Reizen, die über die vom jeweiligen Organismus ausgebildeten Sinnesorgane von außerhalb des Organismus ins ZNS gelangen, sondern auch von jenen, die im Organismus selbst produziert werden. Tiere werden daher nicht nur von Umweltbedingungen zu Reaktionen angeregt. Sie werden auch von sich aus aktiv. Dies kann sogar während des Ruhens oder Schlafens vorkommen und zwar dann, wenn eigenproduzierte Reize größere Intensität erreichen; beim Menschen ist dies etwa bei intensiveren Träumen der Fall. Diese gehen teilweise mit starker Beeinflussung der auch im Schlaf unablässig regulierten autonom-vegetativen Bereiche des Organismus einher wie etwa Herzschlag oder Schweißbildung, Harndrang oder Darmaktivität, so dass stärkere (Mit)Reaktionen dieser Art ihrerseits als Weckreize wirken und einen Schläfer aufgeregt erwachen lassen können. ZNS der Wirbeltiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Übersicht über das menschliche ZNS (2), das aus Gehirn (1) und Rückenmark (3) besteht Beim Menschen und den übrigen Wirbeltieren fasst man Gehirn und Rückenmark zusammen unter dem Begriff Zentralnervensystem und grenzt es so gegen das periphere Nervensystem ab, das zum Teil aus den Zellfortsätzen von Nervenzellen besteht, deren Zellkörper im ZNS liegt. Als Grenzen des ZNS können die Hirnhäute angesehen werden. Nach einer anderen Definition liegt die Grenze des ZNS dort, wo die Nervenfaserumhüllung von der für das ZNS typischen, von Oligodendrozyten gebildeten Form in eine für das periphere Nervensystem typische Umhüllung durch Schwann-Zellen übergeht. Hinsichtlich der Richtung des Informationsflusses im Nervensystem wird zwischen den (zentripetal) zuleitenden Nervenfasern als Afferenzen (Signaleingang) und den (zentrifugal) wegleitenden Nervenfasern als Efferenzen (Signalausgang) unterschieden. Dabei unterscheidet man nach funktionellen Gesichtspunkten zwischen den sensiblen und den motorischen Anteilen einerseits des somatischen Nervensystems und andererseits des vegetativen Nervensystems. Im ZNS werden graue Substanz (Substantia grisea) und weiße Substanz (Substantia alba) unterschieden. Die graue Substanz liegt im Rückenmark innen, umgeben von der weißen Substanz außen. Im Gehirn sind die Verhältnisse dagegen komplexer, in der Hirnrinde (Cortex) findet sich graue Substanz auch außen, sowohl im Großhirn (Cortex cerebri) wie auch im Kleinhirn (Cortex cerebelli). Beide Anteile lassen sich an einem Schnitt bereits mit bloßem Auge anhand der namensgebenden Farbe erkennen. Die graue Substanz besteht vorwiegend aus Nervenzellkörpern, die weiße aus deren Fortsätzen (Axone), also den Leitungsbahnen. Allerdings sind in die weiße Substanz ebenfalls Ansammlungen von Nervenzellkörpern eingestreut, die Nuclei ( Kerne oder Kerngebiete ). ZNS anderer Tiere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die dorsalen, zentralnervösen Strukturen der Wirbeltiere könnten den ventralen Strukturen der Strickleiternervensysteme von Insekten homolog sein. Eine derartige Hypothese wurde schon 1875 von Felix Anton Dohrn formuliert, der vermutete, dass beide sich auf das Nervengeflecht eines ringelwurmartigen Vorfahren zurückführen lassen. Erkrankungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Erkrankungen des Zentralnervensystems wie etwa Infektionen (z. B. Meningitis, Empyem, Abszess, Enzephalitis, Poliomyelitis, Tollwut, Botulismus, Tetanus und Listeriose)[8] zählen zu den neurologischen Erkrankungen. Zudem existieren im Zusammenhang mit dem Blutkreislauf stehende Erkrankungen wie Schädigungen durch Arteriosklerose, Schlaganfall, Blutungen (Gehirnblutung, Epiduralblutung, Subduralblutung, Subarachnoidalblutung), Aneurysmen der Gehirnarterien, Sinusthrombosen und Venenthrombosen. Traumatisch bedingte ZNS-Verletzungen sind neben Blutungen die Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) bzw. Gehirnprellung (Contusio cerebri) sowie im Bereich des Rückenmarks die Commotio und Contusio spinalis. Weitere Schädigungen des Zentralnervensystems sind Missbildungen des Gehirns (wie Anenzephalie, Arrhinenzephalie, Mikrozephalie und Enzephalozele) und des Rückenmarks (wie Meningozele und Myelozele).[9] Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Peripheres Nervensystem Neurologie Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Wiktionary: Zentralnervensystem Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Commons: Zentralnervensystem Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Lauren Thau, Vamsi Reddy, Paramvir Singh: Anatomy, Central Nervous System. In: StatPearls. StatPearls Publishing, Treasure Island (FL) 2023, PMID 31194336 (nih.gov [abgerufen am 21. September 2023]). Keiko Ikeda, Kiyoshi Kawakami, Hiroshi Onimaru, Yasumasa Okada, Shigefumi Yokota, Naohiro Koshiya, Yoshitaka Oku, Makito Iizuka, Hidehiko Koizumi: The respiratory control mechanisms in the brainstem and spinal cord: integrative views of the neuroanatomy and neurophysiology. In: The Journal of Physiological Sciences. Band 67, Nr. 1, Januar 2017, ISSN 1880-6546, S. 45 62, doi:10.1007/s12576-016-0475-y, PMID 27535569 (springer.com [abgerufen am 21. September 2023]). Christopher J. Madden, Shaun F. Morrison: Central nervous system circuits that control body temperature. In: Neuroscience Letters. Band 696, 23. März 2019, ISSN 0304-3940, S. 225 232, doi:10.1016/j.neulet.2018.11.027 (sciencedirect.com [abgerufen am 21. September 2023]). Pascal Wallisch: Synaptic Transmission. In: MATLAB for Neuroscientists. Elsevier, 2014, ISBN 978-0-12-383836-0, S. 395 402, doi:10.1016/b978-0-12-383836-0.00026-6. What are the parts of the nervous system? | NICHD Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development. 1. Oktober 2018, abgerufen am 21. September 2023 (englisch). Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 61. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 46 und 47. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9 223, hier: S. 177 204 (Infektionskrankheiten des Zentralnervensystems). Immo von Hattingberg: Die Erkrankungen des Nervensystems. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1298 1326, hier: S. 1315 1326 und 1350 1355. Normdaten (Sachbegriff): GND: 4067637-7 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
Zoonose.txt | Zoonosen nach Ausgangstier bzw. Überträger. Nicht immer ist klar, von welchem Tier ein Virus stammt und ob es Zwischenträger gab. Quelle: Fleischatlas 2021, Urheber: Bartz / Stockmar, Lizenz: CC BY 4.0[1]
Zoonosen (von altgriechisch ζῶον zōon „Tier“ und νόσος nósos „Krankheit“), in der Medizin auch als zoonotisches Spillover (englisch: zoonotic spillover[2] oder auch spillover infection[3]) bezeichnet, sind von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier übertragbare Infektionskrankheiten, die bei Wirbeltieren natürlicherweise vorkommen. Die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 1959 besagt einschränkend, dass Zoonosen Infektionskrankheiten sind, die auf natürliche Weise zwischen Mensch und anderen Wirbeltieren übertragen werden können.
Ursprünglich verstand man unter Zoonosen lediglich Tierkrankheiten. Während des 19. Jahrhunderts fand ein Wandel in der Bedeutung der Bezeichnung statt. Neben den eigentlichen Tiererkrankungen verstand man Mitte des 19. Jahrhunderts unter Zoonosen nun auch Erkrankungen, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden konnten. Beim heutigen Gebrauch der Bezeichnung Zoonose wird keine Unterscheidung hinsichtlich des Übertragungsweges gemacht. Zoonosen können also vom Menschen auf ein Tier (Anthropozoonose) oder vom Tier auf den Menschen (Zooanthroponose) übertragen werden.
Es sind gegenwärtig etwa 200 Krankheiten bekannt, die sowohl bei einem Tier wie auch beim Menschen vorkommen und in beide Richtungen übertragen werden können. Die eigentlichen Erreger können Prionen, Viren, Bakterien, Pilze, Protozoen, Helminthen oder Arthropoden sein.
Begriffsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Das Wort „Zoonosen“ wurde zum ersten Mal von Rudolf Virchow als eingeklammerter Untertitel des Kapitels „Infektionen durch ansteckende Tiergifte“ in dem von ihm 1855 neu herausgegebenen Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie verwendet.[4][5] Die häufig kolportierte Angabe, dass 1876 von Ernst Wagner in seinem Handbuch der allgemeinen Pathologie den Begriff erstmals verwendet habe,[6] ist schon insofern unzutreffend, als bereits frühere Versionen des Wagner-Handbuchs (1868, S. 159, 1874, S. 177) das Wort mit dieser Definition enthielten.
Einteilung der Zoonosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach Infektionsrichtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Man kann die verschiedenen Zoonosen aufgrund des Reservoirs in verschiedene Gruppen einteilen.
Zooanthroponosen: Die Infektion wird ausschließlich vom Tier auf den Menschen übertragen. Ein Beispiel ist die Infektion mit Toxocara canis.
Anthropozoonosen: Die Infektion wird beinahe ausschließlich vom Menschen auf Tiere übertragen. Ein Beispiel ist die Infektion mit Entamoeba histolytica.
Amphixenosen: Die Infektion kommt sowohl beim Menschen als auch beim Tier vor und wird in beide Richtungen übertragen. Ein Beispiel ist die Infektion mit Taenia saginata.
Lebenszyklus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Eine Einteilung aufgrund des Lebenszyklus ist ebenfalls möglich.
Direkte (ortho) Zoonose: Die Zoonose wird durch direkten Kontakt oder einen mechanischen Vektor von einem Wirbeltier auf ein anderes übertragen. Ein Beispiel ist die Krätze bzw. Räude
Zyklozoonose: Bei der Zyklozoonose muss der Erreger zwischen verschiedenen Wirten wechseln. Sowohl Zwischen- als auch Endwirt sind Wirbeltiere. Diese Form der Zoonose wird ausschließlich bei parasitären Erregern beobachtet, die einen heteroxenen Zyklus haben.
Metazoonose: Bei einer Metazoonose muss der Erreger zwischen verschiedenen Wirten wechseln. Der Zwischenwirt ist ein Wirbelloser.
Saprozoonose: Saprozoonosen haben ein Reservoir außerhalb des Tierreichs. Als Beispiele für Reservoirs zählen Pflanzen, Erde und Wasser. Beispiele für Erreger die unter diese Klasse fallen sind Giardia intestinalis, Ancylostoma und Toxocara canis.
Latente Zoonose: Übertragung der Zoonose durch zum Beispiel Fleisch. Der Erreger verursacht beim Zwischenwirt keine Symptome.
Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Inzidenz und Prävalenz der meisten Zoonosen ist schwer einzuschätzen. Einerseits bleiben viele Zoonosen undiagnostiziert, andererseits besteht für die meisten Zoonosen keine Anzeigepflicht.
Allgemein ist jedoch die Gefahr, sich mit einer Zoonose zu infizieren, umso größer, je häufiger und je direkter ein Kontakt mit Tieren besteht.
Essgewohnheiten können einen Einfluss auf die Verbreitung von Zoonosen haben. So ist die Prävalenz von Toxoplasmose in England niedriger als in Frankreich, weil Engländer weniger rohes oder angebratenes Fleisch essen. Zystizerkose, ein Befall des Menschen mit Larven des Schweinebandwurms, kommt in jüdischen oder islamischen Bevölkerungsgruppen nicht vor, da diese kein Schweinefleisch essen.
Die Zerstörung unberührter Wälder durch Abholzung, Bergbau, Straßenbau durch abgelegene Orte, rasche Verstädterung und Bevölkerungswachstum bringt die Menschen in Kontakt mit wilden Tierarten, von denen Krankheitserreger auf menschliche Gemeinschaften überspringen können.[7][8]
Gefahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Salmonellose wird vor allem über Lebensmittel (Eier, Milchprodukte, Geflügelfleisch) übertragen. Sie ist die am häufigsten gemeldete Zoonose. Hohe Temperaturen erhöhen die Gefahr, dass sich Salmonellen in Lebensmitteln vermehren.
In Deutschland kam es 2005 zu mehreren Todesfällen durch Tollwut. Eine Patientin infizierte sich in Indien mit der Tollwut. Die Symptome der Krankheit wurden damals dem Drogenkonsum der Patientin zugeschrieben und so kam es nach dem Tod der Patientin zu Infektionen bei mehreren Organtransplantierten, die Organe von der Patientin erhielten.
Immuninkompetente Menschen (Menschen mit einem durch eine andere Erkrankung schon stark geschwächten oder gar vollständig funktionsunfähigen Immunsystem), wie zum Beispiel AIDS-Patienten im fortgeschrittenen Stadium oder Menschen, die sich einer Chemotherapie unterziehen, immunschwache Menschen, wie zum Beispiel alte Menschen oder Kinder, sind zusätzlich der Gefahr ausgesetzt, sich mit Erregern zu infizieren, die normalerweise bei Menschen nicht zu patenten Infektionen führen (die Phase einer Parasiteninfektion eines Organismus ab dem Zeitpunkt der abgeschlossenen Entwicklung der Eindringlinge zu erwachsenen, eierlegenden Parasiten und dem ersten Auftreten ihrer Fortpflanzungsprodukte in den Körperausscheidungen des Wirtes).
Eine spezielle Gefahr besteht für Schwangere. Manche Zoonosen können eine Schädigung des Fötus verursachen. Auch Neugeborene haben noch ein relativ schwaches Immunsystem und können durch sonst harmlose Infektionen stark gefährdet werden. Noch stärker gefährdet sind besonders Kinder, die nicht gestillt werden, da gerade durch die Muttermilch auch die mütterlichen Abwehrkräfte auf den Säugling mit übertragen werden.
Bestimmte Berufsgruppen, wie zum Beispiel Tierärzte oder Landwirte, haben ein erhöhtes Infektionsrisiko, da sie oft mit Vektoren zusammentreffen.
Prävention[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jeder Mensch, der mit Tieren oder ihren Produkten in Berührung kommt, kann einer Infektion ausgesetzt werden. Dabei ist es unerheblich, ob der Mensch Tiere bejagt oder als Nutz- oder Haustiere domestiziert. Infektionen von Tieren auf Menschen werden durch die gleichen Maßnahmen vermieden wie zwischenmenschliche Infektionen. Bei der Tierhaltung gilt Hygiene[9] (saubere Ställe und Gehege, Reinigen der Hände, Desinfektion, etwa durch Kochen und Bügeln von Textilien) als wichtigste Vorbeugungsmaßnahme. Auch zu inniger Kontakt zwischen Tier und Mensch kann eine Infektionsübertragung provozieren.
Die Ausrottung gefährlicher Zoonosen, wie zum Beispiel der Tuberkulose, beziehungsweise die Bekämpfung von Erregern durch regelmäßige Behandlungen, wie zum Beispiel Impfungen oder Entwurmung, trägt dazu bei, das allgemeine Infektionsrisiko zu verringern.
Auch gesund erscheinende Tiere können eine Quelle für Infektionen sein, die tödlich enden können. Ein Beispiel hierfür ist die Übertragung von Herpesviren durch Affen auf Menschen.
Seuchengefahr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Gefahr von seuchenartigem Auftreten ist auch bei einigen Zoonosen gegeben. Ein Beispiel für eine solche Seuche ist die Pest. Viele andere Zoonosen sind in ihrem Seuchenpotential eher begrenzt, da sie den Kontakt zwischen Wirt oder Vektor und Mensch voraussetzen.
Eine besondere Gefahr, die allerdings nicht mehr zu den Zoonosen zu zählen ist, ist ein Wirtswechsel. Findet ein Wirtswechsel statt, zum Beispiel vom Vogel oder der Katze auf den Menschen, können dadurch Pandemien ausgelöst werden. In jüngster Vergangenheit fand ein solcher Wechsel zwischen Katzen und Menschen in Asien statt. Ein für die Lungenkrankheit SARS verantwortliches Coronavirus, das SARS-Coronavirus, mutierte und konnte von seinem natürlichen Wirt (einer Katzenart) plötzlich auf den Menschen übertragen werden, sich dort vermehren und durch den Menschen weiter übertragen werden.
Ein Fall zu Beginn der Influenza-Pandemie 2009 in Kanada zeigte, dass sich Influenzaviren des Subtyps H1N1 potentiell auf natürliche Weise von Mensch zu Tier übertragen können.[10][11] Die Canadian Food Inspection Agency stufte im Mai 2009 die Übertragung der Viren vom Mensch zum Schwein als höchstwahrscheinlich ein. In solchen Fällen einer Zoonose besteht die Gefahr, dass sich Viren im Erregerreservoir neu kombinieren und beispielsweise für Menschen gefährlichere Erreger bilden.[11]
Überwachung und Forschungsanstrengungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
AIDS, SARS und die dadurch hervorgerufenen Erinnerungen an die Spanische Grippe haben das Interesse an der Erforschung von Zoonosen verstärkt. So regte die Europäische Union ein europaweites Netzwerk namens Med-Vet-Net von 300 Forschern an, das sich der Prävention und Kontrolle von Zoonosen widmet. Ein Schwerpunkt des Netzwerkes sind die Campylobacteriosen, Infektionen des Verdauungstraktes z. B. von Campylobacter jejuni, von denen bisher 100 Bakterienstämme identifiziert sind. Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben 2003 eine Liste A von acht Zoonosen definiert, die kontinuierlich überwacht werden. Dazu gehören Krankheiten, die durch Bakterienstämme der Familien Campylobacter, Listeria, Salmonella, bestimmte Arten Escherichia coli oder das Mycobacterium bovis ausgelöst werden, sowie die von Parasiten hervorgerufenen Trichinellose und Echinokokkose. In einer Liste B wurden Zoonosen definiert, bei denen die Überwachung beginnt, sobald ein Fall identifiziert ist. Dazu gehören Tollwut, West-Nil-Fieber und Vogelgrippe.[6]
Mögliche Seuchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Jahr 2021 wurden verschiedene Zoonosen auf ihr Gefährdungspotenzial als Seuche untersucht.[12] Dabei wurden 31 Risikofaktoren beschrieben und die 50 Zoonosen mit dem höchsten Risikowert publiziert.[12] Die 10 Zoonosen mit dem größten Seuchenpotenzial sind:[12]
Punktewert (aus max. 155)
Infektionserreger
91,98
Lassavirus
87,14
SARS-CoV-2
87,00
Ebolavirus
86,49
Seoul-Virus
86,49
Nipahvirus
86,38
Hepatitis-E-Virus
85,70
Marburgvirus
85,04
SARS-CoV
84,78
Simianes Immundefizienz-Virus
84,69
Tollwutvirus
Beispiele von Zoonosen und Erreger von Zoonosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Virale Zoonosen bzw. deren Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Affenpocken
Alkhurmavirus
Barmah-Forest-Virus
Büffelpocken
California-Encephalitis-Virus
Chikungunyafieber
Colorado-Zeckenfieber
Östliche Pferdeenzephalomyelitis
Ebolafieber
Encephalomyocarditis-Virus
European Brown Hare Syndrom
Gelbfiebervirus
Hanta-Virose
Herpes B
Hendravirus
Hepatitis-E-Virus
Humane Rotaviren
Japanische-Encephalitis-Virus
Krim-Kongo-Hämorrhagisches-Fieber-Virus
Kuhpocken
Kyasanur-Forest virus
La-Crosse-Virus
Lassa-Virus
Louping-Ill-Virus
Lymphozytäre Choriomeningitis
Marburgvirus
Menangle-Virus
MERS-CoV
Murray-Valley-Encephalitis
Newcastle-Disease-Virus
Noroviren
Orf-Virus
Pseudokuhpocken
Rifttalfieber-Virus
Ross-River-Virus
SARS
SARS-CoV-2[13]
Schweinegrippe
Sindbisvirus
St.-Louis-Enzephalitis-Virus
Tahyna-Virus
Tanapox-Virus
Tick-borne encephalitis-Virus
Tollwut
Venezuelan-Equine-Encephalitis-Virus
Vesicular stomatitis virus
Vogelgrippe
Wesselsbron-Virus
West-Nil-Virus
Western-Equine-Encephalomyelitis-Virus
Unter den Hantavirosen sind Viren mit pulmonaler Symptomatik wie das Sin-Nombre-Virus, das Black-Creek-Canal-Virus, das Muleshoe-Virus, das Bayouvirus, das Andesvirus, das Bermejovirus, das Choclovirus, das Araraquaravirus, das Juquitibavirus, das Macielvirus und das Castelo-dos-Sonhos-Virus sowie Hantaviren mit renaler Symptomatik wie das Hantaan-Virus, das Dobrava-Virus, das Puumala-Virus und das Seoul-Virus.
Prion-induzierte Zoonosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Transmissible spongiforme Enzephalopathie (TSE) einschließlich BSE der Rinder und Scrapie der Schafe
Bakterielle Zoonosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Campylobacter-Enteritis
Bartonellosen
Borreliose
Brucellose
Leptospirose
Listeriose
Milzbrand
Ornithose
Pest
Psittakose (Ornithose)
Rotlauf
Salmonellose
Tuberkulose
Tularämie
Q-Fieber (Balkan-Grippe)
Zoonotische Mykosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Trichophytie
Microsporie
Parasitäre Zoonosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Einzeller[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Babesiose
Chagas-Krankheit
Kryptosporidiose
Encephalitozoonose
Giardiasis
Leishmaniose
Malaria
Sarcocystiose
Toxoplasmose
Würmer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Anisakiasis
Ancylostomiasis
Askariasis
Bethriozephalose
Dirofilariose
Dipylidiasis
Echinokokkose
Fasziolose
Schistosomiasis
Taeniasis
Toxocariasis
Trichinellose
Zystizerkose
Arthropoden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Milben (Acari)
Sarcoptes, Chorioptes, Cheyletiella und Psoroptes
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Pedro N. Acha, Boris Szyfres: Zoonoses and Communicable Diseases Common to Man and Animals. Volume 1: Bacterioses and Mycoses. 3rd edition, 2nd print. PAHO Pan American Health Organization, Washington (DC) 2003, ISBN 92-75-11580-X.
Pedro N. Acha, Boris Szyfres: Zoonoses and Communicable Diseases Common to Man and Animals. Volume 2: Chlamydioses, Rickettsioses, and Viroses. 3rd ed. PAHO Pan American Health Organization, Washington (DC) 2003, ISBN 92-75-11992-9.
Pedro N. Acha, Boris Szyfres: Zoonoses and Communicable Diseases Common to Man and Animals. Volume 3: Parasitoses. 3rd ed. PAHO Pan American Health Organization, Washington (DC) 2003, ISBN 92-75-11993-7.
P. Kimmig, T. Schwarz, H. G. Schiefer, W. Slenczka, H. Zahner: Zoonosen. Von Tier zu Mensch übertragbare Infektionskrankheiten. Mit CD-ROM. Hrsg.: Rolf Bauerfeind. 4. Auflage. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2013, ISBN 978-3-7691-1293-1.
Carolin Anna Maria Bumann: Nachweis lebensmittelhygienisch relevanter bakterieller Zoonoseerreger bei kleinen Wiederkäuern aus der Schweiz. LMU, München 2010, DNB 1007628111 (202 S., Volltext [PDF; 1000 kB] Dissertation, Universität München, 2010).
Michael R. Conover & Rosanna M. Vail: Human Diseases from Wildlife. CRC Press, Boca Raton 2015, ISBN 978-1-4665-6214-1 (Print), ISBN 978-1-4665-6215-8 (E-Book).
Józef Parnas: Menschliche Infektionskrankheiten tierischer Herkunft für Ärzte und Tierärzte. 3 Bände, Kopenhagen 1975.
Manfred Vasold: Zoonosen. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1532–1534.
Dokumentationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Spillover – Planet der Viren. TV-Dokumentation von Michael Wech (Regie), Deutschland 2025 für BR / ARD.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Commons: Zoonosen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Zoonose – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Nationale Forschungsplattform für Zoonosen (vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Informations- und Servicenetzwerk für alle in Deutschland aktiven Arbeitsgruppen im Bereich der Zoonosenforschung)
FBI-Zoo (Food-Borne Zoonotic Infections of Humans) Forschungsverbund, der sich mit lebensmittelbedingten Zoonosen beschäftigt
Zoonosen – zunehmende Bedrohung des Menschen auf der Website von Hans Gerd Schiefer
Nina Weber: Gefahr durch Zoonosen: Der Killer, der aus dem Stall kommt. Spiegel online, 5. Juli 2012
Zoonosenberichterstattung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Zoonosenberichterstattung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
Med-Vet-Net – Ein Forschungs- und Überwachungsnetzwerk der Europäischen Union für Zoonosen
Publikationsliste der CDC zum Thema Zoonosen (englisch)
Mapping of poverty and likely zoonoses hotspots. International Livestock Research Institute (ILRI), Zoonoses Project 4. Report to Department for International Development, UK (englisch). cgspace.cgiar.org (PDF; 4,1 MB)
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
↑ Fleischatlas 2021 – Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel. Berlin 2021, ISBN 978-3-86928-224-4, dort S. 32.
↑ Joel Henrique Ellwanger, José Artur Bogo Chies: Zoonotic spillover: Understanding basic aspects for better prevention. In: Genetics and molecular biology. Band 44, Supplement 1, 4. Juni 2021, Artikel e20200355, doi:10.1590/1678-4685-GMB-2020-0355.
↑ Shao-Lun Zhaia, Ming-Fei Suna, Jian-Feng Zhanga, Chunfu Zhengb, Ming Liao: Spillover infection of common animal coronaviruses to humans. In: The Lancet Microbe. Band 3, Nr. 11, November 2022, Artikel e808, doi:10.1016/S2666-5247(22)00198-7.
↑ Rudolf Virchow: Infectionen durch contagiöse Thiergifte. In: Rudolf Virchow (Hrsg.): Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (= Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie. Band 2, Nr. 1). Enke, Erlangen 1855, S. 337.
↑ Walter Bruchhausen: Emerging Global Health Approaches at the Human-Animal-Interface: Conceptual and Historical Issues of One Health. In: Sandul Yasobant, Deepak Saxena (Hrsg.): Global Applications of One Health Practice and Care. IGI Global, Hershey/USA 2019, S. 1–32.
↑ a b Mikhail Stein: Fragile Barriere zwischen den Arten, in research eu, Sonderausgabe Oktober 2008, Seite 34.
↑ Serge Morand und Claire Lajaunie: Outbreaks of Vector-Borne and Zoonotic Diseases Are Associated With Changes in Forest Cover and Oil Palm Expansion at Global Scale. In: Frontiers in Veterinary Science. Online-Veröffentlichung vom 24. März 2021, 8:661063, doi:10.3389/fvets.2021.661063.Deforestation, forest conversion and palm oil plantations linked to disease outbreaks. Auf: eurekalert.org vom 24. März 2021.
↑ Kai Niebert: Wenn der Markt in die Lebensräume der Viren eindringt. Klimareporter, 27. März 2020, abgerufen am 25. März 2021.
↑ Vergleiche z. B. Bekanntmachung von Empfehlungen für hygienische Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern vom 7. Juli 2014 (BAnz AT 01.08.2014 B1).
↑ An Alberta Swine Herd Investigated for H1N1 Flu Virus. The Canadian Food Inspection Agency, archiviert vom Original am 27. September 2011; abgerufen am 2. Mai 2009.
↑ a b Grippeübertragung von Mensch auf Schwein – Oberster Veterinär fordert Hygiene im Stall, Tagesschau vom 4. Mai 2009.
↑ a b c Z. L. Grange, T. Goldstein, C. K. Johnson, S. Anthony, K. Gilardi, P. Daszak, K. J. Olival, T. O’Rourke, S. Murray, S. H. Olson, E. Togami, G. Vidal, J. A. Mazet, PREDICT Consortium, University of Edinburgh Epigroup members those who wish to remain anonymous: Ranking the risk of animal-to-human spillover for newly discovered viruses. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 118, Nummer 15, 04 2021, S. , doi:10.1073/pnas.2002324118, PMID 33822740, PMC 8053939 (freier Volltext).
↑ Zoonosen als globales Problem: „Das Virus, das nach Covid-19 kommt, könnte uns noch viel schlimmer treffen“. 14. April 2020, abgerufen am 15. April 2020.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
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| Zoonosen nach Ausgangstier bzw. Überträger. Nicht immer ist klar, von welchem Tier ein Virus stammt und ob es Zwischenträger gab. Quelle: Fleischatlas 2021, Urheber: Bartz / Stockmar, Lizenz: CC BY 4.0[1] Zoonosen (von altgriechisch z on Tier und n sos Krankheit ), in der Medizin auch als zoonotisches Spillover (englisch: zoonotic spillover[2] oder auch spillover infection[3]) bezeichnet, sind von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier übertragbare Infektions krankheiten, die bei Wirbeltieren natürlicherweise vorkommen. Die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 1959 besagt einschränkend, dass Zoonosen Infektionskrankheiten sind, die auf natürliche Weise zwischen Mensch und anderen Wirbeltieren übertragen werden können. Ursprünglich verstand man unter Zoonosen lediglich Tierkrankheiten. Während des 19. Jahrhunderts fand ein Wandel in der Bedeutung der Bezeichnung statt. Neben den eigentlichen Tiererkrankungen verstand man Mitte des 19. Jahrhunderts unter Zoonosen nun auch Erkrankungen, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden konnten. Beim heutigen Gebrauch der Bezeichnung Zoonose wird keine Unterscheidung hinsichtlich des Übertragungsweges gemacht. Zoonosen können also vom Menschen auf ein Tier (Anthropozoonose) oder vom Tier auf den Menschen (Zooanthroponose) übertragen werden. Es sind gegenwärtig etwa 200 Krankheiten bekannt, die sowohl bei einem Tier wie auch beim Menschen vorkommen und in beide Richtungen übertragen werden können. Die eigentlichen Erreger können Prionen, Viren, Bakterien, Pilze, Protozoen, Helminthen oder Arthropoden sein. Begriffsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Das Wort Zoonosen wurde zum ersten Mal von Rudolf Virchow als eingeklammerter Untertitel des Kapitels Infektionen durch ansteckende Tiergifte in dem von ihm 1855 neu herausgegebenen Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie verwendet.[4][5] Die häufig kolportierte Angabe, dass 1876 von Ernst Wagner in seinem Handbuch der allgemeinen Pathologie den Begriff erstmals verwendet habe,[6] ist schon insofern unzutreffend, als bereits frühere Versionen des Wagner-Handbuchs (1868, S. 159, 1874, S. 177) das Wort mit dieser Definition enthielten. Einteilung der Zoonosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Nach Infektionsrichtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Man kann die verschiedenen Zoonosen aufgrund des Reservoirs in verschiedene Gruppen einteilen. Zooanthroponosen: Die Infektion wird ausschließlich vom Tier auf den Menschen übertragen. Ein Beispiel ist die Infektion mit Toxocara canis. Anthropozoonosen: Die Infektion wird beinahe ausschließlich vom Menschen auf Tiere übertragen. Ein Beispiel ist die Infektion mit Entamoeba histolytica. Amphixenosen: Die Infektion kommt sowohl beim Menschen als auch beim Tier vor und wird in beide Richtungen übertragen. Ein Beispiel ist die Infektion mit Taenia saginata. Lebenszyklus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Eine Einteilung aufgrund des Lebenszyklus ist ebenfalls möglich. Direkte (ortho) Zoonose: Die Zoonose wird durch direkten Kontakt oder einen mechanischen Vektor von einem Wirbeltier auf ein anderes übertragen. Ein Beispiel ist die Krätze bzw. Räude Zyklozoonose: Bei der Zyklozoonose muss der Erreger zwischen verschiedenen Wirten wechseln. Sowohl Zwischen- als auch Endwirt sind Wirbeltiere. Diese Form der Zoonose wird ausschließlich bei parasitären Erregern beobachtet, die einen heteroxenen Zyklus haben. Metazoonose: Bei einer Metazoonose muss der Erreger zwischen verschiedenen Wirten wechseln. Der Zwischenwirt ist ein Wirbelloser. Saprozoonose: Saprozoonosen haben ein Reservoir außerhalb des Tierreichs. Als Beispiele für Reservoirs zählen Pflanzen, Erde und Wasser. Beispiele für Erreger die unter diese Klasse fallen sind Giardia intestinalis, Ancylostoma und Toxocara canis. Latente Zoonose: Übertragung der Zoonose durch zum Beispiel Fleisch. Der Erreger verursacht beim Zwischenwirt keine Symptome. Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Inzidenz und Prävalenz der meisten Zoonosen ist schwer einzuschätzen. Einerseits bleiben viele Zoonosen undiagnostiziert, andererseits besteht für die meisten Zoonosen keine Anzeigepflicht. Allgemein ist jedoch die Gefahr, sich mit einer Zoonose zu infizieren, umso größer, je häufiger und je direkter ein Kontakt mit Tieren besteht. Essgewohnheiten können einen Einfluss auf die Verbreitung von Zoonosen haben. So ist die Prävalenz von Toxoplasmose in England niedriger als in Frankreich, weil Engländer weniger rohes oder angebratenes Fleisch essen. Zystizerkose, ein Befall des Menschen mit Larven des Schweinebandwurms, kommt in jüdischen oder islamischen Bevölkerungsgruppen nicht vor, da diese kein Schweinefleisch essen. Die Zerstörung unberührter Wälder durch Abholzung, Bergbau, Straßenbau durch abgelegene Orte, rasche Verstädterung und Bevölkerungswachstum bringt die Menschen in Kontakt mit wilden Tierarten, von denen Krankheitserreger auf menschliche Gemeinschaften überspringen können.[7][8] Gefahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Salmonellose wird vor allem über Lebensmittel (Eier, Milchprodukte, Geflügelfleisch) übertragen. Sie ist die am häufigsten gemeldete Zoonose. Hohe Temperaturen erhöhen die Gefahr, dass sich Salmonellen in Lebensmitteln vermehren. In Deutschland kam es 2005 zu mehreren Todesfällen durch Tollwut. Eine Patientin infizierte sich in Indien mit der Tollwut. Die Symptome der Krankheit wurden damals dem Drogenkonsum der Patientin zugeschrieben und so kam es nach dem Tod der Patientin zu Infektionen bei mehreren Organtransplantierten, die Organe von der Patientin erhielten. Immuninkompetente Menschen (Menschen mit einem durch eine andere Erkrankung schon stark geschwächten oder gar vollständig funktionsunfähigen Immunsystem), wie zum Beispiel AIDS-Patienten im fortgeschrittenen Stadium oder Menschen, die sich einer Chemotherapie unterziehen, immunschwache Menschen, wie zum Beispiel alte Menschen oder Kinder, sind zusätzlich der Gefahr ausgesetzt, sich mit Erregern zu infizieren, die normalerweise bei Menschen nicht zu patenten Infektionen führen (die Phase einer Parasiteninfektion eines Organismus ab dem Zeitpunkt der abgeschlossenen Entwicklung der Eindringlinge zu erwachsenen, eierlegenden Parasiten und dem ersten Auftreten ihrer Fortpflanzungsprodukte in den Körperausscheidungen des Wirtes). Eine spezielle Gefahr besteht für Schwangere. Manche Zoonosen können eine Schädigung des Fötus verursachen. Auch Neugeborene haben noch ein relativ schwaches Immunsystem und können durch sonst harmlose Infektionen stark gefährdet werden. Noch stärker gefährdet sind besonders Kinder, die nicht gestillt werden, da gerade durch die Muttermilch auch die mütterlichen Abwehrkräfte auf den Säugling mit übertragen werden. Bestimmte Berufsgruppen, wie zum Beispiel Tierärzte oder Landwirte, haben ein erhöhtes Infektionsrisiko, da sie oft mit Vektoren zusammentreffen. Prävention[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Jeder Mensch, der mit Tieren oder ihren Produkten in Berührung kommt, kann einer Infektion ausgesetzt werden. Dabei ist es unerheblich, ob der Mensch Tiere bejagt oder als Nutz- oder Haustiere domestiziert. Infektionen von Tieren auf Menschen werden durch die gleichen Maßnahmen vermieden wie zwischenmenschliche Infektionen. Bei der Tierhaltung gilt Hygiene[9] (saubere Ställe und Gehege, Reinigen der Hände, Desinfektion, etwa durch Kochen und Bügeln von Textilien) als wichtigste Vorbeugungsmaßnahme. Auch zu inniger Kontakt zwischen Tier und Mensch kann eine Infektionsübertragung provozieren. Die Ausrottung gefährlicher Zoonosen, wie zum Beispiel der Tuberkulose, beziehungsweise die Bekämpfung von Erregern durch regelmäßige Behandlungen, wie zum Beispiel Impfungen oder Entwurmung, trägt dazu bei, das allgemeine Infektionsrisiko zu verringern. Auch gesund erscheinende Tiere können eine Quelle für Infektionen sein, die tödlich enden können. Ein Beispiel hierfür ist die Übertragung von Herpesviren durch Affen auf Menschen. Seuchengefahr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Die Gefahr von seuchenartigem Auftreten ist auch bei einigen Zoonosen gegeben. Ein Beispiel für eine solche Seuche ist die Pest. Viele andere Zoonosen sind in ihrem Seuchenpotential eher begrenzt, da sie den Kontakt zwischen Wirt oder Vektor und Mensch voraussetzen. Eine besondere Gefahr, die allerdings nicht mehr zu den Zoonosen zu zählen ist, ist ein Wirtswechsel. Findet ein Wirtswechsel statt, zum Beispiel vom Vogel oder der Katze auf den Menschen, können dadurch Pandemien ausgelöst werden. In jüngster Vergangenheit fand ein solcher Wechsel zwischen Katzen und Menschen in Asien statt. Ein für die Lungenkrankheit SARS verantwortliches Coronavirus, das SARS-Coronavirus, mutierte und konnte von seinem natürlichen Wirt (einer Katzenart) plötzlich auf den Menschen übertragen werden, sich dort vermehren und durch den Menschen weiter übertragen werden. Ein Fall zu Beginn der Influenza-Pandemie 2009 in Kanada zeigte, dass sich Influenzaviren des Subtyps H1N1 potentiell auf natürliche Weise von Mensch zu Tier übertragen können.[10][11] Die Canadian Food Inspection Agency stufte im Mai 2009 die Übertragung der Viren vom Mensch zum Schwein als höchstwahrscheinlich ein. In solchen Fällen einer Zoonose besteht die Gefahr, dass sich Viren im Erregerreservoir neu kombinieren und beispielsweise für Menschen gefährlichere Erreger bilden.[11] Überwachung und Forschungsanstrengungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] AIDS, SARS und die dadurch hervorgerufenen Erinnerungen an die Spanische Grippe haben das Interesse an der Erforschung von Zoonosen verstärkt. So regte die Europäische Union ein europaweites Netzwerk namens Med-Vet-Net von 300 Forschern an, das sich der Prävention und Kontrolle von Zoonosen widmet. Ein Schwerpunkt des Netzwerkes sind die Campylobacteriosen, Infektionen des Verdauungstraktes z. B. von Campylobacter jejuni, von denen bisher 100 Bakterienstämme identifiziert sind. Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben 2003 eine Liste A von acht Zoonosen definiert, die kontinuierlich überwacht werden. Dazu gehören Krankheiten, die durch Bakterienstämme der Familien Campylobacter, Listeria, Salmonella, bestimmte Arten Escherichia coli oder das Mycobacterium bovis ausgelöst werden, sowie die von Parasiten hervorgerufenen Trichinellose und Echinokokkose. In einer Liste B wurden Zoonosen definiert, bei denen die Überwachung beginnt, sobald ein Fall identifiziert ist. Dazu gehören Tollwut, West-Nil-Fieber und Vogelgrippe.[6] Mögliche Seuchen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Im Jahr 2021 wurden verschiedene Zoonosen auf ihr Gefährdungspotenzial als Seuche untersucht.[12] Dabei wurden 31 Risikofaktoren beschrieben und die 50 Zoonosen mit dem höchsten Risikowert publiziert.[12] Die 10 Zoonosen mit dem größten Seuchenpotenzial sind:[12] Punktewert (aus max. 155) Infektionserreger 91,98 Lassavirus 87,14 SARS-CoV-2 87,00 Ebolavirus 86,49 Seoul-Virus 86,49 Nipahvirus 86,38 Hepatitis-E-Virus 85,70 Marburgvirus 85,04 SARS-CoV 84,78 Simianes Immundefizienz-Virus 84,69 Tollwutvirus Beispiele von Zoonosen und Erreger von Zoonosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Virale Zoonosen bzw. deren Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Affenpocken Alkhurmavirus Barmah-Forest-Virus Büffelpocken California-Encephalitis-Virus Chikungunyafieber Colorado-Zeckenfieber Östliche Pferdeenzephalomyelitis Ebolafieber Encephalomyocarditis-Virus European Brown Hare Syndrom Gelbfiebervirus Hanta-Virose Herpes B Hendravirus Hepatitis-E-Virus Humane Rotaviren Japanische-Encephalitis-Virus Krim-Kongo-Hämorrhagisches-Fieber-Virus Kuhpocken Kyasanur-Forest virus La-Crosse-Virus Lassa-Virus Louping-Ill-Virus Lymphozytäre Choriomeningitis Marburgvirus Menangle-Virus MERS-CoV Murray-Valley-Encephalitis Newcastle-Disease-Virus Noroviren Orf-Virus Pseudokuhpocken Rifttalfieber-Virus Ross-River-Virus SARS SARS-CoV-2[13] Schweinegrippe Sindbisvirus St.-Louis-Enzephalitis-Virus Tahyna-Virus Tanapox-Virus Tick-borne encephalitis-Virus Tollwut Venezuelan-Equine-Encephalitis-Virus Vesicular stomatitis virus Vogelgrippe Wesselsbron-Virus West-Nil-Virus Western-Equine-Encephalomyelitis-Virus Unter den Hantavirosen sind Viren mit pulmonaler Symptomatik wie das Sin-Nombre-Virus, das Black-Creek-Canal-Virus, das Muleshoe-Virus, das Bayouvirus, das Andesvirus, das Bermejovirus, das Choclovirus, das Araraquaravirus, das Juquitibavirus, das Macielvirus und das Castelo-dos-Sonhos-Virus sowie Hantaviren mit renaler Symptomatik wie das Hantaan-Virus, das Dobrava-Virus, das Puumala-Virus und das Seoul-Virus. Prion-induzierte Zoonosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Transmissible spongiforme Enzephalopathie (TSE) einschließlich BSE der Rinder und Scrapie der Schafe Bakterielle Zoonosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Campylobacter-Enteritis Bartonellosen Borreliose Brucellose Leptospirose Listeriose Milzbrand Ornithose Pest Psittakose (Ornithose) Rotlauf Salmonellose Tuberkulose Tularämie Q-Fieber (Balkan-Grippe) Zoonotische Mykosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Trichophytie Microsporie Parasitäre Zoonosen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Einzeller[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Babesiose Chagas-Krankheit Kryptosporidiose Encephalitozoonose Giardiasis Leishmaniose Malaria Sarcocystiose Toxoplasmose Würmer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Anisakiasis Ancylostomiasis Askariasis Bethriozephalose Dirofilariose Dipylidiasis Echinokokkose Fasziolose Schistosomiasis Taeniasis Toxocariasis Trichinellose Zystizerkose Arthropoden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Milben (Acari) Sarcoptes, Chorioptes, Cheyletiella und Psoroptes Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Pedro N. Acha, Boris Szyfres: Zoonoses and Communicable Diseases Common to Man and Animals. Volume 1: Bacterioses and Mycoses. 3rd edition, 2nd print. PAHO Pan American Health Organization, Washington (DC) 2003, ISBN 92-75-11580-X. Pedro N. Acha, Boris Szyfres: Zoonoses and Communicable Diseases Common to Man and Animals. Volume 2: Chlamydioses, Rickettsioses, and Viroses. 3rd ed. PAHO Pan American Health Organization, Washington (DC) 2003, ISBN 92-75-11992-9. Pedro N. Acha, Boris Szyfres: Zoonoses and Communicable Diseases Common to Man and Animals. Volume 3: Parasitoses. 3rd ed. PAHO Pan American Health Organization, Washington (DC) 2003, ISBN 92-75-11993-7. P. Kimmig, T. Schwarz, H. G. Schiefer, W. Slenczka, H. Zahner: Zoonosen. Von Tier zu Mensch übertragbare Infektionskrankheiten. Mit CD-ROM. Hrsg.: Rolf Bauerfeind. 4. Auflage. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2013, ISBN 978-3-7691-1293-1. Carolin Anna Maria Bumann: Nachweis lebensmittelhygienisch relevanter bakterieller Zoonoseerreger bei kleinen Wiederkäuern aus der Schweiz. LMU, München 2010, DNB 1007628111 (202 S., Volltext [PDF; 1000 kB] Dissertation, Universität München, 2010). Michael R. Conover & Rosanna M. Vail: Human Diseases from Wildlife. CRC Press, Boca Raton 2015, ISBN 978-1-4665-6214-1 (Print), ISBN 978-1-4665-6215-8 (E-Book). J zef Parnas: Menschliche Infektionskrankheiten tierischer Herkunft für Ärzte und Tierärzte. 3 Bände, Kopenhagen 1975. Manfred Vasold: Zoonosen. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1532 1534. Dokumentationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Spillover Planet der Viren. TV-Dokumentation von Michael Wech (Regie), Deutschland 2025 für BR / ARD. Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Commons: Zoonosen Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wiktionary: Zoonose Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen Nationale Forschungsplattform für Zoonosen (vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Informations- und Servicenetzwerk für alle in Deutschland aktiven Arbeitsgruppen im Bereich der Zoonosenforschung) FBI-Zoo (Food-Borne Zoonotic Infections of Humans) Forschungsverbund, der sich mit lebensmittelbedingten Zoonosen beschäftigt Zoonosen zunehmende Bedrohung des Menschen auf der Website von Hans Gerd Schiefer Nina Weber: Gefahr durch Zoonosen: Der Killer, der aus dem Stall kommt. Spiegel online, 5. Juli 2012 Zoonosenberichterstattung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Zoonosenberichterstattung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Med-Vet-Net Ein Forschungs- und Überwachungsnetzwerk der Europäischen Union für Zoonosen Publikationsliste der CDC zum Thema Zoonosen (englisch) Mapping of poverty and likely zoonoses hotspots. International Livestock Research Institute (ILRI), Zoonoses Project 4. Report to Department for International Development, UK (englisch). cgspace.cgiar.org (PDF; 4,1 MB) Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten] Fleischatlas 2021 Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel. Berlin 2021, ISBN 978-3-86928-224-4, dort S. 32. Joel Henrique Ellwanger, Jos Artur Bogo Chies: Zoonotic spillover: Understanding basic aspects for better prevention. In: Genetics and molecular biology. Band 44, Supplement 1, 4. Juni 2021, Artikel e20200355, doi:10.1590/1678-4685-GMB-2020-0355. Shao-Lun Zhaia, Ming-Fei Suna, Jian-Feng Zhanga, Chunfu Zhengb, Ming Liao: Spillover infection of common animal coronaviruses to humans. In: The Lancet Microbe. Band 3, Nr. 11, November 2022, Artikel e808, doi:10.1016/S2666-5247(22)00198-7. Rudolf Virchow: Infectionen durch contagiöse Thiergifte. In: Rudolf Virchow (Hrsg.): Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (= Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie. Band 2, Nr. 1). Enke, Erlangen 1855, S. 337. Walter Bruchhausen: Emerging Global Health Approaches at the Human-Animal-Interface: Conceptual and Historical Issues of One Health. In: Sandul Yasobant, Deepak Saxena (Hrsg.): Global Applications of One Health Practice and Care. IGI Global, Hershey/USA 2019, S. 1 32. a b Mikhail Stein: Fragile Barriere zwischen den Arten, in research eu, Sonderausgabe Oktober 2008, Seite 34. Serge Morand und Claire Lajaunie: Outbreaks of Vector-Borne and Zoonotic Diseases Are Associated With Changes in Forest Cover and Oil Palm Expansion at Global Scale. In: Frontiers in Veterinary Science. Online-Veröffentlichung vom 24. März 2021, 8:661063, doi:10.3389/fvets.2021.661063.Deforestation, forest conversion and palm oil plantations linked to disease outbreaks. Auf: eurekalert.org vom 24. März 2021. Kai Niebert: Wenn der Markt in die Lebensräume der Viren eindringt. Klimareporter, 27. März 2020, abgerufen am 25. März 2021. Vergleiche z. B. Bekanntmachung von Empfehlungen für hygienische Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern vom 7. Juli 2014 (BAnz AT 01.08.2014 B1). An Alberta Swine Herd Investigated for H1N1 Flu Virus. The Canadian Food Inspection Agency, archiviert vom Original am 27. September 2011; abgerufen am 2. Mai 2009. a b Grippeübertragung von Mensch auf Schwein Oberster Veterinär fordert Hygiene im Stall, Tagesschau vom 4. Mai 2009. a b c Z. L. Grange, T. Goldstein, C. K. Johnson, S. Anthony, K. Gilardi, P. Daszak, K. J. Olival, T. O Rourke, S. Murray, S. H. Olson, E. Togami, G. Vidal, J. A. Mazet, PREDICT Consortium, University of Edinburgh Epigroup members those who wish to remain anonymous: Ranking the risk of animal-to-human spillover for newly discovered viruses. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 118, Nummer 15, 04 2021, S. , doi:10.1073/pnas.2002324118, PMID 33822740, PMC 8053939 (freier Volltext). Zoonosen als globales Problem: Das Virus, das nach Covid-19 kommt, könnte uns noch viel schlimmer treffen . 14. April 2020, abgerufen am 15. April 2020. Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten! Normdaten (Sachbegriff): GND: 4121949-1 (GND Explorer, lobid, OGND, AKS) |
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